- Trikuspidalklappeninsuffizienz
Eine Trikuspidalklappeninsuffizienz (TI) ist echokardiographisch bei 65-85% der Bevölkerung nachweisbar (1). Während eine leichte TI hämodynamisch irrelevant ist und als Normvariante betrachtet werden kann, hat eine mittelschwere oder schwere TI einen erheblichen Einfluss auf die Morbidität und Mortalität. Der folgende Bericht umfasst die Diagnostik (Teil 1) und die moderne Therapie (Teil 2) der TI.
L’ insuffisance de la valve tricuspide (IT) peut être détectée par échocardiographie chez 65 à 85 % de la population (1). Alors qu’une IT légére n’a pas d’importance sur le plan hémodynamique et peut être considérée comme une variante de la norme, une IT modérée ou sévère a un impact significatif sur la morbidité et la mortalité. L’article suivant couvre le diagnostic (partie 1) et la thérapie moderne (partie 2) de l’TI.
Die Prävalenz der klinisch relevanten TI nimmt mit dem Alter zu und betrifft ca. 4% der betagten Bevölkerung (Alter ≥ 75 Jahre) (Abb. 1A). Eine unbehandelte schwere TI ist, unabhängig vom Alter des Patienten, der linksventrikulären Funktion oder dem Vorliegen einer pulmonal-arteriellen Hypertonie, mit einer schlechteren Prognose verbunden (2, 3) und erschwert eine begleitende Herzinsuffizienz (4, 5). Bei einem normalen Herzen liegt die Trikuspidalklappe (TK) etwas näher am Apex als die Mitralklappe und besteht aus drei Segeln, die nach ihrer Position benannt sind: anterior, posterior und septal. Ätiologisch wird zwischen primärer und sekundärer TI unterschieden. Bei der primären TI liegt ursächlich eine Pathologie der Segel oder des subvalvulären Apparates vor. Ätiologisch stehen hier, die infektiöse Endokarditis, das Karzinoidsyndrom, ein Prolaps oder kongenitale Defekte (z.B. Ebstein-Anomalie) im Vordergrund. Selten kann eine TI durch eine rechtsventrikuläre Schrittmacher- oder Defibrillator-Elektrode verursacht werden (6, 7, 8). Im Gegensatz dazu ist die häufiger vorkommende sekundäre TI (>90% der Fälle (9)) auf eine Dilatation der rechtsseitigen Herzhöhlen mit konsekutiver Erweiterung des Klappenanulus sowie Zug (Tethering) auf die Trikuspidalsegel und verminderter Koaptation zurückzuführen. Die sekundäre TI beruht meist auf einer linksseitigen valvulären oder ventrikulären Herzerkrankung oder entsteht als Folge einer pulmonal-arteriellen Hypertonie (Abbildung 1B). Eine rechtsatriale Dilatation, üblicherweise im Rahmen eines chronischen Vorhofflimmerns, kann ebenfalls zu einer sekundären TI führen (10).
Diagnostik
1. Klinische und laborchemische Zeichen
Klinisch führt die relevante TI vor allem zu Symptomen der erhöhten Füllungsdrücke des rechten Vorhofes, wie periphere Ödeme, Aszites, Appetitminderung, und Halsvenenstauung. Die fortgeschrittene TI kann zu Leistungsintoleranz und Belastungsdyspnoe aufgrund eines reduzierten Schlagvolumens des rechten Ventrikels (RV) (Low-Output) führen. In diesem Rahmen stellt das pro-BNP einer der wichtigsten laborchemischen Parameter dar, welches prognostisch relevante Informationen über den Schwergrad von hämodynamischem kardialem Stress und Herzinsuffizienz liefert.
2. Transthorakale Echokardiographie
Die Diagnose der TI wird vorzugsweise mittels transthorakaler Echokardiographie gestellt. Die 2017 veröffentlichten Leitlinien für das Management der Valvulären Herzkrankheit der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC)/Europäsichen Gesellschaft für Herz-Thoraxchirurgie (EACTS) empfehlen ein integratives Vorgehen, in dem qualitative, semiquantitative und quantitative Kriterien zur Beurteilung des Insuffizienz-Schwergrades berücksichtigt werden (11). Zudem sollten Morphologie der Segel, Funktion und Dimensionen des rechten Ventrikels, pulmonalen Druckwerte, linksseitige Klappenvitien und linksventrikuläre Funktion und Dimension sorgfältig untersucht werden, um die zugrundeliegende Ätiologie zu verstehen. Tabelle 1 fasst die gemäss den aktuellen Leitlinien geltenden echokardiographischen Diagnosekriterien der schweren TI zusammen.
Bei der routinemässigen Beurteilung der TI müssen verschiedene diagnostische Limitationen berücksichtigt werden:
1) Der Schweregrad der TI ist vom intravasalen Volumenstatus (Vorlast) sowie von den intraventrikulären Druckverhältnissen (Nachlast) abhängig. Somit sollten relevante Veränderungen des Volumenzustandes des Patienten, insbesondere eine akute kardiale Dekompensation (erhöhte Vorlast), sowie Veränderungen der Druckverhältnisse durch die Gabe von vasodilatierenden Medikamenten (verminderte Nachlast) einschliesslich Sedativa, welche bei der transösophagealen Echokardiographie (TEE) eingesetzt werden, berücksichtigt werden.
2) Aufgrund der tiefen Druckverhältnisse, welche auf der rechten Seite des Herzens herrschen, kann der Insuffizienzjet, insbesondere bei ausgeprägtem Koaptationsdefekt, tiefe Geschwindigkeiten aufweisen und somit bei fehlendem Aliasing mit Farbdoppler verpasst werden.
3) Die für die TI verwendeten quantitativen Kriterien wurden primär für die Mitralklappe entwickelt und basieren auf der Annahme, dass die Fläche des Koaptationsdefektes kreisförmig ist, was in Anbetracht der Anatomie der Trikuspidalklappe selten zutrifft (eher ellipsoid oder sternförmig ) (Abb. 2) (12). Die undifferenzierte Anwendung der monoplanen Vena contracta und der PISA-Methode (Proximal Isovelocity Surface Area) können somit zu einer relevanten Über- oder Unterschätzung der TI führen. Andere Parameter wie die biplan gemessene Vena contracta, die Grösse des anatomischen Koaptationsdefektes und das Flussmuster der Lebervenen sollten ebenfalls berücksichtigt werden.
Aus diesen Gründen spielen bei der Planung jeder Trikuspidalklappenintervention auch weitere diagnostische Methoden wie die (zwei-/dreidimensionale) TEE und die hämodynamische Ausmessung in der Rechtsherzkatheteruntersuchung eine wichtige ergänzende Rolle. Für die anatomische Beurteilung kann des Weiteren eine Computertomographie erfolgen. Das MRI gibt weitere Informationen bezüglich der rechtsventrikulären Funktion und ermöglicht die Berechnung von Regurgitationsfraktion und -volumen (13, 14, 15).
2. Transösophageale Echokardiographie
Aufgrund der anterioren Position der TK im Thorax ist die Beurteilung mittels TEE anspruchsvoller im Vergleich zur Untersuchung der linksseitigen Klappen (16). Aufgrund der höheren örtlichen Auflösung ermöglicht das TEE jedoch eine genauere Beurteilung des zugrundeliegenden TI-Mechanismus sowie der Lokalisierung des Regurgitationsjets. Bei liegender Schrittmacher- oder Defibrillatorelektrode kann deren Position (zentral vs. kommissural) und die Beziehung zu den Segeln (mobil vs. anhaftend) untersucht werden. Die morphologischen Parameter sind entscheidend für die Selektion der bestgeeigneten Therapiemodalität. Von besonderer Bedeutung ist die transgastrische Kurzachsenansicht, oder alternativ die dreidimensionale Aufnahme aus der transösophagealen Position, welche wertvolle Informationen bezüglich Jetlokalisation und Katheterposition während der Intervention liefern (Abb. 3A). Bei Patienten mit Schattenbildung (Aortenklappenprothese, Mitralklappenprothese oder Lipomatose des Septums) kann eine tief-transösophageale Sicht ebenfalls hilfreich sein, um die TK direkt durch das Dach des rechten Vorhofes darzustellen. Die Verfügbarkeit eines transgastrischen Schallfensters ist Voraussetzung für die Durchführbarkeit eines Transkatheter-Verfahrens und sollte im Rahmen der Vorabklärung sorgfältig überprüft werden. Während der Intervention sind zudem transösophageale Aufnahmen in zwei zueinander orthogonalen Ebenen (X-plane) für das Greifen der Segel von Bedeutung, welche üblicherweise die Visualisierung der antero-septalen (Abb. 3B) oder der postero-septalen Kommissur (Abb. 3C) je nach Position der Schnittebene ermöglichen (17).
3. Invasive Abklärung
Die Rechtsherzkatheteruntersuchung hat einen wichtigen Stellenwert in der Risikostratifizierung bei Patienten mit einer schwergradigen TI. Es bleibt die Untersuchung der Wahl für die Messung des Herzminutenvolumens, der pulmonal-arteriellen Druckwerte sowie die ätiologische Abklärung einer allfälligen pulmonalen Hypertonie (prä-/postkapillär). Bei einer schweren TI mit oder ohne RV-Dysfunktion sind die pulmonalen Druckwerte, wegen des erniedrigten Schlagvolumens, kein guter Anhaltspunkt für die Beurteilung des pulmonalen Widerstandes (der mittlere pulmonale Druck kann trotz deutlich erhöhtem Widerstand tief sein). Aus diesem Grund ist die Berechnung dieses Parameters anhand der invasiv gemessenen Werte hilfreich, um eine allfällige erhöhte Gefässresistenz zu demaskieren. Nach Behandlung der TI ist die Zunahme der Nachlast vom Widerstand des kleinen Kreislaufes abhängig, weswegen dieser Wert von besonderer Bedeutung ist, um das Risiko eines RV-Versagens abzuschätzen. Bei einer schweren TI sind die rechtsatrialen Druckwerte erhöht und es liegt eine W-Druckkurvenkonfiguration vor.
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- Eine relevante TI ist mit einer schlechten Prognose verbunden und erschwert eine begleitende Herzinsuffizienz.
- Sie entsteht am häufigsten auf dem Boden einer linksseitigen Herzerkrankung oder pulmonal-arteriellen Hypertonie. Betroffene Patienten werden selten und oft zu spät für eine chirurgische Behandlung evaluiert, weshalb trotz zunehmender Erfahrung die peri-operative Mortalität weiterhin relevant ist.
- Zentral ist eine detaillierte diagnostische Abklärung mittels TTE und falls notwendig TEE, CT, MRI und Rechtsherzkatheteruntersuchung.
Messages à retenir
◆ Une IT sévère est associée à un mauvais pronostic et complique une insuffisance cardiaque concomitante.
◆ Elle se développe le plus souvent à la suite d’une maladie cardiaque gauche ou d’ une hypertension artérielle pulmonaire. Les patients affectés sont rarement évalués et souvent adressés trop tard pour un traitement chirurgical, c’est pourquoi la mortalité péri-opératoire reste élevée malgré une expérience croissante.
◆ Une clarification diagnostique détaillée au moyen de l’ ETT et, si
nécessaire, de l’ ETO, du scanner, de l’ IRM et du cathétérisme du cœur droit est essentielle.
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- Vol. 10
- Ausgabe 6
- Dezember 2020