Fortbildung AIM

Nasenfraktur – Management in der Praxis

Fallvorstellung
Ein 26-jähriger Student stellt sich notfallmässig an einem Donnerstagmorgen in Ihrer hausärztlichen Praxis vor, da er am Vorabend beim Fussballtraining einen heftigen Schlag an die Nase durch den Ellbogen eines Kollegen erhielt. Er hatte nach dem Unfall kurzdauernd etwas Nasenbluten, zudem atmet er seither schlechter durch die Nase. Er war immer bei Bewusstsein. In der Praxis präsentierte er sich in einem guten Allgemeinzustand. Doppelbilder oder Okklusionsstörungen werden verneint.



Nasenfraktur

Persönliche Anamnese: St. n. Tonsillektomie vor Jahren. Nichtraucher. Keine Allergien.
Medikation: Keine regelmässigen Medikamente
Vitalparameter: BD 135/85, Puls 66, regelmässig S02 98%, Temperatur 36.7°

Klinischer Status: Deutlicher Achsenschiefstand der Nase nach links, leichte Schwellung. Integument intakt. Kein Brillenhämatom, keine Epistaxis, keine Augenmotilitätsstörung, keine Sensibilitätsstörungen im Gesicht, Okklusion unauffällig.

Fragen:

Welche Traumafolge liegt bei dieser Anamnese und dem klinischen Befund am ehesten vor?
A. Gesichts- und Nasenkontusion
B. Zentrale Mittelgesichtsfraktur
C. Geschlossene Nasenfraktur
D. Offene Nasenfraktur

Korrekt ist C: Anamnese und Klinik zeigen eine isolierte, geschlossene Nasenfraktur auf

Welche Untersuchung veranlassen Sie als Nächstes?
A. Konventionelles Röntgen Gesichtsschädel und Nase seitlich
B. CT Schädel
C. Anteriore Rhinoskopie
D. Rhinomanometrie

Korrekt ist C. Mit einer anterioren Rhinoskopie muss ein Septumhämatom ausgeschlossen werden.

Welche Behandlung empfehlen Sie?
A. Symptomatische und abschwellende Massnahmen
B. Sofortige Klinikeinweisung zur stationären Therapie
C. Symptomatische und abschwellende Massnahmen, Nachkontrolle in der Praxis oder bei einem HNO-Arzt 4- 5 Tagen nach dem Unfall zur Reposition
D. Symptomatische und abschwellende Massnahmen, Nachkontrolle zur Reposition 4-5 Wochen nach dem Unfall

Korrekt ist C. Eine unkomplizierte, dislozierte Nasenfraktur wird idealerweise nach 4-5 Tagen in Lokalanästhesie reponiert.

Diskussion

Bei diesem Patienten liegt eine unkomplizierte, geschlossene und dislozierte Nasenfraktur mit einem Achsenschiefstand vor. Dazu passen die Anamnese mit adäquatem Trauma sowie, der Befund der deviierten Nase mit leichter Epistaxis und Nasenatmungsbehinderung. Hinweise für eine Mittelgesichtsfraktur liegen nicht vor, da Zeichen wie ein Brillenhämatom, Augenmotilitätsstörungen mit Doppelbildern, Stufenbildung des Orbitarandes, Sensibilitätsstörungen im Bereich des N. infraorbitalis, Okklusionsstörungen oder eine tropfende wässrige Rhinorrhoe fehlen. So darf bereits im klinischen Untersuch eindeutig die Diagnose einer dislozierten Nasenfraktur gestellt werden.
Eine dislozierte Nasenfraktur imponiert klinisch durch einen Fehlstand der Nase. Zur weiteren Abklärung ist eine anteriore Rhinoskopie mit dem Nasenspekulum oder dem Handotoskop mit dem grossen Trichter notwendig, um ein Septumhämatom auszuschliessen. Dieses präsentiert sich als ein- oder beidseitige ballonierte schmerzhafte Schwellung am Nasenseptum und muss umgehend entlastet werden. Ein nicht erkanntes Septumhämatom infiziert sich häufig und führt zu einem Septumabszess mit Knorpelnekrose und langfristig Ausbildung einer Sattelnase.
Bei einer isolierten, unkomplizierten Nasenfraktur ist ein konventionelles Röntgenbild obsolet geworden. Zur Dokumentation werden gute Fotoaufnahmen erstellt. Wenn jedoch differenzialdiagnostisch bei einer Nasenfraktur Hinweise für eine Mittelgesichtsfraktur oder für eine Beteiligung der Orbita oder Schädelbasis vorliegen, wäre eine Abklärung mittels CT-Schädel indiziert.
Zur Behandlung wird heute empfohlen, eine unkomplizierte Nasenfraktur initial symptomatisch und abschwellend mit vasokonstriktorischen Nasensprays, NSAR und kühlenden Massnahmen zu behandeln. Ein Antibiotikum ist nur bei offenen Frakturen mit Infektzeichen notwendig. Zudem sollte bei einer offenen Nasenfraktur eine Tetanus-Auffrischimpfung evaluiert werden.
Eine unkomplizierte dislozierte Nasenfraktur kann entweder direkt nach dem Trauma (also noch vor einem grösseren Schwellungszustand) oder nach dem Abschwellen idealerweise nach 4-5 Tagen, spätestens nach 7 Tagen, geschlossen reponiert werden. Dies erfolgt in endonasaler Oberflächen- und Bruchspaltanästhesie in der hausärztlichen oder bei Bedarf in der HNO-ärztlichen Praxis. Der Erfolg einer geschlossenen Reposition liegt bei etwa 50%. Sollte also eine Beeinträchtigung von Form und Funktion der Nase persistieren, kann 6-8 Monate später eine rhinologische Beurteilung bei einem HNO-Arzt und gegebenenfalls eine Septo-Rhinoplastik erfolgen.
Komplexe mehrfragmentäre Nasenfrakturen mit Sattelbildung und Beteiligung des Nasenseptums sollten primär operativ versorgt werden.

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

Dr. med. Christoph Schlegel-Wagner

Klinik für Hals-Nasen-Ohren- und Gesichtschirurgie (HNO)
Luzerner Kantonsspital
Spitalstrasse
6004 Luzern

christoph.schlegel@luks.ch

Dr. med. Firat Elmas

Luzerner Kantonsspital, Spitalstrasse, 6004 Luzern 16

Kein Konflikt in Zusammenhang mit diesen Fallbesprechungen.

◆ Eine isolierte dislozierte Nasenfraktur ist eine klinische Diagnose und wird fotografisch dokumentiert. Ein konventionelles Röntgenbild ist nicht notwendig.
◆ Bei jeder Nasenfraktur sollte ein Septumhämatom ausgeschlossen werden.
◆ Eine unkomplizierte, dislozierte Nasenfraktur wird idealerweise nach 4-5 Tagen, jedoch spätestens nach 7 Tagen in Lokalanästhesie reponiert.