- 17. Cardio Update 2022 – Teil 2
Auch dieses Jahr fand wieder ein ausgezeichnetes DGK CARDIO UPDATE in Mainz resp. Berlin statt. Der zweite Teil des Berichts zum 17. Cardio Update der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie ist den Themen konservative und interventionelle Klappentherapie, der primären Mitralinsuffizienz und der invasiven Therapie der KHK gewidmet.
Zum Thema konservative und interventionelle Klappentherapie von Prof. Dr. St. Baldus aus Köln können folgende Punkte speziell erwähnt werden: Die neuen AHA Klappen-Guidelines und zwei neuere Studien zum Thema asymptomatische AK-Stenose zeigen, dass eine frühere Intervention prognostisch deutlich günstiger ist. Gemäss RECOVERY Trial: Klappenöffnungsfläche ≤0,75cm2 + vmax ≥4,5m/sec oder dp mean ≥50mmHg; so zeigt sich ein sign. Vorteil über 4 Jahre mit einer NNT von 20 bezüglich operativer resp. kardiovaskulärer Mortalität. Die Frage TAVI vs. chirurgischer Therapie bei diesem Patientenkollektiv kann mit 2 Studien erst 2024 beantwortet werden. Das heutige Fazit: Eine IIa-Empfehlung zur frühzeitigen AKE ab einer Vmax von 5 m/s unabhängig von der LVEF (Abb. 1).
Bei niedrig Risikopatienten (PARTNER 3 Studie) ist eine TAVI über 2 Jahre klar im Vorteil. Der Entscheid Klappenchirurgie oder TAVI liegt beim Heart-Team. Patienten ≤75 Jahre mit einem tiefen oder intermediärem Operationsrisiko erhalten eher eine Klappen-Chirurgie, Patienten ≥75 Jahre oder und ein höheres Operationsrisiko eher eine TAVI. Eine OAK mit NOACs bei VHFLi bei einer Klappenproblematik (AS, AI; MI) ist eine II A Indikation. Ebenso 3 Monate nach Einlage einer Bioprothese. Ohne eine Indikation für eine OAK ist die lebenslange Gabe eines Plättchenhemmers, Aspirin Monotherapie, nach TAVI eine I A Indikation.
Eine asymptomatische AI geht bei LV-Dilatation und/oder Einschränkung der systolischen LV-Funktion mit einer eingeschränkten Prognose einher und sollte hier daher frühzeitig operativ versorgt werden.
Da eine moderate bis schwere primäre Mitralinsuffizienz auch ohne Symptomatik eine schlechtere Prognose hat, gilt: Eine asymptomatische primäre MI geht bei LV-Dilatation, Einschränkung der systolischen LV-Funktion, Vorhofflimmern, pulmonaler Hypertonie oder LA-Dilatation mit einer eingeschränkten Prognose einher, und sollte daher frühzeitig operativ versorgt werden (Abb. 2).
Die COAPT-Kriterien helfen bei einer sekundären mittel-schweren MI nach einer optimalen medikamentösen HI-Therapie und eventuell einem CRT den Zeitpunkt der Mitral-Klappenintervention nicht zu verpassen und die Prognose signifikant zu verbessern. Diese sind: EF >20%; LVESD <70mm; mehr als eine moderate Rechtsherzinsuffizienz, keine schwere TI, PAPs <70mmHg; keine hämodynamische Instabilität. So kann die Gesamtmortalität um 43% gesenkt werden. Eine Kathetertherapie einer symptomatischen sekundären schweren TI ist bei inoperablen Patienten eine IIb C Indikation.
Im Vortrag «Der herzchirurgische Patient» von Prof. Dr. T. Doenst, Jena, war das Highlight die Erklärung zum Vorteil der ACBP im Langzeitverlauf. Durch die Bypassoperation kommt es zu weniger Herzinfarkten im Verlauf, dies im Gegensatz zur PCI. 90 % aller Herzinfarkte resultieren aus Koronarläsionen, die nicht flussrelevant sind (Abb. 3).
Daher ist auch die Rolle einer optimalen medikamentösen Therapie (Pl. Hemmer, Statin, ACE-H, Betablocker) nach einer ACBP-Operation für die Langzeitprognose entscheidend. Auch wurde nochmals betont, wie wichtig eine kardiale Rehabilitation und eine optimale medikamentöse Therapie nach einer invasiven KHK-Therapie ist mit sign. Verbesserung der Langzeitprognose!
Im letzten Abschnitt möchten wir noch einige Highlights aus verschiedenen Vorträgen erwähnen.
Zur Hypertonie: Eine strengere BD-Einstellung (130-140/70-80mmHg) ist auch bei älteren (>65J.) biologisch jüngeren Patienten möglich. Die STEP-Studie zeigt, dass eine intensive Blutdruckein-stellung mit einem Zielblutdruck von <130mmHg auch bei älteren, körperlich fitten Patienten möglich ist. Eine intensive Blutdruckeinstellung war mit einer niedrigeren Rate an kardiovaskulären Ereignissen (inklusive Schlaganfall) assoziiert, die Gesamt- und kardiovaskuläre Sterblichkeit blieben unbeeinflusst. Sicherlich sollte sich die Entscheidung für eine intensive Blutdruckeinstellung nach dem biologischen und nicht nach dem chronologischen Alter der Patienten richten. Ein Salzersatz durch Kalium reduziert kardio-vaskuläre Ereignisse. Konsequente Lebensstiländerungen können bei einer therapieresistenten Hypertonie günstige Auswirkungen auf den BD haben – Gewicht zu verlieren und die körperliche Aktivität zu steigern, wodurch der Blutdruck gesenkt werden kann.
Eine frühe initial niedrig dosierte Mehrfachtherapie ist einer Monotherapie deutlich überlegen. Sacubitril/Valsartan kann bei einer Therapieresistenz den BD senken. Das Medikament ist dafür aber aktuell nicht zugelassen. Chlorthalidon ist ein Thiazid-ähnliches Diuretikum, das aufgrund seiner langen Halbwertszeit und der positiven Outcome-Studien im Bereich der Hypertonie präferenziell eingesetzt werden sollte. Chlorthalidon ist auch bei einer GFR von 15-30ml/min als Antihypertensivum wirksam. BD-Senkung von bis zu 15mmHg. Cave NW wie: Hypokaliämie; Anstieg von Kreatinin, Bz, Harnsäure; vermehrter Schwindel. In einer grossen, methodisch gut gemachten Meta-Analyse zeigte sich keine überzeugende Evidenz für ein erhöhtes Karzinomrisiko unter einer Therapie mit Erstlinien Antihypertensiva (ACE-Hemmer, ARBs, Betablocker, Kalziumkanalblocker und Thiazide).
Zum Thema Prävention: Neu im Fokus sind spezifische Faktoren der Arteriosklerose bei Frauen und die Effekte von Umweltveränderungen. Kein Effekt von e-Zigaretten auf die Nikotin Rückfallrate. Bei einem Diabetes II und einer atherosklerotischen Gefässerkrankung bedarf es heute einem GLP1-RA oder einem SGLT2-Hemmer um das kardiovaskuläre und kardiorenale Outcome signifikant zu verbessern. Die Kombination beider Substanzen hat signifikante additive Effekte: Senkung des CV Todes, Myokardinfarkt, Stroke von -30%. Nach einer Studie aus Südkorea (HOST-EXAM) mit 5530 Patienten ist nach einer unkomplizierten koronaren modernen DES-Einlage nach einer DAPT von 6-18 Monaten eine Clopidogrel Monotherapie bezüglich kardiovaskulären Events und Blutungen besser als eine Aspirin Monotherapie (HR: 0.73) und möglicherweise zu präferieren. Eine Grippeimpfung nach einem Herzinfarkt senkt die kardiovaskuläre und die Gesamtmortalität um je 41%.
Red-Flags bei Patienten mit Mitralklappenprolaps bezüglich plötzlichem Herztod (SCD) sind Synkope, höhergradige ventrikuläre Arrhythmien, T-Negativierung, Bi-Leaflet Prolaps, Fail Leaflet durch Chorda Abriss, hochgradige MI, Mitral Annular Disjunction (≥ 5mm). Diese Veränderung findet man gemäss einer Mayo-Studie bei 595 Pat. mit MKP in 31%. Diesen Befund einer MAD allein darf man nicht überschätzen.
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