- Erfahrungen mit dem medikamentösen Schwangerschaftsabbruch mit nur einer Konsultation
Seit 2016 bieten wir am Stadtspital Zürich den One Stop MToP an. Damals berichteten wir hier über unsere ersten Erfahrungen. Nun ziehen wir erneut Bilanz, mit positiven Rückmeldungen in 93 % bei 258 befragten Frauen. Sicher und mit gleicher
Wirksamkeit bietet der One Stop MToP den Patientinnen mehr Flexibilität und Selbstbestimmung im Ablauf ihres Schwangerschaftsabbruchs.
We have been offering One Stop MToP at Zurich City Hospital since 2016. At that time, we reported on our initial experiences here. Now with more data we are taking stock again, with positive feedback from 93% of the 258 women surveyed. Safe and equally effective, One Stop MToP provides patients with greater flexibility and autonomy in managing their abortion process.
Keywords: Medical Termination of Pregnancy, One Stop, Progesteron-Antagonist, Prostaglandin-Analogon
Beim sogenannten One Stop MToP (Medical Termination of Pregnancy) erfolgt die Nachkontrolle nach dem Schwangerschaftsabbruch zuhause durch die Patientin selbst und nicht, wie sonst üblich, in der Klinik. Bei einem ausgewählten Kollektiv von Patientinnen stellt dies eine sichere und gut etablierte Methode zur Beendigung einer ungewollten Schwangerschaft dar. Die Frauenklinik hat 2016 die One Stop Methode eingeführt, um die Überdiagnostizierung von Restmaterial nach einem MToP zu reduzieren, den Patientinnen mehr Selbstbestimmung über den Verlauf ihres Schwangerschaftsabbruchs zu ermöglichen und das Ambulatorium zu entlasten. Während sechs Jahren wurden die One Stop-Patientinnen des Stadtspitals zu ihren Erfahrungen und ihrer Zufriedenheit mit dieser Methode befragt. Die Rückmeldungen waren mehrheitlich positiv.
Schwangerschaftsabbrüche in der Schweiz
Die in der Schweiz seit 2002 geltende Fristenregelung besagt, dass eine Schwangerschaft in den ersten 12 Wochen auf Wunsch der Frau bei Bestehen einer Notlage abgebrochen werden kann. Gemäss dem Bundesamt für Statistik ist die Anzahl der Schwangerschaftsabbrüche seit 2004 zwischen 6.8 und 7.2 pro 1000 Frauen im Alter von 15 bis 44 Jahren relativ stabil und fällt im internationalen Vergleich sehr niedrig aus. Das Durchschnittsalter der Frauen beim Abbruch liegt bei 30 Jahren. Bei jungen Frauen bis 19 Jahre ist die Abbruchrate seit einiger Zeit auf niedrigem Niveau konstant, im Jahr 2023 waren es 3.3 von 1000 Frauen. Hinsichtlich der Methode des Schwangerschaftsabbruchs dominiert heute in der Schweiz eindeutig der medikamentöse Abbruch, der in 80 % der Fälle gewählt wird (1). Zur Häufigkeit von One Stop MToP in der Schweiz gibt es keine Zahlen des Bundesamts für Statistik. Eine Studie zeigt jedoch, dass die Methode nur selten angeboten wird (2). Dabei hat der One Stop MToP einige Vorteile zu bieten.
Ablauf des One Stop MToP
Der medikamentöse Schwangerschaftsabbruch besteht aus der Einnahme von Mifepriston, einem Progesteron-Antagonisten, gefolgt von dem Prostaglandin-Analogon Misoprostol nach 36 bis 48 Stunden. Die Zulassung für einen MToP mittels Mifepriston und Misoprostol gilt in der Schweiz bis 49 Tage nach Beginn der letzten Menstruation. Danach gilt eine Verabreichung als «off-label use», und wird häufig durchgeführt (3). Zwei Wochen nach Einnahme der Medikamente erfolgt eine Nachkontrolle, die eine fortbestehende Schwangerschaft ausschliessen soll. Diese findet klassischerweise in der Klinik oder Praxis statt, mittels transvaginalem Ultraschall. Beim One Stop MToP hingegen führt die Patientin die Nachkontrolle selbstständig mit einem speziellen Schwangerschaftstest durch, der einen beta-hCG Schwellenwert von 1000 mIU/mL aufweist (CheckTop®) (Abb. 1). Der Ablauf eines One Stop MToP richtet sich am Stadtspital nach den Empfehlungen der SGGG (3). Es wird immer eine gynäkologische Untersuchung durchgeführt, mittels Ultraschalls eine ektope Gravidität ausgeschlossen sowie das Gestationsalter überprüft und über eine zukünftige Antikonzeption beraten. Bei Rhesus-negativen Patientinnen erfolgt eine Anti-D Prophylaxe mit Rhophylac®. Die Patientin kann das Mifepriston-Präparat (Mifegyne® 600 mg p.o) direkt unter Aufsicht einnehmen. Das zweite Medikament, Misoprostol (Cytotec® 400 μg) und der CheckTop® Schwangerschaftstest, sowie auch Analgetika und Antiemetika werden ihr für zuhause mitgegeben.
Zur Bestimmung des geeigneten Patientinnenkollektivs für einen One Stop Ablauf liegt im Stadtspital eine Checkliste vor. Zusätzlich zu den allgemeinen Ausschlusskriterien für einen medikamentösen Abbruch kommen als Kontraindikationen für einen One Stop MToP eine psychische Erkrankung und die Erstdiagnose der Schwangerschaft auf dem Notfall hinzu. In erster Linie ist der Wunsch der Patientin massgeblich, ob sie ein Vorgehen entsprechend One Stop oder die Variante mit mehreren Kontrollen bevorzugt.
Vorteile eines One Stop MToP
Gemäss den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sollte die Möglichkeit eines One Stop MTop Frauen im ersten Schwangerschaftsdrittel mit negativem Desiderium angeboten werden (4). Obwohl in der Schweiz dafür keine rechtlichen Hürden vorliegen, wird die One Stop Methode nur selten angeboten. Im Rahmen einer Schweizer Studie gaben lediglich 8.3 % der Spitäler und 28.6 % der Praxen an, Schwangerschaftsabbrüche mit nur einem Termin anzubieten (2). Dabei gäbe es verschiedene Gründe, wieso Patientinnen den Ablauf als One Stop bevorzugen könnten: Eine Studie nennt die Vermeidung eines weiteren Krankenhausbesuchs, die Reduktion von Stress und praktische Erwägungen als Gründe für die Präferenz einer Nachkontrolle zuhause (5). Ein weiterer Vorteil des One Stop MToP sind geringere Kosten. Laut einer Studie am Universitätsspital in Genf kostet das Verfahren durchschnittlich 27 % weniger (6). Darüber hinaus kann das Risiko einer Überbehandlung bei einem One Stop MToP als geringer eingeschätzt werden. Bei einer Nachkontrolle mittels Ultraschall wird öfter die Diagnose von Restmaterial gestellt, was zu unnötigen chirurgischen Interventionen führen kann (6, 7, 8). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die korrekte Beurteilung des Ultraschallbefundes stark von der Erfahrung der durchführenden Fachperson abhängt.
Internationale Studien haben gezeigt, dass der One Stop MToP gleichermassen sicher und wirksam ist wie ein Verfahren mit mehreren Terminen. Die Nachkontrolle mittels Urintests und Symptombeurteilung zuhause ist ebenso zuverlässig wie die Ultraschalluntersuchung. Darüber hinaus unterscheiden sich die Erfolgs- und Komplikationsraten bei One Stop MToP nicht von denen eines Verfahrens mit mehreren Terminen (8, 9). Laut Befragungen, die einige Wochen nach dem Schwangerschaftsabbruch durchgeführt wurden, würden sich je nach Studie 76 bis 95 % der Patientinnen erneut für den Ablauf als One Stop entscheiden (6, 8, 10, 11).
Ergebnisse unserer Befragung
Um die Erfahrung der Patientinnen, die sich am Stadtspital für die One Stop Methode entschieden haben, zu erfassen, wurden ihnen 3 bis 4 Wochen nach dem Schwangerschaftsabbruch telefonisch die drei in der Abb. 2 aufgeführten Fragen gestellt.
Insgesamt wurden im untersuchten Zeitraum 1326 medikamentöse Schwangerschaftsabbrüche im Stadtspital durchgeführt, davon 511 (38.5 %) als One Stop. Das mittlere Alter der Patientinnen betrug 28.5 Jahre und das durchschnittliche Gestationsalter lag bei 7 Wochen. Es konnten 258 Patientinnen telefonisch zu ihrer Erfahrung befragt werden. Dabei zeigte sich eine hohe Zufriedenheit der Patientinnen: 93 % gaben an, sie seien zufrieden oder sehr zufrieden mit dem Verfahren. 85 % der Patientinnen fühlten sich währenddessen sicher oder sehr sicher. Etwa die Hälfte der Patientinnen (52 %) benötigte während des Schwangerschaftsabbruchs zu Hause nur wenig oder gar keine Unterstützung, während 34 % angaben, dass sie Unterstützung oder sehr viel Unterstützung benötigten.
Der Unterstützungsbedarf korrelierte sowohl mit dem Alter der Patientin als auch damit, wie sicher sie sich während des Verfahrens gefühlt hat. Der Unterstützungsbedarf ist tendenziell tiefer, je älter die Patientin ist und tendenziell höher, wenn sich die Patientin nicht sehr sicher fühlte. Die Unterstützung zuhause stellt also einen wichtigen Faktor für das Erlebnis der Patientin dar und sollte während des Beratungsgesprächs speziell angesprochen werden. Studien haben gezeigt, dass die Anwesenheit einer Vertrauensperson zuhause eine signifikante Korrelation mit der Zufriedenheit der Patientin nach dem Schwangerschaftsabbruch aufweist (12).
Schlussfolgerung und Ausblick
Die Ergebnisse unserer Befragung und der erwähnten Studien zeigen, dass ein One Stop MToP mehrheitlich zu zufriedenen Patientinnen führt. Am Stadtspital wurde seit der Einführung zudem beobachtet, dass es zu weniger Interventionen gekommen ist, auch wenn exakte Zahlen dafür fehlen. Weiterhin bleibt das sorgfältige Triagieren der geeigneten Patientinnen und die Empfehlung der Anwesenheit einer Bezugsperson wichtig. Mit gleicher Wirksamkeit bietet der One Stop MToP Patientinnen mehr Flexibilität und Selbstbestimmung im Ablauf ihres Schwangerschaftsabbruchs. Zudem schätzen die Patientinnen die Entlastung ihrer zeitlichen Ressourcen. Neben der zeitlichen Entlastung seitens der Patientinnen schont das Vorgehen ebenso die spitalinternen Prozesse in punkto Kapazität und ökonomischen Aspekten. Der One Stop MToP wird als bewährtes Verfahren weiter im Stadtspital durchgeführt und sollte allgemein in der Schweiz mehr angeboten werden, um den Zugang zum individuell besten Verfahren für jede Patientin zu gewährleisten.
Copyright
Aerzteverlag medinfo AG
Frauenklinik Triemli
Stadtspital Zürich
Birmensdorferstrasse 497
8063 Zürich
Frauenklinik Triemli
Stadtspital Zürich
Birmensdorferstrasse 497
8063 Zürich
Natalia.Conde@triemli.zuerich.ch
Die Autorinnen erklären, keinen Interessenskonflikt in Zusammenhang mit diesem Beitrag zu haben.
- Sicher und effektiv: Der One Stop MToP ist ebenso sicher und wirksam wie Verfahren mit mehreren Terminen.
- Hohe Zufriedenheit: 93 % der Patientinnen bewerten die Methode positiv.
- Kostensparend und praktisch: Der One Stop MToP reduziert Stress und generiert um ca. 27 % verminderte Kosten.
- Weniger Eingriffe: Geringeres Risiko unnötiger Operationen oder Folgetherapien durch Überdiagnostik von Restmaterial im Ultraschall.
- Unterstützung ist wichtig: Ein unterstützendes Umfeld zuhause verbessert das Erlebnis der Patientinnen.
1. Statistik Bf. Statistik des Schwangerschaftsabbruch [Internet]. Bundesamt für Statistik. verfügbar unter: https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/gesundheit/gesundheitszustand/reproduktive/schwangerschaftsabbrueche.html#par_text.
2. Eckstein SM, von Felten S, Perotto L, Brun R, Vorburger D. First trimester abortion protocols by facility type in Switzerland and potential barriers to accessing the service. Sci Rep. 2023;13(1):6814.
3. Renteria S-C, Orelli Sv, Huldi H, Bitzer J, Tschudin S, Spencer B, et al. Medikamentöser Schwangerschaftsabbruch im ersten Trimester. Expertenbrief No 78. Komission Qualitätssicherung: Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe; 2022.
4. WHO. Abortion care guidelines [Internet]. Geneva: World Health Organization; 2022. verfügbar unter: https://iris.who.int/bitstream/handle/10665/349316/9789240039483-eng.pdf?sequence=1.
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- Ausgabe 2
- April 2025