- Monarthritis – Management
Monoartikuläre Schmerzen sind ein häufiges Problem in der Hausarztmedizin. Es besteht eine breite Differentialdiagnose, die rasch geklärt werden muss, um den Patienten dem richtigen Behandlungspfad zuführen zu können. Dieser Artikel präsentiert einen pragmatischen Ansatz für das Management von Monarthritiden beim Erwachsenen.
Ist es wirklich eine Arthritis und eine monoartikuläre Krankheit?
Die Monarthritis ist definiert als eine isolierte entzündliche Beteiligung des Gelenkinnenraums eines einzelnen Gelenks, die sich durch Synovialerguss und Schmerzen manifestiert. Ein schmerzhaftes Gelenk ist jedoch nicht gleichbedeutend mit Arthritis und muss von einer extraartikulären Erkrankung (Bursitis, Tendinitis, Enthesitis, Dermohypodermatitis) unterschieden werden (Tab. 1) (1). Lokalisierte Rötungen, Schmerzen, Überwärmung und Schwellungen, wie auch bei aktiver Kontraktion oder beim Spannen der betroffenen Strukturen provozierte Schmerzen sprechen für eine extraartikuläre Beteiligung (2). Um den Gelenkschaden zu bestätigen, wird vor allem nach einer Einschränkung der aktiven und passiven Beweglichkeit des Gelenks gefahndet, eine Einschränkung, die bis zum Beweis des Gegenteils auf eine intrinsische Schädigung des Gelenks hinweist.
Zudem wird man sowohl bei der Anamnese als auch bei einer schnellen klinischen Untersuchung, systematisch nach dem Befall eines anderen Gelenks oder einer damit verbundenen Läsion wie z.B. einer Daktylitis suchen, womit das Problem in das einer Oligo- oder Polyarthritis verwandelt würde, ein Problem, das einer anderen Herangehensweise bedarf.
Differentialdiagnose aufstellen
Tabelle 2 fasst die häufigsten Ursachen einer monoartikulären Erkrankung und deren klinische Präsentation zusammen. Während die Angst vor einer septischen Arthritis stets präsent zu sein hat, bleibt die mikrokristalline Arthritis die häufigste Form. Gicht hat in den Vereinigten Staaten eine Prävalenz von etwa 2-3% (2) und kann schwierig von einer Infektion zu unterscheiden sein. Einige klinische Zeichen (Tab. 3) können nützlich sein, sollten aber nicht als Ersatz für die Arthrozentese verwendet werden, wenn eine Infektarthritis vermutet wird (3). Eine Monarthritis kann auch die Erstpräsentation eines chronischen Rheumas sein. Die einzige prospektive Studie, die das Schicksal der Monarthritis unbestimmten Ursprungs bei 347 über 2 Jahre verfolgten Patienten untersuchte, zeigte, dass 26,2% von ihnen ein chronisch entzündliches Rheuma (4), am häufigsten eine rheumatoide (6,1%) oder eine psoriatische Arthritis (4,6%) entwickelten.
Die Anamnese bezüglich der klinischen Entwicklung (abrupt oder schleichend), der Dauer der Symptome (akut < 4 Wochen, chronisch > 3 Monate) und, ob es sich um eine erste Episode oder ein rezidivierendes Geschehen handelt, wird zusammen mit der vollständigen klinischen Untersuchung den klinischen Verdacht fokussieren (5). Daneben ist die Lokalisation des monoartikulären Befalls (Handgelenk, Schulter und kleine Gelenke) oft das prädiktivste Element, während spezifische Bluttests (RF, ANA, Harnsäure, HLA-B27, etc.) keinen Platz in der Erstabklärung haben. Nur entzündliche Parameter und das komplette Blutbild sind nützlich, um das, wenn auch kleine, Infektionsrisiko zu beurteilen.
Ausschluss einer Infektion: Arthrozentese
Das entscheidende Element bei der Behandlung einer Monarthritis bleibt der Ausschluss einer septischen Erkrankung, die nicht so selten ist und deren Folgen verheerend sein können. Laut einer Meta-Analyse liegt die Prävalenz von nicht-Gonokokken-bedingten septischen Erkrankungen bei etwa 27% bei Patienten mit monoartikulärer Erkrankung in einem Notfallzentrum (6) und eine prospektive Zwei-Jahres-Studie ergab eine stationäre Mortalitätsrate von 11% (7). Die Morbidität ist auch aufgrund der schnellen Zerstörung des Knorpels bedeutsam, welche in 25-50% der Fälle zu einer dauerhaften Funktionseinschränkung (8) führt.
Die Klinik unterscheidet sie nicht wirklich von anderen Ursachen. Das Fieber hat nur eine Sensitivität von 57% und eine geringe Spezifität (9) und ist diagnostisch wenig hilfreich. Ebenso haben entzündliche Blutmarker eine geringe Sensitivität und schliessen eine septische Arthritis keineswegs aus (6). Einige Elemente sind
suggestiver, wie zum Beispiel eine Linksverschiebung ≥ 1,9% (Wahrscheinlichkeitsquote von 14) (10). Es ist jedoch in erster Linie der Kontext, der den Arzt bei der Erkennung von Risikogruppen leiten muss (Tab. 4) (9, 11, 12).
Die Diagnose einer septischen Arthritis wird durch eine positive Kultur gestellt, die mit einer Empfindlichkeit von 75 bis 95% der Goldstandard bleibt (9). Eine aktuelle Studie legt nahe, dass es sinnvoll ist, Kulturen für mindestens 4 Tage zu inkubieren, insbesondere bei Risikopatienten, bevor man sie als negativ betrachtet (13). Während einige Keime wie Gonokokken oder Borreliose eine PCR-Suche in der Gelenkflüssigkeit erfordern und weniger aggressiv sind in Bezug auf Gelenkszerstörung, gilt es, auf den ersten Blick die an sich leicht zu erkennenden grampositiven Hüllen zu erfassen. So bleibt die diagnostische Punktion der obligatorische Schlüssel zu jedem Verdacht auf eine septische Arthritis, ohne jegliche Kontraindikation bei Verdacht, ausser dem Vorhandensein einer Prothese, wo sie in einem chirurgischen Umfeld durchgeführt werden muss.
Das am häufigsten betroffene Gelenk ist das Knie (50% der Fälle) (6), das leicht punktierbar ist. Der Arzt wird 3 Röhrchen (entsprechend “ZKK”) bereitstellen: ein EDTA-Röhrchen für Zellularität, ein steriles Röhrchen für Kultur und ein einfaches Röhrchen für Kristalle. Die direkte Untersuchung mit der Gram-Färbung liefert ein schnelles Ergebnis, aber die geringe Empfindlichkeit (zwischen 45 und 71% (6)) schliesst eine Infektion nicht aus. Die septische Synovialflüssigkeit ist entzündlich, trüb und undurchsichtig, je mehr Elemente, desto höher der Verdacht (Abb. 1). Laut einer Meta-Analyse (6) ist eine Zellularität von > 50 G/L mit einer Wahrscheinlichkeit von 64% mit einer septischen Arthritis (90% Spezifität) verbunden, eine Zahl, die bei > 100 G/L (99% Spezifität) auf 83% ansteigt. Dabei ist eine andere Ätiologie nicht ausgeschlossen, insbesondere eine mikrokristalline Arthritis. Das Gegenteil ist ebenso der Fall und eine septische Arthritis kann mit < 50 G/L einhergehen.
Ebenso schliesst das Vorhandensein von Kristallen eine Begleitinfektion nicht aus. Laut einer australischen retrospektiven Studie (14) haben 5,2% der mikrokristallinen Arthritiden eine bakterielle Co-Infektion. Sie zeigt auch, dass eine niedrige Zellzahl von < 10 G/L in Kombination mit einem CRP < 100 mg/l eine Infektion unwahrscheinlich macht. Auch hier ist es jedoch nur die Punktion, die es ermöglicht, die Diagnose zu stellen oder auszuschliessen, und es ist der Kontext, der den Verdacht aufkommen lässt.
Behandlung und Linderung der Symptome
Alles bleibt eine Frage des Misstrauens. Wenn die Klinik und der Kontext für eine septische Arthritis sprechen, ist eine Punktion unerlässlich, welcher unmittelbar eine empirische Antibiotikatherapie folgen sollte, die in erster Linie auf grampositive Hüllen abzielt (Tab. 5) (15). Wenn eine Punktion nicht möglich ist, ist es unerlässlich, den Patienten vor Beginn einer Antibiotikatherapie an ein kompetentes Zentrum zu verweisen, um diese Punktion und bakteriologische Analysen durchzuführen. In jedem Fall erfordert die Behandlung eine stationäre Behandlung (8), mit oder ohne chirurgische Drainage.
In anderen Fällen, ohne wirklichen Verdacht auf ein septisches Geschehen, sollte der Arzt die Punktion nutzen, um das Gelenk während desselben Eingriffs zu infiltrieren, auch und gerade bei Vorhandensein einer Entzündungsflüssigkeit. Die Infiltration hat sich bei rheumatoider Arthritis (RA), mikrokristalliner Arthritis oder dekompensierter Arthrosen bewährt und hat ein geringes Infektionsrisiko (1/3000 bis 1/100 000 je nach Studie) (16). In Kombination mit unspezifischen Massnahmen (Analgetika, Entladung, Ruhigstellung, Eis) sorgen eine Entlastungspunktion und Infiltration für eine schnelle Entlastung des Patienten und es wird immer möglich sein, den Patienten erneut zu kontaktieren, wenn sich die Flüssigkeit im Nachhinein als infektiös erweist. Es gibt in diesem Zusammenhang keine Hinweise auf eine schädliche Rolle der Infiltration.
Schliesslich ist bei Verdacht auf Gicht oder Kalziumpyrophosphat-Arthritis an einem nicht oder kaum punktierbaren Gelenk die Einleitung einer medikamentösen Therapie mit NSAIDs in voller Dosis oder Prednison (30 mg/d) in Abhängigkeit von den Komorbiditäten des Patienten (17) sinnvoll, aber die Diagnose muss im Falle einer fehlenden schnellen Besserung innerhalb von 24 bis 48 Stunden reevaluiert werden.
Bei diesem Artikel handelt es sich um eine übersetzte Version des in la gazette médicale 2017:6;7-10 erschienenen Artikels.
Klinik für Rheumatologie
HFR Fribourg – Kantonsspital
1708 Fribourg
matthias.jarlborg@h-fr.ch
Klinik für Rheumatologie
HFR Fribourg – Kantonsspital
1708 Fribourg
jean.dudler@h-fr.ch
Die Autoren haben in Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.
- Die Arthrozentese und die Identifikation von Patienten mit Infektions-risiko sind Schlüsselelemente bei der Wahl des Diagnose- und Behandlungspfades einer Monarthritis.
- Jeder Gelenkerguss verdient primär eine Punktion.
- Eine schlechte Diagnostik oder eine verzögerte Behandlung können dramatische Folgen haben.
- 3 Fehler, die nicht gemacht werden dürfen (9): Das Unterlassen oder Verzögern einer Gelenkpunktion, der Einsatz einer Antibiotikatherapie vor Anlegen einer Kultur der Gelenkflüssigkeit und der Beginn einer Behandlung allein auf Grund von Bluttests.
- Zu diesen möchten wir als 4. Fehler hinzufügen: Ein Gelenk ohne Infektverdacht bei der initialen Punktion aus Angst nicht zu infiltrieren.
Literatur
1. Ensworth S. Rheumatology: 1. Is it arthritis? CMAJ 2000;162(7):1011 6
2. Genes N, Chisolm-Straker M. Monoarticular arthritis update: Current evidence for diagnosis and treatment in the emergency department. Emerg Med Pract 2012;14(5):1-19; quiz 19-20
3. Lee KH et al. Application of a Novel Diagnostic Rule in the Differential Diagnosis between Acute Gouty Arthritis and Septic Arthritis. J. Korean Med Sci 2015;30(6):700 4
4. Norli ES et al. Joint distribution and 2-year outcome in 347 patients with monoarthritis of less than 16 weeks’ duration. Arthritis Care Res 2017 Aug 4. doi: 10.1002/acr.23334. [Epub ahead of print]
5. Baker DG, Schumacher HR. Acute monoarthritis. N Engl J Med 1993;329(14):1013 20
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10. Pyo JY et al. Clinical significance of delta neutrophil index in the differential diagnosis between septic arthritis and acute gout attack within 24 hours after hospitalization. Medicine 2017;96(30):e7431
11. García-De La Torre I, Nava-Zavala A. Gonococcal and nongonococcal arthritis. Rheum Dis Clin North Am 2009;35(1):63 73
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16. Holland C et al. Septic and aseptic complications of corticosteroid injections: an assessment of 278 cases reviewed by expert commissions and mediation boards from 2005 to 2009. Dtsch Arzteblatt Int 2012;109(24):425 30
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der informierte @rzt
- Vol. 8
- Ausgabe 11
- November 2018