Die Empfehlungen der Swiss Memory Clinics für die Therapie der Demenzerkrankungen

Einleitung

Die Therapie von Menschen mit kognitiven Störungen und Demenz-Syndromen ist komplex. Neben medikamentösen Optionen steht eine Vielzahl von nicht-medikamentösen Behandlungen zur Verfügung. Die Indikation der verschiedenen Therapieoptionen unterscheidet sich stark je nach individuellen Symptomen, zugrunde liegenden Pathologien, Alter, Stadium der Erkrankung und Verfügbarkeit. So kann es gerade für Nichtspezialisten schwierig sein, die richtige Kombination von Therapien zum richtigen Zeitpunkt für den individuellen Menschen mit Demenz (MmD) festzulegen. Zunehmend empfohlen wird deshalb der Einbezug von Dementia Care Managers (1).

Der Verein Swiss Memory Clinics (SMC) veröffentlicht in Ergänzung zu den im Rahmen der Nationalen Demenzstrategie entwickelten Empfehlungen zur Demenzabklärung im vorliegenden Dokument Empfehlungen zur Therapie der Demenz in der Schweiz. Die Empfehlungen beschränken sich auf in der Schweiz zugelassene und verfügbare Therapien.
Für die aktuelle Publikation hat die Autorengruppe Leitlinien anderer Staaten und insb. die kürzlich erschienene S3-Leitlinie berücksichtigt (1). Die therapiespezifischen Abschnitte wurden in der Regel von den entsprechenden Berufsverbänden erstellt. Positiver klinischer Erfahrung wurde explizit ein Stellenwert eingeräumt.

Die nachfolgenden Empfehlungen richten sich grundsätzlich an alle Berufsgruppen und Settings. Es handelt sich um die Kurzfassung der mit Unterstützung des BAG erstellten Langversion, die frei verfügbar ist (Nationale Plattform Demenz, https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/strategie-und-politik/nationale-gesundheitsstrategien/demenz.html). Wie bereits bei den momentan in Aktualisierung befindlichen Empfehlungen zur Diagnostik (2) ist es uns auch hier ein Anliegen, insbesondere die Primärversorgung anzusprechen. Sofern nicht explizit anders angegeben, sind alle Geschlechter gemeint.

Allgemeine Therapieziele

Demenzen sind per Definition chronische Syndrome, denen unterschiedliche Erkrankungen zugrunde liegen. Die klinische und ätiologische Ebene sollte getrennt werden, jedoch sind Begriffe wie «Demenzerkrankungen» weiterhin verbreitet und werden deshalb auch hier verwendet. Insbesondere neurodegenerative Demenzen sind fortschreitend. Heute verfügbare Therapien der kognitiven Defizite können lediglich deren Fortschreiten verlangsamen. Die Erkrankungen bedeuten eine hohe Belastung für direkt Betroffene und deren Angehörige. Oft sind nicht die kognitiven Einschränkungen, sondern behaviorale und psychische Symptome der Demenz (BPSD) verantwortlich für den Übertritt in ein Alters- und Pflegeheim. Diese werden in separaten Empfehlungen fokussiert (3). Ebenfalls separat publiziert sind Empfehlungen für die Behandlung von MmD in Langzeitinstitutionen (BAG 2020).

Die vorliegenden Empfehlungen behandeln die Verbesserung der Lebensqualität von MmD und ihren Angehörigen sowie den bestmöglichen Erhalt der Selbstständigkeit und der Stabilisierung der kognitiven Leistung. Tab. 1 zeigt wichtige Handlungskomponenten bei einer neu diagnostizierten Demenz.

Nicht-medikamentöse Therapie

Nicht-medikamentöse Interventionen zielen grossenteils darauf ab, in den bio-psycho-sozialen und spirituellen Dimensionen Momente des Wohlbefindens zu ermöglichen sowie Funktionen und Teilhabe eines MmD so lange als möglich aufrechtzuerhalten, während die Krankheit fortschreitet. Dadurch können weitere Einschränkungen reduziert oder verlangsamt und die Lebensqualität verbessert oder stabilisiert werden (4). Damit nicht-medikamentöse Therapien gelingen, brauchen Fachpersonen u.a. aus dem Bereich Gesundheit und Soziales, aber auch betreuende Angehörige Wissen und Fähigkeiten zu unten stehenden Konzepten und Interventionen. Schulungen sind deshalb zentral. Durch den notwendigen Einsatz qualifizierten Personals ist die Durchführung nicht-medikamentöser Massnahmen abhängig vom verfügbaren Personal. Die entsprechenden Lohnkosten müssen dabei ins Verhältnis gesetzt werden zu den Belastungen durch an sich vermeidbare Komplikationen (belastetes Umfeld, freiheitsbeschränkende Massnahmen) und Kosten, welche diese oft bei Personen im Umfeld der erkrankten Person sowie der Behandlung von Komplikationen (Spitalaufenthalte) in der Folge verursachen.

Vom Umfeld verlangt insbesondere die Kommunikation mit MmD viel Einfühlungsvermögen, Geduld, Kreativität und ein echtes Interesse. Neben aktivierenden Tätigkeiten soll auch immer die Möglichkeit für einen Rückzug angeboten werden.
Nicht-medikamentöse Massnahmen kommen für alle Stadien der Demenz infrage. Im Idealfall werden sie kontinuierlich angeboten und passen sich den verändernden Fähigkeiten der MmD im Krankheitsverlauf an.

Integrative Ansätze

In den folgenden Abschnitten wird eine grosse Bandbreite von nicht-medikamentösen Therapien vorgestellt. Die Auswahl sollte primär von den Bedürfnissen der Erkrankten abhängen. Zusätzlich spielt aber auch die Verfügbarkeit im jeweiligen Setting eine Rolle.
Da die nachfolgenden Therapien zumeist einzeln untersucht wurden, ist wenig über den zusätzlichen Nutzen von Kombinationen bekannt und damit auch nicht, ob gemeinsame oder unterschiedliche Wirkfaktoren relevant sind. Gemeinsam sind den Therapien die folgenden Aspekte:
– Hohe Individualisierung
– Interdisziplinarität und Interprofessionalität
– Einbezug von Umfeld und insb. Angehörigen
– Wertschätzung, Anerkennung von Emotionen
– Nonverbale Kommunikation

Die Evidenzlage für die einzelnen Verfahren ist sehr unterschiedlich. Abgegrenzt werden muss zudem die Zielsetzung. So ist eine Verbesserung der Kognition durch nicht-medikamentöse Ansätze am ehesten im Stadium der leichten bis mittleren Demenz erreichbar. Zahlreiche Interventionen, z. B. kognitive Stimulation, Reminiszenztherapie, Ergotherapie, Musik- und Tanztherapie, werden hingegen in der S3-Leitlinie (1) für alle Demenzstadien zur Behandlung depressiver Symptome empfohlen. Der Empfehlungsgrad reicht hierbei von «stark dafür» für Bewegungstherapie und Kognitive Verhaltenstherapie bis zu «schwach» bei Reminiszenz und Ergotherapie. Trotz etlicher vorhandener Studien sieht die S3-Leitlinie (1) keine Wirksamkeitsevidenz nicht-medikamentöser Verfahren gegen Angstsymptome.

Psychotherapie

Insbesondere zur Behandlung depressiver Symptome bei leichter Demenz und mild cognitive impairment (MCI) besteht gute Evidenz für die Wirksamkeit (1). Therapieziele sind neben Psychoedukation auch Ressourcenaktivierung, Stärkung der Bewältigungsstrategien und z. B. die Förderung der Selbstwirksamkeit. Der Einbezug bzw. die Beratung der Angehörigen ist auch für dieses Setting wesentlich. Empfohlen werden Anpassungen der Therapie gegenüber dem Vorgehen bei Personen ohne kognitive Defizite. Kürzeren und dafür häufigeren Therapieeinheiten sollte der Vorzug gegeben werden. Zudem sollten kognitive Elemente dem Leistungsvermögen angepasst werden.

Spezifische Pflegekonzepte

Pflegerische Konzepte beinhalten meist eine Kombination aus unterschiedlichen Interventionen und Ansätzen. Da die Pflege an sich keine Therapie ist, werden häufig therapeutische Elemente von angrenzenden Disziplinen miteinbezogen. So werden beispielsweise Aktivitäten im Alltag mit bewegungsstimulierenden Interventionen ergänzt oder musikalische Interventionen in die Tagesstruktur aufgenommen und erzielen dadurch ihre Effekte (z. B. Erhaltung oder Reaktivierung von Ressourcen, Förderung der Lebensqualität). Entsprechend werden die hier zusammengestellten Interventionen keineswegs exklusiv von Pflegekräften angeboten.

Multisensorische Interventionen

Aromapflege und Aromatherapie

Aromapflege und Aromatherapie werden in der Literatur oftmals synonym verwendet und umfassen die äusserliche Anwendung ätherischer Öle. Hinsichtlich Aromatherapie/-pflege gibt es keinen eindeutigen Wirksamkeitsnachweis in Bezug zur Schlafqualität beziehungsweise zur Verbesserung der Lebensqualität. Ein Review über 5 Studien findet keine Wirksamkeitsnachweise für den Einsatz bei Agitiertheit (1). Die Erfahrungen mit Aromatherapie/-pflege in der Pflegepraxis sind in jedem Stadium der Demenz oftmals positiv. Melissenöl scheint insgesamt das Produkt mit den besten Ergebnissen zu sein. Es ist notwendig, die MmD während des Einsatzes von Aromapflege genau zu beobachten, um bei allfälligen negativen Reaktionen die Intervention sofort abzubrechen. Beim erstmaligen Einsatz eines Produkts ist wegen möglicher allergischer Reaktion Vorsicht geboten und ggf. ein Allergietest durchzuführen.

Basale Stimulation

Basale Stimulation fördert die Wahrnehmung, z. B. durch sensorische Stimulation mittels Massage, aber auch multimodal mittels Bewegung und Sprache (Singen/Summen). Die Studienlage in Bezug auf den Nutzen von basaler Stimulation in der Pflege und Betreuung von MmD ist dünn. Bestehende Empfehlungen für die Pflege und Betreuung von MmD führen basale Stimulation jedoch auf (3).

Snoezelen

Bei der Snoezelen-Therapie werden unterschiedliche Sinne durch visuelle, akustische, olfaktorische, taktil-haptische, vestibuläre und/oder vibratorische Angebote im Alltag angeregt. Diese multisensorische Therapie kann in einem separaten Raum (Snoezelen-Raum) stattfinden. Basierend auf der vorhandenen Evidenz und den Erfahrungen in der Praxis kann die Snoezelen-Therapie für Menschen mit moderater bis schwerer Demenz empfohlen werden (5, 6). Die Effekte der Snoezelen-Therapie sind grösser, wenn die Person, welche die Therapie anbietet (Pflegende, Angehörige), in der Anwendung von multisensorischen Interventionen geschult ist (5).

Gedächtnistraining / Kognitive ­Stimulationstherapie

Das Spektrum der kognitiven Therapieansätze reicht von relativ unspezifisch aktivierenden Verfahren (kognitive Stimulation) bis hin zu auf einzelne kognitive Domänen konzentrierte (Funktions-)Trainings. Z. T. wird auch das Realitäts-Orientierungs-Training hinzugezählt. Viele Ansätze sind mit sozialer Interaktion verbunden und dürften allein deshalb hilfreich sein. Teilnehmende Personen schätzten ihre Lebensqualität z. T. als höher ein. Die Konfrontation mit den eigenen Defiziten kann aber auch negative Auswirkungen auf die psychische Verfassung haben.
Im Stadium der leichten bis mittelschweren Demenz wird in mehreren internationalen Guidelines (1, 6) sowie im Rahmen eines Cochrane Reviews (7) kognitive Stimulation empfohlen, welche neben einer Verbesserung der Kognition auch positive Effekte auf die Lebensqualität sowie auf die Kommunikation haben können, welche vergleichbar sind mit den im Rahmen etablierter medikamentöser Therapien erzielbaren Effekte. Die S3-Leitlinie macht eine schwache Empfehlung für die kognitive Stimulation zur Behandlung depressiver Symptome im Rahmen der Demenz. Von spezifischem Gedächtnistraining mit der Vermittlung von Strategien oder von psychotherapeutischen Verfahren zur Behandlung kognitiver Defizite wird im Stadium einer Demenz zur Vermeidung von Überforderung abgeraten.

Kognitive Rehabilitation

Kognitive Rehabilitation bezieht sich auf die individuelle Identifizierung funktionaler Ziele, die für die MmD relevant sind und die in der Zusammenarbeit mit der betroffenen Person und deren Angehörigen und Betreuenden erreicht werden sollen. Ziel ist, die Auswirkungen der vorhandenen Einschränkungen zu reduzieren.
Die kognitive Rehabilitation wird für das Stadium der leichten bis mittelschweren Demenz empfohlen (6) (NICE).

Physiotherapie

Die Literatur und Studienlage zeigen deutlich die Wirksamkeit von physiotherapeutischen Massnahmen bei Schmerzen und Bewegungseinschränkungen (8). Die S3- Leitlinie spricht sich stark für körperliches Training zur Verbesserung der Aktivitäten des täglichen Lebens aus (1).

Durch gezielte physiotherapeutische Untersuchungen der körperlichen Strukturen, Funktionen und der Aktivität im Verlauf der Erkrankung werden Defizite wie Schmerz, Sturzrisiko, Dysphagie schnell erkannt, und es können individuell optimal angepasste interprofessionelle Massnahmen geplant werden (9–11) und Training Manuals optimal eingesetzt werden (12). Hierdurch können auch gezielt Verhaltensprobleme reduziert werden (13).

Insbesondere im Stadium der fortgeschrittenen Demenz sollte abhängig vom Krankheitsverlauf circa 1 x jährlich ein Assessment zur Erfassung von Struktur (Schmerz, Bewegungseinschränkung), Funktion (Stabilität, Kraft, Gleichgewicht, kardio-pulmonaler Kapazität, Dysphagie) und motorisch-kognitiven Fähigkeiten erfolgen. Das Assessment sollte ein Abklärung des Sturzrisikos beinhalten.

Ergotherapie

Ergotherapie wird verstanden als Therapie zur Verbesserung und zum Erhalt von Alltagsfunktionen und Handlungsfähigkeit mit dem Ziel der Verbesserung von Teilhabe und Lebensqualität im individuellen Alltag und Lebenskontext. Als wirksame Interventionen gelten die Beratung und Umsetzung gesundheitsfördernder Aktivitäten, welche die Lebensqualität steigern, sowie das Training von alltagsrelevanten körperlichen, kognitiven, emotionalen und sozialen Fähigkeiten (14–16). Entsprechend der S3-Leitlinie wird Ergotherapie auch zur Behandlung depressiver Symptome empfohlen. Ergotherapie bezieht sich sowohl auf Betroffene als auch deren Angehörige und kann diese in den Bereichen Alltagsaktivitäten, Selbstversorgung, Mobilität, Haushaltsführung und Freizeit unterstützen (17) und dadurch eine Reduktion der physischen (16) und psychischen Belastung (18) von Angehörigen bewirken.

Aktivierungstherapie

Aktivierungstherapie findet im Einzel- oder Gruppensetting statt. In der Aktivierung kommen verschiedene Mittel (z. B. Musik, Bewegung oder Gedächtnistraining) und Methoden (z. B. Reminiszenzverfahren mit Biografiearbeit, Validation oder basale Stimulation) zum Einsatz (15), deren Wirksamkeit in Studien untersucht wurde.
Für aktivierungstherapeutische Ansätze bei MmD liegt moderate Evidenz vor (16, 17), diese jedoch für eine grosse Bandbreite von Outcomes und sowohl direkt für die MmD als auch für Angehörige. In den NICE-Guidelines wird darauf hingewiesen, dass verschiedene körperliche Aktivitäten im Alltag (Spazieren, Tanzen, Balance-Übungen etc.) einen positiven Einfluss auf die Kognition und die Ausführung von Alltagsaktivitäten haben können. Angebote im Freien scheinen sich positiv auf Stimmung, soziale Teilhabe und Schlaf auszuwirken (18).

Logopädie

Sprach-, Sprech- und Kommunikationsstörungen, die in allen Demenzformen auftreten, erschweren die soziale Teilhabe in einem hohen Mass. Insbesondere im MCI-Stadium und zu Beginn der Erkrankung ist eine logopädische Behandlung bei den sprachlich dominierten Varianten angezeigt. Es ist sinnvoll, die pflegenden Angehörigen frühzeitig in die logopädische Behandlung einzubeziehen (19).
Übungen sollten alltagsrelevant bzw. biografisch bedeutsam sein. Je nachdem, auf welcher Ebene sich die Sprachstörung hauptsächlich zeigt, liegt der Schwerpunkt der logopädischen Behandlung im Bereich der Artikulation, der Wörter, des Satzes oder der Diskursfähigkeit.

Das Lesen kann eine Ressource zur Aufrechterhaltung der Kommunikation darstellen, insbesondere für jene Personen mit einer Demenz vom Alzheimer Typ (20–22). Ebenso sind alternative Kommunikationsmittel wie Applikationen, Kommunikationsbücher oder multimodale Ansätze via Gesten und Schrift empfehlenswert. Die Prävalenz von Dysphagien bei fortgeschrittener Demenz liegt bei über 80 % (23, 24). Eine ausführliche klinisch-logopädische Schluckuntersuchung (23, 25) schliesst instrumentelle Verfahren zur Untersuchung des Schluckvorgangs ein. Bei fortgeschrittener Demenz ist dies allerdings oft nicht möglich. Man weicht dann auf eine strukturierte Essensbeobachtung aus. Methode der Wahl ist die funktionelle Dysphagietherapie. Hierbei wird das Schlucken, z. B. durch Änderungen der Kopfhaltung, aber auch Kostanpassungen, unterstützt.

Kunsttherapie

Musiktherapie
Nationale und internationale Leitlinien und Experten empfehlen konsistent den Einsatz von Musiktherapie (MT). Ein Cochrane Review (29) liefert Hinweise darauf, dass Stimmung, Verhaltenssymptome, Kommunikation und physische Funktionen positiv beeinflusst werden können. Die S3-Leitlinie sieht positive Effekte von Musik zur Behandlung depressiver Symptome und spricht eine starke Empfehlung für den personalisierten Einsatz bei Agitation aus. Eine Metaanalyse von Zhang et al. (2017) zeigt auf, dass musikbasierte Interventionen – kombiniert mit sozialer Interaktion – positive Auswirkungen auf Verhaltenssymptome und Ängstlichkeit haben können. Auch ein Verbesserungstrend hinsichtlich Depressionsanzeichen, kognitiver Funktion und Lebensqualität wird festgestellt. Eine Literaturübersicht stützt diese Erkenntnisse (28, 29) und zeigt in einer Metaanalyse positive Effekte auf Aufmerksamkeit, Sprache und autobiografische Erinnerung und beschreibt messbar stärkere Effekte bei durch qualifizierte Musiktherapeut/-innen durchgeführten Therapien. Depressionssymptome verbessern sich unter Gruppenmusiktherapie signifikant stärker als durch Singgruppenteilnahme (30).

Einen besonderen Stellenwert hat die Musik bei mittelgradiger und fortgeschrittener Demenz bei der Erzeugung positiver Emotionen, dem Auslösen von Erinnerungen und der Kontaktaufnahme durch Betreuungspersonen (31).

Die MT zeigt schon im MCI-Stadium positive Effekte auf die Lebensqualität, wobei aktive MT Vorrang hat vor rezeptiver MT und die Effekte im Einzelsetting grösser sind. Playlisten/Musiksammlungen zum Entspannen, Motivieren oder Unterstützen pflegerischer Massnahmen werden empfohlen (31, 32). Da häufigere MT die positiven Effekte zu verstärken scheint, wird eine kontinuierliche Behandlung mehrmals pro Woche empfohlen (33), wobei im Gruppensetting nicht mehr als 5–8 Patientinnen und Patienten teilnehmen sollten (34).

Weitere kunsttherapeutische Ansätze
Im 2018 erschienenen Cochrane Review mit Fokus auf der Maltherapie wird keine ausreichende Evidenz für die Kunsttherapie gesehen (35). In der aktualisierten S3-Leitlinie wird die Tanztherapie zur Behandlung depressiver Symptome bei MCI und Demenz empfohlen. Auf weitere kunsttherapeutische Ansätze wird dort nicht mehr explizit eingegangen, und es besteht die dringliche Notwendigkeit weiterführender Forschung.

Tiergestützte Therapie

Der Begriff «tiergestützte Interventionen» gilt als Überbegriff. Wie für die Fachperson braucht es auch für die eingesetzten Tiere eine fachgerechte, intensive Vorbereitung und für die Tiere auch eine spezielle Zertifizierung.
Generell werden tiergestützte Interventionen eingesetzt zur Förderung sozialer, emotionaler, physischer sowie kognitiver Kompetenzen (36). Zur Behandlung von Agitiertheit besteht aktuell keine Evidenz.

Beratungsangebote und Angehörigenarbeit bei Alzheimer und anderen Demenzformen

Beratung von Patient und Umfeld ist ein Kernelement der Therapie der Demenzerkrankungen und Voraussetzung für einen geeigneten Umgang mit der Erkrankung. Die einmalige Beratung, z. B. gleich bei der Übermittlung einer Dia­gnose, reicht dabei nicht aus. Oftmals kommen den Betroffenen die wesentlichen Fragen bzgl. ihrer Erkrankung und des Lebens mit der Erkrankung erst nach einer gewissen Zeit in den Sinn. Ein angeleitetes Vorgehen von Anfang an, das den Erkrankten und ihren Familienmitgliedern aufzeigt, welche Informationen relevant sind, welche Unterstützungsmöglichkeiten es gibt und wie sie trotz einer Demenzerkrankung ein erfülltes Leben führen können, ist entscheidend, da dies Orientierung über verfügbare Unterstützung und Hilfe bietet (37). Bestandteil von Angehörigenarbeit ist aber auch die Vermittlung von Skills im Umgang mit MmD, z. B. bei BPSD oder bzgl. der Kommunikation.

Die S3-Leitlinie empfiehlt bereits bei leichten psychischen Symptomen kognitive Verhaltenstherapie, Verhaltensaktivierung oder Multikomponenten-Intervention in Kombination mit Beratung.
Da die Beratungsansätze vielfältig und daher kaum vergleichbar sind, finden sich bis heute kaum qualifizierte Studien zur Wirkung von Beratung von MmD im engeren Sinne.

Case Management und Zugehende Beratung
Um einerseits psychologische Hindernisse aufgrund der noch immer gegebenen Stigmatisierung von Demenzerkrankungen zu vermeiden und andererseits die Erkrankten und ihre Angehörigen auch bei fortschreitender Erkrankung bedarfs- und bedürfnisgerecht begleiten zu können, bietet demenzspezifisches Case Management, z. B. auch in Form von «Zugehender Beratung», einen sinnvollen Ansatz (38, 39). In diese Richtung geht auch der international immer stärker geforderte Dementia Care Manager mit Evidenz zur Reduktion von Komplikationen und Verzögerung von Heimeintritten (40).

Beratungsstellen
In der Schweiz gibt es unterschiedliche Stellen, an die sich Angehörige wenden können: Memory Clinics, Haus- und Spezialärzte, Beratungsstellen, Bildungszentren sowie verschiedene Angebote zur Altersberatung der Gemeinden. Teilweise gehören diese zu national tätigen Organisationen wie Alzheimer Schweiz und Pro Senectute oder haben sich lokal entwickelt. Meist sind erste Beratungsgespräche kostenlos. Zudem können die zahlreich verfügbaren Online-ressourcen (z. B. www.alz.ch und https://alzguide.ch) als Ergänzung sinnvoll sein.

Peer support
Peer support durch andere pflegende Angehörige kann den psychosozialen Stress von betreuenden Angehörigen verringern und das Supportnetz eines MmD stärken.

Interventionelle Verfahren

Verschiedene interventionelle Verfahren wurden bei Demenz untersucht. Im Gegensatz zu medikamentösen Innovationen, welche im Rahmen eines Zulassungsverfahrens die Sicherheit und die Wirksamkeit beweisen müssen, sind die interventionellen Verfahren weniger stark reguliert. So sind im Schweizer Gesundheitsmarkt verschiedene Verfahren verfügbar, welche zwar CE-zertifiziert sind und damit als hinreichend sicher gelten, jedoch ihre Wirksamkeit bisher nicht in qualitativ ausreichenden und grossen Studien zeigen konnten. Dies ist besonders bedenklich, da einige Firmen bereits heute versuchen, ihre Produkte für die Behandlung von MmD zu vermarkten.

Repetitive transkranielle magnetische Stimulation (rTMS)
Die rTMS ist ein neuromodulatorisches Verfahren, welches durch Stimulation mit einer Magnetspule an der Kopfoberfläche ein elektrisches Feld in der Tiefe des Gehirns erzeugen kann. Insgesamt sind die verfügbaren Daten noch zu gering, um eine breite Anwendung bei Demenz ausserhalb von klinischen Studien empfehlen zu können.

Transkranielle Pulsstimulation
Mit der transkraniellen Pulsstimulation sollen von aussen durch die Schädeldecke tiefer liegende Hirnstrukturen erregt werden. Bisherige Studien haben zwar Effekte auf einige für die Alzheimer Demenz relevante Funktionen messen können (41), die Studien wurden aber ohne adäquate Kontrollgruppe durchgeführt. Eine Anwendung ausserhalb von klinischen Studien kann nicht empfohlen werden.

Transkranielle elektrische Stimulation
Die transkranielle elektrische Stimulation kann auf verschiedene Arten auf der Kopfoberfläche appliziert werden. Es liegen Daten aus randomisierten und sham-kontrollierten Studien vor, die eine Wirksamkeit auf Kernsymptome der Alzheimer Demenz wie die episodische Gedächtnisstörung nahelegen (42), wobei die Effekte auch über den eigentlichen Behandlungszeitraum hinaus messbar blieben (43). Doch auch bei dieser Methode sind die Studiendaten zum heutigen Zeitpunkt noch heterogen und vorläufig, so- dass ein Einsatz ausserhalb von klinischen Studien nicht empfohlen wird.

Tiefe Hirnstimulation
Die tiefe Hirnstimulation (deep brain stimulation, DBS) ist ein invasives Verfahren, bei dem Elektroden an unterschiedlichen Zielpunkten in der Tiefe des Gehirns platziert werden. Das Verfahren ist in der Behandlung von Menschen mit Parkinson-Erkrankung und anderen Bewegungsstörungen gut etabliert, kann aber zum heutigen Zeitpunkt ausserhalb von klinischen Studien für MmD nicht empfohlen werden.

Palliative Care, Advance Care Planning (ACP)

Demenz ist ein Syndrom, das meist Ausdruck einer unheilbaren, lebensverkürzenden Krankheit ist, die mit ihren Begleiterkrankungen schliesslich zum Tod führt, obgleich die Menschen jahrelang mit der Krankheit leben können. Eine adäquate Palliativversorgung hat die Verbesserung der Lebensqualität, den Funktionserhalt und die Maximierung des Wohlbefindens im ganzen Krankheitsverlauf zum Ziel und nimmt auch die Bedürfnisse der Angehörigen auf (44). Weil Kognition, Kommunikations- und Urteilsfähigkeit im Krankheitsverlauf abnehmen, ist eine frühzeitige Vorausplanung (ACP) mit dem MmD wichtig, um Präferenzen, Werte, Bedürfnisse und Vorstellungen für spätere Krankheitsphasen festzuhalten (45).

Medikamentöse und nicht-medikamentöse Behandlungsmassnahmen sind im palliativen Sinne anzuwenden.
Im Krankheitsverlauf erfordern gesundheitliche Störungen sorgfältige Entscheidungen bezüglich Behandlungsziel unter Berücksichtigung des ACP, um unnötige Hospitalisationen und Interventionen zu vermeiden (46).

Medikamentöse Therapie

Symptomatische medikamentöse Therapie

Alle bislang zugelassenen medikamentösen Therapieansätze sind symptomatisch wirksam. Sie richten sich also nicht direkt gegen die krankheitsauslösende Neurodegeneration oder die pathologischen Eiweissablagerungen bei der Alzheimer-Krankheit (Tau und Amyloid) im Gehirn. Orientierend lässt sich sagen, dass diese Medikamente die Punktzahl im Mini-Mental-Status bei MmD aufgrund einer Alzheimer-Krankheit um gut einen Punkt verbessern und es einige Wochen dauert, bis der Effekt maximal deutlich wird. Wichtiger sind oft die Verbesserungen von Alltagsfunktionen. Da die Medikamente bereits lange verfügbar sind, erfüllen die ursprünglichen Zulassungsstudien nicht mehr die heutigen Standards. Dies hat dazu geführt, dass einige Länder (z. B. Frankreich) ihre Erstattungsfähigkeit eingeschränkt haben. Für alle Substanzen wird eine langsame Eindosierung empfohlen. Insgesamt werden die Substanzen gut vertragen.

AChE-Inhibitoren

Alzheimer-Krankheit
Der Effekt der drei Acetylcholinesteraseinhibitoren (AChE-I) Donepezil, Rivastigmin und Galantamin ist moderat, bleibt aber auch bei längerem Einsatz signifikant, wie neuere Arbeiten mit Langzeitdaten zeigen (47). In dieser und weiteren Studien haben MmD unter AChE-I auch eine reduzierte Gesamtmortalität.

AChE-I stehen auf der Spezialitätenliste. Die Limitationen erfordern die wiederholte Durchführung des MMSE zur Unterstützung einer Nutzen-Risiko-Abwägung. Bei einem Wert unter 10 fordert die Limitatio zudem die Beendigung. Im Gegensatz dazu empfehlen die deutschsprachige S3- Leitlinie und die Daten der Domino-AD-Studie hingegen die Weiterführung (48), die aber begründet werden sollte (off-label). Im Stadium erheblicher Funktionseinschränkungen (z. B. Bettlägerigkeit und umfassender Pflegebedarf) sollte die Behandlung beendet werden.

Andere Formen der Demenzerkrankungen
Menschen in leichten bis mittleren Stadien einer Demenz bei Parkinson-Erkrankung oder aufgrund einer LBD sollte Donepezil oder Rivastigmin angeboten werden. Rivastigmin kann in dieser Indikation Verhaltenssymptome günstig beeinflussen (49). In der Schweiz besteht eine Zulassung von Rivastigmin-Kapseln für die Demenz bei Parkinson­Erkrankung, in den weiteren Indikationen handelt es sich um eine Off-label-Behandlung.
Bei einer rein vaskulären Demenz empfiehlt die S3-Leitlinie Donepezil oder Galantamin in hoher Dosierung, aber auch Memantin zur Verbesserung der Kognition. Zudem ist zu berücksichtigen, dass es sich bei Demenzen bei Hoch- betagten in der Mehrzahl um Mischformen handelt. Bei Demenz aufgrund einer FTLD sind AChE-I ungeeignet.

Memantin

Alzheimer-Krankheit
Memantin ist zugelassen für die mittelgradig bis schwere Demenz aufgrund einer Alzheimer-Krankheit. Bei moderater Demenz sollte bei guter Verträglichkeit jedoch den AChE-I der Vorzug gegeben werden (NICE). Auch hier sollte bei guter Verträglichkeit und langsamer Aufdosierung mit der Höchstdosis von 20 mg behandelt werden. Die Limitatio verlangt zudem die wiederholte Durchführung des MMSE und einen Punktwert zwischen 3 und 19 Punkten.

Weitere Demenzformen
Für die Behandlung einer Demenz bei LBD gilt Memantin als 2. Wahl nach den AchE-I (siehe oben). Bei FTLD wird empfohlen, beide Substanzgruppen nicht einzusetzen. Memantin wirkt eher sedierend als AChE-I.

Ginkgo biloba

Alzheimer-Demenz und vaskuläre Demenz
Die deutschsprachige S3-Guideline bewertet Ginkgo biloba in einer Dosis von 240 mg täglich positiv in Bezug auf «Aktivitäten des täglichen Lebens» sowie u.a. für die kognitiven Fähigkeiten. Empfohlen wird der Einsatz bei leichter bis mittelgradiger AD oder vaskulärer Demenz mit nicht psychotischen Verhaltenssymptomen. Der Empfehlungsgrad für die Verbesserung der Kognition ist aber niedriger als jener für z. B. die AChE-Inhibitoren. Es stehen verschiedene Präparate zur Verfügung, die sich in ihrer chemischen Zusammensetzung leicht unterscheiden. Die meisten wissenschaftlichen Untersuchungen wurden mit dem Extrakt EGb 761 durchgeführt. Insgesamt kann bei leichter bis mittlerer Demenz aufgrund einer Alzheimer-Krankheit, aber auch bei einer vaskulären Demenz die Behandlung erwogen werden. Der Einsatz empfiehlt sich insbesondere für Menschen, die Phytotherapien favorisieren, oder für welche, bei denenAChE-I und Memantin nicht infrage kommen.

Subjektive kognitive Störung (SCD) und leichte kognitive Störung (MCI)
In der Schweiz ist die Zulassung dieser Substanzen breit gefasst («Einbussen in der mentalen Leistungsfähigkeit»). Damit sind Ginkgo-Präparate die einzigen Substanzen, die auch im MCI-Stadium eingesetzt werden können. Allerdings haben grosse randomisierte Studien keinen signifikanten Effekt auf die Entwicklung einer Demenz gezeigt (50, 51). Hingegen zeigen Daten aus Verschreibungsregistern, dass Menschen unter Ginkgo weniger häufig eine Demenz entwickeln (52). Die Diskrepanz könnte durch unterschiedliche Studiendesigns und Beobachtungszeiträume zu erklären sein. Zusammenfassend kann eine Behandlung mit Ginkgo in den Stadien SCD und MCI erwogen werden. Sie sollte aber immer mit einer ausführlichen Beratung zu demenzpräventiven Massnahmen (53) kombiniert werden.

Andere Demenzformen
Ein Wirksamkeitsnachweis für Parkinson-Demenz, LBD und FTLD liegt nicht vor.

Krankheitsmodifizierende Therapien

Im Zeitraum der Erstellung der vorliegenden Therapieempfehlungen wurden Zulassungsanträge für die neuen krankheitsmodifizierenden Therapien Lecanemab und Donanemab bei der Swissmedic eingereicht. Eine Entscheidung hierüber steht aus. Diese Medikamente haben in grossen Phase-III-Studien gezeigt, dass sie die Amyloidlast im Gehirn von Menschen mit frühen Stadien einer Alzheimer-Krankheit effektiv reduzieren können und auch moderate Effekte auf die Progredienz der klinischen Symp­tome aufweisen.
Da sich die vorliegenden Empfehlungen auf zugelassene bzw. in der Schweiz verfügbare Therapien beschränken,­ ­erfolgt an dieser Stelle (noch) keine weitere Bewertung dieser neuen Therapien. Wir verweisen auf separate Stellungnahmen, welche zu gegebener Zeit publiziert werden.

Kritische Überprüfung anderer ­medikamentöser Therapien

Genauso wichtig wie der Einsatz von Medikamenten zur Verbesserung der Kognition ist die Vermeidung von Medikamenten, welche die Kognition verschlechtern. PRISCUS (54) und START-STOPP (58) sind Zusammenstellungen von im Alter potenziell ungeeigneten Medikamenten (potentially inappropriate medications, PIMs).

Substanzbasierte Therapien/Nahrungsergänzungsmittel
Beim Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln bei Demenzerkrankungen gibt es verschiedene, möglicherweise wirksame Behandlungsansätze, die von einer Hirnversorgung mit spezifisch-neuroprotektiven Mikronährstoffen über energetische Verbesserung mittels Keto-Diät bis zur gezielt cerebralen Inflammationsbeeinflussung via Mikrobiomveränderung (Braunalgen) reichen. Angesichts des Pilotcharakters der dazu vorliegenden wissenschaftlichen Studien lassen sich zum heutigen Zeitpunkt keine allgemeinen Empfehlungen ableiten. Dies betrifft nicht die Behandlung von gezielt nachgewiesenen Mangelzuständen oder die allgemeinen Empfehlungen der Altersmedizin zu Vitamin D.

Ausblick

Fachkräftemangel und Kostendeckung

Trotz der neuesten Entwicklungen bei den Antikörper-­basierten Therapien wird die Versorgung und Therapie der Demenzerkrankungen eine gesellschaftliche Herausforderung bleiben. Diese Herausforderungen spitzen sich aufgrund der erwarteten Verdoppelung der Fallzahlen bis 2050 und dem Fachkräftemangel erheblich zu. Es erscheint aktuell nicht realistisch, den Demenzbetroffenen flächendeckend die optimale Therapie zukommen zu lassen. Viele der in diesem Dokument gemachten Empfehlungen müssen aufgrund fehlender lokaler Angebote und deren Finanzierung angepasst werden. Erforderlich ist insbesondere aber eine gesellschaftliche Diskussion, was die Demenzversorgung kosten darf und wie integriert beispielsweise MmD sein sollen.
Wie sich neue Technologien wie Sozialroboter oder computerbasierte kognitive Technologien im Alltag (insbesondere im Schweizer Kontext) implementieren und über längere Zeit einsetzen lassen, ist noch ungenügend untersucht worden, und somit fällt die Empfehlungsstärke gering aus. Klar ist jedoch, dass neue Technologien zukünftig eine grössere Rolle spielen werden.

Danksagungen

Mit freundlicher Unterstützung der Nationalen Demenzplattform. Wir danken senesuisse, Verband wirtschaftlich unabhängiger Alters- und Pflegeeinrichtungen Schweiz, und LangzeitSchweiz, Schweizer Fachverband für Langzeitpflege und -betreuung, für ihre Teilnahme am Vernehmlassungsverfahren. Wir danken Reto Kressig für eine ergänzende ­Kommentierung. Wir danken Sandra Habegger für die Editierung des Textes. Es handelt sich hierbei um die 1. Auflage. der Therapieempfehlungen. Gerne nimmt die Geschäftsstelle SMC Anregungen für eine Neuauflage entgegen.

Abkürzungen
ACP Advance Care Planning
BPSD behaviorale und psychische Symptome der Demenz
FTLD Frontotemporale Lobärdegenerationen
LBD/LBK Demenz/Krankheit mit Lewy-Körperchen
MCI mild cognitive impairment (leichte kognitive Störung)
MmD Menschen mit Demenz
MT Musiktherapie
PIM potentially inappropriate medication
SCD subjective cognitive decline
(subjektive kognitive Beeinträchtigung)
SMC Swiss Memory Clinics

Historie
Manuskript eingereicht: 30.05.2024
Manuskript angenommen: 10.06.2024



Recommandations de Swiss Memory Clinics pour le traitement des troubles cognitifs

Introduction

Le traitement des personnes atteintes de troubles cognitifs et de syndromes démentiels est complexe. Outre les options médicamenteuses, il existe une multitude de traitements non médicamenteux. L’ indication des différentes options thérapeutiques varie fortement en fonction des symptômes individuels, des pathologies sous-jacentes, de l’ âge, du stade de la maladie et de la disponibilité. Il peut donc être difficile, surtout pour les non-spécialistes, de déterminer, pour chaque personne atteinte de démence (PAD), la bonne combinaison de thérapies au bon moment. C’ est pourquoi il est de plus en plus recommandé de faire appel à des Dementia Care Managers (1). L’ association Swiss Memory Clinics (SMC) publie dans le présent document des recommandations sur le traitement de la démence en Suisse, en complément des recommandations sur le diagnostic de la démence développées dans le cadre de la stratégie nationale en matière de démence. Les recommandations se limitent aux thérapies autorisées et disponibles en Suisse.

Pour la publication actuelle, le groupe d’ auteurs a également pris en compte les lignes directrices publiées dans d’ autres pays, en particulier la ligne directrice S3 (1). Généralement, les sections sur les thérapies spécifiques ont été rédigées par les associations professionnelles correspondantes. Une place a été explicitement accordée à l’ expérience clinique.

Les recommandations suivantes s’ adressent en principe à tous les groupes professionnels et à tous les settings. Il s’ agit d’ une version abrégée de la version longue élaborée avec le soutien de l’ OFSP, disponible gratuitement (Plateforme nationale démence (https://www.bag.admin.ch/bag/fr/home/strategie-und-politik/nationale-gesundheitsstrategien/demenz.html). Comme pour les recommandations en cours d’ actualisation concernant le diagnostic (2) nous tenons à souligner l’importance des soins primaires. Sauf indication contraire explicite, tous les sexes sont concernés.

Objectifs thérapeutiques généraux

Les démences sont par définition des syndromes chroniques sous-tendus par diverses maladies. Les niveaux cliniques et étiologiques doivent être distingués, mais des termes comme «pathologies démentielles» restent courants et seront donc utilisés ici. Par ailleurs, les démences neurodégénératives sont évolutives. Les traitements des déficits cognitifs actuellement disponibles ne peuvent que ralentir leur progression. Ces maladies représentent une lourde charge pour les personnes directement concernées et leurs proches. Souvent, ce ne sont pas les déficits cognitifs, mais les symptômes comportementaux et psychiques de la démence (SCPD) qui sont à l’ origine du passage en maison de retraite ou en établissement médico-social. Ceux-ci font l’ objet de recommandations séparées (3).
Les présentes recommandations traitent de l’ amélioration de la qualité de vie des PAD et de leurs proches, du maintien de l’ autonomie et de la stabilisation des performances cognitives (BAG 2020). Le Tab. 1 présente les principales composantes de la démarche dans le cas d’ une démence nouvellement diagnostiquée.

Thérapie non médicamenteuse

Les interventions non médicamenteuses visent en grande partie à permettre des moments de bien-être dans les dimensions bio-psycho-sociales et spirituelles, ainsi qu’ à maintenir, alors que la maladie progresse, les fonctions et la participation des PAD aussi longtemps que possible. Cela permet de réduire ou de ralentir les restrictions supplémentaires et d’ améliorer ou de stabiliser la qualité de vie (4). Pour que les thérapies non médicamenteuses soient efficaces, les professionnels de la santé et du travail social, entre autres, mais aussi les proches aidants ont besoin de connaissances et de compétences concernant les concepts et les interventions mentionnés ci-dessous. Les formations sont donc essentielles. En raison de la nécessité de recourir à du personnel qualifié, les mesures non médicamenteuses dépendent de la disponibilité de ce dernier. Les coûts salariaux correspondants doivent être mis en relation avec les charges liées aux complications évitables en soi (entourage chargé, mesures de restriction de la liberté) et les coûts du traitement des complications (séjours hospitaliers).

L’ entourage doit faire preuve d’ empathie, de patience, de créativité et d’ un réel intérêt pour communiquer avec les PAD. Outre les activités d’ activation, il faut toujours offrir la possibilité de se retirer.
Les mesures non médicamenteuses sont envisageables à tous les stades de la démence. Dans l’ idéal, elles sont proposées en continu et s’ adaptent à l’ évolution des capacités des PAD au cours de la maladie.

Approches intégratives

Les paragraphes suivants présentent un large éventail de thérapies non médicamenteuses. Le choix devrait dépendre en premier lieu des besoins des personnes concernées. De plus, la disponibilité dans le milieu concerné joue également un rôle.
Étant donné que la plupart des thérapies suivantes ont été étudiées séparément, on sait peu de choses sur les avantages supplémentaires des combinaisons et, par conséquent, sur la pertinence des facteurs communs ou distincts. Les aspects suivants sont communs aux thérapies :
– Haute personnalisation
– Interdisciplinarité et interprofessionnalité
– Implication de l’ entourage et des proches en particulier
– Valorisation, reconnaissance des émotions
– Communication non verbale

Le niveau de preuve pour chaque procédure est très différent. Il convient en outre de délimiter l’ objectif. Ainsi, l’ amélioration de la cognition par des approches non médicamenteuses est plus facilement réalisable au stade de démence légère à modérée. De nombreuses interventions, telles que la stimulation cognitive, la thérapie par réminiscence, l’ ergothérapie, la thérapie par la musique et la danse, sont en revanche décrites dans la lignes directrice S3 (1) pour tous les stades de la démence pour le traitement des symptômes dépressifs. Le degré de recommandation va de «élevé» pour la thérapie par le mouvement et la psychothérapie à «faible» pour la réminiscence et l’ ergothérapie. Malgré les nombreuses études existantes, la ligne directrice S3 (1) n’ apporte aucune preuve d’ efficacité des méthodes non médicamenteuses contre les symptômes d’ anxiété.

Psychothérapie

Il existe de bonnes preuves d’ efficacité de la psychothérapie, notamment pour le traitement des symptômes dépressifs dans les cas de démence légère et de Mild cognitive impairment (MCI). Les objectifs thérapeutiques sont la psychoéducation, l’ activation des ressources, le renforcement des stratégies d’ adaptation et la promotion de l’ efficacité personnelle. Il est également essentiel d’impliquer et conseiller les proches. Il est recommandé d’ adapter le traitement par rapport aux personnes sans déficit cognitif. La préférence devrait être donnée à des séances de thérapie plus courtes mais plus fréquentes. De plus, les éléments cognitifs devraient être adaptés aux capacités de la personne.

Concepts de soins spécifiques

Les concepts de soins infirmiers impliquent généralement une combinaison d’ interventions et d’ approches différentes. Les soins n’ étant pas une thérapie en soi, ils intègrent souvent des éléments thérapeutiques de disciplines voisines. Par exemple, les activités quotidiennes sont complétées par des interventions stimulant le mouvement, ou bien des interventions musicales sont intégrées dans la structure de la journée et produisent ainsi leurs effets (p. ex. maintien ou réactivation des ressources, promotion de la qualité de vie). Les interventions présentées ici ne sont donc pas exclusivement proposées par le personnel soignant.

Interventions multisensorielles

Soins aromatiques et aromathérapie

Les soins aromatiques et l’ aromathérapie sont souvent utilisés comme synonymes dans la littérature et comprennent l’ utilisation externe d’ huiles essentielles. Il n’ y a pas de preuve claire d’ efficacité en ce qui concerne la qualité du sommeil ou l’ amélioration de la qualité de vie. Une revue de 5 études ne trouve aucune preuve d’ efficacité de leur utilisation en cas d’ agitation (1). Les expériences en matière d’ aromathérapie / soins aromatiques dans la pratique des soins sont souvent positives, quel que soit le stade de la démence. L’ huile de mélisse semble être le produit qui donne globalement les meilleurs résultats. Il est nécessaire d’ observer attentivement les personnes atteintes de démence pendant l’ utilisation de l’ aromathérapie afin d’ interrompre immédiatement l’ intervention en cas d’ éventuelles réactions négatives. Lors de la première utilisation d’ un produit, la prudence est de mise en raison d’ une possible réaction allergique et un test d’ allergie doit être effectué si nécessaire.

Stimulation basale

La stimulation basale favorise la perception, par exemple par la stimulation sensorielle au moyen de massages, mais aussi de manière multimodale par le mouvement et la parole (chanter / fredonner). Les études sur l’ utilité de la stimulation basale dans les soins et l’ accompagnement des personnes atteintes de démence sont peu nombreuses. Les recommandations existantes pour les soins et l’ accompagnement des personnes atteintes de démence mentionnent la stimulation basale (3).

Snoezelen

La thérapie Snoezelen consiste à stimuler différents sens par des offres visuelles, acoustiques, olfactives, tactilo-haptiques, vestibulaires et / ou vibratoires au quotidien. Cette thérapie multisensorielle peut se dérouler dans un espace clos (salle Snoezelen), dans le cadre d’ un plan de traitement axé sur les tâches ou encore dans le cadre d’ une prise en charge 24h/24. Sur la base des preuves existantes et de l’ expérience pratique, la thérapie Snoezelen peut être recommandée pour les personnes atteintes de démence modérée à sévère (5, 6). Les effets de la thérapie Snoezelen sont plus importants lorsque la personne qui propose la thérapie (soignant, proche aidant) est formée à l’ utilisation d’ interventions multisensorielles (5).

Entraînement de la mémoire / Thérapie de stimulation cognitive

L’ éventail des approches de thérapie cognitive va de procédés d’ activation relativement peu spécifiques (stimulation cognitive) à des entraînements (fonctionnels) concentrés sur certains domaines cognitifs. De nombreuses approches sont liées à l’ interaction sociale et devraient être utiles pour cette seule raison. Les participants ont parfois estimé que leur qualité de vie était meilleure. Mais la confrontation avec ses propres déficits peut aussi avoir des effets négatifs sur l’ état psychique.
Au stade de démence légère à modérée, plusieurs lignes directrices internationales (1, 6) ainsi qu’une revue Cochrane (7) recommandent une stimulation cognitive qui, outre une amélioration de la cognition, peut également avoir des effets positifs sur la qualité de vie et la communication, comparables à ceux pouvant être obtenus dans le cadre de thérapies médicamenteuses établies. La ligne directrice S3 émet une recommandation faible pour la stimulation cognitive dans le traitement des symptômes dépressifs dans le cadre de la démence. L’ entraînement spécifique de la mémoire avec l’ enseignement de stratégies ou les méthodes psychothérapeutiques pour le traitement des déficits cognitifs sont déconseillés au stade de démence afin d’éviter une surcharge.

Réhabilitation cognitive

La réadaptation cognitive se réfère à l’ identification individuelle d’ objectifs fonctionnels pertinents pour la personne atteinte de démence et qui doivent être atteints en collaboration avec la personne concernée, ses proches et ses soignants. L’ objectif est de réduire les impacts des limitations existantes.
La réadaptation cognitive est recommandée pour les stades de démence légère à modérée (6) (NICE).

Physiothérapie

La littérature et les études montrent clairement l’ efficacité des mesures physiothérapeutiques en cas de douleurs et de limitations de mouvement (8). La ligne directrice S3 se prononce fortement en faveur de l’ entraînement physique pour améliorer les activités de la vie quotidienne (1).
Grâce à des examens physiothérapeutiques ciblés des structures corporelles, des fonctions et de l’ activité tout au long de l’ évolution de la maladie, les déficits tels que la douleur, le risque de chute, la dysphagie sont rapidement identifiés, permettant la planification de mesures interprofessionnelles individuellement adaptées (9–11) et une utilisation optimale des manuels d’ entraînement (12). Cela permet également de réduire de manière ciblée les problèmes de comportement (13).

Au stade de démence avancée, en fonction de l’ évolution de la maladie, il convient de procéder environ une fois par an à une évaluation structurelle (douleur, limitation des mouvements), fonctionnelle (stabilité, force, équilibre, capacité cardio-pulmonaire, dysphagie), des capacités cognitives et motrices, et du risque de chute.

Ergothérapie

L’ ergothérapie est considérée comme une thérapie visant à améliorer et à maintenir les fonctions quotidiennes et la capacité d’ action dans le but d’ améliorer la participation et la qualité de vie dans le quotidien et le cadre de vie individuel. Les interventions efficaces comprennent le conseil et la mise en œuvre d’ activités de promotion de la santé qui améliorent la qualité de vie, ainsi que l’ entraînement des capacités physiques, cognitives, émotionnelles et sociales pertinentes pour la vie quotidienne (14–16). La ligne directrice S3 recommande également l’ ergothérapie pour traiter les symptômes dépressifs. L’ ergothérapie s’ adresse à la fois aux personnes concernées et à leurs proches, et peut les soutenir dans les domaines des activités quotidiennes, des soins personnels, de la mobilité, des tâches ménagères et des loisirs (17), permettant ainsi de réduire la charge physique (16) et psychologiques (18) des proches.

Thérapie d’activation

La thérapie d’ activation se déroule en individuel ou en groupe. Divers moyens (p. ex. musique, mouvement ou entraînement de la mémoire) et méthodes (p. ex. processus de réminiscence avec travail biographique, validation ou stimulation basale) sont utilisés (19). Ces méthodes ont fait l’ objet d’ études sur leur efficacité.

Il existe des preuves modérées concernant les approches de thérapie d’ activation chez les PAD (15, 20), mais celles-ci couvrent un large éventail de résultats et s’ appliquent aussi bien directement pour les PAD que pour leurs proches. Les lignes directrices NICE indiquent que diverses activités physiques quotidiennes (marche, danse, exercices d’ équilibre, etc.) peuvent avoir une influence positive sur la cognition et l’ exécution des activités quotidiennes. Les activités en plein air semblent avoir un effet positif sur l’ humeur, la participation sociale et le sommeil (21).

Logopédie

Les troubles du langage et/ou de la parole ainsi que de la communication, qui peuvent apparaître dans différentes formes de démence, entravent la participation sociale dans une large mesure. En particulier au stade MCI et en début de maladie, un traitement logopédique est indiqué pour les variantes à dominante linguistique. Il est essentiel d’intégrer les proches-aidants dès le début de la prise en charge logopédique (22).
Les exercices doivent être pertinents pour la vie quotidienne ou avoir une signification pour le patient. Dépendant d’où se situe le trouble langagier, nous pouvons travailler au niveau de l’ articulation, des mots, de la phrase ou du discours.

La lecture peut être une ressource pour maintenir la communication, en particulier pour ceux qui souffrent d’ une démence de type Alzheimer (23–25). Il existe également des moyens de communication alternatifs tels que des carnets de communication, des applications ou encore la communication multimodale via le geste ou l’ écriture.

La prévalence des dysphagies dans la démence avancée est de plus de 80 % (26, 27). Un examen clinique et logopédique détaillé de la déglutition (26, 28) inclut des procédures instrumentales pour examiner le processus de déglutition. En cas de démence avancée, cela n’ est souvent pas possible. On se rabat alors sur une observation structurée de l’ alimentation. Sur le plan thérapeutique, la méthode de choix est la thérapie fonctionnelle de la dysphagie. La déglutition est soutenue, par exemple, par des modifications de la position de la tête, mais aussi par des adaptations de la nourriture.

Art-thérapie

Musicothérapie
Les lignes directrices nationales et internationales ainsi que les experts recommandent l’ utilisation de la musicothérapie (MT). Une revue Cochrane (29) fournit des indications selon lesquelles l’ humeur, les symptômes comportementaux, la communication et les fonctions physiques peuvent être influencés positivement.
La ligne directrice S3 considère que la musique a des effets positifs sur le traitement des symptômes dépressifs et recommandent fortement son utilisation personnalisée en cas d’ agitation. Une méta-analyse de Zhang et al. 2017 (30) montre que les interventions basées sur la musique – combinées à l’ interaction sociale – peuvent avoir des effets positifs sur les symptômes comportementaux et l’ anxiété. Une tendance à l’ amélioration des signes de dépression, de la fonction cognitive et de la qualité de vie est également constatée. Une revue de la littérature soutient ces conclusions (31, 32), démontrant dans une méta-analyse des effets positifs sur l’ attention, le langage et la mémoire autobiographique, et décrit des effets mesurables plus importants lors de thérapies menées par des musicothérapeutes qualifiés.
Les symptômes dépressifs diminuent de manière significativement plus importante avec la musicothérapie de groupe qu’ avec la participation à un groupe de chant (33).
Dans les cas de démence modérée et avancée, la musique joue un rôle particulier dans la génération d’ émotions positives, le déclenchement de souvenirs et la prise de contact par les soignants (Huber et al., 2021).

La MT montre des effets positifs sur la qualité de vie dès le stade MCI, avec une préférence pour la MT active par rapport à la MT réceptive, et des effets étant plus importants en individuel.
Des playlists/collections musicales pour se détendre, motiver ou soutenir les mesures de soins sont recommandées (34, 35). Comme une MT plus fréquente semble renforcer les effets positifs, un traitement continu plusieurs fois par semaine est recommandé (36), sachant qu’ en setting de groupe le nombre des participants devrait se limiter à un maximum de 5–8 patients (37).

Autres approches d’art-thérapie
Dans la revue Cochrane parue en 2018 et portant sur la thérapie par la peinture, aucune preuve suffisante de l’ efficacité de l’ art-thérapie n’ a été trouvée (38). Dans la ligne directrice S3 actualisée, la thérapie par la danse est recommandée pour le traitement des symptômes dépressifs en cas de MCI et de démence. Les autres approches d’ art-thérapie n’ y sont plus explicitement abordées et il est urgent de poursuivre la recherche dans ce domaine.

Thérapie assistée par l’ animal

Le terme «interventions assistées par l’ animal» est considéré comme un terme générique.
Comme pour le professionnel, les animaux utilisés nécessitent une préparation professionnelle et intensive, ainsi qu’ une certification spéciale.
En général, les interventions assistées par l’ animal sont utilisées pour promouvoir les compétences sociales, émotionnelles, physiques et cognitives (39).
Il n’ y a actuellement pas de preuve d’efficacité concernant le traitement de l’ agitation.

Offres de conseil et travail avec les proches en cas de maladie d’ Alzheimer et d’autres formes de démence

Le conseil au patient et à son entourage est un élément clé du traitement de la démence et une condition préalable à une gestion appropriée de la maladie. Un conseil unique, par exemple au moment de l’ annonce du diagnostic, n’ est pas suffisant. Souvent, les questions essentielles concernant la maladie et la vie avec la maladie ne viennent à l’ esprit des personnes concernées qu’ après un certain temps. Une approche guidée dès le début, qui montre aux personnes malades et à leur famille quelles sont les informations pertinentes, quelles sont les possibilités de soutien et comment mener une vie épanouie malgré la démence, est essentielle, car elle permet de s’ orienter vers le soutien et l’ aide disponibles (40). Le travail avec les proches comprend également l’ enseignement des compétences nécessaires pour l’interaction avec les PAD, comme p.ex. concernant la communication et les SCPD.

La ligne directrice S3 recommande dès la présence de symptômes psychologiques légers, une thérapie cognitive-comportementale, ou une activation comportementale, ou une intervention multimodale en combinaison avec du conseil.Étant donné que les approches de conseil sont variées et donc difficilement comparables, il existe à ce jour peu d’ études portant sur l’ effet du conseil aux PAD au sens strict.

Case management et suivi personnalisé
Afin d’ éviter d’ une part les obstacles psychologiques dus à la stigmatisation encore présente des pathologies démentielles, et d’ autre part d’ accompagner les malades et leurs proches de manière adaptée à leurs besoins et à l’ évolution de la maladie, la gestion de cas spécifique à la démence, par exemple sous la forme d’un «suivi personnalisé», offre une approche judicieuse (41, 42). Dans ce sens, le Dementia Care Manager est de plus en plus demandé au niveau international, avec des preuves d’une réduction des complications et du retard des entrées en institution (43).

Centres de consultation
En Suisse, il existe différentes structures vers lesquelles les proches peuvent se tourner : les memory clinics, les médecins généralistes et spécialistes, les centres de consultation, les centres de formation ainsi que divers services de conseil pour les personnes âgées offerts par les communes. Certains d’ entre eux appartiennent à des organisations actives au niveau national comme Alzheimer Suisse et Pro Senectute ou se sont développés au niveau local. La plupart du temps, les premières consultations sont gratuites. En outre, les nombreuses ressources en ligne disponibles (p. ex. Alzheimer Berne: Alzheimer Berne (alzheimer-schweiz.ch) et (https://alzguide.ch/fr) peuvent être utiles en complément.

Soutien par les pairs
Le soutien par les pairs d’ autres aidants familiaux peut réduire le stress psychosocial des aidants familiaux et renforcer le réseau de soutien des personnes atteintes de démence.

Procédures interventionnelles

Différentes procédures interventionnelles ont été étudiées dans le cadre de la démence. Contrairement aux innovations médicamenteuses, dont la sécurité et l’ efficacité doivent être prouvées dans le cadre d’ une procédure d’ autorisation, les méthodes interventionnelles sont moins réglementées. Ainsi, il existe sur le marché de la santé en Suisse différentes procédures qui sont, certes certifiées CE et donc considérées comme suffisamment sûres, mais qui n’ ont pas encore pu démontrer leur efficacité dans des études de qualité suffisante et de grande envergure. Cette situation est particulièrement préoccupante, car certaines entreprises tentent déjà de commercialiser leurs produits pour le traitement des PAD.

Stimulation magnétique transcrânienne répétitive (SMTr)
La SMTr est une méthode neuromodulatrice qui peut générer un champ électrique en profondeur dans le cerveau par stimulation avec une bobine magnétique à la surface de la tête. Dans l’ ensemble, les données disponibles sont encore trop limitées pour pouvoir recommander une large utilisation dans la démence en dehors des études cliniques.

Stimulation transcrânienne par impulsions
La stimulation transcrânienne par impulsions doit permettre d’ exciter des structures cérébrales profondes depuis l’ extérieur à travers la boîte crânienne. Jusqu’ à présent, des études ont certes pu mesurer des effets sur certaines fonctions importantes pour la démence de type Alzheimer (44) mais elles ont été menées sans groupe contrôle. Dans l’ ensemble, les données disponibles sont encore insuffisantes et l’ utilisation en dehors des études cliniques ne peut pas être recommandée.

Stimulation électrique transcrânienne
La stimulation électrique transcrânienne peut être appliquée de différentes manières à la surface de la tête. Des données issues d’ études randomisées et contrôlées par placebo suggèrent une efficacité sur les symptômes principaux de la démence de type Alzheimer, comme les troubles de la mémoire épisodique (45). Les effets sont restés mesurables au-delà de la période de traitement proprement dite (46). Cependant, les données des études sont encore hétérogènes et préliminaires, de sorte qu’une utilisation en dehors des études cliniques n’ est pas recommandée.

Stimulation cérébrale profonde
La stimulation cérébrale profonde (deep brain stimulation, DBS) est une procédure invasive au cours de laquelle des électrodes sont placées en différents points cibles en profondeur dans le cerveau. Cette méthode est bien établie dans le traitement des personnes atteintes de la maladie de Parkinson et d’ autres troubles du mouvement. Cependant, cette méthode ne peut pas être recommandée à l’ heure actuelle pour les PAD, en dehors des études cliniques.

Soins palliatifs, Advance Care Planning (ACP)

La démence est un syndrome qui est le plus souvent l’ expression d’ une maladie incurable, qui raccourcit la vie et qui, avec les maladies qui l’ accompagnent, conduit finalement au décès, bien que les personnes puissent vivre avec la maladie pendant des années. Des soins palliatifs adéquats visent à améliorer la qualité de vie, à préserver les fonctions et à maximiser le bien-être tout au long de la maladie, et prennent également en compte les besoins des proches (47). Étant donné que la cognition, la capacité de communication et de jugement diminuent au cours de la maladie, une planification anticipée précoce (ACP) avec la personne atteinte de démence est importante, afin de consigner les préférences, les valeurs, les besoins et les attentes pour les phases ultérieures de la maladie (48).

Les mesures de traitement médicamenteuses et non médicamenteuses doivent être appliquées dans un esprit palliatif.
Au cours de la maladie, les troubles de santé nécessitent des décisions minutieuses concernant l’ objectif du traitement en tenant compte de l’ ACP, afin d’ éviter des hospitalisations et des interventions inutiles (49)

Thérapie médicamenteuse

Traitements médicamenteux symptomatiques

Toutes les approches thérapeutiques médicamenteuses autorisées jusqu’ à présent ont un effet symptomatique. Ils ne ciblent donc pas directement la neurodégénérescence à l’ origine de la maladie ou les dépôts de protéines pathologiques de la maladie d’ Alzheimer (tau et amyloïde) dans le cerveau. En général, ces médicaments améliorent d’ un point le score du Mini-Mental Status chez les personnes atteintes de la maladie d’ Alzheimer et il faut plusieurs semaines pour que l’ effet maximal soit observé. L’ amélioration des fonctions quotidiennes est souvent plus importante. Comme les médicaments sont disponibles depuis longtemps, les études d’ autorisation initiales ne répondent plus aux normes actuelles. Cela a conduit certains pays (p. ex. la France) à restreindre leur remboursement.
Pour toutes les substances, il est recommandé de procéder à une titration lente. Dans l’ ensemble, les substances sont bien tolérées.

Inhibiteurs de l’ AChE

Maladie d’ Alzheimer
L’ effet des trois inhibiteurs de l’ acétylcholinestérase (AChE-I), Donepezil, Rivastigmine et Galantamine, est modéré, mais reste significatif même en cas d’ utilisation prolongée, comme le montrent des travaux récents avec des données à long terme (50). Dans cette étude et dans d’ autres, les personnes atteintes de démence sous AChE-I ont également une mortalité globale réduite.
Les AChE-I figurent sur la liste des spécialités. Les limitations exigent la réalisation répétée du MMSE pour une évaluation du rapport bénéfice/risque. En cas de valeur inférieure à 10, les limitations exigent ainsi leur arrêt. En revanche, la ligne directrice S3 allemande et les données de l’ étude Domino-AD recommandent leur poursuite (51), mais celle-ci doit être justifiée (off-label). Au stade de limitations fonctionnelles importantes (p. ex. alitement et besoin de soins importants), le traitement devrait être arrêté.

Autres formes de démence
Le Donépézil ou la Rivastigmine devraient être proposés aux personnes atteintes d’ une démence légère à modérée liée à la maladie de Parkinson ou à une DCL. Dans cette indication, la Rivastigmine peut avoir un effet favorable sur les symptômes comportementaux (52). En Suisse, la Rivastigmine en capsules est autorisée pour la démence liée à la maladie de Parkinson ; dans les autres indications, il s’ agit d’ un traitement off-label.
Dans le cas d’ une démence purement vasculaire, la ligne directrice S3 recommande le Donepezil ou la Galantamine à haute dose, ainsi que la Mémantine pour le traitement de la cognition. Il convient également de prendre en compte que les démences chez les personnes très âgées sont majoritairement des formes mixtes. Les AChE-I ne sont pas indiqués en cas de démence due à une Dégénérescence lobaire fronto-temporale (DLFT).

Mémantine

Maladie d’ Alzheimer
La mémantine est autorisée pour la démence modérée à sévère due à la maladie d’ Alzheimer. En cas de démence modérée, il convient toutefois de donner la préférence aux AChE-I s’ils sont bien tolérés (NICE). Ici aussi, en cas de bonne tolérance, le traitement doit être administré avec une augmentation progressive jusqu’ à la dose maximale de 20 mg. Les limitations exigent en outre la réalisation répétée du MMSE et un score compris entre 3 et 19 points.

Autres formes de démence
Pour le traitement de la DCL, la mémantine est considérée comme un traitement de 2e choix après les AchE-I (voir ci-dessus). En cas de DLFT, il est recommandé de ne pas utiliser les deux groupes de substances. La mémantine a un effet sédatif plus marqué que les AchE-I.

Ginkgo biloba

Démence de type Alzheimer et démence vasculaire
La ligne directrice S3 allemande évalue positivement le ginkgo biloba à une dose de 240 mg par jour en ce qui concerne les «activités de la vie quotidienne» ainsi que les capacités cognitives. Son utilisation est recommandée en cas de maladie d’Alzheimer légère à modérée ou de démence vasculaire avec des symptômes comportementaux non psychotiques. Le degré de recommandation pour l’ amélioration de la cognition est toutefois inférieur à celui des inhibiteurs de l’ AChE. Plusieurs préparations sont disponibles, dont la composition chimique diffère légèrement. La plupart des études scientifiques ont été menées avec l’ extrait Egb 761. Dans l’ ensemble, le traitement peut être envisagé en cas de démence légère à modérée due à une maladie d’ Alzheimer, mais aussi à une démence vasculaire. Ceci est particulièrement vrai pour les personnes qui favorisent les phytothérapies ou pour lesquelles les autres AChE-I et la mémantine ne sont pas envisageables.

Trouble cognitif subjectif (SCD) et trouble cognitif léger (MCI)
En Suisse, l’ autorisation de ces substances est large («pertes de capacités mentales»). Ainsi, les préparations à base de ginkgo sont les seules substances qui peuvent également être utilisées au stade MCI. Toutefois, de grandes études randomisées n’ ont pas montré d’ effet significatif sur le développement d’ une démence (53, 54). En revanche, les données des registres de prescription montrent que les personnes sous ginkgo sont moins susceptibles de développer une démence (55). Cette divergence s’ explique probablement par des différences méthodologiques et la durée d’ observation. En résumé, un traitement au ginkgo peut être envisagé au stade SCD et MCI. Il devrait cependant toujours être accompagné de conseils détaillés sur les mesures de prévention de la démence (56).

Autres formes de démence
Il n’ existe aucune preuve d’ efficacité pour la démence parkinsonienne, la DCL et la DLFT.

Thérapies modifiant la maladie

Au moment de l’ élaboration des présentes recommandations thérapeutiques, des demandes d’ autorisation de mise sur le marché ont été déposées auprès de Swissmedic pour de nouveaux traitements modifiant la maladie, le Lecanemab et le Donanemab. Une décision à ce sujet est en attente. Ces médicaments ont montré dans de grandes études de phase III qu’ ils pouvaient réduire efficacement la charge amyloïde dans le cerveau des personnes aux stades cliniques précoces de la maladie d’ Alzheimer et qu’ ils avaient également des effets modérés sur la progression des symptômes cliniques.
Comme les présentes recommandations se limitent aux thérapies autorisées ou disponibles en Suisse, nous ne procédons pas (encore) à une évaluation plus approfondie de ces nouvelles thérapies. Nous vous renvoyons à des prises de position séparées qui seront publiées en temps voulu.

Révision critique d’autres thérapies ­médicamenteuses

Il est tout aussi important d’ utiliser des médicaments pour améliorer la cognition que d’ éviter ceux qui la détériorent. PRISCUS (57) et START-STOPP (58) sont des compilations de médicaments potentiellement inappropriés pour les personnes âgées (PIM).

Thérapies à base de substances / Compléments alimentaires
L’ utilisation de compléments alimentaires dans le cadre de la démence fait l’ objet de différentes approches thérapeutiques potentiellement efficaces, qui vont de l’ approvisionnement du cerveau en micronutriments neuroprotecteurs spécifiques, à l’ influence ciblée sur l’ inflammation cérébrale via la modification du microbiome (algues brunes), en passant par l’ amélioration énergétique au moyen d’ un régime cétogène. Compte tenu du caractère préliminaire des études scientifiques disponibles, aucune recommandation générale ne peut être formulée à l’ heure actuelle. Cela ne concerne pas le traitement de carences avérées ni les recommandations générales de la médecine gériatrique concernant la vitamine D.

Perspectives

Pénurie de personnel qualifié et couverture des coûts

Malgré les derniers développements de thérapies à base d’anticorps, la prise en charge et le traitement des pathologies démentielles resteront un défi sociétal. Ces défis s’ intensifient considérablement en raison du doublement attendu du nombre de cas d’ ici 2050 et de la pénurie de personnel spécialisé. Il ne semble actuellement pas réaliste d’ offrir aux personnes atteintes de démence un traitement optimal de manière uniforme. Bon nombre des recommandations formulées dans ce document doivent être adaptées en raison du manque d’ offres locales et de leur financement. Il est notamment nécessaire d’ engager une discussion sociétale sur le coût de la prise en charge de la démence et sur le niveau d’ intégration souhaité pour les PAD. La manière dont les nouvelles technologies telles que les robots sociaux ou les technologies cognitives informatisées peuvent être mises en œuvre au quotidien et utilisées à long terme (en particulier dans le contexte suisse) n’ a pas encore été suffisamment étudiée, ce qui explique le faible niveau de recommandation. Il est toutefois clair que les nouvelles technologies joueront un rôle plus important à l’ avenir.

Remerciements

Nous remercions senesuisse, association suisse d’établissements économiquement indépendante pour personnes âgées, et Soins de longue durée Suisse, association suisse des professionnels de l’ accueil et des soins de longue durée, pour leur participation à la procédure de consultation. Nous remercions Reto Kressig pour ses commentaires complémentaires. Nous remercions Nadège Barro-Belaygues pour ses commentaires sur la version française des recommandations. Nous remercions Sandra Habegger pour l’ édition du texte. Il s’ agit de la 1ère édition des recommandations thérapeutiques. Le secrétariat de SMC reçoit volontiers des suggestions pour une nouvelle édition.

Abkürzungen
ACP Advance Care Planning
DCL/MCL Démence/maladie à corps de Lewy,
Démence/maladie à corps de Lewy
DLFT Dégénérescence lobaire fronto-temporale
MCI Mild cognitive impairment
MT Musicotherapie
PAD Personnes atteintes de démence
PIM Potentially inappropriate medication
SCD Subjective cognitive impairment
SCPD Symptômes comportementaux et psychiques de la démence
SMC Swiss Memory Clinics

Histoire
Manuscrit soumis: 30.05.2024
Manuscrit accepté: 10.06.2024

Prof. Dr. med. Stefan Klöppel

Universitätsklinik für Alterspsychiatrie und Psychotherapie
Murtenstrasse 21
3008 Bern
Schweiz

Dr. med. Tatjana Meyer-Heim

Société Professionnelle Suisse de Gériatrie (SPSG)
Swiss Memory Clinics (SMC)

Dr. phil. Michael Ehrensperger

Association Suisse des Neuropsychologues (ASNP)
Swiss Memory Clinics (SMC)

RN, MScN Angelika Rüttimann 

Centre de compétence en soins et santé

Dr. phil. Isabelle Weibel 

Genossenschaft Alterszentrum Kreuzlingen
Leitung Pflegeentwicklung

Angela Schnelli 

Genossenschaft Alterszentrum Kreuzlingen
Leitung Pflegeentwicklung

Daniela Frehner

Physioswiss
GERONTOLOGIE CH Fachbereich Physiotherapie

Prof. HES-SOAnne-Gabrielle Mittaz Hager 

Physioswiss
GERONTOLOGIE CH Fachbereich Physiotherapie

MSc, MASFabienne Hasler

Ergotherapie-Verband Schweiz (EVS)

Ylena Fuchsberger

Ergotherapie-Verband Schweiz (EVS)

Fiona Haag

Konferenz der Schweizerischen Berufsverbände der Logopädinnen und Logopäden (K/SBL)

Rahel Roth-Sutter 

Zentrum für medizinische Bildung Bern (medi)

Manuela Röker 

Schweizerischer Verband der Aktivierungsfachpersonen (SVAT)

Franziska Wirz

Schweizerischer Verband der Aktivierungsfachpersonen (SVAT)
Zentrum für medizinische Bildung Bern (medi)

Prof. Dr. med. Julius Popp

Swiss Memory Clinics (SMC)
Schweizerische Gesellschaft für Alterspsychiatrie (SGAP)

Department of Adult Psychiatry and Psychotherapy
University of Zürich
Lenggstrasse 31
CH-8032 Zürich

Dr. med. Stefanie Becker

Alzheimer Schweiz

Dr. Elisa Choudery 

Konferenz der Schweizerischen Berufsverbände der Logopädinnen und Logopäden (K/SBL)
Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Logopädie

Dr. med. Ansgar Felbecker 

Swiss Memory Clinics (SMC)
Schweizerische Neurologische Gesellschaft (SNG)

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Gicht im Wandel der Zeiten: von der Krankheit der Könige zur Hyperurikämie als Organ-Risikofaktor

Gicht

Das vorliegende Heft der Therapeutischen Umschau widmet sich einer der ältesten und nach wie vor hochaktuellen rheumatologischen Krankheit, der Gicht. Schuld an den Schmerzen haben die im Polarisationsmikroskop wunderschönen, nadelförmigen, negativ doppelbrechenden Uratkristalle (Abb. 1), und ein Gichtanfall sowie die chronische Gicht gehören zum Praxisalltag (siehe erster Artikel im Heft). Selbstverständlich schliessen wir dabei auch die weiteren Kristallarthropathien (siehe zweiter Artikel im Heft), insbesondere die Chondrocalcinose (Calciumpyrophosphat Erkrankung, CPPD) mit ihren charakteristischen, rhombenförmigen, positiv doppelbrechenden CPPD-Kristallen (Abb. 2), aber auch die Hydroxylapatiterkrankung mit vorwiegend periartikulärer Ablagerung von Basiskalziumphosphaten (Abb. 3), mit ein. Die Gicht-Forschung der letzten Jahre hat, nach einem längeren Maurerblümchendasein mit bekanntem Gicht-Stoffwechsel und Allopurinol-Therapie, wichtige neue Bildgebung und Therapiemodalitäten entwickelt, und die Bedeutung einer (asymptomatischen) Hyperurikämie wird ebenso von Nephrologen, Kardiologen und Neurologen diskutiert.

Historie

Die Gicht war seit der Antike das Vorzeigemodell der rheumatologischen Erkrankungen und steht im 19. Jahrhundert am Anfang des Fachgebietes der Rheumatologie. So schrieb Hippokrates (460–377 v. Chr.): «Bei der Arthritis dauert das Fieber an, ein stechender Schmerz ergreift die Gelenke des Körpers, und die Schmerzen – bald heftiger, bald weniger stark – befallen bald das eine Gelenk, bald das andere». Im Briefwechsel schreibt Erasmus von Rotterdam (1469–1536) an Thomas Morus (1478–1535): «Du hast Nierensteine, und ich habe die Gicht: wir haben zwei Schwestern geheiratet». Johann Fischart schrieb 1577 für die Schmerzgeplagten ein «Podagrammisches Trostbüchlein», und ein mittelalterlicher Vierzeiler lautete: «Vinum der Vater / Coena die Mutter / Venus die Hebamm’ / machen das Podagram». Karl Wilhelm Scheele entdeckte 1776 die Harnsäure in Harnsteinen, und Alfred B. Garrod führte 1848 den Fadentest (Zuckerbonbon an einer Schnur) in die Sprechstunde ein. Als Zitat aus dem 19. Jahrhundert führe ich gern noch Wilhelm Busch (1832–1908) an: «Der Handwerksbursche, froh und frei, / ruht sanft im duft’gen Wiesenheu. / Der Dicke aber, autsch mein Bein! / hat wieder heut’ das Zipperlein.»

Was kommt nach der Geschichte?

Die Zeiten mögen sich geändert haben, aber die alten Weisheiten haben nach wie vor einen Stellenwert. Nur wissen wir heute, dass neben der Adipositas auch der Genetik eine bedeutende Rolle zukommt: Das Potenzial für Ernährung betrug in einer Studie 0.3 %, der Einfluss der Genetik jedoch 23.9 % (1). Diät war früher das erste Stichwort bei der Besprechung der Gicht, und in der Assistenzzeit hatten wir ein Merkblatt «Gicht-Diät» in der Manteltasche – Diät ist heute noch wichtig, aber mehr als Motivationsfaktor beispielsweise für Gewichtsreduktion, Bewegung und regelmässige Medikamenteneinnahme (siehe vierter Artikel im Heft). Zur Diagnostik machen wir kaum noch einen Fadentest, sondern greifen auf Sonografie und Dual Energy-basierte Computertomographie (DECT) und bald auch auf Photonenzähldetektoren (Photon-Counting-CT, PCD-CT) oder Raman-Spektroskopie zurück (siehe letzter Artikel im Heft). Gemäss neuester Empfehlung können die typischen bildgebenden pathognomonischen Zeichen wie die «Doppelkontur» oder eindeutige Tophi im Ultraschall beziehungsweise die positive Farbkodierung (grüne Spots) urathaltiger Weichteilformationen im DECT den früheren Goldstandard (für die Diagnose einer Gicht) des Nachweises von Uratkristallen in der Synovialflüssigkeit überflüssig machen (2). Bei der Anfallstherapie feiert Colchicin trotz seiner Gefährlichkeit als Zellgift eine Wiederbelebung und wird, bei der Gicht ebenso wie bei der CPPD, auch als Anfallsprophylaxe gern eingesetzt (siehe zweiter und dritter Artikel im Heft). Die langfristige Therapie basiert zwar nach wie vor auf den Xanthinoxidase-Hemmern (XOI) wie Allopurinol und neuerdings Febuxostat, aber deren Einsatzgebiet (auch asymptomatische Hyperurikämie?) wird diskutiert, und für schwere Verläufe stehen bald Zytokininhibitoren wie Anakinra, (Rilonacept) und Canakinumab sowie neue XOI (Topiroxostat und Tigulixostat), Pegloticase und SGLT2-Inhibitoren zur Verfügung (siehe vorletzter Artikel im Heft).

Epidemiologie

Gicht ist eine der häufigsten rheumatologischen Erkrankungen mit einer Prävalenz von 3–4 % in der westlichen Bevölkerung (3, 4). Männer sind dreimal so häufig betroffen wie Frauen (5). Die Prävalenz der Gicht ist erschreckend zunehmend, um 30 % in den vergangenen 15 Jahren (6). Die Inzidenz der ersten Gichtattacke korreliert linear mit steigender Serum-Harnsäure (7, 8); auch später besteht eine Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen der Serum-Harnsäure und der Schubhäufigkeit (9). Die Höhe des Serum-Harnsäurewertes bestimmt auch das Auftreten von Tophi (10). Die tophöse Form der Gicht tritt erst nach jahrelang bestehender oder ungenügend behandelter Hyperurikämie auf. Ein wichtiger Gesundheitsfaktor ist die Häufigkeit von Komorbiditäten wie chronische Nierenerkrankung (CKD) und Nierensteine, Übergewicht, Hypertonie, Diabetes mellitus, Hyperlipidämie, erektile Dysfunktion (11), Schlaganfall und Herzinfarkt, welche bei Individuen mit Hyperurikämie beobachtet werden (12, 13, 14) und unbedingt abgeklärt und behandelt werden müssen.

Pathophysiologie

Der Purin-Harnsäure-Stoffwechsel ist bekannt, soll aber zur Erinnerung kurz evoziert werden (Abb. 4). Entscheidend ist vor allem die Löslichkeitsschwelle der Harnsäure im Serum, welche bei einer Konzentration um 400 µmol/L liegt (15); bei höherer Konzentration fällt die Harnsäure in Form von Kristallen aus, bei tieferer können sich Kristalle auflösen. Damit ergibt die Bestimmung der Serum-Harnsäure viel Sinn, und auch wenn wir politisch angeschuldigt werden, zu viele angeblich unnötige Laborwerte und Kosten zu verursachen, wird meines Erachtens der Serum-Harnsäure zu wenig Beachtung geschenkt.

Hyperurikämie

Die gesundheitliche Bedeutung der Hyperurikämie wird, vor allem hinsichtlich neurologischer Wirkung, kontrovers diskutiert. Unbestritten ist der negative Effekt der Hyperurikämie auf die Niere. Für das kardiovaskuläre Gebiet zeigen Studien beispielsweise zu kardiovaskulären Todesfällen (16), zum kardiovaskulären Risiko (17) und zur peripher-arteriellen Verschlusskrankheit (18), dass die Senkung des erhöhten Serumharnsäurewertes einen günstigen Einfluss auf das kardiovaskuläre System hat, und der erhöhte Blutdruck wird mit Normalisierung des erhöhten Serumharnsäurewertes günstig beeinflusst (19); eine neueste Kompilation belegt die günstige kardiovaskuläre Wirkung der Senkung der Hyperurikämie (20). – Ein ungeklärtes Diskussionsgebiet ist der sogenannt neuroprotektive Aspekt der Harnsäure. In einer Studie war das Risiko einer vaskulären oder gemischten Demenz bei niedrigem Serumharnsäurewert grösser (21), was zur Empfehlung geführt hat, die Harnsäure bei älteren Menschen nicht allzu tief zu senken. Jedoch zeigte eine andere Studie keinen Einfluss der Harnsäure auf die Häufigkeit eines Morbus Alzheimer (22). – Die nahe Zukunft wird zeigen, ob die Hyperurikämie einen der
Hypercholesterinämie ähnlichen Stellenwert erhalten wird.

Ihre Leselust für das spannende Gebiet der Gicht und Kristallarthropathien wird mit diesem Heft nicht enttäuscht werden, und dafür danke ich der Autorin und den Autoren der sechs Artikel herzlich.

KD Dr. med. et lic. phil. Marcel Weber

Chefarzt emeritus Rheumaklinik Triemli
8800 Thalwil

marwebdr@gmail.com

Der Autor hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

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Gicht im klinischen Spektrum

Akuter Gichtanfall

Die häufigste klinische Manifestation der Gicht ist eine perakut auftretende und sehr schmerzhafte Monarthritis, bevorzugt an den unteren Extremitäten, klassisch und am häufigsten (in 50 %) am Grosszehengrundgelenk (Podagra) (Abb. 1), am zweithäufigsten ist das Kniegelenk befallen. Weitere typische Gelenke sind Sprunggelenk, Mittelfuss, die anderen Zehengrundgelenke sowie Hand- und Fingergelenke. Bei älteren Patienten und Frauen ist ein oligoartikulärer Befall der (degenerativ veränderten) Fingergelenke häufiger (aber auch hier natürlich in Form einer akuten Arthritis mit Rötung und Schwellung – bei von den Patienten oft rapportierten «Gichthänden der Grossmutter» handelt es sich meist um eine deformierende Fingerpolyarthrose). Andere Gelenke, wie z. B. Schulter, Hüftgelenk oder auch ISG oder Wirbelsäule, sind selten betroffen. Weitere typische Manifestationen sind akute Tenovaginitiden (vor allem der grossen Rückfusssehnen) oder Bursitiden (z. B. am Olecranon oder Kniegelenk).

Ein akuter Gichtanfall beginnt oft nachts bzw. in den frühen Morgenstunden, wenn sich sowohl die Körpertemperatur wie auch die endogene Cortisolproduktion auf dem zirkadianen Minimum befinden; auch Dehydratation und gesteigerter Purinmetabolismus bei Hypoxie (z. B. Schlafapnoesyndrom) werden verantwortlich gemacht. Anfall­auslösend oder -begünstigend sein können: Trauma, Ope­ration, Stress und Schwankung des Serumharnsäurespiegels sowohl nach oben (z. B. übermässiger Bierkonsum, purinreiche Mahlzeit wie Fleisch, Meeresfrüchte) wie auch nach unten (etwa Fasten oder auch bei Beginn einer harnsäuresenkenden Medikation) (Tab. 1).

Klinisch charakteristisch ist das perakute Auftreten der ausgeprägten Entzündung innert weniger Stunden mit begleitender, deutlicher Schwellung, Rötung und Überwärmung (oft über das betroffene Gelenk hinaus) und mit sehr starken Schmerzen, extremer Druckdolenz und Berührungsempfindlichkeit, was gelegentlich sogar von Fieber begleitet sein kann. Eisapplikation führt zur Schmerzlinderung. Unbehandelt dauert eine solche akute Arthritis mehrere Tage bis ein oder zwei Wochen und klingt dann meist wieder vollständig ab (Tab. 2).

Chronische Gichtarthropathie

Bei jahrelang bestehender oder ungenügend behandelter Hyperurikämie kann auch eine chronische (tophöse) Gichtarthropathie auftreten. Sie ist gekennzeichnet durch häufigere, auch oligoartikuläre, migratorische bis chronisch verlaufende Entzündungen. So können sich dann auch gichtspezifische erosive Gelenkveränderungen bilden (Abb. 2). Im Verlauf einer unbehandelten Hyperurikämie kommt es oft zu grösseren knotenförmigen Harnsäureablagerungen in Form von sogenannter Tophi, sei es in der Synovia oder auch extraartikulär, z. B. in Knochen, Sehnen, aber auch im Subkutangewebe (bevorzugt an den Ex­tremitäten streckseitig, z. B. Olecranon, oft auch an den Extremitäten akral) (Abb. 3), selten auch in inneren Organen. Unübliche Lokalisationen können auch die Herzklappen, der Carpaltunnel oder die Wirbelsäule (gemäss neueren Untersuchungen möglicherweise doch häufiger als bisher angenommen) sein. Tophi können reizlos und indolent bleiben, können sich aber auch entzünden oder exulzerieren (sodass sich dann weissliche, kreidige Harnsäuremassen entleeren) oder selten superinfizieren.

Nierenbefall bei chronischer ­Hyperurikämie

Nephrolithiasis: Bei Patienten mit Gicht bzw. einer Hyperurikämie besteht ein erhöhtes Risiko für Harnsäure-Nierensteine (reine Uratsteine machen 5–10 % aller Nierensteine aus). Die wichtigsten Risikofaktoren für die Bildung von Uratsteinen sind eine erhöhte Harnsäure-Ausscheidung, ein vermindertes Urinvolumen und ein tiefer Urin-pH.

Chronische Uratnephropathie: Niereninsuffizienz und Hyperurikämie sind sehr häufig miteinander vergesellschaftet – meistens wegen Erkrankungen, die beides begünstigen (arterielle Hypertonie, metabolisches Syndrom etc.). Zusätzlich kann es aber durch eine chronische Hyperurikämie und die konsekutive Ablagerung von Harnsäure im Interstitium auch zu einer interstitiellen Nephropathie (Uratnephropathie) kommen. Diese ist durch eine Niereninsuffizienz bei unauffälligem Urinsediment und eine Hyperurikämie, deren Ausmass durch die Niereninsuffizienz allein nicht erklärt werden kann, definiert.

Diagnose

Eine typische Anamnese und ein klassischer klinischer Befund machen die Diagnose zwar wahrscheinlich, die zweifelsfreie Diagnose erfordert aber den Nachweis von Uratkristallen – klassischerweise im Gelenkpunktat (Abb. 4). Gelegentlich kann dies an Punktionsschwierigkeiten oder der manchmal ungenügenden Sensitivität der kommerziellen Labors scheitern. Ebenso hilfreich, weil sehr spezifisch, ist heutzutage der eindeutige sonographische Nachweis von Harnsäureablagerungen auf dem hyalinen Knorpel (sogenanntes Doppelkonturzeichen – erfordert aber die entsprechende Erfahrung und eine hochauflösende Ul­traschallsonde!) (Abb. 5). In diagnostisch unklaren Situationen kann auch das Dual-Energy-CT (DECT) Klärung bringen, welches eine hohe Spezifität für den Nachweis von Harnsäuredepots hat (ein negatives DECT schliesst aber eine akute Gicht nicht aus, gerade im frühen Stadium einer Gicht, da kleine Harnsäuredepots dem Nachweis entgehen können). Konventionelle Röntgenbilder zeigen dagegen erst bei lang dauernder Erkrankung typische Veränderungen. Die Bestimmung der Serumharnsäure ist im akuten Anfall oft wenig nützlich, da sie dann sogar tief bis vielleicht normal sein kann! Allerdings ist bei anhaltend deutlich erhöhter Harnsäure die Wahrscheinlichkeit gross, dass es früher oder später zu Gichtanfällen kommt.

Differenzialdiagnose

Die wichtigste (und gefürchtetste) akute Entzündung, die von der akuten Gicht abgegrenzt werden muss, ist der Infekt. Eine Gelenk- oder Bursapunktion sollte deshalb nach Möglichkeit nicht nur zur Bestätigung der Verdachtsdia­gnose Gicht, sondern auch zum Ausschluss einer bakteriellen Infektion angestrebt werden. Eine septische Arthritis kann sich auch relativ rasch entwickeln (allerdings üblicherweise nicht derart akut wie eine Gichtarthritis) und sich ebenfalls mit starker, über das Gelenk hinausreichender Schwellung, Überwärmung und Schmerzen äussern.

Ein ähnliches Bild zeigen andere Kristallerkrankungen, insbesondere die akute Calciumpyrophosphat-Arthritis (CPPD), für die deshalb auch die Bezeichnung «Pseudogicht» verwendet wird. Klinisch kann eine akute CPPD-Arthritis kaum von einer Gichtarthritis unterschieden werden, sie hat allerdings ein etwas anderes Gelenkbefallsmuster. So sind bei der CPPD am häufigsten das Kniegelenk, die Handgelenke und die MCP-Gelenke II und III betroffen. Die Differenzierung erfolgt auch hier mit der Synovia-Analyse, in welcher die positiv doppelbrechenden, rhombenförmigen CPPD-Kristalle nachgewiesen werden können, oder mit dem Nachweis von typischen Verkalkungen im hyalinen oder faserigen Knorpel im hochauflösenden Ultraschall. Röntgenuntersuchungen mit Nachweis von typischen Knorpelverkalkungen können ebenfalls wegweisend für eine CPPD sein (schliessen aber eine gleichzeitig bestehende Gicht nicht aus).

Insbesondere bei einer Oligoarthritis an den unteren Extremitäten (speziell an den Zehengrundgelenken), kommen differenzialdiagnostisch auch akute Arthritiden aus dem Formenkreis der Spondyloarthritiden in Betracht, namentlich die Psoriasisarthritis oder allenfalls eine reaktive (Oligo-)Arthritis. Diese Arthritiden entwickeln sich aber meist langsamer, in der Regel über 2–3 Tage, und nicht innert 24 Stunden wie bei einem Gichtanfall.

Dr. med. Andreas Krebs

Rheuma- und Osteoporose-Zentrum Kloten
Kalchengasse 7
8302 Kloten

andreaskrebs@hin.ch

Der Autor hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

Auf Anfrage beim Verfasser.

Calcium Pyrophosphate Deposition (CPPD) Disease – mehr als nur «Pseudogicht»

Einleitung

Die Ablagerung von Calciumpyrophosphatkristallen in hyalinen oder Faserknorpel wird als Chondrocalcinose bezeichnet. Es ist weitgehender Konsens, dass eine Chondrocalcinose asymptomatisch ist und keinen Krankheitswert aufweist. Sie bildet aber die Vorstufe zur sogenannten Calcium Pyrophosphate Deposition (CPPD) Disease. Diese umfasst im Wesentlichen drei Entitäten: erstens die akute Calciumpyrophosphat (CPP)-Arthritis («Pseudogicht»), zweitens die chronische CPP-Arthritis («Pseudo-RA») und drittens die Arthrose mit Calciumpyrophosphatablagerungen (1).

Die Prävalenz der Chondrocalcinose wird bis auf 7 % geschätzt (2) und steigt im Alter über 60 Jahre mit jeder Dekade an. In einer Studie unter 191 CPPD-Patientinnen und -Patienten zeigten 59.5 % Zeichen eines Crowned-Dens- Syndroms, wobei das mediane Alter bei 78.5 Jahren lag (3). Es zeigte sich auch, dass die Mehrzahl vor Durchführung der Studie nicht bekannt war, was vermuten lässt, dass das Ausmass des spinalen CPPD-Befalls eher unterschätzt wird. Die Chondrocalcinose kann mit bildgebenden Verfahren wie Röntgen (bis 60 %), Ultraschall (bis 88 %) und CT bzw. Dual-Energy-CT (DECT, bis 100 %) mit zunehmend hoher Sensitivität nachgewiesen werden; die Spezifizität war in diesen Studien meist über 90 % (1). Trotzdem können mit den bildgebenden Verfahren weiterhin Calciumpyrophosphatkristalle nicht definitiv von Hydroxy­lapatitkristallen oder anderen calciumhaltigen Kristallen unterschieden werden; es gibt Hinweise, dass dies mittels DECT oder Multi-engergy spectral photon-counting-CT möglich sein könnte (4).

Pathophysiologie

Im Gegensatz zur Chondrocalcinose hat die CPP-Arthritis (akut oder chronisch) einen sehr hohen Krankheitswert. Die absolute Prävalenz der CPP-Arthritis ist aktuell unklar, im rheumatologischen Alltag stellt sie jedoch ein häufiges Problem dar.

Es bleibt unklar, welche Mechanismen letztlich dazu führen, dass intracartilaginäre CPP-Kristalle in den Gelenkraum gelangen und dort dann zur Entzündung führen. Infrage kommen neben funktionell wirksamer Mutationen des ANKH- und ENPP1-Gens (involviert im cartilaginären Phosphatmetabolismus) auch genetische (Hypophospha­tasie) oder metabolische (Hypomagnesiämie, Hyperferritinämie) Gründe einer Aktivitätsminderung der alkalischen Phosphatase (5). Ein Hyperparathyreodismus stellt ebenfalls einen Risikofaktor dar. Letztlich kommt es zu einem verminderten Abbau von Calciumpyrophosphat zu Phosphat, gefolgt von einer Kristallisation von CPP-Kristallen im Gelenk. Der frustrane Versuch von Neutrophilen und Makrophagen, diese Kristalle zu phagozytieren und zu lysieren, führt zu einer Aktivierung des NLRP3-Inflammasoms (5).

In der Akutphase führt dies zur Ausschüttung proinflammatorischer Zytokine wie IL-1-Beta und IL-18 sowie in der Folge zur IL-6-Stimulation und bisweilen stark erhöhten CRP-Werten. Lange wurden für die Diagnose einer CPPD die McCarty-Kriterien aus den 60er-Jahren verwendet, welche jedoch nie klinisch validiert wurden. Sie bestehen aus einer Trias aus Chondrocalcinose (z. B. Menisci des Kniegelenks), klinische Synovitis und Nachweis von positiv doppelbrechenden CPP-Kristallen. Da sich häufig keine Punktion des betroffenen Gelenks durchführen lässt (z. B. beim Crowned-Dens-Syndrom), sind diese Diagnosekriterien jedoch wenig praktikabel. Insbesondere eignen sie sich nicht als Klassifikationskriterien zur Durchführung von klinischen Studien. Vor diesem Hintergrund wurden im 2023 die ACR/EULAR-Klassifikationskriterien etabliert (6), welche sich aus vier klinischen, einem laborchemischen sowie drei radiologischen Domänen zusammensetzen. Hiermit kann, mittels Erreichen eines Punktescores, eine Erkrankung mit hinreichender Sicherheit als CPPD klassifiziert werden. Obwohl sich die Klassifikation als CPPD hiermit grösstenteils auf radiologische Kriterien stützen lässt, ist es wichtig, das Eintrittskriterium eines schmerzhaften bzw. geschwollenen Gelenks zu beachten (Abb. 1).

Klinische Bedeutung der CPP-Arthritis

Ähnlich wie bei der Gichtarthritis ist auch die CPP-Arthritis durch plötzliches Auftreten («wie angeworfen») im betroffenen Gelenk gekennzeichnet. Die Präsentation reicht von einer Monarthritis (Knie > Handgelenk) über polymyalgiforme Symptome bis zu einem Crowned-Dens- Syndrom. Der axiale Befall wird einigen Studien zufolge bis auf 24.3 % geschätzt (7) und sollte bei älteren Patienten als Differenzialdiagnose einer axialen Spondylarthritis gesehen werden. Gerade in hohem Alter finden sich im Akutstadium bisweilen CRP-Werte um 300 mg/l in Assoziation mit einer Minderung des Allgemeinzustands, Fieber und Delirium. Aufgrund dieser breiten und bisweilen dramatischen klinischen Präsentation sind die primären Differenzialdiagnosen beträchtlich (z. B. septische Arthritis, Riesenzellarteriitis, Meningitis).

Ein weiterer interessanter Aspekt ist die chronische CPP-Arthritis als «confounding factor» einer Rheumatoiden Arthritis (RA), da sowohl die radiocarpalen Gelenke, MCP-Gelenke, aber auch Flexoren- und Strecksehnen betroffen sein können. Anders als bei der RA findet sich jedoch meist kein schubförmiger, sondern eher ein chronischer Verlauf. In diesem Zusammenhang fällt auf, dass in einer neueren Studie bei 32.3 % der als seronegative RA-klassifizierten Patienten eine Chondrocalcinose bestand, während dies nur bei rund der Hälfte der seropositiven RA-Patienten der Fall war (8). Auch in der Studie von Codes-Mendez et al. erfüllten 18.9 % aller seronegativen RA-Patientinnen und -Patienten die 2023 ACR/EULAR-Kriterien für eine CPPD (9). Diese waren bei Symptombeginn mit 69.5 Jahren signifikant älter als die Vergleichsgruppe.

Dieser Aspekt scheint also sowohl numerisch als auch klinisch hoch relevant. Eine chronische CPP-Arthritis bzw. ein overlap zwichen RA und CPPD mit selbiger vermag das fehlende Ansprechen auf DMARD-Therapien und entsprechend häufige Therapiewechsel erklären. Bei RA-Patientinnen und -Patienten im höheren Alter und primärem Nichtansprechen auf DMARD mit verschiedenen «mode of action» sollte eine CPP-Arthritis also stets eine differenzialdiagnostische Überlegung sein und eine Punktion (zum Nachweis oder Ausschluss von CPP-Kristallen) angestrebt werden. Weitere und grössere Studien sind nötig, um das Ausmass und die Differenzierungsfaktoren dieses Problems bei Patientinnen und Patienten mit seronegativer RA noch besser zu erfassen.

Bedeutung jenseits der Arthritis

Darüber hinaus gab es in den letzten Jahren zahlreiche Veröffentlichungen, die auf eine erhöhte, nicht fatale kardiovaskuläre Morbidität bei einer durchgemachten CPP-Arthritis hinweisen (10, 11). Konkret wiesen Patientinnen und Patienten mit mindestens einer CPP-Arthritis-Attacke in einer Follow-up-Untersuchung über 10 Jahre ein deutlich erhöhtes kardiovaskuläres Risiko auf (11). Die Kon­trollgruppe (3810 Patienten) zeigte zwar teilweise Hinweise für eine Chondrocalcinose, hatte aber keine dokumentierte CPP-Arthritis. Auch nach Adjustierung für klassische kardiovaskuläre Risikofaktoren war das Risiko in der CPP-Arthritis-Gruppe für MACE (major adverse cardiovascular events) innerhalb der ersten zwei Jahre nach einer CPP-Arthritis um 32 % erhöht. Nicht fatale kardiovaskuläre Ereignisse traten sogar bis zu 10 Jahren nach einer CPP-Arthritis mehr als doppelt so häufig auf.

Eine weitere Studie konnte zeigen, dass Patienten mit einer CPP-Arthritis ein deutlich erhöhtes Risiko für eine progrediente Arthrose und Totalendoprothesen in Knie und Hüftgelenk haben (12). Die reine Präsenz einer Chondrocalcinose hatte hingegen keinen signifikanten Einfluss auf die Progression einer Knie- oder Hüftarthrose (13) oder der Dauerhaftigkeit von Kniegelenkprothesen (14). Interessanterweise hatten dokumentierte CPP-Arthritis-Attacken langfristig auch anderweitige Auswirkungen auf die Knochengesundheit. Tedeschi et al. zeigte vor Kurzem, dass Patientinnen und Patienten mit mindestens einer Episode einer CPP-Arthritis auch über 15 Jahre ein deutlich gesteigertes Osteoporoserisiko haben verglichen mit Patientinnen und Patienten ohne CPP-Arthritis (15).

Therapie

Aus den oben genannten Beobachtungen lässt sich ableiten, dass die CPP-Arthritis nicht nur eine immobilisierende und mit hohem Leidensdruck verbundene Arthritis form darstellt, sondern – ähnlich wie die Gicht und andere rheumatologisch-entzündliche Erkrankungen – zunehmend als Systemerkrankung mit weitreichenden Folgen für das kardiovaskuläre Risiko und den Knochenmetabolismus gesehen werden muss. Konsequenterweise sollte sich eine Therapie entsprechend nicht nur auf die Behandlung der CPP-Arthritis beschränken, sondern auch die optimale Einstellung kardiovaskulärer Risikofaktoren sowie einer allfällig gesteigerten Knochenresorption beinhalten. Im Gegensatz zur klassischen Gicht existiert für die CPP-Arthritis/Pseudogicht jedoch keine ursächliche oder gar kurative Therapie, weswegen im Folgenden nur auf symptomatische Therapieansätze eingegangen werden kann.

Therapie der akuten CPP-Arthritis

Die Therapie einer akuten CPP-Arthritis unterscheidet sich nicht von der einer akuten Gichtarthritis. Infrage kommen in erster Linie eine intraartikuläre Glukokortikoidinfil­tration (mit gleichzeitiger Möglichkeit einer ausgeweiteten Diagnostik sowie Entlastung des betroffenen Gelenks), systemische Glukokortikoide, NSAR, Colchicin sowie andere IL-1-Beta-antagonisierende Therapien (16).
Colchicin stellt einen starken Entzündungshemmer dar, der auch eine regulierende Funktion auf das NLPR-3-Inflammasom und die Ausschüttung von IL-1-Beta und IL-18 hat. Ausserdem werden durch Hemmung der Mitose die Teilungsraten infiltrierender Neutrophiler stark reduziert. Colchicin kann, wie bei der akuten Gichtattacke, zunächst in der Dosis von 1 mg, gefolgt von 0.5 mg 1 Stunde später sowie im Anschluss 0.5 mg 2 x täglich bis zur Regredienz der Symptomatik gegeben werden. In einer neuen Studie konnte gezeigt werden, dass Colchicin in der Akutbehandlung vergleichbar effektiv zu Prednison ist (17).

Es ist angeraten, vor der Verschreibung einen Interaktionscheck mit anderen Medikamenten durchzuführen, da es insbesondere bei Medikamenten, welche durch Cytochrom P3A4 (z. B. Clarithromycin, Ketoconazol, Ritonavir) oder P-Glycoprotein (z. B. Ciclosporin) metabolisiert werden, zu schwerwiegenden Nebenwirkungen kommen kann. Mögliche Interaktionen sind in Tab. 1 aufgeführt.

Bei Unverträglichkeiten (in der Regel Nausea oder Diarrhö), welche insbesondere bei Niereninsuffizienz vorkommen, sollte auf 0.5 mg täglich oder 2-täglich gewechselt werden. Im Verlauf sind Nebenwirkungen wie Rhabdomyolyse, Neurotoxizität und Myelotoxizität zu beachten. Hervorzuheben ist, dass für Colchicin, unabhängig von Kristallarthropathien, zahlreiche kardiovaskulär protektive Effekte beschrieben sind (siehe COLCOT-Studien) (18, 19). Aber auch bei Gicht gibt es mehrere Studien (20, 21), die in die gleiche Richtung deuten, weswegen im Analogieschluss ein kardioprotektiver Effekt bei Colchicin bei der Behandlung der CPP-Arthritis angenommen werden kann.

NSAR können bei fehlender Kontraindikation (z. B. Niereninsuffizienz, kardiovaskuläre Erkrankungen) ausdosiert ebenfalls zur Symptomminderung beitragen. Infrage kommt z. B. Naproxen 500 mg 12-stündlich oder in der Kombination mit Esomeprazol 500/20 mg 12-stündlich.
Systemische Glukokortikoide sollten jeweils im Kontext mit Komorbiditäten (z. B. Osteoporose, Glaukom, psychotische Erkrankungen, Diabetes mellitus etc.) evaluiert werden. Eine Dosierung von 0.5 mg/kg in der Akutphase mit schnellem Ausschleichen scheint hier vertretbar. Bei einer Monarthritis ist die intraartikuläre Glukokortikoidinfil­tration häufig vorzuziehen.

Der IL-1-Antagonist Anakinra hat in der Praxis häufig einen schnellen Effekt und nur wenig Nebenwirkungen. In einer Schweizer Studie war der Effekt von Anakinra während einer akuten CPP-Arthritis dem von systemischen Glukokortikoiden nicht unterlegen (16). Allerdings ist das Medikament in dieser Indikation in der Schweiz nicht zugelassen und daher meist nur im stationären Setting oder nach vorhergehender Kostengutsprache zu verordnen.

Therapie der chronischen CPP-Arthritis

Die Therapie der chronischen CPP-Arthritis gestaltet sich häufig schwierig, insbesondere wenn sie sich phänotypisch wie eine Rheumatoide Arthritis (RA) darstellt und von einer seronegativen LORA (Late Onset RA) nicht zuverlässig unterschieden werden kann bzw. in Kombination mit einer RA vorkommt.

Colchicin wird weithin als Therapie der ersten Wahl verwendet und ist hinsichtlich der wahrscheinlichen kardioprotektiven Effekte und der niedrigen Kosten auch über den rein antiinflammatorischen Effekt hinaus empfehlenswert. Bisweilen ist auch eine Kombination mit niedrig dosiertem Prednison effektiv und mit weniger Nebenwirkungen vergesellschaftet, wenn auch hinsichtlich Osteoporose etc. nicht wünschenswert. Weitere Therapiekonzepte zeichnen sich allesamt dadurch aus, dass ihre Wirksamkeit nur in sehr kleinen und meist alten (1981–2002) Fallserien mit < 40 Teilnehmern untersucht wurden und daher nur fraglich als valid angesehen werden kann. Hierzu gehören Magnesiumsubstitution (auch bei normomagnesiämen Patienten) (24), Plaquenil (25) und Radiosynoviorthese (26). Methotrexat wird anekdotisch häufig als wirksam erachtet, eine kleine kontrollierte Studie von Finckh et al. von 2014 zeigte jedoch keinen Effekt in einem Crossover Setting (27).

In refraktären Fällen bzw. bei Kontraindikationen für die o. g. Therapien kommt auch eine dauerhafte oder bedarfsweise Gabe mit Anakinra infrage (23). Da die tägliche Gabe häufig mühsam und mit Lokalreaktionen und Immunogenizität vergesellschaftet ist, kann eine IL-1-Beta-Antagonisierung (nach vorgängiger Kostengutsprache) mit Canakinumab erwogen werden.

Ausblick

Die neuen ACR/EULAR-Kriterien für eine CPPD werden sicherlich die Anzahl klinischer Studien und damit die Hoffnung auf neue wirksame Therapien erhöhen. Es gibt bereits erste Ansätze neuartiger «targeted therapies». In einer Fallserie von 11 Patienten mit therapierefraktärer CPP-Arthritis konnte gezeigt werden, dass Tocilizumab 4 mg/kg – 8 mg/kg alle 4 Wochen (22) zu einer deutlichen Reduktion oder dem kompletten Ausschleichen einer dauerhaften Prednisontherapie geführt hat (28). Eine Erweiterung dieser Studie bei insgesamt 31 Patientinnen und Patienten zeigte ein gutes Ansprechen bei 23, wohingegen nur 2 nicht ansprachen (unpublizierte Daten). Aktuell ist eine randomisierte klinische Studie mit Tocilizumab gegen Placebo geplant.

Eine aktuelle Studie beschreibt das aktuelle Verschreibungsverhalten, die Sicherheit und die Therapietreue bei chronischer CPP-Arthritis in Europa. Überraschenderweise zeigen sich hierbei die Retentionsraten für Methotrexat und Tocilizumab höher als jene für Anakinra (29). Es bleibt hierbei anzumerken, dass häufig Kombinationstherapien eingesetzt wurden und nicht explizit beschrieben ist, wie viele Patienten auch für eine (überlappende) seronegative RA klassifizieren würden.

Ein weiterer neuartiger Ansatz könnten spezifische NLRP3-Inhibitoren wie Dapansutril sein, welche sich aktuell bereits in klinischen Studien zur Behandlung von Gichtarthritiden befinden (30). Da auch bei der CPP-Arthritis eine starke Induktion des NLRP3-Inflammasoms stattfindet, wäre diese Therapie im Analogieschluss zu Gicht zumindest wert, weiter evaluiert zu werden.

PD Dr. med. Tobias Manigold

Universitätsklinik für Rheumatologie und Immunologie
Freiburgstrasse, Anna-Seiler Haus, Stock J
3010 Bern

tobias.manigold@insel.ch

Der Autor hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

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Therapie der Gicht 2024

Antientzündliche Therapie und Prophylaxe

Antientzündliche Therapie des Gichtanfalls

Je rascher – idealerweise innerhalb Stunden – die Behandlung erfolgt, desto wirksamer ist sie. Intraartikulär injizierte Glukokortikoide bringen die schnellste und stärkste Linderung; bei einer Monarthritis sind sie die erste Wahl. Alternativ können kurzzeitig systemische Glukokortikoide (z. B. Prednison 20–50 mg/d) oder nichtsteroidale Antirheumatika (cave Niereninsuffizienz) gegeben werden (1–5), insbesondere bei einer Polysynovitis. Colchicin eignet sich wegen seines langsameren Wirkungseintritts und seiner hohen Toxizität nur bedingt. Es wird heute nur noch tief dosiert eingesetzt, da seine Wirkung nicht mit der Kumulationsdosis korreliert, sondern mit dem Maximum des erzielten Serumspiegels (6–7). Bei normaler Nierenfunktion empfiehlt sich, mit 1 mg gefolgt von 0.5 mg nach 1 h zu beginnen; nach frühestens 12 h kann die Behandlung mit 2 x 0.5 mg/d fortgesetzt werden. Colchicin ist kontraindiziert bei schwerer Niereninsuffizienz und unter starken CYP3A4- und P-Glykoprotein-Inhibitoren wie Ciclosporin, Clarithromycin, Verapamil und Ketoconazol (2, 8). Für Colchicin ist eine gute Compliance Voraussetzung, da es schon bei einer geringen Überdosis hoch toxisch ist; die Einnahme einer einzigen Originalpackung ist letal (cave Suizidalität).
Begleitend kann topisch Kälte (Eis) angewandt werden. Eine bereits etablierte harnsäuresenkende Therapie soll während einer Gichtattacke nicht unterbrochen werden, weil dies zu einer Schwankung des Harnsäurespiegels führt, die weitere Attacken provozieren kann (5) (Tab. 1).

Antientzündliche Prophylaxe weiterer Gichtanfälle

Zu Beginn einer harnsäuresenkenden Therapie kommt es nicht selten zu einer Häufung der Gichtschübe. Im Behandlungsverlauf werden die Schübe dann seltener und bleiben spätestens nach etwa einem Jahr aus. Solchen Schüben kann mit Colchicin, nichtsteroidalen Antirheumatika und/oder niedrig dosierten Glukokortikoiden entgegengewirkt werden (Tab. 2).

Colchicin (Colctab®) wird dafür typischerweise mit 2 x 0.5 mg dosiert. Besonders bei älteren Patienten kann es darunter zu einer Erhöhung der Stuhlfrequenz kommen. Die Dosierung soll dann auf 1 x 0.5 mg oder gar 0.5 mg jeden zweiten Tag reduziert werden. Bei einer Niereninsuffizienz im Stadium 3 (Kreatinin-Clearance von 30–60 ml/min) wird Colchicin mit 1 x 0.5 mg und im Stadium 4 (Kreatinin-Clearance von 15–30 ml/min) mit 0.5 mg alle 2–3 Tage dosiert. Bei der gleichzeitigen Anwendung von Colchicin und einem Statin ist Vorsicht geboten, weil beide Substanzen Substrate und Inhibitoren von Cytochrom P450 (CYP3A4) und P-Glykoprotein sind. Diese Interaktion erhöht das Risiko für eine Toxizität, insbesondere eine Myopathie und sogar eine schwere Rhabdomyolyse (2, 9).

Voraussetzung für eine Prophylaxe mit nichtsteroidalen Antirheumatika ist eine ausreichende Nierenfunktion. Erfahrungsgemäss kann die Hälfte der empfohlenen maximalen Tagesdosis des NSAR für die Prophylaxe noch wirksam sein. Zur Vorbeugung von Gichtschüben kommen auch niedrig dosierte Glukokortikoide infrage, z. B. Prednison 5 bis 7.5 mg/d.

Die antientzündliche Prophylaxe kann nach einer schubfreien Periode von 3–6 Monaten wieder aufgehört werden (2) (Tab. 2). Bei ungenügender Wirkung und Unverträglichkeit herkömmlicher Entzündungshemmer können Interleukin-1-Hemmer wie Anakinra (Kineret®, in der Schweiz in dieser Indikation nicht zugelassen) und Canakinumab (Ilaris®) als Off-Label-Use eingesetzt werden, wenn kein Infektionsverdacht besteht. Routinemässig lässt sich Canakinumab aufgrund der prolongierten Immunsuppression und hohen Kosten aber nicht empfehlen (2, 3).

Massnahmen zur Harnsäuresenkung

Diät

Die früher gängige purinarme Diät wird heute nicht mehr empfohlen. Sie kann die Serumharnsäure höchstens um etwa 60 µmol/l reduzieren und wird von den meisten Patienten nur schlecht akzeptiert (10).
Bei Adipositas ist eine langsame Gewichtsreduktion anzustreben nicht nur durch Diät, sondern auch durch vermehrte körperliche Aktivität (2). Fastenkuren sind ungeeignet, weil sie durch die Ketoazidose Anfälle provozieren.

Generell sind Zurückhaltung mit tierischen Eiweissen und vermehrter Konsum von Milchprodukten zu empfehlen. Fleisch und Innereien, aber auch Fisch und Meeresfrüchte enthalten viele Purine und sollten daher mit Zurückhaltung gegessen werden. Vermehrter Konsum von Milchprodukten senkt hingegen die Gichtinzidenz. Milchproteine (Casein, Lactalbumin) begünstigen die Ausscheidung der Harnsäure (11).
Die Trinkmenge sollte mindestens zwei Liter pro Tag betragen, um die Ausscheidung der Harnsäure zu unterstützen. Geeignet sind zuckerlose, nicht alkoholische Getränke (10).

Von den alkoholischen Getränken ist in erster Linie Bier zu meiden. In zweiter Linie sollte der Konsum von Spirituosen eingeschränkt werden. Alkohol erhöht die Harnsäureproduktion und hemmt vor allem die Harnsäureausscheidung; Bier (auch alkoholfreies) enthält zudem viele Purine. Moderater Weinkonsum hingegen erhöht die Gichtinzidenz nicht signifikant (12).

Den Harnsäurespiegel erhöhen alle Getränke, die Fruktose enthalten; dies betrifft sowohl Fruchtsäfte (z. B. Orangensaft, Süssmost, Multivitaminsäfte) als auch sämtliche Limonaden, die freie Fruktose bzw. Saccharose als Süssstoff enthalten (13).

Regelmässiger Kaffeekonsum (mehr als vier Tassen pro Tag) vermindert die Gichtinzidenz. Dies gilt in geringerem Ausmass auch für koffeinfreien Kaffee, nicht hingegen für Tee. Postuliert wird eine Hemmung der Xanthinoxidase durch Inhaltsstoffe des Kaffees (14).

Anpassung der Hypertonietherapie

Die essenzielle arterielle Hypertonie per se und die Anwendung von Diuretika sind assoziiert mit Hyperurikämie und Gicht. Die Serumharnsäure steigt unter tief dosierten Thiaziden aber nur relativ gering. Der Angiotensin-1-Antagonist Losartan (Cosaar®) hingegen vermag die Serumharnsäure durch einen urikosurischen Effekt zu senken; Voraussetzung ist natürlich eine ausreichende Nierenfunktion (15, 16). Generell ist zu empfehlen, in der Hypertonietherapie falls möglich auf Diuretika zu verzichten und bevorzugt Losartan einzusetzen (2).

Pharmakologische Harnsäuresenkung

Behandlungsindikationen sind mindestens zwei Anfälle pro Jahr, Tophi, konventionell radiologische Gelenkveränderungen, eine chronische artikuläre Entzündungsaktivität und eine assoziierte Niereninsuffizienz oder Nephrolithiasis (Tab. 3). Das Therapieziel ist eine Serumharnsäure unter 360 µmol/l. Ausnahme sind Patienten mit schwerer Gicht und insbesondere mit Tophi; bei diesen wird eine Harnsäure unter 300 µmol/l angezielt (2, 3).

Eine Hyperurikämie ohne sichere klinische Gichtmanifestationen ist generell keine Indikation für eine harnsäuresenkende Therapie (Tab. 3).

Urikostatika

Zur Harnsäuresenkung stehen die beiden Xanthinoxidasehemmer Allopurinol (Zyloric®) und Febuxostat (Adenuric®) zur Verfügung. Bei letzterem ist in der Schweiz die Limitatio (Spezialitätenliste) zu berücksichtigen, nämlich eine ungenügende Wirkung oder Unverträglichkeit von Allopurinol.

Allopurinol

Allopurinol hemmt die Xanthinoxidase, wodurch die Oxidation von Hypoxanthin in Xanthin und von Xanthin in Harnsäure vermindert wird. Dadurch stehen mehr Hypoxanthin und Xanthin zur Wiederverwertung im Purin-metabolismus zur Verfügung, was durch einen Feedback-Mechanismus die De-novo-Synthese von Purin herabsetzt. Nach Beginn mit Allopurinol sinkt die Serumharnsäure innerhalb von zwei Tagen und erreicht stabile Werte nach etwa zwei Wochen. Für den Erfolg einer Therapie mit Allopurinol sind ein langsames Einschleichen, eine Dosisanpassung an die Nierenfunktion und ein gezieltes Auftitrieren für eine optimale Harnsäuresenkung entscheidend. Früher wurde für Allopurinol eine Dosis von 300 mg/d empfohlen, und bei Niereninsuffizienz wurde die Dosierung nach Massgabe der geschätzten GFR angepasst (17). Der Serumharnsäure-Zielwert liess sich damit aber bei weniger als einem Drittel der Patienten erreichen (18). Heute werden niedrigere Anfangsdosierungen (Tab. 4) empfohlen (19), gefolgt von einem langsamen Auftitrieren in kleinen Schritten (max. 100 mg/d) von 3–4 Wochen bis etwa 800 mg/d. Auch bei Niereninsuffizienz dürfen so 300 mg/d überschritten werden. Es ist gut belegt, dass mit dieser Strategie mit «start low, go slow» das Risiko für ein Allopurinol-Hypersensitivitätssyndrom minimiert werden kann, auch wenn die Erhaltungsdosis höher als früher empfohlen ist (19, 20). Zudem kann mit «start low, go slow» auch die Häufigkeit von Schubrezidiven vermindert werden (Tab. 4).


Obwohl sich Allopurinol als stark toxisch erweisen kann, treten Nebenwirkungen generell selten auf. Wie unter allen harnsäuresenkenden Behandlungen kann es zu Beginn zu einer Häufung von Gichtschüben kommen, wenn keine antiinflammatorische Prophylaxe etabliert wird. Zu den milden, mit einer Häufigkeit von etwa 3–5 % bezifferten Nebenwirkungen gehören ein Exanthem, eine Leukopenie, eine Thrombopenie und eine Diarrhö. Schwere Reaktionen wie ein DRESS-Syndrom oder schwere Hautreaktionen sind sehr selten. Sie treten gehäuft auf bei Personen mit dem HLA-B*5801-Allel, chronischer Niereninsuffizienz und unter Thiazid- und Schleifendiuretika. Weitere schwere Nebenwirkungen umfassen eine Vaskulitis, ein Drug fever und eine interstitielle Nephritis (2, 3).

Schwere kutane Arzneimittelreaktionen (zum Beispiel toxische epidermale Nekrolyse, Stevens-Johnson-Syndrom und Epidermolyse) haben häufig Allopurinol als Ursache. Auch ein nur mildes Exanthem kann Vorbote einer Hypersensitivitätsreaktion auf Allopurinol sein. Zu Beginn einer Therapie sind die Patienten deswegen zu instruieren, sich beim Auftreten eines Hautausschlags rasch vorzustellen. Treten kurz nach Beginn einer Therapie mit Allopurinol ein Exanthem, eine Blasenbildung, Fieber, grippeartige Symptome (Myalgien, Arthralgien, Inappetenz, Fatigue), ein Angioödem, Photophobie, Mukositis oder eine periphere Eosinophilie auf, soll Allopurinol umgehend gestoppt werden. Die meisten Exantheme sind allerdings nur mild und klingen nach Dosisreduktion oder nach Aufhören von Allopurinol wieder ab. Die meisten mit Allopurinol assoziierten, schweren Hautreaktionen manifestieren sich innerhalb der ersten drei Monate; danach wird Allopurinol als Ursache unwahrscheinlich.

Allopurinol soll bei HLA-B*5801-positiven Patienten südostasiatischer (China, Thailand und Korea) und afrikanischer Herkunft vermieden werden, weswegen bei diesen Populationen eine genetische Testung vor Behandlungsbeginn empfohlen wird (2). Das DRESS-Syndrom ist eine Arzneimittelreaktion mit Eosinophilie und systemischen Symptomen, die ein erythematöses Exanthem, Fieber, Hepatitis, Eosinophilie und ein akutes Nierenversagen umfassen. Allopurinol ist die häufigste Ursache für ein DRESS-Syndrom; man spricht dann von einem Allopurinol-Hypersensitivitätssyndrom. Die Mortalität eines solchen reicht bis zu 25 %.

Bei Hautreaktionen wurden früher Desensibilisierungen vorgenommen; seit Febuxostat verfügbar ist, sind solche zumeist nicht mehr erforderlich. Allopurinol kann den immunsuppressiven und zytolytischen Effekt von 6-Mercaptopurin (Puri Nethol®) und Azathioprin (Imurek®) verstärken, welche partiell durch Xanthinoxidase metabolisiert werden. Allopurinol soll deswegen bei damit behandelten Patienten vermieden werden. Bei Patienten mit schwerer Gicht, die trotzdem Allopurinol benötigen, können diese Substanzen beginnend mit einem Viertel der empfohlenen Tagesdosis dennoch eingesetzt werden. Eine Knochenmarksuppression wurde auch bei Patienten unter alkylierenden Substanzen wie Cyclophosphamid beobachtet. Die gleichzeitige Anwendung von Aminopenicillinen erhöht die Wahrscheinlichkeit für ein dadurch bedingtes Exanthem; insgesamt ist dieses Phänomen aber selten.

Febuxostat

Febuxostat (Adenuric®) hemmt ebenfalls die Xanthinoxidase. Begonnen wird mit maximal 40 mg/d. Bei Bedarf wird auf die zugelassene Tagesdosis von 80 mg/d erhöht. Falls nötig, kann weiter auf 120 mg/d gesteigert werden (Off-Label-Use). Bei Niereninsuffizienz ist keine Dosisanpassung erforderlich.
Mögliche Nebenwirkungen von Febuxostat sind Leberfunktionsstörungen, Übelkeit, Arthralgien und sehr selten auch ein Exanthem (21). Vom Hersteller werden deswegen Kontrollen der Leberfunktion (Transaminasen) empfohlen. Hypersensitivitätsrektionen können auch unter Febuxostat auftreten; bei Patienten, die vorgängig eine Reaktion auf Allopurinol hatten, scheint das Risiko dafür höher zu sein.

In den klinischen Studien mit Febuxostat wurde eine höhere Inzidenz von kardiovaskulären Ereignissen beobachtet im Vergleich zu den Kontrollgruppen unter Allopurinol. Eine grosse, von der FDA verlangte Studie bei Patienten mit Gicht und einer kardiovaskulären Erkrankung ergab bei den beiden Studienarmen aber keinen Unterschied beim primären zusammengesetzten kardiovaskulären Endpunkt (22). Febuxostat ging im Vergleich zu Allopurinol aber mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Mortalität und Gesamtmortalität einher; es ergaben sich keine Unterschiede bei den drei anderen sekundären kardiovaskulären Outcomes (nicht letaler Myokardinfarkt, nicht letaler Stroke und Revaskularisation bei instabiler Angina).

Insgesamt ist die Interpretation aber schwierig (hohe Drop-out-Rate, keine unbehandelte Kontrollgruppe). Die FDA empfahl in der Folge, dass Febuxostat reserviert werden soll für Patienten, welche auf Allopurinol ungenügend ansprechen oder dieses nicht vertragen unter Berücksichtigung des kardiovaskulären Risikos. Die meisten Guidelines für die Gichttherapie haben dies übernommen. Weitere Post-Marketing-Studien konnten den Verdacht auf ein unter Febuxostat erhöhtes kardiovaskuläres Risiko aber nicht erhärten.

Insbesondere ergab eine grosse europäische Post-Marketing-Studie bei über 60-jährigen Gichtpatienten, die unter Allopurinol standen, dass es nach einem Switch zu Febuxostat im Vergleich zur Fortsetzung von Allopurinol nicht zu einer Erhöhung des kardiovaskulären Risikos kam; ein Drittel dieser Patienten hatten die Anamnese eines vorangehenden kardiovaskulären Ereignisses (23). Dennoch nahm die FDA seither keine Änderung ihrer Warnung vor. Wegen der Kontroverse ist eine gemeinsame Entscheidungsfindung («shared decision making») wichtig, wenn Febuxostat bei Patienten mit kardiovaskulären Risikofaktoren eingesetzt wird.

Die Therapiestrategie «start low, go slow» gilt auch für Febuxostat, da darunter – wie immer bei einer raschen Harnsäuresenkung – zu Beginn eine Häufung von Gichtschüben beobachtet wird.

Urikosurika

Probenecid (Santuril®) ist das einzige in der Schweiz verfügbare Urikosurikum. Für eine ausreichende Wirkung sollte die geschätzte GFR über 50 liegen. Bei einer Nephro­lithiasis ist Probenecid natürlich kontraindiziert. Ausgehend von 2 x 250 mg/d wird nach Massgabe des Harnsäurespiegels schrittweise langsam auf max. 2 x 1500 mg/d gesteigert. Unter der Therapie ist auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten (2, 3). Probenecid kann natürlich mit einem Xanthinoxidasehemmer kombiniert werden. Leicht urikosurisch wirken auch Losartan (Cosaar®) als einziger AT1-Antagonist, Atorvastatin (Sortis®) als einziges Statin, der Lipidsenker Fenofibrat (Lipanthyl®) und Vitamin C (über 500 mg/d) (16, 24, 25).

Urikolytika

In therapierefraktären schweren Fällen kann rekombinante Urikase eingesetzt werden. In der Schweiz ist aber nur ein Off-Label-Use von Rasburicase (Fasturtec®) möglich. Diese ist zugelassen für die Prophylaxe einer akuten Niereninsuffizienz bei Patienten mit hämatologischen Neoplasien und Risiko einer raschen Tumorlyse zu Beginn der Chemotherapie, welche den Harnsäurespiegel sehr rasch stark ansteigen lässt, was zur Ausfällung von Harnsäurekristallen in den Nierentubuli und dadurch zu einem Nierenversagen führt. Rasburicase katalysiert als sehr starkes Urikolytikum die enzymatische Oxidation von Harnsäure zum wasserlöslichen Allantoin, welches leicht über die Nieren ausgeschieden werden kann (26) (Tab. 5).

Management der Komorbiditäten

Bei Gicht ist die kardiovaskuläre Sterblichkeit erhöht (28), vor allem aufgrund der häufigen Komorbiditäten, nämlich Adipositas, Niereninsuffizienz, arterielle Hypertonie, koronare Herzkrankheit, Herzinsuffizienz, Diabetes mellitus und Dyslipidämien. Diese Begleiterkrankungen und auch ein allfälliger Alkoholabusus sind deswegen gezielt zu suchen und anzugehen (29).

Dr. med. Adrian Forster

Rheumatologie und Rehabilitation
Schulthess Klinik
Lengghalde 2
8008 Zürich

adrian.forster@kws.ch

Der Autor hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

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Gicht und Ernährung

Einleitung

Die Gicht wird traditionellerweise mit extensiver Nahrungszufuhr, Fleischkonsum und Alkoholexzessen in Verbindung gebracht. Schon im 19. Jahrhundert wurde eine Reduktion der Purineinnahme sowie des Alkoholkonsums empfohlen.

Auch in den aktuellen Guidelines zum Management der Gicht werden Alkoholkarenz sowie Reduktion des Fleisch- und Meeresfrüchtekonsums empfohlen, zusätzlich beinhalten die Guidelines nun den Gewichtsverlust bei Übergewichtigen und die vermehrte Zufuhr von fettarmen Milchprodukten (1, 2).
Obwohl in den Guidelines enthalten, basieren die Richtlinien zur Ernährungsanpassung bei Gicht auf einer niedrigen Evidenzstufe. In den letzten Jahren wurden aber wichtige Forschungsarbeiten publiziert, die die Evidenz verbessern konnten (3).

Es ist zu bedenken, dass die Ernährung bei Patientinnen und Patienten mit Gicht bedeutend ist, weil die Gicht oft nur die Spitze des Eisbergs der bestehenden Krankheiten darstellt: Sehr häufig sind arterielle Hypertonie (75 %), Niereninsuffizienz (70 %), Übergewicht (53 %) und HerzKreislauf-Erkrankungen (10 %) sowie das metabolische Syndrom als Komorbiditäten zu finden (4).

Die Diät führt zwar bezüglich Harnsäuresenkung nur zu einer 10–15 %-igen Reduktion der Serumharnsäure (5), ist jedoch unter anderem aufgrund der Komorbiditäten eminent wichtig. In einer Metaanalyse, basierend auf 5 populationsbasierten Kohortenstudien, wurde der Effekt von einzelnen Nahrungsmitteln und Alkohol bzw. von Ernährungsformen wie die DASH-Diät auf die Harnsäuresenkung im Vergleich zu genetischen Varianten von häufigen gichtspezifischen Loci untersucht; hier ergab sich bei der DASH-Diät zwar eine signifikante Senkung der Serumharnsäure, jedoch in absoluten Zahlen nur eine Harnsäuresenkung von -0.72 μmol/l bzw. 0.38 %. Die häufigen genetischen Varianten von Gicht Loci trugen hingegen 23 % zur Harnsäuresenkung bei (6).

Allerdings spielen bei den bereits von Gicht betroffenen Patientinnen und Patienten noch andere Faktoren als der Serumharnsäurespiegel eine Rolle für die Aktivität der Erkrankung. Hier kann die Ernährungsadaptation zu positiven Effekten wie Verhindern der Entstehung von weiteren Harnsäurekristallen oder der Provokation von Schüben führen.

Die Assoziation des Mikrobioms des Darms und der Gicht wurde gezeigt (7). Das Mikrobiom wird massgeblich durch die Ernährungsform beeinflusst (8).

Noch immer ist die Gicht ungenügend behandelt und mit einer erhöhten Gesamtmortalität assoziiert (9). Neben der medikamentösen Therapie leistet die Ernährungsumstellung einen Beitrag zum günstigen Langzeitverlauf sowie kombiniert mit der medikamentösen Therapie zur Harnsäuresenkung und beeinflusst die oben beschriebenen Komorbiditäten positiv.

Ein weiterer Vorteil einer Ernährungsumstellung ist der direkte Einbezug von Patientinnen und Patienten in die Behandlung (patient empowerment).
Mittlerweile existieren mehrere Ernährungsformen, deren Vorteil bei Gicht gut belegt sind (10, 11). Allen diesen Di­äten ist eine vorwiegend vegetarische Ernährung gemein.

Da die Ernährungsumstellung bei Gicht immer mit der medikamentösen Therapie kombiniert wird, ist auf allfällige Interaktionen oder Nebenwirkungen zu achten. Komorbiditäten wie schwere Niereninsuffizienz oder Diabetes erfordern eine Adaptation der Ernährungsempfehlungen.
Ziel dieser Review ist es, kurz die neueren Erkenntnisse der Ernährung bei der Gicht zu beleuchten.

Die Rolle der Ernährung bei der ­Entstehung einer Gicht

Purine – Freund oder Feind

Purine sind wichtige Bausteine der Nukleinsäuren und werden vom menschlichen Körper selbst gebildet. Sie sind die molekularen Grundbausteine der zwei DNA-Basen Adenin und Guanin. Purin-Nukleotide sind Bausteine von signalübertragenden Stoffen wie cAMP oder cGMP, ferner von Energielieferanten wie ATP oder GTP.

Es ist wichtig zu verstehen, dass Purine, die aus Nahrungsmitteln stammen, eine lebenswichtige Quelle von exogenen Nukleotiden und Harnsäure darstellen, unabdingbar für die Beibehaltung des Gleichgewichtes im Purin-Metabolismus der Säugetiere und somit auch des Menschen.

Der menschliche Organismus verfügt nicht mehr über die Fähigkeit, Purine zu Allantoin zu verstoffwechseln, da das Enzym Uricase im Verlauf der Evolution, wie bei anderen Primaten, verloren gegangen ist. Die Harnsäure ist somit das Endprodukt des Purinstoffwechsels, woraus höhere Harnsäurespiegel resultieren.
Somit sind einerseits die Purine lebensnotwendig und andererseits können sie bei vermehrtem Anfall via die Hyperurikämie zur Entstehung der Gicht beitragen.

Beitrag der Ernährung zur Hyperurikämie

Für die Entwicklung einer Hyperurikämie kann ein vermehrter Purinanfall ursächlich sein, entweder exogen durch alimentäre Faktoren oder zu zwei Dritteln endogen durch einen erhöhten Zellumsatz (12). Häufiger liegt jedoch eine verminderte Harnsäure-Exkretion, die zu ¾ renal bedingt ist, oder intestinal vor.

Exogener Purinanfall durch die Nahrung
Generell gilt: je zellreicher die Produkte, desto höher ist der Purinanteil. Ein vermehrter Konsum von tierischen Purinen (Fleisch und Fisch) führt zu einer erhöhten Prävalenz der Gicht, nicht aber ein erhöhter Konsum von pflanzlichen Purinen und Milchprodukten (13). Neuere Untersuchungen bez. unterschiedlichen Gehalts der Purinbasen haben Hinweise für die Ursachen dieser Unterschiede gefunden: Es ist entscheidend, welches Purin in den Nahrungsmitteln enthalten ist. Seit Längerem ist bekannt, dass Adenin und Hypoxanthin urikogener als Guanin und Xanthin sind. Mehr als 60 % aller Purine in pflanzlicher Nahrung und Milchprodukten setzen sich aus Adenin und Guanin zusammen, während Hypoxanthin > 50 % des Purinanteils in Fisch- und Fleischprodukten ausmacht (14).

Harnsäure-Exkretion
Via eine Reduktion der Insulinresistenz kann eine vorwiegend pflanzliche Diät die renale Clearance der Harnsäure verbessern.

Rolle der Ernährung bei der Entstehung der Harnsäurekristalle

Hier sind vor allem ein Milieu mit tiefem pH-Wert als Promoter einer Kristallisation anzusprechen; bez. der Ernährung ist der Alkoholkonsum ein Risikofaktor für eine Azidose (15).

Rolle des Mikrobioms

25 % der Harnsäure wird vom Darm exkretiert und durch das Darmmikrobiom weiter metabolisiert. Grosse Anstrengungen wurden unternommen, um die Verbindung zwischen Darmbakterien und Arthritis zu beleuchten. Bei der Gicht im Speziellen ist die Dysbiose der Darmbakterien und die folgende Immunreaktion gut untersucht. Die Ernährung hat einen direkten Einfluss auf die mikrobielle Zusammensetzung der Darmflora. So können Ernährungsformen, die reich an Fructose, Fett, Purinen oder Oxalsäure sind, zu Veränderungen der Zusammensetzung der Darmflora führen. Dies wurde in Tiermodellen sowohl bei Hyperurikämie wie bei Gicht gezeigt. Probiotika bzw. eine Ernährung, die zu einem gesunden Gleichgewicht der Darmbakterien führt, werden noch erforscht und könnten zukünftige Therapieansätze bilden (16).

Ungünstige Ernährungsformen

Fructosereiche Diät
Das Risiko, an Übergewicht, Diabetes, kardiovaskulären Erkrankungen und metabolischem Syndrom zu erkranken, steigt mit der erhöhten Zufuhr von gesüssten Getränken (17) oder anderen Nahrungsmitteln mit hohem Zuckeranteil.

Insbesondere die Fructose wurde in letzter Zeit mit der Hyperurikämie in Verbindung gebracht. Fructose ist ein Monosaccharid, das in Früchten, Gemüsen und Honig von Natur aus vorhanden ist.

Es ist aber auch ein in der Herstellung billiger und potenter Süssstoff, der von der Industrie häufig verwendet wird. Fructose enthält gleich viele Kalorien pro Gramm wie Glucose, ist aber doppelt so süss. Eine hohe Fructosezufuhr ist einer der Gründe für die hohe Prävalenz der Hyperuri­kämie und Gicht (Zunahme der Fructoseeinnahme z. B. in den USA von 25 g auf 80 g/Tag). Der Fructosemetabolismus aktiviert das Enzym Adenosin Monophosphat Deaminase, das eine Degradation der Purine zu Inosin und schlussendlich zur vermehrten Entstehung von Harnsäure führt. Im Tiermodell konnte gezeigt werden, dass mit Fructose gefütterte Tiere ein metabolisches Syndrom entwickelten, nicht aber mit Dextrose gefütterte Tiere.

Durch medikamentöse Senkung der Harnsäure konnte das metabolische Syndrom revertiert werden (18). Ein enger Zusammenhang zwischen Hyperurikämie, metabolischem Syndrom und Fructosezufuhr scheint zu bestehen. Die in den Früchten enthaltene Fructose ist als vorteilhafter zu betrachten, da weitere Nahrungsbestandteile wie Pflanzenfasern, Vitamine, Mineralien und sekundäre Pflanzenstoffe eine günstige Wirkung entfalten. Als vorteilhaft werden Äpfel, Birnen, Wassermelonen und Mangos beschrieben. Besonders ungünstig scheint die ungepaarte oder freie oder überschüssige Fructose ohne gleichzeitiges Vorhandensein von Glucose (Fructose und Glucose bilden das Disaccharid Saccharose) zu sein. In den aktuellen Süssgetränken (Quotient über 1.2 : 1) ist dies über das empfohlene Mass hinaus der Fall (19).

Ein übermässiger Fructosekonsum führt zudem zu einer Leptinresistenz, was das Sättigungsgefühl im Gegensatz zur Glucoseaufnahme reduziert.
Auch das relative Risiko, an einer Gicht zu erkranken, vergrösserte sich bei einer nur 5 %-igen Steigerung der Zufuhr an Kohlehydraten aus freier Fructose auf 2.1, bei entsprechender Steigerung der Gesamtfructose auf 1.52 (20).

Fettreiche Diät
Eine erhöhte Zufuhr von Fetten kann eine Anhäufung von Triglyceriden bewirken, die einen erhöhten Fettanteil der Gewebe und Übergewicht nach sich zieht. In einer Studie mit 14 000 Teilnehmern war Übergewicht/Adipositas in 60 % der Fälle mit Hyperurikämie verbunden, häufiger als Alkoholkonsum (21). Es wird angenommen, dass die Lipidstoffwechselstörung den Purinmetabolismus anfeuert, indem die Aktivität der Xanthin-Oxidase getriggert wird.

Die Harnsäure kann die Lebersteatose (NAFLD) und die Insulinresistenz mittels Aktivierung des NLRP3-Inflammasoms verstärken (22).
Diäten mit hohem Fettanteil können mittels Freisetzung von freien Fettsäuren in Anwesenheit von Harnsäurekristallen zu vermehrten Gichtschüben via Freisetzung von Interleukin-1β führen (23). Eine Ernährung mit hohem Fettanteil resultiert ferner in einer Dysbiose der Darmflora, was ebenfalls zu einer Verschlechterung der Gichtarthritis führen kann.

Streng Purin-arme Diät
Seit nahezu 200 Jahren wurde bei Gicht eine purinarme Diät empfohlen. Es zeigte sich nun, dass dies Nachteile mit sich bringt, da das Ersetzen der proteinreichen Ernährung oft mit vermehrtem Kohlehydratkonsum, insbesondere mit hoher Fructosezufuhr und entsprechenden Nachteilen einhergeht.
Viel wichtiger als die absolute Menge an Purinen ist die günstige Zusammensetzung der Purinbasen. Purine aus tierischen Quellen sind reich an Hypoxanthin, welches urikogener ist als andere Purinbasen. Eine vorwiegend pflanzliche Ernährung bietet hier Vorteile.

Klassische westliche Diät
Diese Ernährungsweise enthält einen grossen Anteil tierischer Produkte und prozessierte Kohlenhydrate, ist jedoch arm an Vollkornprodukten, Früchten und Gemüse.

Erhöhter Alkoholkonsum
Alkohol kann zu einem Konzentrationsanstieg der Harnsäure führen, indem es den Purinstoffwechsel ankurbelt und die Exkretion der Harnsäure im Urin reduziert.

Aus Querschnittsuntersuchungen ist bekannt, dass erhöhter Alkoholkonsum, v. a. Bier (inklusive Malzgehalt), aber auch Spirituosen, den Harnsäurespiegel im Vergleich zu geringerem Alkoholkonsum erhöht, z. B. um 9.66 μmol/l bei einem zusätzlichen Drink pro Tag (6). Eine longitudinale Analyse von Registerdaten aus Japan zeigte hingegen nur eine sehr geringe Senkung des Harnsäurespiegels bei Reduktion oder Sistieren des Alkoholkonsums. Auch in dieser Studie wurde der stärkste Effekt bei der Reduktion des Bierkonsums gesehen (24).

Das Risiko, eine Gicht zu entwickeln, ist bei Patientinnen und Patienten mit Alkoholkonsum erhöht. In einer rezenten Metaanalyse ergab sich ein RR von 1.21 für jede 10 g Alkohol pro Tag (25).

Übergewicht und Adipositas
Die Reduktion des Übergewichts kann zu einer Reduktion der Serumharnsäure führen, ohne dass eine spezifische Gichtdiät befolgt wird (12). Studien zeigten ähnliche Resultate. Dies unterstützt die Evidenz, dass Patientinnen und Patienten mit Gicht und Übergewicht, zusätzlich zur Befolgung ihres Ernährungsplanes, eine Gewichtsreduktion anstreben sollten.

Eine kürzlich publizierte prospektive Beobachtungsstudie über 2 Jahre aus Norwegen konnte zeigen, dass Gichtpatientinnen und -patienten mit hohem Taillenumfang oder erhöhten LDL-Werten ein schlechteres Outcome bez. Erreichen der Harnsäurezielwerte oder Schüben hatten (26).

Ernährungsformen bei Gicht

Im Wesentlichen werden 2 Diäten bei Gicht empfohlen: einerseits die DASH-Diät (Dietary Approaches to Stop Hypertension), andererseits die Mittelmeerdiät (27) (Tab. 1). Beide sind charakterisiert durch einen hohen Anteil an frischen Gemüsen und Früchten, vermehrten Fasergehalt, Reduktion der gesättigten Fette und Erhöhung der ungesättigten Fette.

Merkmale der DASH-Diät
• viel Gemüse und Obst, fettarme Milchprodukte – weniger tierische Fette und Zucker
• Reduktion des Salzkonsums auf 1 Teelöffel pro Tag
• Verwendung von Vollkornprodukten
• Fleisch ist erlaubt, empfohlen werden aber pflanzliche Proteinlieferanten wie Hülsenfrüchte
Die Senkung der Serumharnsäure unter einer DASH-Diät konnte gezeigt werden (5). Die Senkung des Risikos, an einer Gicht zu erkranken, konnte anhand einer Analyse von 44 654 Männern (prospective Health Professionals Follow-up Study) gezeigt werden. Es wurde die DASH-Diät (eigentlich speziell auf die Behandlung von Bluthochdruck zugeschnittene Diät) angewendet, auf Alkohol verzichtet und keine Diuretika eingenommen. Mehr als 50 % des Neuauftretens von Gicht konnte verhindert werden (28). Allerdings traf dies nicht auf übergewichtige Patientinnen und Patienten zu, welche keine signifikante Risikoreduktion erreichten.

Merkmale der Mittelmeerdiät (10)
Im Mittelpunkt der Mittelmeerdiät stehen Getreide (Brot, Hafer, Vollkorngetreide, Grütze), Obst, Gemüse, Nüsse und Hülsenfrüchte, die täglich verzehrt werden sollten. Diese Lebensmittel sind reich an Ballaststoffen und Antioxidantien (vor allem, wenn sie saisonal sind). Der Verzehr von Olivenöl ersetzt andere Formen von gesättigten Fetten wie tierische Butter und Margarine. Milchprodukte, insbesondere Joghurt und Käse, können in grosser Menge sogar täglich verzehrt werden, während der Verzehr von Fisch und Geflügel (magere tierische Produkte) bis zu zweimal pro Woche empfohlen wird. Eier können bis zu 4–7 pro Woche verzehrt werden. Wenn man in der Ernährungspyramide nach oben geht, gibt es Lebensmittel, die monatlich in kleinen Mengen verzehrt werden sollten, wie z. B. rotes Fleisch. Wenn keine anderen Probleme mit dem Alkoholkonsum verbunden sind, liegt die Obergrenze bei 2 Gläsern/Tag für Männer und 1 Glas/Tag für Frauen. Rotwein wird wegen seines Gehalts an Flavonoiden und Antioxidantien bevorzugt. In letzter Zeit wurde hier vor allem die Empfehlung, Alkohol zu konsumieren, kritisiert, insbesondere bei Patientinnen und Patienten mit Gicht.
Die ideale Gichtdiät sollte den Harnsäurespiegel senken, die Zahl der Gichtschübe reduzieren, das Körpergewicht im Auge behalten und der Prophylaxe von Gicht-assoziierten Erkrankungen dienen.

Dr. med. Barbara Ankli

Rheumazentrum Basel
Centralbahnstrasse 11
4051 Basel

b.ankli@hin.ch

Die Autorin hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

• Ernährung bei der Gicht ist komplex
• Reine Reduktion der Purineinnahme nicht ausreichend
• Aufgrund der Komorbiditäten Diätempfehlungen gerechtfertigt (kardiovaskuläre Erkrankungen)
• Die empfohlenen Diäten sind pflanzlich basiert.
• Das Mikrobiom unterscheidet sich bei Patientinnen und Patienten mit Gicht von Gesunden.
• Als ungünstige Diäten gelten mittlerweile die fructosereiche und die fettreiche Diät.
• Zentrale Rolle der Fructose bei der Hyperurikämie

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