Abdominalschmerzen «out of proportion» bei einem jungen, gesunden Patienten

Anamnese und Befunde

Ein 29-jähriger Patient stellte sich, nach hausärztlicher Zuweisung, mit Verdacht auf akute Appendizitis auf unserer Notfallstation vor. Er klagte über spontan aufgetretene, starke abdominale Schmerzen (7/10 auf der numerischen Schmerzskala; NRS), welche vom rechten Unterbauch auszugehen schienen und welche vor wenigen Stunden begonnen hatten. Übelkeit und Erbrechen wurden verneint. Die Stuhlanamnese war in Bezug auf Frequenz, Konsistenz sowie Farbe unauffällig, der letzte Stuhlgang erfolgte ein paar Stunden vor Eintritt. Auf Nachfrage gab der Patient an, vor einer Woche während zweier Tage an Diarrhö gelitten zu haben. Im engen Umfeld gab es keine akut erkrankten Personen, insbesondere nicht mit gastrointestinalen Symp­tomen. Ein kürzlicher Auslandsaufenthalt wurde verneint. Beim Patienten waren keine Vorerkrankungen bekannt. Es bestand eine Hymenopterengiftallergie, ansonsten lagen keine Allergien vor. Abdominelle Voroperationen, wesentliche abdominelle Infekte sowie abdominelle oder pelvine Traumata wurden verneint.
Im Status zeigte sich ein afebriler, kardiopulmonal kompensierter Patient mit normalem Ernährungszustand. Die Darmgeräusche waren spärlich, insbesondere im rechten unteren Quadranten. Das Abdomen war insgesamt weich, im linken/mittleren unteren Quadranten fand sich eine lokale Druckdolenz ohne Peritonismus. Es lagen keine Druckdolenzen im McBurney- und Lanz-Punkt vor, das Psoas-Zeichen war ebenfalls negativ. In der durchgeführten Sonographie zeigte sich eine angedeutete Pendelperistaltik sowie erweiterte Dünndarmschlingen im linken Unterbauch. Die Appendix konnte nicht dargestellt werden. Laborchemisch ergaben sich keine pathologischen Befunde, insbesondere keine Entzündungszeichen und normale Laktatwerte.

Differenzialdiagnostische Überlegungen

Mit einem Alvarado-Score von 0 Punkten, unauffälligen Laborwerten und keiner Druckdolenz im rechten Unterbauch war eine Appendizitis sehr unwahrscheinlich. Obwohl eine infektiöse Ursache der Beschwerden nicht sicher ausgeschlossen werden konnte (CAVE: unauffällige Laborwerte in den ersten Stunden sind möglich), passte die rasch entstandene und ausgeprägte Schmerzsymptomatik nicht dazu. Basierend auf dem sonographischen Befund, der Hinweise auf eine mechanische Obstruktion zeigte, wurde, trotz fehlender Voroperationen, ein Ileus als Ursache der Beschwerden in Erwägung gezogen. Nicht dazu passend war jedoch das Fehlen von Übelkeit und/oder Erbrechen. Eine mesenteriale Ischämie wurde in Betracht gezogen, allerdings aufgrund des Alters und fehlender Komorbiditäten als sehr unwahrscheinlich eingestuft.

Weitere Abklärungsschritte

Aufgrund der anhaltenden ausgeprägten Schmerzpro­blematik mit NRS 7/10, trotz Verabreichung einer intravenösen basisanalgetischen Therapie mit Paracetamol/Metamizol und kumulativ 16 mg Morphin i.v. («pain out of proportion»), wurde die Indikation zur computertomographischen Diagnostik gestellt.

Diagnose und Verlauf

In der durchgeführten Computertomographie (CT) fand sich das Bild einer Closed Loop Obstruction (CLO) des distalen Ileums im mittleren Unterbauch (links paramedian), bei sonst normalkalibrigem, reizlosem Intestinum ohne Passagestörung (Abb. 1). Intraoperativ, ca. 70 cm ab Ileozökalklappe, fand sich eine Omentumbride, welche problemlos gelöst werden konnte, die vollständige Dünndarmrevision zeigte keine nekrotischen Anteile (Abb. 2). Es zeigte sich ein problemloser postoperativer Verlauf. Der Patient konnte das Spital am 2. post-operativen Tag in gutem Allgemeinzustand und funktionierender Darmpassage verlassen.

Kommentar

Die häufigste Ursache für eine CLO ist eine postoperative Bride, in seltenen Fällen, wie in unserem Fall beschrieben, kann es jedoch auch bei nicht abdominell voroperierten Patienten zu einer CLO kommen. Die Trias mit stärksten Schmerzen, ein klinischer Befund, der nicht zum Schmerz passt («pain out of proportion»), und das Vorhandensein einer abdominellen Narbe wurden als Hinweis für eine CLO beschrieben (1). Goldstandard in der Diagnostik stellt aktuell die CT mit einer Sensitivität von 90–96 % und einer Spezifität von 96 % dar (2). Bei jungen Personen muss, aufgrund der Strahlenexposition, die Indikation einer computertomographischen Untersuchung allerdings kritisch evaluiert werden. Aufgrund der guten diagnostischen Performance des Ultraschalls (3) wird von der europäischen Gesellschaft für Ultraschall (EFSUMB) die Anwendung des Ultraschalls (US) empfohlen, um eine Darmobstruktion zu detektieren (4). Die CT wird bei nicht konklusiver Abdomensonographie als nächster Schritt empfohlen (5) bzw. bei positivem US-Befund, um die Ursache des Ileus zu eruieren, die Perfusion des Darms zu prüfen und schlussendlich die OP-Indikation zu überprüfen. In unserem Fall lag zwar kein akutes Abdomen vor, aber aufgrund des fehlenden Ansprechens auf die intravenöse analgetische Therapie mit ausgeschöpfter basisanalgetischer Therapie und einer verabreichten Morphindosis von insgesamt 16 mg wurde der Entscheid zur CT-Untersuchung gefällt. Normale Laborwerte schliessen das Vorhandensein eines Ileus nicht aus, liegen jedoch erhöhte Entzündungswerte und/oder ein erhöhtes Laktat bzw. eine metabolische Azidose vor, dann können dies bereits Zeichen der Darmischämie und -nekrosen sein. Es ist deshalb empfohlen, diese zu bestimmen (1, 6) sowie auch die Elektrolyte. Eine Elektrolytverschiebung muss korrigiert werden.
Beim Dünndarmileus sollte, gemäss den Bologna-Leitlinien 2017, zunächst nach einer Adhäsionsursache gesucht werden und eine Ischämie/Strangulation ausgeschlossen werden, bevor ein konservativer Therapieversuch angestrebt werden kann. Neben den klinischen Zeichen wie dem Peritonismus spielt die CT eine wichtige Rolle sowohl zur Abklärung ggf. anderer Ursachen als Adhäsionen als auch zur Beurteilung der Darmperfusion. Bei negativer Verlaufskontrolle im konservativen Prozedere (kein Nachweis von KM im Kolon nach 24–36 h), anhaltender Ob­struktion > 72 h oder Auftreten von Ischämie-/Peritonitiszeichen erfolgt die chirurgische Exploration. Liegen bereits initial direkte oder indirekte Ischämie-/Strangulationszeichen, insbesondere auch Zeichen einer CLO, vor, erfolgt das chirurgische Vorgehen unmittelbar (7).
Intraoperativ zeigte sich in unserem Fall eine Omentumbride, vom Omentum zum Meso hinziehend, mit einem dilatierten Dünndarmkonvolut, was zur Kompression des Dünndarms an einer zweiten Stelle führte und somit zur Beeinträchtigung der vaskulären Versorgung; zum Operationszeitpunkt zeigten sich glücklicherweise jedoch noch keine ischämischen Zeichen. Aufgrund dieser Konstellation wäre ein konservativer Versuch in unserem Fall auch retrospektiv wenig sinnvoll gewesen. Interessant jedoch bezüglich der aktuell gegebenen OP-Indikation bei einer CLO ist sicherlich eine kleine Serie aus Israel mit 18 nicht voroperierten Patienten mit CLO, in welcher bei 6 Patienten (33 %) während der diagnostischen Laparoskopie/Laparotomie keine Intervention notwendig war (nicht therapeutische Exploration) (8). Es stellt sich hier die Frage, ob es sich bei diesen Patienten tatsächlich um eine CLO oder um einen «normalen» mechanischen Ileus gehandelt haben könnte. In zwei weiteren systematischen Reviewarbeiten über Darmobstruktion bei nicht voroperierten Patienten wurden die Patienten mit CLO jeweils ausgeschlossen (9, 10). Ob eine CLO in bestimmten Fällen konservativ behandelt werden kann, bleibt eine offene Frage für die Zukunft.

Key Messages

• Eine CLO kann auch bei abdominell nicht voroperierten Patienten auftreten.
• Klinisch zeigen sich stärkste abdominelle Schmerzen, eventuell nicht passend zur klinischen Präsentation.
• Die Sonographie kann als Rule-In-Strategie angewendet werden, insbesondere bei jungen Patienten; die Diagnostik erfolgt grundsätzlich mittels CT.
• Die Therapie ist chirurgisch.

Sabine Fischbacher 1, Larissa C. Vines 2, Bruno Minotti 3

1 Notfallzentrum, HOCH Health Ostschweiz, Kantonsspital St. Gallen, St. Gallen
2 Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Endokrin- und Transplantationschirurgie, HOCH Health Ostschweiz, Kantonsspital St. Gallen, St. Gallen
3 Notfallzentrum, Universitätsspital Basel, Basel

Interessenkonflikte
Die Autorenschaft hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

DOI: https://doi.org/10.23785/PRAXIS.2025.05.009

Abkürzungen
NRS Numerical (Pain) Rating Scale
CLO Closed Loop Obstruction
CT Computertomographie

Dr. med. Bruno Minotti

Notfallzentrum
Universitätsspital Basel
Petersgraben 2
4031 Basel

Key Messages
• Eine CLO kann auch bei abdominell nicht voroperierten Patienten auftreten.
• Klinisch zeigen sich stärkste abdominelle Schmerzen, eventuell nicht passend zur klinischen Präsentation.
• Die Sonographie kann als Rule-In-Strategie angewendet werden, insbesondere bei jungen Patienten; die Diagnostik erfolgt grundsätzlich mittels CT.
• Die Therapie ist chirurgisch.

Literatur
1. Tong JWV, Lingam P, Shelat VG. Adhesive small bowel obstruction – an update. Acute Med Surg. 2020;7(1):e587.
2. Mbengue A, Ndiaye A, Soko TO, Sahnoun M, Fall A, Diouf CT, et al. Closed loop obstruction: pictorial essay. Diagn Interv Imaging. 2015;96(2):213-20.
3. Gottlieb M, Peksa GD, Pandurangadu AV, Nakitende D, Takhar S, Seethala RR. Utilization of ultrasound for the evaluation of small bowel obstruction: A systematic review and meta-analysis. Am J Emerg Med. 2018;36(2):234-42.
4. Hollerweger A, Maconi G, Ripolles T, Nylund K, Higginson A, Serra C, et al. Gastrointestinal Ultrasound (GIUS) in Intestinal Emergencies – An EFSUMB Position Paper. Ultraschall Med. 2020;41(6):646-57.
5. Sinz S, Schmied B, Ukegjini K. Diagnostik und Behandlung des akuten Abdomens. Swiss Med Forum. 2021;21(4748):803-9.
6. Rosano N, Gallo L, Mercogliano G, Quassone P, Picascia O, Catalano M, et al. Ultrasound of Small Bowel Obstruction: A Pictorial Review. Diagnostics (Basel). 2021;11(4).
7. Ten Broek RPG, Krielen P, Di Saverio S, Coccolini F, Biffl WL, Ansaloni L, et al. Bologna guidelines for diagnosis and management of adhesive small bowel obstruction (ASBO): 2017 update of the evidence-based guidelines from the world society of emergency surgery ASBO working group. World J Emerg Surg. 2018;13:24.
8. Blich O, Nesher G, Tankel J, Boaz E, Dagan A, Reissman P, et al. Small Bowel Obstruction in Patients without Prior Abdominal Surgery: To Operate or Not? World J Surg. 2022;46(12):2919-26.
9. Hew N, Ng ZQ, Wijesuriya R. Non-operative management of small bowel obstruction in virgin abdomen: a systematic review. Surg Today. 2021;51(10):1558-67.
10. Yang TWW, Prabhakaran S, Bell S, Chin M, Carne P, Warrier SK, et al. Non-operative management for small bowel obstruction in a virgin abdomen: a systematic review. ANZ J Surg. 2021;91(5):802-9.

Grosse retroperitoneale Raumforderung beim jungen Patienten

Anamnese und Befunde

Ein 24-jähriger Patient stellte sich im Dezember letzten Jahres in der Notfallpraxis unseres Kantonsspitals vor. Er klagte zum Zeitpunkt über eine seit drei Wochen bestehende, palpable Masse im linken oberen Hemiabdomen. Auf Nachfrage verneinte er weitere Beschwerden. Der Patient fühlte sich zum Zeitpunkt der Konsultation unverändert fit und leistungsfähig. Die persönliche Krankengeschichte des Patienten war bis zu diesem Zeitpunkt blande. In der klinischen Untersuchung zeigte sich eine derbe, nicht verschiebliche Masse von rund 10 x 10 cm Ausdehnung. Auf Druck zeigte sich die Masse indolent. Die darüberliegende Haut zeigte keine Auffälligkeiten. Differenzialdiagnostisch gingen wir bei fehlenden Infektzeichen nicht von einer infektiologischen Ursache, insbesondere einem Abszess, aus. Aufgrund der Indolenz und des raschen Wachstums musste an eine maligne Erkrankung gedacht werden. Wir gingen am ehesten von einer Metastase aus. Zur Diskussion standen insbesondere lymphatische Malignome oder Hodenkarzinome. In der durchgeführten Bedside-Sonographie zeigte sich ein 9 x 10 cm grosser, inhomogener Tumor retroperitoneal (Abb. 1).

Weitere Abklärungsschritte und Verlauf

Zur weiteren Abklärung erfolgte ergänzend eine Sonographie des restlichen Abdomens ohne weitere Pathologien sowie eine Sonographie des Hodens mit Nachweis eines möglichen Primärtumors im linken Hoden (Abb. 2).
Wir führten eine erweiterte Diagnostik mit Bestimmung der Tumormarker durch. Hierbei zeigte sich ein deutlich erhöhtes Beta-HCG von 124 IU (Normal < 2.0 IU) sowie AFP von 11 150 mcg/l (Normal < 7 mcg/l). Bei erhöhtem AFP gingen wir am ehesten von einem Keimzelltumor mit nicht seminomatösem Anteil aus.

Diagnose

In der ergänzend durchgeführten Computertomographie des Thorax und Abdomens wurde der sonographisch und laboranalytische Verdacht im Sinne eines Hodentumors mit grosser retroperitonealer Lymphknotenmetastase bestätigt und der Patient den Kollegen der Urologie und Onkologie zugewiesen.

Therapie

Im Verlauf erfolgte initial die Kryokonservation der Spermien und die inguinale Orchiektomie. In der histologischen Aufarbeitung ergab sich entgegen der serologischen Marker ein Befund passend zu einem klassischen Seminom. Trotz dieser Diskrepanz muss bei erhöhtem AFP die Diagnose eines Nichtseminoms gestellt werden, da reine Seminome kein AFP produzieren und Nichtseminome die schlechtere Prognose besitzen. Dies hat wiede­rum Einfluss auf die Therapie. Bei initialem Stadium IIIC, IGCCCG pT1cN3M0S3 mit retroperitonealen Lymphknotenmetastasen und Poor-Risk-Group wurde am Tumor-
board die Durchführung einer Chemotherapie mit 4 Zyklen Cisplatin, Etoposid und Bleomycin empfohlen. Der Patient tolerierte die Chemotherapie bis auf leichte Nausea, Inappetenz und Müdigkeit sowie intermittierenden Tinnitus gut. Die Tumormarker sanken stufenweise, jedoch nicht vollständig. Erst nach der Entfernung der verbleibenden retroperitonealen Masse mittels roboterassistierter retroperitonealer Lymphadenektomie zeigte sich eine Komplettremission mit normalisierten Tumormarkern. Histologisch zeigte sich ein Befund, der zu einem Teratom passt und die laboranalytische Konstellation eines Nichtseminoms erklärt. Nun erfolgte die Nachsorge mit klinischer und laboranalytischer Kontrolle alle 3 Monate sowie zusätzlicher Magnetresonanztomographie des Abdomens und Computertomographie des Thorax alle 6 Monate und Ultraschall des kontralateralen Hodens nach 12 Monaten für das erste Jahr gemäss dem Nachsorgeschema der schweizerischen interdisziplinären Arbeitsgruppe für Hodentumore (1).
Diskussion

Der Keimzelltumor ist bei Männern zwischen 20 und 44 Jahren die häufigste maligne Tumorerkrankung. Der Anteil an allen malignen Erkrankungen in dieser Altersspanne beträgt etwa 25 %. In den letzten Jahren konnte in allen industrialisierten Ländern eine Zunahme der Diagnose von Keimzelltumoren beobachtet werden (2). Die Inzidenz in der Schweiz betrug 2016 etwa 12/100 000, womit die Schweiz zu den Ländern mit der höchsten Inzidenz gehört (3). Zwischenzeitlich zeigte sich 2021 eine Zunahme der Inzidenz in anderen europäischen Ländern. Im Durchschnitt erkrankten zwischen 2013 und 2017 pro Jahr rund 470 Männer an Hodenkrebs (4). Bekannte Risikofaktoren sind etwa der Maldeszensus testis, Unfruchtbarkeit oder eine positive Familienanamnese (5, 6). Gemäss den deutschen Leitlinien wird ein routinemässiges Screening nicht empfohlen, ausser bei entsprechenden Risikofaktoren oder auffälligen Veränderungen bei der Selbstuntersuchung (7). Bei entsprechendem klinischen Verdacht empfehlen die deutschen S3-Leitlinien die bilaterale Hodensonographie mit einer planaren Sonde mit mindestens 7.5 MHZ (S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Keimzelltumoren des Hodens, Februar 2020). Ergänzend sollte ein CT Thorax-Abdomen-Becken zum Staging durchgeführt werden. Die S3-Leitlinien empfehlen zusätzlich die Abnahme der Tumormarker Beta-HCG, AFP und LDH sowohl präoperativ wie auch postoperativ zur Therapiekontrolle und Bestimmung des für die Stadieneinteilung wichtigen postoperativen Nadirs (7). Bei rund der Hälfte der Patienten sind Tumormarker erhöht (8). Die Tumormarker dienen dabei nicht nur der Stadieneinteilung, sondern auch der Unterscheidung zwischen Chorionkarzinomen, reinen Seminomen und Nichtseminomen. So spricht etwa das Vorliegen erhöhter AFP-Werte wie in unserem Fall gegen das Vorliegen eines reinen Seminoms (9). LDH hingegen ist unspezifisch, korreliert jedoch mit der Prognose. LDH ist in 80 % aller Patienten mit fortgeschrittenen, metastasierten Keimzelltumoren erhöht (7).
Die Überlebensrate ist im Vergleich zu anderen Krebserkrankungen sehr gut. Die 10-Jahres-Überlebensrate beträgt bis 95 % (2). Bei metastasierten Tumoren in der Poor-Pro­gnosis-Group liegt die 5-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit bei 48–64 % (10, 11). Zusammenfassend ist es wichtig, bei entsprechendem klinischen Verdacht eine umfassende Untersuchung und Organisation der Behandlung einzuleiten. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den Kollegen der Onkologie und Urologie ist dabei von zentraler Bedeutung. Der Fall repräsentiert deutlich auch den Stellenwert der Sonographie für die Notfall- wie auch Hausarztmedizin.

Key Messages

• Keimzelltumoren stellen bei Männern zwischen 20 und 44 Jahren die häufigste maligne Erkrankung dar.
• In der Schweiz gehören die Sonographie der Hoden sowie die Bestimmung der Tumormarker Beta-HCG, AFP und LDH zum diagnostischen Standard.
• Eine rasche Einberufung eines interdisziplinären Tumorboards sowie die zügige Einleitung der entsprechenden Behandlung sind essenziell.
• Durch eine Kombination aus Orchiektomie, adjuvanter Chemotherapie mit Cisplatin, Etoposid und Bleomycin sowie gegebenenfalls Metastasenentfernung und retroperitonealer Lymphadenektomie konnte selbst in der Poor-Prognosis-Gruppe eine signifikant verbesserte Überlebenswahrscheinlichkeit erreicht werden.

Abkürzungen
Beta-HCG Beta-Humanes Choriongonadotropin
AFP Alpha-Fetoprotein
IGCCCG International Germ Cell Cancer Collaborative Group
MHZ Megahertz
FDG-PET/CT Fluorodeoxyglucose-Positronenemissionstomographie/Computertomographie
LDH Laktatdehydrogenase

Kilian Meier 1, Daniela Weiler 2
1 Interdisziplinäres Notfallzentrum, Kantonsspital Luzern
2 Klinik für Onkologie, Kantonsspital Luzern

Historie
Manuskript eingegangen: 18.09.24
Angenommen nach Revision: 19.03.25

Pract. med.Kilian Meier

Interdisziplinäres Notfallzentrum
Luzerner Kantonsspital
Spitalstrasse 34
6004 Luzern

Die Autorenschaft hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

Key Messages
• Keimzelltumoren stellen bei Männern zwischen 20 und 44 Jahren die häufigste maligne Erkrankung dar.
• In der Schweiz gehören die Sonographie der Hoden sowie die Bestimmung der Tumormarker Beta-HCG, AFP und LDH zum diagnostischen Standard.
• Eine rasche Einberufung eines interdisziplinären Tumorboards sowie die zügige Einleitung der entsprechenden Behandlung sind essenziell.
• Durch eine Kombination aus Orchiektomie, adjuvanter Chemotherapie mit Cisplatin, Etoposid und Bleomycin sowie gegebenenfalls Metastasenentfernung und retroperitonealer Lymphadenektomie konnte selbst in der Poor-Prognosis-Gruppe eine signifikant verbesserte Überlebenswahrscheinlichkeit erreicht werden.

Literatur
1. Cathomas R. (2011). Interdisciplinary Evidence-Based Recommendations for the Follow-Up of Testicular Germ Cell Cancer Patients. Onkologie. 34 (1-2): 59-64
2. Bertz J., A. P. (2017). Epidemiologie bösartiger Hodentumore in Deutschland. Der Onkologe. 230-96
3. Schweizerischer Krebsbericht (2015)
4. Schweizerischer Krebsbericht (2021)
5. Dieckmann K.P., H. J. (2008). Tallness is associated with risk of testicular cancer: evidence for the nutrition hypothesis. BR J Cancer, 99(9): 1517-21
6. Behre H.M., K.S. (1995). Clinical relevance of scrotal and transrectal ultrasonography in andological patients. Int J Androl, 18 Suppl 227-31
7. S3 Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Keimzelltumoren des Hodens (02/2020)
8. Germà-Lluch J.R., X.G. (2002) Clinical pattern and therapeutic results achieved in 1490 patients with germ-cell tumours of the testis: the experience of the Spanish Germ-Cell Cancer Group. Eur. Urol. 42(6): 553-62, discussion 562-3
9. Yacoub J.H., A.O. (2016): ACR Appropriateness Criteria Staging of Testicular Maglignancy. J AM Coll Radiol. 13(10):1203-1209
10. Kier M.G., J.L. (2017): Prognostic Factors and Treatment Results After Bleomycin, Etoposide, and Cisplatin in Germ Cell Cancer: A Population-based Study. Eur Urol. 71(2):290-298
11. International Germ Cell Consensus Classification 2017

Trousse d’ urgence pour les visites à domicile chez l’ adulte – Propositions

Résumé: La visite à domicile occupe une place importante dans la pratique médicale en Suisse et contribue à limiter le recours aux centres d’ urgences. Afin d’ assurer une prestation de qualité, le contenu de la trousse d’ urgence doit être adapté à la pratique à domicile : suffisant pour faire face à diverses s ituations cliniques sans être excessif pour rester transportable. Nous proposons ici un contenu de la trousse d’ urgence actualisé, ciblé sur les moyens nécessaires au diagnostic et au traitement. Nous distinguons les éléments de base des moyens complémentaires qui permettent d’ étendre la prise en charge, en particulier dans des régions ne disposant pas de moyens sanitaires de proximité.
Mots-clés: Visite à domicile – Trousse d’ urgence – Médecine de premier recours – Urgences

1. Introduction

La visite médicale à domicile (VAD) est couramment pratiquée et contribue à limiter le recours aux services d’  urgences (1, 2). Une étude dans le canton de Vaud a montré que les VAD représentent environ 2.5% des consultations médicales, s’ adressent principalement aux personnes de plus de 65 ans et constituent pour 20% des consultations urgentes (3). Environ 70% des VAD sont réalisées en raison d’ une mobilité réduite des patients (4). Les problématiques musculo-squelettiques, circulatoires, respiratoires, neurologiques et psychiatriques sont les plus rencontrées (5).
En raison du vieillissement de la population et des stratégies favorisant le maintien des personnes âgées à domicile, les VAD devraient garder une place importante dans l’ activité des médecins de premier recours, voire se développer, comme en témoigne l’ apparition récente en Suisse romande d’ entreprises spécialisées dans les visites médicales à domicile («Docadom» à Lausanne, «Médecins à domicile» ou «Médecins Genève» à Genève, «SOSmed» sur la Côte, «Médecins du Léman» sur la Riviera et le Chablais, etc.).
Afin d’ assurer une prestation de qualité, le contenu de la trousse d’ urgence utilisée lors des VAD doit être suffisant pour faire face à des situations cliniques diverses. Certains éléments peuvent être mutualisés avec l’ équipement du cabinet, en particulier pour le matériel onéreux. Il n’ existe pas de recommandation validée dans la littérature du contenu de la trousse d’ urgence, cependant quelques publications (6,7,8) ont émis des propositions.
Cet article est une proposition actualisée du contenu de la trousse d’ urgence médicale, basée sur la littérature lorsqu’ elle existe, avec un contenu de base qui peut être complété par des dispositifs et traitements supplémentaires, en fonction du type et du lieu de la pratique (gardes domiciliaires, région plus excentrée, etc.) et de l’ expérience des médecins.

2. Outils diagnostics

2.1.1 Outils de bases

La trousse d’ urgence devrait comprendre des outils diagnostics de bases, listés dans le tableau 1.

2.1.2 Appareil à électrocardiogramme (ECG)

Un appareil à ECG est utile pour diagnostiquer une pathologie cardiaque. Il existe de nombreux modèles portables convenant pour un double usage au cabinet et pour les VAD. En cas de suspicion de syndrome coronarien aigu (SCA), un ECG devrait être fait dans les 10 minutes après le premier contact médical, idéalement déjà en préhospitalier, pour détecter un infarctus de type STEMI et activer une filière de prise en charge rapide. En cas d’ infarctus de type non STEMI ou d’ angor instable, l’ ECG peut être normal et ne permet pas d’ exclure un SCA (9).

2.1.3 Appareil à ultrasons

Le développement de l’ échographie clinique au lit du malade pour les médecins de premier recours, ou point-of-care ultrasound (POCUS), l’ apparition d’ appareils ultraportables à prix abordables, et la possibilité de facturer l’ examen une fois la formation certifiée, rend cet outil intéressant dans le contexte des VAD. Soulignons qu’ une formation complète est indispensable afin de réaliser et interpréter correctement les images*. L‘utilité du POCUS est démontrée avec une forte évidence pour la recherche d’ une thrombose veineuse profonde, l’ évaluation d’ une dyspnée aiguë, la distinction d’ une dermo-hypodermite ou d’ un abcès, et avec une évidence modérée pour rechercher des signes de colique néphrétique (hydronéphrose, calcul) ou de cholécystite (10). Il est également utile pour mettre en évidence une rétention urinaire aiguë. Le POCUS a ainsi le potentiel d’ étendre les possibilités diagnostiques, de réduire l’ incertitude et d’ administrer un traitement plus ciblé.

2.2 Tests biologiques

Les analyses de type «point-of-care» (POC) se développent et sont en partie réalisables au domicile des patients. Les plus fréquemment utilisées sont la mesure de la glycémie, le stix urinaire ou encore les tests antigéniques à SARS-Cov2, les strepto-Tests et éventuellement l’ INR. L’ utilisation de tests POC plus avancés devient possible grâce à l’ apparition de dispositifs portables fournissant des résultats en quelques minutes et peut s’ avérer utile pour des situations urgentes ou des VAD en dehors des heures ouvrables (11). À titre d’ exemple, plusieurs examens sont intéressants, comme la mesure de la CRP pour limiter le recours aux antibiotiques lors d’ infection des voies aériennes dans le contexte ambulatoire (12), la mesure des D-dimères pour exclure une thrombose veineuse profonde ou une embolie pulmonaire (13) et la mesure de la créatinine pour guider le dosage d’ un traitement. Cependant les études décrivant ces tests ont été faites majoritairement dans un contexte de consultation au cabinet ou à l’ hôpital et ne sont pas formellement validées pour les VAD. La mesure de troponine ultra-sensible de type POC («POC hs-Troponin») pourrait également s’ avérer utile à domicile, mais le cadre de son utilisation doit également être précisé et validé par des études portant sur ce type de population.

3. Therapeutiques

3.1 Pharmacologiques (Tableau 2)

Les traitements recommandés ci-après concernent les situations les plus à même d’ être rencontrées lors de consultations urgentes à domicile. Nous avons sélectionné des médicaments pouvant être conservés à température ambiante (les fabricants spécifient généralement une température comprise entre 15 et 25°C). La trousse devra être conservée en général dans un lieu sec et à l’ abri de la lumière. Pour garantir la qualité des médicaments, il faudra éviter de la laisser pour une durée prolongée dans une voiture, où la température peut atteindre des valeurs extrêmes. La liste distingue les éléments de base de ceux nécessitant une expérience et des connaissances spécifiques ou utiles selon le contexte de la pratique. L’ inclusion de médicaments chers est à faire selon le contexte de la pratique et de la probabilité de leur usage.

3.1.1 Antalgie

Les douleurs légères peuvent être traitées par du para­cétamol ou un AINS. En cas de douleurs modérées, le paracétamol et un AINS peuvent être combinés, et un opioïde faible ajouté (tramadol ou codéine). Les douleurs sévères nécessitent un opioïde. La voie d’ administration se fera selon la configuration et le degré de douleur, et le choix de la molécule selon les compétences du médecin et les caractéristiques du patient (14). Une administration paren­térale d’ opioïde nécessite une surveillance, en raison du risque de dépression respiratoire ou d’ autres effets secon­dai­res. Elle s’ avérera utile en cas de soins palliatifs ou dans l’ attente d’ un transfert hospitalier. Son utilisation nécessite de disposer d’ un antidote (naloxone).

3.1.2 Cardiovasculaire

En cas de suspicion de SCA, il est recommandé d’ administrer 150 à 300mg d’ aspirine PO sous forme non gastro-résistante (ou 75 à 250 mg IV), avec un probable bénéfice sur la mor­talité d’ une administration précoce en préhospitalier (9,15). En cas d’ allergie, une dose de charge de clopidogrel (300-600 mg PO) peut être administrée (16). Une double anti-agré­gation n’ est pas recommandée avant la coronaro­graphie (9). Un traitement par nitré est utile en cas de douleurs thoraci­ques d’ origine ischémique.
En cas de crise hypertensive (sans atteinte d’ organe), la ten­sion peut être abaissée – en évitant une chute brusque – en ajustant le traitement habituel et par l’ ajout d’ une molé­cule. Nous proposons la nifédipine retard (17). L’ insuffisance car­dia­que symptomatique nécessite un traitement par diu­ré­tique, IV ou PO, et des dérivés nitrés en cas d’ œdème aigu des poumons (18). En cas de tachyarythmie (fibrillation auri­cu­laire, extra­systoles symptomatiques), nous proposons un béta-bloqueur, sous réserve d’ une insuffisance cardiaque asso­ciée.
En cas de survenue d’ un arrêt cardio-respiratoire (ACR), la priorité reste le Basic Life Support (BLS) comprenant la ré­animation cardio-pulmonaire (massage cardiaque et venti­la­tion) et la défibrillation. La poursuite de la réanimation im­pliquera l’ administration d’ adrénaline et en cas de rythme choquable résistant à la défibrillation, de l’ amiodarone. Dans la plupart des situations, ce traitement pourra probablement attendre l’ arrivée de l’ ambulance et/ou du SMUR.
En cas de probabilité pré-test intermédiaire ou élevée d’ une embolie pulmonaire, une anticoagulation thérapeutique dev­rait être débutée en attendant les résultats de tests diagnos­tiques (19). En cas de délai supérieur à 4 heures pour obtenir les D-dimères ou obtenir un ultrason des membres inférieurs pour rechercher une thrombose veineuse profonde, une anti­­coagulation thérapeutique devrait être débutée (20). Nous proposons le fondaparinux 7.5mg en inj. sc qui s’ admi­nistre 1x/j et convient pour les poids de 50 à 100 kg.

3.1.3 Respiratoire

En cas d’ exacerbation d’ asthme légère à modérée, il est re­commandé d’ administrer 4-10 push (400-1000 mcg) de salbutamol en aérosol doseur, si possible avec une chambre d’ inhalation, aux 20 minutes sur la première heure , à adapter selon la réponse par la suite, d’augmenter la dose du traitement de fond et d’administrer de la prednisone 20 à 40mg PO. En cas de péjoration ou d’ exacer­bation sévère, de l’ ipratropium bromide devrait être ajouté en attendant une hospitalisation urgente (21). L’exacerbation légère à modérée de BPCO doit être traitée par bêta-agoniste à courte durée d’action ± associée à de l’ipratropium bromide, en maintenant le traitement de fond, d’une corticothérapie de 5 jours par prednisone 40mg en cas de sévérité, et d’une antibiothérapie en cas de suspicion d’infection associée (22).
En cas de désaturation en oxygène, une oxygénothérapie est souvent nécessaire et impliquera une réflexion sur un éven­tuel transfert en milieu hospitalier, mais les avantages et inconvénients du transfert doivent être bien mesurés, en particulier pour les patients en EMS. En raison du coût élevé d’ un appareil d’ oxygénothérapie (plusieurs milliers de francs pour un concentrateur portable), nous ne proposons pas cet équipement dans la trousse. Il pourra toutefois être envisagé selon le type de pratique et la probabilité d’ occur­rence d’ ur­gences vitales.

3.1.4 Anaphylaxie

En cas d’ anaphylaxie avec atteinte cardiovasculaire ou respiratoire, il est primordial d’ administrer précocement de l’ adrénaline IM (sur la face antéro-latérale de la cuisse) à une dose de 0.5mg à répéter au besoin après 5 minutes. En cas d’ angioœdème ou d’ atteinte cutanée uniquement, un traitement anti-histaminique s’ avère généralement suffi­sant (23). Les glucocorticoïdes sont souvent utilisés dans le but de réduire le risque de réaction biphasique, mais il n’ ex­iste pas d’ évidence de leur efficacité et leur admini­stration systématique n’ est plus recommandée (24).

3.1.5 Métabolique

En cas d’ hypoglycémie chez une personne diabétique, le traitement repose sur l’ administration de glucose 15-20g PO suivie d’ une collation ou un repas. Si l’ administration PO n’ est pas possible, le traitement implique l’ admini­stra­tion de glucose 20-25g IV ou de glucagon 1mg SC ou IM (25). En cas d’ hypo­gly­cémie et de suspicion de déficit en thia­mine ou de syndrome de Gayet-Wernicke avéré, la correc­tion immédiate de l’ hypo­gly­cémie est prioritaire et la substitution en thiamine peut être faite dans un second temps, dans les plus brefs délais (26).

3.1.6 Digestif

En cas de symptomatologie digestive, nous proposons comme antiémétique la dompéridone (ne pas administrer en cas d’ hypo­kaliémie probable ou de QT long en raison du risque de prolongation du QT), comme anti-diarrhéique le lopéramide, comme antispasmodique la butylscopalamine, et comme inhibiteur de la pompe à proton le lansoprazole. Il convient de disposer également de l’ équipement pour pou­voir effectuer un lavement.

3.1.7 Neuropsychiatrique

Nous proposons comme traitement antiépileptique, admini­strable de manière IV ou IM, le midazolam, dont une formu­lation intra-nasale proposée par certaines pharmacies peut également être utile. Le diazépam est une alternative, mais le délai d’ atteinte du pic de concentration des formes IM et IN est plus long (27). Le lorazepam en solution injectable doit se con­server au frigo et n’ est donc pas adapté à une trousse d’ urgence. La dystonie aiguë secondaire à un traitement avec propriétés anti-dopaminergique (typiquement un neurolep­tique) néces­site l’ administration d’ un anticholinergique, tel que le bipéri­dène (Akineton®) en PO ou IV (28).
En cas d’ agitation aiguë, si les mesures non pharmacologiques ont échoué, un traitement par benzodiazépine (p.e. lorazépam 2.5mg en PO, midazolam en IM ou IV) ou antipsychotique peut être nécessaire. L’ olanzapine présente moins de risque d’ allongement du QT et de troubles extrapyramidaux que les neuroleptiques de 1ère génération. Cependant l’ halopéridol, un antipsychotique de 1ère génération, a l’ avantage d’ un coût bien moindre (29). Les benzodiazépines seront utiles égale­ment en cas d’ anxiété.

3.1.8 Infectiologie

Nous proposons des antibiotiques pour un traitement empi­rique des infections courantes susceptibles d’ être prises en charge de manière ambulatoire selon les recommandations de la Société Suisse d’ Infectiologie (30). Le traitement devra être adapté selon les résultats microbiologiques lorsqu’ ils ont été réalisés.
Nous proposons la nitrofurantoïne pour l’ infection urinaire simple. Pour l’ infection urinaire sans fièvre chez l’ homme (ne pouvant attendre les résultats d’ une culture), ou la pyélon­éphrite chez la femme, nous proposons, après prélèvement microbiologique d’ urine, la ciprofloxacine (à noter que la Food and Drug Administration a émis un «Boxed Warning» en raison du risque de tendinopathie). Pour la prostatite, la ceftriaxone est actuellement recommandée en IV, l’ alternative orale étant la ciprofloxacine, après culture également. Nous proposons la co-amoxicilline pour une pneumonie traitée ambulatoirement chez un patient avec des comorbidités, et en cas d’ allergie aux pénicillines, une quinolone telle que la lévofloxacine. La SSI n’ a pas publié de recommandation sur la dermo-hypodermite, mais la co-amoxicilline couvrira les germes fréquemment responsables. La ceftriaxone peut com­pléter la trousse pour être administrée en IM ou IV en cas de suspicion de méningite avec une méningococcémie ou en présence d’ un état de choc (31).

3.1.9 Toxicologie

Vu le recours fréquent aux opiacées, nous recommandons d’ avoir à disposition son antidote, la naloxone. L’ antidote aux benzodiazépines, le flumazénil, peut être utile en cas de mono-intoxication, mais il existe un risque de crise d’ épi­lepsie s’ il est utilisé notamment lors d’ une poly-intoxi­cation, d’ une dépen­dance aux benzodiazépines ou d’ une épilepsie sous-jacente. Concernant les autres in­toxi­cations, la prise en charge con­sistera essentiellement en un traite­ment de soutien en attente d’ un transfert en milieu hos­pitalier.

3.1.10 Divers

Des poches de cristalloïdes (sodium chlorure 0.9% 500ml ou Ringer-Lactate 500ml) seront utiles comme solution de remplissage, des fioles de NaCl 0.9% pour le rinçage des voies veineuses, une solution désinfectante cutanée pour la désin­fection des plaies et petits gestes, une solution an­esthé­sique locale en cas de suture et du gel anesthésiant pour la pose de sonde vésicale. L’ acide tranexamique peut être utile en appli­cation locale pour une hémostase.

3.2 Matériel

3.2.1 Base

Du matériel de base sera nécessaire dans toutes les trousses et est listé dans le tableau 3. Le matériel plus avancé dépendra du contexte de la pratique et de l’ expérience du médecin. Un embout atomiseur pour application de médicament par voie intra-nasale (Mucosal Atomization Device) peut-être utile pour l’ administration d’ un sédatif ou anti-épileptique (p.e. midazolam).

3.2.2 Cardio-respiratoire

Une canule nasopharyngée (Wendel) ou une canule oro­­pharyngée (Guedel) (illustration 1) permettent de maintenir les voies aériennes perméables en cas de trouble de l’ état de conscience. Un masque de poche et un insufflateur sont utiles en cas de réanimation. En cas de recours à des bron­chodilatateurs dans un contexte de dyspnée aiguë, il est recommandé d’ utiliser une chambre d’ inhalation.


Bien que l’ ACR d’ un patient soit un évènement rare au cabinet des médecins (32), les médecins de premier recours sont potentiellement exposés à une population à risque. La pratique d’ une réanimation cardio-pulmonaire par les médecins de premiers recours améliore les chances de survie des patients (33) et la défibrillation effectuée par les témoins d’ un ACR avec un rythme choquable hors hôpital améliore la survie avec un bon status neurologique par rapport à la défibrillation effectuée par les services de secours, et ce dès un délai de 4 minutes entre l’ appel des secours et leur arrivée (34). S’ équiper d’ un défibrillateur peut être pertinent pour un cabinet plus à risque d’ urgence vitale (région reculée, pro­cédure à risque, cabinet de groupe), et être approprié lors des gardes domiciliaires, surtout pour des gardes réali­sées sans triage téléphonique en amont, en zone difficile d’ accès pour des moyens d’ urgence pré-hospitalier, ou en zone de faible densité de défibrillateur externe automatique disponibles. Des consultations en milieu carcéral ou dans des postes de police exposent à un risque également un peu plus important.

3.2.3 Traumatologie

Il peut être utile de réaliser une petite suture au domicile du patient, afin d’ éviter le recours à un service d’ urgence. La colle tissulaire peut remplacer une suture en cas de petite plaie, linéaire, propre et sans tension (35). En cas d’ hémorragie externe, des compresses hémostatiques (de type Tabotamp ou Quik Clot) peuvent être utiles. Si des situations de poly­traumatisme peuvent être rencontrées (médicalisation de rencontres sportives par exemple), une attelle provisoire, une ceinture pelvienne ou encore un tourniquet seront utiles. Un collier cervical peut être utile mais la pertinence de son utilisation dans ce contexte reste débattue (36).

3.2.4 Divers

Nous proposons d’ avoir à disposition de quoi poser une voie veineuse périphérique, administrer une perfusion et mettre en place une sonde vésicale en cas de rétention urinaire. Selon le contexte local, en cas de décès avec présence d’ un pacemaker, il peut être nécessaire de disposer de l’ équipe­ment pour l’ extraire et réaliser une suture.

4. Administratif

Le tableau 4 liste une proposition de matériel et contenu administratif. En cas de décès, les formulaires d’ attestation de décès sont indispensables.

5. Conclusions

Le contenu de la trousse d’ urgence devrait contenir du matériel diagnostique et thérapeutique de base, à compléter par du matériel plus complet, en fonction du contexte dans lequel se fait la pratique et de l’ expérience du médecin. Un équipement plus exhaustif permettra de répondre à davantage de situations et d’ éviter potentiellement des transferts dans des structures médicales, en particulier pour des patients âgés à domicile ou en EMS.
L’ utilisation de l’ utrasonographie portable peut permettre d’ étendre les possibilités diagnostiques et de mieux cibler le traitement. Le développement de tests Point-of-Care réalisables en quelques minutes sur des appareils portatifs est intéressant et mérite d’ être réévalué régulièrement. L’ intégration d’ un défibrillateur dans l’ équipement permet de réaliser une réanimation en cas d’ arrêt cardio-circulatoire et augmente les chances de survie avec un bon état neurologique en cas de rythme défibrillable. Ce type de dispositif peut être pertinent selon le type de pratique ou l’ éloignement des services de secours préhospitaliers.

* https://sgum-ssum.ch/faehigkeitsausweise/#FA_POCUS

Remerciements :
Nous remercions la Dre Simona Agostini-Ferrier et Mme Véronique Kälin de la pharmacie d’ Unisanté pour leur relecture et leur aide à la réalisation de la liste des médicaments.

Abréviations :
ACR arrêt cardio-respiratoire
ECG électrocardiogramme
IM intra-musculaire
INR International normalized ratio
IV intra-veineux
PO per os
POC Point Of Care
POCUS Point Of Care Ultrasound
RCP réanimation cardio-pulmonaire
SC sous-cutané
SCA syndrome coronarien aigu
VAD visite à domicile

Historie :
Manuscrit soumis: 25.01.2024
Accepté après revision: 11.03.2024

 

Olivier Thorens

GHOL – Hôpital de Nyon
Notfalldienst
Chemin Monastier 10
1260 Nyon

othorens@protonmail.com

Dr. med. Philippe Staeger

Unisanté – Département des policliniques
Rue du Bugnon 44
1011 Lausanne

Prof. Dr. med. Pierre-Nicolas Carron

CHUV – Notaufnahme
Abteilung für interdisziplinäre Zentren
Rue du Bugnon 44
1005 Lausanne

Les auteurs n’ ont pas declaré de conflits d’ interêt en relation avec cet article.

  • Les visites à domiciles peuvent permettre dans certains cas d’ éviter le recours aux services d’ urgences.
  • Le contenu de la trousse d’ urgence doit être suffisamment complet pour faire face à des situations diverses. Il est à adapter selon le type de pratique et l’ expérience de la/du médecin.
  • L’ utrasonographie est réalisable au domicile et peut permettre d’ améliorer les possibilité diagnostiques.
  • La défibrillation en cas d’ ACR permet d’ améliorer les chances de survie avec un bon status neurologique et l’ intégration d’ un défibrillateur peut être appropriée en cas de pratique dans des régions isolées ou en l’ absence de régulation des interventions par une centrale en amont.

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Kardiomyopathien

Zusammenfassung: Die 2023 veröffentlichten Behandlungsrichtlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) für das Management der Kardiomyopathien behandeln erstmals alle Kardiomyopathien in einem Dokument. Im Fokus stehen ein Phänotyp-orientierter diagnostischer Zugang, multimodale Bildgebung und genetische Tests, um eine möglichst genaue Diagnose zu stellen. Darüber hinaus werden neue Empfehlungen zur Risikostratifizierung des plötzlichen Herztods bei verschiedenen Kardiomyopathie-Phänotypen gegeben. Hierbei hat die MRI- und Genetik-Diagnostik erheblich an Bedeutung gewonnen. Empfehlungen für das umfassende klinische und genetische Kaskadenscreening bei Verwandten von Personen mit Kardiomyopathien wurden überarbeitet. Im vorliegenden Artikel werden die wichtigsten Neuerungen nach einem praxisorientierten Ansatz vorgestellt.

 

Cardiomyopathies: a practical approach to the assessment and management of patients and their families
Abstract: The new 2023 European Society of Cardiology (ESC) Guidelines for the management of cardiomyopathies addresses all cardiomyopathies in a single document for the first time. The focus is on a phenotype-oriented diagnostic approach, multimodal imaging and genetic testing to establish the most accurate diagnosis possible. Additionally, new recommendations for risk stratification for sudden cardiac death in various cardiomyopathy phenotypes are provided. MRI and genetic testing have significantly gained importance in this context. Recommendations for comprehensive clinical and genetic cascade screening in relatives of individuals with cardiomyopathies have been revised. This article presents the most important innovations of these guidelines in a practice-oriented approach.

Einleitung

Kardiomyopathien (KMP) stellen eine vielseitige Gruppe von Herzmuskelerkrankungen dar, die oft mit Herzinsuffizienzsymptomen verbunden sind und mit einem erhöhten Risiko für Rhythmusstörungen inklusive plötzlichem Herztod (SCD) einhergehen. Die meisten dieser Erkrankungen kommen familiär gehäuft vor, was nicht nur für die betroffenen Patienten, sondern auch für deren Familien Implikationen hat. Die häufigsten und bekanntesten primären KMP umfassen die hypertrophe Kardiomyopathie (HCM), die dilatative Kardiomyopathie (DCM) und die rechtsventrikuläre arrhythmogene Kardiomyopathie (ARVC) (1). Durch die Fortschritte in der kardialen Bildgebung, der Genetik und vermehrter Sensibilisierung der Ärzte werden diese Erkrankungen immer häufiger erkannt, und die betroffenen Patienten und Familien bedürfen einer entsprechenden interdisziplinären Betreuung.

Wie in der Medizin im Allgemeinen ist der Bereich der KMP von der Erstbeschreibung der jeweiligen Formen beeinflusst durch Forschungsergebnisse und technische Erneuerungen historisch gewachsen. Am besten lässt sich das anhand der HCM aufweisen, welche schon früh intensiv erforscht wurde. Die HCM wurde in der medizinischen Fachwelt erstmals 1958 wahrgenommen, als ein Londoner Pathologe – Dr. Donald Teare – die Erkrankung in einer Familie mit vielen plötzlichen Todesfällen im jungen Alter als «Asymmetrical Hypertrophy of the Heart» beschrieben hatte (2). Kurz darauf – nur 3 Jahre später – hat Prof. Morrow erstmals eine chirurgische Myektomie zur Behandlung der Obstruktion des linksventrikulären Ausflusstrakts (LVOT) durchgeführt (3). Weitere Meilensteine in der Behandlung und Diagnostik der hypertrophen Kardiomyopathie stellen die Entwicklung der Echokardiographie (1972), das Herz-MRI (2000), des intrakardialen Cardioverter-Defibrillators (ICD) (1980), Septalalkoholablation (1984) und der Genetik in den 1990-ern dar. Diese Meilensteine beeinflussen das Krankheitsverständnis, die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten nachhaltig und sind in einem stetigen Wandel begriffen.

Wichtig ist zu erwähnen, dass KMP als Herzmuskelerkrankungen von koronaren, hypertensiven, valvulären und kongenitalen Herzerkrankungen differenziert werden. Da in der Allgemeinbevölkerung sowohl die arterielle Hypertonie als auch die koronare Herzkrankheit sehr weit verbreitet sind, können diese mit den primären KMP aber auch koexistieren. Im Sommer 2023 hat die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) neue Empfehlungen zur Abklärung und zum Management von KMP veröffentlicht, was in dieser Ausgabe zum Anlass genommen wurde, eine pragmatische Herangehensweise für die Betroffenen zu erarbeiten (4).

Einteilung der KMP gemäss ESC-Behandlungsrichtlinien 2023

Die Kernaussage der 2023 KMP-Leitlinien besteht vor allem darin, dass bei den behandelnden Ärzten ein sogenanntes cardiomyopathy mindset entwickelt wird und die Ärzte sich nicht nur auf den morphologischen Phänotyp konzentrieren, sondern am Anfang der Patient mit seiner klinischen Präsentation steht (5). Im Rahmen der initialen Abklärung sollen dann auch die differentialdiagnostischen Überlegungen im Zentrum stehen, denn die korrekte Diagnose hat mittlerweile immer mehr Implikationen für die Prognose und therapeutischen Optionen der Patienten und deren Familien. Die ESC 2023 KMP-Leitlinie integriert die bestehenden vier Phänotypen und erweitert sie um einen neuen, fünften Phänotyp namens «nichtdilatierte linksventrikuläre Kardiomyopathie» (NDLVC). Diese Kategorie umfasst Patienten mit isolierter linksventrikulärer Dysfunktion ohne Narbenbildung sowie Patienten mit nicht ischämischer Narbenbildung, unabhängig von einer systolischen Dysfunktion. Dadurch wird ermöglicht, Phänotypen zu berücksichtigen, die trotz Vorliegen einer Myokarderkrankung nicht den Definitionen der anderen Klassen entsprechen (Abbildung 1). Eine wichtige Änderung bei der Einteilung der KMP ist die Beibehaltung des Phänotyps «ARVC», um die ursprüngliche Definition zu beschreiben, bei der die Dilatation des Ventrikels und/oder Wandbewegungsstörungen hauptsächlich auf den rechten Ventrikel beschränkt sind, mit oder ohne Beteiligung des linken Ventrikels (6). Die Verwendung des Sammelbegriffs «arrhythmogene KMP (ACM)» wird nicht anerkannt, und bei einer überwiegenden linksventrikulären Erkrankung sollen die Empfehlungen für NDLVC angewendet werden.
Eine weitere Änderung ist die Abschaffung des Begriffes «non-compaction KMP» als eigenständige KMP. Angesichts des Mangels an morphometrischen Beweisen für ventrikuläre Verdichtung beim Menschen wird der Begriff «Hypertrabekulierung» anstelle von LVNC empfohlen, insbesondere wenn das Phänomen reversibel ist oder klar im Erwachsenenalter auftritt (7, 8). Hinzu kommt, dass sowohl die phänotypische als auch genetische Überlappung mit der DCM und HCM substanziell ist (9). In diesem Zusammenhang bleibt zu erwähnen, dass auch innerhalb derselben Familie mit sehr ähnlichem genetischen Hintergrund verschiedene KMP-Phänotypen auftreten können (10). Dies wird aktuell weiter untersucht, und man vermutet epigenetische wie auch Umweltfaktoren, die jeweils für die Ausbildung der jeweiligen Phänotypen verantwortlich sind. Ebenfalls kann der Krankheitsverlauf bei einem einzelnen Patienten eine Entwicklung von einem KMP-Phänotyp zu einem anderen einschliessen. Die Arbeitsgruppe schlägt einen Ansatz für die Krankheitsnomenklatur und Diagnose vor, der auf dem vorherrschenden kardialen Phänotyp bei der Präsentation basiert. Dennoch ist der Genotyp wichtig für die diagnostische Abklärung, Therapieentscheidungen und Nachsorge. Obwohl die genetischen KMP der Schwerpunkt der neuen Leitlinien sind, wird weiterhin ein systematischer Ansatz ausgehend vom morpho-funktionellem Phänotyp bis zu Erreichen einer präzisen Diagnostik vorgeschlagen. Dabei werden auch nicht genetische KMP, wie zum Beispiel entzündlich, toxisch und multisystemisch, berücksichtigt. Abbildung 2 bietet einen Überblick über mögliche Differentialdiagnosen einschliesslich Phänokopien gemäss morpho-funktionellem Phänotyp. Wichtig ist zu vermerken, dass die endgültige Diagnose idealerweise die Ätiologie neben dem Phänotyp beschreiben sollte. In der Betreuung dieser Patienten und Familien wird es weiterhin so sein, dass für einen substanziellen Anteil der Betroffenen keine eindeutige Diagnose vorliegen wird, die man weiterhin pragmatisch nach dem Ansatz des vorliegenden Phänotyps behandeln wird.

Diagnostik

Patientenpfad für eine Phänotyp-orientierte diagnostische Überlegung

Gleichzeitig wurde ein konzeptueller Rahmen für Diagnose und Behandlung bereitgestellt. Das Konzept des Patientenwegs mit einem umfassenden Ansatz in der Patientenversorgung beginnt mit der ersten klinischen Vorstellung und durchläuft verschiedene klinische Untersuchungen inklusive kardiale Bildgebung, um den offensichtlichsten Phänotyp der KMP zu identifizieren und darauf basierend differentialdia­gnostische Überlegungen und weiterführende Abklärungen in die Wege zu leiten (Abbildung 3).

Folgendes Fallbeispiel eines 49-jährigen, männlichen Patienten mit progredienter Dyspnoe ist eine Illustration des diagnostischen Leitfadens. In der medizinischen Vorgeschichte sind eine unklare Niereninsuffizienz und ein bilaterales Karpaltunnelsyndrom bekannt. Die Familienanamnese ist bezüglich kardiovaskulärer Erkrankungen unauffällig. In der körperlichen Untersuchung fallen vor allem ein verbreiteter Herzspitzenstoss und ein vierter Herzton auf. Die pathologischen Werte in der Laboruntersuchung sind: Kreatinin 130umol/l, Troponin 46ng/l, NTproBNP 1700ng/l. Im 12-Kanal-EKG werden ein normokarder Sinusrhythmus, normale Zeitindices, ein Linkslagetyp, ST-Senkungen inferior und diskrete periphere Niedervoltage beobachtet. Die Echokardiographie zeigte einen konzentrisch verdickten linken Ventrikel mit erhaltener systolischer Funktion und schwerer diastolischer Dysfunktion mit restriktivem Füllungsmuster. Im Herz-MRI wurde eine diffuse, teils transmurale Fibrose beider Ventrikel und Vorhöfe dargestellt (Abbildung 4). Nach dieser Standortbestimmung gehen wir von einem Mischphänotyp der HCM und RCM aus. Die Bildgebung ist in diesem Fall sehr suggestiv für eine kardiale Amyloidose. Für die weitere Differentialdiagnose der Amyloidose wurden weitere Laboruntersuchungen (Immunfixation Serum und Urin) und eine weitere Bildgebung (99mTc-DPD- Szintigraphie) veranlasst. Infolge fehlender Hinweise für eine Plasmazelldyskrasie und Nachweis einer ausgeprägten Radionukleidanreicherung im linksventrikulären Myokard konnte die Diagnose einer Transthyretin Amyloidose gestellt werden. Aufgrund des sehr frühen Krankheitsauftretens erfolgte auch eine bioptische Sicherung der Diagnose mittels Endomyokardbiopsie. Nach einer genetischen Testung konnte eine genetische Form der Transthyretin Amyloidose ausgeschlossen werden, was wiederum für die Familie wichtig ist. Die genaue Stellung der Diagnose ermöglichte den Beginn einer Transthyretin-stabilisierenden Therapie.
Wie in diesem Beispiel demonstriert, führt die initiale Standortbestimmung zur Identifizierung des KMP-Phänotyps und markiert den Ausgangspunkt eines diagnostischen Prozesses, dessen Hauptziel darin besteht, die zugrunde liegende Ursache zu ermitteln. Die Erlangung einer ätiologischen Diagnose wird zunehmend relevant dank der Entwicklung neuer massgeschneiderter Behandlungen.
Die Bausteine der Differentialdiagnose umfassen nebst den klinischen Befunden eine multimodale Bildgebung, spezifische Laboruntersuchungen und Genetik.

Multimodale Bildgebung

Die multimodale Bildgebung bildet das Rückgrat für Diagnose und Verlaufskontrolle bei Patienten mit KMP. Die Echokardiographie ist die Methode der ersten Wahl für die Erfassung der kardialen Dimensionen, der Klappenfunktion und der systolischen/diastolischen Funktion. In den 2023 ESC KMP- Leitlinien wird die Rolle des kardialen MRI für die Gewebecharakterisierung unterstrichen und für alle KMP mit Klasse I, Evidenzgrad B, empfohlen. Im Falle der DCM ermöglicht das MRI eine Unterscheidung von der inflammatorischen DCM (11). Bei der HCM kann das MRI das Ausmass der myokardialen Fibrose zeigen mit direkter Beeinflussung der SCD-Risikostratifizierung und auch die Differenzierung von Amyloidose oder Morbus Fabry ermöglichen (12). Das MRI ermöglicht eine zuverlässige Evaluation der rechtsven­trikulären Funktion bei Vorliegen einer arrhythmogenen rechtsventrikulären KMP (ARVC). Darüber hinaus ist das MRI in der Lage, die charakteristische fettige Ersatzfibrose direkt nachzuweisen. In seltenen Fällen von restriktiven KMP kann es beispielsweise mittels T1-T2- und T2*-Mapping die Sphingolipid-Akkumulation im Myokard bei Morbus Fabry oder eine Eisenüberladung bei Hämochromatose identifizieren (13). Andere bildgebende Verfahren, einschließlich nuklearmedizinischer Techniken und CT, sind bei ausgewählten Patienten mit KMP angezeigt. Beispielsweise kann ein 18F-FDG-PET nützlich zur Identifizierung einer aktiven Sarkoidose sein (14). Die DPD-Knochenszintigraphie kann zur Ätiologiebestimmung der Amyloidose helfen (15). Es ist insgesamt wichtig, dass Ärzte stets das Verhältnis von behandlungsrelevanten Resultaten zu den Vorteilen und Einschränkungen jeder Bildgebungstechnik abwägen.

Labordiagnostik

Eine umfassende Laboruntersuchung gehört zur Standortbestimmung bei Patienten mit KMP. Ein Differentialblutbild, Parameter zur Nieren- und Leberfunktion, Elektrolyte, Schilddrüsenfunktion sowie HbA1c sind für alle Patienten mit Symptomen einer Herzinsuffizienz empfohlen. Das NTproBNP und das high-sensitivity Troponin können für Diagnostik, Prognose und Therapiemonitoring nützlich sein. In Abhängigkeit der Verdachtsdiagnose kommen gezielte Laboruntersuchungen zum Einsatz, z. B. CRP bei Myokarditis, Ferritin- und Transferrinsättigung bei Hämochromatose, Creatinin-Kinase und Myoglobin bei Myopathien oder neuromuskulären Erkrankungen. Bei Hinweisen für seltenere metabolische oder syndromale Erkrankungen sollte eine Zuweisung in die spezialisierte Klinik für weitere gezielte Diagnostik erfolgen.

Genetik / Familienscreening

Generell gilt es, bei KMP zu betonen, dass häufig eine familiäre Komponente vorliegt und der zen­trale Ausgangspunkt eine detaillierte Familienanamnese über mindestens 3 Generationen darstellt. Des Weiteren wird den erstgradigen Familienangehörigen ein klinisches Familienscreening mit EKG und Echokardiographie empfohlen. Sollten Rhythmusstörungen eine vordringliche Rolle spielen, ist in der Regel auch ein Langzeit-EKG empfohlen. Bei KMP, die v. a. mit strukturellen Veränderungen im Herz-MRI einhergehen (z. B. Laminopathie, Phospholamban oder Desmoplakin KMP), kann auch ein MRI im Rahmen des Familienscreenings erwogen werden (16, 17). Wichtig ist, dass das klinische Screening in regelmässigen Abständen wiederholt werden sollte, da sich die Krankheiten in praktisch jedem Lebensalter klinisch manifestieren können.
Ein genetisches Testen sollte prinzipiell bei allen Patienten mit KMP erwogen werden und pragmatisch in Abhängigkeit der therapeutischen Konsequenz und Familienanamnese auch durchgeführt werden. In der Tabelle 1 sind exemplarische Szenarien für die Indikationsstellung eines genetischen Tests bei Indexpatient/-innen und Angehörigen dargestellt. Dabei sollten auch ökonomische Überlegungen eine Rolle spielen. Beispielsweise hat eine genetische Untersuchung bei einem betagten Patienten mit einer apikalen Form der HCM ohne erstgradige Verwandten keine Konsequenz auf das therapeutische Management oder Kaskadenscreening.
Die identifizierten Mutationen werden entsprechend ihrer Pathogenizität in 5 Kategorien eingeteilt: gutartig (Klasse 1), wahrscheinlich gutartig (Klasse 2), Variante unklarer Signifikanz (Klasse 3) wahrscheinlich pathogen (Klasse 4), pathogen (Klasse 5) (18). Da die Stärke des Phänotyps die Wahrscheinlichkeit der Pathogenizität beeinflusst, sollte der klinische Phänotyp in die Interpretation der Varianten inte­griert werden. Entschei­dungen, ob eine Variante unklarer Signifikanz mit der Krankheit assoziiert werden kann, sollten von Fall zu Fall und in enger Zusammenarbeit mit Experten in Kardiogenetik und KMP im Rahmen einer interdisziplinären Teamdiskussion getroffen werden.
Nicht alle Personen, die eine Mutation tragen, manifestieren die Krankheit auch tatsächlich klinisch (unvollständige Penetranz), und bei denen, die dies tun, gibt es eine breite Variabilität bezüglich Alter des Auftretens und Schweregrad der Erkrankung (19). Bei Kindern sollte unbedingt auf eine Mitsprachemöglichkeit geachtet werden. Genetische Testung im Rahmen eines Kaskadenscreenings ist bei Kindern besonders empfohlen, wenn die KMP bei der betroffenen Indexperson im Kindesalter aufgetreten ist. Wenn die Kinder kompetitiven Sport betreiben oder einen Beruf anstreben, welcher bei Ausbildung einer KMP nicht längerfristig ausgeübt werden kann, sollte ebenfalls im Kindesalter eine genetische Testung erwogen werden.
Zu betonen ist, dass sich die Klassifizierung der Mutation in den untersuchten Genen im Laufe der Zeit ändern kann. Daher ist es entscheidend für den Kliniker, die Richtigkeit der Pathogenizitätszuweisung für jede identifizierte Variante erneut zu überprüfen, anstatt sich ausschliesslich auf die Laborinterpretation zu verlassen. Wichtig ist hier die Zusammenarbeit mit genetischen Fachärzten, die über das entsprechende Wissen im Bereich der Kardiogenetik verfügen. Die Rolle der Kardiogenetik-Fachperson ist nicht nur für eine umfassende Prä- und Post-Testberatung, sondern auch für die Interpretation der Resultate zentral. In Anbetracht der sich stets wandelnden Datenlage erfolgt eine Überprüfung der vorliegenden genetischen Resultate oder eine Wiederholung der genetischen Testung am besten in Absprache mit einer KMP- Klinik, die über die entsprechende Expertise verfügt (20).

Empfehlung zu Management der Patienten mit KMP

Nach Erreichen der spezifischen Diagnose ist es entscheidend, bestimmte therapeutische Massnahmen zu ergreifen, entweder um klinisch relevante Arrhythmien rechtzeitig zu erkennen, den SCD zu vermeiden oder im besten Fall sogar den Krankheitsverlauf modifizieren zu können. Die Zusammenarbeit mit KMP Kliniken kann eine umfassende und multidisziplinäre Behandlung der Patienten und ihren Angehörigen anbieten.

Rhythmusstörungen

Regelmässige EKG-Untersuchungen (12-Ableitungs-EKG und Langzeit-EKGs) sind bei der initialen klinischen Evaluation und in regelmässigen Abständen nützlich, um das SCD- Risiko abschätzen zu können und sowie ein frühzeitiges Erkennen von Vorhofflimmern zu ermöglichen mit dem Ziel, Schlaganfälle zu verhindern. Das 12-Ableitungs-Ruhe-EKG ist häufig die erste Untersuchung, die auf eine KMP hinweisen kann. Obwohl das EKG oft unspezifisch ist, gibt es bestimmte Merkmale wie atrioventrikuläre Blockbilder (z. B. bei Sarkoidose/Laminopathie/Amyloidose), ventrikuläre Präexzitation (z. B. bei Morbus Fabry/PRKAG2-KMP sowie andere Glykogenspeicherkrankheiten), Repolarisationsstörungen (z. B. bei ARVC/HCM) sowie hohe oder niedrige QRS-Amplituden (z. B. bei HCM/Phospholamban-MP/Glykogenspeicherkrankheiten/Amyloidose), die auf eine bestimmte Ätiologie hinweisen können.
Vorhofflimmern ist die häufigste Arrhythmie in allen Untergruppen der KMP. Insbesondere bei HCM und RCM ist das Vorhofflimmern mit erhöhtem Schlaganfallrisiko assoziiert. Folglich wird bei diesen Phänotypen bei Vorliegen eines Vorhofflimmerns unabhängig vom CHA2DS2-Vasc-Score eine therapeutische Antikoagulation empfohlen (21). Es werden nun seit Längerem die neuen Antikoagulanzien als Erstlinientherapie empfohlen.
Die 2023 ESC KMP-Richtlinien haben die Empfehlungen bezüglich der Risikostratifizierung des SCD in den verschiedenen Phänotypen aktualisiert. Die Hauptinnovation liegt im Stellenwert der Genetik und des Ausmasses der myokardialen Fibrose quantifiziert im Herz-MRI bei der Risikoeinschätzung des SCD.
Der seit 2014 in den ESC HCM-Behandlungsrichtlinien implementierte HCM-Risk-SCD-Kalkulator spielt auch aktuell immer noch eine zentrale Rolle in der Risikoeinschätzung (22). Neu gelten aber auch die Anwesenheit von LGE (>15%) und eine linksventrikuläre Auswurffraktion von <50% als modifizierende Faktoren bei Patienten mit HCM und niedrig-mässigem Risiko für plötzlichen Herztod (Abbildung 5). Patienten mit NDLVC haben in der Regel eine normale oder leicht reduzierte LVEF. Demzufolge ist bei diesen Patienten der Genotyp der ausschlaggebende Faktor zur Bestimmung des SCD-Risikos (Abbildung 6). Im Bereich der NDLVC und DCM sind Mutationen in folgenden Genen bereits bei einer LVEF >= 35% mit einem erhöhten SCD-Risiko verbunden: Desmoplakin (DSP), transmembrane protein 43(TMEM43), Filamin C (FLNC), Lamin A (LMNA), Phospholamban (PLN) und RNA binding protein motif 20 (RBM20).

Medikamentöse Therapie

Die medikamentösen Therapien können in 3 Gruppen eingeteilt werden:
A. Stehen ursächliche Therapien zur Verfügung?
B. Behandlung der Obstruktion des linksventrikulären Ausflusstrakts bei HCM
C. Therapie der Herzinsuffizienz

Ad A.: Krankheitsmodifizierende therapeutische Massnahmen sind verfügbar für bestimmte KMP, z. B. die Enzymersatztherapie oder die Chaperone-Therapie für den Morbus Fabry und die Protein-Transthyretin-Stabilisatoren l für Transthyretin-assoziierte Amyloidose (23, 24).

Ad B.: Eine Neuigkeit der 2023 ESC KMP-Leitlinien ist die Empfehlung für Mavacamten als Zweitlinientherapie (IIa) bei Patienten mit HCM und symptomatischer LVOT-Obstruktion bei insuffizienter oder nicht tolerierter medikamentöser Therapie mit Betablockern, Calciumantagonisten und/oder Disopyramid. Dabei handelt es sich um einen oral verfügbaren allosterischen Inhibitor der kardialen Myosin-Adenosintriphosphatase (ATPase), der durch die Reduktion der Bildung von Aktin-Myosin-Querbrücken die exzessive myokardiale Kontraktilität verringert und die diastolische ventrikuläre Füllung verbessert. Erste randomisierte Studien haben die Wirksamkeit dieser Therapie gezeigt (25, 26). Aufgrund der negativen Inotropie ist eine engmaschige und regelmässige Kontrolle der LVEF vonnöten, bis entsprechende Langzeitdaten vorliegen. Es bleibt zudem abzuwarten, ob Myosin-Inhibitoren auch krankheitsmodifizierend bei der nicht obstruktiven HCM wirken.

Ad C.: Die Behandlung der Herzinsuffizienz ist primär abhängig von der linksventrikulären systolischen Funktion und den Symptomen/NYHA-Klasse (27). Daher sind diese Empfehlungen für Patienten mit Herzinsuffizienz mit reduzierter linksventrikulärer Auswurffraktion (HFrEF) und spielen bei allen KMP eine wichtige Rolle. Hier ist zentral, dass bei der HCM bereits eine LVEF <50% als Phase der systolischen Herzinsuffizienz gilt, da diese Patienten infolge der Hyperkontraktilität mit abnorm hohen LVEFs >70% starten und daher bereits eine LVEF <50% als substanziell erniedrigt gilt (28). Empfehlungen für das Management von Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion (HFpEF) sind hauptsächlich auf die nicht obstruktive HCM und die RCM anwendbar. Besonders die SGLT2-Hemmer haben sich nicht nur als wichtige Säule der Therapie bei HFrEF, sondern auch als erste Medikamentenklasse mit Verbesserung des kardiovaskulären Outcomes bei HFpEF etabliert (29, 30).

Warum und wann in eine KMP Klinik zuweisen?

KMP haben viele Facetten, angefangen bei der Diagnostik bis hin zu Risikostratifizierung und den verschieden therapeutischen Aspekten, was die Beteiligung verschiedener Disziplinen (Imaging, klinische Kardiologie, Genetik, Rhythmologie, Herzchirurgie etc.) mit sich bringt. Diese Anforderungen werden idealerweise in den darauf spezialisierten Zentren mit multidisziplinären Teams erfüllt. Interventionelle Verfahren (z. B. Septalalkoholablationen, chirurgische Myektomien, etc.) erfordern eine Expertise, die nur Zentren mit hohen Fallzahlen erreichen können.
Wir denken daher, dass bei komplexen Patienten mit z. B. KMP unklarer Ätiologie, hohem oder unklarem Risiko für klinische Komplikationen oder Bedarf für Therapieausbau eine Zuweisung in eine KMP-Klinik sinnvoll ist. Zudem kann auch eine einmalige Standortbestimmung in einer KMP-Klinik helfen, die aktuellen Therapieoptionen unter permanenter wissenschaftlicher Aktualisierung zu überprüfen.
Das Ziel der Zuweisung in eine KMP-Klinik ist eine umfassende Betreuung der Patienten/-innen und deren Angehörigen im Sinne einer guten Zusammenarbeit und einer «shared care» mit den Zuweisern.

Dr. med.Roxana Hiestand

Klinik für Kardiologie
Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zürich

Die Autorinnen haben keine Interessen­konflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

Literatur
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Einführung: Herzinsuffizienz

Herzinsuffizienz ist eine der häufigsten Erkrankungen im Bereich der kardiovaskulären Medizin, deren Komplexität und Auswirkungen weitreichend sind (1–7). Die stetig wachsende Prävalenz dieser Krankheit sowie ihre tiefgreifenden Auswirkungen auf die Lebensqualität der Betroffenen und die Gesundheitssysteme weltweit erfordern eine fortlaufende Erforschung und innovative Ansätze in der Behandlung.

In unserer Artikelserie werden wir uns eingehend mit der Herzinsuffizienz beschäftigen: Dabei werden wir die zugrunde liegenden Mechanismen dieser Erkrankung analysieren, ihre Implikationen für die Entwicklung von Diagnose- und Therapiestrategien diskutieren und klinische Aspekte der Herzinsuffizienz erörtern. Wir werden uns mit den unterschiedlichen Subtypen, den diagnostischen Verfahren und den therapeutischen Optionen auseinandersetzen (einschliess­lich Medikamente, medizinischen Geräte/Devices und interventionellen Eingriffen). Dabei werden wir zudem auch die Herausforderungen und Nutzen von Präventionsstrategien und rehabilitativen Massnahmen beleuchten.

Um ein umfassendes Bild der aktuellen Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Herzinsuffizienz zu vermitteln, haben wir führende Experten und Expertinnen zu Wort kom­men lassen. Ihre Einblicke und Perspektiven werden dazu beitragen, die komplexen Zusammenhänge dieser Erkrankung besser zu verstehen und neue Wege für die klinische Praxis aufzuzeigen.

Prof. Dr. med. Christophe Alain Wyss

– HerzKlinik Hirslanden,
Witellikerstrasse 40
8032 Zürich
– Universität Zürich
Rämistrasse 71
8006 Zürich

christophe.wyss@hirslanden.ch

Der Autor hat Vortragshonorare von Medtronic, Novartis und Schwabe erhalten.

Literatur
1. Elena Arbelo, Alexandros Protonotarios, Juan R Gimeno, Eloisa Arbustini,
Roberto Barriales-Villa, Juan Pablo Kaski, et al., ESC Scientific Document Group, 2023 ESC Guidelines for the management of cardiomyopathies: Developed by the task force on the management of cardiomyopathies of the European Society of Cardiology (ESC), European Heart Journal, Volume 44, Issue 37, 1 October 2023, Pages 3503–3626, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehad194
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7. Alec Vahanian, Friedhelm Beyersdorf, Fabien Praz, Milan Milojevic, Stephan Baldus, Wojtek Wojakowski, et al., ESC/EACTS Scientific Document Group , ESC National Cardiac Societies, 2021 ESC/EACTS Guidelines for the management of valvular heart disease: Developed by the Task Force for the management of valvular heart disease of the European Society of Cardiology (ESC) and the European Association for Cardio-Thoracic Surgery (EACTS), European Heart Journal, Volume 43, Issue 7, 14 February 2022, Pages 561–632, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehab395

Akute Herzinsuffizienz

Zusammenfassung: Die akute Herzinsuffizienz (AHF) ist ein häufiger Grund für Notfallkonsultationen, führt zu langen Hospitalisationen und ist durch hohe Mortalität und Rehospitalisationsrate charakterisiert, wobei die ersten Monate nach dem Spitalaufenthalt das höchste Risiko aufweisen («vulnerable Phase»). Die klinische Präsentation wird meistens durch eine Flüssigkeitsakkumulation geprägt. Während den letzten drei Dekaden konnten wenige Fortschritte in der Behandlung erreicht werden, da die meisten Studien mit Diuretika oder Vasodilatatoren zwar eine Verbesserung der Symptome und der Hämodynamik zeigen konnten, jedoch keine po­sitive prognostische Wirkung hinsichtlich Mortalität und Rehospitalisationen. In diesem Kontext muss die Behandlung der AHF einen integrativen Ansatz haben, bestehend einerseits aus einer raschen Korrektur der systemischen Stauung, anderseits mit spezifischen Therapien für die Auslösefaktoren, die zugrunde liegende Herzpathologie und die Komorbiditäten. Erst kürzlich konnte gezeigt werden, dass eine rasche und intensive Etablierung der oralen Herzinsuffizienzmedikamente während und unmittelbar nach einem stationären Aufenthalt die Prognose bereits während der vulnerablen Phase verbessern kann. In diesem Artikel werden die Prinzipien der Optimierung und Personalisierung der diuretischen Therapie und der oralen Herzinsuffizienzmedikamente während des Spitalaufenthaltes und der frühen ambulanten Phase diskutiert.

 

Acute heart failure (AHF)
Abstract: Acute heart failure (AHF) is a frequent cause for emergency consultations, leads to long hospital stays and is characterized by high mortality and rehospitalization rates, with the first months after hospitalization having the highest risk («vulnerable phase»). The clinical presentation is usually characterized by fluid accumulation. Over the last three decades, few advances have been achieved in the treatment of AHF, as most studies with diuretics or vasodilators failed to show positive effects in terms of mortality and rehospitalization rates. In this context, the treatment of AHF must have an integrative approach, consisting of rapid correction of systemic congestion on the one hand, and specific therapies for the precipitating factors, the underlying cardiac pathology, and non-cardiac comorbidities on the other. Recently, it has been shown that a rapid and intensive up-titration of oral heart failure medical therapy during and immediately after hospitalization can improve the prognosis during the vulnerable phase after AHF. In this article, the principles of optimization and personalization of diuretic therapy and oral heart failure medication during hospitalization and the early outpatient phase after AHF are discussed.

Einleitung

Die Herzinsuffizienz wird als akut bezeichnet (AHF), wenn Symptome oder klinische Zeichen entweder neu oder verstärkt auftreten (1). Die klinische Präsentation wird meistens durch Flüssigkeitsakkumulation und/oder -umverteilung (systemische Stauung, «congestion») geprägt. Eine periphere Minderperfusion («hypoperfusion») wird nur in wenigen Fällen (kardiogener Shock) beobachtet (2, 3). Die AHF ist ein häufiger Grund für Notfallkonsultationen, führt häufig zu überdurchschnittlich langen Hospitalisationen und ist durch eine hohe Mortalität und Rehospitalisationsrate charakterisiert, wobei die ersten Monate nach dem Spitalaufenthalt das höchste Risiko aufweisen («vulnerable Phase»).
Während den letzten drei Dekaden wurden mehrere Medikamente, Interventionen und Devices in die Behandlung der chronischen Herzinsuffizienz eingeführt, die die langfristige Prognose verbessern konnten. Im Gegensatz dazu konnten nur wenige Fortschritte in der Behandlung der AHF erreicht werden, da die meisten Studien mit Inotropika, Vasodilatatoren und Diuretika zwar eine Verbesserung der Symptome und/oder der Hämodynamik zeigen konnten, jedoch keine positive prognostische Wirkung hinsichtlich Mortalität und Herzinsuffizienz-Hospitalisationen (HFH).
In diesem Kontext muss die Behandlung der AHF einen integrativen Ansatz haben, bestehend einerseits aus einer raschen Korrektur der systemischen Stauung, anderseits mit spezifischen Therapien für die Auslösefaktoren, die zugrunde liegende Herzpathologie und die Komorbiditäten («7-P-Abklärung», siehe (4)).
Erst kürzlich konnte gezeigt werden, dass eine rasche und intensive Etablierung der oralen Herzinsuffizienzmedikamente («guideline-directed medical therapy», GDMT) während und unmittelbar nach einem stationären Aufenthalt die Prognose während der vulnerablen Phase nach AHF verbessern kann. Dies wurde in den Guidelines entsprechend hervorgehoben (5, 6). In diesem Artikel werden die Prinzipien der Optimierung und Personalisierung der diuretischen Therapie und der GDMT während des Spitalaufenthaltes und der frühen ambulanten Phase nach AHF diskutiert.

Fallvignette

Ein 78-jähriger Patient mit chronischer Herzinsuffizienz mit reduzierter Auswurffraktion (HFrEF) wird notfallmässig mit zunehmender Belastungsdyspnoe und Orthopnoe hospitalisiert. Im Alltag war er bis vor einer Woche nur leicht eingeschränkt (NYHA II), seit einem subakuten ST-Hebungsinfarkt 4 Jahre zuvor ist die linksventrikuläre Auswurffraktion jedoch reduziert (LVEF 35-40%). Seine Medikation besteht aus Aspirin, Bisoprolol 2.5 mg, Ramipril 2.5 mg, Torasemid 10 mg und Rosuvastatin 10 mg. Der Blutdruck bei Eintritt ist 105/55 mmHg, der Puls 88/min. und die SpO2 89% nativ (94% mit 3l/min. Sauerstoff). Die körperliche Untersuchung ist bis auf pulmonale Rasselgeräusche und gestaute Halsvenen unauffällig. Wie würden Sie den Patienten initial behandeln? Passen Sie die medikamentöse Therapie an, und wenn ja, wie?

Initiale Behandlung und diuretische Therapie

Das Management von Patienten mit klinisch vermuteter AHF beinhaltet – nach der Triage von Patienten mit hämodynamischer oder respiratorischer Instabilität, welche eine intensivmedizinische Behandlung erfordern – ein diagnostisches Work-up und eine rasche Verabreichung der initialen medikamentösen Therapie, idealerweise innerhalb von 60 Minuten nach erstem Patientenkontakt (7). Die initiale Therapie besteht – je nach hämodynamischer Präsentation (Phänotyp) – meistens aus Schleifendiuretika (bei systemischer Stauung), ggf. ergänzt durch Vasodilatatoren (bei hypertensiver Entgleisung) oder Inotropika (nur bei peripherer Minderperfusion!) (5).
Schleifendiuretika werden meistens intravenös verabreicht, um eine allfällig reduzierte enterale Aufnahme bei gastrointestinaler Stauung zu umgehen. Die initiale Dosis hängt von der Erhaltungsdosis ab. Im Stadtspital Zürich Triemli haben wir dazu erfolgreich ein standardisiertes Management eingeführt (Abbildung 1): Diuretika-naive Patienten (oder Patienten, die mit einer oralen Torasemid-Erhaltungsdosis < 40 mg täglich eingestellt sind) erhalten einen intravenösen Furosemid-Bolus von 40 mg, bei einer Torasemid-Erhaltungsdosis von 40 mg täglich und mehr wird ein Furosemid-Bolus von 80 mg verabreicht.
Das weitere Vorgehen hängt von der Antwort auf die initiale Diuretikagabe ab. Die Wichtigkeit einer frühen Beurteilung der diuretischen Wirksamkeit wurde in den letzten Jahren zunehmend propagiert, um eine frühzeitige Therapieanpassung vornehmen zu können (8). Eine routinemässige Beurteilung der diuretischen Antwort wurde ebenfalls als Teil des standardisierten Managements am Stadtspital Zürich Triemli eingeführt. Diese quantitative Beurteilung findet 2 Stunden nach der initialen Diuretikagabe statt und basiert einerseits auf dem Urinvolumen und anderseits auf der natriuretischen Antwort gemessen als Natriumkonzentration im Spoturin. Ein Urinvolumen > 300 ml oder – bei geringerer Ausscheidung – ein Urinnatrium > 70 mmol/L nach 2 Stunden definieren eine gute diuretische Antwort und suggerieren die Fortsetzung der diuretischen Therapie in gleicher Dosierung, wiederholt zwei- bis dreimal täglich (9). Der Nachweis von kleineren Urinvolumina und tieferen Urinnatriumkonzen­trationen weisen auf eine diuretische Resistenz hin, die eine Eskalationsstrategie erfordert (9). Andere Ursachen einer insuffizienten diuretischen Antwort sollen ebenfalls gesucht und ausgeschlossen werden (z. B. Hypoperfusion, renale oder postrenale Ursache).
Verschiedene Eskalationsstrategien können angewendet werden, um die diuretische Antwort zu steigern. Diese beinhalten eine Verdoppelung der Schleifendiuretikadosis sowie die Kombination von Schleifendiuretika mit einer anderen Diuretikaklasse (sog. sequenzielle Nephronblockade) wie Thiazide oder Acetazolamid.
Die randomisierte DOSE-Studie zeigte, dass eine 2.5-fache Furosemid-Dosis eine grössere Negativbilanz und eine markantere Gewichtsabnahme erreichte, war jedoch punkto klinischer Wirksamkeit der Standarddosis nicht überlegen (10). Der Verabreichungsmodus (Bolus vs. Perfusor) zeigte bezüglich Wirksamkeit keinen Unterschied (10); die kontinuierliche Furosemid-Gabe wird trotzdem weiterhin angewendet, um toxische Nebenwirkungen zu vermeiden, wenn hohe Tagesdosen notwendig sind.
Die Placebo-kontrollierte randomisierte CLOROTIC-Studie zeigte, dass die Kombinationstherapie von Furosemid mit Hydrochlorothiazid in Vergleich zu Furosemid allein eine höhere Wirksamkeit zur Gewichtsabnahme aufweist. Sie ist jedoch mit einer höheren Prävalenz von Kreatininanstieg und Hypokaliämie verbunden und bezüglich klinischer Endpunkte nicht überlegen (11). Ähnliche Daten existieren aus kleineren Studien zu anderen Thiaziden oder Metolazon.
Der additive Effekt von Acetazolamid zum Schleifendiuretikum wurde in der randomisierten Placebo-kontrollierten ADVOR-Studie untersucht. Mehr Patienten in der Kombinationstherapie von Schleifendiuretikum plus Acetazolamid konnten erfolgreich rekompensiert werden als in der Gruppe Schleifendiuretikum allein. Die Therapie wurde gut vertragen, und es traten kaum Nebenwirkungen auf, es zeigte sich jedoch kein Unterschied in den klinischen Endpunkten (12).
All diese Eskalationsstrategien sind wirksam, weisen aber unterschiedliche Nebenwirkungsprofile auf. Es ist aktuell unbekannt, ob eine Strategie gegenüber den anderen überlegen ist. Die randomisierte Studie P-Value-AHF (NCT 36423214), welche aktuell an den Zentren in Zürich und Lugano durchgeführt wird, vergleicht diese Strategien hinsichtlich Diurese und Natriurese.
Nach erreichter Rekompensation wird die intravenöse Furosemid-Therapie durch orale Diuretika, meistens Torasemid, ersetzt. Eine kürzlich publizierte Studie hat die Praxis untersucht, die Spitalentlassung hinauszuzögern, um die diuretische Antwort und den Gewichtsverlauf unter oraler Therapie im stationären Setting zu beobachten. Eine Verzögerung der Spitalentlassung lieferte keine verwertbaren Informationen über das Ansprechen auf orale Diuretika oder die optimale Dosis im ambulanten Setting und war nicht mit einer niedrigeren Rehospitalisationsrate assoziiert (13).

Optimierung der oralen Herzinsuffizienztherapie (guideline-directed medical therapy», GDMT)

Die Wichtigkeit der oralen Herzinsuffizienztherapie zur Risikoreduktion während der vulnerablen Phasen nach AHF ist zunehmend deutlich geworden (14). Eine grosse Kohortenstudie zeigte eine Assoziation zwischen einer bei der Spitalentlassung verordneten Betablocker- oder Renin-Angiotensin-Inhibitionstherapie und einer 40-50%igen relativen Risikoreduktion bei der 90-Tage-Mortalität (15). Eine kombinierte Therapie war mit einer zusätzlichen 25-50%igen relativen Risikoreduktion im Vergleich zur alleinigen Therapie assoziiert (15). Die prospektive randomisierte STRONG-HF-Studie zeigte, dass eine intensivere Implementierung der oralen GDMT während und unmittelbar nach einem stationären Aufenthalt aufgrund AHF – kombiniert mit einem engmaschigem Follow-up – eine deutliche Reduktion des kombinierten Endpunktes Gesamtmortalität und HFH nach 180 Tagen bewirkte (16). Interessanterweise war der Benefit der GDMT sowohl bei reduzierter (HFrEF) als auch bei erhaltener Auswurffraktion (HFpEF) anzutreffen (17) und war unabhängig vom Alter, Geschlecht und nicht kardialen Komorbiditäten (18-20). Bei Patienten mit HFpEF bleibt jedoch unklar, ob eine Fortsetzung der GDMT jenseits der initialen 3-6 Monate nach AHF weiterhin vorteilhaft ist. Die meisten klinischen Studien bei stabiler HFpEF konnten bisher keine relevanten langfristigen Benefits der GDMT zeigen, mit Ausnahme der Sodium-Glucose-Kotransporter-Inhibitoren (SGLT2i). Die Fortsetzung der GDMT in HFpEF-Patienten muss somit individuell bestimmt werden. In den folgenden Abschnitten werden die wichtigsten Medikamentenklassen im Detail einzeln besprochen.

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ACE-Hemmer und Angiotensin-Rezeptorantagonisten (Sartane)

Klinische Evidenz

Der Einsatz von ACE-Hemmern gehört bereits seit vielen Jahren zur Basistherapie der chronischen HFrEF, nachdem in den ersten Studien vor über 30 Jahren eine Reduktion der Mortalität und der HFH bei symptomatischen Patienten mit reduzierter Auswurffraktion gezeigt werden konnte (CONSENSUS- und SOLVD-Studien). Ebenfalls konnte bereits damals bei diesen Patienten eine Symptomverbesserung unter Einnahme eines ACE-Hemmers im Vergleich zur damals üblichen Herzinsuffizienztherapie (Digoxin, Diuretika und Vasodilatatoren) gezeigt werden (21, 22). So wird eine Therapie mit ACE-Hemmer bei HFrEF-Patienten in den europäischen Guidelines klar empfohlen und sollte bei Erstdiagnose zeitnah etabliert werden. Essenziell ist die sukzessive Dosissteigerung bis zur maximal verträglichen Dosis, da dies ebenfalls mit einer Reduktion von Mortalität und HFH im Vergleich zu tiefen Dosen einhergeht (23). Lediglich bei Intoleranz unter ACE-Hemmern ist eine Umstellung auf ein Sartan sinnvoll, da bei Patienten mit HFrEF die Datenlage in früheren Studien bezüglich Mortalität teils widersprüchlich war.
Betrachtet man die Studienlage bei Patienten mit HFpEF muss erwähnt werden, dass leider bisher keine Mortalitätsreduktion unter Therapie mit einem ACE-Hemmer oder einem Sartan gezeigt werden konnte. Bei diesen Patienten wird eine Behandlung der kardiovaskulären Komorbiditäten empfohlen, und im Falle einer arteriellen Hypertonie ist der Einsatz eines ACE-Hemmers oder eines Sartans sowieso sinnvoll.

Praktische Aspekte

Der frühe Beginn mit einem ACE-Hemmer ist wichtig und sollte auch bei kardial dekompensierten Patienten gemäss hämodynamischer Verträglichkeit mit sukzessiver Steigerung baldmöglichst angestrebt werden. Bei Neubeginn mit einem ACE-Hemmer sollten Kalium und Kreatinin regelmässig kontrolliert werden. Ein leichter Kreatininanstieg nach Therapiebeginn kann toleriert werden (Richtwerte: Anstieg des Kreatinins bis 50 µmol/l, max. 30% der Baseline, bis zu einem Wert von max. 250 µmol/l). Bei Patienten mit AHF kommt es ebenfalls im Rahmen dessen oft zu einem Anstieg des Kreatinins, was sich unter rekompensierenden Massnahmen jedoch innert weniger Tage wieder stabilisieren sollte.
Bei chronisch progressiver fortgeschrittener Niereninsuffizienz stellt sich oft die Frage, ob die Therapie mit ACE-Hemmern weitergeführt werden kann. Die STOP-ACEi-Studie zeigte hier über einen Zeitraum von 3 Jahren keinen signifikanten Unterschied der eGFR-Abnahme bei Patienten mit einer eGFR < 30ml/min./m2, wenn ein ACE-Hemmer pausiert wurde, im Vergleich zur weitergeführten Therapie (24). In dieser Patientengruppe sollte die Entscheidung interdisziplinär getroffen werden. Absolut kontraindiziert sind ACE-Hemmer bei Patienten mit bekanntem hereditären Angioödem und in der Schwangerschaft/Stillzeit (teratogene Wirkung).

Sacubitril/Valsartan

Klinische Evidenz

Vor knapp 10 Jahren wurde die randomisierte PARADIGM-Studie veröffentlicht, die eine signifikante Reduktion der Mortalität und der HFH bei chronischen HFrEF-Patienten zeigten, die Sacubitril/Valsartan statt Enalapril erhielten (25). Die darauffolgende PIONEER-HF-Studie, welche die Anwendung von Sacubitril/Valsartan bei Patienten bei HFrEF und akuter kardialer Dekompensation untersuchte, konnte zeigen, dass ein frühzeitiger Beginn nach klinischer Rekompensation sicher ist (Voraussetzungen: systolischer Blutdruck > 100 mmHg seit mindestens 6 Stunden, keine Orthostase, keine Vasoaktiva, keine hoch dosierten intravenösen Diuretika) und mit einem Trend zu weniger HFH im Vergleich zu Enalapril assoziiert war (26). Sacubitril/Valsartan wird in den aktuellen Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie zur Behandlung der chronischen HFrEF (LVEF ≤40%) klar empfohlen (Empfehlungsgrad I) (5).
In der randomisierten PARAGON-HF-Studie wurden HFpEF-Patienten untersucht, welche Sacubitril/Valsartan oder Valsartan erhielten. Leider konnte unter Sacubitril/Valsartan keine signifikante Reduktion von Mortalität und HFH gezeigt werden (27). Entsprechend wird diese Therapie bei Patienten mit chronischer HFpEF nicht empfohlen (5, 6)

Praktische Aspekte

Im Alltag stellt sich häufig die Frage, welcher Patient von einem ACE-Hemmer auf Sacubitril/Valsartan umgestellt werden sollte. Die Guidelines empfehlen eine Umstellung bei Patienten mit HFrEF. Gemäss Spezialitätenliste ist Sacubitril/Valsartan in der Schweiz zugelassen bei symptomatischen HFrEF-Patienten (LVEF ≥40%), welche mit einem ACE-Hemmer respektive Sartan sowie einer anderweitigen Herzinsuffizienztherapie vorbehandelt sind. Bei einer Umstellung von einem ACE-Hemmer auf Sacubitril/Valsartan muss der ACE-Hemmer zwingend 36 Stunden vor Beginn mit Sacubitril/Valsartan pausiert werden. Diese Pause ist unter etablierter Sartantherapie nicht nötig. Die initial empfohlene Dosis nach Umstellung beträgt 50-100 mg zweimal täglich. Die wichtigsten potenziellen Nebenwirkungen entsprechen in etwa denjenigen des ACE-Hemmers mit symptomatischer Hypotonie, Hyperkaliämie, Niereninsuffizienz oder Angioödem, wobei v. a. die symptomatische Hypotonie unter Sacubitril/Valsartan etwas häufiger als bei ACE-Hemmern zu erwarten ist.

Betablocker

Klinische Evidenz

Betablocker werden bereits seit vielen Jahren zur medikamentösen Therapie bei symptomatischen Patienten mit chronischer HFrEF eingesetzt, nachdem sie in mehreren Studien eine Senkung der Mortalität und Morbidität gezeigt haben (COPERNICUS-, CIBIS-II-, MERIT-HF- und andere Studien) (28-31). Diese haben in Kombination mit den anderen oralen Herzinsuffizienztherapien einen additiven Effekt (32).
Wenige Studien haben untersucht, ob Betablocker im Falle einer AHF pausiert werden müssen. Die Daten zeigen eine tiefere Mortalität während oder kurz nach der Hospitalisation sowie eine tiefere HFH-Rate, wenn man die Betablockertherapie fortsetzt. Ein Teil der Langzeitergebnisse ist allerdings möglicherweise durch die langfristig bestehende Betablockertherapie bei Patienten erklärt, bei denen die Medikamente nicht pausiert wurden (33). Eine Reduktion der Betablockerdosierung bei AHF führt auch, ähnlich wie ein Absetzen, zu einer Verschlechterung der Prognose und wird deshalb nicht empfohlen (34).
Bei AHF-Patienten ohne Betablockertherapie sollte die neurohumorale Blockade frühzeitig begonnen werden und rasch aufdosiert werden. Die STRONG-HF-Studie hat klar gezeigt, dass eine intensive Implementierung der oralen Herzinsuffizienztherapie (inkl. Betablocker) während und unmittelbar nach einer Hospitalisation aufgrund AHF sicher ist, die Mortalität und HFH reduziert und zu einer Verbesserung der Lebensqualität führt (16). Der Effekt war unabhängig von der linksventrikulären Auswurffraktion und zeigt somit, dass auch bei diesen Patienten eine neurohumorale Aktivierung besteht und dass deren Blockade nach einer akuten Dekompensation vorteilhaft sein kann (17). Im Gegensatz dazu besteht bei chronischer Herzinsuffizienz keine klare Evidenz zugunsten einer Betablockertherapie, wenn die linksventrikuläre Auswurffraktion >40% ist; diese kann bei Patienten mit leicht reduzierter Pumpfunktion (HFmrEF, LVEF 41-49%) in Betracht gezogen werden (5). Patienten mit erhaltener Auswurffraktion haben allerdings häufig Komorbiditäten, weshalb sie diese Medikamente aufgrund einer anderen Indikation erhalten (   Tachyarrhythmien, myokardiale Ischämie). Umgekehrt haben Patienten mit erhaltener Pumpfunktion (HFpEF, LVEF ≥50%) häufig eine reduzierte Leistungsfähigkeit aufgrund einer chronotropen Inkompetenz, die allenfalls unter Betablocker verschlechtert wird (35). Somit sollten bei Patienten mit chronischer HFpEF ohne eine zusätzliche Indikation keine Betablocker neu angefangen bzw. diese bei fehlender Indikation sistiert werden (36). Zur Behandlung der arteriellen Hypertonie bei HFpEF sollen ACE-Hemmer oder Aldosteron-Antagonisten bevorzugt werden.

Praktische Aspekte

Eine chronische, gut vertragene Betablockertherapie kann auch bei einer AHF unverändert fortgeführt werden, ohne dadurch die Rekompensation zu verzögern. Eine Ausnahme bilden Patienten im kardiogenen Shock, welche eine positiv inotrope Therapie benötigen. Bei akut dekompensierten Patienten, welche keine Betablockertherapie bereits haben, sollte der Beginn frühzeitig erfolgen, d. h., sobald die Patienten klinisch stabil und euvoläm sind, idealerweise noch vor Spitalaustritt. Der Beginn einer Betablockertherapie muss bei Patienten mit schwer eingeschränkter/unbekannter Auswurffraktion und relevanter kardialer Dekompensation aufgrund des negativ inotropen Effektes besonders vorsichtig erfolgen (5). Durch engmaschige Kontrollen in den ersten Wochen nach der Hospitalisation sollte die maximal verträgliche Dosis erreicht werden (Ziel-Herzfrequenz 55-60/min.) (6). Hohes Alter und erhaltene Auswurffraktion sind häufig mit geringerer Verträglichkeit assoziiert.

Aldosteron-Antagonisten

Klinische Evidenz

Aldosteron-Antagonisten (auch als Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonisten, MRA, bekannt) werden in den aktuellen Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie zur Behandlung der chronischen HFrEF (LVEF ≤40%) klar empfohlen (Empfehlungsgrad I) (5). Diese Empfehlung basiert auf mehreren klinischen Studien für Patienten mit chronischer HFrEF (RALES, EPHESUS, EMPHASIS-HF), die eine Reduktion bedeutender Endpunkte wie Gesamtmortalität, kardiovaskulärem Tod sowie Herzinsuffizienz- und Gesamthospitalisationen zeigten (37-39). Weniger eindeutig sind die Empfehlungen für Patienten mit chronischer HFmrEF (LVEF 41-49%) und mit HFpEF (LVEF ≥50%). Für den Einsatz von MRA bei HFmrEF wird ein Empfehlungsgrad IIb ausgesprochen, d. h., MRA können erwogen werden, um Todesfälle und Hospitalisationen aufgrund von Herzinsuffizienz zu vermeiden. Die schwache Empfehlung basiert auf der TOPCAT-Studie, welche MRA bei Patienten mit einer LVEF ≥45% untersuchte (40). Die Studie untersuchte den Nutzen von Spironolacton versus Placebo hinsichtlich des Auftretens eines kombinierten Endpunkts (kardiovaskulärer Tod, Herzinsuffizienz-Hospitalisationen, überlebter Herz-Kreislauf-Stillstand) und fiel neutral aus: Ein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen bezüglich des Auftretens des kombinierten primären Endpunkts konnte nicht gefunden werden, nur der Endpunkt HFH erreichte eine statistische Signifikanz. Post-hoc-Analysen kamen jedoch zu dem Ergebnis, dass der Nutzen von Spironolacton hinsichtlich Reduktion des kombinierten primären Endpunktes und Herzinsuffizienz-Hospitalisationen umso grösser ausfiel, je tiefer die LVEF war (41). Zudem wies die TOPCAT-Studie methodologische Mängel auf (42, 43). Für Patienten mit chronischer HFpEF gibt es in den Europäischen Guidelines folgerichtig keine Empfehlung zum Einsatz von MRA.
Die Patientenpopulation, bei der aufgrund einer chronischen Herzinsuffizienz ein MRA zum Einsatz kommen soll, ist also ziemlich klar definiert. Weniger Klarheit besteht hingegen im Fall einer AHF, insbesondere zum Zeitpunkt, ab welchem ein MRA begonnen oder hochtitriert werden sollte. Üblich ist ein Beginn bzw. eine Dosissteigerung erst nach Erreichen der klinischen Rekompensation. Die ATHENA-HF-Studie zeigte, dass auch ein früherer Beginn, also noch vor Erreichen einer Euvolämie, hinsichtlich Auftretens von Nierenfunktionsverschlechterung, Hyperkaliämie oder Hypotonie sicher ist (44). Zudem zeigte die STRONG-HF-Studie, dass eine intensivere Implementierung der oralen GDMT eine Reduktion der kardiovaskulären Ereignisse in den ersten 6 Monaten nach AHF unabhängig von der LVEF bewirkt (16, 17). Es kann also frühzeitig ein MRA in das Behandlungsregime von Patienten mit AHF integriert werden, unabhängig von der LVEF. Eine langfristige Fortsetzung nach der vulnerablen Phase muss für Patienten mit HFmrEF und HFpEF individuell festgelegt werden.

Praktische Aspekte

MRA sollen bei allen Patienten mit AHF so früh wie möglich zum Einsatz kommen. In der Regel wird zunächst das kostengünstigere Spironolacton angewendet, das aber zu Gynäkomastie und Mastodynie führen kann. Beim Auftreten dieser Nebenwirkung ist ein Wechsel auf Eplerenon sinnvoll, welches eine spezifischere mineralokortikoide Blockade bewirkt (39). Die initiale Dosierung beträgt ­
25 mg täglich. Bei guter Verträglichkeit kann die Dosis auf 50 mg hochtitriert werden, nur in Ausnahmefällen ist eine reduzierte initiale Dosis von 12.5 mg täglich (mit Hochti­tration im Verlauf) nötig. Da Spironolacton in einer Dosis von 25 mg nur leicht hypotonisierend wirkt, kann es auch bei Patienten, die eher niedrige Blutdruckwerte aufweisen, eingesetzt werden. Vorsichtig mit dem Einsatz von MRA ist man bei Patienten mit Nierenfunktionseinschränkung und Neigung zu Hyperkaliämie (45). Ab einer glomerulären Filtrationsrate (GFR) von <30ml/min./1.73m2 oder K >5.5mmol/l sollte die MRA-Dosis halbiert und Kreatinin und Kalium engmaschig kontrolliert werden, bei einer GFR <20ml/min./1.73m2 oder K >6mmol/l sollen MRA abgesetzt werden (5). Andere kaliumsparende Diuretika und nephrotoxische Medikamente (wie z. B. NSAR) sollten vermieden werden. Bei chronischer HFrEF ist die Indikation zur langfristigen Therapie klar gegeben, bei chronischer HFmrEF und HFpEF werden MRA nicht routinemässig fortgesetzt.

Natrium-Glukose-Kotransporter 2 Hemmer (SGLT2-Hemmer)

Klinische Evidenz

Im letzten Jahrzehnt – seit der Veröffentlichung der positiven Resultate der EMPA-REG-Outcome-Studie, welche Empagliflozin bei Hochrisiko-Diabetikern untersucht hat – wurde zunehmend klar, dass diese neue Medikamentenklasse die kardiovaskuläre Prognose verbessern kann, insbesondere durch Senkung der Herzinsuffizienzereignisse, und zwar sowohl bei Diabetikern wie auch bei Nichtdiabetikern (46, 47). Die Mechanismen, welche für die günstige Wirkung auf die Herzinsuffizienz verantwortlich sind, sind noch nicht abschliessend geklärt. SGLT2-Hemmer fördern die Glukose- und Natriumausscheidung über die Niere und haben dadurch eine blutzuckersenkende und diuretische Wirkung. Es gibt Hinweise auf eine Reduktion der Inflammation, Verbesserung des kardialen Energiemetabolismus und verschiedene Effekte in anderen Organsystemen (48, 49). Mittlerweile werden die SGLT2-Hemmer Dapagliflozin und Empagliflozin von den aktuellen Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie zur Behandlung der chronischen Herzinsuffizienz empfohlen, unabhängig vom diabetischen Status und von der linksventrikulären Auswurffraktion (Empfehlungsgrad I) (5, 6).
Zwei grosse klinische Studien konnten die Wirksamkeit bei Patienten mit chronischer HFrEF zeigen: Dapagliflozin konnte in der DAPA-HF-Studie eine beträchtliche Reduktion der kardiovaskulären Mortalität und der HFH zeigen (50); Em­pagliflozin konnte in der EMPEROR-Reduced-Studie eine vergleichbare Reduktion der Mortalitäts- und Hospitalisationsrate zeigen (51). Bei Patienten mit chronischer erhaltener (HFpEF) oder leicht reduzierter (HFmrEF) Auswurffraktion konnte ebenfalls ein Nutzen durch SGLT2-Hemmer gezeigt werden. Em­pagliflozin und Dapagliflozin konnten in der EMPEROR-Preserved- resp. DELIVER-Studie den primären Endpunkt aus kardiovaskulärer Mortalität und Herzinsuffizienzereignisse senken, primär durch eine markante Reduktion der HFH (52, 53) . Eine grosse Metaanalyse zeigte – unabhängig vom diabetischen Status und der Auswurffraktion – , dass eine Therapie mit SGLT2-Hemmern bei chronischer Herzinsuffizienz zu einer 13%igen Reduktion der kardiovaskulären Mortalität und einer 28%igen Reduktion der HFH führt (54).
Neuere Studien haben die Wirksamkeit von SGLT2-Hemmern in akut dekompensierten Patienten untersucht. In der EMPULSE-Studie wurden stationäre Patienten mit AHF nach klinischer Stabilisierung innerhalb von 3 Tagen zu Empagliflozin oder Placebo randomisiert (55). Der primäre Endpunkt – definiert als «win ratio» der hierarchischen Analyse von Tod, Herzinsuffizienzereignissen und Verbesserung der Lebensqualität nach 3 Monaten – war zugunsten der Empagliflozin-Gruppe. Ein klinischer Benefit fand sich sowohl für eine neu aufgetretene Herzinsuffizienz als auch bei akut dekompensierter chronischer Herzinsuffizienz.
In der EMPAG-HF- und DIURETIC-HF-Studie wurde der additive Effekt eines SGLT2-Hemmers zu einer Standarddiuretikatherapie untersucht (56). In der ersten Studie wurden AHF-Patienten innerhalb von 12 Stunden zu einer höheren Empagliflozin-Dosis (25mg/Tag) oder Placebo randomisiert. Empagliflozin führte zu einer 25%igen Zunahme der Urinmenge über 5 Tage (absolute Differenz: 2.2 l), einer höheren Diuretikaeffizienz, ohne negative Effekte auf die Nierenfunktion. In der zweiten Studie wurde eine höhere Natriurese, eine frühere Umstellung auf eine orale Diuretikatherapie und eine frühere Spitalentlassung in der AHF-Gruppe, die innerhalb von 24 Stunden Dapagliflozin in Kombination mit der Standarddiuretikatherapie erhielt, beobachtet. Bezüglich Diuretikaeffizienz (als primären Endpunkt), Gewichtsabnahme oder Nebenwirkungen bestanden keine Unterschiede. Hier bleibt die Publikation abzuwarten (57).

Praktische Aspekte

Anhand der aktuellen Studienlage sollte man bei allen AHF-Patienten so früh wie möglich eine Therapie mit einem SGLT2-Hemmer beginnen, da diese Therapie zu einer schnelleren Rekompensation beitragen und die Prognose bereits in der vulnerablen Phase verbessern kann. SGLT2-Hemmer sind in der Anwendung sicher und allgemein gut verträglich mit einem meistens vernachlässigbaren Effekt auf den Blutdruck. Nach Therapiebeginn ist mit einer kleinen funktionellen Abnahme der GFR zu rechnen, die aber langfristig im Vergleich zu Placebo deutlich geringer ausfällt und damit einen nephroprotektiven Effekt anzeigt (51). Durch den zusätzlichen diuretischen Effekt muss ggf. die Diuretikatherapie reduziert werden. Ohne begleitende
andere Diabetestherapie ist das Risiko für eine Hypoglykämie sehr gering. Durch die Glukosurie ist das Risiko für einen urogenitalen Infekt erhöht, sodass auf eine gute Intimhygiene geachtet werden muss. Bei einem nicht substituierten Insulinmangel und bei fehlender Nahrungsaufnahme steigt das Risiko für eine euglykäme diabetische Ketoazidose mit potenziell fatalem Ausgang. Bei ungenügender Flüssigkeitsaufnahme und/oder einem Flüssigkeitsverlust (z. B. bei Fieber, Diarrhoe, grosser Hitze) sollten SGLT2-Hemmer deshalb temporär pausiert werden.

Andere Substanzen

Ivabradin wirkt über den If-Kanal im Sinusknoten und führt so zu einer Reduktion der Herzfrequenz im Sinusrhythmus. In der SHIFT-Studie konnte bei HFrEF-Patienten gezeigt werden, dass eine tiefere Herzfrequenz unter Ivabradin mit einer signifikanten Reduktion des primären Endpunktes (Mortalität und HFH) einhergeht, wobei Patienten mit einer Herzfrequenz von > 75/min. am meisten davon profitiert haben. Patienten in der Ivabradin-Gruppe wiesen ein niedriges Risiko für HFH während der vulnerablen Phase auf (58). Deshalb kann Ivabradin als ergänzende Therapieoption bei HFrEF-Patienten nach kürzlicher kardialer Dekompensation und einer HF im Sinusrhythmus > 70/min. trotz Betablocker oder bei Betablockerunverträglichkeit erwogen werden, um das HFH-Risiko günstig zu beeinflussen.
Vericiguat, ein oraler Stimulator der löslichen Guanylatcyclase, wurde im VICTORIA-Trial bei HFrEF-Patienten untersucht, die in den vergangenen 6 Monaten eine kardiale Dekompensation erlitten haben, die entweder zu einer Hospitalisation oder der Notwendigkeit einer intravenösen Diuretikatherapie geführt hat. Bei diesen Patienten konnte eine signifikante Reduktion des kombinierten Endpunktes (Mortalität und HFH) gezeigt werden, wobei dieser v. a. durch eine Reduktion der HFH getriggert war. Somit stellt auch Vericiguat eine medikamentöse Therapieoption bei HFrEF-Patienten und bereits ausgebauter Herzinsuffizienztherapie in der Frühphase nach stabilisierter Akutsituation dar, insbesondere um das Risiko einer erneuten HFH zu reduzieren (59, 60). Hier ist ebenfalls die bestehende Limi­tatio des BAG in der Schweiz zu beachten.

Schlussfolgerung

Die moderne Behandlung der AHF besteht aus einer Vielzahl an Therapieoptionen, die – optimal genutzt und der klinischen Situation entsprechend angepasst – eine Senkung der Mortalität und der Rehospitalisationen erreichen können.
Wenn wir zurück auf die Fallvignette zurückblicken, ergeben sich folgende Überlegungen:
1. Die akute Verschlechterung der vorbestehenden Herzinsuffizienz erfolgte aus unklarem Grund. Hier sollten typische Auslösefaktoren gesucht und entsprechend behandelt werden. Ebenfalls müssen Medikamentenadhärenz und Lebensstil überprüft werden.
2. Neben der Erstbeurteilung muss parallel bereits eine Akuttherapie verabreicht werden. Der Patient sollte eine initiale intravenöse Furosemid-Dosis von 40 mg erhalten, welche im weiteren Verlauf anhand der diuretischen Antwort angepasst wird.
3. Bei fehlenden Zeichen für einen kardiogenen Schock – wie in der Fallvignette – kann die orale Herzinsuffizienz-therapie unverändert weitergegeben werden.
4. Nach hämodynamischer Stabilisierung sollte die Herzinsuffizienztherapie noch weiter optimiert werden: Frühzeitig kann ein SGLT-2-Hemmer eingesetzt werden, da hiermit ein additiver diuretischer und natriuretischer Effekt besteht; ein MRA sollte etabliert, der ACE-Hemmer vorsichtig aufdosiert (und ggf. im Verlauf auf Sacubitril/Valsartan gewechselt) und nach Erreichen der Euvolämie der Betablocker erhöht werden.
5. Der Patient sollte in ein ambulantes Herzinsuffizienzprogramm eingeschlossen werden, damit in engmaschigen Kontrollen die Medikamente auftitriert und weitere Therapieoptionen evaluiert werden können.

PD Dr. med. Mattia Arrigo

Klinik Innere Medizin
Stadtspital Zürich Triemli
Birmensdorferstrasse 497
8063 Zürich, Schweiz

mattia.arrigo@uzh.ch

Die Autoren haben keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

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