Frozen Shoulder – Ein kurzer Überblick für die Praxis

Die Frozen Shoulder (FS) ist eine in der Praxis häufig vorkommende Pathologie. Die Erkrankung geht häufig mit einer Vielzahl an Komorbiditäten einher und ist durch starke Schmerzen und einen deutliche Bewegungseinschränkung der betroffenen Schulter charakterisiert. Eine aufgehobene passive Aussenrotation bei adduziertem Arm ohne Hinweise auf eine andere Pathologie, die den Befund erklären kann, wie zum Beispiel eine Omarthrose oder eine nicht entdeckte hintere Luxation, ist pathognomonisch. Der Krankheitsverlauf erstreckt sich in der Regel über ein bis zwei Jahre und ist in den meisten Fällen selbstlimitierend. In den allermeisten Fällen kann das Krankheitsbild konservativ behandelt werden.

Einführung

Die Frozen Shoulder (FS), auch Capsulitis adhaesiva oder eher historisch Periarthropathia Humeri, ist eine häufige, meist äusserst schmerzhafte Pathologie der Schulter, welche auch in der Hausarztpraxis regelmässig gesehen wird (1). Ein Grossteil der Fälle kann problemlos in der hausärztlichen Praxis behandelt werden und erfordert keine Zuweisung zum Spezialisten. Die Lebenszeitprävalenz wird in der Literatur mit 2-5% angegeben (2), wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer. Ebenso zeigt sich, dass der adominante Arm häufiger betroffen ist (3). Circa 20-30% der Patienten entwickeln dieselben Beschwerden im Verlauf auch auf der Gegenseite (4). Das Krankheitsbild ist mit oftmals starken, insbesondere auch nächtlichen Schmerzen sowie einer limitierenden körperlichen Einschränkung assoziiert und kann alle Facetten des alltäglichen Lebens betreffen (2). Die nächtlichen Schmerzen können dazu führen, dass die Patienten häufig tage- oder wochenlang nicht richtig durchschlafen, was zu einer chronischen Müdigkeit, sogar auch zum Entwickeln einer Depression führen kann. Das Krankheitsbild der FS kann mit einer Vielzahl an Komorbiditäten in Verbindung gebracht werden, insbesondere beim Diabetes mellitus zeigt sich eine Inzidenz von beinahe 60%. Auch eine Hyper- oder Hypothyreose kann mit einer FS assoziiert sein. Weitere Komorbiditäten sind in Tabelle 1 abgebildet. Eine oder mehrere dieser Komorbiditäten können in über 80% der FS-Patienten gefunden werden, in 35% der Patienten können sogar drei oder mehr der aufgezählten Komorbiditäten gefunden werden (2). Zudem bestehen weitere Risikofaktoren (weibliches Geschlecht im mittleren Alter, Nikotinabusus, Adipositas und verminderte körperliche Aktivität, auch psychologische Aspekte werden in Betracht gezogen) (5,6).

Aufgrund aktueller Erkenntnisse ist die Erkrankung in den meisten Fällen eine selbstlimitierende Pathologie mit einem Krankheitsverlauf von durchschnittlich 12-24 Monaten. Die Beschwerden können jedoch auch deutlich länger anhalten. In der Literatur gibt es Untersuchungen, welche persistierende Symptome (Schmerz und Steifigkeit) bei 20-50% der Patienten nach 5 Jahren nach Symptombeginn noch immer beschreiben (7,8). In den beschriebenen Kohorten kam es bei bis zu 20% der Patienten zu einer bilateralen Symptomatik, jedoch nicht zu einem Rezidiv nach abgeklungener Symptomatik. Die Erkrankung kann typischerweise in drei Stadien (3) eingeteilt werden, welche allesamt in unterschiedlicher Ausprägung durchlaufen werden. Im ersten Stadium kommt es zum «Einfrieren» der Schulter, diese Phase ist durch starke Schmerzen ohne eigentliche Bewegungseinschränkung geprägt. Im zweiten Stadium besteht die Bewegungseinschränkung der Schulter, der Schmerz kann nachlassen, kann jedoch auch noch weiter vorhanden sein, dieses Stadium wird auch als das «Gefroren sein» bezeichnet. Schliesslich kommt das «Auftauen», das dritte Stadium, spätestens hier ist der Schmerz regredient, es kommt zu einer Verbesserung der Beweglichkeit, nahe der ursprünglichen Bewegungsausmasse (Abb. 1).

Obschon es sich um eine sehr häufige Schulterpathologie handelt, gibt es in vielen Reviews keine einheitlichen Definitionen. Deswegen wurden Versuche unternommen, unter etablierten Schulterchirurgen einen Consensus zu finden, so zum Bespiel die Kollegen der American Shoulder and Ellbow Surgeons (ASES) (9), (Tab. 2).

Pathophysiologie

Die FS ist weiterhin eine der am schlechtesten verstandenen Schul­terpathologien (9), auch wenn mittlerweile einige pathophysiologischen Vorgänge beschrieben wurden. Physiologisch oder normalerweise besteht die Gelenkkapsel aus einem hohen Anteil an Kollagen Typ I Fasern und elas­tischen Fasern. In das Gewebe sind Fibroblasten eingebettet, welche Proteine produzieren, um die stabilisierende, aber auch flexible Struktur zu gewährleisten (2). Bei der FS kommt es zu einer Fibrosierung und somit zur Veränderung der Kollagenstruktur sowie einer Verdickung der Synovia. Diese Veränderungen gehen mit einer Neoangionese und einer Neoinnervation einher. Es resultiert ein vermindertes Gelenkvolumen und eine erhöhte Steifigkeit des Gewebes (10,11). Parallel zur Klinik zeigen sich diese drei Stadien bei der arthroskopischen und histologischen Betrachtung. Im ersten Stadium zeigt sich eine vermehrte Inflammation der Synovialis sowie eine Hypervaskularität der Synovialis mit Einwanderung von Entzündungszellen bei noch normalem Kapselgewebe in der Biopsie. Im zweiten Stadium zeigt sich weiterhin arthroskopisch eine Synovialitis mit zunehmender Kontraktur der Kapsel, und in der Histologie zeigt sich das Bild einer hypertrophen, hypervaskularisierten Synovialitis mit Narbenbildung. Arthroskopisch zeigt sich im dritten Stadium nur noch geringe Synovitis mit Aufhebung des axillären Recessus und Fibrose. Bei der mikroskopischen Betrachtung kann ein dichtes hyperzelluläres, kollagenreiches Gewebe gesehen werden, in der genaueren Betrachtung zeigt sich ein Verlust der Kollagen Typ I Fasern und vermehrt Kollagen Typ III Fasern, welche ein desorganisiertes Muster aufweisen. Die Kollegen um Millar (2) haben eine detaillierte Übersicht über die komplexen, bisher bekannten pathophysiologischen Abläufe zusammengetragen.

Diagnostik

Die Verdachtsdiagnose der FS kann bereits häufig schon durch eine gründliche Anamnese (Nacht- und Ruheschmerzen) und eine gute klinische Untersuchung gestellt werden (12). Klinisch zeigt sich eine deutlich eingeschränkte, eventuell sogar völlig aufgehobene aktive und passive Aussenrotation der betroffenen Schulter, ohne Krepitationen (13). Insbesondere die passive Aussenrotation (Abb. 2) sollte immer untersucht werden. Dies in Adduktion und im Vergleich zur «gesunden» Seite. Häufig wird die Diagnose über Monate verpasst, da keine gründliche klinische Untersuchung durchgeführt wird. Im weiteren Krankheitsverlauf können auch andere Bewegungsdimensionen aktiv wie auch passiv eingeschränkt sein. Die Kraft ist im schmerzfreien Bereich nicht eingeschränkt (14). Wichtig zu unterscheiden ist, ob der harte Anschlag einer aktiven Muskelkontraktion des Patienten oder einem echten mechanischen Hindernis entspricht. Hierfür wird der Patient am besten in unterschiedlichen Positionen untersucht, Aussenrotation bei anliegendem Arm, Aussenrotation bei 90° abduziertem Arm, stehend oder liegend, hier wird die Scapula durch die Unterlage stabilisiert (14). Die einzigen Pathologien, die eine Einschränkung der AR bei einer nicht operierten Schulter verursachen, sind die fortgeschrittene Omarthrose und eine verpasste hintere Luxation. Deshalb wird eine konventionelle Bildgebung in zwei Ebenen (AP/Neer) empfohlen. Insbesondere bei jüngeren Patienten mit unauffälligem Röntgenbild kann zum weiteren Ausschluss einer weiteren Pathologie eine Ultraschalluntersuchung durch einen geübten Sonographeur oder eine Arthro-Magnetresonanztomographie (Arthro-MRI) durchgeführt werden (15). Diese Untersuchungen bringen bezüglich der FS keinen diagnostischen Mehrwert. Bei Vorliegen einer FS kann in diesen Untersuchungen eine Verdickung der Kapsel, des Rotatorenintervalls und des Coracohumeralen Ligaments wie auch ein aufgehobener axillärer Recessus nachgewiesen werden (2).

Therapeutische Optionen

Bei anhin gibt es keine gut definierten evidenzbasierten Behandlungsstrategien, was auch der unzureichend bekannten Pathogenese des Krankheitsbildes geschuldet ist. Mitunter am wichtigsten ist eine gute Aufklärung über den natürlichen Verlauf der Erkrankung sowie Begleitung im Verlauf deren Stadien. Rangan et al. konnten zeigen, dass eine gute Patientenedukation und Angstreduktion eine subjektive Verbesserung der Symptome mit sich bringen kann (16). Bisher sind die Behandlungsmöglichkeiten hauptsächlich symptomatischer Natur. Sie stützen sich darauf, die Schmerzen zu kontrollieren sowie die Einschränkung der Beweglichkeit zu minimieren respektive diese zu verbessern. Es stehen konservative wie auch operative Therapiemöglichkeiten zur Verfügung. Primär sollen jedoch die konservativen Therapieoptionen verfolgt werden, erst wenn diese fehlschlagen, sollten auch operative Massnahmen evaluiert werden. Initial ist eine gute Analgesie für die Patienten wichtig. Wenn die Komorbiditäten es erlauben, sollten NSAR eingesetzt werden, auch in Kombination mit Paracetamol und Metamizol. Gelegentlich werden auch Opiate nötig. Zur Verbesserung der Beweglichkeit kann eine Bewegungstherapie beitragen, welche selbständig durch den Patienten oder unter physiotherapeutischer Supervision stattfindet. Wichtig ist hier, dass insbesondere in der schmerzhaften Phase nicht noch weitere Schmerzen generiert werden (17). Versuche mit extrakorporalen Stosswellen haben einen möglichen Benefit bezüglich der Schmerzen zeigen können, jedoch ist die Evidenz hierfür nicht ausreichend, um dies abschliessend beurteilen zu können (2). Bei persistierenden Schmerzen haben Corticosteroide einen guten Effekt zeigen können (18). Diese können sowohl oral wie auch intraartikulär appliziert werden (19). Beide Darreichungsformen zeigen eine Verbesserung des Schmerzes und der passiven Beweglichkeit. Bei einer intraartikulären Applikation besteht prinzipiell das Risiko einer septischen Arthritis, während bei einer oralen Stosstherapie (Stufenschema nach Habermeyer) vermehrt systemische Nebenwirkungen auftreten. In der Literatur zeigt sich ein Vorteil der Infiltration gegenüber der oralen Gabe (18,20). Auch bei einer intraartikulären Infiltration sollte bei Diabetikern der Blutzucker über die ersten Tage engmaschig kontrolliert werden. Zudem zeigte sich, dass eine gute physiotherapeutische Behandlung einer oralen Steroidgabe gar überlegen ist. In den letzten Jahren wurde auch eine positive Wirkung von Calcitonin Nasenspray postuliert. Es zeigte sich ein positiver Effekt sowohl auf die Schmerzen als auch auf die Beweglichkeit. Hinweise hierfür konnten auch im Labor anhand von ex vivo gezüchteten synovialen Fibroblasten nachgewiesen werden (21,22). Allerdings übernimmt in aller Regel die Krankenkasse die Kosten für den Calcitonin Nasenspray nicht, und diese müssen vom Patienten selber getragen werden. Neuere Studien untersuchen auch den Nutzen von Platelet-Rich-Plasma (PRP) als mögliche Alternative zu Steroiden. Hier zeigten sich in den Kohorten positive Effekte längerfristig gegenüber den Steroiden, kurzzeitig zeigten diese jedoch einen besseren Effekt (23,24). Allerdings sind hierzu noch weitere Studien mit grösseren Patientenzahlen nötig. Auch diese Behandlung wird nicht durch die Grundversicherung vergütet, und die Patienten müssen die Kosten, welche je nach Hersteller unterschiedlich sind, selber übernehmen. Weitere therapeutische Optionen, wie zum Beispiel der Nervenblock des Nervus suprascapularis, Botox-Injektio­nen oder auch Collagenasebehandlungen, konnten einen gewissen Effekt zeigen, allerdings existiert hierfür noch eine sehr dünne Datenlage (2). Diese Behandlungen bedürfen sicherlich noch weiterer Untersuchungen und Studien, um deren Effektivität zu beurteilen. Sie können in Einzelfällen und bei therapierefraktären Situationen gegebenenfalls bereits angewendet werden. Nach Ausschöpfen der konservativen Therapieoptionen und bei persistierenden Beschwerden kann die FS operativ angegangen werden. Ziel einer operativen Therapie ist das Lösen der verdickten, fibrotischen Gelenkkapsel und der kontrakten Ligamente, um eine Verbesserung der Beweglichkeit, aber auch eine Schmerzreduktion zu erzielen. Dabei wird arthroskopisch eine Kapsulotomie, meist mit einer Resektion des verdickten Intervalls zusammen mit einer Arthrolyse durchgeführt. Entscheidend für den Erfolg ist die postoperative Analgesie idealerweise unter einer Scalenusblockade für etwa fünf Tage, bis ein voller Bewegungsumfang erreicht wird. In der Literatur wird kontrovers da­rüber diskutiert, wann der richtige Zeitpunkt hierfür gekommen ist. Es gibt Autoren, welche eine rasche operative Herangehensweise befürworten, andere sehen diese lediglich als Option bei erfolgloser konservativer Therapie über zwölf Monate (2,3,10,25). Kollegen in England haben die Resultate und entstehende Kosten zwischen Physiotherapie, Mobilisation unter Narkose und Mobilisation unter Narkose mit Arthroskopie untersucht. Hierbei zeigte sich, dass keine der drei Gruppen ein deutlich besseres Outcome im Vergleich zu den anderen Gruppen aufweisen konnte. Die operativen Möglichkeiten können eine schnellere Reduktion der Schmerzen und eine raschere Verbesserung der Beweglichkeit bringen, jedoch sollten diese dennoch erst nach Fehlschlagen der nicht operativen Behandlungsmöglichkeiten in Betracht gezogen werden (13).

Schlussfolgerung

Zusammenfassend handelt es sich bei der Frozen Shoulder um ein weiterhin noch nicht gut verstandenes Krankheits­bild, da­raus resultieren keine standardisierten und auf breiter Evi­denz abgestützten Behand­lungsalgorithmen. Ent­schei­dend ist jedoch die frühe Diagnosestellung und damit Einlei­tung geeigneter therapeutischer Mass­nahmen, insbe­son­dere auch das Vermeiden von anhaltenden Schmerz­reizen. Es wer­den viele Interven­tio­nen und Behand­lungs­ansätze be­schrie­ben, welche durchaus Erfolg verspre­chend sind. Zum aktuellen Zeitpunkt zeigen jedoch Steroid­injektionen und NSAR im er­sten Stadium, Physiotherapie in den Stadien zwei bis drei die besten Resultate. Von Beginn an ist eine gute Kommuni­ka­tion und Begleitung des Pati­enten essenziell.

Dr. med. David Windischbauer

Kantonsspital Baden
Im Ergel 1
5404 Baden
david.windischbauer@ksb.ch

Es bestehen keine Interessenskonflikte.

Historie:
Manuskript eingereicht: 02.10.2023
Nach Revision angenommen: 22.11.2023

Die Frozen Shoulder ist eine klinische Diagnose, apparative Untersuchungen sind additiv und nur zum Ausschluss anderer Ursachen einer Schultersteife nötig. Die eingeschränkte passive Aussenrotation bei adduziertem Arm ohne Hinweise auf eine andere Pathologie ist pathognomonisch. Die Erkrankung ist in den allermeisten Fällen selbstlimitierend nach 12-24 Monaten. Die konservative Therapie ist die Therapie der Wahl.

1. Neviaser JS. ADHESIVE CAPSULITIS OF THE SHOULDER – A Study of the Pathological Findings in Periarthritis of the Shoulder SHOULDER, 1945; http://journals.lww.com/jbjsjournal, Letzter Zugriff 01.10.2023
2. Millar NL, Meakins A, Struyf F et al. Frozen shoulder. Nat Rev Dis Primers. 2022 Dec 1;8(1).
3. Neviaser AS, Hannafin JA. Adhesive capsulitis: A review of current treatment. Vol. 38, American Journal of Sports Medicine. 2010. p. 2346–56.
4. Binder AI, Bulgen DY, Hazleman BL, Roberts S. Frozen shoulder: A long-term prospective study. Ann Rheum Dis. 1984;43(3):361–4.
5. Niehaus R, Urbanschitz L, Schumann J et al. Non-adherence to pain medication increases risk of postoperative frozen shoulder. Int J Prev Med. 2021 Jan 1;12(1).
6. Gil JA, Goodman AD, Mulcahey MK. Psychological Factors Affecting Outcomes After Elective Shoulder Surgery. Journal of the American Academy of Orthopaedic Surgeons. 2018 Mar 1;26(5):E98–104.
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8. Hand C, Clipsham K, Rees JL, Carr AJ. Long-term outcome of frozen shoulder. J Shoulder Elbow Surg. 2008 Mar;17(2):231–6.
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10. Neviaser AS, Neviaser RJ. Adhesive Capsulitis of the Shoulder. 2011.
11. Ryan V, Brown H, Minns Lowe CJ, Lewis JS. The pathophysiology associated with primary (idiopathic) frozen shoulder: A systematic review. BMC Musculoskelet Disord. 2016 Aug 15;17(1).
12. Rangan A, Gibson J, Brownson P, Thomas M, Rees J, Kulkarni R. Frozen Shoulder. Shoulder Elbow. 2015 Oct 1;7(4):299–307.
13. Rangan A, Brealey SD, Keding A, Corbacho B, Northgraves M, Kottam L, et al. Management of adults with primary frozen shoulder in secondary care (UK FROST): a multicentre, pragmatic, three-arm, superiority randomised clinical trial. Vol. 396, www.thelancet.com. 2020. Available from: www.thelancet.com
14. Itoi E, Arce G, Bain GI et al. Shoulder Stiffness: Current Concepts and Concerns. Vol. 32, Arthroscopy – Journal of Arthroscopic and Related Surgery. W.B. Saunders; 2016. p. 1402–14.
15. Cho CH, Lee YH, Kim DH, Lim YJ, Baek CS, Kim DH. Definition, diagnosis, treatment, and prognosis of frozen shoulder: A consensus survey of shoulder specialists. CiOS Clinics in Orthopedic Surgery. 2020;12(1):60–7.
16. Jones S, Hanchard N, Hamilton S, Rangan A. A qualitative study of patients’ perceptions and priorities when living with primary frozen shoulder. Available from: http://dx.doi.org/10.1136/
17. Chan HBY, Pua PY, How CH. Physical therapy in the management of frozen shoulder. Singapore Med J. 2017 Dec 1;58(12):685–9.
18. Lorbach O, Anagnostakos K, Scherf C, Seil R, Kohn D, Pape D. Nonoperative management of adhesive capsulitis of the shoulder: Oral cortisone application versus intra-articular cortisone injections. J Shoulder Elbow Surg. 2010 Mar;19(2):172–9.
19. Çelik D, Yasacı Z, Erşen A. Oral corticosteroids vs. exercises on treatment of frozen shoulder: a randomized, single-blinded study. J Shoulder Elbow Surg. 2023 Jun 1;32(6):1127–34.
20. Wang W, Shi M, Zhou C et al. Effectiveness of corticosteroid injections in adhesive capsulitis of shoulder. Vol. 96, Medicine (United States). Lippincott Williams and Wilkins; 2017.
21. Rouhani A, Mardani-Kivi M, Bazavar M et al. Calcitonin effects on shoulder adhesive capsulitis. European Journal of Orthopaedic Surgery and Traumatology. 2016 Aug 1;26(6):575–80.
22. Yang R, Deng H, Hou J et al. Investigation of salmon calcitonin in regulating fibrosis-related molecule production and cell-substrate adhesion in frozen shoulder synovial/capsular fibroblasts. Journal of Orthopaedic Research. 2020 Jun 1;38(6):1375–85.
23. Yu S, Hu R, Feng H, Huang D. Efficacy of platelet-rich plasma injection in the treatment of frozen shoulder: A systematic review and meta-analysis. J Back Musculoskelet Rehabil. 2023;36(3):551–64.
24. Gupta GK, Shekhar S, Haque ZU, Halder S, Manjhi AK, Rai A. Comparison of the Efficacy of Platelet-Rich Plasma (PRP) and Local Corticosteroid Injection in Periarthritis Shoulder: A Prospective, Randomized, Open, Blinded End-Point (PROBE) Study. Cureus. 2022 Sep 17;
25. Neviaser RJ, Neviaser TJ. The Frozen Shoulder Diagnosis and Management. Clin Orthop Relat Res. 1987. Oct;(223)59-64.

Frozen Shoulder – Geduld bei der Rekonvaleszenz

Frozen Shoulder – Geduld bei der Rekonvaleszenz

Der beiliegende Artikel gibt eine sehr schöne Übersicht über das Krankheitsbild der Frozen Shoulder. Die klar strukturierte Gestaltung des Artikels hilft dem Leser sich in kurzer Zeit gut zurechtzufinden.

Es ist gerade auch in der Praxis wichtig zu wissen, dass die Frozen Shoulder ein sehr häufiges Krankheitsbild darstellt, welches aber in der Regel bereits klinisch sehr gut vom noch häufigeren Krankheitsbild des subakromialen Impingements abgegrenzt werden kann. Das Impingement macht beim Heben des Armes im Bereich der Horizontalen Schmerzen, die Frozen Shoulder als eines der wenigen Krankheitsbilder bereits bei adduziertem Arm, insbesondere beim Prüfen der passiven Aussenrotation. Diese bzw. die verminderte passive Aussenrotation ist dann auch das erste klinische Zeichen der Frozen Shoulder und typischerweise endgradig schmerzhaft. Dies wird im Artikel sehr klar und anschaulich beschrieben.

Wichtig für die Praxis ist auch zu wissen, dass die Bildgebung der Schulter nur von sekundärem Wert ist. In der Regel reicht das Standard Röntgenbild um grobe ossäre Pathologien auszuschliessen. Die Anamnese und die Untersuchung der Frozen Shoulder sind derart typisch, dass die Schultersonographie und die MRT-Untersuchung keinen entscheidenden diagnostischen Mehrwert darstellen.

Der Artikel zeigt ebenfalls sehr illustrativ, dass das Krankheitsbild der Frozen Shoulder typischerweise sehr langwierig ist, in der Regel 18 Monate dauert und dementsprechend viel Geduld von Seiten der Patient/-innen und Ärzt/-innen abverlangt. Dieses Wissen ist aber häufig auch bereits der erste Schritt zur Besserung.

Die verschiedenen Phasen und die dazugehörigen möglichen Therapien werden im Artikel sehr klar beschrieben. Für die initiale Schmerz-Phase ist das Ziel die Schmerzreduktion, für die Bewegungseinschränkungs-Phase das Wiederherstellen der Beweglichkeit.

Insgesamt ist wichtig und gut zu wissen, dass die Frozen Shoulder in der Regel, wenn auch oft nach langer Zeit, wieder und meist folgenlos abheilt und nur sehr selten eine operative Massnahme zur Verbesserung der Beweglichkeit notwendig ist. Die Lektüre lohnt sich!

Prof. Dr. Bernhard Jost

Schulter- und Ellbogenchirurgie
Klinik für Orthopädische Chirurgie und
Traumatologie des Bewegungsapparates
Kantonsspital St.Gallen
Rorschacherstrasse 95
St. Gallen

Dr. med. Matthijs Jacxsens, PhD

Schulter- und Ellbogenchirurgie
Klinik für Orthopädische Chirurgie und
Traumatologie des Bewegungsapparates
Kantonsspital St.Gallen
Rorschacherstrasse 95
St. Gallen

Kardiovaskuläre Erkrankungen in der Schweiz – Prävalenz und Versorgung

Kardiovaskuläre Erkrankungen (cardiovascular diseases, CVD) stellen weltweit und in der Schweiz ein erhebliches Gesundheitsproblem dar. Trotz präventiver Massnahmen und Fortschritten in der Behandlung führen kardiovaskuläre Erkrankungen in der Schweiz immer noch zu einer beträchtlichen Zahl von Hospitalisierungen (133 000 in 2021) und sind für fast 1/3 aller Todesfälle (19 600 in 2021) verantwortlich. Die Notfallversorgung akuter kardiovaskulärer Ereignisse weist heute in der Schweiz im Vergleich zum Ausland einen sehr hohen Standard auf. Doch es besteht eine grosse Diskrepanz aus Evidenz und täglicher Praxis (Evidence-Performance-Gap) in der kardiovaskulären Risikofaktorkontrolle, denn ein grosser Prozentsatz der Patient/-innen erreicht die jeweiligen Ziele der Leitlinienempfehlungen nicht: 55 % der Hypertoniker, 81 % der Patient/-innen mit erhöhtem LDL-Cholesterin und 44 % der Diabetiker. Darüber hinaus rauchen in der Schweiz aktuell 21 %, 42 % gelten als adipös und 24 % der Menschen weisen einen Bewegungsmangel auf.

1. Die globale und schweizweite Krankheitslast (Burden of Disease) kardiovaskulärer Erkrankungen

1.1 Todesfälle und Hospitalisierungen

Kardiovaskuläre Erkrankungen (cardiovascular diseases, CVD) sind gemäss World Health Organization (WHO) global für 31 % (17,9 Millionen) aller Todesfälle verantwortlich (1, 2). Da in den Industriestaaten Infektionskrankheiten und Traumata als Todesursache seltener vorkommen als in weniger entwickelten Ländern, ist der relative Anteil von kardiovaskulären Erkrankungen an den Todesfällen in Europa und den USA sogar noch deutlich höher. Zudem ist die Bevölkerung in den Industriestaaten älter, und es herrschen andere Lebensstile und andere Ernährungsgewohnheiten. Die WHO und die Krankheitsstatistik der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) gehen daher davon aus, dass in Europa bis zu 45 % (3,9 Millionen) und damit fast die Hälfte aller Todesfälle auf kardiovaskuläre Erkrankungen zurückgehen (2).

In der Schweiz sind kardiovaskuläre Erkrankungen für fast 1/3 aller Todesfälle verantwortlich (1). Alarmierend ist insbesondere die Tatsache, dass gemäss dem Schweizerischen Gesundheitsobservatorium (Obsan) ein kontinuierlicher Anstieg der kardiovaskulären Erkrankungen zu verzeichnen ist. Während 2007 noch 13,9 % an einer kardiovaskulären Erkrankung litten, stieg der Prozentsatz 2012 bereits auf 17,7 % (letztverfügbare Daten bei Obsan), wobei hier auch eine Zunahme der älteren Bevölkerung und eine bessere Diagnostik eine Rolle spielen könnten (3).

Im Gegensatz zur steigenden Prävalenz der kardiovaskulären Erkrankungen respektive kardiovaskulärer Risikofaktoren ist die Mortalität aufgrund von kardiovaskulären Erkrankungen in den Industriestaaten in den letzten Jahren rückläufig, was sowohl auf eine bessere Prävention (primär wie sekundär) als auch auf eine bessere (Akut-)Therapie zurückgeführt wird (4, 5). Trotzdem gab es im Jahr 2021 rund 19 600 Todesfälle und 133 000 Hospitalisierungen durch kardiovaskuläre Erkrankungen in der Schweiz, wobei 33 097 Hospitalisierungen auf ischämische Herzerkrankungen und 18 516 Hospitalisierungen auf einen Schlaganfall zurückzuführen sind. Allein diese beiden Erkrankungen waren zudem für 6 311 (ischämische Herzkrankheiten) respektive 2 663 (Schlaganfälle) Todesfälle verantwortlich (6).

1.2 Epidemiologie und Versorgung der kardiovaskulären Erkrankungen

Epidemiologisch gibt es zwei gegenläufige Trends: einerseits die Alterung der Bevölkerung und somit einen immer grösseren Bevölkerungsanteil mit kardiovaskulären Risikofaktoren oder kardiovaskulären Erkrankungen und andererseits eine verbesserte medizinische Versorgung. Insbesondere die Notfallversorgung akuter kardiovaskulärer Ereignisse weist heute in der Schweiz im Vergleich zum Ausland einen sehr hohen Standard auf. Dies gilt für die Diagnostik wie auch die Akuttherapie im Spital. In nahezu allen Hausarztpraxen existiert ein Point-of-Care-Labor mit der Möglichkeit für Troponin-Schnelltests, eine rasche Notfalllogistik für den Transport ins Spital und eine flächendeckende Infrastruktur mit Plätzen für eine Herzkatheterintervention. Somit ist eine zeitnahe Intervention innert des kritischen Zeitfensters in der ganzen Schweiz sichergestellt. Daher bietet die Primär- und Sekundärprävention das grösste Potenzial zur weiteren Reduzierung der kardiovaskulären Morbidität und Mortalität. Dies gilt insbesondere, da ein grosser Teil der Patient/-innen die vorgegebenen Ziele der ESC-Leitlinien nicht erreichen, obwohl beispielsweise das Non-HDL-Cholesterin in den ESC-Mitgliedsstaaten sukzessive sinkt (2).

1.3 Einfluss auf Lebensquantität und Lebensqualität

Neben der Verhinderung von Todesfällen, die sich in der Masszahl der gewonnenen Lebensjahre (life years gained, LYG) ausdrücken lässt, sind kardiovaskuläre Erkrankungen auch mit einer erheblichen Morbiditätslast, also einer Einschränkung der Lebensqualität, verbunden. Die disability- (oder disease-) adjusted life years (DALYs) quantifizieren den negativen Einfluss einer Erkrankung, indem sie sowohl die Summe der verlorenen Lebensjahre (life years lost, YLL) wie auch die Lebensjahre mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung (years lived with disability, YLD), etwa infolge eines Herzinfarktes oder eines Schlaganfalls, aufaddieren. Abbildung 1 zeigt deutlich, wie insbesondere ischämische Herzerkrankungen mit einem Verlust an Lebensjahren assoziiert sind.

Neben der massiven Beeinträchtigung der Lebensquantität und Lebensqualität beispielsweise durch Herzinfarkte oder Schlaganfälle weisen kardiovaskuläre Erkrankungen auch eine erhebliche ökonomische Komponente auf. Einerseits direkt durch die Kosten, die aus der (Akut-)Versorgung resultieren, andererseits durch die indirekten Kosten, weil Erkrankte nicht erwerbstätig sein können und somit zum Produktivitätsverlust der Gesellschaft führen. Weiter können auch vorzeitig Verstorbene keinen ökonomischen Beitrag an die Gesellschaft leisten und mindern somit das Bruttoinlandsprodukt.

2. Die bedeutendsten kardiovaskulären Risikofaktoren und die Lücke in der Zielwerterreichung

Dieses Papier untersucht, wie viele DALYs für kardiovaskuläre Risikopatient/-innen durch eine evidenzbasierte Behandlung gewonnen werden können. Die evidenzbasierte Behandlung orientiert sich an den vorhandenen Leitlinien und deren klinischen Zielwerten. Zugleich soll dieses Papier aufzeigen, welche Kosten und welche sozioökonomische Last damit vermieden werden könnten.

Zahlreiche Studien zeigen eine Diskrepanz zwischen der medizinischen Evidenz respektive den Leitlinienvorgaben und der Primär- und Sekundärprävention in der täglichen Praxis, die dazu führt, dass viele Patient/-innen eine suboptimale Behandlung erhalten (8). Es resultieren unzureichend kontrollierte kardiovaskuläre Risikofaktoren und damit einhergehend vermeidbare kardiovaskuläre Ereignisse respektive eine vermeidbare Krankheits- und Mortalitätslast und direkte und indirekte Kosten (9). Kardiovaskuläre Erkrankungen zeichnen sich dadurch aus, dass die bedeutendsten Risikofaktoren durch Lebensstilmassnahmen oder medikamentöse Interventionen wirksam beeinflussbar sind. Tabelle 1 zeigt die bedeutendsten kardiovaskulären Risikofaktoren, wie sie von Yusuf und Mitarbeitern im Lancet 2020 herausgearbeitet wurden (10).

2.1 Hypertonie

In Ländern mit hohem Einkommen (High-Income) sind 14,6 % aller kardiovaskulären Erkrankungen auf den Risikofaktor Hypertonie zurückzuführen. Für das Risiko, einen kardiovaskulär bedingten Tod zu erleiden, ist der Bluthochdruck sogar der wichtigste Risikofaktor mit etwa 18 % attribuiertem Anteil an den kardiovaskulären Todesfällen. Auch bei Schlaganfällen ist der Blutdruck der führende Risikofaktor mit etwa 34 % aller Schlaganfälle. Für den Myokardinfarkt ist er der zweitwichtigste Risikofaktor mit etwa 11 % zugerechnetem Anteil (10).

Gemäss dem Bundesamt für Statistik (BFS) respektive der Schweizerischen Gesundheitsbefragung (SGB) betrug die Prävalenz der Hypertonie in der Schweizer Bevölkerung im Jahre 2017 17,6 %. Auch hier ist ein Anstieg über die Jahre zu verzeichnen, 1992 waren es noch 14,0 % (12). Zu berücksichtigen ist hierbei, dass die Angaben der Gesundheitsbefragung auf einer Selbstdeklaration («self reported») beruhen und nicht auf tatsächlichen Befunden, etwa aus Hausarztpraxen. Dies dürfte die tatsächliche Prävalenz eher unterschätzen.

Gemäss einer Studie aus dem Jahre 2016 (9), die insgesamt 22 434 Hypertoniker/-innen in Schweizer Hausarztpraxen erfasste, haben 72,7 % dieser Patient/-innen mindestens eine Hypertonie Grad 1, also Werte über 140–159 mm HG. 16,3 % aller Hypertoniker/-innen haben zudem einen Blutdruck in der höchsten Blutdruckkategorie mit Werten von über 180 mm HG systolisch (13).

Eine aktuelle Studie aus 2022 zeigt ein ähnliches Bild: 44,9 % der Hypertoniker/-innen sind gemäss der ESC-Leitlinie als «kontrolliert» zu bewerten und im Umkehrschluss mehr als die Hälfte (55,1 %) aller Hypertoniker/-innen nicht im Blutdruckzielbereich (14). Trotz einer Fülle an antihypertensiven Medikamenten ist der Anteil an Patient/-innen, die adäquat für Hypertonie therapiert werden, in der Minderheit. Für die Schweiz bedeutet dies, dass bei einer Bevölkerungszahl von 8,7 Millionen über 843 000 Patient/-innen nicht im Blutdruckzielbereich liegen. Die Gründe hierfür liegen im Unklaren, mangelnde Adherence seitens der Patient/-innen und Multimorbidität mögen einen Teil erklären, wie aber auch im Falle der anderen untertherapierten Risikofaktoren können sie das Ausmass der Untertherapie nicht gänzlich erklären.

Gemäss der Global Burden of Disease Studie und der zugehörigen Datenbank des Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME) der University of Washington gingen in der Schweiz im Jahre 2019 allein 310 197 DALYs durch kardiovaskuläre Erkrankungen verloren (15). Das WifOR Institute hat diese Zahlen für 2021 auf 311 332 DALYS hochgerechnet (16). In einem idealisierten Szenario mit Patient/-innen, die sich sämtlich im Blutdruckzielbereich befinden, wären somit etwa 14,6 % oder 45 454 (311 332 x 0,146) verlorene DALYS vermeidbar (15, 16). Dies korreliert gemäss WifOR mit einem vermeidbaren sozioökonomischen Schaden von umgerechnet ca. CHF 7 Mrd. oder etwa 1 % des Bruttoinlandprodukts (BIP) im Jahre 2021.

2.2 Hyperlipidämie

Erhöhtes LDL-Cholesterin ist für 20,7 % aller kardio­vas­kulären Erkrankungen und rund 5 % aller kardiovaskulären Todesfälle verantwortlich. Im Hinblick auf das Risiko, einen Myokardinfarkt zu erleiden, ist das LDL-Cholesterin der bedeutsamste Risikofaktor mit etwa 12 % attribuiertem Risiko (10). Gemäss BFS und SGB betrug die Prävalenz der Hyperlipidämie (erhöhte LDL-Cholesterinspiegel) in der Schweizer Bevölkerung im Jahre 2017 12,5 %. Bemer­kens­wert ist insbesondere der Anstieg seit dem Jahre 2002, als in der Gesundheitsbefragung nur 8,8 % von einem erhöhten Cholesterinspiegel berichtet hatten. Innert 15 Jahren war somit ein Anstieg von relativ betrachtet 42 % zu verzeichnen. Dies dürfte neben einem tatsächlich höheren Anteil an Menschen mit erhöhten Cholesterinspiegeln aufgrund einem höheren Anteil älterer Menschen auch einer erhöhten Awareness für die Hyperlipidämie geschuldet sein. Die Euro­päische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) differenziert aufgrund vorliegender Risikofaktoren zwischen verschie­denen kardiovaskulären Risikokategorien, und damit gehen verschiedene Zielwerte im LDL-Cholesterinspiegel einher. Hinsichtlich der Therapie der Hyperlipidämie entsprechend der Risikokategorieeinteilung der ESC-Guideline 2019 zeigt sich folgendes Bild (17) (Tabelle 3): Es wird deutlich, dass bereits das Monitoring der Hyper­lipidämie verbesserungsfähig ist: So wird selbst in der höchsten Risikokategorie nur in 37,9 % der Fälle mindestens einmal pro Jahr das LDL-C bestimmt. Immerhin 42,2 % dieser Risikokategorie erhält keine lipidsenkende Therapie. Der mediane LDL-C-Wert in der höchsten Risikokategorie beträgt 2,2 mmol/l (IQR: 1,7–3,0) und liegt damit über dem ESC-Zielwert von 1,4 mmol/l. Betrachtet man die Zielwerterreichung der LDL-Choles­terinwerte gemäss den Zielen der ESC-Guideline 2019, so ergibt sich ein Bild gemäss Tabelle 4. Insgesamt erreichen nur 19 % aller Patient/-innen die Zielwerte, und selbst unter Statintherapie sind dies nur 25 %, was darauf hinweisen könnte, dass im Falle einer lipidsenkenden Therapie zu wenig potente Statine oder eine zu geringe Dosis verabreicht werden. Diese geringe Zielwerterreichung ist nicht nur spezifisch für die Schweiz, ähnliche Werte ergaben auch Studien aus Deutschland, obwohl dort seit mehr als einem Jahrzehnt entsprechende nationale Disease-Management-Programme (DMPs) etabliert sind (19).  Zu berücksichtigen ist, dass die ESC-Guideline aus dem Jahre 2019 deutlich tiefere LDL-Grenzwerte vorsieht als die vorangegangene Leitlinie aus dem Jahre 2016. Erfahrungs­gemäss gibt es eine Übergangszeit, bis neue Grenzwerte in die tägliche Praxis überführt werden (20). Allerdings zeig­ten auch die Zielerreichungsgrade mit Berücksichtigung der Zielwerte aus der ESC-Guideline 2016 keine besseren Ergebnisse (18). Eine aktuelle Auswertung aus dem Schweizer FIRE-Netzwerk, einem Forschungsnetzwerk, in das über 700 Hausärzt/-innen ihre Daten aus der elek­tronischen Krankenakte einspeisen und das Daten bis Ende 2021 einschloss, zeigte überdies keine signifikant besseren Ergebnisse. Die Annahme, dass die Implementierung neuer Zielwerte nur eine gewisse Zeit erfordert, zeigt sich somit nicht bestätigt (21). Bezüglich der Implementierung von Evidenz mittels finanzieller Anreize im Sinne einer leist­ungs­abhängigen Vergütung zeigten Studien, die den Diabetes mellitus adressierten, dass der Höhepunkt der Verbesserung bei einer Incentivierung von Zielerreichungs­graden etwa nach 18 Monaten erreicht wird (22). Bemerkenswert und alarmierend zugleich ist auch die Tatsache, dass bei Frauen das LDL-C als Risikofaktor im Vergleich zu Männern signifikant unterbehandelt wird. Während es bei Blutdruckeinstellung und HbA1c-Werten keine Gendergap gibt, erreichen Frauen sowohl in der Primär- als auch in der Sekundärprophylaxe mit zuneh­mendem Alter und damit dem Rückgang der protektiven Östrogene klinisch relevant höhere LDL-Spiegel, Abbildung 2 (23). Diese werden aber in der Primär- wie Sekundär­prävention nicht adäquat adressiert. Erhöhtes LDL-Cholesterin ist in den High-Income-Ländern für etwa 20,7 % aller kardiovaskulären Erkrankungen ver­antwortlich (11), was in der Schweiz einem Verlust von 64,445 (0,207 x 311,332) DALYs entspricht. LDL-Cholesterin ist für etwa 16 % aller Herzinfarkte verantwortlich, was etwa 1,000 vermeidbare Herzinfarkte in der Schweiz im Falle einer optimalen Lipidtherapie bedeuten würde. Sozioöko­nomisch entspricht dies gemäss WifOR 2021 einem ver­meid­bareren Schaden von 6,4 Mrd. USD (16).

2.3 Diabetes mellitus

Diabetes mellitus ist für 7,8 % aller kardiovaskulären Er­kran­­kungen und 5,9 % aller kardiovaskulär bedingten Todesfälle verantwortlich (10).

4,4 % oder 382 800 Schweizer/-innen über 15 Jahren gaben im Jahre 2017 gemäss Obsan an, an einem Diabetes mellitus zu leiden respektive entsprechende Medikamente einzu- nehmen. Gegenüber 2007 ist dies ein Anstieg um einen Prozentpunkt, was einem relativen Anstieg von etwa 30 % entspricht (24).

Die Therapie des Diabetes mellitus in der Schweiz war immer wieder Gegenstand von Diskussionen. So zeigte bei­spielsweise eine Studie mit Daten des Krankenversicherers Helsana erhebliches Verbesserungspotenzial beim Monito­ring, insbesondere den HbA1c-Kontrollen oder auch den Kontrollen kardiovaskulärer Risikofaktoren wie dem LDL-Cholesterin. Das LDL-Cholesterin wurde beispielsweise nur bei 19,8 % der Patient/-innen einmal jährlich kontrol­liert, während dies beim HbA1c in 87,6 % der Fall war (25).

Eine aktuelle Auswertung aus der FIRE-Datenbank mit Routinedaten aus 770 Hausarztpraxen (21) (Tabelle 5) mit 12 543 Patient/-innen zeigt, dass zwar 56 % aller Diabe­tiker/-innen die altersadaptierten Grenzwerte unterschrei­ten, dies liegt aber vor allem daran, dass in höherem Le­bens­alter höhere Grenzwerte angesetzt werden. In der Risikogruppe der unter 60-jährigen, für die ein Grenzwert von 7,0 % im HbA1c gilt, sind es vergleichsweise geringe ­

38 %. Dies ist umso bedeutsamer, da gerade für diese jün­geren Patient/-innen eine optimale Blutzuckerein- stellung wichtig ist, da sie noch einen grossen Teil der Lebenser­wartung vor sich haben.

Den 56 % der Patient/-innen aus Schweizer Hausarztpraxen, die den Zielwert von 7,5 % im HbA1c unterschreiten, ste­hen 44 % respektive ca. 168 400 (382,800 x 0,44) unkon­trol­lier­te Diabetiker/-innen gegenüber, die nicht den alters­adap­tier­ten Zielwert erreichen. Etwa 7,8 % aller kardio­vas­ku­lären Erkran­kungen in High-Income-Ländern sind auf den Diabetes mellitus als Risikofaktor zurückzuführen. Somit sind diesem Risikofaktor der Verlust von 24 283 DALYs (0,078 x 311,332) zuzuschreiben. Diese Zahl reflek­tiert somit die theoretisch zu gewinnenden DALYs im Falle ei­ner opti­malen Therapie aller Schweizer Diabetiker/-innen (24).

2.4 Rauchen

Rauchen ist in den High-Income-Ländern der bedeutsamste modifizierbare Risikofaktor für den Tod insgesamt und für 17,9 % aller Todesfälle und 15,7 % aller kardiovaskulären Erkrankungen verantwortlich (11).

Im Jahr 2017 rauchten gemäss Gesundheitsbefragung 27,1 % der Schweizer/-innen (26). Ein Grossteil der Rauchenden (19,1 % der gesamten Bevölkerung) konsumiert täglich Tabak, ein kleinerer Teil (8,0 %) gelegentlich. Jüngere, nicht repräsentative Daten aus dem Kanton Zürich zeigen eine Zunahme des Tabakkonsums, teilweise auch in anderer Form, etwa Snus (26, 27).

Gemäss einer aktuellen Schweizer Studie von Farcher und Mitarbeitern aus dem Jahre 2023 ist Rauchen für den Verlust von 47 639 DALYs im Jahre 2017 verantwortlich (27).

2.5 Adipositas

Adipositas, definiert als ein BMI von mindestens 30 oder mehr, ist für 6,8 % aller kardiovaskulären Erkrankungen und 11,4 % aller Todesfälle insgesamt verantwortlich, wobei kardiovaskuläre Todesfälle nur zu etwa 5 % der Adipositas zugerechnet werden (11).

In der Schweiz hat der Anteil adipöser und übergewichtiger Personen seit 1992 signifikant zugenommen. Der Anteil stieg von 30,4 % (1992) auf 41,9 % im Jahre 2017. Dabei sind Frauen wie Männer gleichermassen vom Anstieg betroffen, wobei bedeutend mehr Männer (51,0 %) als Frauen (33,0 %) übergewichtig oder adipös sind.

Bedeutsam für das kardiovaskuläre Risiko ist vor allem das abdominelle Fett und somit der Bauchumfang. In der Schweiz wurde im Jahr 2014 bei zwei Drittel aller Personen (66,9 %) ein normaler Bauchumfang gemessen. Bei den Frauen war dieser Anteil etwas höher (68,6 %) im Vergleich zu den Männern (65,0 %). Mit dem Alter (65 bis 75 Jahren) nahm der Anteil Personen mit einem grösseren Bauchum­fang auf 31,2 % bei den Frauen und auf 33,4 % bei den Männern zu.

Abdominale Adipositas ist für 6,8 % der kardiovaskulären Erkrankungen in den Industriestaaten verantwortlich, was in der Schweiz für 21 170 (0,68 x 311,332) verlorene DALYs sorgt (11).

2.6 Körperliche Aktivität

Körperliche Aktivität, in einem moderaten Umfang, reduziert das kardiovaskuläre Risiko signifikant (28). Das Bundesamt für Sport (BASPO) empfiehlt allen mindestens 2,5 Stunden Bewegung pro Woche in Form von Alltags­aktivitäten oder Sport mit mindestens mittlerer Intensität bzw. 1,25 Stunden Sport oder Bewegung mit hoher Inten­sität.

In der Schweiz hat der Anteil der Bevölkerung, der sich gemäss diesen Empfehlungen genügend bewegt, von 62,2 % (2002) auf 75,7 % (2017) zugenommen. Bei den Männern hat der Anteil in diesem Zeitraum um 10,6 % auf 77,8 % zugenommen, bei den Frauen um 15,9 % auf 73,6 %. Der Anteil der Männer, der gemäss den BASPO-Empfehlungen ausreichend körperlich aktiv ist, ist signifikant höher als derjenige der Frauen, allerdings hat sich die Differenz zwischen den Geschlechtern über den Zeitraum von 2002 bis 2017 reduziert. Körperliche Aktivität, wie auch alle anderen kardiovaskulären Risikofaktoren, zeigen eine positive Korrelation mit dem Bildungsniveau. Daten aus Italien zeigen, dass auch nach Korrektur von sozio- demografischen Faktoren gering gebildete Männer ein 21 % und Frauen ein 17 % höheres kardiovaskuläres Risiko im Ver­gleich zu dem gebildetsten Bevölkerungsanteil haben (29). Global sind etwa 1,5 % aller kardiovaskulären Erkran­kungen auf zu geringe körperliche Aktivität zurückzuführen, was auf die Schweiz umgerechnet etwa einem Verlust von 4 669 DALYs entspricht (30). Allerdings dürfte diese pau­schale Umrechnung auf die Schweiz den positiven Effekt der körperlichen Aktivität eher unterschätzen, denn diese be­einflusst ausser dem Rauchen praktisch alle modifizier­ba­ren kardiovaskulären Risikofaktoren positiv. Die Stei­gerung der körperlichen Aktivität stellt daher – neben einer gesun­den Ernährung – ein zentrales Ziel in der kardio­vaskulären Prävention dar.

3. Das (ökonomische) Potenzial einer optimalen kardiovaskulären Behandlung in der Schweiz

3.1 Direkte und indirekte Kosten der kardiovaskulären Erkrankungen

Offizielle Kostendaten des Bundes zu nicht übertragbaren Erkrankungen (non-communicable diseases, NCD) stammen aus dem Jahre 2011 und stützen sich auf die Arbeit von Wieser und Mitarbeitern (31). Im Jahr 2011 wurden sie demnach auf 52 Milliarden CHF geschätzt was einem Anteil von 80 % der gesamten direkten Gesundheitsausgaben entspricht. Gut 10 Milliarden CHF (15,6 %) davon entfallen gemäss Wieser et al. auf kardiovaskuläre Erkrankungen (32). Hinzu addieren sich indirekte Kosten, die laut Wieser et al. auf 108 % der direkten Kosten geschätzt werden.

Gemäss BFS betrugen die direkten Kosten der Gesundheitsversorgung im Jahre 2021 bereits über 86 Milliarden CHF. Überträgt man die Relationen aus der Arbeit von Wieser et al. auf das Jahr 2021, so ergeben sich mit 15,6 % direkter Kosten der kardiovaskulären Erkrankungen etwa 13,4 Milliarden CHF Kosten im Jahre 2021. Hinzu addieren sich analog 14,4 Milliarden CHF indirekte (108 % der direkten) Kosten, sodass insgesamt von einer Kostenbelastung von 27,8 Milliarden CHF allein durch direkte und indirekte Gesundheitskosten der kardiovaskulären Erkrankungen ausgegangen werden kann. Der Ansatz des WifOR Institute geht über die rein indirekten Kosten, etwa durch Produktivitätsverluste durch den Ausfall einer Arbeitskraft, hinaus und berücksichtigt auch unbezahlte Arbeit, die verringerte Anteilnahme an der sozialen Gemeinschaft etc. Die gesamte sozioökonomische Belastung (socio-economic burden, SEB), die daraus resultiert, beträgt im Jahre 2021 für die Schweiz ca. 26 Milliarden USD (16).

Für die Schweiz geht das WifOR Institute davon aus, dass ein DALY (Abbildung 1) mit einem SEB von CHF 99,417 assoziiert ist und der gesamte sozioökonomische Schaden in der Schweiz durch alle kardiovaskulären Erkrankungen bei umgerechnet circa CHF 31,Mrd. oder 4 % des BIP liegt (16).

3.2 Potenzial für individuelle Gesundheit und vermeidbare ökonomische Belastung

Tabelle 7 zeigt das Potenzial für individuelle Gesundheit, ausgedrückt in DALYs, und der vermeidbare ökonomi­sche Schaden bei einer optimalen Umsetzung der der­zeitigen Leitlinienempfehlungen im Hinblick auf die Kontrolle kardiovaskulärer Risikofaktoren in der Schweiz. Eine Änderung des Lebensstils könnte etwa 30 % aller verlorenen DALYs vermeiden, während medikamentöse Interventionen für etwa 70 % des DALY-Potenzials stehen. Auch wenn man keine vollständige Adhärenz auf Patient/-innenseite erwarten kann, ist das Optimierungspotenzial erheblich.

Lösungsansätze

Die Evidenz zur Implementierung von Richtlinien oder Verhaltensänderungen in die tägliche Praxis zeigt, dass die reine Zurverfügungstellung von evidenzbasiertem Wissen nur wenig Effekt hat (33, 34). Aber auch Versor­gungskonzepte wie das Chronic Care Modell (CCM), das auf Metaanalysen beruht, die untersucht haben, welche Mass­nah­men und Rahmenbedingungen die Versorgung chro­nisch kranker Menschen verbessern, sind ausserhalb von klinischen Studien nie flächendeckend implementiert worden (35–38). Dies, obwohl sich auch im Schweizer Kontext die Verbesserung von Prozessparametern und Outcomes zeigte (39, 40).

Im Vereinigten Königreich (UK) schon 2004 das «Quality and Outcomes Framework» (QOF) initiiert mit dem Ziel, die Versorgung chronisch kranker Menschen zu ver­bessern. Ein wesentliches Element dabei war die Ein­führung eines sogenannten Pay-for-Performance (P4P)- Programms für die Hausarztmedizin (41). In diesem P4P-Programm fällt ein relevanter Teil der Vergütung für Hausärzt/-innen auf die Zielerreichung von Qualitäts­indikatoren, die die Versorgung chronisch kranker Men­schen abbilden. Jedoch können sich bei den Indikatoren trotz regelmässiger Anpassungen Ceiling-Effekte ein­stel­len. Verglichen mit den Morbiditätsdaten anderer euro­päischer Länder fällt der Rückgang der kardio­vaskulären Mortalität in der UK nicht stärker aus, was zu Kritik an diesem zunächst überzeugenden Konzept führte (42). Allerdings bildet das P4P in der UK ausschliesslich Pro­zess­indikatoren ab und keine klinischen Outcomes wie Blut­druck oder LDL-Cholesterinspiegel. Zudem entfallen fast die Hälfte aller generierbaren Ver­gü­tungspunkte auf nicht medizinische Faktoren wie die Praxisinfrastruktur, Öff­nungs­zeiten, Erreichbarkeit oder Zufriedenheits­be­frag­ungen der Patient/-innen. Ein RCT in Schweizer Haus­arzt­praxen mit Prozess- und Outcome­-Indikatoren zeigte dem­nach signifikante Veränderungen bei der gezielten In­­cen­­­ti­vierung (22, 43).

Conclusion

Kardiovaskuläre Erkrankungen sind die führende Morbidi­täts- und Mortalitätsursache in der Schweiz. Es existiert eine umfangreiche wissenschaftliche Evidenz, die in Form von Leitlinien niederschwellig zugänglich zur Verfügung steht. Real Life Daten zeigen aber, dass die vorgegebenen Zielwerte, die ihrerseits mit einem klaren Überlebensvorteil und Ver­rin­gerung der Morbiditätslast assoziiert sind, häufig nicht erreicht werden.

Multimorbidität mag in einigen Fällen die therapeutischen Optionen limitieren, und auch mangelnde Adherence seitens der Patient/-innen ist ein bedeutsamer Faktor. Beides zu­sammen mag aber nicht erklären, dass teilweise gerade die Hälfte der Patient/-innen die geforderte Therapie erhält.

Zum Wohle unserer Patient/-innen sind wir Ärzt/-innen gefordert, das aktuelle medizinische Wissen auf die Patient/-innen individuell anzuwenden, denn das ist es, was sie von uns erwarten.

Abkürzungen
BAG Bundesamt für Gesundheit
BASPO Bundesamt für Sport
BFS Bundesamt für Statistik
CCM Chronic Care Modell
CVD Cardiovascular diseases, kardiovaskuläre Erkrankungen
DALYs Disability– (oder disease-) adjusted life years, verlorene gesunde Lebensjahre
DMP Disease Management Programme
ESC Europäische Gesellschaft für Kardiologie
GDP Gross domestic product, Bruttoinlandsprodukt
IHME Institute for Health Metrics and Evaluation
LYG Life years gained, gewonnene Lebensjahre
NCD Non-communicable diseases, nicht übertragbare Krankheiten
OBSAN Schweizerisches Gesundheitsobservatorium
QOF Quality and Outcomes Framework
P4P    Pay for performance
RCT randomized controlled trial, randomisierte, kontrollierte Studie
SEB Socio-economic burden, sozioökonomische Belastung
SGB Schweizerische Gesundheitsbefragung
WHO World Health Organization
YLD Years lived with disability, durch gesundheitliche Einschränkungen verlorene Lebensjahre
YLL  Life years lost, durch Tod verlorene Lebensjahre
Prof. Dr. Dr. med.Thomas Rosemann

Institut für Hausarztmedizin
Universitätsspital Zürich
Pestalozzistrasse 24
8091 Zürich

thomas.rosemann@usz.ch

Interessenkonflikte
Das vorliegende Paper ist im Rahmen des von Novartis unterstützten Projektes «Take action» entstanden, das darauf abzielt, die Versorgung von kardiovaskulären Risikopatient/-innen zu verbessern, und von Frau Dr. Agnès Bachofner geleitet wird. Novartis hat auf den Inhalt keinen Einfluss genommen.
Historie
Manuskript eingereicht: 17.01.2024
Angenommen nach Revision: 11.03.2024

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Cystische Lungenerkrankungen

Einleitung

Lungenzysten zählen zu den vermehrt diagnostizierten radiologischen Zufallsbefunden, begünstigt durch die weit verbreitete Verfügbarkeit von hochauflösenden Computertomographien (HRCT). Sie können als Teil des natürlichen Alterungsprozesses des Lungenparenchyms auftreten oder sich im Rahmen verschiedener Lungenerkrankungen manifestieren, einschliesslich postinfektiöser, maligner oder entzündlicher Genese. Bei der Konfrontation mit Lungenzysten in der HRCT ist ein systematischer Ansatz unerlässlich (Abbildung 1). Der erste Schritt besteht darin, sie von anderen umschriebenen, gering absorbierenden Bereichen zu unterscheiden, die häufig auftreten, beispielsweise Emphysem, Bronchiektasien oder Honeycombing. Anschliessend klassifiziert die Anzahl der Zysten, das Muster der Verteilung sowie das Vorhandensein von begleitenden Lungenanomalien die Zysten weiter in lokalisierte, zufällig auftretende oder diffuse zystische Lungenerkrankungen. Das Vorhandensein einer diffusen zystischen Lungenerkrankung rechtfertigt weitere Tests für eine präzise Diagnose, da die Behandlungsoptionen krankheitsspezifisch sind.

Birt-Hogg-Dubé-Syndrom

Das Birt-Hogg-Dubé Syndrom (BHD) ist eine seltene autosomal dominante Störung mit einer hohen Penetranz (geschätzt bei 90-95%) (1). Sie entsteht aufgrund von Keimbahnmutationen im Tumorsuppressorgen FLCN, das auf Chromosom 17p11.2 liegt und das Folliculin-Protein codiert. Die phänotypischen Merkmale der Krankheit umfassen eine Triade aus diffusen pulmonalen Zysten, Hautläsionen und renalen Neoplasien unterschiedlicher Histologie. Es betrifft in der Regel junge Erwachsene ohne Geschlechtspräferenz und tritt überwiegend bei Personen im Alter von 20 bis 40 Jahren auf; es kann jedoch in allen Altersgruppen auftreten. Bei BHD werden bei der Mehrheit der Patienten (ungefähr 80%) pulmonale Zysten beobachtet. Diese Zysten weisen im Vergleich zu anderen diffusen zystischen Lungenerkrankungen (DZLE) eine linsenförmige Form, größere Abmessungen und eine basale Dominanz auf (Abbildungen 2 und 3). Eine Studie zu radiologischen Merkmalen, die mit den vier Hauptursachen diffuser Lungenzysten assoziiert sind, zeigte eine deutlich höhere Inzidenz von paramediastinalen Zysten bei Personen mit BHD (2).
Die klinischen Manifestationen der Lungenbeteiligung bei BHD sind unspezifisch und werden hauptsächlich durch ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Pneumothorax charakterisiert (etwa 50-mal höher als in der Allgemeinbevölkerung) (3). So entwickeln etwa 24% der Patienten mit Lungenzysten bei BHD einen Pneumothorax mit einer sehr hohen Rezidivrate von 75% (1).
Eine Hautbeteiligung tritt bei mehr als 85% der Patienten auf und äussert sich durch die Bildung gutartiger Hauttumore wie Fibrofollikulomen, Trichodiskomen und Acrochordonen (1). Die charakteristischsten Hautläsionen bei BHD sind Fibrofollikulome, schmerzlose kleine papuläre Wucherungen, die sich allmählich über die Kopfhaut, das Gesicht, den Hals und die Brust verteilen.
Eng mit einer erhöhten Mortalität verbunden ist eine renale Beteiligung, die bei etwa 30% der Patienten mit BHD diagnostiziert wird (4). Die häufigsten Histologien umfassen Onkozytome und chromophobe Adenome, obwohl klarzellige und papilläre Karzinome ebenfalls auftreten können. Das Vorhandensein von bilateralem oder multifokalem Nierenkrebs mit frühem Beginn sollte den Verdacht auf BHD wecken.

Die Identifikation eines Pneumothorax bei jungen Personen mit einer positiven Familienanamnese bezüglich Pneumothoraces oder Nierentumoren sollte eine Untersuchung auf das Birt-Hogg-Dubé-Syndrom nach sich ziehen. Diese Evaluation umfasst eine hochauflösende Computertomographie (HRCT), eine dermatologisches Konsil mit Hautbiopsie sowie genetische Testung. Eine Lungenbiopsie ist bei typischer Konstellation respektive nachgewiesener Mutation nicht indiziert.

Die Behandlung besteht hauptsächlich in der Bewältigung von Komplikationen. Darüber hinaus ist das Screening auf renale Neoplasien entscheidend und wird in der Regel ab dem 20. Lebensjahr mit regelmässigen Screenings im Intervall von drei Jahren unter Verwendung der Magnetresonanztomographie (MRT) empfohlen (5,6).
Lymphozytäre interstitielle Pneumonie
Die lymphozytäre interstitielle Pneumonie (LIP) beschreibt eine diffuse Infiltration des Lungenparenchyms durch reaktives lymphoides Gewebe (7). Es kann sich als idiopathischer Zustand manifestieren oder mit verschiedenen zugrunde liegenden Faktoren assoziiert sein, wobei Autoimmunerkrankungen wie das Sjögren-Syndrom (25-50% der LIP-Fälle), systemischer Lupus erythematodes (SLE) und rheumatoide Arthritis (RA) die häufigsten Ursachen sind. Immunodefizienzzustände wie HIV und eine gemeinsame variable Immundefizienz (CVID) können ebenfalls mit LIP in Verbindung gebracht werden (8).
Radiologische Anomalien bei LIP zeigen verschiedene Erscheinungsformen, darunter Ground Glass Opazitäten (GGO), zentrilobuläre Noduli und zystische Veränderungen. Ground Glass Opazitäten werden eher im frühen Stadium der Krankheit beschrieben, während Noduli und Zysten bei chronischer, langjähriger LIP vermehrt beobachtet werden (9). Pulmonale Zysten wurden bei 60-80% der Patienten mit LIP festgestellt und zeigten eine durchschnittliche Größe von 16 mm (3-52 mm), bilaterales Auftreten und eine subpleurale oder peri-broncho-vaskuläre Verteilung. Eine zufällige Verteilung ist ebenfalls in der Literatur dokumentiert. Die Lungenfunktionsprüfung zeigt in der Regel ein restriktives Muster mit reduzierter Diffusionskapazität. Eine histologische Bewertung ist unerlässlich, um die Diagnose zu bestätigen.

Die Behandlung von LIP zielt darauf ab, die zugrunde liegende Erkrankung zu behandeln. In Fällen, die mit HIV assoziiert sind, haben antiretrovirale Therapien klinische Wirksamkeit gezeigt und eine Remission der LIP wurde berichtet (10). Für die meisten anderen Fälle ist ein immunsuppressives Regime mit Kortikosteroiden oder eine Kortikosteroid-sparend Therapie zur Verbesserung oder Stabilisierung der Krankheit empfohlen. Eine enge Überwachung mit wiederholten radiologischen Kontrollen wird bei Erkrankungen wie dem Sjögren-Syndrom empfohlen, jedoch ist das optimale Intervall und die Dauer der Nachbeobachtung noch zu bestimmen.

Lymphangioleiomyomatose

Die Lymphangioleiomyomatose (LAM) ist eine seltene zystische Lungenerkrankung, die durch die Proliferation von muskelähnlichen Zellen charakterisiert ist, die Mutationen in den Genen TSC1 (Hamartin) und TSC2 (Tuberin) aufweisen (11). Diese Gene kodieren Proteine, die den Signalweg von Rapamycin (mTOR) regulieren (11). Ein Mangel oder eine Dysfunktion von Hamartin und Tuberin führt zu einer hochregulierten mTOR-Aktivität, was zu einer erhöhten Proteinsynthese und unangemessenen zellulären Proliferation, Migration und Invasion führt. Zusätzliche Effekte von TSC1- und TSC2-Mutationen umfassen die Unterdrückung der Autophagie, einen Wechsel zu glykolytischem Stoffwechsel und die Expression von vaskulären endothelialen Wachstumsfaktoren (=vascular endothelial growth factor/ VEGF-C und VEGF-D) (12). Ein erhöhter Serumspiegel von VEGF-D ist bei 50-70% der Patienten mit LAM messbar und dient als nützlicher diagnostischer und prognostischer Marker (13,14).
Die Rolle von Östrogen in der Pathologie von LAM ist noch nicht vollständig verstanden, jedoch steht eine Progredienz in Verbindung mit hohen Östrogenspiegeln etwa während der Schwangerschaft und Hormonersatztherapie. Ein Pneumothorax während der Schwangerschaft sollte stets den Verdacht auf LAM wecken. Oft wird postmenopausal eine verlangsamte Krankheitsprogression beobachtet. LAM wird entweder als sporadisch oder im Zusammenhang mit dem tuberösen Sklerosekomplex (TSC) klassifiziert. Sporadische LAM zeigt TSC1- und TSC2-Mutationen nur in neoplastischen Läsionen und betrifft hauptsächlich junge Frauen. Im Gegensatz dazu betrifft TSC-assoziierte LAM alle Zellen und tritt bei beiden Geschlechtern auf, wenn auch nicht gleichmässig verteilt (häufiger bei Frauen). TSC-LAM tritt bei 30% der Frauen mit TSC und bei 10-15% der Männer mit TSC auf (15). Das durchschnittliche Alter bei der Diagnose liegt bei 35 Jahren, aber es wurden auch seltene Fälle bei Kindern und älteren Menschen beschrieben.

Abb. 5: MRT des Abdomens zeigt ein renalen Angiomyolipom links (orangener Pfeil) bei einer Patientin mit TSC-LAM (Abbildung mit freundlicher Genehmigung des Universitätsspital Basel)

Lungenzysten bei LAM sind typischerweise rund, gleichmäßig in beiden Lungen verteilt und in Form und Grösse relativ einheitlich (Abbildung 4). Bei TSC-LAM treten häufig Lungennoduli mit einer Grösse von 2 bis 14 mm auf, die die zystischen Läsionen begleiten und eine multifokale mikronoduläre Pneumozyten-Hyperplasie repräsentieren. Bei 10% der LAM-Patienten treten weiterhin chylöse Pleuraergüsse auf.
Eine abdominale Beteiligung tritt insbesondere mit renalen Angiomyolipomen auf – gutartigen Tumoren, die ein hohes Blutungsrisiko bei >4 cm Grösse darstellen (Abbildung 5). Abdominale oder mediastinale Lymphangioleiomyome, Aszites und Lymphadenopathien können ebenfalls auftreten.
Der klinische Verlauf der LAM ist durch fortschreitende Dyspnoe bei körperlicher Anstrengung, das wiederholte Auftreten eines Pneumothorax und die Ansammlung von chylöser Flüssigkeit thorakal und abdominal gekennzeichnet. Bei der Lungenfunktion wird häufig ein obstruktiver Defekt und eine Hyperinflation festgestellt. Eine Verschlechterung der Lungenfunktion ist bei Patientinnen im reproduktiven Alter, hohen VEGF-D-Spiegeln und bei Verwendung von östrogenhaltigen Medikamenten festzustellen.

Die Durchführung einer HRCT Untersuchung zum Ausschluss einer LAM ist gerechtfertigt bei Auftreten eines Pneumothorax in der Schwangerschaft oder bei jungen, weiblichen Nichtraucherinnen, bei asymptomatischen Patienten mit TSC sowie bei der zufälligen Entdeckung von Angiomyolipomen oder unerklärlichem chylösem Aszites beziehungsweise Pleuraerguss. Die Leitlinien der ERS (European Respiratory Society) weisen darauf hin, dass die Diagnose von LAM auf der Grundlage charakteristischer zystischer Läsionen bei einem Patienten mit TSC, Angiomyolipom oder Chylothorax gestellt werden kann. Ein VEGF-D-Serumspiegel über 800 pg/ml bei einem Patienten mit typischen Zysten ist ebenfalls diagnostisch für LAM (16).

In der MILES-Studie (17) hat Sirolimus eine Verlangsamung der Progredienz der LAM gezeigt. Evidenzbasierte Empfehlungen schlagen vor, die Sirolimus-Behandlung zu beginnen, wenn das forcierte exspiratorische Volumen in einer Sekunde (FEV1) unter 70% fällt. Die optimale Behandlungsdauer bleibt unklar, und viele Patienten werden unbefristet behandelt. Ein weiterer Aspekt des LAM-Managements umfasst die regelmäßige radiologische Überwachung von Angiomyolipomen. Nachgewiesen ist ein höheres Blutungsrisiko bei Läsionen grösser als 4 cm, wonach sich eine Intervention, wie eine chirurgische Entfernung oder Embolisation, empfiehlt.

Pulmonale Langerhans-Zell-Histiozytose

Die pulmonale Langerhans-Zell-Histiozytose (PLCH) ist eine systemische Erkrankung, die sich als diffuse zystische interstitielle Lungenerkrankung manifestiert und hauptsächlich junge Erwachsene betrifft, die rauchen. Obwohl die genaue Pathogenese der Krankheit noch diskutiert wird, besteht ein gut dokumentierter Zusammenhang mit Nikotinabusus als begünstigendem Faktor. Die Prävalenz des Zigarettenrauchens liegt bei über 90% der diagnostizierten PLCH-Patienten (18). Somatische Mutationen in den MAPK-Signalwegen, insbesondere BRAF V600E und MAPK2K1, sind in den meisten Fällen nachweisbar (19).

Das klinische Bild ist bei der Mehrheit der Patienten unspezifisch und reicht von minimalen Symptomen bis zu Dyspnoe und Husten. Eine schwerere Präsentation mit konstitutionellen Symptomen wie Gewichtsverlust und Fieber ist ebenfalls möglich, beschränkt sich jedoch auf 20% der Fälle. Etwa 20% der Patienten zeigen extrapulmonale Manifestationen zum Zeitpunkt der Diagnose. Am häufigsten handelt es sich um zystische Knochenläsionen und pathologische Knochenbrüche. Eine skelettale Beteiligung kann pulmonalen Manifestationen vorausgehen und betrifft typischerweise flache Knochen. Eine Hypothalamus-Beteiligung, die zur Entwicklung von Diabetes insipidus führt, tritt bei 5-15% der Patienten auf, während Hautbeteiligung bei weniger als 5% zu beobachten ist. Die Lungenfunktion bleibt bei PLCH in der Regel erhalten. In den frühen Phasen der Krankheit wurde ein restriktives Muster beschrieben, das CT-radiologisch überwiegend nodulären Veränderungen entspricht. In den fortgeschrittenen Phasen der Krankheit zeigt sich lungenfunktionell ein obstruktives Muster, CT-radiologisch einem vorherrschend zystischen Muster entsprechend. Die Diffusionskapazität ist häufig im Verhältnis zu den Veränderungen des Lungenvolumens übermässig reduziert.

Die hochauflösende Computertomographie (HRCT) spielt eine entscheidende Rolle bei der Evaluation von PLCH. Das charakteristische Merkmal ist das Vorhandensein von diffusen Zysten und Noduli, die sich überwiegend in den mittleren bis superioren Bereichen der Lungen ansammeln, wobei der kostophrenische Winkel nicht befallen ist (20) (Abbildung 6). Die Noduli weisen oft eine schlecht definierte Form auf und messen typischerweise zwischen 2 und 10 mm.

Langerhans-Zellen sind spezialisierte dendritische Zellen, die eine entscheidende Rolle bei der Regulation der Schleimhautimmunität spielen (20). In der Pathologie von PLCH umfasst die initiale Läsion die Ansammlung aktivierter Langerhans-Zellen um die terminalen und respiratorischen Bronchiolen. Die Signale, die zur Aktivierung der Langerhans-Zellen führen, sind noch Gegenstand der Debatte, wobei das Rauchen einen prominenten Faktor darstellt (21). Die Langerhans-Zellen und die nachfolgende Rekrutierung von Entzündungszellen tragen zur Bildung von Noduli bei, die der Entwicklung von Remodeling der Atemwege und zystischen Veränderungen vorausgehen (19).
Die Diagnose von PLCH sollte bei jungen Rauchern, die sich mit zystischen und nodulären Infiltraten präsentieren, in Betracht gezogen werden. Eine Anamnese mit aufgetretenem Pneumothorax oder das Vorhandensein von Diabetes insipidus sollte die Aufmerksamkeit der Ärzte auf das mögliche Vorhandensein von PLCH lenken. HRCT ist ein wesentlicher Bestandteil der Untersuchung auf PLCH. Wenn klinische und radiologische Befunde auf PLCH hinweisen, sind weitere invasive diagnostische Verfahren angebracht. Zur Bestätigung der Diagnose kann eine bronchoalveoläre Lavage (BAL) ausreichend sein, wenn mehr als 5% CD1a-positive Zellen identifiziert werden, was eine hohe Spezifität, aber eine geringe Sensitivität zeigt. Weitere invasive diagnostische Methoden wie transbronchiale Biopsie (TBB) mit einer diagnostischen Ausbeute von 30% und Video-assistierte Thorakoskopie (VATS) können erforderlich sein. Ein Fluordesoxyglukose-Positronenemissionstomographie (FDG PET)-Scan kann bei der Diagnose von PLCH hilfreich sein, da Läsionen typischerweise FDG-positiv sind, insbesondere wenn der Verdacht auf extrapulmonale Beteiligung besteht.

Das Management von PLCH konzentriert sich hauptsächlich auf die Raucherentwöhnung und die Behandlung von Komplikationen wie Pneumothorax und respiratorisches Versagen. Eine medikamentöse Therapie mit Immunsuppression wird in der Regel bei Patienten mit beeinträchtigter Lungenfunktion zum Zeitpunkt der Diagnose oder einem Rückgang bei seriellem Testen trotz erfolgreichem Rauchstopp in Betracht gezogen. Die Wahl des Immunsuppressivums bleibt Gegenstand der Debatte, wobei begrenzt verfügbare Daten aus randomisierten kontrollierten Studien vorliegen. Erfahrungen deuten auf eine begrenzte Wirksamkeit von oralen Kortikosteroiden hin, während andere Substanzen wie Azathioprin, Methotrexat und Cladribin eine höhere Wirksamkeit zeigen können. In den letzten Jahren war ein neues Gebiet die targeted therapy, unter Berücksichtigung der hohen Prävalenz von Mutationen in den Genen der MAPK-Signalwege. Vemurafenib, ein BRAF-Kinaseinhibitor, zeigte eine gute Wirksamkeit in der Krankheitskontrolle (22) und eröffnete neue therapeutische Möglichkeiten bei PLCH.

Silviu-Mihail Chirila, silviu-mihail.chirila@usb.ch
Stv. Oberarzt
Universitätsspital Basel
Klinik für Pneumologie
Petersgraben 4
4031 Basel

Interessenskonflikte: Der Autor hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

 

Silviu-Mihail Chirila

Universitätsspital Basel
Klinik für Pneumologie
Petersgraben 4
4031 Basel

Literatur:
1. Toro JR, Pautler SE, Stewart L, Glenn GM, Weinreich M, Toure O, Wie MH,Schmidt LS, Davis L, Zbar B,et al. Lung cysts, spontaneous pneumothorax, and genetic associations in 89 families with Birt-Hogg-Dube Syndrome. Am J Respir Crit Care Med2007;175:1044–1053
2. Escalon JG, Richards JC, Koelsch T, et al. Isolated Cystic Lung Disease: An Algorithmic Approach to Distinguishing Birt-Hogg-Dubé Syndrome, Lymphangioleiomyomatosis, and Lymphocytic Interstitial Pneumonia. AJR Am J Roentgenol 2019; 212:1260.
3. Zbar B, Alvord WG, Glenn G, Turner M, Pavlovich CP, Schmidt L,Walther M, Choyke P, Weirich G, Hewitt SM,et al. Risk of renal and colonic neoplasms and spontaneous pneumothorax in theBirt-Hogg-Dub ́e syndrome. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev2002;11:393–400
4. Toro JR, Wie MH, Glenn GM, et al. BHD mutations, clinical and molecular genetic investigations of Birt-Hogg-Dubé syndrome: a new series of 50 families and a review of published reports. J Med Genet 2008; 45:321.
5. Menko FH, van Steensel MA, Giraud S, Friis-Hansen L, Richard S,Ungari S, Nordenskj ̈old M, Hansen TV, Solly J, Maher ER; European BHD Consortium. Birt-Hogg-Dub ́e syndrome: diagnosis and management. Lancet Oncol2009;10:1199–1206
6. Stamatakis L, Metwalli AR, Middelton LA, Marston Linehan W. Diagnosis and management of BHD-associated kidney cancer.Fam Cancer2013;12:397–402
7. Nicholson AG. Lymphocytic interstitial pneumonia and other lymphoproliferative disorders in the lung. Semin Respir Crit CareMed2001;22:409–422.
8. Cha SI, Fessler MB, Cool CD, Schwarz MI, Brown KK. Lymphoid interstitial pneumonia: clinical features, associations and prognosis. Eur Respir J2006;28:364–369.
9. Johkoh T, Müller NL, Pickford HA, et al. Lymphocytic interstitial pneumonia: thin-section CT findings in 22 patients. Radiology 1999; 212:567.
10. Dufour V, Wislez M, Bergot E, Mayaud C, Cadranel J. Improvement of symptomatic human immunodeficiency virus-related lymphoid interstitial pneumonia in patients receiving highly active antiretroviral therapy.Clin Infect Dis2003;36:e127–e130.
11. Tapon N, Ito N, Dickson BJ, Treisman JE, Hariharan IK. The Drosophila tuberous sclerosis complex gene homologs restrict cell growth and cell proliferation. Cell2001;105:345–355
12. Henske EP, McCormack FX. Lymphangioleiomyomatosis – a wolf in sheep’s clothing. J Clin Invest2012;122:3807–3816
13. Young L, Lee HS, Inoue Y, Moss J, Singer LG, Strange C, Nakata K,Barker AF, Chapman JT, Brantly ML,et al.; MILES Trial Group. Serum VEGF-D a concentration as a biomarker of lymphangioleiomyomatosis severity and treatment response: a prospective analysis of the Multicenter International Lymphangioleiomyomatosis Efficacy of Sirolimus (MILES) trial. Lancet Respir Med2013;1:445–452.
14. Young LR, Inoue Y, McCormack FX. Diagnostic potential of serum VEGF-D for lymphangioleiomyomatosis. NEnglJMed2008;358:199–200.
15. Muzykewicz DA, Sharma A, Muse V, Numis AL, Rajagopal J, Thiele EA.TSC1 and TSC2 mutations in patients with lymphangioleiomyomatosis and tuberous sclerosis complex.JMedGenet2009;46:465–468.
16. S. R. Johnson, J. F. Cordier, R. Lazor, V. Cottin, U. Costabel, S. Harari, M. Reynaud-Gaubert, A. Boehler, M. Brauner, H. Popper, F. Bonetti, C. Kingswood, the Review Panel of the ERS LAM Task Force European Respiratory Journal 2010 35: 14-26; DOI: 10.1183/09031936.00076209
17. Francis x. McCormack, Yoshikazu Inoue, Joel Moss, Lianne G. Singer, Charlie Strange, Koh Nakata, Alan F. Barker, Jeffrey T. Chapman, Mark l. Brantly et al., Efficacy and Safety of Sirolimus in Lymphangioleiomyomatosis
18. Vassallo R, Ryu JH, Schroeder DR, Decker PA, Limper AH. Clinical outcomes of pulmonary Langerhans’-cell histiocytosis in adults. N Engl J Med2002;346:484–490
19. Gupta N, Vassallo R, Wikenheiser-Brokamp KA, McCormack FX. Diffuse Cystic Lung Disease. Part II. Am J Respir Crit Care Med 2015; 192:17.
20. Abbott GF, Rosado-de-Christenson ML, Franks TJ, et al. From the archives of the AFIP: pulmonary Langerhans cell histiocytosis. Radiographics 2004; 24:821.
21. Xaubet A, Agust ́ıC, Picado C, Guer ́equiz S, Martos JA, Carri ́on M,Agust ́ı-Vidal A. Bronchoalveolar lavage analysis with anti-T6monoclonal antibody in the evaluation of diffuse lung diseases.Respiration1989;56:161–166
22. Donadieu J, Larabi IA, Tardieu M, Visser J, Hutter C, Sieni E, et al. Vemurafenib for refractory multisystem langerhans cell histiocytosis in children: an international observational study. J Clin Oncol. (2019) 37:2857–65. doi: 10.1200/JCO.19.00456

 

Arbeitsplatzassoziiertes Fieber oder wenn es doch das Zebra ist…

Einleitung

Febrile Körpertemperaturen kombiniert mit Grippesymptomatik (Kopf- und Gliederschmerzen, Malaise) sind oftmals angetroffene Beschwerden. Zumeist ist die Ursache in einer viralen oder bakteriellen Infektion zu suchen. Nebst der infektiösen Genese kommen aber auch zahlreiche weitere Krankheiten als Auslöser des Fiebers infrage [1].
Wie immer steht auch hier der Anamnese eine herausragende Bedeutung zu. Es soll u.a. nach der Häufigkeit und Dauer der Fieberschübe, den Begleitsymptomen (inklusive B-Symptomatik), der Umgebungsanamnese, Medikamenteneinnahme, Reisen mit entsprechendem Risikoverhalten und besonderen Freizeitbeschäftigungen gefragt werden.
Die Berufsanamnese soll dabei nicht vergessen werden, denn auch der Arbeitsplatz kann Fieberzustände auslösen. Sind zum Beispiel andere Mitarbeiter ebenfalls von ähnlichen Symptomen betroffen und/oder verschwinden die Beschwerden während des Wochenendes, respektive Urlaubs, lohnt es sich, einen detaillierten Tätigkeitsbericht zu verlangen. Eine Arbeitsplatzbegehung kann weitere Informationen betreffend Tätigkeit und Expositionen am Arbeitsplatz liefern.
Hauptaufnahmeweg von Noxen in der Arbeitswelt ist oft die Inhalation und so tritt häufig begleitend auch eine pulmonale Symptomatik (z.B. Husten, Dyspnoe) auf.
Bereits 1992 gab es Diskussionen bezüglich des Begriffs «Inhalationsfieber» [2], allerdings wurde bis heute kein Konsens bezüglich einheitlicher Nomenklatur gefunden. Gemäss Hendrick et al. werden unter dem Begriff «Inhalationsfieber» [3] eine Gruppe von grippeartigen Syndromen wie z.B. das Metalldampffieber, das Polymerrauchfieber und das organic dust toxic syndrom (ODTS) zusammengefasst. Die Hypersensitivitätspneumonitis (HP), traditionell auch exogen allergische Alveolitis (EAA) genannt [4], welche immunbedingt ebenfalls zu Fieber führt und oft ihren Trigger in der Arbeitswelt findet, wird in der Literatur nicht unter dem Begriff der «Inhalationsfieber» subsumiert.
Bei den Expositionen kann eine Unterscheidung und somit vereinfachende Einteilung in «organische Stäube » und «anorganische Substanzen» gemacht werden. Bei detaillierter Betrachtung der Einteilung gibt es aber Ausnahmen bezüglich der Zuordnung in die Bereiche «organisch» versus «anorganisch».
Durch die Inhalation von organischen Stäuben können die Krankheitsbilder der Hypersensitivitätspneumonitis (HP) und des organic dust toxic syndromes (ODTS) entstehen. Anorganische Substanzen, z.B. in Form von Dampf oder Rauch, verursachen u.a. das Metalldampffieber.
Berufsbedingte Lungenerkrankungen können toxisch oder immunvermittelt sein. Die toxische Wirkung ist abhängig von der Eigenschaft, der Dosis und der Einwirkungszeit der Substanz. Ab einer bestimmten Expositionshöhe kommt es immer zu einer Manifestation von Symptomen. Im Gegensatz dazu ist die immunvermittelte Reaktion eine individuelle Überempfindlichkeitsreaktion.
Je nach Berufsbild und somit Arbeitsort, respektive Inhalationsexposition lässt sich an verschiedene Krankheiten denken. In der Folge werden wir uns auf fieberhafte Zustände in Zusammenhang mit typischen Berufsbildern und deren potentielle Ursache konzentrieren.

Organische Stäube

Ein Landwirt stellt sich mit Fieber vor…
Bei der Arbeit im Landwirtschaftsbereich besteht in der Regel eine hohe Exposition gegenüber organischen Stäuben, dies z.B. in Form von Heu, Getreide, Silage etc. Durch Feuchtigkeitsbelastung kann Schimmel (Aspergillus spp [5], Saccharomycetes spp., termophile Aktinomyzeten) entstehen, dessen Bestandteile dann als Antigene fungieren. Nach Inhalation der genannten Antigene kann sich eine Hypersensitivitätspneumonitis (HP) entwickeln. Bei einem Landwirt wird die Erkrankung treffenderweise auch «Farmerlunge» genannt, wobei diese mit einer saisonalen und geographischen Häufung auftritt [6].
Zusammenfassend stammen die Antigene von folgenden Klassen: Mikroorganismen (Bakterien, Mykobakterien, Pilze), tierischen und pflanzlichen Proteinen (organisch), und auch von Chemikalien (Ausnahme: teilweise anorganisch). Die Autoren Raghu et al. [7]. und auch die Homepage www.hplung.com liefern eine umfassende Übersicht bezüglich HP-auslösenden Antigenen. So ist als bekannteres Beispiel der HP die Taubenzüchterlunge und die Befeuchterlunge zu nennen, exotischer ist dabei die Käsewäscherlunge oder die Federduvetlunge.
Patienten strukturiert zu befragen und an alle möglichen, teils seltenen Expositionen (z.B. Dampfbügeleisen, Blasinstrumente oder Bettfedern) zu denken kann schwierig sein. Hilfestellung liefert ein übersichtlicher Fragebogen, welcher von den Autoren Kreuter et al. [8] erstellt wurde und frei erhältlich ist. Um organisiert vorzugehen, kann man sich vom Patienten auch den detaillierten Tagesablauf schildern lassen.
Die Pathogenese der HP ist nicht abschliessend geklärt; man geht davon aus, dass es nach Inhalation der alveolengängigen Antigenen zu einer Infiltration durch mononukleäre Zellen und Neutrophile im Bereich der Bronchiolen, Alveolen und Interstitium mit folglicher Granulombildung kommt [9].
Da für die Krankheitsauslösung eine Sensibilisierungsphase benötigt wird, gibt es kein Auftreten nach einem Erstkontakt. Ob die Krankheit schliesslich ausbricht, ist abhängig von der Dauer der Exposition, der Staubkonzentration und der genetischen Prädisposition des Patienten [4].
Die HP ist eine seltene Erkrankung und die Inzidenz ist abhängig z.B. von geographischen und klimatischen Bedingungen [10].
Unterschieden wird eine akute, subakute und chronische Form der HP [11]. Die akute Form äussert sich mit Fieber, Schüttelfrost, Gliederschmerzen und pulmonaler Symptomatik (Husten und Dyspnoe) vier bis zwölf Stunden nach massiver Antigenexposition (Bsp. Reinigung eines Taubenschlages) und klingt nach 24 bis 48 Stunden spontan wieder ab. Oft heilt eine akute Form ohne Spätschäden aus. Hingegen braucht es für die chronische Form der HP Kontakt mit kleineren Antigenmengen über einen längeren Zeitraum. Die Symptome sind dann unspezifischer; es zeigen sich trockener Husten, Abgeschlagenheit, Gewichtsverlust und sind assoziiert mit einer schlechteren Prognose.
In der klinischen Untersuchung findet man beim Vorliegen einer bereits fibrotischen (respektive chronischen) Manifestation zumeist ein Knisterrasseln (Sklerosiphonie, velcro rales). Lungenfunktionell zeigt sich eine Restriktion. Eine Diffusionsstörung mit Abfall der Sauerstoffsättigung unter Belastung sind typisch bei fortgeschrittener Erkrankung.
Erhöhte Entzündungsparameter (Leukozyten, CRP) und teils positive antigen-spezifische Immunglobuline G Werte (Präzipitine) sind in der laborchemischen Untersuchung zu detektieren. Durch positive, spezifische IgG kann die Diagnose nicht bestätigt werden, ebenso wenig können negative IgG die Krankheit ausschliessen [10].
Die bronchoalveoläre Lavage (BAL) zeigt häufig eine relevante Lymphozytose und histopathologisch wird eine bronchiolozentrische Entzündung mit kleinen, histiozytären Granulomen nachgewiesen [7].

Richtungsweisend ist sicherlich die radiologische Bildgebung (HRCT) mit den typischen Befunden der Akutphase wie zentrilobuläre Noduli, Milchglasopazitäten, Airtrapping in Exspiration und in der chronischen Phase zusätzlich Retikulationen und Traktionsbronchiektasen [7].
Da die Diagnosestellung knifflig sein kann, liefern die Autoren Raghu et al. [7] ein Flussdiagramm, welches die Kriterien der passenden Anamnese, HRCT- Bildgebung, Labor, BAL und Histopathologie inkludiert.

Die Expositionskarenz, d.h. Urlaub an einem anderen Ort oder die Expositionstestung, welche direkt am Arbeitsplatz oder auch arbeitsplatzsimulierend vorgenommen werden kann, komplettieren schliesslich die Verdachtsdiagnose. Besonders aussagekräftig ist der Karenztest, wenn die abgeschwächten oder bereits ganz verschwundenen Symptome bei erneuter Exposition, z. B. nach einem Urlaub, wieder auftreten (Karenz−Reexpositionstest).
Nebst der Expositionskarenz, welche entscheidend ist, sind je nach Krankheitsstadien unterschiedliche Medikationsansätze möglich (Glukokortikoide, z.B. Prednison 0.5-1mg/kgKG [12], Immunsuppressiva, Antifibrotika). In einem terminalen Stadium bleibt -bei geeigneten Betroffenen- schliesslich nur die Lungentransplantation.
Betroffene Landwirte erhalten bei der Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft (www.bul.ch) weitere, praxisorientierte Informationen.

Es stellt sich noch ein Landwirt mit Fieber vor…
Als Differentialdiagnose zur HP ist das organic dust toxic syndrome (ODTS) [13] zu nennen. Hierbei handelt es sich um eine toxische Alveolitis, welche vier bis zwölf Stunden nach Inhalation von organischem Staub auftritt. Antigene sind dabei Mykotoxine oder Endotoxine, herkommend von u.a. schimmligem Getreide, Heu, Zellwandbestandteile von gramnegativen Bakterien und Pilzsporen. Folgedessen sind Arbeitsumgebungen in der Landwirtschaft (speziell Geflügel- und Schweinezucht), aber auch beispielsweise Baumwoll- oder Kornabbauindustrie [3] und Arbeiten mit/bei (schimmligen) Klimaanlagen/Befeuchtungssystemen betroffen. Klinische Erkrankungen sind u.a. das Drescher-, Korn- und Befeuchterfieber und das Siloentladesyndrom, welche alle deutlich häufiger in den Sommermonaten auftreten [3].
Bei regelmässigem Kontakt mit der auslösenden Substanz kann es einerseits zu einer Toleranzentwicklung beim ODTS kommen, andererseits klingen die Symptome nach 24 bis 48 Stunden spontan wieder ab und Spätfolgen werden nicht gesehen. Aufgrund der genannten Toleranzentwicklung kommt es typischerweise am Montag nach einem arbeitsfreien Wochenende/Urlaub wieder zu Beschwerden (sogenanntes «Montagsfieber»). Oft tritt ein ODTS auf, nachdem eine grosse Antigenmenge freigesetzt wurde, dies in Folge z.B. einer Siloreinigung, einer Be-/Entladung grosser Heumengen oder einer Kompostleerung. Die Krankheit tritt mit einer Inzidenz von 20-190/10000 häufiger als die HP auf. Wie es der Name sagt, handelt es sich um eine toxisch ausgelöste Erkrankung, d.h. liegt die Staub Exposition über einem gewissen Schwellenwert, erleiden ganze Menschengruppen, sogenannte Cluster, ähnliche Symptome [14]. Eine Sensibilisierung ist nicht nötig und Beschwerden können bereits bei der ersten Exposition auftreten. Interessanterweise sind sowohl bei der HP als auch beim ODTS mehr Nichtraucher als Raucher betroffen [12, 15].
Die Patienten klagen über einen trockenen Husten und ein akutes, febriles Krankheitsgefühl (inklusive Myalgien, Kopfschmerzen). In der laborchemischen Untersuchung zeigt sich eine milde Leukozytose. Im Gegensatz zur HP sind der Auskultationsbefund und die radiologische Bildgebung zumeist unauffällig und in der bronchoalveolären Lavage (BAL) finden sich vorherrschend Neutrophile.
Aufgrund der raschen Selbstlimitierung stellen sich wenige Patienten mit ODTS ärztlich vor. Die Therapie ist symptomatisch, Steroide werden nicht empfohlen. Generell soll
auf den Nutzen einer adäquaten, persönlichen Schutzausrüstung hingewiesen werden.

Anorganische Substanzen

Hat ein Schweisser am Montag Fieber…
Der Sektor der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie ist mit 320’000 Beschäftigten der grösste industrielle Arbeitgeber und eine der grössten Exportbranchen der Schweiz [16]. Im Gegensatz zu früheren Zeiten ist das Metalldampffieber, für welches zahlreiche Synonyme (Gelbgiesserfieber, Zinkfieber, Montagsfieber) existieren, heutzutage deutlich weniger bekannt, respektive beachtet.
Bei diversen Metallarbeiten wie z.B. dem Schweissen wird unter Anwendung von grosser Hitze und/oder Druck eine unlösbare Verbindung von Bauteilen (u.a. Stahl, Aluminium) eingegangen. Zusatzwerkstoffe in Form von Stäben und Drähten können zugeführt und abgeschmolzen werden und erstarren schliesslich in der Fuge. Für einen besseren Korrosionsschutz wird Stahl teils verzinkt. Zink verdampft ab 907°C und es entsteht in Kombination mit Sauerstoff Zinkoxid (ZnO).
Durch die hohe Hitzeanwendung beim Schweissen werden bei weitem nicht nur Zinkoxid, sondern je nach involvierten Materialien auch andere aerosolisierte Partikel (u.a. Mangan, Chrom, Eisen, Nickel) mit einer Grösse von ca 0.1 μm Durchmesser generiert.
Vier bis zehn Stunden nach direkter Inhalationsexposition mit metallhaltigem Rauch können grippeartige Beschwerden wie Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen und Myalgien und respiratorischen Beschwerden (Husten, Dyspnoe) beklagt werden. Manchmal wird auch über einen süsslich-metallischen Geschmack im Mund berichtet. Über die Arbeitswoche wird eine Toleranzentwicklung [17] beobachtet, hingegen sind die Beschwerden am Montagmorgen nach arbeitsfreien Wochenenden besonders intensiv. Ein zyklisch auftretendes Fieber sollte somit Anlass zur genaueren Nachforschung geben.
Die Pathogenese ist nicht schlüssig geklärt; man geht von einer immunologisch-entzündlichen sowie direkt toxischen Wirkung im Bereich der Atemwege aus [18].
Sowohl die klinische als auch radiologische Untersuchung fallen meistens unauffällig aus. Nur selten und bei schwerwiegenderen Fällen werden bilaterale Infiltrate beschrieben. Laboranalytisch können erhöhte Entzündungsparameter gemessen werden. Im Allgemeinen sind die Beschwerden zwölf bis 48 Stunden nach Exposition selbstlimitierend; eine allfällig benötigte Therapie ist symptomatisch.
Durch Absaugvorrichtungen und dem Tragen von Atemschutzmasken wird das Metalldampffieber heute deutlich seltener gesehen, nichtsdestotrotz gibt es auch viele do-it-yourself Hobbyschweisser, welche nicht unter betrieblichen Schutzmassnahmen stehen und sich dann mit den genannten akuten Beschwerden notfallmässig vorstellen.
Ergänzend sei auf das Polymerrauchfieber hingewiesen, welches sowohl in der Pathogenese als auch den Symptomen, der Therapie und dem Verlauf mit dem Metalldampffieber vergleichbar ist. Erstmals tritt es in der Literatur 1951, kurz nach dem Entdecken von Polytetrafluorethylen (PTFE) bzw. Teflon® [19] auf. PTFE ist ein thermoplastischer Kunststoff, welcher in der Industrie vielfältig als Antihaft- respektive Schmiermittel eingesetzt wird. Die bekannteste Anwendung ist sicherlich die Antihaftbeschichtung in Pfannen und Töpfen. Es wurde beobachtet, dass beim Überhitzen von Teflon® über 300°C ein Dampf/Rauch respektive giftige Fluorverbindungen entstehen. Eine Unterscheidung zwischen Metalldampffieber und Polymerrauchfieber ist nur anhand der Anamnese mit entsprechender Exposition möglich.

Abkürzungen
BAL: Bronchoalveoläre Lavage
DLCO: Diffusionskapazität von Kohlenmonoxid
EAA: Exogen allergische Alveolitis
HP: Hypersensitivitätspneumonitis
HRCT: high resolution Computertomographie
IgG: Immunglobuline G
ILD: interstitielle Lungenerkrankung (interstitial lung disease)
ODTS: organic dust toxic syndrome
TBLB: transbronchiale Lungenbiopsie

Interessenskonflikte
Es bestehen keine Interessenskonflikte.

Dr. med. Celine Schumacher, celine.schumacher@usz.ch
Universität Zürich
Arbeits- und Umweltmedizin
Hirschengraben 84
8001 Zürich

 

Dr. med.Celine Schumacher

Universität Zürich
Arbeits- und Umweltmedizin
Hirschengraben 84
8001 Zürich

Key messages

• Die Hypersensitivitätspneumonitis (HP) ist eine immunvermittelte Reaktion auf Antigene und tritt nach einer Sensibilisierungsphase auf. Sie äussert sich durch Fieber, Husten und Grippegefühl, sowie einem pulmonalen Knisterrasseln. Bei fortbestehender Exposition kann diese Krankheit verheerende Folgen haben.
• Als Differentialdiagnose zur HP muss an das organic dust toxic syndrome (ODTS) gedacht werden. Diese selbstlimitierende Krankheit tritt häufiger auf und nicht selten präsentiert sich eine Menschengruppe (sogenannte Cluster) mit den gleichen Symptomen.
• Das Metalldampffieber ist eine gutartige, in der Regel selbstlimitierende Erkrankung, welche typischerweise durch Inhalation von Zinkoxidrauch infolge Schweissarbeiten auftritt.
• Treten Fiebersymptome zyklisch auf und haben einen Zusammenhang mit Arbeitsplatz, Haushalt oder Hobby, lohnt es sich, eine diesbezüglich detaillierte Anamnese zu erheben. Strukturierte Fragebögen können hilfreich sein. Bei komplexen Fällen kann stets die Expertise der Arbeitsmedizin zu Rate gezogen werden.

Literatur

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15. Warren, C.P., Extrinsic allergic alveolitis: a disease commoner in non-smokers. Thorax, 1977. 32(5): p. 567-9.
16. EDA. Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie. 2017; Available from: https://www.eda.admin.ch/aboutswitzerland/de/home/wirtschaft/taetigkeitsgebiete/maschinen—elektro–und-metallindustrie.html.
17. El-Zein, M., et al., Prevalence and association of welding related systemic and respiratory symptoms in welders. Occup Environ Med, 2003. 60(9): p. 655-61.
18. Greenberg, M.I. and D. Vearrier, Metal fume fever and polymer fume fever. Clin Toxicol (Phila), 2015. 53(4): p. 195-203.
19. Harris, D.K., Polymer-fume fever. Lancet, 1951. 2(6692): p. 1008-11.

Kryobiopsien zur Differenzierung interstitieller Pneumopathien

Einleitung

Bei der interstitiellen Pneumopathie (ILD) handelt es sich um eine heterogene Gruppe von pulmonalen Erkrankungen, die sich aufgrund einer ähnlichen klinischen, radiologischen oder pathologischen Manifestation zusammenfassen lassen. Es handelt sich um entzündliche und/ oder fibrosierende Prozesse im Lungeninterstitium, welche zu irreversiblen Vernarbungen des Lungengewebes führen können. Als Initialsymptome bestehen meist eine langsam progrediente Dyspnoe und/oder ein unproduktiver Husten. Lungenfunktionell ist das Korrelat der Dyspnoe letztlich die Ausbildung einer Restriktion und die Einschränkung der Diffusionskapazität durch eine Verbreiterung der Blut-Gas-Schranke im Alveolarraum. Assoziationen mit zugrundeliegenden Erkrankungen (z.B. aus dem rheumatologischen Formenkreis die rheumatoide Arthritis oder Sklerodermie) sowie eine familiäre Prädisposition als Risikofaktor sind wichtig zu differenzieren. Die affirmative Diagnosesicherung kann richtungsweisend sein für die Etablierung der optimalen Therapie.
Zur Eingrenzung der Ätiologie sind neben einer umfassenden Anamnese bezüglich familiärer Disposition, Berufsanamnese (z.B. Asbest-, Steinstaubexposition), Noxenexpositionen in der Freizeit (Höhlenbesuche, Kontakt mit Holzstäuben etc.) auch Laboruntersuchungen zum Screening für rheumatologische Erkrankungen, chronische Infektionen (HIV) oder andere chronische Lungenerkrankungen wie z.B. Sarkoidose notwendig. Bei auffälligem Rheuma-Screening und/oder Rheumaassoziierten Beschwerden ist die Vorstellung bei einem Spezialisten zur näheren Eingrenzung bezüglich einer Rheuma-assoziierten-ILD indiziert. Weitere Differentialdiagnosen für interstitielle Pneumopathien sind Raucher-assoziierten Erkrankungen wie die RB-ILD (respiratorische Bronchiolitis) und die desquamative interstitielle Pneumonie (DIP), welche bei langfristigem Nicotinkonsum auftreten können.
Das CT-graphische Muster einer ILD ist entscheidend bezüglich der Wahl des weiteren diagnostischen Vorgehens respektive dessen Invasivität. Bei klinischem Verdacht auf eine idiopathische pulmonale Fibrose (IPF) und der CT-radiologischen Diagnose eines klassisches UIP (usual interstitial pneumonia)-Musters besteht eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit (>90%), dass auch histologisch ein UIP-Muster vorliegt. Gemäss der American Thoracic Society (ATS) und der European Respiratory Society (ERS) sprechen wir von einem UIP-Muster bei subpleuralen Retikulationen mit einem basoapikalen Gradienten (Zunahme der Veränderungen in den unteren Anteilen der Lunge) und Nachweis von Honigwaben (honey combing) +/- Traktionsbronchiektasen. Finden sich zwar der basoapikale Gradient und Traktionsbronchiektasen, fehlen aber die typischen subpleuralen mehrreihig angeordneten kleinzystischern Veränderungen (=Honigwaben), spricht man von einem möglichen UIP-Muster. Bei Vorliegen von Mikronoduli, ausgedehnten Infiltrationen und Milchglasinfiltraten sowie einer peribronchovaskulären Verteilung spricht man CT-radiologisch von einem «alternative diagnosis» Muster und eine histologische UIP ist unwahrscheinlich.

Interventionelle Diagnosesicherung

1. Liegt CT-radiologisch ein typisches UIP-Muster vor, wird per internationalem Konsens keine bioptische Sicherung benötigt.
2. Ähnliches gilt, sofern eine kausale rheumatologische Grunderkrankung für die Pneumopathie gefunden wurde.
Sofern im Rahmen einer interdisziplinären Besprechung keine affirmative Diagnose unter Berücksichtigung der Klinik, des Labors und der Bildgebung zu stellen ist, wäre als nächster Schritt eine Lungenspiegelung vorgesehen (Abbildung 1).
Die Bronchoskopie erfolgt meist in Analgosedation mit z.B. Disoprivan und einem antitussiv wirkenden Hydrocodon. Diese Intervention kann ambulant erfolgen.
Die sicherste Materialentnahme erfolgt in Form einer bronchoalevolären Lavage (BAL). Hierbei wird der Alveolarraum des mittels CT vordefinierten repräsentativen Areals durch Intubation des zuführenden Subsegmentbronchus mit physiologischer Kochsalzlösung gespült (1-3x 50ml) und die Spülflüssigkeit unter direkter Absaugung asserviert. In diesem Material kann eine Zelldifferenzierung durchgeführt werden. Als Nebenwirkungen können einerseits Husten durch Reizung der Stimmbänder und des Tracheobronchialbaums sowie Fieber innert 24 Stunden nach der Intervention auftreten. Beides ist fast immer selbstlimitierend. Die definitive Diagnosestellung einer ILD ist in bestimmten Fällen, wie z.B. der eosinophilen Pneumonie möglich, und relevante Differentialdiag­nosen wie ein Infekt oder eine alveoläre Hämorrhagie lassen sich ausschliessen.
Eine Aussagekraft über strukturelle Veränderungen lässt sich mit einer transbronchialen Zangenbiopsie (TBB) erzielen. In etwa 30-40% aller unklaren ILD wird eine Histologie zur Festlegung des therapeutischen Vorgehens erforderlich. Die TBB wird unter Durchleuchtung mit einer Zange durchgeführt. Hierbei wird v.a. der zentrilobuläre Lungenbereich erreicht. Die Biopsien haben eine Kantenlänge von ca. 1x1x1mm (Abbildung 2) und es lassen sich relativ zuverlässig homogene Veränderungen detektieren, wie z.B. eine Sarkoidose, eine organisierende Pneumonie oder einen diffusen Lungenschaden im Sinne einer DAD (diffuse alveolar damage) oder einer Lymphangiosis carcinomatosa. Häufig unterliegen die Biopsien jedoch einem «sampling error» oder sind aufgrund von Quetschartefakten nur eingeschränkt aussagekräftig. Vor der Biopsieentnahme ist es notwendig, eine bestehende orale Antikoagulation leitlinienkonform aufzuheben und eine Thrombozytenzahl >50×10*9/l zu garantieren. Für Aspirin liegen bisher keine umfassenden Daten in prospektiven Studien vor, aber unter konsequenter Einnahme ergibt sich im klinischen Setting kein erhöhtes Blutungsrisiko, ähnlich wie bei den EBUS gesteuerten transbronchialen Lymphknotenbiopsien. Des Weiteren muss vor Biopsieentnahme eine relevante Druckerhöhung im kleinen «Lungen»kreislauf mit einer transthorakalen Echokardiographie ausgeschlossen werden, da dies eine absolute Kontraindikation aufgrund des hohen Blutungsrisikos darstellt. Im Rahmen der Zangenbiospien besteht ein höheres Blutungsrisiko im Vergleich zur BAL und ein geringes Pneumothoraxrisiko (1-5%), wobei dieser meist ohne weitere Interventionen vollständig regredient ist.

Als Goldstandard zur Diagnosesicherung einer ILD ist weiterhin die chirurgische Lungenbiopsie zu nennen. Damit kann repräsentatives Lungengewebe bis auf die Ebene der sekundären Lobuli analysiert werden (Abbildung 2). Die Gewebeproben können aufgrund ihrer Grösse und der fehlenden Quetschartefakte die diagnostische Sicherheit auf bis zu 95% erhöhen. Jedoch besteht ein deutlich höheres periinterventionelles Risiko bei teils schwer kranken Patienten sowie der Notwendigkeit einer mehrtätigen Hospitalisierung, was deutlich höhere Kosten nach sich zieht. Vor allem bei ILD-Patienten besteht ein hohes Risiko einer Exazerbation der Pneumopathie postoperativ. Die Inzidenz für postoperative Komplikationen wird mit 3-19% deklariert.
Als vielversprechenden semiinvasiven Kompromiss zwischen einer TBB und der chirurgischen Lungenbiopsie hat sich die transbronchiale Kryobiopsie etabliert. Diese Untersuchung kann in flexibler oder starrer Endoskopie am intubierten Patienten durchgeführt werden und liefert parenchymatöse Biopsien von mehreren Millimetern Kantenlänge (ca. 3x3x3mm) (Abbildung 2). Unter tiefer Sedierung oder in Allgemeinanästhesie wird ein Metalltip, mit einem Durchmesser von 1.9 oder 2.4mm, mit einem Guidewire über ein therapeutisches Endoskop mit grossem Arbeitskanal unter Durchleuchtung in das Zielgebiet geführt. Hierbei sollte mit einem Abstand von ca. 1-2 cm zur Pleura die Sonde positioniert werden. Je weiter peripher man sich befindet, desto grösser ist das Pneumothoraxrisiko und je weiter zentral der zu biopsierende Ort liegt, erhöht sich das Blutungsrisiko erheblich. Nach Platzierung der Sonde wird durch das Kryogas (z.B. Stickstoffdioxid, Kohlendioxid) für 5 bis 7 Sekunden Kälte appliziert. Dabei friert das Lungengewebe um die Metallspitze. Nachfolgend wird die Sonde zurückgezogen und das gefrorene Material geborgen und für die Analyse direkt in Formalin fixiert und kann dann in Paraffin eingebettet und für weitere Färbungen verarbeitet werden. Immunhistochemische Untersuchungen und molekulare Analysen können wie bei der chirurgischen Biopsie durchgeführt werden. Die Diagnosestellung kann durch die minimal invasive Methode der Kryobiopsie von 65% auf 93% gesteigert werden, wie Ravagalia an einer Kohorte von 699 Patienten nachweisen konnte. Zur Minimierung der Blutungskomplikationen durch Gefässläsionen im Kryobereich wird endobronchial ein Ballon (z.B. Fogarty) vorgelegt, welcher direkt nach der Kryobiopsie aufgeblasen wird, um das Segment zu verschliessen und eine lokale Blutstillung zu ermöglichen. Der Anteil an «sampling error» wird auf ca. 20% geschätzt, wobei es sich hierbei vor allem um Material mit unzureichendem alveolären Parenchymanteil oder ausschliesslich um Bronchialwandanteile handelt. Daher wird in den aktuellen Leitlinien eine Entnahme von drei (bis max. fünf) Kryobiopsien empfohlen. Die transbronchiale Kryobiopsie sollte an Zentren mit Expertise in dieser Technik und mit intensivmedizinischem Background erfolgen.
Als Komplikationen bei der transbronchialer Kryobiopsie treten gehäuft Blutungen und Pneumothoraces auf. Als milde Blutung wird ein Ereignis angesehen, welches allein durch Absaugen behoben werden kann. Eine moderate Blutung liegt vor, wenn die zusätzliche Nutzung von vasopressiver Substanzen endobronchial (Glypressin, Adrenalin, Terlipressin etc.) oder eine manuelle Subsegmentbronchusobstruktion durch einen Ballon/ Bronchusblocker erforderlich wird. Schwere Blutungskomplikationen werden in weniger als 1% aller Interventionen beschrieben und bedürfen dann einer intensivpflichtigen Überwachung.
Zum Ausschluss eines Pneumothorax erfolgt innert 3-12 Std. postinterventionell ein Röntgen Thorax. Prinzipiell ist das Pneumothorax-Risiko mit 20-30% deutlich höher als bei den regulären transbronchialen Zangenbiopsien (in der Literatur grosse Spannbreite von 1-30%). Das Risiko steigt mit Schweregrad der Fibrose und mit zunehmender Restriktion.
Bei pulmonalen endstage Patienten mit sehr fortgeschrittener Grunderkrankung, bei einer bestehenden pulmonalen Hypertonie oder einer zwingenden Indikation zur Fortführung einer konsequenten Antikoagulation stellt die Kryobiopsie keine Alternative dar.
Als Kontraindikationen sind neben Gerinnungsstörungen, eine Thrombozytenzahl <50×10*9/l und die kontinuierliche Einnahme von Plättchenaggregationshemmern/ Antikoagulantien (z.B. Clopidogrel, NOAK, Marcoumar etc.) zu erwähnen. Kontrainduziert sind ein systolischer pulmonal-arterieller Druck von 50mmHg, eine Diffusion <35% Soll, eine FVC von <50% und eine schwere Hypoxämie <55mmHg unter 2 lpm Sauerstoffgabe.


Konklusion:
Das Spektrum der interventionellen Möglichkeiten der Abklärung einer unklaren interstitiellen Pneumopathie hat sich um die Kryobiopsie erweitert, womit eine rasche histologische Diagnosesicherung ermöglicht wird.
Prinzipiell ist bei einer intraalveolären oder zentrilobulären Distribution der auffälligen Befunde weiterhin die BAL oder die TBB der erste diagnostische Schritt, da es sich hierbei eher um homogen verteilte Pathologien handelt, bei denen die Treffsicherheit hoch ist, wie z.B. bei akuten/ chronischen Infekten, eosinophiler Pneumonie, Sarkoidose, alveolärer Hämorrhagie, organisierende Pneumonie etc.
Befinden sich die Befunde eher peripher oder im Bereich der Sekundärlobuli ist als initialer Abklärungsschritt die transbronchiale Kryobiopsie indiziert. Prinzipiell bestehen die gleichen Indikationen zur Durchführung wie bei einer chirurgischen Lungenbiopsie. V.a. bei diffusen Lungenparenchymerkrankungen ist eine Kryobiopsie eine risikoärmere Möglichkeit der Gewebesicherung.
Zusammenfassend kann durch die Etablierung der Kryobiopsie zusätzlich zur klassischen bronchoalveolären Lavage in der invasiven endoskopischen Diagnostik die diagnostische Treffsicherheit auf bis zu 80% gesteigert werden. In einer retrospektiven Analyse von Hostettler et al. konnte gezeigt werden, dass die Kryobiopsie die Notwendigkeit der chirurgischen Lungenbiopsie vermindern konnte. Dabei ergab sich, dass in 45% der Fälle durch die Histologie allein eine Diagnose gestellt werden konnte und in weiteren 25% wurden die histologischen Befunde durch Wertung eines multidisziplinären Gremiums aus Pathologen, Pneumologen, Radiologen und Rheumatologen zu einer affirmativen Diagnose geleitet und auf eine chirurgische Intervention konnte verzichtet werden.
Die Interdisziplinarität ist ein wichtiger Bestandteil der Konsensfindung bezüglich definitiver Diagnose und Therapieetablierung. Neben der klinischen Beurteilung benötigt es die umfassende fachkompetente Beurteilung der radiologischen und pathologischen Seite sowie der Rheumatologen und ggf. anderer Fachspezialisten wie Immunologen oder Hämatologen. Solche Gremien sind feste Bestandteile an den Zentrumsspitälern für ILD-Erkrankungen und können direkt für eine Beurteilung von externen Zuweisern angefragt werden und stehen für Networking gern zur Verfügung.

Dr. Kathleen Jahn, kathleen.jahn@usb.ch
Kaderärztin
Universitätsspital Basel
Klinik für Pneumologie
Petersgraben 4
4031 Basel

Interessenskonflikte: Die Autorin hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

Dr. med.Kathleen Jahn

Universitätsspital Basel
Klinik für Pneumologie
Petersgraben 4
4031 Basel

Die Autorin hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

Literatur:
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