Metatarsalgie

Zusammenfassung: Die Metatarsalgie ist ein Oberbegriff für Beschwerden am Vorfuss im Bereich der Metatarsophalangealgelenke II–V. Sie beschreibt kein konkretes Krankheitsbild, sondern einen Symptomkomplex, welcher unterschiedliche Ursachen haben kann. Ursächlich infrage kommen mechanische (meist eine relative Überlänge des 2. und 3. Metatarsales), neurologische (Morton-Neurinom) und systemische Erkrankungen (rheumatoide Arthritis, Gicht). Seltenere Ursachen sind Stressfrakturen, Infekte und aseptische Nekrosen. Beschrieben wird die Metatarsalgie mit belastungsabhängigen Schmerzen im Vorfussballen, welche oft einen brennenden oder stechenden Charakter haben. Manchmal wird auch von einen Fremdkörpergefühl berichtet, als laufe man auf einem «Kieselstein». Das Tragen von engen und harten Schuhen provoziert die Beschwerden zusätzlich. Die Therapie ist in den meisten Fällen konservativ und umfasst das Tragen von angepasstem Schuhwerk, Fussgymnastik/Dehnungsübungen und orthopädische Schuheinlagen. Chirurgisch können Morton-Neurinome entfernt werden und Fehlstellungen und Überlängen der Metatarsalia korrigiert werden.

Schlüsselwörter: Metatarsalgie, Vorfussbeschwerden, konservative Therapie, chirurgische Behandlung, Morton-Neurinome

Einleitung

Die Metatarsalgie, eine der häufigsten Ursachen für Fussbeschwerden, ist durch einen belastungsabhängigen Schmerz im Bereich des Vorfussballens charakterisiert. Meist entsteht sie durch eine Überlastung des Vorfusses. Sie kann jedoch auch durch eine Reizung der Metatarsophalangealgelenke oder der interdigitalen Nerven (Morton-Neurinom) auftreten.

Typischerweise klagen die Betroffenen über stechende oder brennende Schmerzen am Vorfussballen, der Bereich an der Fusssohle unmittelbar proximal der Zehen. Der Schmerz lässt sich durch Stehen/Gehen auf hartem Untergrund und Zehenspitzenstand provozieren. In der Regel sind die Beschwerden beim Barfussgehen am ausgeprägtesten und nehmen beim Tragen von (weichen, breiten) Schuhen und in Ruhe ab. Einige Patienten beschreiben ein Fremdkörpergefühl (Kieselstein im Schuh oder Falz im Strumpf), Taubheit oder Dysästhesien.

Zunächst sollte versucht werden, die Beschwerden mit konservativen Massnahmen zu behandeln. Dazu gehören Übungen zur Stärkung der kleinen (intrinsischen) Fussmuskeln und das Dehnen der Wadenmuskulatur. Unterstützend können orthopädische Schuheinlagen verschrieben werden. Bei ausbleibender Besserung kann mittels Infiltrationstherapie die Reizung lokal antiphlogistisch angegangen werden. Helfen diese Massnahmen nicht, gibt es operative Möglichkeiten, um die Drucküberlastung im Vorfuss zu reduzieren.

Ursachen

Die Ursachen der Metatarsalgie können angeboren, erworben oder iatrogen verursacht sein. Man spricht auch von primärer, sekundärer und iatrogener Metatarsalgie, wobei bei der primären Metatarsalgie die Ursachen am Fuss selbst zu suchen sind. Dazu gehören diverse Fussformen (z.B. Hallux valgus, Spreizfuss, Brachimetatarsale I).
Die sekundären Ursachen sind in systemischen Erkrankungen wie Gicht und rheumatoider Arthritis zu finden.

Mechanische Ursache

Bei den mechanischen Ursachen besteht meist eine relative Überlänge des 2. Metatarsales relativ zum ersten Metatarsale oder eine Instabilität der Metatarsophalangealgelenke (Abb. 1). Diese führen zu einer unphysiologischen Belastung des Vorfusses. Die Fehl- oder Überlastung wird zusätzlich noch begünstigt durch das regelmässigen Tragen von ungedämpften Schuhen, hohen Absätzen und das Gehen auf hartem Boden. Das Gewebe reagiert darauf mit funktionellen Einschränkungen und strukturellen Veränderungen (1).

Durch die oben beschriebene Zunahme der Belastung unter dem 2. und 3. Metatarsale bildet sich am Vorfussballen eine druckempfindliche Hornhaut oder gar Hühneraugen, und das schützende plantare Fettpolster unter den Mittelfussgelenken nimmt ab.

Beim gesunden Fuss verteilt sich die Last beim Abrollvorgang harmonisch von der Ferse bis zum Vorfuss. Das Gewicht verteilt sich auf alle Metatarsaleköpfchen, wobei das erste doppelt so viel Last übernimmt wie die restlichen vier zusammen (1). Ist nun diese Lastverteilung gestört, kann eine Metatarsalgie auftreten.
Auch plötzliches oder intensives Training, vor allem Lauf- und Stop-and-Go-Sportarten, kann zu einer Überlastung und Reizung der Metatarsophalangealgelenke führen. Die Reizung kann passager sein, aber auch eine sekundäre Instabilität der betroffenen Gelenke mit anhaltender Schmerzentwicklung nach sich ziehen.

Weitere Risikofaktoren sind High-impact-Sportarten und Übergewicht.
Beim Hallux valgus führt die Fehlstellung des 1. Metatarsophalangeal (MTP)-Gelenks zu einer vermehrten Belastung der benachbarten MTP-Gelenke (2), was sich Transfermetatarsalgie nennt und sich unterhalb vom 2. und 3. (Abb. 1) MTP-Gelenk bemerkbar macht. Der Hallux valgus tritt häufiger bei Frauen auf. Frauen über 65 Jahre leiden mit einer Wahrscheinlichkeit von 35% an einer Hallux-valgus-Fehlstellung (3).
Ein sehr kurzes erstes Metatarsale, sog. Brachimetatarsale I, kann die Überlastung vom MTP-II- und -III-Gelenk zusätzlich verstärken (Abb. 1). Dieses führt ebenfalls zu einer relativen Überlänge der lateralen Strahlen im Verhältnis zum Metatarsale I.

Eine weitere Ursache, welche zu einer Transfermetatarsalgie führen kann, ist der Hallux rigidus, die Arthrose im Grosszehengrundgelenk. Durch die zunehmende Bewegungseinschränkung im MTP-I-Gelenk kommt es zur Überlastung der benachbarten MTP-Gelenke, einer Transfermetatarsalgie.
Beim Spreizfuss (Pes transversoplanus), welcher oft mit dem Hallux valgus vergesellschaftet ist, weichen die Mittelfussknochen auseinander, und das Quergewölbe flacht sich ab (Abb. 2).

Der Verlust des Quergewölbes führt zu einer Überdehnung oder gar Ruptur der plantaren Platte. Diese stabilisiert das MTP-Gelenk von plantar und kann bei Läsionen zu Verformungen der Zehen, Hammer-, Krallenzehen und Über-/Unterkreuzung der Zehen führen (11).

Durch eine zusätzliche Fehlstellung der Kleinzehen (Hammer-, Krallenzehen) kann es zu Entzündungen der kleinen Gelenke kommen (Abb. 3). Die Fehlstellung der Kleinzehen kann ausserdem durch die Überstreckung der Grundgelenke zu einer Verlagerung des plantaren Fettpolsters, weg von den Mittelfussköpfchen, führen, sodass die Dämpfung für die Köpfchen wegfällt.

Neurologische Ursache – das Morton-Neurinom

Eine unphysiologische Druckbelastung der Mittelfussknochen und der Raum zwischen den Metatarsalia kann zu einer Verdickung und Entzündung des darin verlaufenden Nervs führen (Abb. 4). Man spricht dann von einer Morton-Neuralgie oder einem Morton-Neurinom.

Dies ist ein gutartiger Tumor, welcher perineural auftritt und damit zu einem Nervenkompressionssyndrom führt. Am häufigsten betroffen ist der 3. Intermetatarsalraum (Interdigital III/IV) gefolgt vom 2. Intermetatarsalraum (Interdigital II/III). Selten finden sich diese Neurome im 1. und 4. Intermetatarsalraum (4).

Systemisch entzündliche Erkrankungen

Die rheumatoide Arthritis, die am weitesten verbreitete entzündliche Gelenkerkrankung (5), betrifft meist die ­kleinen Gelenke der Hände und Füsse. Andere Erkrankungen, die zu Entzündungen an diesen Gelenken führen können, sind die Psoriasis oder seltener eine Kristallarthropathie (Gicht, Pseudogicht). Die Gelenkentzündungen machen sich mit schmerzhaften geschwollenen Gelenken bemerkbar. Da die Erkrankung nicht nur die Knochen, sondern auch Knorpel, Bänder und Sehnen betrifft, kommt es im weiteren Verlauf zu Kontrakturen, Fehlstellungen und Funktionsverlust der Gelenke (6).

Aseptische Nekrosen, Frakturen

Beim Morbus Köhler II, auch Morbus Köhler-Freiberg genannt, handelt es sich um eine aseptische Knochennekrose der Metatarsalköpfchen II–V, wobei das 2. Metatarsalköpfchen am meisten betroffen ist. Durch die Nekrose kommt es zum Einbruch des Knochens und Deformität des Metatarsalköpfchens, was zur Arthrose im Metatarsophalangealgelenk führt (Abb. 5). Die Ursache für diese Durchblutungsstörung ist nicht schlüssig geklärt. Mikrotraumta und systemische Erkrankungen sind die häufigsten Erklärungen (7).
Durch Frakturen an den Metatarsalia kann es zu Fehlstellungen und ebenfalls nicht physiologischen Belastungen in den MTP-Gelenken kommen (Abb. 6).

Iatrogene Ursachen

Iatrogene Ursachen der Metatarsalgie sind bedingt durch chirurgische Voreingriffe, zum Beispiel einer Hallux-valgus-Korrektur mit Verkürzung des Metatarsale I (Abb. 6), Versteifung des Grosszehengrundgelenks, diverse Zeheneingriffe sowie wiederholte Steroidinfiltrationen. Steroide zeigen neben der gewünschten antiinflammatorischen Wirkung auch negative Effekte wie Schwächung der Sehnenstrukturen, Knorpelschädigungen sowie Ruptur der Gelenkkapsel mit daraus folgender Gelenkinstabilität (8).

Verkürzung der Wadenmuskulatur

Die Verkürzung der Achillessehne/Wadenmuskulatur führt zu einer verstärkten Belastung des Vorfusses beim Gehen (analog dem Gehen mit hohen Absätzen). Grund dafür ist die fehlende Dorsalextension am Sprunggelenk: Die Last wird statt auf das Sprunggelenk auf die Mittelfussköpfchen übertragen.

Diagnostik

Die Diagnostik beginnt mit einer gründlichen Untersuchung der Füsse. Bei der Inspektion sucht man nach Schwellungen, Rötungen, Hornhautbildung und Fehlstellungen. Beim Gangbild achtet man auf ein Hinken, eine asymmetrische Belastung und/oder einen unnatürlichen Abrollvorgang. Zudem wird auf einen verfrühten «heel lift off» geachtet: Bei der verkürzten Achillessehne verliert die Ferse im Gangzyklus früh den Bodenkontakt.

Eine verkürzte Gastrocnemiusmuskulatur wird mittels Silfverskjöld-Test ermittelt (9). Dabei testet man die maximale Dorsalextension des Fusses bei 90° gebogenem Knie und vergleicht dies mit der maximalen Dorsalextension bei gestrecktem Knie. Dieser Test ist positiv bei verkürztem M. Gastrocnemius, was zu einer vermehrten Belastung des Vorfussballens beim Gehen führt. Die Inspektion der Schuhsohlen gibt, bei asymmetrischem Abnutzungsprofil, Hinweise auf das Gangbild und mögliche Fussüberlastungen des Patienten.

Einzelne klinische Test können auf eine spezifische Pathologie hindeuten. Dazu gehört der Daumen-Zeigefinger-Kompressionstest (dabei wird der Daumen dorsal und der Zeigefinger plantar in den Intermetatarsalraum gepresst), der Mulder’s-click-Test sowie der Vorfuss-Kompressionstest, welche hinweisend für ein Morton-Neurom sein können (4).

Der «Schubladen-Test» der MTP-Gelenke beschreibt eine mögliche Läsion der plantaren Platte, wie sie zum Beispiel nach mehrfacher Steroidinfiltration des Gelenkes auftritt. Dabei wird die Zehe bei Fixation des Metatarsalköpfchens nach plantar und dorsal bewegt. Der Test ist positiv, wenn die Beweglichkeit erhöht ist, und zeigt eine Instabilität im MTP-Gelenk auf (10).

Ein konventionelles, im Stehen durchgeführtes, Röntgenbild der Füsse in drei Ebenen (dorso-plantar, lateral und schräg) kann anatomische Ursachen der Metatarsalgie erfassen. Dieses wird auf eine Hallux-valgus-Fehlstellung/ Arthrose im MTP-I-Gelenk, eine Überlänge vom 2. Strahl bzw. kurzes Metatarsale I, Stressfrakturen, Arthrose oder Nekrosen sowie (Sub-)Luxationen der Metatarsophalan­gealgelenke beurteilt.
Gibt das Röntgenbild keine Hinweise für mögliche Ursachen der Symptome, kann die Diagnostik mittels MRT erweitert werden. Dies soll jedoch nicht standardmässig erfolgen.

In der MRT kann zusätzlich eine Überlastung oder beginnende Stressfraktur, welche im konventionellen Röntgen noch nicht ersichtlich ist, diagnostiziert werden. Die MRT eignet sich zudem für den Nachweis eines Morton-Neuroms, Überlastung der MTP-Gelenke, Läsionen der plantaren Platte und intermetatarsale Bursitiden.

Die Diagnostik mittels Ultraschall ist kostengünstig, aber untersucherabhängig. Geübte Untersucher können eine Läsion der plantaren Platte, Fehlstellung in den MTP-Gelenken und auch ein Morton-Neurinom diagnostizieren.

Therapie

Die meisten Ursachen der Metatarsalgien können durch Patientenschulung/Physiotherapie und Anpassung des Schuhwerkes erfolgreich therapiert werden. In seltenen Fällen muss ein Morton-Neurinom entfernt werden oder eine Fehlstellung operativ angegangen werden.

Konservativ

Die meisten Ursachen der Metatarsalgie können konservativ therapiert werden, wobei sich die Therapie nach der Ursache der Metatarsalgie richtet.
Die Dehnung der Wadenmuskulatur ist ein wichtiger Therapieansatz, welcher jeder Patient mit wenig Aufwand und selbständig durchführen kann (11).

Neben der Dehnung der Muskulatur sollen die kleinen Muskeln im Fuss, die intrinsische Muskulatur, regelmässig gekräftigt und massiert werden. Übungen sind zum Beispiel das «Handtuchgreifen» (Handtuch wird auf den Boden gelegt und mit dem Fuss aufgenommen) oder die «Ball-/Rollmassage» (z.B. wird ein Golfball sanft mit der Fusssohle hin- und hergerollt). Dies kann Verklebungen der Faszie und Verspannungen lösen, und es regt die Durchblutung an.

Ein zentraler Punkt der Therapie ist das Tragen von angepasstem Schuhwerk. Die Patienten werden darauf hingewiesen, Schuhe zu tragen, welche im Vorfussbereich genügend breit sind und den Zehen ausreichend Platz lassen. Ausserdem sollen sie eine weichbettende Sohle aufweisen, um Druckbelastungen zu minimieren. Auf Schuhe mit hohen Absätzen sollte verzichtet werden.
Reichen diese Massnahmen nicht aus, können orthopädische Einlagen verschrieben werden, welche den Fuss entsprechend unterstützen und den Vorfuss z.B. mit einer re­trokapitalen Pelotte entlasten (Abb. 7).

Infiltration

Eine etablierte Therapie, v.a. beim Morton-Neurinom, stellt die lokale Infiltration dar. Die Infiltration kann ultraschallgesteuert oder anhand von Landmarken ohne Bildgebung geschehen. Infiltriert wird in der Regel ein Gemisch von Steroiden und einem lokalen Anästhetikum, oder man benutzt Arnika anstelle von Cortison. Die entzündungshemmende Wirkung von Cortison und Arnika reduziert den Schmerz und den Druck auf den Nerven (6).

Aufgrund der unerwünschten Wirkungen von Cortison (Schädigung von Sehnen, Bändern, Knorpel) empfehlen wir primär die Verwendung von einem Phytotherapeutikum, zum Beispiel Traumeel®.

Operativ

In seltenen Fällen führt die konservative Therapie nicht zum Erfolg. Wird bei diesen Patienten eine Fehlstellung, Instabilität oder ein Morton-Neurinom nachgewiesen, kann durch einen operativen Eingriff eine Linderung erreicht werden. Ein solcher Eingriff ist indiziert, wenn die Vorfussbeschwerden aufgrund eines Hallux valgus/rigidus, einer Überlänge der Metatarsalia oder eines Morton- Neurinom vorliegt.
Ist eine Metatarsalgie aufgrund oder mit einer Hallux-valgus-Fehlstellung vorhanden, sollte man die Fehlstellung der Grosszehe ebenfalls korrigieren, auch wenn sie nicht die Hauptschmerzquelle darstellt, da ansonsten das Rezidivrisiko erhöht ist.

Diverse operative Möglichkeiten wurden beschrieben, um die Überlastung im Vorfuss zu reduzieren. Ein Beispiel ist die Osteotomie nach Weil, bei der man das Metatarsale, meist das 2. und 3., distal osteotomiert und dabei das Köpfchen nach oben und proximal versetzt. Ziel des Eingriffes ist es, den plantaren Druck auf das Metatarsalköpfchens zu minimieren (12). Die Osteotomie wird mit einer Schraube fixiert, die in der Regel keine Entfernung benötigt.

Bei einem Morton-Neurinom wird die Nervenverdickung exzidiert. Daraus resultiert in den meisten Fällen eine Hypo- bis Asensibilität zwischen den Zehen, worauf man den Patienten präoperativ aufmerksam machen muss.

Das postoperative Procedere hängt davon ab, ob nur ein Weichteileingriff durchgeführt wurde oder ob man mittels Osteotomien die ossären Strukturen korrigieren musste. Die postoperative Ruhigstellung ist in beiden Fällen ein Verbandsschuh (Hallux-Schuh, Abb. 8). Die Tragedauer variiert je nach Eingriff zwischen zwei und sechs Wochen.

Dr. med.Fabienne Inglin

Mein Fusszentrum AG
Allschwilerstrasse 14
CH-4054 Basel

fabienne.inglin@meinfusszentrum.ch

Prof. Dr. med. Markus Knupp

Mein Fusszentrum AG
Allschwilerstrassse 14
4055 Basel

markus.knupp@meinfusszentrum.ch

Die Autorenschaft hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert

1. Herausgeber. Fuss [Internet]. Heidelberg: Steinkopff; 1999 [zitiert 3. Juni 2024]. S. 30–5. Verfügbar unter: http://link.springer.com/10.1007/978-3-642-58708-5_4
2. Hofmann UK, Götze M, Wiesenreiter K, Müller O, Wünschel M, Mittag F. Transfer of plantar pressure from the medial to the central forefoot in patients with hallux valgus. BMC Musculoskelet Disord. Dezember 2019;20(1):149.
3. Gutteck N, Schilde S, Delank KS. Pain on the Plantar Surface of the Foot. Deutsches Ärzteblatt international [Internet]. 8. Februar 2019 [zitiert 3. Juni 2024]; Verfügbar unter: https://www.aerzteblatt.de/10.3238/arztebl.2019.0083
4. Bhatia M, Thomson L. Morton’s neuroma – Current concepts review. Journal of Clinical Orthopaedics and Trauma. Mai 2020;11(3):406–9.
5. Rheumaliga Schweiz [Internet]. [zitiert 3. Juni 2024]. Rheumaliga Schweiz. Verfügbar unter: https://www.rheumaliga.ch/
6. Jaakkola JI, Mann RA. A Review of Rheumatoid Arthritis Affecting the Foot and Ankle. Foot Ankle Int. Dezember 2004;25(12):866–74.
7. Carter KR, Chambers AR, Dreyer MA. Freiberg Infraction. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2024 [zitiert 3. Juni 2024]. Verfügbar unter: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK537308/
8. Kamel SI, Rosas HG, Gorbachova T. Local and Systemic Side Effects of Corticosteroid Injections for Musculoskeletal Indications. American Journal of Roentgenology. März 2024;222(3):e2330458.
9. Barske HL, DiGiovanni BF, Douglass M, Nawoczenski DA. Current Concepts Review: Isolated Gastrocnemius Contracture and Gastrocnemius Recession. Foot Ankle Int. Oktober 2012;33(10):915–21.
10. Coughlin MJ, Baumfeld DS, Nery C. Second MTP Joint Instability: Grading of the Deformity and Description of Surgical Repair of Capsular Insufficiency. The Physician and Sportsmedicine. September 2011;39(3):132–41.
11. Cortina RE, Morris BL, Vopat BG. Gastrocnemius Recession for Metatarsalgia. Foot and Ankle Clinics. März 2018;23(1):57–68.
12. Barouk LS. Die Metatarsalosteotomie nach Weil zur Behandlung der Metatarsalgie. Der Orthopäde. 23. August 1996;25(4):338–44.

Medizin und Recht: eine Einführung – Teil 1

Die Entwicklung des schweizerischen Medizinrechts ist eng mit der gesellschaftlichen und medizinischen Entwicklung verknüpft. In der Frühzeit und im Mittelalter prägten Heilkundige und Klöster die medizinische Versorgung, wobei das kanonische Recht eine wichtige Rolle spielte. In der frühen Neuzeit entstanden erste regionale Regelungen der ärztlichen Berufsausübung. Mit der Gründung des Bundesstaates 1848 begann die Modernisierung des Medizinrechts; wichtige Gesetze wie das Fabrikgesetz (1877) und das erste Krankenversicherungsgesetz (1911) wurden eingeführt. Jahrhundert setzte mit der Einführung der AHV/IV (1948) und des Krankenversicherungsgesetzes (KVG, 1996) eine weitere Professionalisierung ein. Gegenwärtig wird das Medizinrecht durch Gesetze wie das Humanforschungsgesetz (2014) auf die modernen ethischen und rechtlichen Herausforderungen ausgerichtet und bleibt ein dynamisches Gebiet.

Schlüsselwörter: Medizinrecht, Gesundheitspolitik, Geschichte, Soziale Sicherheit, Berufshaftung

Historische Entwicklung des ­schweizerischen Medizinrechts

Die Entwicklung des Medizinrechts in der Schweiz ist ein langer und komplexer Prozess, der eng mit den Veränderungen in Medizin, Gesellschaft und Politik verbunden ist. Sie zeigt, wie sich die rechtlichen Rahmenbedingungen an neue medizinische Erkenntnisse und gesellschaftliche Bedürfnisse angepasst haben. Historisch gut aufgearbeitet ist die Geschichte der sozialen Sicherheit in der Schweiz (1).

Tab. 1 fasst die historische Entwicklung des Medizinrechts in der Schweiz und die wichtigsten gesetzlichen Entwicklungen zusammen, die zur heutigen rechtlichen Grundlage für das Gesundheitswesen beigetragen haben.

Wichtige Persönlichkeiten in der Entwicklung des Medizinrechts

Die Entwicklung des Medizinrechts in der Schweiz wurde von verschiedenen Persönlichkeiten geprägt, deren Beiträge von grosser Bedeutung waren:

  • Ignaz Paul Vital Troxler (1780–1866): Schweizer Arzt und Philosoph, der sich stark für die Verbesserung der medizinischen Ausbildung und des Gesundheitswesens einsetzte.
  • Gustav von Hirsch (1814–1886): Als Pionier des schweizerischen Gesundheitswesens war er massgeblich an der Einführung des Fabrikgesetzes beteiligt, das die Arbeitsbedingungen in den Fabriken regelte und den Gesundheitsschutz der Arbeiter verbesserte.
  • Gottlieb Burckhardt (1836–1907): Schweizer Psychiater, der als einer der Ersten in der Schweiz gesetzliche Regelungen für den Umgang mit psychisch Kranken forderte und massgeblich zur Entwicklung des Psychiatriegesetzes beitrug.
  • Adolf F. Meyer (1866–1950): Bedeutender Psychiater, dessen Arbeiten zur Psychiatrie und zur ärztlichen Ethik Einfluss auf die gesetzliche Regelung der ärztlichen Praxis hatten.

Entwicklung von Seuchenrecht und ­Seuchenpolizei

Ein besonders wichtiger Bereich des Medizinrechts ist das Seuchenrecht, das Massnahmen zur Bekämpfung und Verhütung von Epidemien und Pandemien regelt. Die Seuchenpolizei, eine besondere Form der Gesundheitspolizei, spielte in der Schweiz eine entscheidende Rolle bei der Bekämpfung von Epidemien.

Die Choleraepidemien des 19. Jahrhunderts machten deutlich, wie wichtig koordinierte Massnahmen zur Seuchenbekämpfung sind. Um rasch und wirksam auf Epidemien reagieren zu können, wurde die Seuchenpolizei eingeführt. Dazu gehörten Quarantäne, Hygienekontrollen und Impfkampagnen (2).

Das ursprüngliche Epidemiengesetz von 1928 legte den Grundstein für die moderne Seuchenbekämpfung in der Schweiz. Es wurde 2012 grundlegend revidiert, um den aktuellen Herausforderungen besser gerecht zu werden und eine wirksame Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu gewährleisten. Es regelt die Meldepflichten, die Massnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Epidemien sowie die Zusammenarbeit zwischen Bund, Kantonen und internationalen Organisationen.

Heutige Entwicklungen und Herausforderungen

In den letzten Jahrzehnten hat sich das Medizinrecht weiterentwickelt, um den neuen Herausforderungen einer sich wandelnden Gesellschaft und der fortschreitenden medizinischen Innovation gerecht zu werden.
Beispiele sind:

  • Humanforschungsgesetz (HFG, 2014) regelt die ethischen und rechtlichen Rahmenbedingungen für die medizinische Forschung am Menschen und stellt sicher, dass die Würde und die Rechte der teilnehmenden Personen geschützt werden.
  • Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG, 2001) regelt die medizinisch unterstützte Fortpflanzung und den Umgang mit Embryonen, um ethische Standards und den Schutz der betroffenen Personen zu gewährleisten.
  • Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier (EPDG, 2017) fördert die Einführung und Anwendung des elektronischen Patientendossiers, um die Qualität und Effizienz der Gesundheitsversorgung zu verbessern und den Schutz der Patientendaten zu gewährleisten.

Die historische Entwicklung des Medizinrechts in der Schweiz demonstriert die kontinuierliche Weiterentwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen, um den sich wandelnden Anforderungen der Gesellschaft gerecht zu werden. Die Geschichte des Medizinrechts ist geprägt von den Bemühungen um eine gerechte, sichere und qualitativ hochstehende medizinische Versorgung. Diese manifestieren sich in frühen städtischen Medizinalordnungen, der Modernisierung im 19. Jahrhundert sowie spezialgesetzlichen Regelungen im 20. und 21. Jahrhundert. Bedeutende Persönlichkeiten haben durch ihre Beiträge und ihr Engagement das Medizinrecht massgeblich mitgestaltet. Die Einführung der Seuchenpolizei sowie die Entwicklung des Seuchenrechts veranschaulichen die Fähigkeit des schweizerischen Rechtssystems, auf gesundheitliche Krisen zu reagieren und sich an neue Herausforderungen anzupassen.

Was ist «Recht»?

Recht ist ein System von Regeln und Normen, die das Verhalten von Individuen und Institutionen in einer Gesellschaft bestimmen. Diese Regeln sind durchsetzbar und werden von staatlichen Behörden wie Gerichten und Verwaltungsbehörden überwacht. Das Recht dient dazu, soziale Ordnung und Gerechtigkeit zu gewährleisten, Konflikte zu lösen und die Rechte und Pflichten der Mitglieder einer Gesellschaft festzulegen. Es schafft die Grundlage für ein geordnetes Zusammenleben und ermöglicht den Ausgleich von Freiheit und Sicherheit (3, 4).

Immanuel Kant (1724–1804), einer der bedeutendsten Philosophen der Aufklärung, formulierte das Zitat: «Das Recht ist der Inbegriff der Bedingungen, unter denen die Willkür des einen mit der Willkür des anderen nach einem allgemeinen Gesetz der Freiheit vereinigt werden kann.» Dieses Zitat verdeutlicht Kants Verständnis von Recht und Freiheit in einer Gesellschaft (5).

Kant beschreibt das Recht als eine Gesamtheit von Bedingungen oder Regeln, die notwendig sind, um eine geordnete und gerechte Gesellschaft zu gewährleisten. Mit «Willkür» meint Kant die freie Entscheidung oder den freien Willen jedes Einzelnen. Er erkennt an, dass jeder Mensch seine eigenen Wünsche und Ziele hat. Gleichzeitig betont er, dass diese individuellen Willensfreiheiten so koordiniert werden müssen, dass sie nach allgemeinen, für alle geltenden Gesetzen funktionieren. Diese Gesetze der Freiheit müssen so beschaffen sein, dass die Freiheit des einen nicht die Freiheit des anderen einschränkt.

Zusammenfassend beschreibt Kant ein Grundprinzip des Rechts: Es geht darum, Bedingungen zu schaffen, unter denen die Freiheit jedes Einzelnen mit der Freiheit aller in Einklang gebracht werden kann. Ziel ist es, eine Situation zu schaffen, in der die individuellen Freiheiten harmonisch nebeneinander bestehen können, ohne dass die Freiheit des einen die Freiheit des anderen beeinträchtigt. Das bedeutet, dass das Recht die Rahmenbedingungen festlegt, innerhalb derer der Einzelne seine Freiheit ausüben kann, während gleichzeitig die Freiheiten der anderen geschützt werden. Die «allgemeinen Gesetze der Freiheit» sind dabei die rechtlichen und ethischen Regeln, die für alle glei­chermassen gelten und dafür sorgen, dass die individuelle Willensfreiheit nicht zu Konflikten oder Ungerechtigkeiten führt.

Anwendung auf das Medizinrecht

Dieses Prinzip lässt sich gut auf das Medizinrecht anwenden. Im Medizinrecht geht es darum, die Freiheiten und Rechte von Patienten und Angehörigen der Heilberufe (Medizinalpersonen) zu schützen und zu koordinieren. Ein Patient hat beispielsweise das Recht auf Selbstbestimmung und kann frei entscheiden, welche medizinischen Behandlungen er annehmen oder ablehnen möchte. Gleichzeitig hat der Arzt die Freiheit, sein medizinisches Fachwissen einzusetzen, um dem Patienten die bestmögliche Behandlung zukommen zu lassen. Das Medizinrecht schafft die Voraussetzungen dafür, dass diese Freiheiten harmonisch aufeinander abgestimmt werden können.

Beispielsweise regeln die Patientenrechte im Medizinrecht, dass der Patient umfassend aufgeklärt werden muss, bevor er in eine Behandlung einwilligt. Dies schützt die Willkür (Entscheidungsfreiheit) des Patienten und stellt sicher, dass er seine Entscheidung auf der Grundlage vollständiger Information trifft. Auf der anderen Seite regelt das ärztliche Berufsrecht, dass Ärzte ihre Patienten nach bestem Wissen und Gewissen behandeln müssen.

Diese rechtlichen Rahmenbedingungen stellen sicher, dass die Freiheit und die Rechte aller Beteiligten gewahrt bleiben und gleichzeitig die notwendige Ordnung und Gerechtigkeit im Gesundheitswesen aufrechterhalten wird. So wird das Kant’sche Prinzip im Kontext des Medizinrechts konkretisiert, indem die individuellen Freiheiten der Patienten und der Angehörigen der Heilberufe durch allgemeine Freiheitsgesetze in Einklang gebracht werden.

Unterscheidung von Moral, Sitte und Recht

Die Unterscheidung von Moral, Sitte und Recht ist wichtig, weil sie unterschiedliche Aspekte des sozialen und ­ethischen Verhaltens regeln und unterschiedliche Funktionen in der Gesellschaft erfüllen.

Sittlichkeit

Moral bezieht sich auf die inneren Einstellungen und Werthaltungen eines Menschen. Sie umfasst die persönlichen Überzeugungen darüber, was richtig und falsch ist, sowie die individuellen Grundsätze und Werte, nach denen jemand sein Leben ausrichtet. Moralvorstellungen sind tief im Inneren eines Menschen verankert und können nicht von aussen erzwungen werden. Es handelt sich um eine freiwillige Selbstbindung an ethische Normen, die vom eigenen Gewissen und der persönlichen Integrität geleitet wird.

Beispiel

Ein Arzt steht vor der Entscheidung, eine lebenserhaltende Behandlung bei einem schwer kranken Patienten, der nicht mehr bei Bewusstsein ist, fortzusetzen oder zu beenden. Obwohl rechtlich möglicherweise die Fortsetzung der Behandlung erlaubt ist, könnte der Arzt aufgrund seiner persönlichen ethischen Überzeugung und seinem Verständnis von Lebensqualität zu dem Schluss kommen, dass es moralisch richtiger wäre, die Behandlung nicht fortzusetzen. Diese Entscheidung wird stark von seinen individuellen moralischen Werten und seinem Gewissen beeinflusst.

Sitte

Sitte beschreibt das äussere Verhalten von Menschen, das nicht erzwungen werden kann, aber von der Gesellschaft allgemein erwartet wird. Es handelt sich um Verhaltensnormen, die durch Traditionen und kulturelle Gepflogenheiten geprägt sind. Sitten regeln das soziale Miteinander und fördern ein harmonisches Zusammenleben. Obwohl sie rechtlich nicht bindend sind und ihre Missachtung keine rechtlichen Konsequenzen nach sich zieht, führt ihre Missachtung häufig zu sozialer Missbilligung oder Ablehnung durch die Gemeinschaft.

Beispiel

In vielen Kulturen und Gesellschaften gibt es bestimmte Erwartungen darüber, wie Ärzte und medizinisches Personal mit Patienten und deren Familien umgehen sollten. Beispielsweise könnte es als Sitte gelten, dass Ärzte stets eine beruhigende und respektvolle Kommunikation mit den Patienten pflegen, selbst wenn dies nicht gesetzlich vorgeschrieben ist. Diese Verhaltensweise ist durch kulturelle Normen und Erwartungen geprägt und fördert das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient.

Recht

Das Recht besteht aus Ordnungsregeln, die das äussere Verhalten der Menschen mitbestimmen und vom Staat durchgesetzt werden können. Es umfasst die Gesamtheit der Gesetze und Verordnungen, die von staatlichen Institutionen erlassen und durchgesetzt werden. Im Gegensatz zu Moral und Sitte zielt das Recht darauf ab, das Verhalten der Menschen verbindlich zu regeln und bei Verstössen Sanktionen zu verhängen. Rechtsnormen sind öffentlich bekannt und gelten für alle Mitglieder einer Gesellschaft. Sie dienen dazu, soziale Ordnung zu schaffen, Konflikte zu lösen und die Rechte und Pflichten des Einzelnen festzulegen.

Beispiel

Das Recht schreibt vor, dass Ärzte die Einwilligung des Patienten einholen müssen, bevor sie eine medizinische Behandlung durchführen. Dies ist eine rechtliche Anforderung, bekannt als «informed consent». Ohne eine solche Einwilligung kann die Durchführung einer medizinischen Behandlung rechtliche Konsequenzen haben, darunter Straf- oder Zivilklagen wegen Körperverletzung oder Misshandlung. Rechtsnormen wie diese sind explizit festgelegt und müssen von allen medizinischen Fachkräften befolgt werden, um rechtliche Sanktionen zu vermeiden.

Vergleich Medizinrecht, Gesundheitsrecht und Biomedizinrecht

Die Begriffe Medizinrecht, Gesundheitsrecht und Biomedizinrecht beschreiben verschiedene, aber miteinander verwandte Rechtsgebiete, die unterschiedliche Aspekte des Gesundheitswesens und der medizinischen Praxis regeln. Obwohl sie sich überschneiden, hat jedes dieser Rechtsgebiete spezifische Schwerpunkte und Zielsetzungen (Tab. 2).

Struktur des Rechts

Das Rechtssystem ist ein komplexes Gefüge von Normen und Regeln, die das Zusammenleben in einer Gesellschaft ordnen und gestalten. Es gliedert sich in drei Hauptbereiche: öffentliches Recht, Privatrecht und Strafrecht. Das öffentliche Recht regelt die Beziehungen zwischen Staat und Bürger sowie die Organisation und Tätigkeit des Staates. Es umfasst das Staatsrecht, das Verwaltungsrecht, das Völkerrecht und das Europarecht. Das Privatrecht, auch Zivilrecht genannt, betrifft die Rechtsbeziehungen zwischen Privatpersonen und umfasst das allgemeine Zivilrecht, das Handelsrecht und das Arbeitsrecht. Das Strafrecht definiert strafbare Handlungen und legt die entsprechenden Sanktionen fest; es gliedert sich in materielles Strafrecht und Strafprozessrecht. Daneben gibt es das formelle Recht, das die Verfahren zur Durchsetzung des materiellen Rechts regelt, wie das Zivilprozessrecht, das Strafprozessrecht und das Verwaltungsprozessrecht. Diese Gliederung des Rechts sorgt für eine systematische Strukturierung der rechtlichen Regelungen zur Gestaltung des Zusammenlebens und zur Lösung von Rechtskonflikten.

Wichtige Rechtsnormen des ­Medizinrechts im Überblick

Das Medizinrecht umfasst verschiedene Rechtsgebiete, die für Ärzte und Grundversorger von Bedeutung sind. Wichtige Rechtsnormen des Medizinrechts sind neben dem öffentlichen Recht, dem Privatrecht, dem Strafrecht, das kantonale Recht, das internationale Recht und das «Soft Law».

Öffentliches Recht

Zum öffentlichen Recht gehören unter anderem das Krankenversicherungsgesetz (KVG) und die dazugehörigen Verordnungen, das Medizinalberufegesetz, das Epidemiengesetz, das Heilmittelgesetz sowie das Transplantationsgesetz. Zudem gehören das Humanforschungsgesetz und das Fortpflanzungsmedizingesetz zu den zentralen Regelungen, welche die Rahmenbedingungen für die medizinische Versorgung und Forschung festlegen.

Privatrecht

Das Privatrecht umfasst den Persönlichkeitsschutz, das Auftragsrecht, das Haftpflichtrecht und das Recht der Handlungsfähigkeit. Eine wichtige Rolle spielen auch das Erwachsenenschutzrecht sowie die Regelungen zur elterlichen Sorge und zum Kindesschutz. Hinzu kommen das Versicherungsvertragsrecht und das internationale Privatrecht, welche die Rechtsbeziehungen zwischen Privatpersonen und Versicherungen regeln.

Strafrecht

Im Strafrecht stehen Körperverletzungs- und Tötungsdelikte einschliesslich der Beihilfe zum Suizid im Vordergrund. Von Bedeutung sind auch das Geheimnisverletzungs- und das Nebenstrafrecht, die den Umgang mit vertraulichen Informationen und die strafrechtliche Verantwortlichkeit bei deren Verletzung regeln.

Kantonales Recht

Das kantonale Recht umfasst die Gesundheitsgesetze und die kantonalen Verordnungen zum ärztlichen Berufsrecht. Spital- und Patientenreglemente sowie die kantonale Datenschutzgesetzgebung gehören ebenfalls zum kantonalen Recht. Einführungsgesetze zum Kindes- und Erwachsenenschutz sowie Regelungen zur Gesundheitsversorgung, insbesondere zur Spital- und Heimplanung und -finanzierung, sind ebenfalls wichtige Bestandteile des kantonalen Rechts.

Internationales Recht

Im internationalen Recht sind die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), die Biomedizinkonvention, das Erwachsenenschutzübereinkommen und die Behindertenrechtskonvention von Bedeutung. Diese internationalen Abkommen und Verträge setzen Standards für den Schutz der Menschenrechte und die medizinische Versorgung auf internationaler Ebene.

«Soft Law»

Neben den formellen gesetzlichen Regelungen gibt es auch «Soft Law». Dazu gehören die Standesordnung der FMH, die Richtlinien der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) und die Qualitätsrichtlinien der Fachgesellschaften. Diese nicht verbindlichen Regeln und Empfehlungen dienen als Orientierungshilfe für eine verantwortungsvolle und qualitativ hochstehende ärztliche Tätigkeit.

Die Rechtsordnung im Überblick

Die Rechtsordnung gliedert sich in verschiedene Rechtsgebiete, die in Privatrecht und öffentliches Recht unterteilt werden.

Privatrecht

Das Privatrecht, auch Zivilrecht genannt, regelt die Rechtsbeziehungen zwischen Privatpersonen. Es umfasst das Bürgerliche Recht und das Handelsrecht. Innerhalb des Zivilrechts ist das Zivilgesetzbuch (ZGB) und das Obligationenrecht (OR) von zentraler Bedeutung. Das ZGB enthält allgemeine Bestimmungen über Personen, Familien, Erbschaften und Sachen. Das OR, bestehend aus den Artikeln 1 bis 551, regelt die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen Privatpersonen. Das Handelsrecht, das aus den Artikeln 552 bis 1186 OR besteht, enthält Sonderbestimmungen für Kaufleute und Handelsgesellschaften.

Öffentliches Recht

Das öffentliche Recht regelt die Beziehungen zwischen dem Staat und den Bürgern sowie die Organisation und die Tätigkeit des Staates. Es gliedert sich in materielles und formelles öffentliches Recht.
Das materielle öffentliche Recht umfasst das Staatsrecht, das Verwaltungsrecht und das Strafrecht. Das Staatsrecht befasst sich mit den Grundlagen und der Organisation des Staates sowie den Rechten und Pflichten der Staatsbürger. Das Verwaltungsrecht regelt die Tätigkeit der staatlichen Verwaltung und die Rechtsbeziehungen zwischen Bürger und Verwaltung. Das Strafrecht bestimmt die Voraussetzungen und Folgen strafbaren Verhaltens.
Das formelle Recht umfasst das Verfahrensrecht und das Vollstreckungsrecht. Das Verfahrensrecht regelt die Durchführung von Gerichts- und Verwaltungsverfahren. Das Vollstreckungsrecht bezieht sich auf die Durchsetzung und Vollstreckung der im materiellen Recht festgelegten Vorschriften und Entscheidungen.

Unterscheidung von Privatrecht und öffentlichem Recht

Privatrecht und öffentliches Recht sind zwei grundlegende Bereiche der Rechtsordnung, die sich in ihren Grundsätzen und Anwendungsbereichen unterscheiden.

Privatrecht

Das Privatrecht, auch Zivilrecht genannt, regelt die Rechtsbeziehungen zwischen Privatpersonen. Ein zentraler Grundsatz des Privatrechts ist die Privatautonomie. Dieser Grundsatz besagt, dass Privatpersonen die Freiheit haben, ihre Rechtsbeziehungen nach ihren eigenen Vorstellungen und durch gegenseitige Vereinbarungen zu gestalten. Ein weiterer wichtiger Grundsatz des Privatrechts ist die Selbstverantwortung. Dies bedeutet, dass der Einzelne für sein Handeln und die daraus resultierenden Folgen selbst verantwortlich ist.

Die Privatautonomie ermöglicht es den Beteiligten, Verträge frei abzuschliessen und ihre privaten Angelegenheiten ohne staatliche Einmischung zu regeln, solange sie sich im Rahmen der geltenden Gesetze bewegen. Die Eigenverantwortung betont die Pflicht des Einzelnen, seine Rechte und Pflichten selbst wahrzunehmen und durchzusetzen.

Öffentliches Recht

Das öffentliche Recht regelt die Beziehungen zwischen Staat und Bürgern sowie die Organisation und Tätigkeit des Staates. Im Gegensatz zum Privatrecht ist das öffentliche Recht auf das Gemeinwohl ausgerichtet. Das bedeutet, dass staatliche Massnahmen und Regelungen darauf abzielen, das Wohl der Allgemeinheit zu fördern und zu schützen.

Ein weiteres Grundprinzip des öffentlichen Rechts ist die Rechtsgleichheit. Dieses Prinzip verlangt, dass der Staat gleiche Chancen für alle Bürger gewährleistet und Diskriminierungen verhindert. Dies geschieht durch Gesetze und Massnahmen, die darauf abzielen, soziale Ungleichheiten auszugleichen und den Zugang zu öffentlichen Gütern und Dienstleistungen zu gewährleisten.

Die wichtigsten Rechtsquellen des schweizerischen Medizinrechts

Das Medizinrecht in der Schweiz stützt sich auf verschiedene Rechtsquellen des geschriebenen Rechts, die hierarchisch gegliedert sind. Diese Hierarchie beginnt mit der Verfassung, gefolgt von den Gesetzen und schliesslich den Verordnungen. Daneben spielen internationale Abkommen und weitere Regelwerke eine wichtige Rolle (Tab. 3).

Diese Rechtsquellen bilden die Grundlage des schweizerischen Medizinrechts und stellen sicher, dass die medizinische Versorgung nach rechtlichen und ethischen Standards erfolgt. Für Ärztinnen und Ärzte sowie Grundversorgerinnen und Grundversorger ist es unerlässlich, diese Regelungen zu kennen und einzuhalten, um eine rechtskonforme und qualitativ hochstehende Versorgung zu gewährleisten.

Die Rolle der Rechtsprechung im Medizinrecht

Die Rolle der Rechtsprechung im Medizinrecht gewinnt im schweizerischen Recht zunehmend an Bedeutung. Die zunehmende rechtliche Regulierung und der wachsende Einfluss der Rechtsprechung beeinflussen den medizinischen Alltag erheblich.

Bei der Auslegung und Anwendung der oben diskutierten Gesetze spielt die Rechtsprechung des Bundesgerichts und der kantonalen Gerichte eine zentrale Rolle.

Die Gerichtsentscheide klären oft strittige Fragen, die sich aus der medizinischen Praxis ergeben, wie zum Beispiel die Einwilligung zu medizinischen Eingriffen, die Aufklärungspflicht der Ärztinnen und Ärzte, die Schweigepflicht und der Datenschutz sowie Haftungsfragen bei Behandlungsfehlern. Diese Urteile schaffen Präzedenzfälle (Leitentscheide), die die Rechtspraxis weiter prägen und beeinflussen.

Das Schweizerische Bundesgericht hat einige wichtige Leitentscheide im Bereich des Medizinrechts gefällt. Nachfolgend ein paar Beispiele von Leitentscheiden zum KVG:

  • Das Urteil BGE 148 V 242 vom 1. April 2022 befasst sich mit der Frage der Übernahme der Restkosten für den Aufenthalt in einem Pflegeheim durch den Wohnkanton gemäss Art. 25a Abs. 5 KVG. Im vorliegenden Fall trat eine in Genf wohnhafte Person in ein Pflegeheim im Kanton Zürich ein und verlangte die Übernahme der Restkosten durch den Kanton Genf. Der Kanton Genf lehnte das Gesuch mit der Begründung ab, dass eine Kostenübernahme nur für Pflegeheime in geografischer Nähe vorgesehen sei. Die Genfer Gerichte verpflichteten den Kanton Genf jedoch, die Restkosten ab dem 10. Juli 2019 zu übernehmen.
    Das Bundesgericht hat diesen Entscheid bestätigt und die Beschwerde des Kantons Genf abgewiesen. Es hat entschieden, dass der Wohnkanton der versicherten Person die Restkosten für den Aufenthalt in einem Pflegeheim auch dann übernehmen muss, wenn die versicherte Person ein Pflegeheim ausserhalb ihres Wohnkantons wählt, sofern im Wohnkanton keine geeigneten Plätze zur Verfügung stehen. Steht zum Zeitpunkt des Eintritts im Wohnkanton kein Platz in einem nahen gelegenen Pflegeheim zur Verfügung, erfolgt die Restfinanzierung nach den Regeln des Standortkantons des Pflegeheims. Sind jedoch im Wohnkanton Plätze verfügbar, gelten die Regelungen des Wohnkantons.
    Das Bundesgericht hat betont, dass die Zuständigkeit des Wohnkantons zur Übernahme der Restfinanzierung unabhängig davon besteht, ob der Aufenthalt in einem Pflegeheim ausserhalb des Wohnkantons erfolgt. Damit wurde die gesetzgeberische Absicht unterstrichen, die finanzielle Verantwortung beim Wohnsitzkanton zu konzentrieren und gleichzeitig die Rechte der versicherten Person zu schützen.
  • Das Urteil BGE 147 V 328 vom 7. Juni 2021 befasst sich mit der Frage der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit eines patentgeschützten Arzneimittels im Rahmen des therapeutischen Quervergleichs (TQV). Die A. GmbH, Zulassungsinhaberin des Arzneimittels B., focht den Entscheid des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) an, das B. als Nachfolgepräparat ohne therapeutischen Fortschritt gegenüber dem Originalpräparat D. eingestuft und deshalb den TQV mit nicht patentgeschützten Vergleichspräparaten durchgeführt hatte.
    Das Bundesgericht hat die Entscheide des BAG und des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt. Es hielt fest, dass Art. 65b Abs. 6 KVV, der die Wirtschaftlichkeitsbeurteilung von Originalpräparaten regelt, auch für die dreijährliche Überprüfung der Aufnahmebedingungen nach Art. 65d KVV gilt. Dies bedeutet, dass die Forschungs- und Entwicklungskosten für Nachfolgepräparate nur dann berücksichtigt werden, wenn diese einen therapeutischen Fortschritt gegenüber dem Originalpräparat aufweisen.
    Das Gericht definierte den Begriff «Nachfolgepräparat» als ein Arzneimittel, das zeitlich nach dem Originalpräparat in die Spezialitätenliste (SL) aufgenommen wurde und den gleichen Wirkstoff enthält. B. sei als Nachfolgepräparat zu qualifizieren, da es nach dem Originalpräparat D. in die SL aufgenommen worden sei und den gleichen Wirkstoff enthalte.
    Das Gericht prüfte auch, ob B. gegenüber D. einen therapeutischen Fortschritt aufweist. Es kam zu dem Ergebnis, dass die von der A. GmbH vorgelegten Studien nicht ausreichen, um einen therapeutischen Fortschritt zu belegen. Die Studien seien nicht aussagekräftig genug, da sie nur eine geringe Patientenzahl umfassten und nicht in Fachzeitschriften publiziert wurden.
    Insgesamt bestätigte das Bundesgericht die Entscheide des BAG und des Bundesverwaltungsgerichts, wonach B. als Nachfolgepräparat ohne therapeutischen Fortschritt zu qualifizieren ist und somit der TQV mit nicht patentgeschützten Vergleichspräparaten durchgeführt werden kann.
  • Das Bundesgerichtsurteil 145 V 170 vom 7. Juni 2021 befasst sich mit der Frage, ob die obligatorische Krankenpflegeversicherung (KVG) die Kosten einer Phalloplastik (Geschlechtsumwandlung von Frau zu Mann) im Ausland übernehmen muss. Der Fall betrifft einen Krankenversicherer, der sich geweigert hatte, die Kosten für eine in Deutschland durchgeführte Phalloplastik zu übernehmen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz entschied zugunsten des Versicherten und verpflichtete den Krankenversicherer zur Kostenübernahme.
    Das Bundesgericht hat in seiner Rechtsprechung zur Behandlung im Ausland betont, dass Ausnahmen vom Territorialitätsprinzip auch bei seltenen Therapien wie der Phalloplastik nur sehr zurückhaltend zuzulassen sind. Das Therapieangebot in der Schweiz müsse auch bei seltenen Eingriffen ein Niveau aufweisen, das eine ausreichende ärztliche Erfahrung und Routine gewährleiste, um Komplikationen zu minimieren. Die Lebenszufriedenheit von Personen mit Geschlechtsdysphorie hänge wesentlich vom Ergebnis solcher Operationen ab, weshalb ein standardisiertes Vorgehen durch ein interdisziplinäres Team von Fachärzten notwendig sei.
    Im vorliegenden Fall stellte das Bundesgericht fest, dass in der Schweiz nur wenige Phalloplastiken durchgeführt werden, was Fragen nach der Routine und Erfahrung der durchführenden Teams aufwirft. Das Gericht betonte jedoch, dass diese geringe Anzahl allein nicht ausreicht, um automatisch eine Behandlung im Ausland zu rechtfertigen. Es wurde bekräftigt, dass eine konkrete Risikoeinschätzung des Eingriffs in der Schweiz erforderlich ist, die auf objektiven Kriterien und nicht nur auf Mindestfallzahlen beruht.
    Das Bundesgericht hat schliesslich die Beschwerde des Krankenversicherers teilweise gutgeheissen, indem es festgehalten hat, dass der Krankenversicherer weitere Abklärungen zur Qualität und zu den Risiken der Phalloplastik in der Schweiz vornehmen muss. Ein definitiver Entscheid über die Kostenübernahme ist somit noch offen und es obliegt dem Krankenversicherer, unter Einbezug des Bundesamtes für Gesundheit (BAG), einen neuen Entscheid zu fällen.

Durch die ständige Weiterentwicklung der Rechtsprechung entsteht eine dynamische Rechtslage, die von Medizinstudierenden, Ärztinnen und Ärzten sowie Juristinnen und Juristen im Gesundheitswesen aufmerksam verfolgt und verstanden werden muss. Eine fundierte Kenntnis der aktuellen Rechtsprechung und der rechtlichen Rahmenbedingungen ist daher unerlässlich, um in der ärztlichen Praxis rechtssicher handeln zu können.
Die Rechtsprechung trägt damit wesentlich zur Rechtssicherheit und Qualitätssicherung im Gesundheitswesen bei, indem sie klare Leitlinien und Massstäbe für das ärztliche Handeln setzt.

Leitentscheide spielen im Schweizer Medizinrecht eine zentrale Rolle, indem sie zur Klärung und Auslegung der Gesetzgebung beitragen, Standards für die medizinische Praxis setzen und die Rechte der Patientinnen und Patienten
schützen. Sie definieren rechtliche Sorgfaltspflichten, regeln Haftungsfragen und befassen sich mit ethischen Dilemmata, beispielsweise bei Entscheidungen zur Sterbehilfe. Diese Leitentscheide fördern die Rechtssicherheit und die präzise Anwendung des Medizinrechts, beeinflussen die medizinische Ausbildung und geben Impulse für Gesetzesanpassungen. Sie tragen damit wesentlich dazu bei, dass sich Ärztinnen und Ärzte, Juristinnen und Juristen sowie Gerichte in den rechtlichen Aspekten der medizinischen Versorgung richtig orientieren können.

Prof. Dr. med. Dr. iur. Thomas D. Szucs

Witellikerstrasse 40
8032 Zürich

thomas.szucs@hin.ch

Der Autor hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit
diesem Artikel deklariert.

1. Geschichte der Sozialen Sicherheit-Home [Internet]. [zitiert 24. Juni 2024]. Verfügbar unter: https://www.geschichtedersozialensicherheit.ch/home
2. Ruckstuhl B, Ryter E. Von der Seuchenpolizei zu Public Health: öffentliche Gesundheit in der Schweiz seit 1750. Zürich: Chronos; 2017. 343 S.
3. Kieser U, Lendfers M. Gesundheitsrecht. Zürich: Dike; 2013. 132 S. (in a nutshell).
4. Gächter T, Rütsche B. Gesundheitsrecht: ein Grundriss für Studium und Praxis. 5. vollständig überarbeitete Auflage. Basel: Helbing & Lichtenhahn; 2023. 349 S.
5. Kant I. Grundlegung zur Metaphysik der Sitten. 2., durchgesehene Auflage mit aktualisierter Einleitung und Bibliographie. Hamburg: F. Meiner; 2016. (Philosophische Bibliothek).
6. 148 V 242 [Internet]. [zitiert 26. Juni 2024]. Verfügbar unter: https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?lang=de&type=show_document&highlight_docid=atf://148-V-242:de&print=yes
7. 147 V 328 [Internet]. [zitiert 26. Juni 2024]. Verfügbar unter: https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?lang=de&type=show_document&highlight_docid=atf://147-V-328:it&print=yes
8. 145 V 170 – Schweizerisches Bundesgericht [Internet]. [zitiert 26. Juni 2024]. Verfügbar unter: https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F145-V-170%3Afr&lang=de&zoom=&type=show_document

Medizin und Recht: eine Einführung – Teil 2

Das schweizerische Medizinalrecht beruht auf einer klaren Unterscheidung zwischen materiellem und formellem Recht. Das materielle Recht bestimmt die materiellen Rechte und Pflichten von Personen und Institutionen, während das formelle Recht die Verfahren zur Durchsetzung dieser Rechte regelt. Darüber hinaus unterscheidet das schweizerische Recht zwischen dem objektiven Recht, das die Gesamtheit der Rechtsnormen darstellt, und dem subjektiven Recht, das individuelle Rechte und Befugnisse definiert. Private Regelwerke wie die Standesordnung der FMH oder die Richtlinien der SAMW ergänzen das staatliche Medizinrecht und setzen ethische Standards. Im Sozialversicherungsrecht spielt die Definition der Krankheit (Art. 3 Abs. 1 ATSG) eine zentrale Rolle, die durch die Rechtsprechung konkretisiert wird. Das Zusammenspiel von gesetzlichen Vorgaben, privatrechtlichen Regelungen und klaren Verfahrensnormen gewährleistet eine qualitativ hochstehende und rechtlich einwandfreie medizinische Praxis in der Schweiz.

Schlüsselwörter: Medizinrecht, Patientenrechte, Infektionsbekämpfung, Epidemiengesetz, Reproduktionsmedizin

Objektives und subjektives Recht

Im Schweizer Recht unterscheidet man ebenfalls zwischen objektivem und subjektivem Recht:

Objektives Recht (Recht im objektiven Sinn)

Das objektive Recht bezeichnet die Gesamtheit der geltenden Rechtsnormen, also die Rechtsordnung als solche. Es umfasst Gesetze, Verordnungen und andere verbindliche Regelungen auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene. Beispiele sind das Schweizerische Zivilgesetzbuch, die Bundesverfassung, kantonale Gesetze etc. Das objektive Recht legt allgemein verbindliche Verhaltensregeln für die Gesellschaft fest.

Subjektives Recht (Recht im subjektiven Sinn)

Das subjektive Recht bezeichnet die individuellen Rechte und Befugnisse, die einer natürlichen oder juristischen Person aufgrund der objektiven Rechtsordnung zustehen. Es sind die konkreten Ansprüche, die jemand gegenüber anderen Personen oder dem Staat geltend machen kann. Beispiele sind das Eigentumsrecht, Forderungsrechte aus Verträgen, Persönlichkeitsrechte etc. Das subjektive Recht verleiht dem Rechtsträger eine rechtlich geschützte Position. Ein Rechtsträger ist eine Einheit oder Person, die Träger von Rechten und Pflichten sein kann. Dazu gehören sowohl natürliche Personen (also Einzelpersonen) als auch juristische Personen wie Unternehmen, Vereine oder Stiftungen. Juristische Personen sind rechtlich so ausgestaltet, dass sie wie natürliche Personen am Rechtsverkehr teilnehmen können, also z.B. Verträge abschliessen, Vermögen besitzen oder vor Gericht klagen können.
Die objektiven Rechtsnormen bilden somit die Grundlage, aus der sich die subjektiven Rechte der Individuen ableiten. Das objektive und subjektive Recht steht in einer engen Wechselbeziehung und ergänzen sich gegenseitig im Schweizer Rechtssystem.

Materielles und formelles Recht

Das materielle Recht umfasst alle Rechtsnormen, die die Rechtsbeziehungen zwischen den Rechtssubjekten inhaltlich regeln. Es bestimmt, welche Rechte und Pflichten einzelne Personen oder Institutionen haben. Dazu gehören Vorschriften des Zivilrechts wie Verträge, Eigentum und Schadenersatz, des Strafrechts, das Straftatbestände und Strafen definiert, und des Verwaltungsrechts, das Vorschriften über Genehmigungen und Verwaltungshandeln enthält. Mit anderen Worten, das materielle Recht legt fest, was rechtmässig oder unrechtmässig ist und welche Konsequenzen sich daraus ergeben.

Im Gegensatz dazu bezieht sich das formelle Recht auf die Rechtsnormen, die das Verfahren zur Durchsetzung des materiellen Rechts regeln. Es umfasst die Regeln und Verfahren, nach denen Rechte und Pflichten geltend gemacht und durchgesetzt werden können. Beispiele dafür sind die Zivilprozessordnung (ZPO), die das Verfahren in zivilrechtlichen Streitigkeiten regelt, die Strafprozessordnung (StPO), die das Verfahren in strafrechtlichen Ermittlungen und Verfahren festlegt, und das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVG), das das Verfahren in Verwaltungsangelegenheiten regelt. Das formelle Recht stellt somit sicher, dass die Rechte und Pflichten des materiellen Rechts in geregelter und rechtsstaatlicher Weise durchgesetzt werden.

Private Regelwerke im Schweizer ­Medizinrecht

Neben den staatlichen Gesetzen und Verordnungen spielen im schweizerischen Medizinrecht auch private Regelwerke eine wichtige Rolle. Diese Regelwerke werden häufig von Berufsverbänden, Standesorganisationen und anderen privaten Institutionen erarbeitet und bieten Richtlinien für die ethische und professionelle Praxis im medizinischen Bereich. Nachfolgend sind einige der wichtigsten privaten Regelwerke aufgeführt:

Standesordnung der FMH (Foederatio Medicorum Helveticorum)

Die FMH ist die Dachorganisation der Schweizer Ärztinnen und Ärzte. Ihre Standesordnung enthält ethische Richtlinien und Verhaltensregeln, die Ärztinnen und Ärzte in ihrer täglichen Praxis unterstützen. Die Standesregeln umfassen eine Vielzahl von Themen, unter anderem das Arzt-Patienten-Verhältnis, die Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsberufen und die berufliche Fortbildung. (1)

Richtlinien der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW)

Die SAMW erarbeitet wissenschaftlich fundierte Empfehlungen zu ethischen, rechtlichen und klinischen Fragen im medizinischen Bereich. Ihre Richtlinien sind eine wichtige Orientierungshilfe für Ärztinnen und Ärzte sowie für Institutionen des Gesundheitswesens. Themen, mit denen sich die SAMW befasst, sind beispielsweise die Betreuung am Lebensende, der Umgang mit neuen Technologien oder die medizinische Forschung. (2)

Qualitätsrichtlinien der Fachgesellschaften

Verschiedene medizinische Fachgesellschaften in der Schweiz entwickeln eigene, fachspezifische Qualitätsrichtlinien und Leitlinien. Ziel dieser Richtlinien ist es, die Qualität der medizinischen Versorgung zu verbessern und eine evidenzbasierte Praxis zu fördern. Beispiele sind die Schweizerische Gesellschaft für Kardiologie (SGK) oder die Schweizerische Gesellschaft für Anästhesiologie und Reanimation (SGAR).

Ethische Richtlinien der Berufsverbände

Neben der allgemeinen Standesordnung der FMH und den Richtlinien der SAMW haben viele Fachgesellschaften eigene ethische Richtlinien entwickelt. Diese Richtlinien geben spezifische ethische Orientierungen für bestimmte Fachgebiete und Berufsgruppen innerhalb der Medizin.

Akkreditierung und Zertifizierung

Private Organisationen, die Akkreditierungs- und Zertifizierungsdienste anbieten, setzen ebenfalls Standards für die Qualität und Sicherheit in medizinischen Einrichtungen. Diese Standards betreffen unter anderem die Patientenversorgung, das Risikomanagement und die organisatorischen Abläufe in Spitälern und Kliniken. Beispiele sind die Stiftung für Patientensicherheit Schweiz und andere internationale Akkreditierungsorganisationen wie JCI (Joint Commission International) oder Deutsche Krebsgesellschaft.

Klinische Richtlinien und Empfehlungen

Viele medizinische Fachgesellschaften und Forschungsorganisationen entwickeln klinische Leitlinien und Empfehlungen, die auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren. Diese Leitlinien geben praktische Handlungsempfehlungen für die Diagnostik, Therapie und Prävention von Krankheiten und tragen zur Standardisierung der medizinischen Praxis bei.
Diese privaten Regelwerke ergänzen die staatlichen Gesetze und Verordnungen und tragen dazu bei, die medizinische Praxis in der Schweiz zu harmonisieren und zu verbessern. Für die Ärzteschaft ist es wichtig, diese Regelwerke zu kennen und in die tägliche Praxis zu integrieren, um eine hohe Qualität der Patientenversorgung und die Einhaltung ethischer Standards zu gewährleisten.

Krankheitsbegriff im Recht: Einleitung zu Art. 3 Abs. 1 ATSG – Definition der Krankheit

Im Sozialversicherungsrecht ist eine genaue Definition des Begriffs Krankheit unerlässlich, damit die Anspruchsberechtigten die ihnen zustehenden Leistungen erhalten. Art. 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) (3) enthält eine solche Definition und bildet die Grundlage für zahlreiche Entscheide im Gesundheits- und Sozialversicherungsbereich.

Nach Art. 3 Abs. 1 ATSG ist Krankheit jede Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit, die nicht Folge eines Unfalles ist und die eine medizinische Untersuchung oder Behandlung erfordert oder eine Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Diese Definition stellt sicher, dass Krankheit nicht auf körperliche Leiden beschränkt ist, sondern auch Beeinträchtigungen der geistigen und seelischen Gesundheit umfasst.

Der Begriff «Beeinträchtigung der Gesundheit“ umfasst dabei eine Vielzahl von Zuständen, die die normale körperliche oder psychische Funktion beeinträchtigen. Wichtig ist auch die Abgrenzung zu Unfallfolgen, die durch andere Bestimmungen abgedeckt sind. Die Definition betont auch, dass eine Krankheit vorliegt, wenn sie entweder eine medizinische Intervention erfordert oder die Arbeitsfähigkeit der betroffenen Person beeinträchtigt.

Diese Legaldefinition ist für die Feststellung von Leistungsansprüchen in der Sozialversicherung von entscheidender Bedeutung. Sie bietet eine klare Grundlage für die rechtliche Beurteilung von Gesundheitszuständen und trägt dazu bei, dass Versicherte bei Arbeitsunfähigkeit die notwendigen medizinischen Leistungen und Hilfen erhalten. Dies betrifft insbesondere Leistungen wie Krankengeld, Erwerbsminderungsrenten und die Kostenübernahme für Heilbehandlungen.

In der Praxis wird diese Definition von Krankheit in vielen Situationen angewandt, um festzustellen, ob eine Person Anspruch auf Leistungen der sozialen Sicherheit hat. Ärzte, Versicherungsvertreter und Juristen entscheiden anhand dieser Definition, ob eine Erkrankung die Kriterien erfüllt, um als Krankheit im Sinne des Versicherungsrechts anerkannt zu werden. Gerichtsurteile und Verwaltungsentscheidungen stützen sich auf diese Definition, um Einheitlichkeit und Gerechtigkeit bei der Gewährung von Leistungen zu gewährleisten.

Diese Definition schafft eine klare rechtliche Grundlage, wann eine Person Anspruch auf Leistungen der Sozialversicherungen hat, und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um als krank im Sinne des Gesetzes zu gelten.

Rechtsprechung

Die Rechtsprechung hat den Krankheitsbegriff in verschiedenen Fällen weiter konkretisiert und ausgelegt. So wurde beispielsweise im Fall «Viagra» (BGE 129 V 32 E 4.2.1) der Krankheitsbegriff im Zusammenhang mit der Verschreibung von Viagra geprüft. Ein weiterer wichtiger Fall ist der «Champix-Fall“ (BGE 137 V 295 E. 4.2.2), in dem es um die Kostenübernahme für ein Medikament zur Raucherentwöhnung ging. Diese Urteile veranschaulichen, wie die Gerichte den Krankheitsbegriff anwenden und auslegen, um über Leistungsansprüche zu entscheiden.

WHO

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Gesundheit umfassender als das blosse Fehlen von Krankheit oder Gebrechen. Gesundheit wird als Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens beschrieben. (4) Diese Definition betont, dass Gesundheit mehrdimensional ist und sowohl physische als auch psychische und soziale Aspekte umfasst. Im rechtlichen Kontext kann diese Definition als Orientierung dienen, insbesondere wenn es darum geht, präventive Massnahmen und ganzheitliche Ansätze im Gesundheitswesen zu fördern.

Relevante privatrechtliche Normen in der Medizin

Zu den wichtigsten Bereichen gehören die Rechts- und Handlungsfähigkeit, der Persönlichkeitsschutz, der Kindes- und Erwachsenenschutz, das Haftpflichtrecht und das Auftragsrecht.

Rechts- und Handlungsfähigkeit (ZGB 11 ff.)

Die Rechts- und Handlungsfähigkeit ist im Zivilgesetzbuch (ZGB) in den Artikeln 11 ff. geregelt. Sie beschreibt die Fähigkeit einer Person, Rechte und Pflichten zu haben (Rechtsfähigkeit) und durch eigenes Handeln Rechtswirkungen herbeizuführen (Handlungsfähigkeit). Diese Grundsätze legen fest, ab wann und unter welchen Voraussetzungen eine Person rechtswirksam handeln kann, z.B. ab der Mündigkeit oder der Handlungsfähigkeit.

Persönlichkeitsschutz (ZGB 27ff)

Der in Art. 27 ff. ZGB geregelte Persönlichkeitsschutz dient dem Schutz der persönlichen Integrität und der Ehre des Einzelnen. Diese Bestimmungen verhindern, dass eine Person in ihrer persönlichen Freiheit und Würde übermässig beeinträchtigt wird. Der Persönlichkeitsschutz umfasst Aspekte wie den Schutz vor übler Nachrede, vor Eingriffen in die Privatsphäre und vor missbräuchlicher Ausnutzung persönlicher Schwächen.

Kindes- und Erwachsenenschutz (ZGB 307ff und ZGB 362ff)

Der Kindes- und Erwachsenenschutz ist in den Artikeln 307 ff. und 362 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches geregelt. Diese Bestimmungen betreffen Massnahmen zum Schutz von Kindern und Erwachsenen, die wegen ihres Alters, einer Krankheit oder aus anderen Gründen nicht in der Lage sind, ihre Angelegenheiten selbst zu besorgen. Dazu gehören Vormundschaften, Beistandschaften und andere Schutzmassnahmen, die sicherstellen, dass die betroffenen Personen angemessen unterstützt und geschützt werden.

Haftpflichtrecht (OR 41ff)

Das Haftpflichtrecht, das in den Artikeln 41 ff. des Obligationenrechts (OR) geregelt ist, betrifft die zivilrechtliche Haftung für Schäden, die eine Person einer anderen zufügt. Es legt fest, unter welchen Voraussetzungen jemand für einen Schaden haftbar gemacht werden kann und welcher Schadenersatz zu leisten ist. Das Haftpflichtrecht spielt eine zentrale Rolle bei der Regelung von Schadenersatzansprüchen und bei der Durchsetzung von Ansprüchen aus unerlaubter Handlung.

Auftragsrecht (OR 394ff)

Das Auftragsrecht regelt in den Artikeln 394 ff. des Schweizerischen Obligationenrechts (OR) die Rechtsbeziehungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Es umfasst die Pflichten, Rechte und Verantwortlichkeiten, die im Rahmen eines Auftragsverhältnisses entstehen. Darunter fallen beispielsweise Dienstverträge, Beratungsverträge und andere Arten von Aufträgen, bei denen eine Person für eine andere eine Leistung erbringt.

Relevante Normen des Medizinstrafrechts

Im Bereich der Medizin gibt es zahlreiche strafrechtliche Normen, die das Handeln der Angehörigen der Heilberufe regeln und sicherstellen sollen, dass die Rechte und die Sicherheit der Patienten gewahrt werden. Nachfolgend sind einige der wichtigsten strafrechtlichen Bestimmungen aufgeführt, die in der Medizin relevant sind:

Delikte gegen Leib und Leben (StGB 111ff)

Die Artikel 111 ff. des schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB) befassen sich mit Straftaten gegen Leib und Leben. Diese Normen umfassen Delikte wie vorsätzliche Tötung, Mord und Körperverletzung mit Todesfolge. Für Medizinalpersonen ist es besonders wichtig, diese Bestimmungen zu kennen, um sicherzustellen, dass alle medizinischen Eingriffe und Behandlungen rechtmässig und ethisch vertretbar durchgeführt werden.

Körperverletzungsdelikte (StGB 122ff)

Die Artikel 122 ff. des Strafgesetzbuches betreffen die Körperverletzungsdelikte. Diese umfassen die schwere Körperverletzung, die einfache Körperverletzung und die fahrlässige Körperverletzung. Für Ärzte und andere Medizinalpersonen ist es unerlässlich, die rechtlichen Grenzen und Anforderungen zu kennen, um sicherzustellen, dass medizinische Behandlungen gesetzeskonform durchgeführt werden und Patienten nicht unbeabsichtigt geschädigt werden.

Schwangerschaftsabbruch (StGB 118ff)

Die Artikel 118 ff. des Strafgesetzbuches regeln die Voraussetzungen und die Strafbarkeit des Schwangerschaftsabbruchs. Diese Bestimmungen legen fest, unter welchen Voraussetzungen ein Schwangerschaftsabbruch legal durchgeführt werden kann und wann er strafbar ist. Für Gynäkologen und andere in der Reproduktionsmedizin tätige Fachpersonen ist es wichtig, diese Bestimmungen genau zu kennen und einzuhalten.

Berufsgeheimnis (StGB 321ff)

Die Artikel 321 ff. des Strafgesetzbuches betreffen das Berufsgeheimnis. Diese Bestimmungen verpflichten die Medizinalpersonen, die ihnen in Ausübung ihres Berufes anvertrauten Informationen vertraulich zu behandeln. Verletzungen des Berufsgeheimnisses können strafrechtliche Folgen haben. Es ist daher für alle im medizinischen Bereich Tätigen von grosser Bedeutung, die Regeln des Berufsgeheimnisses strikt einzuhalten, um das Vertrauen der Patienten zu wahren und rechtliche Probleme zu vermeiden.

Medizinisch relevante leges speciales (nicht abschliessend)

Im Bereich der Medizin gibt es eine Vielzahl von Spezialgesetzen, so genannte leges speciales, die besonderen Regelungen für verschiedene Aspekte der medizinischen Praxis und Forschung enthalten. Diese Gesetze sollen spezifische Themen und Herausforderungen im Gesundheitswesen aufgreifen und sicherstellen, dass medizinische Versorgung und Forschung ethisch und rechtlich einwandfrei durchgeführt werden. Nachfolgend einige der wichtigsten leges speciales mit Bezug zur Medizin:

Bundesgesetz über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten (Epidemiengesetz, EpG)

Das Epidemiengesetz (EpG) regelt die Massnahmen zur Bekämpfung und Verhütung übertragbarer Krankheiten. Es legt die Pflichten der Behörden und des medizinischen Personals fest, um die Ausbreitung von Infektionskrankheiten zu verhindern und den Gesundheitsschutz der Bevölkerung zu gewährleisten.

Bundesgesetz über die medizinisch unterstützte Fortpflanzung (Fortpflanzungsmedizingesetz, FMedG)

Das Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) enthält Bestimmungen über die medizinisch unterstützte Fortpflanzung, einschliesslich der In-vitro-Fertilisation (IVF) und anderer Methoden. Es regelt die Voraussetzungen, unter denen solche Verfahren durchgeführt werden dürfen, und bezweckt die Sicherstellung ethischer Standards und des Schutzes der betroffenen Personen.

Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz, HMG)

Das Heilmittelgesetz (HMG) regelt die Zulassung, die Herstellung, den Vertrieb und die Überwachung von Arzneimitteln und Medizinprodukten. Es stellt sicher, dass nur sichere und wirksame Produkte auf den Markt gelangen und die öffentliche Gesundheit geschützt wird.

Bundesgesetz über die Forschung an embryonalen Stammzellen (Stammzellenforschungsgesetz, StFG)

Das Stammzellenforschungsgesetz (StFG) regelt die Forschung an embryonalen Stammzellen und setzt dabei strenge ethische und rechtliche Massstäbe. Ziel ist es, Fortschritte in der medizinischen Forschung zu ermöglichen, ohne dabei ethische Grundsätze zu verletzen.

Bundesgesetz über genetische Untersuchungen beim Menschen (GUMG)

Das Bundesgesetz über genetische Untersuchungen beim Menschen (GUMG) regelt genetische Untersuchungen. Es stellt sicher, dass solche Untersuchungen nur unter strengen ethischen und rechtlichen Voraussetzungen durchgeführt werden, um die Privatsphäre und die Rechte der betroffenen Personen zu schützen.

BG über die Transplantation von Organen, Geweben und Zellen TPG)

Das Transplantationsgesetz (TPG) regelt die Entnahme, Zuteilung und Transplantation von Organen, Geweben und Zellen. Es legt fest, unter welchen Voraussetzungen solche medizinischen Eingriffe vorgenommen werden dürfen und wie die Verteilung gerecht und transparent erfolgen soll.

Bundesgesetz über die universitären Medizinalberufe (MedBG)

Das Medizinalberufegesetz (MedBG) definiert die Voraussetzungen und Bedingungen für die Ausübung der universitären Medizinalberufe. Es regelt die Ausbildung, die Berufsausübung und die Diplomanerkennung und stellt die hohe Qualität der medizinischen Versorgung sicher.

Krankenversicherungsgesetz (KVG)

Das Krankenversicherungsgesetz (KVG) regelt die obligatorische Krankenpflegeversicherung und deren Leistungen. Es stellt sicher, dass alle Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz Zugang zu einer medizinischen Grundversorgung haben und legt die Rahmenbedingungen für die Finanzierung und Vergütung medizinischer Leistungen fest.
Das Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier (EPDG) fördert die Einführung und Anwendung des elektronischen Patientendossiers. Ziel ist es, die Qualität und Effizienz der Gesundheitsversorgung zu verbessern und den Informationsaustausch zwischen den Leistungserbringern zu erleichtern.

Gesundheitsrechtliche Grundrechte in der Bundesverfassung

Die Schweizerische Bundesverfassung garantiert eine Reihe von Grundrechten, die für das Gesundheitsrecht von zentraler Bedeutung sind. Diese Grundrechte schützen die grundlegenden Rechte und Freiheiten des Einzelnen und stellen sicher, dass medizinische Massnahmen und die Gesundheitsversorgung im Einklang mit diesen Rechten durchgeführt werden. Nachfolgend einige der wichtigsten Grundrechte, die nach der Bundesverfassung für das Gesundheitsrecht relevant sind:

Recht auf Leben und persönliche Freiheit (Art. 10 BV)

Artikel 10 der Schweizerischen Bundesverfassung schützt das Recht auf Leben und persönliche Freiheit. Dieses Grundrecht ist im Gesundheitsrecht von besonderer Bedeutung, da es das Leben jedes Einzelnen schützt und Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit nur unter strengen Voraussetzungen zulässt. Im medizinischen Kontext bedeutet dies, dass alle Massnahmen darauf ausgerichtet sein müssen, das Leben zu erhalten und die Gesundheit des Patienten zu schützen.

Recht auf Gesundheit (aus Art. 41 BV, Sozialziele)

Das Recht auf Gesundheit lässt sich aus den Sozialzielen der Bundesverfassung (Art. 41 BV) ableiten. Diese Bestimmung verpflichtet den Staat, für eine ausreichende Gesundheitsversorgung zu sorgen und allen Menschen den Zugang zu den notwendigen medizinischen Leistungen zu ermöglichen. Der Staat und die anderen Akteure des Gesundheitswesens haben die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass jedermann Zugang zu einer qualitativ hochstehenden Gesundheitsversorgung hat.

Recht auf persönliche Freiheit und Selbstbestimmung (Art. 10 Abs. 2 BV)

Das Recht auf persönliche Freiheit und Selbstbestimmung ist im Gesundheitsrecht von grosser Bedeutung. Nach Artikel 10 Absatz 2 der Bundesverfassung haben Patientinnen und Patienten das Recht, über ihre medizinische Behandlung informiert zu entscheiden. Dies beinhaltet das Recht auf umfassende Information über Diagnose, Behandlungsvorschläge, mögliche Risiken und Alternativen. Patienten müssen frei und ohne Zwang in medizinische Massnahmen einwilligen oder diese ablehnen können.

Recht auf Achtung des Privatlebens und Datenschutz (Art. 13 BV)

Artikel 13 der Bundesverfassung schützt das Recht auf Achtung des Privatlebens und auf Datenschutz. Für das Gesundheitsrecht bedeutet dies, dass die persönlichen und medizinischen Daten der Patientinnen und Patienten vertraulich behandelt werden müssen. Die Leistungserbringer sind verpflichtet, Massnahmen zum Schutz dieser Daten vor unbefugtem Zugriff zu treffen und dürfen Informationen nur mit Einwilligung der Patientinnen und Patienten weitergeben.

Recht auf Gleichbehandlung (Artikel 8 BV)

Das Recht auf Gleichbehandlung ist in Artikel 8 der Bundesverfassung verankert und garantiert allen Menschen unabhängig von Geschlecht, Alter, ethnischer Herkunft, Religion oder sozialem Status den gleichen Zugang zu medizinischen Leistungen. Diskriminierungen im Gesundheitswesen sind verboten und es sind Massnahmen zu treffen, um die Chancengleichheit beim Zugang zur Gesundheitsversorgung zu gewährleisten.

Verbot der Folter und unmenschlicher Behandlung (Art. 10 Abs. 3 BV)

Artikel 10 Absatz 3 der Bundesverfassung schützt vor Folter und grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe. Im Gesundheitsbereich bedeutet dies, dass medizinische Massnahmen niemals dazu dienen dürfen, Patienten zu misshandeln oder zu schädigen. Es muss sichergestellt werden, dass alle medizinischen Behandlungen ethischen Standards entsprechen und das Wohl des Patienten im Vordergrund steht.

Fazit

Die in der Schweizerischen Bundesverfassung verankerten Grundrechte bilden die Grundlage für eine menschenwürdige und gerechte Gesundheitsversorgung. Sie schützen die Rechte der Patientinnen und Patienten und stellen sicher, dass medizinische Massnahmen im Einklang mit den Grundrechten und Grundfreiheiten durchgeführt werden. Für Gesundheitsdienstleister und politische Entscheidungsträger ist es unerlässlich, diese Grundrechte zu kennen und zu respektieren, um eine qualitativ hochwertige und gerechte Gesundheitsversorgung zu gewährleisten.

Polizeiliche Generalklausel – Staatliches Handeln ohne Gesetz und seine Bedeutung im Medizinrecht

Die polizeiliche Generalklausel erlaubt es dem Staat, in ausserordentlichen und unvorhersehbaren Situationen auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung zu handeln. Gemäss Artikel 5 der schweizerischen Bundesverfassung (BV) muss das Recht stets Grundlage und Schranke staatlichen Handelns sein. Dies bedeutet, dass staatliches Handeln grundsätzlich auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen muss. Artikel 5 BV legt fest, dass staatliches Handeln immer rechtmässig und verhältnismässig sein muss.

Nicht jede Situation kann jedoch vom Gesetzgeber vorhergesehen und explizit in einem Erlass oder Gesetz geregelt werden. In solchen Fällen greift die polizeiliche Generalklausel, die eine Ausnahme von Artikel 5 BV darstellt. Sie erlaubt den Behörden, in dringenden Fällen und zur Abwehr erheblicher Gefahren Massnahmen ohne vorgängige gesetzliche Grundlage zu ergreifen. Die Anwendung der polizeilichen Generalklausel Artikel 36 BV ist jedoch eng begrenzt und darf nur in Ausnahmesituationen erfolgen, in denen sofortiges Handeln erforderlich ist, um erhebliche Schäden oder Gefahren abzuwenden.
Damit der Staat dennoch auf der Grundlage der polizeilichen Generalklausel handeln kann, müssen fünf Kriterien kumulativ erfüllt sein (5):

  1. Schwere und unmittelbare Gefahr: Es muss eine ernsthafte und dringende Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit bestehen.
  2. Unvorhersehbarkeit der Gefahr: Die Gefahr muss unvorhersehbar sein und nicht durch eine bereits bestehende Regelung abgedeckt werden.
  3. Dringlichkeit der Massnahme: Es muss schnell gehandelt werden, da sonst die Gefahr nicht rechtzeitig abgewendet werden kann.
  4. Subsidiarität: Es dürfen keine milderen Mittel zur Verfügung stehen, um die Gefahr abzuwenden.

5. Verhältnismässigkeit: Die ergriffenen Massnahmen müssen im Verhältnis zur abgewendeten Gefahr stehen und dürfen nicht übermässig in die Grundrechte eingreifen.
Die polizeiliche Generalklausel ist im Medizinrecht von besonderer Bedeutung, da sie ein schnelles und effektives Handeln in dringenden medizinischen Notfällen ermöglicht, auch wenn es für die Situation keine spezielle gesetzliche Regelung gibt. Im medizinischen Kontext können Situationen auftreten, die ein sofortiges Eingreifen erfordern, um Leben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden.

Ein Beispiel für die Relevanz der polizeilichen Generalklausel im Medizinrecht ist der plötzliche Ausbruch einer hoch ansteckenden und gefährlichen Krankheit. Ein solcher Ausbruch kann eine unmittelbare Bedrohung für die öffentliche Gesundheit darstellen und erfordert schnelles Handeln, um die Ausbreitung der Krankheit zu verhindern. In solchen Situationen müssen die Gesundheitsbehörden möglicherweise Massnahmen wie die Anordnung von Quarantäne, die Schliessung von Schulen und öffentlichen Einrichtungen oder Reisebeschränkungen ergreifen. Diese Massnahmen können auch dann erforderlich sein, wenn es keine spezielle gesetzliche Grundlage gibt, die diese Massnahmen im Einzelnen regelt.

Die fünf Kriterien der polizeilichen Generalklausel stellen sicher, dass solche Massnahmen nur in extremen und dringenden Situationen ergriffen werden und beugen so Missbrauch und Willkür vor. Sie gewährleisten, dass staatliches Handeln im Einklang mit rechtsstaatlichen Grundprinzipien steht und gleichzeitig die notwendige Flexibilität und Handlungsfähigkeit in Notsituationen gewahrt bleibt.
Die Anwendung der polizeilichen Generalklausel im Medizinrecht ermöglicht es dem Staat, schnell und effektiv auf unvorhersehbare Gesundheitsgefahren zu reagieren und so die öffentliche Gesundheit und Sicherheit zu schützen. Diese Flexibilität ist entscheidend, um in Krisensituationen angemessen handeln zu können und die Gesundheit der Bevölkerung zu sichern. Die polizeiliche Generalklausel stellt in solchen Fällen sicher, dass das Handeln der Behörden auch dann rechtmässig bleibt, wenn die Situation aussergewöhnliche Massnahmen erfordert, die über die bestehenden gesetzlichen Regelungen hinausgehen.

Das Gesundheitspolizeirecht in der Schweiz ist ein komplexes System, das auf verschiedenen Ebenen organisiert ist: Bund, Kantone und Gemeinden. Jede dieser Ebenen hat spezifische Aufgaben und Kompetenzen im Bereich des Gesundheitsschutzes und der Gesundheitsregulierung.(6)

Auf Bundesebene liegt der Schwerpunkt auf dem Schutz der öffentlichen Gesundheit und der Regelung bestimmter Bereiche des Gesundheitswesens. Der Bund ergreift Massnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Gesundheitsgefahren, wie die Bekämpfung von Infektionskrankheiten und die Förderung der öffentlichen Gesundheit. Zudem regelt der Bund das Heilmittelrecht, das Medizinalberuferecht und das Recht der Forschung am Menschen. Dazu gehören die Zulassung, die Überwachung und der Vertrieb von Arzneimitteln und Medizinprodukten sowie die Berufsausübung der Ärztinnen und Ärzte und anderer Medizinalpersonen. Zudem legt es die ethischen und rechtlichen Rahmenbedingungen für die medizinische Forschung fest.

Die Kantone spielen im Gesundheitswesen eine zentrale Rolle und sind für den Vollzug und die Kontrolle der Gesundheitsgesetzgebung zuständig. Zu ihren Aufgaben gehört die Erteilung und Überwachung von Betriebsbewilligungen für Spitäler und andere medizinische Einrichtungen. Darüber hinaus sind die Kantone für die Zulassung und Überwachung von ambulanten Gesundheitseinrichtungen wie Arztpraxen und ambulanten Kliniken zuständig. Ein weiterer wichtiger Aufgabenbereich der Kantone ist die Regelung der Selbstdispensation, also der Bedingungen, unter denen Ärzte und Apotheker Medikamente direkt an Patienten abgeben dürfen.

Auf Gemeindeebene konzentrieren sich die gesundheitspolizeilichen Aufgaben auf spezifische lokale Gesundheitsfragen und den Vollzug kantonaler Vorschriften. Die Gemeinden sind insbesondere für die Regelung und Überwachung des Bestattungswesens zuständig und sorgen dafür, dass Bestattungen hygienisch und würdig durchgeführt werden.

Neben diesen Hauptaufgaben gibt es weitere wichtige Aspekte und spezifische Regelungen im Gesundheitsbereich, die sich aus der Zusammenarbeit der verschiedenen Ebenen ergeben. Dazu gehören z.B. Massnahmen der Gesundheitsförderung und Prävention, der Katastrophenschutz im Gesundheitswesen und die Kontrolle der Gesundheitsberufe.

Entscheidend für die Wirksamkeit des Gesundheitspolizeirechts ist die koordinierte Zusammenarbeit zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden. Durch klare Kompetenzverteilungen und regelmässige Absprachen können Synergien genutzt und Doppelspurigkeiten vermieden werden. Dies trägt dazu bei, dass die öffentliche Gesundheit effizient und effektiv geschützt wird und die Bevölkerung Zugang zu qualitativ hochstehenden Gesundheitsdienstleistungen hat.
Die Gesundheitspolitik in der Schweiz ist somit ein Mehrebenensystem, in dem Bund, Kantone und Gemeinden unterschiedliche, aber sich ergänzende Aufgaben wahrnehmen. Jede dieser Ebenen trägt dazu bei, die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen und eine angemessene Gesundheitsversorgung zu gewährleisten. Durch eine enge Zusammenarbeit und eine klare Aufgabenteilung kann das Gesundheitsgesetz wirksam umgesetzt werden.

Gegenüberstellung der Arbeitsweisen von Juristen und Medizinern im Kontext des Medizinrechts

Die Arbeitsweisen von Juristen und Medizinern unterscheiden sich erheblich, insbesondere im Kontext des Medizinrechts, wo beide Berufsgruppen eng zusammenarbeiten, aber unterschiedliche Perspektiven und Methoden einbringen. (Tab. 1)

Allgemeine Rechtsgrundsätze

Die allgemeinen Rechtsgrundsätze durchziehen die gesamte Rechtsordnung und sind bei der Anwendung des positiven Rechts zu berücksichtigen. Sie dienen dazu, das Rechtssystem fair, verlässlich und gerecht zu gestalten und bilden eine wesentliche Grundlage für das Verhalten der Rechtsunterworfenen und das Handeln der Behörden. Sie stellen sicher, dass das Recht in einer Weise angewandt wird, die den Grundwerten der Gesellschaft entspricht.
Es besteht die Vorstellung, dass es Grundgedanken gibt, die die gesamte Rechtsordnung durchziehen. Diese Grundsätze sind bei der Anwendung des positiven Rechts zu berücksichtigen.
Beispiele:

Treu und Glauben (Art. 2 Abs. 1 ZGB):
Dieser Grundsatz verlangt von den Rechtssubjekten ein Verhalten, das von Ehrlichkeit und Vertrauenswürdigkeit geprägt ist. Es dient dazu, den Rechtsverkehr fair und verlässlich zu gestalten.

Verbot des Rechtsmissbrauchs (Art. 2 Abs. 2 ZGB):
Darunter versteht man das Verbot der zweckwidrigen und schikanösen Ausübung eines Rechts. Es verhindert den Missbrauch von Rechten zum Nachteil anderer.

Willkürverbot (Art. 9 BV):
Dieses Prinzip schützt vor unvernünftigem, sinnlosem oder widersprüchlichem staatlichen Handeln. Es stellt sicher, dass die Behörden sachlich begründete und nachvollziehbare Entscheide treffen.

Grundsatz des öffentlichen Interesses (Art. 5 Abs. 2 BV):
Es handelt sich um die Verpflichtung des Staates, Massnahmen nur dann zu ergreifen, wenn sie dem Gemeinwohl dienen. Staatliches Handeln muss durch das Gemeinwohl gerechtfertigt sein.

Verhältnismässigkeitsprinzip (Art. 5 Abs. 2 BV):
Dieses Prinzip besagt, dass staatliche Massnahmen geeignet, erforderlich und angemessen sein müssen. Jede staatliche Massnahme muss in einem vernünftigen Verhältnis zum angestrebten Ziel stehen und darf nicht über das Notwendige hinausgehen.

Zusammenfassung

Das schweizerische Medizinrecht bildet durch die Integration einer Vielzahl von Rechtsquellen und Regelungen eine umfassende und solide Grundlage für die medizinische Praxis. Es schützt die Rechte der Patientinnen und Patienten und stellt klare Anforderungen an die Berufsausübung der Medizinalpersonen. Das Medizinrecht stellt sicher, dass medizinisches Handeln rechtlich und ethisch einwandfrei ist, und sorgt so für Qualität und Gerechtigkeit in der Gesundheitsversorgung.
Die unterschiedlichen Arbeitsweisen von Juristen und Medizinern erfordern eine enge Zusammenarbeit. Während Juristen Gesetze auslegen und rechtliche Probleme lösen, konzentrieren sich Mediziner auf die Diagnose und Behandlung von Patienten. Beide Berufsgruppen tragen dazu bei, dass die medizinische Praxis sowohl medizinisch als auch rechtlich korrekt ist.

Neben staatlichen Gesetzen und Verordnungen spielen auch private Regelwerke eine wichtige Rolle. Sie ergänzen die gesetzlichen Vorgaben und sorgen für eine hohe Qualität und Ethik in der medizinischen Praxis. Wichtige private Regelwerke sind die Standesordnung der FMH, die Richtlinien der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften und die Qualitätsrichtlinien der Fachgesellschaften.
Insgesamt stellt das Medizinrecht sicher, dass die medizinische Praxis in der Schweiz auf einem hohen ethischen und rechtlichen Niveau bleibt. Die Kenntnis und Anwendung dieser Regelungen sind für alle Akteure im Gesundheitswesen unerlässlich, um eine verantwortungsvolle und rechtskonforme Praxis zu gewährleisten.

Prof. Dr. med. Dr. iur. Thomas D. Szucs

Witellikerstrasse 40
8032 Zürich

thomas.szucs@hin.ch

Der Autor hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

1. Standesordnung der FMH.
2. SAMW [Internet]. [zitiert 27. Juni 2024]. Medizin-ethische Richtlinien. Verfügbar unter: https://www.samw.ch
3. Fedlex [Internet]. [zitiert 1. Juni 2024]. SR 830.1 – Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allg… Verfügbar unter: https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2002/510/de
4. Kickbusch I. Der Gesundheitsbegriff der Weltgesundheitsorganisation. In: Gesundheit — unser höchstes Gut? [Internet]. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg; 1999 [zitiert 1. Juni 2024]. S. 275–86. Verfügbar unter: http://link.springer.com/10.1007/978-3-642-60166-8_14
5. Zünd A, Errass C. Die polizeiliche Generalklausel. ZBJV. 2011;4:261–93.
6. Mohler MHF. Grundzüge des Polizeirechts in der Schweiz. Basel: Helbing Lichtenhahn; 2012. 541 S.

Das Wissen zu Medizinrecht bei Studierenden und Leistungserbringenden in der Schweiz

Das Recht spielt im medizinischen Alltag eine immer grössere Rolle. Dies kann zu Unsicherheiten im Umgang mit medizinrechtlichen Fragen führen, was sich negativ auf das Gesundheitswesen und ihre Beteiligten auswirken kann. In dieser Studie wurde das medizinrechtliche Wissen von Medizinstudierenden und Ärzten/Ärztinnen in der Schweiz untersucht, um Empfehlungen für die Aus-, Weiter- und Fortbildung abzugeben. Mittels einer Umfrage wurde untersucht, wie wohl sich Personen im Umgang mit medizinrechtlichen Fragestellungen fühlen und anhand von Fallvignetten das medizinrechtliche Wissen geprüft. Teilnehmende fühlten sich tendenziell «eher nicht» wohl, mit medizinrechtlichen Fragestellungen konfrontiert zu werden. Aus den Resultaten der Fallvignetten lässt sich ein gewisses medizinrechtliches Wissen vermuten, jedoch zeigten sich über fast die gesamte Breite der erfragten Themengebiete Hinweise für Wissenslücken oder falsches Wissen.
Insbesondere scheint für die Aus-, Weiter- und Fortbildung ein Fokus auf die Themengebiete Versicherungen und Patientenrechte sinnvoll, jedoch kann eine allgemein umfänglichere medizinrechtliche Bildung als wichtig vermutet werden. Dabei sollte neben der medizinrechtlichen Theorie auch deren praktische Anwendung gelehrt werden. Die umfassendere medizinrechtliche Aus-, Weiter- und Fortbildung sollte als einer von verschiedenen Ansätzen gesehen werden, um die Unsicherheit bezüglich der Konfrontation mit medizinrechtlichen Fragestellungen anzugehen.

Schlüsselwörter: Medizinrecht, Medizinische Bildung, Fallvignetten

Einleitung

Medizin und Recht sind zwei Arbeitsfelder, die sich immer häufiger überschneiden. So nimmt auch das Recht eine grösser werdende Rolle im medizinischen Alltag ein (1). Veränderungen der Gesetzesgrundlagen und ein wechselndes Bild der Arzt-Patienten-Beziehung führen zu einer «Verrechtlichung der Medizin» (1). Ärzte/Ärztinnen werden im medizinischen Alltag mit komplexen medizinrechtlichen Fragestellungen konfrontiert (2). Die Gesetzgebung ist zudem durch die Individualität des Menschen erschwert, aufgrund dessen «abstrakte Regeln und Entscheidungen von Einzelfällen mit ihren jeweiligen Besonderheiten» (2) berücksichtigt werden müssen. Das Resultat ist eine «Unschärfe mit zahlreichen rechtlichen Normen» (2) und eine «Überregulierung im Arztberuf» (3). Diese Entwicklungen führen zu Verunsicherung, welche sich bei den Ärzten/Ärztinnen, jedoch auch bereits bei den Medizinstudierenden bemerkbar macht (3, 4). Sie kann das Verhalten und die Entscheidungsfindung im Rahmen der ärztlichen Tätigkeit negativ beeinflussen (5).

Den Veränderungen der medizinrechtlichen Rahmenbedingungen und seinen Folgen sollte im Rahmen der ärztlichen Ausbildung Rechnung getragen werden. In der Schweiz wurde unter anderem daher den einzelnen medizinischen Fakultäten Autonomie in der Durchführung ihres medizinischen Curriculums genehmigt, um die «stetige Adaptierung jenes an den neuesten Wissensstand in der Medizin» (6) zu vereinfachen. Im Ausgleich dieser Eigenständigkeit der Universitäten etablierte sich neben anderem die Durchsetzung eines schweizweit geltenden Lernzielkatalogs, bekannt unter dem Namen «PROFILES1» (6, 7). Der PROFILES-Lernzielkatalog ist «kompetenzorientiert» (8). Einzelne Thematiken wie auch das Medizinrecht sind nicht als eigene Lernziele formuliert, werden jedoch für das Erreichen der Kompetenzen vorausgesetzt (8).

Diese Studie befasste sich mit der Frage, ob Medizinstudierende und Ärzte/Ärztinnen ausreichend auf die Konfrontation mit medizinrechtlichen Fragestellungen im Rahmen ihres ärztlichen Alltags in der Schweiz unabhängig vom Fachgebiet vorbereitet werden.

Material und Methoden

Erstellung und Durchführung der Umfrage

Um diese Frage zu untersuchen, wurde eine Umfrage erstellt. Diese erfragte im ersten Teil, wie wohl sich die Teilnehmenden fühlten, in ihrer (künftigen) beruflichen Tätigkeit mit rechtlichen Fragestellungen konfrontiert zu werden. Im nächsten Schritt sollten von einer Auswahl rechtlicher Themengebiete diejenigen angewählt werden, welche als relevant eingeschätzt werden, zum einen im Rahmen des Studiums und zum anderen im Rahmen des medizinischen Alltags. Im dritten Abschnitt der Umfrage wurde anhand von Fallvignetten das medizinrechtliche Wissen in unterschiedlichen Themengebieten untersucht. Dafür wurden, orientiert an den Büchern «Rechtliche Grundlagen im medizinischen Alltag» (2), «Medizin– Mensch–Recht: eine Einführung in das Medizinrecht der Schweiz» (9) und «Gesundheitsrecht: ein Grundriss für Studium und Praxis» (10), medizinrechtliche Themengebiete ausgewählt, zu welchen dann die Vignetten erstellt wurden. Sie wurden so erstellt, dass sie von Ärzten/Ärztinnen jeglicher Fachrichtungen beantwortet werden können sollten, weshalb davon abgesehen wurde, fachspezifisches Wissen abzufragen.

Zur Erstellung der Fallvignetten wurden vorab mehrere Gerichtsentscheide mit medizinrechtlichen Fragestellungen gelesen, um ein besseres Bild der Natur solcher Fragestellungen zu erhalten. Die Vignetten waren jedoch frei erfunden. Jeder Vignette folgten mehrere Aussagen, die mit «Ja» oder «Nein» beantwortet werden konnten. Bei einer Vignette konnte zwischen den drei Auswahlmöglichkeiten «Meldepflicht», «Melderecht» oder «weder noch» ausgewählt werden. Die erstellten Vignetten wurden mit dem Betreuer besprochen und von initial 26 auf 16 Vignetten gekürzt, um die Länge der Umfrage zu beschränken. Die Aussagen waren untergeordneten Themengebieten zugeordnet, welche wiederum in übergeordnete Themengebiete zusammengefasst wurden. Die übergeordneten Themengebiete mit ihren entsprechenden untergeordneten Themengebiete waren Patientenrechte: Aufklärung, Berufsgeheimnis, einschränkende Massnahmen und Behandlung ohne Einwilligung, Einwilligung, Patientenverfügung, Recht auf Einsicht ins Patientendossier, Urteilsfähigkeit (inkl. Minderjährigkeit, Vertretungsberechtigung, andere), Versicherungen (Krankenversicherung, Unfallversicherung), Mensch und Gesundheit (Betäubungsmittelgesetz, EPDG2, Heilmittelgesetz), Berufe im Gesundheitswesen (Medizinalberufegesetz) und Obligationenrecht (einfacher Vertrag). Die Einteilung der Themengebiete erfolgte anhand einer Einteilung des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) (11).

Die Auswahl der Fallvignetten sollte ein Abbild des medizinrechtlichen Wissens geben, hatte im Rahmen dieser Arbeit jedoch keinen Anspruch, das medizinrechtliche Wissen von Medizinstudierenden und Ärzten/Ärztinnen vollständig abzubilden. Einzelne Themengebiete wurden in unterschiedlicher Ausführung abgefragt, um einerseits einen Überblick über verschiedene Themengebiete zu erhalten und andererseits anhand einzelner Themengebiete einen etwas ausführlicheren Einblick zu gewinnen. Ein besonderer Fokus wurde, in Orientierung an die oben genannten Bücher, auf das Themengebiet Patientenrechte gelegt.

Der Fragebogen wurde von Personen mit medizinischem Hintergrund erstellt und daher nach Erstellung an zwei unabhängige Juristen mit Erfahrung im Gesundheitsrecht zur Überprüfung gesandt. Die überarbeitete Version wiederum wurde von zwei Medizinstudierenden geprüft, um sicherzustellen, dass diese für das Zielpublikum verständlich formuliert und aufgebaut war. Der Fragebogen wurde an Institutionen der gesamten Schweiz versandt, weshalb er mithilfe muttersprachlich Sprechender auf Französisch und Italienisch übersetzt wurde. Die Umfrage wurde mittels LimeSurvey erstellt und war durch einen Link aufrufbar. Sie wurde an sechs Universitäten, neun Spitäler und fünf Sektionen des VSAO3 in der Schweiz versandt. Um ein besseres Bild der Fallvignetten zu erhalten, sind diese im Folgenden aufgelistet (Abb. 1).

Die Resultate der Selbsteinschätzung im Umgang mit medizinrechtlichen Fragestellungen und der Beantwortung der Fallvignetten wurden jeweils insgesamt und bezüglich ihrer Unterschiede in spezifischen Kategorien untersucht. Die untersuchten Kategorien waren Medizinstudierende versus Ärzte/Ärztinnen, Studienort Bachelor (Deutschschweiz, Romandie, Ausland), Studienort Master (Deutschschweiz, italienische Schweiz, Romandie, Ausland), Studienjahr (1.–6. Studienjahr), Arbeitsort (Grundversorgung [Praxis und Grundversorgungsspital], Zentrumsversorgung und Klinik) (12) und Position (Assistenzarzt/Assistenzärztin, Oberarzt/Oberärztin, Spitalfacharzt/Spitalfachärztin, Leitende/-r Arzt/Ärztin, Chefarzt/Chefärztin) (13).

Statistische Auswertung

Die Auswertung erfolgte mittels IBm SPSS Statistics 29.0.0.0, R 4.4.0 und Excel Office 16. Für die Beurteilung der Signifikanz der Resultate wurde ein Signifikanzniveau von 0.05 gewählt. Die prozentualen Angaben der Resultate wurden auf ganze Zahlen gerundet. Medizinstudierende versus Ärzte/Ärztinnen, Studienjahr und Position wurden als lineare Variablen behandelt. Für Studienort und Arbeitsort wurden für die Regressionsanalysen Dummy Variablen erstellt. Es wurde jeweils die grösste Untergruppe als Referenzwert gewählt. Für die Kategorien wurden Confounder vermutet, welche in den Regressionsanalysen berücksichtigt wurden. Für den Vergleich von Medizinstudierenden und Ärzten/Ärztinnen sowie den Vergleich Studienjahre wurde der Studienort als Confounder vermutet. Für die Untergruppe der Medizinstudierenden wurde das Studienjahr als Confounder der Studienorte vermutet. Für die Untergruppe der Ärzte/Ärztinnen wurden die Kategorien Arbeitsort, Position und Studienort als gegenseitige Confounder vermutet. Die Vergleiche der Kategorien im Rahmen der Fallvignetten wurden jeweils an den erzielten Resultaten in der Gesamtheit aller Fallvignetten berechnet.

Ausschlusskriterien

Für die Auswertung der Fallvignetten wurden nur die Antworten von Personen berücksichtigt, welche alle Fragen der Fallvignetten beantwortet hatten. Dadurch konnten Verfälschungen der Resultate durch Personen, die Fragen ausgelassen hatten, bei welchen sie die Antwort nicht wussten, und Personen, welche die Fallvignetten nicht gründlich ausgefüllt hatten, vermieden werden. Für die übrigen Abschnitte der Umfrage wurden alle Antworten berücksichtigt.

Resultate

Im Folgenden wird die Verteilung der Teilnehmenden beschrieben. In Klammern ist jeweils die entsprechende Anzahl Personen genannt, die für die Resultate der Fallvignetten berücksichtigt werden konnten. Es haben 836 Personen (384) an der Umfrage teilgenommen, darunter 229 Medizinstudierende (94) und 569 Ärzte/Ärztinnen (290). Der Studienort Romandie, die Position Assistenzarzt/Assistenzärztin und der Arbeitsort Zentrumsversorgung waren jeweils am häufigsten vertreten. Die Studienjahre waren mit 28–42 Personen (14–18) annähernd ähnlich häufig auf die Untergruppen verteilt. Im Folgenden wird auf die einzelnen Abschnitte der Umfrage eingegangen.

Selbsteinschätzung im Umgang mit medizinrechtlichen Fragestellungen

Kategorien
Ärzte/Ärztinnen fühlten sich in der Tendenz etwas wohler als Medizinstudierende (Abb. 2). Die Antwortverteilung widerspiegelte in beiden Untergruppen die der gesamten Teilnehmenden. Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Untergruppen. Im Vergleich der Studienorte wurde bei den Medizinstudierenden in ­allen Gruppen der Studienorte für Bachelor und Master die Antwort «eher nicht» am häufigsten gewählt. Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede der Studienorte der Medizinstudierenden. Unter den Ärzten/Ärztinnen wurde in allen Gruppen der Studienorte für Bachelor und Master die Antwort «eher nicht» am häufigsten gewählt. Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede der Studienorte der Ärzte/Ärztinnen. Über alle Studienjahre hinweg wurde die Frage am häufigsten mit «eher nicht» beantwortet. Es zeigte sich eine negative Steigung mit zunehmendem Studienjahr. Medizinstudierende fühlten sich also tendenziell weniger wohl, je weiter sie im Studium waren. Diese Tendenz war nicht si­gnifikant. Chefärzte/Chefärztinnen beantworteten die Frage am häufigsten mit «eher». Von den übrigen Positionen wurde die Frage am häufigsten mit «eher nicht» beantwortet. Mit steigender Position fühlten sich die Ärzte/Ärztinnen wohler. Diese Tendenz war signifikant (p-Wert: < 0,001). Personen, die in einer Klinik arbeiteten, fühlten sich am häufigsten «eher» wohl. In den anderen Arbeitsorten fühlten sich die Personen am häufigsten «eher nicht» wohl. Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede der Arbeitsorte.

Fallvignetten

Im Folgenden werden die Resultate beschrieben (Abb. 3). In Klammern angegeben sind jeweils der Median- (Md) und der Mittelwert (M). Für die Resultate der untergeordneten Themengebiete wird zusätzlich die Anzahl Fragen (F) angegeben.

Ein Vergleich der übergeordneten Themengebiete zeigte in Rangierung nach Medianen aller berücksichtigter Antworten, dass die Fragen im Themengebiet Versicherungen (Md: 52 %, M: 55 %) am seltensten korrekt beantwortet wurden. Darauf folgten die Fragen im Themengebiet Berufe im Gesundheitswesen (Md: 68%, M: 66%), Patientenrechte (Md: 74%, M: 65%) und Mensch und Gesundheit (Md: 81%, M: 74%). Am häufigsten wurden die Fragen im Themengebiet Obligationenrecht (Md: 99%, M: 99%) richtig beantwortet.

Patientenrechte
Die tiefsten Resultate wurden im untergeordneten Themengebiet Urteilsfähigkeit (inklusive Minderjährigkeit) erreicht (F 3, Md: 34%, M: 51%). In entsprechender aufsteigender Reihenfolge folgten die untergeordneten Themengebiete Vertretungsberechtigung (F 2, Md: 45 %,
M: 45 %), Einwilligung (F 3, Md: 45 %, M: 55 %), einschränkende Massnahmen und Behandlung ohne Einwilligung (F 4, Md: 52 %, M: 56 %), andere (F 6, Md: 54 %, M: 58 %), Berufsgeheimnis (F 11, Md: 65 %, M: 68 %), Patientenverfügung (F 8, Md: 80 %, M: 69 %), Aufklärung (F 8, Md: 87 %, M: 76 %) und Recht auf Einsicht ins Patientendossier (F 4, Md: 89 %, M: 74 %).

Versicherungen
Die tiefsten Resultate wurden im untergeordneten Themengebiet Unfallversicherung erreicht (F 5, Md: 38 %,
M: 54 %), gefolgt vom untergeordneten Themengebiet Krankenversicherung (F 4, Md: 63 %, M: 56 %).

Mensch und Gesundheit
Die tiefsten Resultate wurden im untergeordneten Themengebiet Betäubungsmittelgesetz erreicht (F 1, Md: 37 %, M: 37 %), darauf folgten in entsprechender aufsteigender Reihenfolge die untergeordneten Themengebiete EPDG (F 1, Md: 49 %, M: 49 %) und Heilmittelgesetz (F 6, Md: 91 %, M: 85 %).

Berufe im Gesundheitswesen
Es wurden nur Fragen im untergeordneten Themengebiet Medizinalberufegesetz gestellt (F 4, Md: 68 %, M: 66 %).

Obligationenrecht
Es wurden nur Fragen im untergeordneten Themengebiet Einfacher Vertrag gestellt (F 2, Md: 99 %, M: 99 %).

Kategorien
Die Fallvignetten wurden von Ärzten/Ärztinnen signifikant häufiger korrekt beantwortet als von Medizinstudiereden (p-Wert: < 0.001). Es zeigten sich weder in der Untergruppe der Medizinstudierenden noch unter den Ärzten/Ärztinnen signifikante Unterschiede der Studienorte. Tendenziell wurden die Fragen häufiger korrekt beantwortet, je weiter die Medizinstudierenden in ihrem Studium waren. Diese Tendenz war nicht signifikant. Tendenziell wurden die Fragen weniger häufig korrekt beantwortet, je höher die Position war. Auch dies war nicht signifikant. Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede der Arbeitsorte.

Diskussion

Zusammenfassung der Resultate

Die Mehrheit der befragten Medizinstudierenden und Ärztinnen und Ärzte gaben an, sich in ihrem ärztlichen Alltag in der Schweiz mit medizinrechtlichen Fragestellungen tendenziell nicht wohlzufühlen. Bei den erzielten Resultaten in den Fallvignetten mit zwei Antwortmöglichkeiten zeigen sich bei um 50 % und deutlich unter 50 % korrekter Antworten Hinweise für Wissenslücken oder falsches Wissen. Entsprechende Hinweise zeigen sich bei Fragen mit drei Antwortmöglichkeiten bei um 33 % und deutlich unter 33 % korrekter Antworten. Abgesehen vom Themengebiet Obligationenrecht zeigten sich diese Hinweise sowohl bei den Medizinstudierenden als auch bei den Ärzten/Ärztinnen in allen übergeordneten Themengebieten. Die Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass sowohl Medizinstudierende als auch Ärzte/Ärztinnen im Rahmen von Aus-, Weiter- und Fortbildungen nicht ausreichend auf die Konfrontation mit medizinrechtlichen Fragestellungen in der Schweiz vorbereitet werden. Im Folgenden werden die Resultate ausführlicher diskutiert.

Selbsteinschätzung
Es gab keine signifikanten Unterschiede im Verlauf des Studiums. Das bedeutet, dass die aktuelle medizinrechtliche Ausbildung nicht dazu führt, dass sich die Studierenden wohler fühlen, wenn sie mit medizinrechtlichen Fragestellungen konfrontiert werden. Im Vergleich der Positionen war ähnliches für die Weiter- und Fortbildung zu sehen. Höhere Positionen fühlten sich zwar signifikant wohler, dennoch fühlten sich Personen weiterhin bis in höhere Positionen tendenziell eher nicht wohl, wenn sie mit medizinrechtlichen Fragestellungen konfrontiert wurden. Dies könnte auf eine unzureichende Ausbildung zurückführen lassen, die Wissenslücken hinterlässt. Es ist auch denkbar, dass die Fragestellungen mit höherer Position an Komplexität zunehmen und diese im Rahmen der Fort- und Weiterbildung ungenügend aufgegriffen werden. Es lässt sich erahnen, dass sich im Verlauf der Karriere ein gewisser Erfahrungswert positiv auf die Unsicherheit mit den eigenen medizinrechtlichen Kompetenzen auswirkt. Insgesamt zeigt sich, dass die Thematik sowohl im Rahmen der Ausbildung als auch der Weiterbildung und Fortbildung ungenügend aufgegriffen wird. Die Beantwortung der Fallvignetten hatte keinen Einfluss auf die Selbsteinschätzung, da die Fallvignetten nach den Fragen zur Einschätzung gestellt wurden.

Fallvignetten
Die Ergebnisse zeigen, dass es in vielen Fragen Hinweise auf Wissenslücken und falsches Wissen gibt. Die Variabilität der Resultate deutet darauf hin, dass zwar ein gewisses medizinrechtliches Wissen vorhanden ist, dieses jedoch nicht die Breite der medizinrechtlichen Fragestellungen abdeckt, mit denen man im ärztlichen Alltag konfrontiert werden könnte. Zudem gibt es teilweise sogar falsches Wissen. Wissenslücken und falsches Wissen zeigten sich insbesondere in den Themengebieten Patientenrechte und Versicherungen.

Die Studienzeit scheint sich nicht auf das medizinrechtliche Wissen auszuwirken. Die Selbsteinschätzung und die Beantwortung der Fragen zeigten hier, wenn auch nicht signifikant, gegenläufige Tendenzen. Mit höherem ­Studienjahr fühlten sich Personen weniger wohl, beantworteten die Fallvignetten jedoch besser. Dies deutet darauf hin, dass das Unwohlsein nicht nur durch einen Mangel an medizinrechtlichem Wissen erklärt werden kann. Die Ausbildung sollte sich neben der medizinrechtlichen Theorie auch auf deren praktischen Anwendung fokussieren. Im Rahmen der ärztlichen Tätigkeit wird sich offenbar ein gewisses medizinrechtliches Wissen angeeignet. Dieser Lerneffekt zeigt sich insbesondere zu Beginn der ärztlichen Tätigkeit. Die Fallvignetten wurden mit steigender Position tendenziell, wenn auch nicht signifikant, schlechter beantwortet. Diese Tendenz ist gegenläufig zu den Resultaten der Selbsteinschätzung. Daraus lassen sich gewisse Fehleinschätzungen der eigenen Kompetenzen erahnen. Wie bereits erwähnt, lässt sich vermuten, dass Personen in höheren Positionen in ihrem ärztlichen Alltag häufiger mit anderen, beispielsweise fachspezifischen, medizinrechtlichen Fragestellungen konfrontiert werden. Kompetenzen in diesen Gebieten würden die Unsicherheit in der Konfrontation mit medizinrechtlichen Fragestellungen mindern, würden sich jedoch nicht in den Resultaten der Fallvignetten widerspiegeln. Die Resultate der Umfrage zeigen jedoch, dass grundlegendes, fachunspezifisches medizinrechtliches Wissen im Verlauf der ärztlichen Karriere nicht signifikant zunimmt. Der Vergleich der Studienjahre zeigt: Das Unwohlsein kann nicht allein durch den Mangel an medizinrechtlichem Wissen erklärt werden. Auch der Vergleich der Positionen spricht, nun im Rahmen der Weiter- und Fortbildung, für das Erlernen der praktischen Anwendung medizinrechtlicher Theorie.

Einschätzung der Relevanz rechtlicher Themengebiete
Laut den Einschätzungen sind die Themengebiete Patientenrechte, Kranken- und andere Sozialversicherungen, Berufspflichten und Datenschutz für das Studium und den medizinischen Alltag am relevantesten. Für das Studium wird ausserdem das Themengebiet Rechtliche Grundlagen als deutlich relevanter gewertet. Andere Gebiete wurden weniger relevant gewertet. Mit einer Ausnahme wurden die Themengebiete im Rahmen des Studiums häufiger gewählt. Das deutet darauf hin, dass deren Relevanz im Rahmen des Studiums höher gewertet wird. Es kann also vermutet werden, dass die Teilnehmenden eher mehr im Studium lernen wollen, als sie im ärztlichen Alltag brauchen, statt umgekehrt. Eine Beeinflussung der Einschätzung einzelner Gebiete durch die Beantwortung der Fallvignetten ist auszuschliessen, da die Fallvignetten nach den Fragen zur Einschätzung präsentiert wurden.

Vergleich mit anderen Studien

Verschiedenste Studien zeigten in anderen Ländern bereits Hinweise für die Relevanz medizinrechtlicher Fragestellungen und deren Einbindung in die Aus-, Weiter- und Fortbildung. Ein systematischer Review von Arbel et al. kam unter anderem zu dieser Schlussfolgerung: «Medical Students Feel Ill-Prepared to Handle the Legal Aspects of Healthcare» (4). Das widerspiegelte sich in dieser Umfrage auch in der Schweiz. Es konnte zudem bereits gezeigt werden, dass der medizinrechtlichen Ausbildung im Rahmen des Curriculums zu wenig Raum gegeben wird beziehungsweise diese ausgebaut werden sollte (4, 14, 15).

Die Relevanz der Weiter- und Fortbildung bei Ärzten/Ärztinnen zeigte sich beispielsweise in einer finnischen Befragung, welche diese bezüglich der Patientenrechte darstellte (16). Zur Vermittlung des medizinrechtlichen Inhalts wurden verschiedene Lernmethoden verglichen, wo sich insbesondere «problembasiertes Lernen» (17) «im klinischen Setting» (17) bewährte. Dies deckt sich mit den Vermutungen, dass im Rahmen der Aus-, Weiter- und Fortbildung auch das praktische Anwenden medizinrechtlicher Fragestellungen erlernt werden soll. Die Resultate der Umfrage gehen einher mit bereits beschriebenen Beobachtungen wie der «Verunsicherung von Ärzten» (3), wofür unter anderem die verrechtlichenden Entwicklungen der Medizin und sich widersprechende Gesetze als Ursache vermutet werden (3).

Dass diese Verunsicherung negative Konsequenzen mit sich zieht, wird beispielsweise am Phänomen der «Defensive Medicine» deutlich (18). Es beschreibt die defensive Haltung in der Entscheidungsfindung im ärztlichen Alltag, was sich darin ausdrückt, «dass Ärzte zur Risikominimierung und Vermeidung von Haftungsklagen entweder sinnvolle Behandlungen unterlassen – oder sich mit Überdiagnostik (Röntgen, Computertomographie) absichern» (5). Dies hat negative Folgen für die Patienten/Patientinnen, das Gesundheitssystem und die Ärzte/Ärztinnen selbst und wird bereits auf Ebene der Medizinstudierenden gelehrt und gelernt (5, 18–21). Defensive Medicine ist das Resultat verschiedener Faktoren, welche neben der medizinrechtlichen Aus-, Weiter- und Fortbildung ebenfalls beachtet werden sollten. Zu diesen Faktoren gehören unter anderem die Arzt-Patienten-Beziehung, falsche Erwartungen von Patienten/Patientinnen an die Möglichkeiten der Medizin und der Zeitdruck im medizinischen Alltag (19). Insbesondere, dass sich die Teilnehmenden mehrheitlich eher nicht wohlfühlten in der Konfrontation mit medizinrechtlichen Fragestellungen gibt Hinweise dafür, dass Defensive Medicine auch in der Schweiz auftreten könnte. Weiter zeigte eine Studie die Wichtigkeit «einer besseren Zusammenarbeit zwischen Jurisprudenz und Medizin» (22) für die Entwicklung der medizinrechtlichen Gesetzesgrundlage. Eine Schwierigkeit dieser Zusammenarbeit könnte sich unter anderem im «Verhältnis von Medizinern und Juristen» (1) zeigen, welches als «ambivalent» (1) beschrieben wird. Ähnlich liess sich im erwähnten systematischen Review Folgendes schliessen: «Medical Students Have Negative Perceptions of the Legal Field» (4).

Limitationen der Studie

Die Studie weist verschiedene Limitationen auf, welche die Umfrage und deren Durchführung sowie die Auswertung und Interpretation der Daten beeinflusst haben. Der Fragebogen ist nicht statistisch validiert, wodurch dessen Aussagekraft, insbesondere im Rahmen der Fallvignetten, vermindert ist. Die Fragen der Fallvignetten könnten zu komplex oder simpel formuliert gewesen sein, was zu Verfälschung der Resultate geführt hätte. Die Kürzung des Fragebogens führte zu einer Verminderung seiner Aussagekraft bezüglich einzelner Themengebiete. Da die Umfrage online und anonym durchgeführt wurde, konnten Verständnisfragen bezüglich der Umfrage nicht geklärt werden. Es war nicht möglich zu kontrollieren, ob die Teilnehmenden Hilfe für das Ausfüllen der Umfrage in Anspruch genommen haben, ob gewisse Teilnehmenden die Umfrage mehrmals ausgefüllt haben oder ob sie ihre Angaben zur Person korrekt ausfüllten. Der Fragebogen war in drei verschiedenen Sprachen verfügbar, weshalb mit Verzerrungen der Resultate aufgrund Übersetzungsunterschieden und damit verbundenen möglichen Missverständnissen zu rechnen ist. Die Verteilung der Teilnehmenden in den einzelnen Untergruppen war nicht gleichmässig, weshalb von Verzerrungen der Resultate aufgrund unentdeckter Bias ausgegangen werden muss. Die Aussagekraft der Resultate ist zudem aufgrund der teilweise eher kleinen Untergruppen vermindert. Mögliche signifikante Unterschiede könnten nicht aufgedeckt worden sein und umgekehrt.

Was heisst dies für die Aus-, Weiter- und Fortbildung?

Die Relevanz einer umfassenderen medizinrechtlichen Aus-, Weiter- und Fortbildung in der Schweiz ist klar. Das wird durch verschiedene Aspekte dieser Arbeit deutlich und deckt sich mit Ergebnissen anderer Studien, welche dies bereits in anderen Ländern gezeigt haben. Der kompetente Umgang mit medizinrechtlichen Fragestellungen ist ein wichtiger Bestandteil des schweizerischen Lernzielkatalogs und sollte daher im Curriculum entsprechend aufgegriffen werden. Aus der Selbsteinschätzung und den Resultaten der Fallvignetten der Ärzte/Ärztinnen lässt sich bis in höhere Positionen vermuten, dass diese Kompetenz auch im Rahmen von Weiter- und Fortbildung umfassender aufgegriffen werden sollte. Inhaltlich lässt sich insbesondere der Nutzen eines Fokus auf die Themengebiete Versicherungen und Patientenrechte vermuten, deren Relevanz sich auch in der Einschätzung der Relevanz rechtlicher Themengebiete widerspiegelte. Die Resultate zeigen eine grosse Variabilität. Deshalb ist es sinnvoll, sich mit der Breite der medizinrechtlichen Themen zu befassen. Es reicht nicht, nur die Theorie zu lernen. Man muss sie auch praktisch anwenden können. Die Theorie ist oft nicht eindeutig, was deren Anwendung noch komplizierter macht (3). Medizinrechtliche Fertigkeiten zu erlernen, ist unerlässlich, um im Umgang mit entsprechenden Fragestellungen an Sicherheit zu gewinnen. Dafür könnte sich insbesondere «problembasiertes Lernen (17)» «im klinischen Setting (17)» bewähren. Das Unwohlsein in der Konfrontation mit medizinrechtlichen Fragestellungen ist ein Ausdruck verschiedener Faktoren, die neben der umfassenderen Aus-, Weiter- und Fortbildung ebenfalls berücksichtigt werden müssen (19). Die Ausbildung sollte auch das Thema Rechtliche Grundlagen umfassen. So kann der Austausch mit Juristen/Juristinnen verbessert und gefördert werden. Deren Grundlage zu verstehen hilft, deren Entscheidungen nachzuvollziehen. Das ist insbesondere hilfreich, um andere Ursachen der Unsicherheit im Umgang mit medizinrechtlichen Fragestellungen anzugehen (1). Die medizinrechtliche Ausbildung sollte bereits in frühen Studienjahren beginnen, um dem Annehmen von Eigenschaften der Defensivmedizin während der Praktika entgegenzuwirken (19). Für Assistenzärzte/Assistenzärztinnen lässt sich aus dem Vergleich der Selbsteinschätzung und den erzielten Resultaten ableiten, dass insbesondere Angebote zum Umgang mit entsprechenden Fragestellungen besonders sinnvoll wären, um ihre Sicherheit im Umgang mit medizinrechtlichen Fragestellungen zu stärken. Für Personen in höheren Positionen hingegen scheinen Angebote zur medizinrechtlichen Theorie die bessere Wahl. Ausserdem sollten, bei sich stets ändernden Gesetzgebungen, Auffrischungskurse zum medizinrechtlichen Wissen angeboten werden, unabhängig davon, welche Resultate erzielt wurden (1). Eine umfassendere Aus-, Weiter- und Fortbildung ist unabhängig vom Studienort und Arbeitsort von entscheidender Bedeutung und sollte etabliert werden.

Weitere Studien

In weiteren Studien wäre es insbesondere interessant, die Effektivität der Implementierung einer umfänglicheren Aus-, Weiter- und Fortbildung zu untersuchen. Zudem könnten genauere Untersuchungen der Unterschiede in den einzelnen Kategorien zu detaillierteren Resultaten führen. Ein umfangreicherer und statistisch validierter Fragebogen könnte helfen, die relevanten Themengebiete besser zu erkennen. Weitere Studien zur Ursachenfindung des Unwohlbefindens in der Konfrontation mit medizinrechtlichen Fragestellungen und wie diese angegangen werden könnten, wären ebenfalls interessant, um die Pro­blematik ganzheitlich anzugehen.

Danksagung

Für die hilfreiche und wertvolle Unterstützung möchte ich mich bei allen Beteiligten recht herzlich bedanken. An erster Stelle bei meinem Betreuer Prof. Dr. Thomas Szucs, welcher mich im gesamten Prozess der Arbeit reichlich unterstützte. Ebenfalls beim Experten Prof. Dr. Milo Puhan. Für die Unterstützung in der Entwicklung des Fragebogens möchte ich mich herzlich bei Christoph Bissig und Nicolas Jordi bedanken, welche den Fragebogen auf juristischer Seite geprüft haben, sowie bei Debora Meier und Tamara Weil, welche diesen aus der Sicht von Medizinstudierenden geprüft haben. Für die Übersetzung auf Französisch bedanke ich mich herzlich bei Rolf Tanner und für die Übersetzung auf Italienisch bei Sabrina Caccia-Ineichen und Moira Ineichen. Für die Unterstützung im Versand bedanke ich mich recht herzlich bei der Universität Zürich und dem Fachverein der medizinischen Fakultät, der ETH Zürich, der Università della Svizzera italiana, der Universität Basel und der Fachschaft Medizin Basel, der Université de Genève, der Université de Lausanne, dem Universitätsspital Zürich, dem Centre hospitalier universitaire vaudois, dem Hôpitaux universitaires de Genève, dem Kantonsspital Graubünden, der Krankenhausgesellschaft Schwyz, den Solothurner Spitälern, dem Kantonsspital Obwalden, dem Spital Nidwalden, dem Zuger Kantonsspital sowie dem VSAO Sektion Freiburg, Thurgau, Wallis, Zentralschweiz und Zürich. Ebenso möchte ich mich herzlich bei allen bedanken, die sich die Zeit genommen haben, die Umfrage auszufüllen. Für die Unterstützung in der Analyse möchte ich mich herzlich bei Sven Glinz bedanken.

Katja Meier

Institut für Epidemiologie
Biostatistik und Prävention (EBPI)
Universität Zürich (UZH)
Hirschengraben 84, 8001 Zürich

katja.meier2@uzh.ch

Die Autorenschaft hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang
mit diesem Artikel deklariert.

1. Spickhoff A. Ärzte und Juristen. Rescriptum. 2016;9:161–8.
2. Schweizerische Akademie der medizinischen Wissenschaften / Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte. Rechtliche Grundlagen im medizinischen Alltag. Ein Leitfaden für die Praxis. 4. unveränderte Auflage. Schweizerische Akademie der medizinischen Wissenschaften / Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte; 2022.
3. Stüwe H. Medizin und Recht: Arzt – der durchnormierte Beruf. Dtsch Arztebl 2009;106:593–4.
4. Arbel E, Reese A, Oh K, Mishra A. Medical Law and Medical School Curricula: A Systematic Review. Cureus. 2024;16:e54377.
5. Büssow R. Wie Gesetze zur Defensivmedizin führen. AerzteZeitung. 2014. [Internet] [abgerufen am 20. April 2024]. Verfügbar unter: https://www.aerztezeitung.de/Politik/Wie-Gesetze-zur-Defensivmedizin-fuehren-241688.html
6. Working Group under a Mandate of the Joint Commission of the Swiss Medical Schools. Swiss Catalogue of Learning Objectives for Undergraduate Medical Training – Under a Mandate of the Joint Commission of the Swiss Medical Schools 2008.
7. PROFILES | Home [Internet] [abgerufen am 20. April 2024]. Verfügbar unter: https://www.profilesmed.ch/
8. PROFILES | Introduction [Internet] [abgerufen am 20. April 2024]. Verfügbar unter: https://www.profilesmed.ch/sections/introduction
9. Büchler A, Michel M. Medizin–Mensch–Recht: eine Einführung in das Medizinrecht der Schweiz. 2. Auflage. Zürich: Schulthess; 2020.
10. Gächter T, Burch S, Rütsche B. Gesundheitsrecht: ein Grundriss für Studium und Praxis. 4., vollständig überarbeitete Auflage. Basel: Helbing Lichtenhahn Verlag; 2018.
11. Bundesamt für Gesundheit. Gesetzgebung [Internet] [abgerufen am 20. April 2024]. Verfügbar unter: https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/gesetze-und-bewilligungen/gesetzgebung.html
12. Bundesamt für Gesundheit. Spital suchen [Internet] [abgerufen am 20. April 2024]. Verfügbar unter: https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/zahlen-und-statistiken/zahlen-fakten-zu-spitaelern/spital-suchen.html
13. Spital STS AG. Ärztelaufbahnmodell (Basis 4-Stufen-Modell) 2017. [Internet] [abgerufen am 31. Mai 2024]. Verfügbar unter: https://www.spitalthun.ch/fileadmin/user_upload/171208_Aerztelaufbahnmodell_2018.pdf
14. Neuser M, Birngruber .G, Dettmeyer R. Medizinrecht im Medizinstudium. Eine Umfrage unter Studierenden im Praktischen Jahr. Rechtsmedizin. 2019;29:477–83.
15. Kern N, Holz F, Verhoff MA, Parzeller M. Befragung von Medizinstudierenden zu der ärztlichen Aufklärung und zu den ärztlichen Informationspflichten sowie zur medizinrechtlichen Ausbildung im Studium. Rechtsmedizin. 2020;30:430–7.
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17. Chang HC, Wang NY, Ko WR, Yu YT, Lin LY, Tsai HF. The effectiveness of clinical problem-based learning model of medico-jurisprudence education on general law knowledge for Obstetrics/Gynecological interns. Taiwan J Obstet Gynecol. 2017;56:325–30.
18. Sekhar MS, Vyas N. Defensive Medicine: A Bane to Healthcare. Ann med Health Sci Res 2013;3:295–6.
19. Vento S, Cainelli F, Vallone A. Defensive Medicine: It is time to finally slow down an epidemic. World J Clin Cases. 2018;6:406–9.
20. Johnston WF, Rodriguez RM, Suarez D, Fortman J. Study of medical students’ malpractice fear and defensive medicine: a “hidden curriculum?” West J Emerg med. 2014;15:293–8.
21. O’Leary KJ, Choi J, Watson K, Williams MV. Medical students’ and residents’ clinical and educational experiences with defensive medicine. Acad med. 2012;87:142–8.
22. Gloor B. Reciprocal influence of jurisprudence and medicine in Switzerland, exemplified by ophthalmology. Klin monbl Augenheilkd. 1993;202:389–96.

Arzthaftung und Versicherung

Die Grundzüge der Arzthaftung in der Schweiz sind dieselben, unabhängig davon, ob ein Arzt selbständig oder angestellt tätig ist. Der erste Teil dieses Beitrags bietet einen Überblick über die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu den Voraussetzungen der zivilrechtlichen bzw. staatshaftungsrechtlichen Haftung, die auf den finanziellen Ausgleich erlittener Schäden von Patienten abzielt. Im zweiten Teil wird auf den Versicherungsschutz sowie auf wichtige Pflichten eingegangen, die der Arzt bei Eintritt eines Schadenfalls hat. Der dritte Teil des Beitrags enthält aus der Praxis eines Spitals entwickelte Empfehlungen, was nach einem möglichen Behandlungsfehler konkret vorzukehren ist.

Schlüsselwörter: Berufshaftung, Verletzung der Sorgfaltspflicht, Krankenversicherung, Behandlungsfehler

Rechtlich wird zwischen zwei Arten der Arzthaftung unterschieden. Einerseits existiert die strafrechtliche Arzthaftung, welche sich gegen die Einzelperson richtet und eine Verurteilung wegen Erfüllung eines Straftatbestands zur Folge haben kann (z. B. Körperverletzung, Tötung etc.). Anderseits gibt es die zivilrechtliche (bzw. für angestellte Ärzte in öffentlichen Institutionen die staatshaftungsrechtliche) Arzthaftung, die auf den finanziellen Ausgleich erlittener Schäden von Patienten abzielt. Der vorliegende Beitrag fokussiert auf die zivilrechtliche Arzthaftung, deren Voraussetzungen und auf die Versicherung gegen das entsprechende Risiko.

Voraussetzungen der zivilrechtlichen Arzthaftung

Haftungsvoraussetzungen sind das Vorliegen eines Behandlungsverhältnisses, ein Schaden beim Patienten, eine Pflichtverletzung des Arztes, ein Kausalzusammenhang und ein Verschulden des Arztes.

Behandlungsverhältnis zwischen Arzt und Patient

Auf das Behandlungsverhältnis zwischen Arzt und Patient kommen grundsätzlich die obligationenrechtlichen Bestimmungen über den Auftrag zur Anwendung (Artikel 394 ff. des Obligationenrechts, OR). Ein Auftrag kommt formfrei zustande, d. h. ohne Unterzeichnung etwa eines Vertrags (z. B. durch eine Onlineterminvereinbarung).
Ein Behandlungsverhältnis ist vom Patienten nachzuweisen. In der Praxis ist die Existenz eines Behandlungsverhältnisses in der Regel unstrittig.

Schaden beim Patienten

Eine erlittene Gesundheitsschädigung (Organverletzung, Seitenverwechslung, Zahnschaden etc.) reicht zur Begründung eines Schadens im haftpflichtrechtlichen Sinn noch nicht aus. Dazu muss die Gesundheitsschädigung nämlich entweder finanzielle Folgen haben, für welche Schadenersatz verlangt wird (z. B. Lohnausfall oder Mehrkosten durch längere Behandlungsdauer, Betreuungskosten etc.). Oder der Gesundheitsschaden stellt eine vermögensunabhängige Beeinträchtigung der Persönlichkeit dar, für welche Genugtuung verlangt wird (z. B. seelische Beeinträchtigungen in Form von körperlichen Schmerzen, Verminderung der Lebensfreude etc.) (Bundesgerichtsentscheid [BGE] 125 III 412 Erwägung [E.] 2a).

In der Praxis wird selten bestritten, dass ein Schaden vorliegt. Die Meinungen gehen jedoch regelmässig bei der Frage auseinander, wodurch er verursacht wurde und wie hoch er zu beziffern ist (z. B. bei der Berechnung des hypothetischen Erwerbsaufalls).

Pflichtverletzung des Arztes

Ein Behandlungsverhältnis bringt für den Arzt u. a. zwei zentrale Berufspflichten mit sich: die Sorgfaltspflicht und die Aufklärungspflicht (BGE 117 Ib 197 E. 2a). Am häufigsten werfen Patienten den Ärzten eine Verletzung eine dieser Berufspflichten vor, weshalb sie nachfolgend näher beleuchtet werden.

Sorgfaltspflicht und deren Verletzung
Der Arzt «schuldet» dem Patienten keinen Behandlungserfolg, sondern lediglich ein sorgfältiges Tätigwerden nach den anerkannten Regeln der ärztlichen Kunst (lege artis). Die Anforderungen an diese ärztliche Sorgfaltspflicht sind nicht abschliessend geregelt. Laut Bundesgericht, dem höchsten Gericht der Schweiz, richten sich diese vielmehr nach den Umständen des Einzelfalls, namentlich nach der Art des Eingriffs oder der Behandlung, den damit verbundenen Risiken, dem Ermessensspielraum, den Mitteln und der Zeit, die dem Arzt im Einzelfall zur Verfügung steht, sowie nach dessen Ausbildung und Leistungsfähigkeit und den allgemeinen Richtlinien und Behandlungsstandards der Fachgesellschaften (BGE 134 IV 175 E. 3.2). Der Arzt hat seine Patienten zum Schutze ihres Lebens oder ihrer Gesundheit stets fachgerecht zu behandeln und dabei die nach den Umständen gebotene und zumutbare Sorgfalt zu beachten (Urteil des Bundesgerichts 4A_255/2021 vom 22. März 2022 E. 3.1.3). Dazu gehört auch, dass der Arzt seine eigenen (fachlichen) Grenzen kennt (zum sog. Übernahmeverschulden siehe Urteil des Bundesgerichts 6B_217/2020 vom 31. August 2020 E. 4.2).

Ein Behandlungsfehler – gemeinhin «Kunstfehler» genannt – liegt gemäss Bundesgericht vor, wenn eine Diagnose, eine Therapie oder ein sonstiges ärztliches Vorgehen nach dem allgemeinen fachlichen Wissensstand nicht mehr als vertretbar erscheint und damit ausserhalb der objektivierten ärztlichen Kunst steht (Urteil des Bundesgerichts 4A_255/2021 vom 22. März 2022 E. 3.1.3). Darunter fällt etwa eine Seitenverwechslung oder das Vergessen von Instrumenten oder Tupfern im Körper des Patienten. Der Arzt haftet indessen nicht nur für grobe Verstösse gegen die Regeln der ärztlichen Kunst, sondern für jede Pflichtverletzung (BGE 120 Ib 411 E. 4a).
Der Begriff der Pflichtverletzung darf dabei aber nicht so verstanden werden, dass darunter jede Massnahme oder Unterlassung fällt, welche bei nachträglicher Betrachtung den Schaden bewirkt oder vermieden hätte (BGE 130 IV 7 E. 3.3). Der Arzt hat nämlich sowohl bei der Diagnose als auch bei der Behandlung nach dem objektiven Wissensstand oftmals einen Entscheidungsspielraum, der eine Auswahl aus verschiedenen in Betracht kommenden Möglichkeiten zulässt. Sich für die eine oder andere zu entscheiden, fällt in das pflichtgemässe Ermessen des Arztes, ohne dass er zur Verantwortung gezogen werden könnte, wenn er bei einer retrospektiven Beurteilung nicht die objektiv beste Lösung gefunden hat (BGE 120 Ib 411 E. 4a).

Stellt sich etwa eine Diagnose rückblickend als falsch heraus, ist zwischen einem (nicht vorwerfbaren) Diagnoseirrtum und einer Fehldiagnose zu unterscheiden. Da der Arzt als Auftragnehmer die Erhebung eines korrekten Befundes nicht garantieren kann bzw. muss, hat er nur dann für die falsche Diagnose einzustehen, wenn er dabei nicht fachgerecht vorgegangen ist und die erforderlichen Mittel und Erkenntnisquellen nicht genutzt oder beigezogen hat (BGE 130 IV 7 E. 3.3).

Bei der Beurteilung von Haftungsfragen in der Rechtsprechung wird schliesslich berücksichtigt, dass ein Arzt eine sog. gefahrengeneigte Tätigkeit ausübt (BGE 120 Ib 411 E. 4a). Für jene Gefahren und Risiken, die mit einer ärztlichen Handlung oder Krankheit immanent verbunden sind, hat der Arzt nicht einzustehen (BGE 134 IV 175 E. 3.2). Mit anderen Worten stellen blosse Komplikationen bzw. deren Eintreten keinen Verstoss gegen die Regeln der ärztlichen Kunst dar, sondern sind ein therapeutisches Risiko (z. B. Infektion, Embolie, Blutung oder Thrombose). Für dieses Risiko haftet der Arzt nicht, wenn er den Patienten vorgängig darüber aufgeklärt und alle Vorkehrungen getroffen hat, um den Eintritt des Risikos zu vermeiden (BGE 117 Ib 197 E. 3b).

Ein Behandlungsfehler ist vom Patienten nachzuweisen (BGE 133 III 121 E. 3.1 und 3.4). Dies geschieht üblicherweise mittels eines Gutachtens eines sachverständigen Arztes (vgl. als Beispiel das Urteil des Bundesgerichts 4C.32/2003 vom 19. Mai 2003 E. 4.1).

Aufklärungspflicht und deren Verletzung
Jede ärztliche Behandlung stellt einen Eingriff in die körperliche Integrität des Patienten dar. Ein solcher Eingriff ist grundsätzlich rechtswidrig, wenn er nicht auf einer vorherigen Einwilligung des Patienten beruht. Laut Bundesgericht gründet das Erfordernis der Einwilligung des Patienten und der damit verbundene Aufklärungsanspruch in dessen allgemeine Persönlichkeitsrechte und dient dem Schutz sowohl der freien Willensbildung, dem Selbstbestimmungsrecht als auch der körperlichen Integrität des Patienten (BGE 115 Ib 175 E. 2b).

Ein Patient kann nur soweit in eine Behandlung einwilligen, wie er darüber aufgeklärt wurde (informed consent). Der Arzt muss den Patienten klar, verständlich und so umfassend wie möglich über Diagnose, Therapie, Prognose, Behandlungsalternativen, Risiken, Heilungschancen, den spontanen Verlauf der Krankheit sowie gegebenenfalls über finanzielle Fragen aufklären (BGE 133 III 121 E. 4.1.2). Dabei sind der soziale Hintergrund und die Sprache des Patienten (nicht die des Arztes) als Richtmass mitzuberücksichtigen. Ziel ist es, den Patienten in die Lage zu versetzen, möglichst umfassend zu verstehen und aus freien Stücken in die vorgeschlagene Behandlung einzuwilligen oder diese abzulehnen. Gleichzeitig darf die Aufklärung beim Patienten aber laut Bundesgericht auch «keinen für seine Gesundheit schädlichen Angstzustand» hervorrufen – es gilt eine gewisse Verhältnismässigkeit zu finden (BGE 117 Ib 197 E. 3b).

Einschränkungen oder gar Ausnahmen von der ärztlichen Aufklärungspflicht sind nur in bestimmten Fällen zulässig, etwa wenn es sich um eine Notfallbehandlung handelt. Diesfalls ist die ausführliche Aufklärung so schnell wie möglich nachzuholen.
Der Zeitpunkt der Aufklärung ist so früh wie möglich zu fixieren, damit gewährleistet ist, dass der Patient ohne Zeitdruck überlegen kann. Laut Bundesgericht muss der Patient bei kleineren Eingriffen grundsätzlich spätestens einen Tag vor dem Eingriff seine Einwilligung erklären. Für grössere Eingriffe hat das Bundesgericht den Grundsatz festgehalten, dass die nötige Bedenkzeit mindestens drei Tage betragen muss (Urteil des Bundesgerichts 6B_910/2013 vom 20. Januar 2014 E. 3.6.1). Unerheblich ist dabei, ob eine Behandlung ambulant oder stationär erfolgt.

Bringt ein Patient vor, nicht (angemessen) über eine Behandlung aufgeklärt worden zu sein, liegt die Beweislast für die ordnungsgemässe Aufklärung und die Einwilligung des Patienten beim Arzt – ist also gerade umgekehrt als beim Nachweis eines Behandlungsfehlers (BGE 115 Ib 175 E. 2b). Aus diesem Grund empfiehlt es sich, das Aufklärungsgespräch schriftlich zu dokumentieren, z. B. mit einem Formular, welches Arzt und Patient unterzeichnen. Ein allgemeiner Vermerk in der Patientendokumentation, wonach der Patient über die geplante Behandlung und ihre möglichen Komplikationen informiert worden sei, reicht laut Bundesgericht nicht aus (BGE 117 Ib 197 E. 3c).

Verletzt der Arzt seine Aufklärungspflicht oder misslingt ihm der Nachweis der Aufklärung, gilt die gesamte durchgeführte Behandlung als widerrechtlich. Der Arzt haftet diesfalls für den entstandenen Schaden, auch wenn er die Behandlung lege artis durchgeführt hat (BGE 108 II 59 E. 3). Entlasten könnte sich der Arzt in diesem Fall durch den Nachweis, dass der Patient bei ordnungsgemässer Aufklärung in die Behandlung eingewilligt hätte (sog. hypothetische Einwilligung) (BGE 133 III 121 E. 4.1.3). Es versteht sich von selbst, dass ein solcher Nachweis um einiges aufwendiger zu erbringen ist. Eine sorgfältige Dokumentation der Aufklärung wird daher dringlich empfohlen.

Kausalzusammenhang zwischen Schaden und Pflichtverletzung

Der Arzt haftet nur für den Schaden eines Patienten, wenn zwischen dem Schaden und der Tätigkeit bzw. der Pflichtverletzung des Arztes ein Kausalzusammenhang besteht. Die Pflichtverletzung muss als natürliche Ursache des Schadens erscheinen und nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Erfahrung geeignet sein, den Schadenseintritt herbeizuführen oder ihn jedenfalls zu begünstigen (Urteil des Bundesgerichts 4C.32/2003 vom 19. Mai 2003 E. 4.2.1).
Der Kausalzusammenhang ist vom Patienten nachzuweisen. Dies geschieht üblicherweise in Form eines Gutachtens durch einen sachverständigen Arzt (vgl. als Beispiel das Urteil des Bundesgerichts 4A_98/2010 vom 21. April 2010 E. 4).

Verschulden des Arztes

Ein «Verschulden» ist in haftungsrechtlichen Abklärungen nicht in einem moralischen Sinne zu verstehen: Das Verschulden des Arztes wird grundsätzlich vermutet, wenn eine Pflichtverletzung nachgewiesen ist, und muss nicht vom Patienten nachgewiesen werden (BGE 120 II 248 E. 2c). Dem Arzt steht unter Umständen die Möglichkeit offen, sich vom geäusserten Vorwurf zu befreien und nachzuweisen, dass er sich keiner Pflichtverletzung schuldig gemacht hat bzw. ihm der objektiv festgestellte Kunstfehler nicht zum Vorwurf gemacht werden kann (sog. Exkulpation) (BGE 133 III 121 E. 3.1). Dazu hat er nachzuweisen, dass er in der konkreten Situation unter den gegebenen Umständen die ihm zumutbare Sorgfalt angewendet hat.

Versicherungsschutz und -ansprüche

Versicherungsdeckung

Ein selbständig tätiger Arzt muss von Gesetzes wegen über eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung verfügen (Art. 40 lit. h des Medizinalberufegesetzes, MedBG). Spitäler haben für ihre Angestellten in der Regel ebenfalls eine solche abgeschlossen.
Die Versicherungsdeckung und -leistungen variieren von Police zu Police, je nach den Bedürfnissen des Versicherten, des Tätigkeitsfeldes und der Risikobereitschaft. Es lohnt sich, die eigene Police – bereits vor Eintritt eines Schadenfalls – zu kennen bzw. diese gelegentlich zu überprüfen (z. B. hinsichtlich der versicherten Risiken und Personen, Deckungsausschlüsse, Selbstbehalt etc.).

Wichtige Pflichten des Versicherten im ­Schadenfall

Bei Eintritt eines Schadenfalls hat der Arzt üblicherweise verschiedene Pflichten. Zwei der wichtigsten umfassen die zeitnahe Anzeige an die Haftpflichtversicherung und die Pflicht, vor Schuldeingeständnissen oder Anerkennung von Ansprüchen des Patienten die Zustimmung seiner Versicherung einzuholen.

Anzeigepflicht
Der versicherte Arzt wird in der Police regelmässig dazu verpflichtet, seine Haftpflichtversicherung innert weniger Tage nach Eintritt eines Schadenfalls darüber zu informieren.
In der Praxis sollte mit der Anmeldung eines Schadenfalls deshalb nicht lange zugewartet werden, auch wenn bspw. der medizinische Sachverhalt noch nicht gänzlich erstellt ist oder der Arzt sich sicher ist, mit der nötigen Sorgfalt gehandelt zu haben. Die – auch vorsorglich gemachte – Anmeldung eines Schadenfalls bei der Haftpflichtversicherung bedeutet noch keine Anerkennung einer Pflichtverletzung durch den Arzt. Sie ist vielmehr ein standardmässiger, technischer Schritt, sobald ein Patient eine Sorgfaltspflichtverletzung geltend macht.

Keine Schuldanerkennung ohne Zustimmung der Haftpflichtversicherung
In den gängigen Haftpflichtpolicen findet sich regelmässig eine Bestimmung, wonach der Versicherte ohne vorgängige Zustimmung der Haftpflichtversicherung nicht berechtigt ist, Entschädigungsansprüche anzuerkennen oder abzufinden. In der Praxis ist eine solche Bestimmung vor allem bei der Kommunikation eines möglichen Fehlers gegenüber dem Patienten relevant. Aus genanntem Grund sollte ein Arzt von voreiligen Schuldeingeständnissen absehen.
Falls ein Arzt eine Pflichtverletzung ohne vorgängige Zustimmung der Versicherung anerkennt, kann diese ihre Leistungen für den Schadenfall gestützt auf die Police verweigern oder kürzen.

Abwicklung Schadenfall

Seit Anfang 2022 kann ein Schadenfall nicht nur vom versicherten Arzt bei der Haftpflichtversicherung angemeldet werden, sondern auch direkt vom betroffenen Patienten (Art. 60 des Bundesgesetzes über den Versicherungsvertrag, VVG). Erfahrungsgemäss braucht ein Patient dafür die Unterstützung eines Anwalts, welcher wiederum auf die Expertise eines sachverständigen Arztes angewiesen ist.

Ab der Anmeldung eines Schadenfalls übernimmt die Haftpflichtversicherung üblicherweise den Grossteil der Arbeit bzw. der weiteren Abwicklung: Sie ermittelt und beurteilt den medizinischen Sachverhalt mithilfe von eigenen oder beigezogenen medizinischen Experten, vertritt den Arzt gegenüber dem Patienten oder dessen Anwalt und entschädigt berechtigte Ansprüche bzw. wehrt unbegründete ab. Hinzu kommt regelmässig die Übernahme von Rechtsvertretungskosten in allfälligen Disziplinar-, Straf-, Verwaltungs- und Zivilverfahren durch die Versicherung.
Da die medizinischen und juristischen Abklärungen sowie ein allfälliger Gang vor Gericht für beide Seiten erfahrungsgemäss hohe Kosten verursachen und lange dauern können, werden solche Schadenfälle grösstenteils aussergerichtlich mittels einer Vergleichsvereinbarung beigelegt.

Umgang mit möglichen Fehlern

Fehler können passieren. Wichtig ist, dass man lernt, damit umzugehen und daraus zu lernen. Nach Entdeckung eines möglichen Fehlers ist oft Folgendes empfehlenswert:

Weiterbehandlung und Schadenminderung

Nach Entdecken eines möglichen Fehlers ist die sorgfältige Weiterbehandlung des Patienten sicherzustellen. Bestenfalls kann dabei das Ausmass des Schadens verringert werden, etwa durch den Beizug eines Kollegen oder weiteren Spezialisten (z. B. eines Gefässchirurgen bei einer Gefässverletzung). Es ist davon abzuraten, aus Selbstüberschätzung oder Angst, damit «etwas» einzugestehen, auf eine solche Unterstützung zu verzichten.

Hohe Priorisierung und proaktive Aufarbeitung

Wichtig ist, dass ein möglicher Fehler weder verharmlost noch verdrängt wird. Gerade in solchen unvorhergesehenen Situationen ist ein Fokus auf den Patienten wichtig. Neben einer anständigen und adäquaten Kommunikation empfiehlt es sich auch, einen möglichen Fehler umgehend unter Beizug eines Spezialisten (z. B. Kaderarzt), der nicht direkt in die Behandlung involviert war, aufzuarbeiten und zusammen mit diesem die weiteren Schritte festzulegen. Die Erfahrung aus der Praxis zeigt, dass sich eine hohe Priorisierung zu einem frühen Zeitpunkt und ein damit einhergehender Einsatz aller nötigen Ressourcen auszahlen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Der Fall wird schnell und transparent aufgearbeitet, wodurch man bei allfälligen Weiterungen des Falls nicht hinterherhinkt oder der Eindruck des Vertuschens entsteht. Für Behandlungsteams in Spitälern gilt ausserdem, dass der möglicherweise fehlbare Arzt nicht sich selbst überlassen, sondern bestmöglich unterstützt wird.

Gedächtnisprotokoll

Es lohnt sich für jede in die Behandlung involvierte Person, zeitnah ein Gedächtnisprotokoll zu erstellen. Darin sind alle relevanten Informationen zur fraglichen Behandlung festzuhalten, ohne dass Wertungen, Fehlereingeständnisse oder Schuldanerkennungen vorgenommen werden (beteiligte Personen, Behandlungsverlauf, nur eigene Beobachtungen, Fakten etc.). Da die medizinische und rechtliche Aufarbeitung eines möglichen Fehlers regelmässig verzögert beginnt und auch lange dauern kann, kann ein Gedächtnisprotokoll als Gedankenstütze dienen, wenn es (erst) Monate später zu konkreten Vorwürfen oder einer Befragung durch ein Gericht bzw. die Strafverfolgungsbehörden kommen sollte.

Gespräch mit Patient

Kommunikation ist (auch und gerade) im Gespräch über mögliche Fehler von elementarer Bedeutung: Wirft ein Patient dem Arzt eine Pflichtverletzung vor, lohnt es sich für den Arzt immer, sich Zeit zu nehmen für ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten (inkl. dessen Vorbereitung) – abgesehen vom Gebot des Anstands sind diese Gespräche oft eine Weichenstellung für die spätere Regelung bzw. Erledigung der Haftung. Hilfreich ist erfahrungsgemäss auch, wenn ein zusätzlicher Spezialist am Gespräch teilnimmt, der nicht direkt in die Behandlung involviert war (z. B. ein Kaderarzt, Beschwerdemanager etc.). Im Gespräch können der Behandlungsverlauf besprochen sowie allfällige Unklarheiten und Missverständnisse ausgeräumt werden. Der Arzt soll dabei offen und transparent über die Fakten informieren, seine eigenen Handlungen oder ihre Konsequenzen aber nicht bewerten und vor allem nicht spekulieren. Von voreiligen Schuldeingeständnissen (ohne vorgängige Zustimmung der Haftpflichtversicherung) ist ebenfalls abzusehen (vgl. dazu vorn, Versicherungsschutz und -ansprüche, Wichtige Pflichten des Versicherten im Schadenfall, Keine Schuldanerkennung ohne Zustimmung der Haftpflichtversicherung).
Die Erfahrung aus der Praxis zeigt, dass die meisten Vorwürfe im Rahmen eines Gesprächs mit dem Patienten ausgeräumt werden können.

Involvierung der Haftpflichtversicherung

Wenn sich abzeichnet, dass ein Schadenfall eingetreten ist bzw. der Patient entsprechende Vorwürfe geltend macht, ist die Haftpflichtversicherung – nach entsprechender Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht – zeitnah zu informieren (vgl. dazu vorn, Versicherungsschutz und -ansprüche, Wichtige Pflichten des Versicherten im Schadenfall, Anzeigepflicht). Dabei lohnt es sich, die vollständige Patientendokumentation und allfällige Vorschläge für Gutachter gleich mitzuschicken. Alle weiteren Schritte, insbesondere die Kommunikation mit dem Patienten oder dessen Anwalt, sind fortan mit der Haftpflichtversicherung abzusprechen bzw. werden von dieser übernommen.

Betreuung des behandelnden Arztes

Ein möglicher Fehler ist nicht nur für den Patienten belastend, sondern auch für den behandelnden Arzt (Selbstvorwürfe, Angst vor neuen Fehlern, Konzentrationsprobleme etc.). Das ist völlig normal. Eine psychische Belastung und ein Verlust von Selbstvertrauen bergen das Risiko, dass erneut Fehler begangen werden. Die Betreuung und Begleitung des behandelnden Arztes bzw. der Austausch unter den Berufskollegen haben deshalb mindestens genauso viel Aufmerksamkeit verdient wie die Abwicklung des Schadenfalls.

Überprüfung der Prozesse zwecks Vermeidung einer Fehlerwiederholung

Sobald die im konkreten Einzelfall notwendigen Sofortmassnahmen ergriffen sind, sollte der Prozess, bei welchem der mögliche Fehler aufgetreten ist, kritisch überprüft werden (nötigenfalls unter Beizug von weiteren Spezialisten). So kann eine Wiederholung des Fehlers vermieden werden.

Dr. iur. Simon Schönenberger

Rechtsdienst, Direktion Corporate Center Funktionen
Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100, 8091 Zürich

simon.schoenenberger@usz.ch

Der Autor hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

Ärztliche Meldepflichten und Melderechte

Die ärztliche Schweigepflicht schützt die Geheimsphäre des Patienten und die medizinischen Daten mit strafrechtlichen Folgen bei Verletzung. Sie besteht auch nach Beendigung der Berufsausübung fort. Ausnahmen gelten bei Einwilligung des Patienten oder behördlicher Genehmigung. Der Artikel beschreibt verschiedene Meldepflichten, z. B. bei aussergewöhnlichen Todesfällen, Schwangerschaftsabbrüchen, übertragbaren Krankheiten und erheblichen Verletzungen durch Hunde. Es gibt auch Melderechte, z. B. bei Kindern oder Erwachsenen, die gefährdet sind. Einige Meldungen müssen anonym erfolgen, andere erfordern die vollständige Angabe der Patientendaten. Verstösse gegen die Meldepflichten sind strafbar.

Schlüsselwörter: Meldepflicht, Übertragbare Krankheiten, Melderecht, Ärztliche Pflichten, Berufsgeheimnis

Einleitung

Das ärztliche Berufsgeheimnis schützt die Geheimsphäre des Patienten, welcher medizinische Daten angehören (1). Verletzungen des Berufsgeheimnisses unterliegen strafrechtlichen Bestimmungen. Das Berufsgeheimnis muss sowohl während der Berufsausübung als auch über die Dauer der Berufsausübung hinaus gewahrt werden. Ausnahmen bestehen, wenn der Geheimnisträger Informationen aufgrund einer Einwilligung des Berechtigten oder einer auf Gesuch des Geheimnisträgers erteilten Bewilligung durch die vorgesetzte Behörde oder Aufsichtsbehörde weitergibt. Zudem behält das Strafgesetzbuch (StGB) Bestimmungen auf nationaler und kantonaler Ebene über die Melde- und Mitwirkungsrechte, die «Zeugnispflicht» und die Auskunftspflicht gegenüber einer Behörde vor (2).
Für den ärztlichen Alltag ist die Kenntnis rechtlicher Vorgaben, insbesondere hinsichtlich der dem Berufsträger auferlegten Meldepflichten (Tab. 1), aber auch der in seinem Ermessen liegenden Rechte (Tab. 2), zur Erstattung einer Meldung von Bedeutung. Der vorliegende Artikel illus­triert wichtige ärztliche Meldepflichten und -rechte, erhebt aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Insbesondere das kantonale Recht definiert weitere Regelungen.

Ärztliche Meldepflichten

Der aussergewöhnliche Todesfall (agT)

Gemäss der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO) bestimmen die Kantone die Medizinalpersonen, welche aussergewöhnliche Todesfälle den Strafbehörden melden müssen (3). Konkretisierungen finden sich in den kantonalen Gesundheitsgesetzen (4). Beispielsweise bezeichnet der Kanton Basel-Stadt alle Fachpersonen im Gesundheitswesen sowie deren Hilfspersonen als meldepflichtig hinsichtlich im Rahmen ihrer Tätigkeit festgestellter aussergewöhnlicher Todesfälle (5). Als Fachpersonen im Gesundheitswesen werden «alle Personen, die berufsmässig diagnostisch, therapeutisch, pflegend oder betreuend tätig sind und über eine entsprechende Ausbildung verfügen», bezeichnet (6).

Die Leichenschau, gemäss der Schweizerischen Gesellschaft für Rechtsmedizin (SGRM) die «erste ärztliche äussere Untersuchung einer Leiche» (7), beinhaltet die Feststellung des Todeseintritts, die Schätzung des Todeszeitpunktes, die Bestimmung der Todesart im weiteren Sinne sowie die Feststellung der Identität des Verstorbenen (8). Es muss eine ärztliche Todesbescheinigung ausgestellt werden (9). Der die Leichenschau durchführende Arzt differenziert zwischen einem natürlichen, einem nicht natürlichen und einem unklaren Todesfall (10). Nicht natürliche und unklare Todesfälle klassifizieren als aussergewöhnliche Todesfälle. Der Begriff des aussergewöhnlichen Todesfalls umfasst somit alle Todesfälle, welche nicht eindeutig «normale Folge einer vorbestehenden Krankheit» sind sowie alle plötzlichen und unerwarteten Todesfälle, bei denen eine nicht natürliche Todesursache möglich ist (11). Darunter fallen alle gewaltassoziierten Todesfälle, Unfälle, Suizide, Todesfälle im Zusammenhang mit der Einnahme von ungewöhnlichen Substanzen oder Substanzen in ungewöhnlicher Dosierung, ungewöhnliche Todesfälle im Rahmen medizinischer Behandlung (insbesondere Todesfälle in der Arztpraxis oder im Spital als Spätfolgen eines Unfalls oder durch Behandlungsfehler sowie Todesfälle durch Suizidbeihilfe) (12), aber auch alle unbeobachteten Todesfälle, welche nicht eindeutig Folge einer vorbestehenden Krankheit sind sowie alle unklaren Todesfälle (13). Bestehen auch nur geringgradige Zweifel am Vorliegen eines natürlichen Todesfalls, soll dieser als aussergewöhnlicher Todesfall klassifiziert werden (14). In diesem Fall sowie wenn die Identität des Verstorbenen nicht feststeht, muss Meldung an die Staatsanwaltschaft oder die Polizei erstattet werden (15). Es obliegt der Staatsanwaltschaft, eine Legalinspektion durch einen sachverständigen Arzt anzuordnen (16). Zudem kann sie die Sicherstellung der Leiche und weitere Abklärungen, zum Beispiel im Sinne einer Obduktion, anordnen (17).

Schwangerschaftsabbrüche

Gemäss StGB muss bei jedem Schwangerschaftsabbruch eine Meldung an die zuständige Gesundheitsbehörde erfolgen. Da die Meldung in anonymisierter Form vorgenommen werden muss, bleibt das Arztgeheimnis gewahrt. Die Meldung erfolgt zu statistischen Zwecken (18). Die Kantone nutzen unterschiedliche Meldeverfahren, welche auf der Website des Bundesamts für Gesundheit (BAG) verlinkt sind (19). Bei Unterlassung der Meldung macht sich der behandelnde Arzt strafbar (20).

Übertragbare Krankheiten

Das Epidemiengesetz (EpG) sieht vor, dass «Ärztinnen und Ärzte, Spitäler und andere öffentliche oder private Institutionen des Gesundheitswesens» ihre Beobachtungen im Zusammenhang mit übertragbaren Krankheiten der zuständigen kantonalen Behörde sowie in bestimmten Fällen direkt dem BAG melden. Die Meldung umfasst sämtliche Angaben, welche «zur Identifizierung der erkrankten, infizierten oder exponierten Personen sowie zur Feststellung des Übertragungswegs notwendig sind» (21). Eine Meldepflicht für übertragbare Krankheiten besteht ebenso für Labore: Diese sind zur Befundmeldung an die zuständige kantonale Behörde und an das BAG verpflichtet (22). Das EpG befindet sich aktuell im Prozess einer Teilrevision. Die Vernehmlassung wurde im März 2024 abgeschlossen. Im Verlauf wird auch die dazugehörige Verordnung einer Revision unterzogen werden (23).

Im Anhang 1 der Verordnung des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) über die Meldung von Beobachtungen übertragbarer Krankheiten des Menschen werden die Meldekriterien, die Meldefristen (Tab. 3), geforderte Angaben zur meldepflichtigen Beobachtung und der betroffenen Person und ob die Meldung zusätzlich zur kantonalen Behörde auch direkt beim BAG zu erfolgen hat, geregelt (24). Der Leitfaden zur Meldepflicht übertragbarer Krankheiten des BAG konkretisiert diese rechtlichen Grundlagen (25). Meldepflichtig sind je nach Erkrankung ein positiver laboranalytischer Befund (z.B. bei Gonorrhoe) (26), die klinische Diagnose einer Erkrankung (z.B. bei Tetanus) (27), erfüllte klinische Kriterien (z.B. bei Aids) (28), der klinische Verdacht einer Diagnose (z.B. bei der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit) (29) oder weitere krankheitsspezifische Kriterien. Meldepflichtige Krankheiten müssen innerhalb einer von der Krankheit abhängigen Frist gemeldet werden.

Während gewisse Meldungen den vollen Vor- und Nachnamen der erkrankten Person umfassen (z.B. bei Chikungunya-Fieber, Creutzfeldt-Jakob-Krankheit und Hepatitis A), werden bei anderen Krankheiten nur die Initialen des Vor- und Nachnamens gemeldet (z.B. bei Brucellose, Carbapenemase bildenden Enterobacteriaceae und Frühsommer-Meningo-Enzephalitis) (31). Bei HIV/Aids umfasst die Namensbezeichnung lediglich einen Code aus dem ersten Buchstaben und der Anzahl Buchstaben des Vornamens (32). Für gewisse Krankheiten wird nebst der beschriebenen Meldung zum klinischen Befund auch eine Ergänzungsmeldung von klinischen Befunden gefordert (33). Beispielsweise muss bei einem Tuberkulosefall bei Abschluss, Abbruch oder Wechsel der Behandlung oder wenn der Kantonsarzt dazu auffordert, das Behandlungsresultat (34) oder bei Masern der Spitalaustritt eines hospitalisierten laborbestätigten Falles oder der Tod eines Masern(verdachts-)falls gemeldet werden (35). Nebst den Meldepflichten zu krankheitsspezifischen Fallmeldungen gibt es auch eine Meldepflicht in Bezug auf Ausbrüche, Häufungen und aussergewöhnliche Befunde (36).

Sämtliche Meldeformulare können über die Website des BAG abgerufen werden (37). In Zukunft sollen die Meldeprozesse digitalisiert werden (38).
Vorsätzliche und fahrlässige Verletzungen der Meldepflicht werden mit Busse bestraft (39).

Erhebliche Verletzungen durch Hunde

Die Tierschutzverordnung (TSchV) legt fest, dass Tierärzte, Ärzte, Tierheimverantwortliche, Hundeausbildner und Zollorgane der zuständigen kantonalen Stelle Meldung erstatten müssen, wenn ein Hund ein übermässiges Aggressionsverhalten zeigt oder Menschen oder Tiere erheblich verletzt (40). Ärzte sind am ehesten bei Bissverletzungen an Menschen durch Hunde von dieser Meldepflicht tangiert. In vielen Kantonen ist das Veterinäramt Adressat entsprechender Meldungen (41). Vorsätzliche und fahrlässige Verletzungen der Meldepflicht werden mit Busse bestraft (42).

Unerwünschte Wirkungen und Vorkommnisse sowie Qualitätsmängel im Zusammenhang mit Heilmitteln

Unter dem Begriff Heilmittel gemäss Heilmittelgesetz (HMG) werden Arzneimittel und Medizinprodukte subsummiert (43). Das HMG sieht für Medizinalpersonen bezüglich Heilmittel für bestimmte unerwünschte Wirkungen und Vorkommnisse sowie für Beobachtungen bestimmter Tatsachen und Qualitätsmängel, welche für die Heilmittelsicherheit bedeutend sind, eine Meldepflicht an das «Institut» vor (44).
Der Begriff «Institut» bezeichnet das Schweizerische Heilmittelinstitut (45), also die «Swissmedic» (46), welche vom Bund unter Mitwirkung der Kantone als öffentlich-rechtliche Anstalt betrieben wird (47).
Bezüglich Arzneimittel konkretisiert die Arzneimittelverordnung (VAM), dass «Personen, die Arzneimittel berufsmässig anwenden, abgeben oder dazu berechtigt sind», die folgenden Beobachtungen an die durch Swissmedic bezeichneten Stellen melden müssen:

  • «vermutete schwerwiegende unerwünschte Arzneimittelwirkungen;
  • vermutete, bisher nicht bekannte unerwünschte Arzneimittelwirkungen;
  • vermutete Qualitätsmängel;
  • Beobachtungen schwerwiegender oder bisher nicht bekannter, die Arzneimittelsicherheit gefährdender Tatsachen» (48).

Handelt es sich um eine schwerwiegende unerwünschte Arzneimittelwirkung oder beobachtete Tatsache, muss die Meldung innerhalb von 15 Tagen erfolgen (49). Als schwerwiegend gelten unerwünschte Nebenwirkungen, welche zum Tod führen, lebensbedrohend sind, zu einer Hospitalisation führen oder eine solche verlängern, schwere oder bleibende Schäden verursachen oder anderweitig medizinisch wichtig sind (50). Bei nicht schwerwiegenden Nebenwirkungen ist eine Meldung innerhalb von 60 Tagen ausreichend (51). Gemeldet werden sollen auch unerwünschte Arzneimittelwirkungen, die als solche nur vermutet werden, auch wenn kein Nachweis eines Kausalzusammenhangs zwischen dem verabreichten Medikament und einem Ereignis vorhanden ist (52). Seit dem Jahr 2021 sollen medizinische Fachpersonen die Meldung unerwünschter Arzneimittelwirkungen direkt via das Elektronische Vigilance System (ElViS) an Swissmedic vornehmen (53). ElViS ist über die Homepage von Swissmedic abrufbar (54).

Meldungen betreffend Qualitätsmängel von Arzneimitteln (Tab. 4) müssen gemäss VAM unverzüglich, spätestens jedoch nach 15 Tagen erfolgen (55). Swissmedic präzisiert individuelle Meldezeiten abhängig von der Risikoklasse eines Qualitätsmangels (56). Das Formular zur Meldung von Qualitätsmängeln kann über die Homepage der Swissmedic abgerufen werden, oder die Meldung kann online erfolgen (57).

Die Meldepflicht betreffend Vorkommnisse bei Medizinprodukten (Tab. 5) wird durch die Medizinprodukteverordnung (MepV) (59) und bei In-vitro-Diagnostika durch die Verordnung über In-vitro-Diagnostika (IvDV) (60) konkretisiert. Schwerwiegende Vorkommnisse bei der Anwendung müssen durch die feststellende Fachperson oder eine Fachgesellschaft an den Lieferanten und an die Swissmedic gemeldet werden (61). Im Spital erfolgt die Meldung via eine Vigilance-Kontaktperson für Medizinprodukte (62). Beispiele für schwerwiegende Vorkommnisse sind das Abbrechen eines Führungsdrahtes während eines Transkatheter-Herzklappenersatzes, was zu einer Gefässverletzung oder einem Gefässverschluss führen kann, die zu schnelle Entleerung einer Elastomerpumpe mit einem Krebsmedikament (auch wenn der Patient keine Nebenwirkungen erleidet) sowie ein falsches labordiagnostisches Testergebnis von Troponin, welches zu einer Verzögerung in der Behandlung eines Patienten mit kardialen Beschwerden führt (63). Die Meldepflicht dient dazu, technische Ursachen von Zwischenfällen zu identifizieren, zum Schutz der Gesundheit von Patienten und Anwendern (64). Je nach Risiko eines Vorkommnisses gilt eine andere Meldefrist (65). Das Formular zur Meldung schwerwiegender Vorkommnisse an die Swissmedic kann über die Homepage der Swissmedic abgerufen werden (66).
Eine vorsätzliche oder fahrlässige Verletzung der Meldepflichten gemäss HMG wird mit Busse bestraft (68).

«Off-Label-Use»

Gemäss Betäubungsmittelgesetz (BetmG) muss die Abgabe oder Verordnung von Betäubungsmitteln zu einer anderen als der zugelassenen Indikation innerhalb von 30 Tagen an die zuständige kantonale Behörde gemeldet werden. Auf Verlangen müssen der Behörde alle notwendigen Angaben zu Art und Zweck der Behandlung übermittelt werden (69). Die Meldepflicht dient der Übersicht über die Verschreibungspraxis der berechtigten Medizinalpersonen in Bereichen ohne anerkannte Regeln der medizinischen Wissenschaften, damit einem Missbrauch entgegengewirkt werden kann (70). Sie gilt ebenfalls für die Verwendung und Abgabe von Betäubungsmitteln durch Zahnärzte (71). Nicht gemeldet werden müssen Verschreibungen und Anwendungen im Rahmen von freigegebenen klinischen Versuchen gemäss HMG (72). Das fahrlässige Unterlassen der Meldung wird mit Geldstrafe, vorsätzliches Unterlassen mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft (73). Vorsätzlicher oder fahrlässiger Verstoss gegen eine Ausführungsvorschrift, deren Übertretung strafbar ist, wird ebenfalls mit Busse sanktioniert (74).

Krebserkrankungen

Ärzte, Spitäler und andere Institutionen des Gesundheitswesens sind zur Meldung an das zuständige Krebsregister verpflichtet (Tab. 6), wenn sie eine Krebserkrankung dia­gnostizieren oder behandeln (75). Die Erhebung der Daten zu Krebserkrankungen dient der Verbesserung von Prävention, Früherkennung und Behandlung (76). Die Krebsregistrierungsverordnung (KRV) listet die zu meldenden Krebserkrankungen (77), die Meldeinhalte werden durch das Krebsregistrierungsgesetz (KRG) und die KRV wiedergegeben (78).

Meldungen zu Krebserkrankungen von Patienten, welche zum Zeitpunkt der Diagnosestellung das 20. Altersjahr noch nicht vollendet haben, werden an das Kinderkrebsregister adressiert (85). Die übrigen Meldungen richten sich an das zuständige der 13 kantonalen Krebsregister (86). Die Meldefrist beträgt vier Wochen ab dem Zeitpunkt der Datenerhebung (87).

Die betroffenen Patienten respektive deren Vertretungsberechtigte (88) müssen mündlich über die Datenmeldung an das Krebsregister sowie deren jederzeitiges und ohne Begründung anwendbares Widerspruchsrecht gegen die Registrierung informiert werden (89). Weiter erhalten sie zusätzliche schriftliche Informationen gemäss KRG und KRV (90). Die Verantwortung für die Patienteninformation liegt bei dem die Diagnose eröffnenden Arzt (91). Ein patientenseitiger Widerspruch gegen die Datenbearbeitung führt zur unverzüglichen Anonymisierung bereits registrierter und zur Vernichtung noch nicht registrierter Daten (92).

Körperverletzung, Sexualdelikte, Verbrechen und Vergehen gegen die öffentliche Gesundheit

Ärztliche Melderechte und -pflichten bei Verdacht auf Verbrechen und Vergehen gegen Leib und Leben oder die sexuelle Integrität an die zuständige Behörde sind kantonal, vorwiegend in den Gesundheitsgesetzen, geregelt (93). Ebenso unterliegt das Meldewesen bei Verbrechen und Vergehen gegen die öffentliche Gesundheit kantonalen Regelungen (94).

Ärztliche Melderechte

Hilfsbedürftige Kinder und Erwachsene

Rechte und Pflichten hinsichtlich Meldungen an die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) betreffend hilfsbedürftiger Kinder und Erwachsene werden im ZGB geregelt und wurden per 1. Januar 2019 angepasst (95). Das ZGB sieht vor, dass das kantonale Recht weitere Meldepflichten vorsehen kann (96). Diese finden sich sowohl in kantonalen Einführungserlassen zum Kindes- und Erwachsenenschutzrecht, im Schulrecht, Bildungsrecht, Sozialhilferecht, Gesundheitsrecht, Polizeirecht etc. Nach Ausweitung der bundesrechtlichen Meldepflichten im Kindesschutz im Rahmen der Anpassungen im Jahr 2019 kommt den kantonalen Regelungen insbesondere im Bereich des Erwachsenenschutzes eine grosse Bedeutung zu (97). Im Folgenden werden die bundesrechtlichen Regelungen gemäss ZGB mit Fokus auf deren Relevanz für die Ärzteschaft beleuchtet.
Für die beschriebenen Meldungen gilt sowohl im Kindes- wie auch im Erwachsenenschutz, dass die meldende Person keinen Beweis einer Gefährdung vorbringen muss, eine mögliche Gefährdung ist als Grundlage der Meldung ausreichend (98).

Kindesschutz
Bei Verdacht auf Gefährdung der körperlichen, psychischen oder sexuellen Integrität eines Kindes kann jede Person eine Meldung an die KESB vornehmen (99).
Das Melderecht gilt auch für Ärzte, welche dem Berufsgeheimnis gemäss StGB unterstehen, ohne dass diese sich erst davon entbinden lassen müssen, für Wahrnehmungen im Rahmen der beruflichen Tätigkeit und sofern die Meldung im Interesse des Kindes liegt (100).
Anders verhält es sich für ebenfalls an das Berufsgeheimnis gebundene Hilfspersonen von Ärzten (z.B. Pflegefachpersonen, Sachbearbeiter in einem Spital oder einer Arztpraxis, medizinische Praxisassistenten, Sozialarbeiter in einer Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie etc.) (101, 102). Eine medizinische Praxisangestellte verfügt über kein selbstständiges Melderecht, sondern muss sich für eine Meldung an die KESB durch die zuständige Behörde vom Berufsgeheimnis entbinden lassen. Da dies einige Zeit in Anspruch nehmen kann, wird Hilfspersonen empfohlen, die Information zur Gefährdung dem primären Berufsgeheimnisträger weiterzugeben, welcher dann seinerseits Meldung bei der KESB erstatten kann (103).
Für übrige Fachpersonen aus den Bereichen Medizin, Psychologie, Pflege, Betreuung, Erziehung, Bildung, Sozialberatung, Religion und Sport, welche regelmässigen beruflichen Kontakt zu Kindern haben, sowie für Personen, die in amtlicher Tätigkeit von einem Fall erfahren, besteht, sofern sie nicht dem Berufsgeheimnis gemäss StGB unterstehen, eine Meldepflicht bei Hinweisen auf die Gefährdung eines Kindes, der sie im Rahmen ihrer Tätigkeit nicht Abhilfe schaffen können (104).
Bei Personen, welche amtlich tätig, aber ebenso dem Berufsgeheimnis nach StGB unterstellt sind (z.B. Amtsärzte, Schulpsychologen oder Ärzte im Kantonsspital), muss geprüft werden, ob im kantonalen Recht eine Kollisionsregel vorhanden ist. Ansonsten wird den Regeln für Berufsgeheimnisträger Vorrang gegeben, und die Personen haben im Kindesschutz ein Melderecht ohne Notwendigkeit der Entbindung vom Berufsgeheimnis (105). Für dem Berufsgeheimnis unterstehende Fachpersonen mit regelmässigem Kontakt zu Kindern (z.B. Kinderärzte) gilt ebenfalls das Melderecht (106).

Erwachsenenschutz
Bei Verdacht auf Hilfsbedürftigkeit einer erwachsenen Person kann jedermann eine Meldung erstatten (107). Als hilfsbedürftig gilt jemand, der aufgrund eines Schwächezustandes hinsichtlich Personensorge, Vermögenssorge oder Rechtsverkehr staatlichen Schutzes bedarf (108). Für entsprechende ärztliche Meldungen bleiben allerdings die Bestimmungen über das Berufsgeheimnis vorbehalten (109). Dies bedeutet, dass, wenn keine anderslautende kantonale Regelung vorhanden ist, Ärzte vor einer Meldung an die KESB die Einwilligung der betroffenen Person einholen oder sich von der zuständigen Stelle vom Berufsgeheimnis entbinden lassen müssen (110).
Für Personen, welche in amtlicher Tätigkeit von einem Fall erfahren und im Rahmen ihrer Tätigkeiten nicht Abhilfe schaffen können, gilt auch im Erwachsenenschutz eine Meldepflicht (111). Amtlich tätige Träger des Berufsgeheimnisses gemäss StGB müssen sich, bei fehlender kantonaler Kollisionsregelung, für eine Meldung bei der KESB vom Berufsgeheimnis entbinden lassen (112).

Notwendigkeit der Bestimmung einer ­vertretungsberechtigten Person bei Urteils­unfähigkeit

Das Zivilgesetzbuch (ZGB) regelt die Abfolge Vertretungsberechtigter von urteilsunfähigen Personen hinsichtlich Entscheidungen zu medizinischen Massnahmen (113). Ist keine vertretungsberechtigte Person vorhanden oder will keine Person das Vertretungsrecht ausüben, errichtet die Erwachsenenschutzbehörde eine Vertretungsbeistandschaft (114). Wenn Unklarheiten über die Vertretungsberechtigung bestehen, wenn gemeinsam Vertretungsberechtigte unterschiedliche Auffassungen haben oder wenn «die Interessen der urteilsunfähigen Person gefährdet oder nicht mehr gewahrt sind», wird die vertretungsberechtigte Person durch die Erwachsenenschutzbehörde festgelegt oder die Erwachsenenschutzbehörde errichtet eine Vertretungsbeistandschaft (115). Die Erwachsenenschutzbehörde wird aktiv aufgrund eines Antrags von einem Arzt oder einer nahestehenden Person oder von Amtes wegen (116). Der ärztliche Antrag erfordert keine Entbindung vom Berufsgeheimnis (117). Ob es sich beim ärztlichen Antrag um ein Melderecht oder eine Meldepflicht handelt, ist abhängig davon, ob kantonale Regelungen eine weiterführende Ausgestaltung im Sinne einer Meldepflicht vorgenommen haben, wie dies beispielsweise im Kanton Zürich der Fall ist (118).

Selbst- oder Fremdgefährdung hilfsbedürftiger Personen

Gemäss ZGB besteht zudem das Recht auf Meldung an die Erwachsenenschutzbehörde für dem Berufs- oder Amtsgeheimnis unterstehende Personen, sofern eine «ernsthafte Gefahr» besteht, «dass eine hilfsbedürftige Person sich selbst gefährdet oder ein Verbrechen oder Vergehen begeht, mit dem sie jemanden körperlich, seelisch oder materiell schwer schädigt» (119). Eine Gefahr ist als «ernsthaft» zu bezeichnen, wenn sie mit hoher Wahrscheinlichkeit eintrifft (120). Unter Selbstgefährdung werden im vorliegenden Zusammenhang beispielsweise Suizidalität, schwere physische oder psychische Selbstverletzung, menschenunwürdige Verwahrlosung oder materielle Selbstschädigung subsummiert (121).

Das Melderecht gilt sowohl bei einer Gefahr ausgehend von Erwachsenen als auch von Kindern (122). Es erfordert keine Entbindung vom Berufsgeheimnis (123). In der Praxis kann es sich dabei beispielsweise um Situationen handeln, welche die Prüfung einer fürsorgerischen Unterbringung erfordern, oder um schwerwiegende Kindeswohlgefährdungen (124). Das kantonale Recht kann Ärzte bezeichnen, die nebst der Erwachsenenschutzbehörde selbstständig eine fürsorgerische Unterbringung anordnen dürfen (125).

Unter den oben genannten Umständen eines wahrscheinlichen Risikos einer Gefahr für sich selbst oder andere, ausgehend von einem Hilfsbedürftigen, ist auch die Zusammenarbeit von Erwachsenenschutzbehörde, betroffenen Stellen (126) und Polizei gesetzlich zwingend vorgesehen (127). Diese Regelung dient dem Schutz von hilfsbedürftigen Personen unter Berücksichtigung des Schutzes der öffentlichen Sicherheit (128).

Notstandshilfe

Bei unmittelbarer Gefahr für Leib und Leben haben Personen, welche einer Geheimhaltungspflicht unterstehen, ein Melderecht auf Basis der Notstandshilfe (129) gemäss StGB. Spricht beispielsweise ein Patient in Gegenwart seines Arztes eine als ernst und gefährlich einzuordnende Drohung im Sinne einer Gefährdung einer Drittperson aus, ist der Arzt dazu berechtigt, die Polizei zu informieren (130). Eine mit Strafe bedrohte Tat zu begehen, «um ein eigenes oder das Rechtsgut einer anderen Person aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr zu retten», ist rechtmässig, sofern dadurch höherwertige Interessen gewahrt werden (131). Somit berechtigt beispielsweise die Abwendung eines Tötungsdelikts an einer Drittperson, welches ein Patient in Gegenwart eines Arztes androht, zur Missachtung des Rechts auf Persönlichkeitsschutz des Drohenden (132).

Gefährdung durch die Verwendung von Waffen

Besteht eine Gefährdung aufgrund einer Verwendung von Waffen, existieren Meldemöglichkeiten auf Grundlage des Bundesgesetzes über Waffen, Waffenzubehör und Munition (WG) oder bei Armeewaffen auf Grundlage des Bundesgesetzes über die Armee und die Militärverwaltung (MG) (133): Personen, welche dem Berufs- oder Amtsgeheimnis unterstehen, sind berechtigt, den zuständigen kantonalen und eidgenössischen Polizei- und Justizbehörden eine Meldung zu erstatten, wenn eine Person durch die Verwendung von Waffen sich selbst oder Dritte gefährdet oder damit droht (134). Diese Meldung erfordert keine Entbindung vom Berufsgeheimnis, was durch das von einer entsprechenden Situation ausgehende Gefahrenpotenzial gerechtfertigt wird (135). Existieren Anzeichen oder Hinweise, dass eine Person im Besitz einer persönlichen Armeewaffe sich selbst oder Dritte damit gefährden könnte oder dass die Person im Besitz der Waffe oder Dritte die Armeewaffe missbrauchen könnten, wird sie dem Armeeangehörigen unverzüglich entzogen (136). Entsprechende Anzeichen oder Hinweise sowie ein diesbezüglicher Verdacht darf durch Ärzte (137) ohne Entbindung vom Berufsgeheimnis an die zuständige Stelle des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) gemeldet werden (138).

Zweifel an der Fahreignung

Ist ein Patient aufgrund einer körperlichen oder psychischen Krankheit, eines Gebrechens oder einer Sucht nicht mehr zur sicheren Lenkung eines Motorfahrzeugs befähigt, darf eine ärztliche Meldung an die zuständige kantonale Strassenverkehrsbehörde oder an die Aufsichtsbehörde für Ärzte vorgenommen werden. Ärzte sind gemäss Strassenverkehrsgesetz (SVG) für diese Meldung vom Berufsgeheimnis entbunden (139). Es besteht das Instrument des Melderechts und nicht der Meldepflicht, da letztere dem Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient stark schaden würde und kaum durchsetzbar wäre (140).

Dr. med. Esther Schaffner

Assistenzärztin Prävention und Public Health
Kantonsärztlicher Dienst Zürich
Stampfenbachstrasse 30
8090 Zürich

schaffner.esther@bluewin.ch

Die Autorin hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

1. BÜCHLER ANDREA/MICHEL MARGOT, Medizin – Mensch – Recht Eine Einführung in das Medizinrecht der Schweiz, Zürich/Basel/Genf 2020, 88.
2. Art. 321 Abs. 1 ff. StGB.
3. Art. 253 Abs. 4 StPO.
4. DONZALLAZ YVES, Traité de droit médical – Volume II Le médecin et les soignants, Bern 2021, 3192.
5. § 28 Abs. 1 GesG/BS.
6. § 21 Abs. 1 GesG/BS.
7. Schweizerische Gesellschaft für Rechtsmedizin (SGRM), Legalinspektion, 2009, 5, (https://sgrm.ch/inhalte/Forensische-Medizin/Durchfuehrung_Legalinspektion_01.pdf [Besuch der Website am 3. Juni 2024]).
8. Schweizerische Gesellschaft für Rechtsmedizin (SGRM), Legalinspektion, 2009, 5 f., (https://sgrm.ch/inhalte/Forensische-Medizin/Durchfuehrung_Legalinspektion_01.pdf [Besuch der Website am 3. Juni 2024]).
9. Art. 35 Abs. 5 ZStV.
10. Schweizerische Gesellschaft für Rechtsmedizin (SGRM), Legalinspektion, 2009, 6, (https://sgrm.ch/inhalte/Forensische-Medizin/Durchfuehrung_Legalinspektion_01.pdf [Besuch der Website am 3. Juni 2024]).
11. Schulthess Kommentar/GRAF/HANSJAKOB, Art. 253 StPO, N 2 f..
12. Schulthess Kommentar/GRAF/HANSJAKOB, Art. 253 StPO, N 23.
13. Schulthess Kommentar/GRAF/HANSJAKOB, Art. 253 StPO, N 2 f..
14. Schulthess Kommentar/GRAF/HANSJAKOB, Art. 253 StPO, N 5.
15. Universität Bern Medizinische Fakultät Rechtswissenschaftliche Fakultät/Universität Luzern Rechtswissenschaftliche Fakultät JACKOWSKI CHRISTIAN, Skriptum Rechtsmedizin, 2023, 16, (https://www.irm.unibe.ch/unibe/portal/fak_medizin/ber_vkhum/inst_remed/content/e40010/e136547/e136554/section136559/files208443/online-SkriptumRechtsmedizin2023-25.04.2023_ger.pdf [Besuch der Website am 3. Juni 2024]).
16. Art. 253 Abs. 1 StPO.
17. Art. 253 Abs. 3 StPO.
18. Art. 119 Abs. 5 StGB.
19. https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/gesundheit/erhebungen/stativg/schwangerschaftsabbruch-melden.html [Besuch der Website am 3. Juni 2024].
20. Art. 120 Abs. 2 StGB.
21. Art. 12 Abs. 1 EpG.
22. Art. 12 Abs. 2 EpG.
23. https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/strategie-und-politik/politische-auftraege-und-aktionsplaene/revision-epidemiengesetz.html [Besuch der Website am 3. Juni 2024].
24. Anhang 1 VMüK.
25. Bundesamt für Gesundheit (BAG), Leitfaden zur Meldepflicht übertragbarer Krankheiten und Erreger, 2024.
26. Bundesamt für Gesundheit (BAG), Leitfaden zur Meldepflicht übertragbarer Krankheiten und Erreger, 2024, 27.
27. Bundesamt für Gesundheit (BAG), Leitfaden zur Meldepflicht übertragbarer Krankheiten und Erreger, 2024, 56.
28. Bundesamt für Gesundheit (BAG), Leitfaden zur Meldepflicht übertragbarer Krankheiten und Erreger, 2024, 9.
29. Bundesamt für Gesundheit (BAG), Leitfaden zur Meldepflicht übertragbarer Krankheiten und Erreger, 2024, 20.
30. Die Meldefristen für Labore können von den ärztlichen Meldefristen abweichen. (Bundesamt für Gesundheit (BAG), Leitfaden zur Meldepflicht übertragbarer Krankheiten und Erreger, 2024).
31. Anhang 1 VMüK; Bundesamt für Gesundheit (BAG), Leitfaden zur Meldepflicht übertragbarer Krankheiten und Erreger 2024.
32. Bundesamt für Gesundheit (BAG), Leitfaden zur Meldepflicht übertragbarer Krankheiten und Erreger, 2024, 9 & 34.
33. Art. 3 VMüK; Anhang 2 VMüK.
34. Bundesamt für Gesundheit (BAG), Leitfaden zur Meldepflicht übertragbarer Krankheiten und Erreger, 2024, 59.
35. Bundesamt für Gesundheit (BAG), Leitfaden zur Meldepflicht übertragbarer Krankheiten und Erreger, 2024, 43.
36. Diese umfassen die Meldungen zum Aussergewöhnlichen klinischen oder laboranalytischen Befund, zur Häufung von klinischen oder laboranalytischen Befunden, zum Ausbruch von Vancomycin-resistenten Enterokokken (VRE) in Spitälern, zum Aussergewöhnlichen Ausbruch in Spitälern und zum Aussergewöhnlichen epidemiologischen Befund in Spitälern (Bundesamt für Gesundheit (BAG), Leitfaden zur Meldepflicht übertragbarer Krankheiten und Erreger, 2024, 4 ff.).
37. https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/krankheiten/infektionskrankheiten-bekaempfen/meldesysteme-infektionskrankheiten/meldepflichtige-ik/meldeformulare.html [wBesuch der Website am 3. Juni 2024].
38. https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/krankheiten/infektionskrankheiten-bekaempfen/meldesysteme-infektionskrankheiten/meldepflichtige-ik/meldeformulare1.html [Besuch der Website am 3. Juni 2024].
39. Art. 83 Abs. 1 f. EpG.
40. Art. 78 Abs. 1 TSchV.
41. Z.B. in den Kantonen Zürich (https://www.zh.ch/de/umwelt-tiere/tiere/haustiere-heimtiere/hunde/vorfaelle-mit-hunden-melden.html#-632331617), Bern (https://www.weu.be.ch/de/start/themen/veterinaerwesen/hunde-im-kanton-bern/vorfaelle-mit-hunden-melden.html), Appenzell Ausserrhoden (https://ar.ch/verwaltung/departement-gesundheit-und-soziales/veterinaeramt/hunde/vorfaelle-mit-hunden/), Waadt (https://www.vd.ch/population/veterinaires-et-animaux/police-des-chiens) [Besuch der Websiten am 3. Juni 2024].
42. Art. 206a TSchV; Art. 28 Abs. 3 TSchG.
43. Art. 2 Abs. 1a HMG.
44. Art. 59 Abs. 3 HMG.
45. Art. 68 ff. HMG.
46. https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home.html [Besuch der Website am 3. Juni 2024].
47. Art. 68 Abs. 1 f. HMG
48. Art. 63 Abs. 1 f. VAM.
49. Art. 63 Abs. 3 VAM.
50. https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/humanarzneimittel/marktueberwachung/pharmacovigilance.html [Besuch der Website am 3. Juni 2024].
51. Art. 63 Abs. 3 VAM.
52. https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/humanarzneimittel/marktueberwachung/pharmacovigilance.html [Besuch der Website am 3. Juni 2024].
53. https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/news/mitteilungen/neue_meldewege_nebenwirkungsmeldungen.html [Besuch der Website am 3. Juni 2024].
54. https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/humanarzneimittel/marktueberwachung/pharmacovigilance/elvis.html [Besuch der Website am 3. Juni 2024].
55. Art. 63 Abs. 3 VAM.
56. Swissmedic, Merkblatt Meldung von Qualitätsmängeln, 2023, 4, (https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/humanarzneimittel/marktueberwachung/qualitaetsmaengel-und-chargenrueckrufe/meldung-von-qualitaetsmaengeln.html [Besuch der Website am 3. Juni 2024]).
57. https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/humanarzneimittel/marktueberwachung/qualitaetsmaengel-und-chargenrueckrufe/meldung-von-qualitaetsmaengeln.html [Besuch der Website am 3. Juni 2024].
58. Swissmedic, Merkblatt Meldung von Qualitätsmängeln, 2023, 4, (https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/humanarzneimittel/marktueberwachung/qualitaetsmaengel-und-chargenrueckrufe/meldung-von-qualitaetsmaengeln.html [Besuch der Website am 3. Juni 2024]).
59. Art. 66 MepV.
60. Art. 59 IvDV.
61. Art. 66 Abs. 4 MepV; Art. 59 Abs. 4 IvDV.
62. Swissmedic, Wegleitung Vigilance-Kontaktperson für Medizinprodukte, 2023, 8, (https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/medizinprodukte/vorkommnisse—fsca-melden–materiovigilance-/anwender—betreiber.html [Besuch der Website am 3. Juni 2024]).
63. Swissmedic, Wegleitung Vorkommnismeldung Anwender, 2023, 4, (https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/medizinprodukte/vorkommnisse—fsca-melden–materiovigilance-/anwender—betreiber.html [Besuch der Website am 3. Juni 2024]).
64. Swissmedic, Wegleitung Vorkommnismeldung Anwender, 2023, 3, (https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/medizinprodukte/vorkommnisse—fsca-melden–materiovigilance-/anwender—betreiber.html [Besuch der Website am 3. Juni 2024]).
65. Swissmedic, Wegleitung Vorkommnismeldung Anwender, 2023, 6, (https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/medizinprodukte/vorkommnisse—fsca-melden–materiovigilance-/anwender—betreiber.html [Besuch der Website am 3. Juni 2024]).
66. https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/medizinprodukte/vorkommnisse—fsca-melden–materiovigilance-/anwender—betreiber.html [Besuch der Website am 3. Juni 2024]).
67. Swissmedic, Wegleitung Vorkommnismeldung Anwender, 2023, 6, (https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/medizinprodukte/vorkommnisse—fsca-melden–materiovigilance-/anwender—betreiber.html [Besuch der Website am 3. Juni 2024]).
68. Art. 87 Abs. 1c HMG; Art. 87 Abs. 3 HMG.
69. Art. 11 Abs. 1bis BetmG.
70. Parlamentarische Initiative. Teilrevision des Betäubungsmittelgesetzes. Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates vom 04.05.2006, BBl 2006 8609 Ziff. 3.1.10.3.
71. Art. 11 Abs. 2 BetmG.
72. Art. 49 Abs. 2 BetmKV.
73. Art. 21 Abs. 1 f. BetmG.
74. Art. 22 BetmG; Art. 84 BetmKV.
75. Art. 3 Abs. 1 KRG.
76. Botschaft des Bundesrates zum Krebsregistrierungsgesetz vom 29.10.2014, BBl 2014 8728.
77. Art. 5 Abs. 1 KRV; Anhang 1 KRV.
78. Art. 3 Abs. 1 KRG; Art. 1 ff. KRV.
79. Art. 5 Abs. 1 KRV; Anhang 1 KRV.
80. Art. 3 Abs. 1 KRG.
81. Art. 1 Abs. 1 KRV; Art. 2 Abs. 1 KRV.
82. Art. 1 Abs. 2 KRV; Art. 2 Abs. 2 KRV.
83. Art. 3 KRV; Art. 4 Abs. 1 KRV.
84. Art. 4 Abs. 1 f. KRV.
85. Art. 9 KRV.
86. Art. 8 Abs. 1 KRG; https://www.nkrs.ch/de/krebsregister [Besuch der Website am 3. Juni 2024].
87. Art. 6 Abs. 1 KRV.
88. Art. 5 Abs. 1 KRG.
89. Art. 13 Abs. 2 KRV.
90. Art. 5 Abs. 1 KRG; Art. 13 Abs. 3 f. KRV.
91. Art. 13 Abs. 1 KRV.
92. Art. 25 Abs. 3 KRG; Art. 15 Abs. 3 KRV.
93. Universität Bern Medizinische Fakultät Rechtswissenschaftliche Fakultät/Universität Luzern Rechtswissenschaftliche Fakultät JACKOWSKI CHRISTIAN, Skriptum Rechtsmedizin, 2023, 261 ff., (https://www.irm.unibe.ch/unibe/portal/fak_medizin/ber_vkhum/inst_remed/content/e40010/e136547/e136554/section136559/files208443/online-SkriptumRechtsmedizin2023-25.04.2023_ger.pdf [Besuch der Website am 3. Juni 2024]); DONZALLAZ YVES, Traité de droit médical – Volume II Le médecin et les soignants, Bern 2021, 3193 ff..
94. DONZALLAZ YVES, Traité de droit médical – Volume II Le médecin et les soignants, Bern 2021, 3196 f..
95. Art. 314c-e ZGB; Art. 443 ZGB.
96. Art. 314d Abs. 3; Art. 443 Abs. 3 ZGB.
97. Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz, Melderechte und Meldepflichten an die KESB nach Art. 314c, 314d, 443 sowie 453 ZGB, 2019, 7, (https://www.kokes.ch/de/dokumentation/empfehlungen/melderechte-und-meldepflichten [Besuch der Website am 3. Juni 2024]).
98. Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz, Melderechte und Meldepflichten an die KESB nach Art. 314c, 314d, 443 sowie 453 ZGB, 2019, 3, (https://www.kokes.ch/de/dokumentation/empfehlungen/melderechte-und-meldepflichten [Besuch der Website am 3. Juni 2024]).
99. Art. 314c Abs. 1 ZGB.
100. Art. 314c Abs. 2 ZGB; Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz, Melderechte und Meldepflichten an die KESB nach Art. 314c, 314d, 443 sowie 453 ZGB, 2019, 8 f., (https://www.kokes.ch/de/dokumentation/empfehlungen/melderechte-und-meldepflichten [Besuch der Website am 3. Juni 2024]).
101. Achtung: Hebammen und Assistenzärzte gelten nicht als Hilfspersonen von Ärzten. Für sie gelten die Regel für primäre Berufsgeheimnisträger. (Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz, Melderechte und Meldepflichten an die KESB nach Art. 314c, 314d, 443 sowie 453 ZGB, 2019, 9 f., (https://www.kokes.ch/de/dokumentation/empfehlungen/melderechte-und-meldepflichten [Besuch der Website am 3. Juni 2024])).
102. Art. 314c Abs. 2 ZGB.
103. Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz, Melderechte und Meldepflichten an die KESB nach Art. 314c, 314d, 443 sowie 453 ZGB, 2019, 9, (https://www.kokes.ch/de/dokumentation/empfehlungen/melderechte-und-meldepflichten [Besuch der Website am 3. Juni 2024]).
104. Art. 314d Abs. 1 ZGB.
105. Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz, Melderechte und Meldepflichten an die KESB nach Art. 314c, 314d, 443 sowie 453 ZGB, 2019, 5, (https://www.kokes.ch/de/dokumentation/empfehlungen/melderechte-und-meldepflichten [Besuch der Website am 3. Juni 2024]).
106. Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz, Melderechte und Meldepflichten an die KESB nach Art. 314c, 314d, 443 sowie 453 ZGB, 2019, 6, (https://www.kokes.ch/de/dokumentation/empfehlungen/melderechte-und-meldepflichten [Besuch der Website am 3. Juni 2024]).
107. Art. 443 Abs. 1 ZGB.
108. Berner Kommentar/ROSCH, Art. 388 ZGB, N 28.
109. Art. 443 Abs. 1 ZGB.
110. Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz, Melderechte und Meldepflichten an die KESB nach Art. 314c, 314d, 443 sowie 453 ZGB, 2019, 9, (https://www.kokes.ch/de/dokumentation/empfehlungen/melderechte-und-meldepflichten [Besuch der Website am 3. Juni 2024]).
111. Art. 443 Abs. 2 ZGB.
112. Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz, Melderechte und Meldepflichten an die KESB nach Art. 314c, 314d, 443 sowie 453 ZGB, 2019, 5, (https://www.kokes.ch/de/dokumentation/empfehlungen/melderechte-und-meldepflichten [Besuch der Website am 3. Juni 2024]).
113. Art. 378 Abs. 1 ZGB.
114. Art. 381 Abs. 1 ZGB.
115. Art. 381 Abs. 2 ZGB.
116. Art. 381 Abs. 3 ZGB.
117. Orell Füssli Kommentar/FASSBIND, Art. 381 ZGB, N 3.
118. § 2 Abs. 2 Patientinnen- und Patientengesetz/ZH.
119. Art. 453 Abs. 1 f. ZGB.
120. SCHWANDER MARIANNE, Bedrohungsmanagement bei Häuslicher Gewalt – rechtliche Rahmenbedingungen für die interdisziplinäre Zusammenarbeit, in: SCHWARZENEGGER/BRUNNER (Hrsg.), Bedrohungsmanagement – Gewaltprävention, Zürich/Basel/Genf 2017, 115, 135.
121. Orell Füssli Kommentar/FASSBIND, Art. 453 ZGB, N 2.
122. Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz, Melderechte und Meldepflichten an die KESB nach Art. 314c, 314d, 443 sowie 453 ZGB, 2019, 9, (https://www.kokes.ch/de/dokumentation/empfehlungen/melderechte-und-meldepflichten [Besuch der Website am 3. Juni 2024]).
123. Orell Füssli Kommentar/FASSBIND, Art. 453 ZGB, N 3.
124. Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz, Melderechte und Meldepflichten an die KESB nach Art. 314c, 314d, 443 sowie 453 ZGB, 2019, 9, (https://www.kokes.ch/de/dokumentation/empfehlungen/melderechte-und-meldepflichten [Besuch der Website am 3. Juni 2024]).
125. Art. 429 Abs. 1 ZGB.
126. Z.B. Sozial- und Psychiatriedienste, die Opferhilfe, die Spitex, die Schuldenberatung, Sozialversicherungsträger, Gerichte, Strafverfolgungs- und Strafvollzugsbehörden (Botschaft des Bundesrates zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Erwachsenenschutz, Personenrecht und Kindesrecht) vom 28.06.2006, BBl 2006 7091 Ziff. 2.3.4).
127. Art. 453 Abs. 1 ZGB.
128. GEISER THOMAS, Behördenzusammenarbeit im Erwachsenenschutzrecht, Aktuelle Juristische Praxis 2012, 1688, 1691.
129. Art. 17 StGB.
130. SCHWANDER, 115, 147.
131. Art. 17 StGB.
132. SCHWANDER, 115, 147 f..
133. SCHWANDER, 115, 148.
134. Art. 30b WG.
135. Botschaft des Bundesrates zur Änderung des Bundesgesetzes über Waffen, Waffenzubehör und Munition vom 11.01.2006, BBl 2006 2744 Ziff. 3.8.
136. Art. 113 Abs. 1 f. MG.
137. Gleiches gilt für Behörden des Bundes, der Kantone und der Gemeinden, Seelsorger, Psychologen, Sozialarbeiter und Angehörige der Betreuungsdienste der Armee: Eine Meldung darf erfolgen ohne Rücksicht auf ein bestehendes Amts- oder Berufsgeheimnis (Art. 113 Abs. 7 MG).
138. Art. 113 Abs. 7 MG.
139. Art. 15d Abs. 1e & 3 SVG.
140. Botschaft des Bundesrates zu Via sicura, Handlungsprogramm des Bundes für mehr Sicherheit im Strassenverkehr vom 20.10.2010, BBl 2010 8501 Ziff. 2.1.