- Asthma und COPD
Die Frühjahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Allgemeine und Innere Medizin (SGAIM) stand unter dem Motto «Outside the Box». Ein herausragender Beitrag in diesem Rahmen war der Vortrag von Prof. Dr. med. Jörg Leuppi, Chefarzt für Allgemeine Innere Medizin am Kantonsspital Liestal. In seinem Referat spannte er den Bogen von der differenzierten Diagnostik und Stufentherapie des Asthmas über den gezielten Einsatz von Biologika bis hin zu aktuellen Entwicklungen im Management der COPD. Deren Diagnostik, die Bewertung von Symptomen und Exazerbationen sowie die verfügbaren therapeutischen Optionen standen dabei im Fokus.
Asthma

Asthma ist eine chronische, heterogene Erkrankung der Atemwege. Sie ist definiert durch eine Anamnese von Atembeschwerden, die im Laufe der Zeit in ihrer Intensität variieren können, sowie durch einen eingeschränkten Atemfluss. Die Lungenfunktionseinschränkungen sind zwar reversibel, eine Heilung ist jedoch nicht möglich.
Asthma ist gekennzeichnet durch eine chronische Entzündung der Auskleidung der Atemwege, die sich rötet und anschwellen lässt. Zudem kommt es zu einer Obstruktion der Atemwege, die durch eine Muskelerschlaffung um die Atemwege herum verursacht wird, wodurch diese verengt werden und das Atmen erschwert wird.
Zur Diagnose von Asthma wird das Ergebnis anhand der abgegebenen Metacholin-Dosis bewertet, die einen Rückgang des FEV1 um 20 % bewirkt. (Provokationsdosis PD₂₀). Dieser Endpunkt ermöglicht vergleichbare Ergebnisse mit verschiedenen Geräten oder Protokollen. Neben dem Provokationstest mit Metacholin kommt auch der Provokationstest mit Mannitol zur Anwendung.
Bei Patienten mit leichtem Asthma führte Budesonid-Formenterol bei Bedarf zu einer besseren Kontrolle der Asthmasymptome als Terbutalin. Dies wurde anhand von elektronisch aufgezeichneten Wochen mit gut kontrolliertem Asthma bewertet. Eine Budesonid-Erhaltungstherapie war jedoch besser. Die Häufigkeit der Exazerbationen war bei den beiden Budesonid-haltigen Therapien ähnlich und lag unter der von Terbutalin.
Asthma-Management
Die Asthma-Behandlung erfolgt in Stufen, wobei die Behandlung je nach Schweregrad des Asthmas nach oben und unten angepasst wird.
Stufe 1: Bei Bedarf wird eine Kombination aus inhalativem Kortikosteroid (ICS) und Formoterol in niedriger Dosierung angewendet. Ein niedrig dosiertes ICS sollte immer dann inhaliert werden, wenn ein kurzwirksamer Beta-2-Agonist (SABA) eingesetzt wird.
Stufe 2: Präferenz: Tägliche Anwendung eines ICS oder bei Bedarf eine Kombination aus niedrig dosiertem ICS und Formoterol.
Alternative Therapieoption: Leukotrienrezeptor-Antagonist (LTRA) oder niedrig dosiertes ICS, jeweils dann, wenn SABA verwendet wird.
Stufe 3: Präferenz: Niedrig dosierte Kombination aus ICS und langwirksamem Beta-2-Agonisten (LABA).
Andere Therapie-Option: Mittel dosiertes ICS oder niedrig dosiertes ICS plus LTRA.
Stufe 4: Präferenz: Mittel dosierte Kombination aus ICS und LABA.
Andere Therapie-Option: Hochdosiertes ICS und Überweisung zur phänotypischen Beurteilung ± Tiotropin als Zusatz oder LTRA
Stufe 5: Präferenz: Hochdosiertes ICS und LABA
± Zusatztherapie, z. B. Tiotropium, Anti-IgE, Anti-IL5/5R, Anti-IL4R.
Bevorzugte Ablöseoption, nach Bedarf in allen 5 Stufen: Niedrig dosiertes ICS-Formoterol.
Andere Ablöseoption: Bei Bedarf LABA.
Symptomerfassung: Asthmakontrolltest
Eine Überschätzung der Asthmakontrolle kann bei Patienten mit schwerem Asthma zu schlechteren Behandlungsergebnissen führen. In einer Studie aus dem Jahr 2022 (Panettieri RA et al., J Asthma 2022; 59: 1859–1868) wurde festgestellt, dass Fachärzte die Asthmakontrolle im Vergleich zu den ACT-Werten häufig überschätzten. Auch die Patienten gaben die Wirksamkeit der Behandlung häufiger an als die Fachärzte. Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung validierter Instrumente zur Bewertung der Asthmakontrolle und zur Verringerung potenzieller Behandlungslücken, die durch Unstimmigkeiten zwischen Patienten und Fachärzten entstehen können.
COPD
COPD ist ein Überbegriff für verschiedene klinische Entitäten mit vielfältigen Ursachen. Sie führen zu einer nicht vollständig reversiblen Einschränkung des Luftstroms. Am häufigsten sind chronische Bronchitis und Emphysem die Ursache für COPD. Jede Exazerbation schädigt die Lunge und erhöht das Risiko für zukünftige Exazerbationen. Die erste Exazerbation ist ein Risikofaktor für weitere Exazerbationen und letztlich auch für den Tod.
Beurteilung der COPD
GOLD ABE-Bewertung (Abb. 1)
Therapievorschläge
Bei angemessenem Ansprechen auf die Erstbehandlung diese beibehalten. Falls nicht,
• Überprüfung der Adhärenz, der Inhalationstechnik und möglicher störender Komorbiditäten.
• Überlegen Sie, welches Behandlungsmerkmal im Vordergrund steht (Dyspnoe oder Exazerbationen).
• Verwenden Sie den Exazerbationspfad, wenn sowohl Exazerbationen als auch Dyspnoe behandelt werden müssen.
• Setzen Sie den Patienten in das Feld, das der aktuellen Behandlung entspricht, und befolgen Sie die Anweisungen.
• Bewerten Sie das Ansprechen, passen Sie es an und überprüfen Sie es.
• Diese Empfehlungen sind nicht von der ABE-Bewertung zur Diagnose abhängig.
Dyspnoe
Bei anhaltender Dyspnoe trotz Monotherapie mit LABA oder LAMA sollte eine Umstellung auf eine Kombinationstherapie mit LABA + LAMA erfolgen. Falls dies keine Besserung bringt und weiterhin Dyspnoe besteht, sollten folgende Massnahmen erwogen werden:
• Wechsel des Inhalationsgeräts oder des Wirkstoffs innerhalb der gleichen Substanzklasse
• Eskalation oder Intensivierung nicht-pharmakologischer Interventionen (z. B. Training, Atemtherapie)
• Abklärung alternativer oder zusätzlicher Ursachen der Dyspnoe und ggf. deren gezielte Behandlung
Exazerbationen
Die Dreifachtherapie mit Budesonid, Glycopyrrolat und Formoterol hat sich gegenüber einer LAMA/LABA-Therapie als wirksam erwiesen: Sie senkt die Rate kardiopulmonaler Ereignisse und die Gesamtmortalität um 52 %, reduziert das relative Risiko für kardiopulmonale Ereignisse um 20 % und verringert die Gesamtmortalität um 49 %. Eine ausgeprägte Eosinophilie ist dabei mit einer stärkeren Reduktion der Exazerbationsrate bei COPD assoziiert – dieser Zusammenhang wurde durch grosse randomisierte kontrollierte Studien bestätigt.
Der Einsatz von inhalativen Kortikosteroiden (ICS) in Kombination mit langwirksamen Bronchodilatatoren ist insbesondere dann indiziert, wenn bei der betroffenen Person mindestens zwei moderate Exazerbationen pro Jahr, eine Hospitalisierung wegen einer COPD-Exazerbation, eine Bluteosinophilenzahl von ≥ 300 Zellen pro Mikroliter oder ein begleitendes Asthma vorliegen. Auch bei einer einzelnen moderaten Exazerbation pro Jahr und Bluteosinophilen zwischen 100 und < 300 Zellen/µl kann eine ICS-Behandlung erwogen werden. Dagegen sprechen wiederholte Pneumonien, eine Bluteosinophilenzahl unter 100 Zellen/µl sowie eine Vorgeschichte eines Myokardinfarkts.
Entzündungsmechanismen bei COPD
Die chronische Entzündung bei COPD betrifft vorwiegend das periphere Lungenparenchym und die peripheren Luftwege. Sie ist charakterisiert durch eine Erhöhung der alveolaren Makrophagen, Neutrophilen und T-Lymphozyten. Je höher die Konzentration von Zytokinen, Proteasen und anderen Entzündungsmediatoren ist, desto schwerer ist die COPD.
Dupilumab bei COPD
Bei Patienten mit COPD und einer Entzündung des Typs 2, die sich durch erhöhte Eosinophilenzahlen im Blut anzeigt, hatten diejenigen, die Dupilumab erhielten, weniger Exazerbationen, eine bessere Lungenfunktion und Lebensqualität, sowie weniger schwere Atemwegssymptome als die Placebo-Gruppe.
Biologika bei COPD
Pharmakologische Folgebehandlung (Abb. 2)
Impfung bei COPD
In einer im Jahr 2024 erschienenen Arbeit des Referenten (Boesing et al. PRAXIS 2024;113:297-305) wird festgestellt, dass das Anstreben einer höheren Impfrate bei Personen mit chronischen Lungenerkrankungen entscheidend ist, um Exazerbationen und die damit verbundene Morbidität und Mortalität in dieser gefährdeten Behandlungsgruppe zu verhindern. Die Einführung neuer, wirksamerer Impfstoffe, wie der aktualisierten PCV- und RSV-Impfstoffe sowie die stetige Anpassung der Influenza- und SARS-CoV2-Impfstoffe, werden von entscheidender Bedeutung sein, um den Schutz bei Patienten mit mehreren Erkrankungen in Zukunft zu gewährleisten.
Fazit
Etwa 4–7 % der Bevölkerung leiden an Asthma bzw. COPD.Zur Diagnose dieser Krankheiten werden Lungenfunktionstests und die Messung der eosinophilen Blutkörperchen verwendet.
Schweres Asthma findet sich bei ca. 5–10 % der Betroffenen und bedarf einer interdisziplinären Behandlung. Bei schwerem Asthma sollte die systematische Gabe von Steroiden vermieden und eine biologische Therapie eingesetzt werden.
Biomarker helfen bei der Therapieentscheidung.
Eosinophilenzahlen sind auch bei COPD wichtig. Sie sind ein Prädiktor für häufigere Exazerbationen sowie für das Ansprechen auf inhalative Kortikosteroide und möglicherweise auch auf Biologika.
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