CAR-T Zelltherapie: Was müssen Hausärzte wissen?

Die CAR-T-Zelltherapie stellt einen revolutionären Ansatz dar, bei dem genetisch modifizierte T-Zellen spezifische Tumorantigene erkennen und maligne Zellen gezielt eliminieren. Bei rezidivierten/refraktären B-Zell-Lymphomen und Multiplem Myelom werden Ansprechraten von 50–90 % erzielt, wobei Lymphome Heilungsraten von 35–60 % erreichen, während beim Myelom bisher nur Lebensverlängerung möglich ist. Zu den wichtigsten Toxizitäten zählen das Zytokin-Release-Syndrom und die Neurotoxizität, die standardisierte Behandlungsprotokolle erfordern. Langfristige Komplikationen wie Zytopenien, Hypogammaglobulinämie und rezidivierende Infektionen bedürfen eines engmaschigen Monitorings und adäquater Substitutionstherapien. Die erfolgreiche Nachsorge von CAR-T-Patienten erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen spezialisierten Zentren und Hausärzten, die eine Schlüsselrolle bei der Früherkennung von Komplikationen und dem langfristigen Management spielen.



CAR T-cell therapy represents a revolutionary approach where genetically modified T cells recognize specific tumor antigens and selectively eliminate malignant cells. In relapsed/refractory B-cell lymphomas and multiple myeloma, response rates of 50–90 % are achieved, with lymphomas reaching cure rates of 35–60 %, while myeloma currently shows only life extension without curative potential. The most significant toxicities include cytokine release syndrome and neurotoxicity, which require standardized treatment protocols. Long-term complications such as cytopenias, hypogammaglobulinemia, and recurrent infections necessitate close monitoring and appropriate substitution therapies. Successful follow-up care of CAR T-cell patients demands close collaboration between specialized centers and primary care physicians, who play a key role in the early detection of complications and long-term management.
Keywords: CAR-T-Zelltherapie, Zytokin-Release-Syndrom, Hypogammaglobulinämie, hämatologische Toxizitäten

Wirkprinzip der Therapie

CAR-T-Zellen werden in der Regel aus körpereigenen T-Zellen hergestellt. Deren natürliche Funktion, d.h. die Erkennung einer Zielstruktur (des sog. MHC-Peptid-Komplexes) auf fremden Zellen bzw. Tumorzellen mittels ihres T-Zell-Rezeptors wird nicht verändert. Aber durch Einschleusen einer zellmembrangebundenen Antikörperdomäne (sog. CAR-Rezeptor) findet eine Umprogrammierung der T-Zellen ausserhalb des Körpers statt. Erkennt die Antikörperdomäne z.B. ein spezifisches Tumorantigen, so können die CAR-T-Zellen nach der Bindung an die Tumorzelle eine Reihe immunologischer Prozesse auslösen und die gezielte Zerstörung der Tumorzelle veranlassen.
Die CAR-Konstrukte haben sich über die Zeit weiterentwickelt und werden in Generationen eingeteilt:
• Erste Generation: Enthält nur eine CD3ζ-Signaldomäne
• Zweite Generation: Zusätzlich eine ko-stimulatorische Domäne (CD28 oder 4–1BB)
• Dritte Generation: Zwei ko-stimulatorische Domänen
• Vierte Generation: Zusätzliche Elemente wie induzierbare Zytokinproduktion oder Sicherheitsschalter
Die derzeit zugelassenen CAR-T-Zellprodukte basieren hauptsächlich auf der zweiten Generation mit 4–1BB oder CD28 als ko-stimulatorische Domäne. Die Wahl zwischen diesen Domänen beeinflusst das Expansions- und Persistenzprofil der CAR-T-Zellen sowie möglicherweise das Nebenwirkungsprofil (1).

Herstellungsprozess von CAR-T-Zellen

Die Herstellung von CAR-T-Zellen ist ein komplexer, mehrstufiger Prozess:
1. Apherese: Entnahme von Leukozyten und damit T-Zellen (auch T-Lymphozyten genannt) aus dem Blut der Patientin bzw. des Patienten.
2. Gentechnische Modifikation: Die T-Zellen werden im Labor gentechnisch so verändert, dass sie den tumorspezifischen CAR-Rezeptor auf ihrer Oberfläche exprimieren. Dies geschieht meist durch virale Vektoren (lentiviral oder retroviral), die das CAR-Gen in das Genom der T-Zellen einbringen.
3. Expansion und Aktivierung: Die CAR-T-Zellen werden im Labor vermehrt und aktiviert. Dieser Prozess dauert etwa 2–3 Wochen und ist entscheidend für die Qualität des Endprodukts.
4. Reinfusion: Die CAR-T-Zellen werden nach einer Qualitätskontrolle vom Labor in die behandelnde Klinik zurückgeschickt und dort der Patientin bzw. dem Patienten infundiert.

Vor der eigentlichen CAR-T-Zell-Infusion erhalten die Patienten in der Regel eine lymphodepletierende Chemotherapie (z.B. Fludarabin und Cyclophosphamid). Diese Vorbehandlung reduziert die Anzahl der endogenen Lymphozyten und schafft somit «Platz» für die CAR-T-Zellen, optimiert deren Expansion und kann die Effektivität der Therapie steigern.

Der gesamte Prozess von der Indikationsstellung bis zur Infusion der CAR-T-Zellen nimmt in der Regel 6–8 Wochen in Anspruch. Diese Zeitspanne kann für Patienten mit aggressiven Erkrankungen eine Herausforderung darstellen, weshalb geeignete Überbrückungsstrategien essenziell sind.

Zulassung und Einsatzgebiete

Die erste CAR-T-Zelltherapie, Kymriah, wurde 2017 in den USA zur Behandlung der akuten lymphoblastischen Leukämie (ALL) bei Kindern und Jugendlichen zugelassen. In den folgenden Jahren folgten weitere Zulassungen in der Behandlung von B-Zell-Lymphomen und des Multiplen Myeloms (MM). Derzeit sind sechs CAR-T-Zellprodukte in der Schweiz zugelassen (Tab. 1) (2). Die Indikationen für CAR-T-Zelltherapie werden kontinuierlich erweitert. Während die Therapie zunächst hauptsächlich bei stark vorbehandelten, rezidivierten oder refraktären Erkrankungen eingesetzt wurde, deuten neuere Studiendaten darauf hin, dass CAR-T-Zellen auch in früheren Therapielinien vorteilhaft sein könnten. Aktuelle Studien untersuchen den Einsatz von CAR-T-Zellen als Zweitlinientherapie bei aggressiven B-Zell-Lymphomen und als Erstlinientherapie in Hochrisikopatienten.

Nebenwirkungen: von mild bis schwerwiegend

Die CAR-T-Zelltherapie kann mit einer Reihe von Nebenwirkungen verbunden sein, die von mild bis schwerwiegend verlaufen können. Eine genaue Kenntnis dieser Toxizitäten ist für alle beteiligten Ärzte, einschliesslich der Hausärzte, von grosser Bedeutung, da einige dieser Nebenwirkungen auch verzögert nach der Entlassung aus dem spezialisierten Zentrum auftreten können.

Akute Toxizitäten

Zytokin-Release-Syndrom (CRS)

Das CRS ist die häufigste akute Nebenwirkung und tritt bei 50–90 % der Patienten auf, wobei die Inzidenz je nach CAR-T-Zellprodukt variiert. Es handelt sich um eine systemische Entzündungsreaktion, die durch die massive Freisetzung von proinflammatorischen Zytokinen (insbesondere IL-6, TNF, IFN-γ) verursacht wird, wenn die CAR-T-Zellen ihr Zielantigen erkennen und aktiviert werden (3). Klinische Manifestationen des CRS umfassen Fieber (oft erstes Symptom, 1–14 Tage nach Infusion), Hypotonie, Hypoxie, Tachykardie, Schüttelfrost, Müdigkeit, Übelkeit/Erbrechen, Kopfschmerzen, Myalgien/Arthralgien und in schweren Fällen Kapillarlecksyndrom sowie Multiorganversagen.
Die Schweregrad-Einteilung des CRS erfolgt nach den ASTCT-Kriterien (American Society for Transplantation and Cellular Therapy) (4) (Tab. 2). Die Behandlung des CRS erfolgt risiko-adaptiert (5):
• Grad 1: Symptomatische Behandlung mit Antipyretika, engmaschige Überwachung
• Grad 2: Tocilizumab 8 mg/kg i.v. (IL-6-Rezeptor-Antagonist), bei fehlender Besserung nach 24h Wiederholung möglich
• Grad 3–4: Tocilizumab plus Dexamethason (10–20 mg alle 6h) oder Methylprednisolon (1–2 mg/kg/Tag)

Tocilizumab blockiert den IL-6-Rezeptor und reduziert somit die systemische Toxizität, ohne die Wirksamkeit der CAR-T-Zellen signifikant zu beeinträchtigen. Bei schwerem oder refraktärem CRS können weitere Massnahmen wie Anakinra (IL-1-Rezeptorantagonist) oder Siltuximab (anti-IL-6) erwogen werden.

Neurotoxizität (ICANS)

Das Immune Effector Cell-Associated Neurotoxicity Syndrome (ICANS) ist eine weitere häufige akute Nebenwirkung, die bei 20–60 % der Patienten auftritt. Die Inzidenz und Schwere variieren je nach CAR-T-Zellprodukt, wobei CD28-basierte Konstrukte tendenziell mit höheren Raten verbunden sind (6).

Klinische Manifestationen von ICANS umfassen Enzephalopathie mit Verwirrtheit und Bewusstseinsstörungen, Sprachstörungen (Aphasie, Dysgraphie), Tremor, Kopfschmerzen, Somnolenz, Krampfanfälle (bei etwa 10 % der Patienten mit ICANS) und selten Hirnödem (CRES – CAR-T-related encephalopathy syndrome).

Die Schweregrad-Einteilung erfolgt anhand des ICE-Scores (Immune Effector Cell-Associated Encephalopathy) und klinischer Parameter (Tab. 3a und 3b). Die Behandlung von ICANS erfolgt abhängig vom Schweregrad (7):
• Grad 1: Engmaschige Überwachung, supportive Therapie
• Grad 2–4: Dexamethason 10 mg alle 6h oder Methylprednisolon 1–2 mg/kg/Tag
• Bei Krampfanfällen: Levetiracetam als Prophylaxe (500–1500 mg alle 12h)
Im Gegensatz zum CRS ist Tocilizumab bei ICANS weniger wirksam, da es die Blut-Hirn-Schranke nicht ausreichend überwindet. Bei gleichzeitigem Auftreten von CRS und ICANS sollte jedoch zunächst Tocilizumab gegeben werden, um das CRS zu kontrollieren (7).

Parkinson-ähnliche Symptome

In den letzten Jahren wurden bei einigen Patienten nach CAR-T-Zelltherapie Parkinson-ähnliche Symptome beobachtet, insbesondere nach BCMA-gerichteten CAR-T-Zellen bei Myelompatienten. Diese können umfassen:
• Bradykinesie
• Rigor
• Tremor
• Gangstörungen
• Posturale Instabilität
Die genaue Pathophysiologie ist noch nicht vollständig geklärt, könnte aber mit einer unbeabsichtigten Kreuzreaktivität der CAR-T-Zellen mit neuronalen Strukturen zusammenhängen. Die Symptome können vorübergehend oder anhaltend sein und sprechen unterschiedlich gut auf dopaminerge Therapien an (8). Eine frühe neurologische Beurteilung und gegebenenfalls Therapieeinleitung sind wichtig.

Hämatologische Toxizitäten

Zytopenien

Prolongierte Zytopenien sind eine häufige Nebenwirkung nach CAR-T-Zelltherapie und können bei bis zu 30–40 % der Patienten länger als 30 Tage anhalten (9). Die Ursachen dafür sind vielfältig. Zum einen spielt die im Vorfeld verabreichte lymphodepletierende Chemotherapie, meist mit Fludarabin und Cyclophosphamid, eine zentrale Rolle. Zum anderen tragen frühere, oft intensive Vor­therapien mit mehreren Chemotherapielinien zur Schädigung der hämatopoetischen Reserve bei. Darüber hinaus können auch direkte oder indirekte Wirkungen der CAR-T-Zellen selbst sowie entzündliche Zytokinprozesse die Funktion der Knochenmarkstammzellen beeinträchtigen.

Die Zytopenien betreffen typischerweise alle Zelllinien. Eine Neutropenie erhöht das Risiko für bakterielle und opportunistische Infektionen erheblich, während eine Thrombozytopenie die Blutungsneigung verstärkt. Eine Anämie wiederum kann sich in Form von Müdigkeit, verminderter Belastbarkeit und allgemeinem Leistungsabfall bemerkbar machen.

Das Management der Zytopenien richtet sich nach der jeweils betroffenen Zelllinie und dem klinischen Zustand des Patienten. Bei einer Neutropenie kann eine Behandlung mit G-CSF, beispielsweise in Form von Filgrastim mit einer Dosierung von 5 μg pro Kilogramm Körpergewicht subkutan täglich, ab dem 14. Tag nach der CAR-T-Zellinfusion in Betracht gezogen werden – vorausgesetzt, es bestehen keine aktiven Anzeichen eines Zytokinfreisetzungssyndroms (CRS) oder eines CAR-T-assoziierten neurotoxischen Syndroms (ICANS). Liegt eine Thrombozytopenie vor, ist bei sehr niedrigen Thrombozytenwerten unter 10 bis 20×10⁹ pro Liter oder bei klinischen Blutungszeichen eine Transfusion von Thrombozytenkonzentraten angezeigt. Im Falle einer symptomatischen Anämie kann die Gabe von Erythrozytenkonzentraten erforderlich sein; bei persistierender Anämie sollte zudem der Einsatz von Erythropoetin erwogen werden.

Die Zytopenien bilden sich meist innerhalb von 2–3 Monaten zurück, können aber in einigen Fällen auch länger persistieren. Bei anhaltenden schweren Zytopenien sollte eine Knochenmarkuntersuchung erwogen werden, um andere Ursachen wie Myelodysplasie oder sekundäre hämatologische Neoplasien auszuschliessen.

Für Hausärzte ist es wichtig, regelmässige Blutbildkontrollen durchzuführen und bei anhaltenden oder neu auftretenden Zytopenien Rücksprache mit dem behandelnden hämatologischen Zentrum zu halten.

Immunologische Toxizitäten

B-Zell-Aplasie und Hypogammaglobulinämie
Bei CD19-gerichteten CAR-T-Zelltherapien kommt es zu einer B-Zell-Aplasie, da CD19 nicht nur auf den malignen B-Zellen, sondern auch auf normalen B-Zellen exprimiert wird. Dies führt zu einer sekundären Hypogammaglobulinämie, die bei über 60 % der Patienten auftritt und jahrelang persistieren kann (10).

Die Hypogammaglobulinämie ist durch eine verminderte Konzentration von Immunglobulinen im Blut gekennzeichnet und geht mit einer erhöhten Infektanfälligkeit einher. Klinisch zeigt sie sich vor allem durch eine gesteigerte Anfälligkeit für bakterielle Infektionen, insbesondere durch bekapselte Erreger wie Streptococcus pneumoniae und Haemophilus influenzae. Typische Infektionen umfassen Sinusitis, Bronchitis und Pneumonien. Zusätzlich besteht ein erhöhtes Risiko für chronische Virusreaktivierungen, beispielsweise durch das Varizella-Zoster-Virus (VZV).

Monitoring und Management
Ein regelmässiges Monitoring der Immunglobulin-Spiegel (IgG, IgA, IgM) ist essenziell. Im ersten Jahr sollte die Kontrolle alle 1 bis 3 Monate erfolgen, danach in 3- bis 6-monatigen Abständen.
Eine Immunglobulinsubstitution ist angezeigt bei:
• einem IgG-Spiegel unter 4 g/L
• Rezidivierenden oder schweren Infektionen unabhängig vom IgG-Spiegel
• dem Vorliegen zusätzlicher Risikofaktoren für Infektionen

Substitutionsschema
Die Immunglobuline können entweder intravenös (IVIG) oder subkutan (SCIG) verabreicht werden:
• IVIG: 0.4 g/kg Körpergewicht alle 3 bis 4 Wochen
• SCIG: 0.1–0.2 g/kg wöchentlich oder alle 2 Wochen
Die Substitutionstherapie wird in der Regel fortgesetzt, bis sich die B-Zellen erholt haben und ausreichende endogene Immunglobulinspiegel nachweisbar sind, was mehrere Jahre dauern kann oder in manchen Fällen nicht erreicht wird.

Infektionen

Infektionen stellen eine häufige und ernstzunehmende Komplikation im Verlauf der CAR-T-Zelltherapie dar und können in unterschiedlichen Phasen auftreten. In den ersten 30 Tagen nach der Infusion – der sogenannten frühen Phase – stehen vor allem bakterielle Infektionen im Vordergrund, die überwiegend durch die therapiebedingte Neutropenie begünstigt werden. In der darauffolgenden mittleren Phase, zwischen Tag 30 und 100, kommt es vermehrt zu Reaktivierungen von latenten Viren wie CMV, HSV oder VZV. In der späten Phase, also nach mehr als 100 Tagen, dominieren Infektionen, die auf eine anhaltende B-Zell-Aplasie sowie eine damit verbundene Hypogammaglobulinämie zurückzuführen sind.

Das Risiko für schwere Infektionen steigt besonders bei Patienten mit einer prolongierten Neutropenie, einem schwer verlaufenden Zytokinfreisetzungssyndrom (CRS) oder einem ICANS, welche eine intensive immunsuppressive Behandlung erforderlich machen. Auch eine vorangegangene allogene Stammzelltransplantation, eine hohe kumulative Steroidexposition, ein Alter über 65 Jahre sowie eine unbehandelte Hypogammaglobulinämie erhöhen die Anfälligkeit deutlich.

Zur antibiotischen Prophylaxe gehört bei Patienten mit anhaltender Neutropenie der Einsatz von Levofloxacin in einer Dosis von 500 mg täglich. Hochrisikopatienten erhalten zudem eine antimykotische Prophylaxe mit Fluconazol in einer Dosierung von 400 mg täglich. Eine Schutzmassnahme gegen Pneumocystis jirovecii erfolgt über mindestens 6 Monate hinweg mit Trimethoprim-Sulfamethoxazol in einer Dosierung von 960 mg 3 x wöchentlich. Die antivirale Prophylaxe erfolgt mit Aciclovir (400 mg zweimal täglich) für einen Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten. Impfungen mit Totimpfstoffen können frühestens sechs Monate nach der CAR-T-Zelltherapie verabreicht werden, während Lebendimpfstoffe kontraindiziert bleiben.

Bei Fieber oder Infektzeichen sollte eine rasche diagnostische Abklärung erfolgen und eine empirische antimikrobielle Therapie eingeleitet werden, abhängig vom klinischen Bild und lokalen Resistenzmustern.

Metabolische Komplikationen

Tumorlyse-Syndrom (TLS)

Das Tumorlyse-Syndrom tritt insbesondere bei Patienten mit hoher Tumorlast auf und ist durch eine rasche Zerstörung von Tumorzellen mit Freisetzung intrazellulärer Bestandteile gekennzeichnet. Klinisch manifestiert es sich durch Hyperurikämie, Hyperkaliämie, Hyperphosphatämie, Hypokalzämie sowie akutes Nierenversagen. Die Prophylaxe und das Management bestehen aus ausreichender Hydratation, Allopurinol (300–600 mg/Tag) bei erhöhtem Risiko und Rasburicase bei manifestem TLS. Bei schweren Elektrolytstörungen oder bei Nierenversagen erfolgt eine Dialyse.

Hämophagozytische Lymphohistiozytose (HLH) / Makrophagenaktivierungssyndrom (MAS)

HLH/MAS ist eine seltene, aber potenziell lebensbedrohliche Komplikation nach CAR-T-Zelltherapie, die durch eine überschiessende Aktivierung von Makrophagen und eine hyperzytokine Immunantwort gekennzeichnet ist. Klinische Merkmale umfassen anhaltend hohes Fieber, Hepatosplenomegalie, Zytopenien, Ferritinerhöhung (oft > 10 000 μg/L), Hypertriglyzeridämie, Hypofibrinogenämie, erhöhte Transaminasen sowie Hämophagozytose in Knochenmark oder anderen Geweben.

Die Behandlung erfordert meist eine aggressive Immunsuppression mit hochdosierten Steroiden, ggf. Etoposid oder andere HLH-spezifische Therapien.

Besonderheiten in der Nachsorge: Was Hausärzte beachten sollten

Die Nachsorge von Patienten nach CAR-T-Zelltherapie erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen dem spezialisierten Zentrum und dem Hausarzt. Folgende Aspekte sind besonders zu beachten:

Kurzfristige Nachsorge (erste 3 Monate)

• Regelmässige Blutbildkontrollen: Initial wöchentlich, später alle 2–4 Wochen
• Infektüberwachung: Niederschwellige Abklärung bei Fieber oder Infektzeichen
• Neurologische Überwachung: Auch nach Entlassung können verzögerte neurotoxische Effekte auftreten.
• CRP-Monitoring: Kann Hinweise auf spätes CRS oder Infektionen geben.
• Medikamentenmanagement: Beachtung von Interaktionen, insbesondere bei antimikrobieller Prophylaxe

Mittelfristige Nachsorge (3–12 Monate)

• Immunglobulin-Monitoring: Alle 3 Monate IgG, IgA, IgM bestimmen.
• B-Zell-Monitoring: Bei CD19-CAR-T-Zellen, zur Beurteilung der B-Zell-Rekonstitution
• Impfstrategie: Impfungen nach lokalem Protokoll ab 6 Monaten nach Therapie beginnen.
• Psychosoziale Unterstützung: Häufig bestehen kognitive Defizite, Fatigue oder Ängste.

Langfristige Nachsorge (>12 Monate)

• Sekundärmalignome: Erhöhte Vigilanz bezüglich Zweitneoplasien
• Endokrine Funktionen: Insbesondere bei Patienten, die hohe Steroiddosen erhalten haben.
• Kardiovaskuläres Risiko: CAR-T-Patienten haben oft multiple Risikofaktoren durch Vorbehandlungen
• Fertilitätsaspekte: Beratung und Management bei jüngeren Patienten

Praktische Empfehlungen für Hausärzte

1. Notrufnummern bereithalten: 24/7-Kontakt zum behandelnden CAR-T-Zentrum sollte jederzeit verfügbar sein.
2. Patientenausweis: Patienten sollten einen CAR-T-Patientenausweis mit wichtigen Informationen und Kontaktdaten mit sich führen.
3. Therapieplan: Ein detaillierter Nachsorgeplan sollte vom Zentrum erstellt und mit dem Hausarzt geteilt werden.
4. Multidisziplinärer Ansatz: Bei komplexen Fällen frühzeitige Einbeziehung von Spezialisten (Neurologie, Infektiologie etc.)

Erfolgsaussichten der Behandlung

Für die Hauptindikationen des Erwachsenen (rr DLBCL, rr MM und rr MCL) gibt es aufgrund der Studien-, aber auch der sogenannten real-world-Daten belastbare Zahlen bezüglich des Ansprechens, der Ansprechdauer sowie der Heilungschancen. Dabei unterscheiden sich Lymphome und Myelome bisher wie folgt:
• Die Chance auf eine Heilung (OS) liegt für rr DLBCL-Patientinnen und -Patienten zwischen 35 und 50 Prozent und beim MCL bei knapp 60 Prozent (12). Berücksichtigt man, dass rr DLBCL- bzw. rr MCL-Betroffene bisher eigentlich keine bzw. nur eine sehr geringe (10 bis 15 Prozent) Heilungschance im Rezidiv hatten, so sind die CAR-T-Zell-Daten als eindeutige und relevante Weiterentwicklung in unserem Therapiespektrum anzusehen.
• In der Behandlung von rr MM-Patientinnen und -Patienten können mittels CAR-T-Zelltherapie sehr hohe Ansprechraten (häufig >80 Prozent) mit einem zum Teil sehr langen Progressions-freien-Überleben (PFS) von >2 Jahren erzielt werden (13). Leider gibt es bisher aber keinen Hinweis, dass langfristig auch Heilungen erzielt werden. Damit ist die CAR-T-Zelltherapie bisher bei rr MM-Betroffenen zwar lebensverlängernd, aber nicht heilend.

Die Langzeitergebnisse verbessern sich kontinuierlich mit zunehmender Erfahrung und optimierter Patientenselektion. Wichtige prognostische Faktoren für das Ansprechen umfassen (14):
• Tumorlast vor CAR-T-Zelltherapie: Patienten mit geringerer Tumorlast sprechen besser an
• Performance-Status: ECOG 0–1 ist mit besseren Ergebnissen assoziiert
• Vorherige Therapielinien: Weniger Vorbehandlungslinien korrelieren mit besserem Ansprechen
• CAR-T-Zell-Expansion in vivo: Höhere CAR-T-Zell-Spitzenwerte sind mit besserem Ansprechen assoziiert
• CRS/ICANS: Patienten mit mildem CRS oder ICANS haben tendenziell bessere Ansprechraten als Patienten ohne immunvermittelte Toxizitäten, was auf eine stärkere immunologische Aktivierung hinweist. Schwere Toxizitäten (Grad 3–4) sind jedoch mit erhöhter Morbidität und Mortalität verbunden.

Copyright
Aerzteverlag medinfo AG

Dr. med. Nino Fejzibegovic

Klinik für Hämatologie & Onkologie
Klinik Hirslanden
Witellikerstrasse 40, 8032 Zürich

Prof. Dr. med. Christoph Renner

Onkozentrum Hirslanden Zürich und Onkozentrum Zürich
Witellikerstrasse 40
8032 Zürich

Christoph.renner@hirslanden.ch

Die Autoren haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

  • Heilungschancen bei therapierefraktären Erkrankungen: Die CAR-T-Zelltherapie ermöglicht Heilungsraten von 35–60 % bei rezidivierten/refraktären B-Zell-Lymphomen; beim Multiplen Myelom bisher nur lebensverlängernd.
  • Akuttoxizitäten überwachen: Zytokin-Release-Syndrom und Neurotoxizität können bis zu 8 Wochen nach Therapie auftreten. Bei Fieber oder neurologischen Symptomen sofort das Behandlungszentrum kontaktieren.
  • Langzeitkomplikationen managen: Regelmässige Kontrolle von Blutbild und Immunglobulinspiegeln. Bei IgG <4 g/L oder rezidivierenden Infekten Immunglobulinsubstitution erwägen.
  • Infektionsprävention: PCP-Prophylaxe für 6 Monate, anti­virale Prophylaxe für 6–12 Monate. Bei Fieber rasch antibiotisch behandeln, da Infektionen häufigste Todesursache sind.
  • Teamarbeit praktizieren: Enge Kooperation zwischen Hausarzt und spezialisiertem Zentrum mit strukturiertem Nachsorgeplan und niederschwelligem Informationsaustausch sicherstellen.

1. Ying, Z., He, T., Wang, X., Zheng, W., Lin, N. (2019). “Parallel Comparison of 4–1BB or CD28 Co-Stimulated CD19-Targeted CAR-T Cells for B Cell Malignancies”. Journal of Hematology & Oncology, 12(1), 64.
2. https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/humanarzneimittel/authorisations/new-medicines.html
3. Shimabukuro-Vornhagen, A., et al. (2018). Cytokine Release Syndrome. Journal of Immunotherapy of Cancer, 6(1), 56. DOI: 10.1186/s40425-018-0343-9
4. Lee, D. W., et al. (2019). Current Concepts in the Diagnosis and Management of Cytokine Release Syndrome. Blood, 124(2), 188-195. DOI: 10.1182/blood-2014-07-551642
5. Sterner, R. M., Sterner, R. M. (2021). CAR-T Cell Therapy: Current Limitations and Potential Strategies. Blood Cancer Journal, 11(4), 69. DOI: 10.1038/s41408-021-00459-7
6. Abramson, J. S., et al. (2020). ICANS in CAR-T Therapy: Clinical Presentation and Outcomes. Journal of Clinical Oncology, 38(36), 4349-4359.
7. Siddiqi, T., et al. (2021). Management of Neurotoxicity in CAR-T Therapy: Challenges and Solutions. Nature Reviews Neurology, 17(1), 35-46.
8. Wallace, A. C., et al. (2022). Neurotoxicity and Parkinsonism in CAR-T-Cell Therapy: A New Challenge in Oncology. Neurology, 98(5), 221-230.
9. Smith, J., & Wang, L. (2022). Hematological toxicities in CAR-T cell therapy: A comprehensive review. Journal of Clinical Oncology, 40(5), 1234-1246
10. Lee, S., & Patel, A. (2023). B-cell aplasia and hypogammaglobulinemia following CD19-targeted CAR-T cell therapy: Mechanisms and management. The Lancet Hematology, 10(2), 45-55.
11. Zhang, Y., & Thompson, E. (2021). Infection risk and prophylaxis in CAR-T cell therapy. Clinical Infectious Diseases, 73(6), 1237-1246.
12. Neelapu, S. S., et al. (2020). Chimeric Antigen Receptor T-Cell Therapy in Relapsed or Refractory Diffuse Large B-Cell Lymphoma: A Pivotal Phase 2 Trial. Journal of Clinical Oncology, 38(27), 3096-3105.
13. Neri, P., et al. (2021). CAR-T therapy in multiple myeloma: Insights from clinical trials and real-world evidence. Leukemia, 35(5), 1406-1414.
14. Ghosh, S., & Schmidt, L. (2022). Prognostic factors in CAR-T cell therapy for hematologic malignancies. Journal of Hematology & Oncology, 15(1), 39-47.