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Diagnostik des Prostata­karzinoms – Der Stockholm3-Test

Das Prostatakarzinom ist die häufigste Tumorerkrankung des Mannes in der Schweiz. Ziel der Früherkennung ist die selektive Detektion behandlungsbedürftiger Prostatakarzinome, um kurative Therapien zu ermöglichen und gleichzeitig Überdiagnosen zu vermeiden. Der PSA-Test als Screening-Tool ist weit verbreitet, weist jedoch Limitationen auf. Die multiparametrische Magnetresonanztomographie (mpMRI) hat die diagnostische Genauigkeit verbessert, ist jedoch kosten- und ressourcenintensiv. Als Teil eines strukturierten Diagnostikpfads sollen Biomarker, wie der Stockholm3-Test, eine sinnvolle Ergänzung zur Risikostratifizierung in der Früherkennung bieten. Basierend auf Plasmaproteinen, genetischen Markern und klinischen Parametern errechnet Stockholm3 einen individuellen Risiko-Score für das Vorliegen eines behandlungsbedürftigen Prostatakarzinoms. Hierdurch kann eine Reduktion unnötiger Biopsien und mpMRI-Untersuchungen erreicht werden, bei vergleichbarer Detektion signifikanter Karzinome.



Prostate cancer remains the most common malignancy among men in Switzerland. The focus of early detection lies on selectively identifying clinically significant prostate cancer (csPCa), to enable curative treatments while avoiding overdiagnosis. Although prostate-specific antigen is widely used for screening, it has well-known limitations. Multiparametric magnetic resonance imaging (mpMRI) has improved diagnostic accuracy but is costly and user dependent. Biomarkers, such as the Stockholm3 test, could be a valuable addition to a structured diagnostic pathway for early detection of PCa. By combining plasma protein levels, genetic markers, and clinical variables, Stockholm3 reliably estimates the risk for csPCa. This enables a significant reduction in unnecessary biopsies and mpMRIs, while maintaining a comparable detection rate of significant cancers.
Keywords: Prostatakrebs; Früherkennung; Stockholm3; PSA; Biomarker

Einleitung

Das Prostatakarzinom (PCa) ist mit 7800 Neuerkrankungen pro Jahr (Zeitraum 2017–2021) (Abb. 1), die häufigste Tumorerkrankung bei Männern in der Schweiz. Trotz signifikanter Fortschritte in der Therapie und einer daraus resultierenden kontinuierlichen Abnahme der Mortalität über die letzten drei Dekaden bleibt die Erkrankung nach dem Lungenkarzinom die zweithäufigste tumorbedingte Todesursache bei Männern (1). Aktuell existieren in der Schweiz organisierte Programme zur Früherkennung von Brust-, Darm- und Gebärmutterhalskrebs. Beim Prostatakarzinom wurden vergleichbare Initiativen bisher nicht flächendeckend umgesetzt, trotz Bestrebungen von Fachexperten (2).

Ziel in der Früherkennung des PCa ist die rechtzeitige Identifikation behandlungsbedürftiger Prostatakarzinome (Gleason Score ≥ 7a bzw. ISUP Grade Group ≥ 2), bei denen kurative Therapieoptionen bestehen. Gleichzeitig gilt es, Überdiagnosen und unnötige Interventionen bei Männern ohne behandlungsbedürftige Tumoren – insbesondere Gleason Score 6 bzw. ISUP Grade Group 1 – zu vermeiden. Diese Tumore erfordern in der Regel keine Therapie, deren Detektion ist jedoch mit erheblichen psychologischen, sozialen und gesundheitsökonomischen Belastungen verbunden (3).

Bereits in den frühen 1990ern etablierte sich das Prostata-spezifische Antigen (PSA) als Screening-Tool für das PCa, mit dem Ziel, die Mortalität der Erkrankung zu senken (4). Die Verwendung zeigte jedoch im populationsbasierten Setting aufgrund der geringen Spezifität Limitationen. Es kam unverhältnismässig häufig zu falsch-positiven Ergebnissen, unauffälligen Prostatabiopsien und zum Nachweis nicht behandlungsbedürftiger Karzinome. All dies hat berechtigte Zweifel am Nutzen des PSA-Screenings geweckt.

Ein Paradigmenwechsel erfolgte Anfang der 2010er Jahre mit dem Aufkommen der multiparametrischen Magnetresonanztomographie (mpMRI) der Prostata. Diese führte zu einer merkbaren Reduktion von unnötigen Biopsien sowie Diagnosen von insignifikanten PCa – und damit zu einem verbesserten Nutzen-Risiko-Verhältnis der Früherkennung.

Obwohl die mpMRT strahlenfrei ist, bleibt sie ressourcen­intensiv, geräte- und untersucherabhängig. Zudem ist die psychosoziale Belastung für Männer im Zeitraum zwischen PSA-Bestimmung, MRI und Befundmitteilung nicht zu unterschätzen. Da viele Männer kein relevantes Karzinom aufweisen, scheint eine prä-MRI-Triage sinnvoll für eine zielgerichtete und effiziente Früherkennungsstrategie. Mit dem seit 2023 in der Schweiz verfügbaren Stockholm3-Test (STHLM3) steht nun ein vielversprechender, validierter Test zur Verfügung, der das Potential hat, die Anzahl unnötiger MRIs im Vergleich zur PSA-basierten Diagnostik zu reduzieren.

PSA als Grundpfeiler der PCa-Diagnostik

Der klinische Einsatz von PSA stellte einen entscheidenden Durchbruch bei der Detektion des PCa dar. Wenngleich kostengünstig und gut verfügbar, weist der Parameter erhebliche diagnostische Schwächen auf: Neben dem Prostatakarzinom können Prostatahyperplasie, Prostatitis, Harnwegsinfektionen oder mechanische Reize zu einer Elevation des Spiegels führen. Umgekehrt kann ein niedriger PSA-Wert ein aggressives Karzinom nicht sicher ausschliessen. Verschiedene PSA-Derivate wie freies PSA (fPSA), der fPSA/PSA-Quotient oder der sogenannte Prostate Health Index (PHI) wurden über die Jahre entwickelt, um die diagnostische Aussagekraft zu verbessern – mit teils moderatem Erfolg.

Zwei nennenswerte Studien, die PLCO-Studie (Prostate, Lung, Colorectal and Ovarian Cancer Screening Trial) (5) und die ERSPC-Studie (European Randomized Study of Screening for Prostate Cancer) (6), untersuchten die Anwendung von PSA im Screening-Setting genauer und kamen 2009 zu unterschiedlichen Ergebnissen:
Die US-amerikanische PLCO-Studie mit 76 693 Männern zeigte zwar unter Screeningbedingungen mittels PSA-Test und digital-rektaler Untersuchung eine erhöhte Inzidenz von Prostatakarzinomen (Relatives Risiko [RR] 1.22; 95 %-Konfidenzintervall [KI] 1.16–1.29), jedoch keine Veränderung der Mortalität (RR 1.13; 95 %-KI 0.75–1.70) (5). Aufgrund einer ausgeprägten Kontamination der Kontrollgruppe – ca. 90 % der Männer erhielten mindestens einmal einen PSA-Test – wird die Studie heute als methodisch limitiert und nicht mehr entscheidend für die Bewertung des PSA-Screenings angesehen (7). Nichtsdestotrotz prägten die Resultate der PLCO-Studie massgeblich die zu dieser Zeit formulierten Empfehlungen zur Prostatakrebsfrüherkennung.

Im Rahmen der ERSPC-Studie mit über 180 000 Teilnehmern in acht europäischen Ländern wurde Männern der Screening-Kohorte eine PSA-Bestimmung ca. alle 4 Jahre angeboten. Die Kontrollgruppe erhielt kein entsprechendes Aufgebot. Durch die Massnahme kam es zu einem signifikanten Rückgang der Prostatakarzinom-spezifischen Mortalität um ca. 20 % in der Screening-Gruppe (RR 0.80; 95 %-KI 0.65–0.98) nach 9 Jahren (6). Bei längerer Nachbeobachtung vergrösserte sich dieser Effekt kontinuierlich und auch die Anzahl der Männer mit metastasierter Erkrankung ging zurück (8).

Die Publikation der Studienergebnisse führte zu einer anhaltenden Debatte über den Nutzen eines PSA-Screenings. Die U. S. Preventive Services Task Force sprach 2012 zunächst eine Ablehnung diesbezüglich aus (9), revidierte diese jedoch 2018: Für Männer zwischen 55 und 69 Jahren empfiehlt das Gremium nun ein Screening auf Basis einer individuelle Entscheidung nach ärztlicher ­Aufklärung, betont jedoch die Bedeutung informierter Präferenzen. Für Männer ab 70 Jahren wird das Screening weiterhin nicht empfohlen, da potenzielle Schäden aufgrund der begrenzten Lebenserwartung überwiegen (10).

In der Schweiz fielen die Empfehlungen zur Prostatakarzinom-Früherkennung uneinheitlich aus: Während das inzwischen aufgelöste Swiss Medical Board 2011 grundsätzlich vom PSA-Screening abriet, spricht sich die Schweizerische Gesellschaft für Urologie (SGU) in ihrem bis heute gültigen Positionspapier von 2012 für eine PSA-Bestimmung als Option zur Frühdetektion bei Männern zwischen 50 und 70 Jahren nach individueller Aufklärung aus. Diese differenzierte Haltung findet sich auch in den aktuellen Leitlinien internationaler Fachgesellschaften wieder (11, 12). Neu hat die EU im Rahmen des «Europe’s Beating Cancer Plan» die strukturierte Prostatakrebsfrüherkennung in den Katalog potenzieller EU-weiter Screeningprogramme aufgenommen. In diesem Zusammenhang hat die SGU an ihrer Generalversammlung 2023 beschlossen, sich aktiv an der Entwicklung eines evidenzbasierten, qualitätsgesicherten Früherkennungsprogramms zu beteiligen.

Der Stellenwert der MRI

Die mpMRI der Prostata erlaubt eine hochsensitive und -spezifische Detektion karzinomverdächtiger Läsionen, was eine gezielte Biopsie des Tumors möglich macht. Mittlerweile ist die Datenlage, auch im Setting eines populationsbasierten Screenings, äusserst überzeugend: Nordström et al. zeigten, dass eine MRI-basierte Diagnosestrategie, im Vergleich zu einer PSA-basierten Standardbiopsie, zu einer höheren Detektionsrate behandlungsbedürftiger Tumoren führt, bei gleichzeitiger Reduktion von unnötigen Biopsien und Überdiagnosen (13). Entsprechend empfehlen internationale Leitlinien die Durchführung einer mpMRI vor der Erstbiopsie bei erhöhtem PSA-Wert (11, 14). Limitierend ist allerdings, dass die Untersuchung ressourcenintensiv, kostenaufwendig und in ihrer diagnostischen Aussage von der Erfahrung des Radiologen abhängig ist, was den Einsatz in einem breiten Früherkennungsprogramm erschwert.

Konzept des Stockholm3-Tests

Der Stockholm3-Test wurde 2015 am Karolinska Institutet in Stockholm entwickelt und zielt darauf ab, behandlungsbedürftige Prostatakarzinome mit höherer diagnostischer Präzision zu identifizieren als PSA allein. Der Test basiert auf einem komplexen mathematischen Algorithmus, der fünf Serumproteine, über 60 genetische Marker (Single Nucleotide Polymorphisms, SNPs) sowie klinische Informationen (Alter, Familienanamnese, frühere Biopsien und medikamentöse Therapie mit einem 5-Alpha-Reduktasehemmer) in einem Risiko-Score zusammenführt (Abb. 2). Das Ergebnis ist eine individuelle Risikoabschätzung für das Vorliegen eines be­handlungsbedürftigen Prostatakarzinoms, wobei der ursprünglich empfohlene Cut-off für weiterführende Diagnostik bei einem Wert von ≥ 11 % liegt.

Die Wahl der Proteine und genetischen Marker für den Stockholm3-Test erfolgte auf der Grundlage umfangreicher Kohortenanalysen und genomweiter Assoziationsstudien. Für die Proteinkomponente wurden, neben Gesamt- und freiem PSA, humanes Kallikrein 2 (hK2), MIC-1 (Macrophage Inhibitory Cytokine 1) und MSMB (Beta-Microseminoprotein) als Prädiktoren ausgewählt. Die genetische Komponente des Tests besteht aus 60 SNPs, die in grossen europäischen Kohorten signifikant mit dem Prostatakarzinomrisiko assoziiert werden konnten (15).

Validierung und Voraussagekraft des Stockholm3-Tests

Bereits in der ursprünglichen STHLM3-Studie (2015) mit mehr als 58 000 Teilnehmern aus Schweden, welche damals noch ohne Einsatz der MRI durchgeführt wurde, konnte eine Überlegenheit des Tests gegenüber PSA demonstriert werden. Festzuhalten gilt, dass analog den Prioritäten des schwedischen Gesundheitssystems nicht eine höhere Detektionsrate angestrebt wurde, sondern eine Verbesserung der Effizienz durch Reduktion unnötiger Biopsien. Gemäss dieser Intention wurde der Stockholm3-Test so kalibriert, dass er eine gleich hohe Sensitivität wie der PSA-Wert aufweist. Tatsächlich führte der Test bei gleicher Detektionsrate für behandlungsbedürftige Karzinome zu einer Reduktion der Anzahl der durchgeführten Biopsien um 44 %. Bemerkenswerterweise wurde eine relevante Anzahl signifikanter Karzinome im PSA-Bereich von 1.5–3.0 μg/l gefunden (15).

Im Jahr 2021 wurde die Folgestudie STHLM3-MRI mit 12 750 Männern durchgeführt, wobei, entsprechend der zwischenzeitlich etablierten klinischen Praxis, der Stockholm3-Test mit einer MRI kombiniert wurde. Je nach gewähltem Grenzwert (11 % oder 15 %) konnte durch den Einsatz des Tests bei Männern mit einem PSA-Wert von > 3.0 μg/l die Detektionsrate von klinisch signifikanten Karzinomen um 18 % erhöht oder die Anzahl der notwendigen MRIs um 36 % gesenkt werden (13).

Aufgrund populationsspezifischer genetischer Einflüsse wurde die Übertragbarkeit der Stockholm3-Testresultate in unabhängigen Kohorten (keine Screening-Kohorten) ausserhalb Skandinaviens validiert. Trotz heterogener Studienpopulationen konnte die diagnostische Leistung des Tests bestätigt werden. In einer Studie von Elyan et al. mit 342 Männern aus Deutschland und der Schweiz mit erhöhtem PSA-Wert zeigte der Stockholm3-Test eine bessere Differenzierung behandlungsbedürftiger Karzinome im Vergleich zu PSA allein. Bei Anwendung eines Cut-offs von 11 % hätte ca. ein Viertel der Biopsien vermieden werden können – mit nur geringfügigen Einbussen bei der Detektionsrate (16). Tilki et al. untersuchten 405 deutsche Patienten und verglichen den Stockholm3-Test mit dem Rotterdam Prostate Cancer Risk Calculator. Bei einem Schwellenwert von 15 % hätten rund 50 % der Biopsien eingespart werden können, während 92 % der behandlungsbedürftigen Prostatakarzinome weiterhin erkannt worden wären (17).

Globale Relevanz und multiethnische Validierung erlangte der Test in der SEPTA-Studie von 2024. Diese multizentrische Untersuchung an einer US-amerikanischen, ethnisch diversen Kohorte zeigte, dass der Stockholm3-Test eine gleichwertige Sensitivität wie der PSA-Test aufweist, jedoch eine signifikant geringere Rate unnötiger Biopsien zur Folge hatte. Die Überlegenheit zeigte sich über alle untersuchten ethnischen Gruppen hinweg, was für eine breite klinische Anwendbarkeit spricht (18).

Zuletzt wurde die Anwendung des Stockholm3-Tests als Tool für Folgerunden eines Screenings (ein Grundkonzept der Früherkennung) im Rahmen einer Sekundäranalyse der bereits erwähnten STHLM3-MRI-Studie untersucht. Discacciati et al. prüften, ob der Stockholm3-Test 2–3 Jahre nach einem negativen Screening erneut eingesetzt werden kann, um unnötige MRIs zu vermeiden und die Detektion behandlungsbedürftiger Prostatakarzinome aufrechtzuerhalten. Insbesondere ein Cut-off von 15 % führte in der Studie zu einer deutlichen Reduktion der durchgeführten MRIs um 41 %, bei vergleichbarer Anzahl an detektierten behandlungsbedürftigen Karzinomen (19). Somit zeichnet sich auch eine gute Performance des Stockholm3-Tests im wiederholten Screening-Setting ab.

Grenzwert 11 % vs. 15 %

Für die klinische Anwendung des Stockholm3-Tests haben sich zwei relevante Schwellenwerte etabliert: 11 % und 15 % Risiko für ein klinisch signifikantes Prostatakarzinom. Ein Cut-off von 11 % weist eine um 18–23 % höhere Detektionsrate signifikanter Karzinome im Vergleich zum PSA-Test auf und eignet sich besonders für eine individualisierte Früherkennung entsprechend den Präferenzen informierter Patienten (13, 20). Der strengere Grenzwert von 15 % reduziert unnötige MRIs und Biopsien bei gleichzeitig hoher Erkennungsrate relevanter Tumoren. Die dänische PRIMA-Studie validierte diesen Schwellenwert prospektiv und zeigte, dass damit rund 26 % der MRIs eingespart werden konnten, ohne signifikante Karzinome zu übersehen (20). Die individuelle Wahl des Cut-offs ermöglicht somit eine flexible Anpassung an klinische Zielsetzungen wie diagnostische Sicherheit oder Ressourcenallokation. Für ein breites populationsbasiertes Screening sehen die Autoren dieses Artikels jedoch ausschliesslich den 15 %-Grenzwert als geeignet an.

Möglicher Algorithmus zur Frühdetektion

Basierend auf den erwähnten Daten stellt sich die Frage, wie ein optimiertes Früherkennungsprogramm aussehen könnte. Es ergibt sich folgende Überlegung: Der PSA-Test ist kostengünstig, bekannt und als Routinetest in den meisten Schweizer Laboren verfügbar – ideale Voraussetzungen für den Einsatz als initialer Triage-Test im Rahmen der Prostatakrebsfrüherkennung. Studien zeigen, dass bei PSA-Werten unter 1.5 μg/l das Risiko für ein klinisch relevantes Prostatakarzinom vernachlässigbar klein ist. Rund 65 % der Männer (altersübergreifend) liegen in diesem Niedrigrisikobereich und bedürfen zum Zeitpunkt der Testung keiner weiteren Abklärung (21).

Ab einem Schwellenwert von 1.5 μg/l steigt das Risiko für behandlungsbedürftige Prostatakarzinome kontinuierlich an. Ein propagiertes Konzept sieht vor, bei PSA-Werten ≥ 1.5 μg/l einen reflexartigen Zweittest, wie den Stockholm3-Test, einzusetzen. Dies ist mit zusätzlichen Kosten verbunden, erlaubt jedoch eine höhere diagnostische Genauigkeit. Um Doppelkonsultationen und Verzögerungen zu vermeiden, empfiehlt sich die gleichzeitige Blutentnahme für PSA und einen potenziellen Zusatztest in derselben Konsultation. Ist der PSA-Wert ≥ 1.5 μg/l, so wird der Zusatztest durchgeführt. Erst ein zweites auffälliges Ergebnis triggert die Zuweisung zur mpMRI und ggf. Biopsie im Verlauf.

Copyright
Aerzteverlag medinfo AG

Dr. med. univ. Julian M. Baumkirchner

Klinik für Urologie
Universitätsspital Zürich
Frauenklinikstrasse 10
8091 Zürich

PD. Dr. med. Ashkan Mortezavi

Klinik für Urologie
Universitätsspital Zürich
Frauenklinikstrasse 10
8091 Zürich

Ashkan Mortezavi hat Beratungshonorare von A3P Biomedical erhalten. Die übrigen Autoren haben keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel.

  • Das Prostatakarzinom ist die häufigste Tumordiagnose bei Männern in der Schweiz, wobei das Ziel der frühzeitigen Erkennung behandlungsbedürftiger Karzinome und gleichzeitigen Vermeidung unnötiger invasiver Eingriffe anspruchsvoll ist.
  • Der PSA-Test, trotz grosser Popularität, weist signifikante diagnostische Schwächen auf.
  • Die mpMRI der Prostata bietet eine hohe Sensitivität, ist aber ressourcenintensiv, untersucherabhängig und kann zu unnötigen Belastungssituationen bei gesunden Männern führen.
  • Der Stockholm3-Test stellt eine evidenzbasierte Ergänzung zur klassischen Diagnostik des Prostatakarzinoms dar. Die Aussicht, unnötige Biopsien und MRI-Untersuchungen zu vermeiden, spricht für seinen Einsatz als Teil eines strukturierten Diagnosealgorithmus.
  • In der Schweiz ist der Stockholm3-Test seit 2023 verfügbar und kann sowohl beim Grundversorger als auch beim Spezialisten unkompliziert durchgeführt werden.

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