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Modifiziertes Opioid verliert Suchtpotenzial
Der Ersatz eines Sauerstoffatoms im E-Ring der Morphin-Grundstruktur durch eine Methylengruppe soll zum Ausbleiben von Nebenwirkungen wie Atemdepression und Sucht bei gleichzeitiger Beibehaltung der schmerzstillenden Funktion führen. Dies stellen Dr. Sato Akijama und seine Forschungsgruppe von der University of California in Berkeley fest.
Morphin ist ein starker Agonist am µ-Opioidrezeptor (MOR) und ein potentes Analgetikum. Es zeigt jedoch mehrere Nebenwirkungen, darunter Atemdepression und Sucht.
Abkömmlinge von Morphin und verwandten schmerzlindernden Opioiden werden seit fast zwei Jahrhunderten untersucht. Allerdings konzentrieren sich die meisten Derivate auf Veränderungen in der Peripherie dieser Strukturen. Die Forscher um Dr. Akijama haben nun eine 15-stufige Synthese eines Morphin-Abkömmlings entwickelt, bei der ein Sauerstoffatom im E-Ring durch eine Methylengruppe (CH₂) ersetzt wurde. Dieser einzelne Austausch führte zu deutlichen Veränderungen im biologischen Profil der resultierenden Verbindung, einschliesslich einer verringerten Atemdepression und eines fehlenden Nachweises konditionierter Platzpräferenz bei Mäusen. Veränderungen am Kernatom des Opioidantagonisten Nalorphin zeigten ebenfalls Aktivitäten, die sich von denen der Elternverbindung unterscheiden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Abkömmlinge von Opioiden, die auf Modifikationen an Kernatomen beruhen, zu neuartigen Analgetika führen können, die möglicherweise vorteilhaftere Eigenschaften besitzen.
Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen
Literatur
Akijama S et al. Total synthesis and biological activity of « carabamorphine » : O-to-CH2 replacement in the E-ring of the morphine core structure. PNAS 2025 ; 122 : e2425438122
Impfung als neue Form der kardiovaskulären Prävention: eine klinische Konsensuserklärung der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie
Der nachfolgende hochaktuelle ESC-Artikel (1) ist für die kommende Herbst-/Wintersaison sehr lesenswert und sollte in der Hausarzt- und Facharztpraxis berücksichtigt und umgesetzt werden, um die Morbidität und Mortalität unserer vor allem älteren Patienten zu reduzieren. So kann z. B. eine Influenza-Impfung kardiovaskuläre Ereignisse wie einen akuten Myokardinfarkt oder einen Schlaganfall verhindern und die Morbidität sowie Mortalität deutlich senken. Eine Prävention ist sowohl bei Patienten mit einer chronischen Erkrankung als auch bei Personen ≥ 65 Jahre zu empfehlen. Diese Massnahmen sind einfach, effizient und kosteneffektiv.
Impfungen werden daher zunehmend als wirksame Präventionsmassnahme nicht nur gegen bestimmte Infektionen, sondern auch zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Hochrisikopatienten anerkannt. Insbesondere gibt es immer mehr Hinweise darauf, dass Impfstoffe gegen Influenza, SARS-CoV-2, das Respiratorische Synzytial-Virus, Herpes zoster, andere Virusinfektionen sowie gegen Pneumokokken die Häufigkeit schwerwiegender kardiovaskulärer Ereignisse bei geimpften Personen deutlich reduzieren.
Diese klinische Konsensuserklärung untersucht die vorhandene Literatur und die gesammelten Erkenntnisse und bietet praktische klinische Empfehlungen zum Zeitpunkt der Impfung und zur Zielgruppe, wobei insbesondere komplexe klinische Szenarien mit Schwerpunkt auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen behandelt werden. Sie enthält Leitlinien für die Impfung gefährdeter Bevölkerungsgruppen wie immunsupprimierte Personen, Patienten mit angeborenen Herzfehlern und Schwangere sowie Informationen zur Sicherheit und zu möglichen Komplikationen des Verfahrens.
Dr. med. Urs Dürst
Literatur
Heidecker B. et al., Vaccination as a new form of cardiovascular prevention: a European Society of Cardiology clinical consensus statement, European Heart Journal (2025) 00, 1–14 https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehaf384