- Katatonie und ihre Behandlung – eine Übersicht für die Praxis
Katatonien sind relativ häufige komplexe neuropsychiatrische Syndrome, die bei verschiedenen psychischen und auch anderen Erkrankungen und selten auch spontan auftreten können, und eher unterdiagnostiziert werden. Wichtig ist eine frühzeitige Diagnose, um einerseits eine symptomatische und andererseits eine kausale Behandlung einleiten zu können sowie Komplikationen wie Pneumonien und thromboembolische Ereignisse zu vermeiden. Zentral ist die symptomatische Behandlung mit Lorazepam, wobei teils hohe Dosen (20 mg/d und mehr) erforderlich sein können. Bei schweren Verläufen sollte frühzeitig an eine Elektrokonvulsionstherapie gedacht werden. Auch wenn die Verdachtsdiagnose eines Malignen Neuroleptischen Syndroms besteht, sind neben dem Absetzen von Neuroleptika die Grundbehandlungsansätze identisch. Mit frühzeitiger und konsequenter Behandlung ist die Prognose gut, auch wenn es Verläufe mit rezidivierenden katatonen Zuständen gibt.
Catatonic syndromes are relatively frequent complex neuropsychiatric states that can occur due to several mental and other disorders and in rare cases even spontaneously and repeatedly, but tend to be underdiagnosed. Rapid detection and diagnosis are important to parallel initiate symptomatic as well as causal treatment and to prevent complications such as pneumonias and thromboembolic events. Symptomatic treatment with lorazepam is central, and some patients might require high dosages (more than 20 mg/d). In severe cases, electroconvulsive therapy should be considered early after diagnosis. When malignant neuroleptic syndrome is suspected, antipsychotic medications should be stopped and the subsequent treatment scheme is similar to that of severe catatonia. If treatment is initiated early and pursued thoroughly, the prognosis is good, although some patients have repeated catatonic states.
Keywords: Katatonie, Lorazepam, Malignes neuroleptisches Syndrom, Elektrokonvulsionstherapie
Einleitung
Katatonie ist eine komplexe neuropsychiatrische Störung, die bereits vor über 200 Jahren durch Karl Kahlbaum beschrieben wurde (1–3) und durch eine Kombination von motorischen, affektiven, kognitiven und Verhaltenssymptomen charakterisiert ist (Tab. 1). Während bis zur ICD-10 Katatonie nur im Zusammenhang oder als Unterform von schizophrenen Erkrankungen betrachtet wurde (4), wird das katatone Syndrom heute in ICD-11 und DSM-5 als transdiagnostischer Symptomenkomplex betrachtet, der bei verschiedensten psychiatrischen und anderen neurologischen und internistischen Erkrankungen sowie in allen Altersgruppen auftreten kann (2, 5). Dazu gehören vor allem Schizophrenien und andere psychotische Störungen, affektive Erkrankungen (uni- und bipolare Erkrankungen), neuropsychiatrische Entwicklungsstörungen (v.a. Autismusspektrumstörungen), Stoffwechselstörungen (Urämie, Ketoazidose, Hypercalcämie, Homocystinurie), und neurologische Erkrankungen wie Encephalitiden (autoimmun, infektiös), Neoplasmen und zerebrovaskuläre Erkrankungen und auch Effekte von psychoaktiven Substanzen (z.B. Amphetamine, Cannabis, Meskalin, Opioide, Antibiotika, Steroide, Antipsychotika). Sie können jedoch auch idiopathisch auftreten. Ein spezifischer, aber seltener Grund kann auch das rasche Absetzen von Psychopharmaka sein, insbesondere von Benzodiazepinen, Antipsychotika (Clozapin!), Zolpidem und Gabapentin. Auch bei pädiatrischen Patienten und Patienten mit neuropsychiatrischen und neurologischen Grunderkrankungen kann eine Katatonie auftreten (das Vorliegen einer solchen Erkrankung schliesst eine katatone Symptomatik nicht aus, und diese sollte genauso dringlich behandelt werden). Generell benötigt eine Katatonie immer eine intensive Abklärung mit körperlicher Untersuchung, Labor- und weitergehenden Untersuchungen sowie regelmässiger und gut dokumentierter Verlaufsbeobachtung. ICD-11 und DSM 5 tragen dieser Perspektive bereits Rechnung (6, 7).
Generell ist es wichtig, Katatonie frühzeitig zu erkennen und schnellstmöglich zu behandeln, da sonst ernsthafte und teils fatale Komplikationen wie Pneumonien, Thrombosen und Pulmonalembolien, Druckulzera, Nierenschäden, Sepsis und kardiale Probleme auftreten können. Weiterhin kann sich eine maligne Katatonie aus einer einfachen Katatonie entwickeln, so dass die Überwachung der Vitalparameter wichtig ist (2). Im Allgemeinen ist die Prognose der akuten Katatonie bei rascher Behandlung gut. Seltener treten länger anhaltende Phasen (Wochen bis Monate) auf. Eine Chronifizierung verschlechtert das Ansprechen auf eigentlich wirksame Therapieansätze. Wichtig ist dabei jedoch auch die Behandlung einer zugrundeliegenden Grunderkrankung.
Prävalenz
Hinsichtlich der Häufigkeit der Katatonie gibt es mehrere methodische Probleme: Neben der unterschiedlichen Anzahl und Art der Kriterien für die Diagnose der Katatonie zwischen den verschiedenen Diagnosesystemen und Fragebögen ist auch die Definition der Symptome teils variabel. Zudem sind diagnostische Überlappungen mit psychotischen Depressionen, hypoaktivem Delir oder Manie vorhanden, wenn nur mit Fragebögen gearbeitet wird, ohne dass die strikteren Kriterien von DSM-5 oder ICD-11 erfüllt werden. Fluktuationen über die Zeit und der Wechsel zwischen hypo- und hyperkinetischen Zuständen können die Diagnose zusätzlich erschweren, was zu grossen Variationen der Prävalenz führen kann. In Kohorten von Patienten mit psychischen Erkrankungen werden Prävalenzen zwischen 0.05 % und über 5 % berichtet (8), bei akut psychisch hospitalisierten Patienten erfüllten >16 % die DSM-5 Kriterien für Katatonie (9). Katatonien können in jeder Lebensphase, sowohl im Kindes- und Jugendalter, Schwangerschaft, Peripartalperiode und im höheren Alter auftreten (5, 10, 11).
Pathophysiologie
Pathophysiologisch ist Katatonie ein komplexer Zustand, der verschiedene Neurotransmittersysteme betrifft (12), vor allem Gamma-Aminobuttersäure (GABA) als inhibitorischen und Glutamat als exzitatorischen Neurotransmitter, aber auch Dopamin. Die Balance zwischen exzitatorischem und inhibitorischem System scheint einen insgesamt erhöhten Tonus zu haben, möglicherweise u.a. basierend auf einer Störung vor allem der GABA-A Rezeptorfunktion. Die Hauptbehandlungsmethoden, Lorazepam und Elektrokonvulsionstherapie (EKT), beeinflussen genau diese Balance, insbesondere verstärken sie die GABA-erge Neurotransmission und beeinflussen die glutamaterge Übertragung, so dass die motorischen, affektiven und Verhaltensfunktionen wiederhergestellt werden.
Auf der Netzwerkebene finden sich bildgebend funktionelle und strukturelle Störungen in kortikalen und subkortikalen motorischen Regionen, insbesondere in frontalen, parietalen und basalganglionären Kreisläufen (13, 14), die unzureichend durch GABA-erge und glutamaterge Systeme moduliert werden, was dann in den typischen motorischen, affektiven und Verhaltenssymptomen der Katatonie resultiert (12).
Diagnostik
Primär ist eine Katatonie eine klinische Diagnose. Obwohl, wie oben dargestellt, Fragebögen eher zu wenig spezifisch sind für eine Diagnosestellung, sind sie dennoch sehr sensitiv und spielen eine wichtige Rolle bei der Verlaufsbeurteilung und damit auch der Beurteilung der Wirksamkeit einer Behandlung. Daher ist es sehr empfehlenswert, von Beginn an eine gute klinische Dokumentation einschliesslich einer systematischen Evaluation mit Fragebögen durchzuführen (Empfehlung: Bush Francis Catatonia Rating Scale (15) oder Northoff Catatonia Rating Scale (16)). Ein diagnostisches Problem ist neben dem typischerweise fluktuierenden Verlauf, dass Patientinnen und Patienten in der Regel nicht selbst über die Katatonie berichten oder klagen. Zentral sind daher eine gute Beobachtung und Dokumentation, wobei die Variabilität zwischen und innerhalb eines Patienten die Diagnose erschwert.
Ein diagnostisch wichtiger Test ist die sogenannte «Lorazepam-Challenge» (17): Dabei werden 1–2 mg Lorazepam als Bolus i.v. appliziert. Bei Vorliegen einer Katatonie bessert sich diese innerhalb von 5 Minuten deutlich (50 % Reduktion auf einer der validierten Skalen). Wenn das Ergebnis nicht ganz klar ist, können weitere 1–2 mg Lorazepam als Bolus i.v. appliziert werden. Alternativ kann auch Zolpidem verwendet werden, das in einer Dosis von 10 mg oral appliziert wird, der Effekt ist dann ca. 20–30 min später zu erwarten. Andere Benzodiazepine scheinen bei Katatonie weniger wirksam zu sein, auch wenn die pharmakologischen Hintergründe nicht ganz klar sind. In der Diagnostik und Therapie ist Lorazepam immer zu bevorzugen.
Wenn die Diagnose einer Katatonie gestellt wurde, sollten die körperliche und psychiatrische Anamnese und Untersuchungen dringlich durchgeführt werden, um die Ursache und Begleitprobleme festzustellen. Parallel sollte eine symptomatische Behandlung der Katatonie erfolgen (s.u.), auch wenn noch nicht alle Untersuchungen vervollständigt worden sind.
Zur kausaldiagnostischen Abklärung gehört neben einer guten Erfassung der Vorgeschichte (häufig fremdanamnestisch!), insbesondere auch der kürzlichen Medikamentenanamnese (Absetzen von Clozapin oder anderen Antipsychotika? Absetzen von Benzodiazepinen?Möglicherweise auch durch Nicht-Erneuern von Rezepten …). In Abhängigkeit von der Vorgeschichte ergibt sich dann der Bedarf nach weiteren diagnostischen Abklärungen: Wenn in der Vergangenheit bereits wiederholte katatone Zustände aufgetreten sind, sollte in Erfahrung gebracht werden, was in der Vergangenheit die Auslöser und auch die erfolgreichen Behandlungen waren. Wenn es keine vorangegangenen Katatonien gab, es sich also um eine erstmalige Katatonie handelt und keine typischen Auslöser vorliegen, sollte die Abklärung intensiver sein:
• laborchemische Abklärungen
• Cerebrale Bildgebung (MRI)
• ggf. auch Lumbalpunktion (Entzündungen, Infektionen, Autoimmunerkrankungen, u.a. auch NMDA-Autoantikörper)
• EEG
Unabhängig von der Kausalität sollte eine regelmässige Evaluation des körperlichen Zustandes (im Minimum Elektrolyte, Leber-, Nierenwerte, Creatinkinase, Blutbild, Entzündungsparameter, EKG) erfolgen, um im Verlauf Komplikationen detektieren zu können.
Behandlung allgemein
Einerseits ist Katatonie keine häufige Erkrankung, andererseits sind Patienten in katatonen Episoden in der Regel nicht kommunikationsfähig, so dass es nur wenige der generell wissenschaftlich üblichen randomisierten placebokontrollierten Studien gibt. Daher ist die Evidenzbasis für die Behandlung von Katatonien schwächer als bei anderen Erkrankungen, und es gibt bisher nur wenige Behandlungsleitlinien. Zuletzt diejenige, die 2023 von der British Association for Psychopharmacology (18) veröffentlicht wurde, sowie aus dem K&L-Bereich (19), und Behandlungsleitlinien für Schizophrenie der WFSBP (20), der DGPPN (2019) (21) und der SGPP (2016) (22).
In der Schweiz ist nur Clotiapin (Entumin®) für die Behandlung der Katatonie explizit zugelassen, wenngleich dies Zulassung nicht auf spezifischen Studien zur Behandlung von Katatonien beruht, sondern vermutlich vor allem auf der sedierenden Wirkung von Clotiapin.
In der Interaktion mit den Patienten sollte beachtet werden, dass sie trotz des verminderten bis aufgehobenen Ausdrucks vermutlich durch äussere Faktoren wie die Interaktion durch professionelle Personen beeinflusst werden. Daher sollten die Patientinnen und Patienten ähnlich wie auf Intensivstationen angesprochen, alle Massnahmen erklärt und hinsichtlich ihres Schlaf-Wach-Rhythmus unterstützt werden. Da die meisten Patienten nach der Remission der Katatonie nur wenig bis keine Erinnerung an ihr subjektives Erleben während der Katatonie haben, kann es sinnvoll sein, sie im Anschluss durch entsprechende Informationen (Dokumentation) bei der Verarbeitung von Erlebnissen und Ereignissen zu unterstützen.
Behandlung akut (Abb. 1)
Generell ist wichtig, dass die Katatonie erkannt und konsequent behandelt wird. Spontanremissionen sind selten, insbesondere bei schweren katatonen Zuständen.
Prinzipiell sollten bei der akuten Behandlung einer Katatonie immer drei Behandlungsstränge parallel durchgeführt werden:
1. Komplikationen verhindern
2. Katatonie behandeln
3. Grunderkrankung/Ursache behandeln (wenn bekannt, ansonsten Ursachensuche).
Zum ersten Punkt ist es wichtig, dass insbesondere bei einer ausgeprägten Katatonie Komplikationen aktiv kontrolliert, dokumentiert und behandelt werden: Kontrolle von Blutdruck, Temperatur, Flüssigkeitszufuhr, um Dehydratation und Malnutrition zu verhindern. Weiterhin sind prophylaktische Massnahmen gegen Thrombosen/Thromboembolien (Gabe von niedermolekularen Heparinen), Druckulzera (Hautkontrolle, Lagerung), Infektionen (insbesondere Pneumonien und Harnwegsinfektionen) und Muskelkontrakturen (ggf. Physiotherapie) wichtig.
Die zentrale symptomatisch-kausale Behandlung von Katatonien besteht in der Gabe von Lorazepam (sowohl zur Diagnosesicherung (s. o.) als auch symptomatisch). Dabei ist zu beachten, dass deutlich höhere Tagesdosen als z. B. bei Anspannungs- oder Erregungszuständen anderer Genese nötig sein können (vereinzelt bis zu 30 mg Lorazepam/Tag). Die Applikation kann oral oder auch i.v. oder in dringenden Situationen auch intramuskulär erfolgen (Cave Blutungsrisiko bei bestehender antikoagulatorischer Behandlung). Die Dosierung sollte klinisch titriert werden, wobei zu beachten ist, dass Patienten mit Katatonie bei zunehmender Dosierung erst wacher und aktiver und erst dann bei weiterer Dosissteigerung sediert werden. Tendenziell ist zu beobachten, dass im klinischen Alltag eher zu tiefe Dosierungen als zu hohe gegeben werden. Wenn die Katatonie durch Lorazepamgabe massiv gebessert bis remittiert ist (was das Ziel sein sollte), ist eine Behandlung der zugrundeliegenden Störung der nächste, optimalerweise bereits parallel zu initiierende Schritt. Die Lorazepambehandlung sollte zunächst fortgesetzt werden.
Wenn die Katatonie im Rahmen einer Schizophrenie aufgetreten ist, sollte eine antipsychotische Behandlung, wenn möglich und nicht kontraindiziert mit Clozapin, initiiert oder wiederaufgenommen werden. Wenn Antipsychotika im Verdacht stehen, die Katatonie ausgelöst zu haben, sollten diese gestoppt werden und zunächst nur mit Benzodiazepinen weiterbehandelt werden. Teilweise ist jedoch eher eine zu tiefe Dosis von Antipsychotika oder eine Dosisreduktion/Absetzen vor dem Auftreten einer Katatonie festzustellen (somit potentiell auch kausal beteiligt), so dass nach der Remission der Katatonie, wenn die entsprechenden Informationen vorliegen, entweder dasselbe oder ein anderes Antipsychotikum (Clozapin?!) wieder eindosiert werden sollte. Wenn vor dem Auftreten der Katatonie Benzodiazepine oder Clozapin nicht mehr eingenommen wurden (teils auch unbeabsichtigt, z. B. wenn bei einem Patienten wegen einer körperlichen Problematik eine Hospitalisation erfolgt und dabei Informationen über eine vorbestehende Medikation verlorengegangen sind, oder wenn durch organisatorische Faktoren ein Dauerrezept nicht verlängert wurde o.Ä.), sollte die jeweilige Medikation wieder eindosiert werden.
Insbesondere bei einer sogenannten malignen, febrilen oder perniziösen Katatonie, bei der zusätzlich teils ausgeprägte vegetative Entgleisungen wie Hyperthermie, Hypertonie, Tachykardie, Entgleisungen von Blutglucose und/oder Elektrolyten und ggf. Rhabdomyolyse mit deutlicher Erhöhung der CK und nachfolgend Niereninsuffizienz hinzukommen, sollten bestehende antidopaminerge und anticholinerge Pharmaka gestoppt werden.
Diagnostisch und differentialdiagnostisch wird in der klinischen Realität oft an das maligne neuroleptische Syndrom (MNS) gedacht, das viele Überlappungen mit schweren katatonen Zuständen zeigt (23), aber deutlich seltener ist als die perniziöse Katatonie. Beide Zustände gehen mit gesteigertem Muskeltonus/Rigidität, Erhöhungen der Creatinkinase (CK), Hyperthermie und anderen vegetativen Veränderungen einher, wobei Stupor und Agitation, Negativismus, Verharren, Manierismen und Stereotypien typische Symptome einer Katatonie sind und beim MNS nicht typisch auftreten. Es gibt auch Autoren, die das MNS als eine Unterform der Katatonie-Syndrome betrachten (24, 25). Wichtig für die Behandlung eines MNS ist das rasche Stoppen der antidopaminergen Medikation, wobei sich dann die weitere Behandlung (symptomatisch, kausal mit Benzodiazepinen und Elektrokonvulsionstherapie (EKT)) nicht wesentlich von der Behandlung einer schweren Katatonie unterscheidet. Daher sollte in der Praxis dieser Differenzierung nicht viel Zeit gewidmet werden, um die Verschlechterung der klinischen Situation aufzuhalten und die kausale Therapie nicht zu verzögern. Die Akutbehandlung unterscheidet sich nicht bei diesen zwei Zuständen, allenfalls muss im Anschluss die Behandlung der Grunderkrankung mit einem Antipsychotikum unterschiedlich diskutiert werden. Liegt eine affektive Erkrankung der Katatonie zugrunde, sollte im Verlauf eine antidepressive Pharmakotherapie und/oder eine Lithiumtherapie erwogen und installiert werden.
Wenn der Katatonie eine hirnorganische (Encephalitis, ggf. autoimmun!) oder andere organische Ursache zugrunde liegt, sollte diese parallel mit der Katatonie kausal behandelt werden, da sonst die Katatonie weiter aufrechterhalten wird.
Wenn eine Katatonie mit EKT behandelt wird (wie in den entsprechenden Behandlungsschemata und –empfehlungen dargestellt), muss im Rahmen der Anästhesie diskutiert werden, dass insbesondere bei deutlicher CK-Erhöhung/Hinweisen für Rhabdomyolyse eher ein nicht-depolarisierendes Muskelrelaxans (z. B. Rocuronium, gefolgt von einer Antagonisierung mit Sugammadex) anstelle von Succinylcholin verwendet werden sollte (Succinylcholin wieder, wenn der Patient mobilisiert werden kann und CK normalisiert). Ausserdem sollte die Antagonisierung der Benzodiazepinbehandlung für die Dauer des Anfalls durch dosisadaptierte Gabe von Flumazenil (und nachfolgend postiktale Reinstallierung eines Benzodiazepins zur Vermeidung eines Entzugszustandes nach Flumazenilgabe) zur Erleichterung der EKT-Stimulation diskutiert werden.
Wenn sich die Katatonie gebessert hat, sollte die Behandlung mit Lorazepam und/oder EKT bis zur vollständigen Remission fortgesetzt werden. Wenn EKT eingesetzt wurde, kann man in der Regel unter der EKT-Behandlung bereits die Lorazepam-Dosis reduzieren, wenn sich die Symptomatik bessert.
Copyright
Aerzteverlag medinfo AG
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel
Zentrum für Affektive, Stress- und
Schlafstörungen
Zentrum für Alterspsychiatrie
Wilhelm Klein-Strasse 27
4002 Basel
Die Autorin hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.
- Katatonie nicht verpassen, häufiger als Malignes Neuroleptisches Syndrom.
- Komplikationen verhindern (Thromboembolien, Pneumonien, etc.)!
- Ausreichend hohe Dosierung von Lorazepam verwenden!
- Bei unzureichendem Ansprechen: EKT
- Parallel Grunderkrankung behandeln.
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- Vol. 15
- Ausgabe 6
- Juni 2025