- Mangelernährung bei Kindern und Jugendlichen: Auch in der Schweiz ein Thema?
Mangelernährung kann allgemein auftreten oder sich auf für Wachstum und Entwicklung wichtige Mikronährstoffe wie Eisen, Zink sowie die Vitamine B, C, A und D beziehen. In der Schweiz tritt sie bei Kindern und Jugendlichen auf, deren Eltern von wirtschaftlicher Prekarität betroffen sind. Risikoreiche Ernährungsgewohnheiten, wie der Konsum von Junkfood oder die Vermeidung bestimmter Lebensmittel, sind wichtige Risikofaktoren für Mangelerscheinungen. Eine allgemeine oder teilweise Mangelernährung hat bei Kindern und Jugendlichen durch die Auswirkungen auf die Gehirnentwicklung potenziell dauerhafte Folgen für ihre körperliche und kognitive Entwicklung. Ein sehr häufiger Eisenmangel kann sich in Form von Depressionen äussern. Durch die Beobachtung klinischer Anzeichen kann eine Diagnose gestellt und eine Behandlung eingeleitet werden.
Malnutrition can be global or affect micronutrients critical for growth and development such as iron, zinc, and vitamins B, C, A and D. Malnutrition is present in children and young people in Switzerland in connection with the growing economic precarity of their parents. Risky eating habits such as junk food consumption or food avoidance behaviour are important risk factors for deficiencies. Global or partial, malnutrition in children and adolescents will have potentially permanent consequences on their physical and cognitive development via the impact on brain development. Iron deficiency, which is very common, can manifest itself in the form of depression. Medical attention to clinical signs will allow diagnosis and treatment.
Keywords: micronutrients, teenagers, deficiency, iron, diet quality
Einführung
Die Frage, ob es in der Schweiz Mangelernährung bei Jugendlichen gibt, spricht ein Tabu an – und dürfte viele überraschen. «Aber doch nicht bei uns!», möchte man einwenden. Und dennoch: Sie existiert. Zwar fehlen bislang genaue Daten speziell für die Schweiz, doch die von Caritas und dem Bundesamt für Statistik (BFS) veröffentlichten Zahlen zeichnen ein besorgniserregendes Bild.
Eine Besonderheit der Schweiz und Deutschlands ist, dass in beiden Ländern – als einzige in Europa, Asien, Nord- und Südamerika – die Ernährung der Bevölkerung nicht dem jeweiligen Gesundheitsministerium unterstellt ist. In der Schweiz liegt die Zuständigkeit stattdessen beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV), nicht beim Bundesamt für Gesundheit (BAG). Diese Trennung von Gesundheit und Lebensmitteln sowie der Lebensmittelkette erschwert einen ganzheitlichen Ansatz zur menschlichen Ernährung, bei dem diese nicht mit der erforderlichen Bedeutung als Teil der Gesundheit wahrgenommen wird (nach Meinung der Autorin MMB). Dieser Artikel soll auf einige klinische Warnsignale für einen Mangel aufmerksam machen, die eine Früherkennung, Diagnose und gegebenenfalls eine Intervention ermöglichen.
Mangelernährung – Definitionen
Mangelernährung ist ein pathologischer Zustand, der auf eine unausgewogene oder unzureichende Ernährung zurückzuführen ist. Die WHO definierte am 1. März 2024 Mangelernährung als Defizite, Überschüsse oder Ungleichgewichte in der Energie- und/oder Nährstoffzufuhr einer Person (1). Der Begriff umfasst drei Hauptgruppen von Erkrankungen:
1. Unterernährung: Hierzu zählen behandelbare Auszehrung (niedriges Gewicht-Grössen-Verhältnis), Wachstumsverzögerung (niedriges Grösse-Alter-Verhältnis) aufgrund chronischer oder wiederkehrender Unterernährung, oft verbunden mit Armut, sowie Untergewicht (niedriges Gewicht-Alter-Verhältnis). Unterernährung erhöht insbesondere bei Kindern die Krankheitsanfälligkeit und Sterblichkeit.
2. Mangelernährung durch Mikronährstoffmangel oder -überschuss: Mikronährstoffe sind essenziell für die Bildung von Enzymen, Hormonen und weiteren Substanzen, die Wachstum und Entwicklung ermöglichen. Defizite können allgemein oder individuell bedingt sein. Weitere Informationen bietet die Europäische Gesellschaft für klinische Ernährung und Stoffwechsel (ESPEN).
3. Übergewicht und Adipositas: Im Jahr 2022 waren weltweit 390 Millionen Kinder im Alter von 5–19 Jahren übergewichtig, davon 160 Millionen adipös. Gleichzeitig waren 190 Millionen untergewichtig. 149 Millionen Kinder unter fünf Jahren litten unter Wachstumsverzögerungen, 37 Millionen waren übergewichtig oder fettleibig (WHO-Daten).
Ursachen von Mangelernährung
Mangelernährung hat viele Ursachen: Armut, mangelnde Bildung, eine unausgewogene, unvollständige oder einseitige Ernährung sowie Krankheiten, die die Nahrungsaufnahme beeinträchtigen. Die Schweizer Zahlen zum Ernährungszustand der Bevölkerung sind aus mehreren Gründen nicht zufriedenstellend. Mehrere Studien bei Erwachsenen haben ein ernsthaftes Risiko für einen Mangel an Vitamin D (erhöhtes Risiko für Schwangere (5, 6)), Eisen, Zink (7) und langkettigen Fettsäuren (8) aufgezeigt.
Die zunehmende Prekarität wirkt sich direkt auf die Ernährung von Kindern aus. Die Kindheit ist jedoch eine kritische Phase des Wachstums und der Entwicklung mit hohem Stoffwechselbedarf. Der Unterschied zwischen Armut und prekären Lebensverhältnissen ist rein semantischer Natur. Betrachtet man die zunehmende Bedeutung von Lebensmittelbanken in der Schweiz und die dringenden Spendenaufrufe von Wohltätigkeitsorganisationen, wird deutlich, dass viele Menschen auf diese Hilfe angewiesen sind, um ihre Ernährung zu ergänzen.
Am 31.03.2025 veröffentlichte die Caritas einen Antrag auf dringende Massnahmen, der sich auf besorgniserregende Daten stützt und im Folgenden zusammengefasst ist. In der Schweiz sind 1,4 Millionen Menschen von Armut betroffen oder bedroht (9): 16,1 % der Bevölkerung haben keinen finanziellen Spielraum, um steigende Kosten, insbesondere für Mieten und Krankenversicherungen, zu bewältigen. 8,1 % der Schweizer Bevölkerung lebten 2023 unterhalb der offiziellen Armutsgrenze. Das sind laut den neuesten Zahlen des Bundesamtes für Statistik (BFS) 708 000 Menschen. Viele Haushalte sind trotz eines Arbeitseinkommens nicht in der Lage, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Davon betroffen sind auch Kinder und Familienangehörige, die keiner Erwerbstätigkeit nachgehen und im selben Haushalt leben. «Die Löhne dieser Menschen werden durch die steigenden Lebenshaltungskosten aufgezehrt. Der Spielraum wird immer kleiner.»
Mikronährstoffe im Fokus
Alle 11 Spurenelemente und 13 essenziellen Vitamine sind für das reibungslose Funktionieren des Körpers und das Wachstum «essenziell»: Sie sollten daher über die Ernährung aufgenommen werden (2). Einige Mikronährstoffe sind kritischer als andere, da sie nur in geringen Mengen im Körper gespeichert werden können und in einer begrenzten Anzahl von Lebensmitteln vorkommen.
Laut WHO gehören Jod, Eisen und Vitamin A weltweit zu den am stärksten verbreiteten Mangelstoffen – mit schwerwiegenden Folgen für die öffentliche Gesundheit sowie die körperliche und geistige Entwicklung. Ein Vitamin-A-Mangel ist die Hauptursache für vermeidbare Erblindung bei Kindern (10) und steht auch im Zusammenhang mit Mortalität, meist in Verbindung mit Unterernährung (11). In der Schweiz besteht laut menuCH und Daten des BLV bei Erwachsenen ein potenzieller Mangel an zwei dieser drei Mikronährstoffe: Jod und Eisen (12). Für eine ausreichende Jodzufuhr sind wir in der Schweiz auf jodiertes Salz angewiesen. Die entsprechenden Informationen sind auf den Salzpackungen angegeben, jedoch kaum sichtbar und oft schwer verständlich. Die menuCH-Studie bei Erwachsenen hat regionale Unterschiede und erhebliche Abweichungen von den Ernährungsempfehlungen aufgezeigt (3, 4). Für Kinder liegen noch keine Daten vor, jedoch wurde gerade die Studie «menuCH-Kids» abgeschlossen, die genaue Angaben zu den Ernährungsgewohnheiten von 1800 Kindern und Jugendlichen zwischen 6- bis 17-Jahren liefern soll.
In der im April dieses Jahres veröffentlichten Schweizerischen Ernährungsstrategie 2025–2032 für eine gesunde und nachhaltige Ernährung «für alle» legt das Eidgenössische Departement des Innern den Schwerpunkt auf die Förderung von Gesundheit und Nachhaltigkeit, die Verbesserung des Angebots an gesunden Lebensmitteln und die Förderung der Forschung im Bereich Ernährung und Lebensmittel (13). Der Zugang zu Lebensmitteln wird in dieser Veröffentlichung jedoch nicht behandelt. Gesunde und hochwertige Lebensmittel mit einem hohen Gehalt an Mikronährstoffen und essenziellen Fettsäuren sind jedoch am teuersten (Tab. 1).
Spezifisches Risiko bei Kindern und Jugendlichen
Phasen mit schnellem Wachstum (Schwangerschaft, Vorschulalter und Jugendalter) sind aufgrund des erhöhten Stoffwechselbedarfs besonders anfällig für mögliche Ernährungsdefizite. Davon betroffen sind sowohl die geistige als auch die körperliche Entwicklung (14). Für die Gehirnentwicklung ist insbesondere eine ausreichende Zufuhr von Makronährstoffen wie Omega-3-Fettsäuren und Arachidonsäure sowie von Mikronährstoffen wie Eisen, Jod und Zink erforderlich. Eine unzureichende Zufuhr dieser Nährstoffe kann zu einer möglicherweise dauerhaften Verzögerung der kognitiven Entwicklung und der Aufmerksamkeit führen. DHA (Docosahexaensäure) ist essenziell für die Neurogenese und neuronale Migration, die Zusammensetzung und Fluidität der Membranfettsäuren sowie die Synaptogenese (15). Ein Jodmangel beeinträchtigt die Entwicklung stark (16). Die Schweiz ist jedoch wie schon erwähnt ein Gebiet mit hohem Risiko für einen Jodmangel, weshalb bereits 1922 die Jodierung von Salz eingeführt wurde (Kretinismus in den Alpen).
Rückkehr des Skorbuts: Mehrere aktuelle Studien haben gezeigt, dass Skorbut wieder auftritt und insbesondere Kinder in Armut betrifft (17). Obst und frische Produkte sind teuer und gehören zu den ersten Lebensmitteln, die bei einem begrenzten Budget gestrichen werden. Eine aktuelle französische Studie hat einen deutlichen Anstieg der Krankenhausaufenthalte aufgrund von Skorbut durch Vitamin-C-Mangel seit der Zeit von SARS-CoV-2 (ICD-10-Code E54) festgestellt. Dabei besteht ein klarer Zusammenhang mit prekären Lebensverhältnissen (18). Die Untersuchung auf Zahnfleischentzündung ist daher Teil der klinischen Untersuchung von Risikokindern.
Vegetarische Ernährung: Kinder übernehmen in der Regel die Ernährungsgewohnheiten ihrer Eltern. Es gibt jedoch auch sehr junge Kinder, die sich aus individuellen Gründen weigern, tierische Lebensmittel zu essen. Tierische Produkte können aus ökonomischen Gründen weggelassen werden, ohne dass andere Proteinquellen integriert oder Gemüse in ausgewogener Form verzehrt wird, da diese teuer sind. Eine vegetarische Ernährung ist gesund, hat eine schützende Wirkung auf chronische Krankheiten und wird seit Jahrtausenden in vielen Regionen der Welt praktiziert (19). In unseren Regionen besteht das Risiko, dass oft keine ausreichende Ernährungskultur und -kenntnisse vorhanden sind, um eine ausgewogene Ernährung zu gewährleisten. Dadurch sind die Betroffenen einem Risiko für einen Mangel an Eisen, Zink, Jod sowie Vitamin B12 und D ausgesetzt (20). Dieses Risiko besteht systematisch bei einer streng veganen Ernährung, die die permanente Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln mit den oben genannten Mikronährstoffen und Omega-3-Fettsäuren erfordert.
Unausgewogene Ernährung aufgrund «eigener Entscheidung»: Jugendliche sind aufgrund des ausschliesslichen Konsums von Junkfood oder der Vermeidung bestimmter Lebensmittel besonders anfällig für einen Mikronährstoffmangel. Zahlreiche internationale Studien haben Ernährungsungleichgewichte und Defizite in dieser Altersgruppe objektiviert (18, 21). Es gibt sogar mehrere gut untersuchte Fallberichte über akuten Sehverlust, dessen einzige Ursache ein Vitamin-A- oder Vitamin-B12-Mangel ist (22–24), selbst bei scheinbar gesunden Kindern (25).
Ein unausgewogenes Essverhalten kann auch bei jungen Erwachsenen auftreten, wie eine Medizinstudentin beobachtet hat. In Stressphasen (Prüfungen, Abgabe von Hausarbeiten) treten Sport, soziale Kontakte und eine ausgewogene Ernährung häufig in den Hintergrund. Unter dem Vorwand, die externe mentale Belastung zu minimieren, betrachten viele Studierende die Planung oder Zubereitung ausgewogener Mahlzeiten als störend. Es werden minimalistische Lösungen bevorzugt: Die Ernährung besteht hauptsächlich aus Kohlenhydraten, beispielsweise mehrere Wochen lang ausschliesslich Nudeln und Fertignudeln (Tab. 2). Die Schwere des Problems wird heruntergespielt: «Das ist nicht schlimm, ich esse wieder normal, wenn ich zu meinen Eltern zurückkehre.» Für diejenigen, deren Budget es zulässt, sind Lieferdienste eine potenziell «weniger schlechte» Option. Hinzu kommt der exzessive Konsum von Energy-Drinks. Das ist besonders besorgniserregend, wenn man bedenkt, dass diese Studierenden einmal Ärzte werden sollen.
Durch gezielte Aufklärung über den Einfluss von Ernährung auf die Gesundheit könnten Schulen in der Prävention eine Schlüsselrolle übernehmen. Bereits im Kindergarten und in der Grundschule sollte eine ausgewogene Ernährung vermittelt werden. Dieser Unterricht findet jedoch nur sehr selten statt.
Depression: Depressionen gelten als eine der Hauptursachen für Krankheit und Invalidität bei Jugendlichen (26). Psychische Probleme sind bei 10- bis 19-Jährigen weltweit sehr häufig. Der Zusammenhang mit Mangelernährung und bestimmten Mikronährstoffen ist zwar gut belegt, wird aber kaum beachtet. Bei Erwachsenen stehen mehrere Vitaminmängel (Riboflavin, Folsäure, B12, E und D) eindeutig im Zusammenhang mit Depressionen und Angstzuständen. Müdigkeit und Depressionen sind ein klinisches Anzeichen für Eisenmangelanämie, wie eine Berner Studie deutlich gezeigt hat (27). Frauen mit Eisenmangelanämie wurden zunächst mit Antidepressiva behandelt, bevor ihr Eisenmangel behoben wurde. Die wirtschaftlichen Kosten der Nichtbehandlung des Eisenmangels über mehrere Monate hinweg wurden auf mehrere Millionen Franken beziffert. Dabei ist zu beachten, dass Anämie das Spätstadium eines Eisenmangels darstellt. Die Reserven sind bereits vor ihrer Entwicklung aufgebraucht.
Epidemiologische und Interventionsstudien bei Jugendlichen haben sich auf Zink, Eisen, Selen, Vitamin D, Folsäure und Vitamin B12 konzentriert. Diese Mikronährstoffe sind an der Neurotransmission, der Reparatur von Nervenzellen und der Vorbeugung oxidativer Schäden beteiligt, die eine Rolle bei der Entstehung von Depressionen spielen könnten (26). Bei depressiven Zuständen sollte vor Beginn einer Psychotherapie (die ohnehin abzuwarten ist) die biologische Integrität überprüft und mindestens eine Eisenbilanz durchgeführt werden, da Ernährungsstörungen recht häufig sind. Eisen wirkt sich direkt auf die körperliche Ausdauer und die kognitive Leistungsfähigkeit aus, wobei der Bedarf in dieser Phase des schnellen Wachstums erhöht ist.
Was tun bei nachgewiesener oder vermuteter Mangelernährung?
Entscheidend ist die Diagnose, die eine genaue Ernährungsanamnese, eine klinische Untersuchung (WHO-Kriterien) sowie gezielte Laboruntersuchungen auf risikobehaftete Mikronährstoffe umfasst. Die Behandlung basiert idealerweise auf einer Kombination dieser Massnahmen. Doch im Falle einer prekären Situation wird es im Rahmen der Grundversicherung kompliziert: Die Untersuchungen werden nicht erstattet und auch die Kosten für Nahrungsergänzungsmittel werden nicht übernommen, sofern diese zur Deckung von Defiziten erforderlich sind. Erstattet werden lediglich die Kosten für Vitamin D, Eisen sowie die Vitamine B1, B3, B6 und B12. Auch hier würde eine prekäre Situation eine angemessene Behandlung verhindern. Für Jugendliche können die in vielen Geschäften erhältlichen Nahrungsergänzungsmittel für Erwachsene verwendet werden, aber die Produkte für jüngere Kinder sind von unterschiedlicher Qualität (es gibt jedoch ein ausgezeichnetes Schweizer Produkt für Kinder).
Fazit
In Zeiten der Haushaltskürzungen sollten unsere Politiker angesichts der oben genannten Fakten für die zunehmenden Ernährungsdefizite im Zusammenhang mit der wachsenden Prekarität sensibilisiert werden. Sie sollten die Mittel zur Bekämpfung der Prekarität nicht kürzen. Unser Land hat 1997 die Konvention über die Rechte des Kindes ratifiziert, die das Recht auf ein gesundes Aufwachsen mit angemessener Ernährung beinhaltet. Mangelernährung und Mangelerscheinungen können langfristige Auswirkungen auf die Gesundheit von Kindern haben und ihre körperliche, emotionale und kognitive Entwicklung beeinträchtigen. Bei Schülern kann eine unausgewogene und mangelhafte Ernährung die Lernfähigkeit und die psychische Gesundheit beeinträchtigen. Statistiken des BFS vom 16. November 2023 zeigen jedoch, dass mindestens 134 000 Kinder in der Schweiz von Armut betroffen sind und somit Gefahr laufen, sich nicht ausreichend zu ernähren. Als Ärzte müssen wir auf dieses Risiko der Mangelernährung achten und dazu beitragen, seine Folgen zu mildern, indem wir betroffene Kinder und Jugendliche diagnostizieren und behandeln.
Copyright
Aerzteverlag medinfo AG
Übersetzung aus la gazette médicale 04/25
Centre hospitalier universitaire vaudois (CHUV)
Rue du Bugnon 46
1011 Lausanne
Medizinstudentin, Universität Freiburg
Die Autorinnen haben keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.
- Mangelernährung ist in der Schweiz kein Randphänomen.Armut und Prekarität gefährden die gesunde Entwicklung vieler Kinder und Jugendlicher trotz Erwerbstätigkeit im Haushalt.
- Das Schweizer Ernährungssystem ist strukturell vom Gesundheitswesen getrennt. Als eines der wenigen Länder weltweit liegt die Ernährungspolitik nicht beim Gesundheitsministerium, sondern beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV).
- Mikronährstoffmängel wie Jod, Eisen, Zink, Vitamin A und D wirken sich besonders in Wachstumsphasen negativ auf Kognition, Immunabwehr und psychische Gesundheit aus.
- Uninformierte vegetarische/vegane Ernährung, unausgewogene Diäten und chronischer Stress begünstigen Defizite auch bei privilegierten Jugendlichen.
- Die Präventionsollte früh beginnen und Schulen sollten gezielt in Ernährungsbildung eingebunden werden.
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- Juni 2025