Wandertipp

Büelerberg

Rund um den Weidstein am Lauerzersee

Es regnet zwar in Strömen, trotzdem haben wir keine Lust, auf eine regenfreie Phase zu warten, die uns der Wetterradar verspricht. Kurz entschlossen fahren wir ans Südufer des Lauerzersees zur Fährstation der Burgruine und des gleichnamigen Inselrestaurants Schwanau. Wir folgen ein kurzes Stück der Seestrasse bis zur Schnapsbrennerei Zgraggen am Dorfeingang von Lauerz. Dort zweigt bergwärts ein Feldweg zur Klostermatt ab. Wir umgehen diesen Hof gegen Osten und wenden uns sofort wieder zum Hang. Über einen weiteren Feldweg erreichen wir ein Fahrsträsschen, das uns zum Sattel südlich des Weidsteins hinaufbringt. Der letzte Abschnitt besteht aus einem Waldweg, der rechts an einem Wirtschaftsgebäude vorbeiführt.



Von hier aus richtet sich unsere Route immer mehr gegen Westen zur Bergstrasse, die wir über eine weite Kehre bis zur Kapelle auf Langberg benutzen. Zwischen den Höfen Äbnet und Späzeren muss die Strasse im stotzigen Gelände gerade mit hohen Mauern aus mächtigen Steinblöcken neu befestigt werden. Vom Lauerzersee aus erscheint die Landschaft unterhalb der Hoflue und dem Gotterli lange nicht so steil wie wenn man sich im Hang selbst befindet. Am Ahorenberg kommen wir an einem gut erhaltenen alten Bauernhaus vorbei, das typisch für die Bauweise in der Region ist (Abb. 1). Die dem Heiligen Niklaus geweihte Marienkapelle auf dem Langberg birgt eine Statue der Muttergottes mit Kind, die, woher auch immer herkommend, während der Franzosenkriege auf dem Haggen versteckt worden ist. Zwischen 1860 und 1870 hat sich die Bauerntochter Elisabeth Ott vom Haggen mit einem von Euw auf dem Lauerzerberg verheiratet. Sie konnte die Statue mit sich nehmen und hat ihr mit der Kapelle auf dem Langberg eine neue Bleibe errichtet. Wenn wir schon den Haggen erwähnen, wie die Einheimischen die Haggenegg westlich der Kleinen Mythen nennen, sollten wir auch festhalten, dass dieser Pass, über den der Pilgerweg nach Santiago di Compostela führt, auch von Johann Wolfgang von Goethe auf seinen Reisen durch die Schweiz zweimal begangen worden ist. Er soll im Juni 1775 mit seinem Freund Passavant «behend und begeistert von der Haggenegg nach Schwyz hinuntergesprungen sein» (1).

Wir springen zwar nicht, aber gehen trotzdem flotten Schrittes weiter, denn von nun an geht es bergab, vorerst nach Osten über den Feldweg Richtung Zünggelenflue, die wir heute allerdings im triefenden Nebel nicht sehen können. Dort, wo der Weg den ersten Waldstreifen quert, zweigt bei einem alten Brunnentrog ein Pfad ab, der sich steil zum Schwändihof hinunterschlängelt (Abb. 2). Weiterhin stotzig gelangen wir in den Sitiwald, wo wir auf eine Fahrstrasse zum Zingel-Steinbruch stossen. Dieser folgen wir nach Westen zum Strässchen, das vom Bierkeller her den Hof Ottenthal erschliesst. Ein solcher Bierkeller steht auch an ebenso schattiger Stelle an der Strasse ins Muotathal. Durst hin oder her, wir steigen entlang eines Bachs direkt nach Otten und zur Husmatt ab. Das letzte Stück Weg folgt dem Ufer des Lauerzersees, der für ein erfrischendes Bad, auch bei Dauerregen im Sinne des Wortes wärmstens empfohlen werden kann (Abb. 3). Der See ist flach und wird deshalb im Sommer von Liebhaberinnen und Liebhabern wärmeren Wassers sehr geschätzt. Jetzt im Frühjahr ist das Wasser angenehm erfrischend (Abb. 4).

Der Lauerzersee ist ein Relikt der letzten Eiszeit und blieb beim Rückzug eines Arms des Reussgletschers als glazialer Rest­­­­­­see liegen. Anlässlich des Bergsturzes von Goldau 1806 kam es im Lauerzersee zu einer Schwallwelle (Tsunami). Ein Seitenausläufer des Bergsturzes erreichte den kleinen See und erzeugte eine 20 Meter hohe Flut, die über die Insel Schwanau hinwegraste und Lauerz sowie Seewen verwüstete. Beim Zurückfluten riss sie mit, was sich ihr in den Weg gestellt hatte. Der Turm einer Kapelle samt Glocke wurde später am gegenüberliegenden Ufer des Sees gefunden (2). Die Insel Schwanau mit ihrer Burg hatte viele Besitzer. Einst gehörte sie den Kyburgern, gelangte später an die Lenzburger und wurde schliesslich von den Habsburgern übernommen. Die ältesten Reste des Bergfrieds gehen bis auf die Kyburger zurück (12. Jahrhundert). Später bewohnte der Einsiedler Johann Linder die Insel, auf der 1684 auch eine Kapelle errichtet wurde. Die besagte Schwallflut zerstörte alle Gebäude, die vom General und Landeshauptmann Ludwig Auf der Maur im 19. Jahrhundert wieder aufgebaut wurden. Von dessen Familie ging die Insel in den Besitz des Kantons Schwyz über (3).

Prof. Dr. med. dent. Christian E. Besimo

Riedstrasse 9
6430 Schwyz

christian.besimo@bluewin.ch

1. Leisi E: Streiflichter. Unzeitgemässe Essays zu Kultur, Sprache und Literatur. Gunter Narr Verlag, Tübingen 1995, Seite 130.
2. Schmid MR: Wenn sich Berge zu Tal stürzen. Der Bergsturz von Goldau 1806. Fotorotar, Egg 2006.
3. Kälin W: Die Insel und Burg Schwanau. Schwyzer Hefte Nr. 18. Benziger,
Einsiedeln 1980.

der informierte @rzt

  • Vol. 12
  • Ausgabe 11
  • November 2022