Fortbildung AIM

Technologie in der Typ 1 Diabetes-Therapie



Fallbeispiel

Bei einer 61-jährigen Patientin ist seit dem 30. Lebensjahr ein Typ 1 Diabetes mellitus bekannt. Zusätzlich hat sie in der persönlichen Anamnese ein St.n. M. Basedow und eine perniziöse Anämie und erfüllt somit die Kriterien eines polyglandulären Autoimmunsyndroms. Der Diabetes ist mit einem Basalinsulin (Tresiba, 12 E täglich) und Novorapid zu den Mahlzeiten behandelt (kumulativ ca. 26 E täglich). Die Blutzucker-Einstellung ist jedoch seit vielen Jahren ungenügend (HbA1c 7.5-9%). Seit 10/18 verwendet die Patientin ein kontinuierliches Blutzuckermonitoring System (Dexcom). Damit konnte sie ihre Angst vor Hypoglykämien vermindern. Aufgrund der Hypoglykämie-Angst wendet sie jedoch den Spritz-Ess-Abstand nicht zuverlässig an, d.h. das Mahlzeiteninsulin wird erst mit der Mahlzeit und nicht 15-30min vor der Mahlzeit gespritzt.

Wichtiges aus der persönlichen Anamnese

Die Patientin hat im Rahmen des polyglandulären Autoimmun­syndroms einen Typ 1 Diabetes mellitus (ED 1991), einen St.n. M. Basedow (1998) und eine perniziöse Anämie (ED 2009). Zudem hat sie eine Dyslipidämie, die medikamentös gut kontrolliert ist.

Verlauf

Insgesamt ist die Patientin nicht technikaffin. Dennoch hat sie sich vor einem Jahr auf einen Versuch einer Insulinpumpentherapie eingelassen. Zusammen mit der Diabetesberatung wurde eine Algorithmen-basierte Insulinpumpe installiert. Leider hat die Patientin die Insulinpumpentherapie nach kurzer Zeit abgebrochen, obwohl sich darunter die Blutzuckerwerte stark verbessert hatten. Grund für den Abbruch der Insulinpumpentherapie war, dass sich die Patientin damit überfordert fühlte.

Schlussfolgerungen

Es liegt eine ungenügende Blutzucker-Einstellung bei langjährigem Typ 1 Diabetes mellitus vor. Auffallend ist, dass die Dosis des Basalinsulins relativ gering ist im Verhältnis zum Mahlzeiteninsulin (zu erwarten wäre ein ausgeglicheneres Verhältnis). Der fehlende Spritz-Ess-Abstand dürfte die starken postprandialen Blutzucker-Anstiege erklären.

Frage

  • Wie kann die Blutzucker-Einstellung der Patientin verbessert werden?
  • Warum hat die Patientin die Insulinpumpentherapie trotz verbesserter Blutzucker-Einstellung abgebrochen?

Vorgeschlagene Massnahmen und Therapie

  • Als «kurzfristige» Massnahme haben wir die Wichtigkeit des Spritz-Ess-Abstandes besprochen, damit postprandiale Blutzucker-Anstiege möglichst vermieden werden.
  • Gleichzeitig versuchen wir, die Dosis des Basalinsulins zugunsten des Mahlzeiteninsulins langsam zu steigern.
  • Langfristig wäre eine erneute Umstellung auf eine Algorithmen-basierte Insulinpumpe sinnvoll. Es gibt jedoch einen gewissen Prozentsatz an Patienten, die mit technischen Hilfsmitteln (kontinuierliches Blutzuckermonitoring/Insulinpumpen) Mühe bekundet. Man sollte die Patienten nicht drängen, aber dennoch nochmals ansprechen, ob im Verlauf eine erneute Umstellung versucht werden kann. Die Patientin war damit einverstanden und wird nochmals mit der Diabetesberatung die verschiedenen Insulinpumpenmodelle anschauen.

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

PD Dr. med. Claudia Cavelti-Weder

Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Klinische Ernährung
Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zürich

Die Autorin hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

der informierte @rzt

  • Vol. 13
  • Ausgabe 3
  • März 2023