Editorial

Was nun mit unseren Krankenversicherungs-Prämien?



Die Prämienentlastungs- und Kostenbremseninitiativen wurden mit solider UnterstĂ¼tzung der offiziellen Ă„rzteverbände gebodigt.

Allerdings wäre es ein Trugschluss, jetzt einfach so weiterzumachen wie bisher. Wenn die Politik – und die Ă„rzteschaft! – zeitnah keine Lösungen finden, wie die Prämienzahlenden entlastet werden, wird das Problem der (zu) hohen Prämienkosten mit immer extremeren Lösungsansätzen von immer radikaleren Gruppen angegangen werden. Es könnte so zu einer Schocktherapie ­kommen, die breiten Kreisen massiv schaden wĂ¼rde – Patientinnen, Patienten und Gesundheitsberufsleuten.

Es werden zwar homöopathische Vorschläge in die Diskussion geworfen wie vermehrter Generikagebrauch, die Einheitskasse oder die Digitalisierung im Gesundheitswesen. Auch wenn die Ideen gut sind, die Kosten werden damit – wenn Ă¼berhaupt – kaum spĂ¼rbar gebremst.
Ein Ansatz, der wirklich die Gesundheitslandschaft ändern könnte, die monistische Finanzierung der Gesundheitsleistungen, d.h. die gleiche Finanzierung ambulanter und stationärer Leistungen durch den Steuer- und Prämienzahler, wird ausgerechnet von den Pflegeverbänden bekämpft. Ob es da um das liebe Geld geht? Dies wird natĂ¼rlich verneint. Es wird argumentiert, dass die durch die neue Finanzierung geförderte Ambulantisierung – wie sie in den meisten industrialisierten Ländern schon längst stattgefunden hat – durch die höhere Kadenz der Eingriffe eine vermehrte Belastung der Pflege zur Folge hätte. Dies mag so sein. Allerdings werden reguläre ambulante Eingriffe während normaler Arbeitszeiten an normalen Wochentagen mit Entlassung der Patientinnen und Patienten am selben Tag durchgefĂ¼hrt. Die Patientenaufenthalte in der Nacht und auch am Wochenende wĂ¼rden so signifikant sinken. Das bedeutete eine massive Entlastung der Pflege. Gerade solche Erleichterungen kämen den WĂ¼nschen der Gen Z nach einer besseren Work-Life-Balance entgegen, was den Pflegeberuf bei bereits guter Bezahlung klar attraktiver machen wĂ¼rde.

Und dann ist da noch der Elefant im Raum, Ă¼ber den kaum gesprochen wird: Es hat zu viele Spitäler in der Schweiz! Im internationalen Vergleich haben wir die höchste Spitaldichte. NatĂ¼rlich, wenn der Prämienzahler und die Steuerzahlerin bereit sind, die zusätzlichen finanziellen Lasten zu schultern, kann jedes Dorf ein eigenes Spital haben. Allerdings wĂ¼rde das aufgrund der geringen Fallzahlen zu einer Abnahme der Behandlungsqualität fĂ¼hren. Darum fĂ¼hrt nichts an weiteren Spitalschliessungsrunden vorbei. Es wĂ¼rden u.a. viele nicht ausgelastete und sehr kostspielige Vorhalteleistungen entfallen. Zudem wĂ¼rden viele Fachkräfte freigestellt, nach denen die Spitäler händeringend suchen. Spitalschliessungen können und sollten jedoch patientenfreundlich und sozialverträglich erfolgen, d.h. vorangekĂ¼ndigt Ă¼ber einen Zeitraum von 5, besser 10 Jahren. Das erlaubt den Akteuren, sich an die neue Situation anzupassen. Zudem wĂ¼rden die meisten Akutspitäler einem neuen Zweck in der Gesundheitslandschaft zugefĂ¼hrt, sodass der häufig befĂ¼rchtete Abbau bisheriger Stellen zwar stattfindet, welche aber meist in neue zukunftssicherere Positionen umgewandelt werden.

Es ist höchste Zeit, dass die Ă„rzteschaft nicht nur Fundamentalopposition gegen wirklich wirksame Ă„nderungen betreibt, sondern selbst wirksame (!) Lösungen entwickelt, die zu einer Stabilisierung der Gesundheits- und Prämienkosten fĂ¼hren. Ansonsten gilt möglicherweise auch fĂ¼r unseren Berufsstand: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.

Prof. Dr. med. Bruno Imthurn, ZĂ¼rich

Prof. em. Dr. med. Bruno Imthurn

Senior Consultant Kinderwunschzentrum
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  • Vol. 14
  • Ausgabe 8
  • August 2024