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Zusammenhang risikomindernder Eingriffe und Überleben junger BRCA-Trägerinnen mit Brustkrebs



Über die Auswirkungen risikoreduzierender Operationen bei jungen BRCA-Trägerinnen mit einer Vorgeschichte von Brustkrebs gibt es nur wenige Erkenntnisse. In einer kürzlich publizierten Studie untersuchten die Autoren den Zusammenhang zwischen einer risikoreduzierenden Mastektomie (RRM), einer risikoreduzierenden Salpingo-Oophorektomie (RRSO) oder beiden Eingriffen und den Überlebensaussichten in einer grossen, globalen Kohorte junger BRCA-Trägerinnen mit Brustkrebs in der Vorgeschichte.

Methoden

Die «BRCA BCY Collaboration» ist eine internationale, krankenhausbasierte, retrospektive Kohortenstudie, die in 109 Zentren auf fünf Kontinenten durchgeführt wird. In die Studie wurden Frauen eingeschlossen, die Keimbahn-BRCA1-, BRCA2- oder beide pathogene oder wahrscheinlich pathogene Varianten tragen und bei denen zwischen dem 1. Januar 2000 und dem 31. Dezember 2020 invasiver Brustkrebs im Stadium I–III im Alter von 40 Jahren oder jünger diagnostiziert wurde. Das primäre Ziel der vorliegenden Analyse bestand darin, den Zusammenhang zwischen RRM oder RRSO und dem Gesamtüberleben bei jungen BRCA-Trägerinnen mit Brustkrebs zu ermitteln. Der primäre Endpunkt war das Gesamtüberleben.

Ergebnisse

Zwischen dem 1. Januar 2000 und dem 31. Dezember 2020 wurden 5290 Patientinnen eingeschlossen. Von diesen waren 3361 (63,5 %) Trägerinnen der pathogenen BRCA1-Variante, 2708 (51,2 %) hatten Knoten-negativen und 2421 (45,8 %) hormonrezeptorpositiven Brustkrebs. Von den 5290 Patientinnen unterzogen sich 2910 (55,0 %) einer RRM und 2782 (52,6 %) einer RRSO. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 8,2 Jahren (IQR 4,7–12,8) war die RRM im Vergleich zu keiner RRM mit einem signifikant besseren Gesamtüberleben assoziiert (bereinigte HR [aHR] 0,65, 95 % CI 0,53–0,78; 20-jährige eingeschränkte mittlere Gesamtüberlebenszeit 17,89 Jahre [95 % CI 17,61–18,17] mit RRM gegenüber 16,65 Jahren [16,38–16,92] ohne RRM). Auch die RRSO war mit einer signifikant besseren Gesamtüberlebenszeit verbunden (aHR 0,58, 95 % CI 0,48–0,71; 20-jährige eingeschränkte mittlere Gesamtüberlebenszeit 17,73 Jahre [95 % CI 17,43–18,03] mit RRSO vs. 16,67 Jahre [16,38–16,96] ohne RRSO).

Interpretation

In dieser globalen Kohorte von BRCA-Trägerinnen, die in jungen Jahren an Brustkrebs erkrankt waren, waren sowohl die RRM als auch die RRSO mit einer signifikanten Verbesserung des Gesamtüberlebens verbunden. Diese Ergebnisse liefern Anhaltspunkte für eine massgeschneiderte Beratung dieser einzigartigen und hochgefährdeten Patientengruppe zu Strategien des Krebsrisikomanagements.

Kommentar

Diese weltumspannende Studie liefert einzigartige Informationen zu einem Thema, das sich mit klassischen randomisierten Studien kaum untersuchen lässt. Erstaunlich ist die vergleichbare Wirkung von prophylaktischer Mastektomie (mit oder ohne Rekonstruktion) und Salpingo-Oophorektomie. Die Interaktionstests in verschiedenen Subgruppen bilden die bisher beste bekannte Grundlage, um Frauen mit BRCA-Mutationen entsprechend ihrer Ausgangssituation und ihren Bedürfnissen noch besser zu beraten und Alternativen zur häufig durchgeführten Mastektomie (meist ohnehin gefolgt von einer BSO) anzubieten. Zudem könnten die rasante Entwicklung der Früherkennung mittels Bluttests sowie die Bildgebung mit KI-Unterstützung, möglicherweise früher als gedacht, weitere Alternativen zur risikoreduzierenden Mastektomie aufzeigen. Weiter zu beachten ist, dass der Nutzen, zumindest betreffend Mortalität, heute wahrscheinlich geringer ausfällt, weil BRCA-Mutationen heute häufiger gesucht und diagnostiziert werden und Patientinnen diesbezüglich wahrscheinlich auch flächendeckend besser überwacht werden (MRI-Screening) und damit auch früher gehandelt wird, wenn Brustkrebs auftritt. Zudem hat sich die Behandlung seit dem Beginn der Beobachtungen deutlich verbessert.

Positiv ist auch, dass unser IBCSG-Netzwerk hier massgeblich mitgearbeitet hat. Das ist für uns ein Ansporn, den internationalen Anschluss der Schweiz nicht zu verlieren. Ganz ohne zusätzliches Engagement für vermehrte Zusammenarbeit und etwas mehr finanzielle Ressourcen (und etwas weniger Bürokratie) aller Akteure wird das kaum möglich sein.

Quelle
Blondeaux E et al. Association between risk-reducing surgeries and survival in young BRCA carriers with breast cancer: an international cohort study. The Lancet Oncology 2025 ; Volume 0, Issue 0

Prof. Dr. med. Beat Thürlimann

Brustzentrum, Kantonsspital St. Gallen
Rorschacher Strasse 95
9007 St.Gallen

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  • Vol. 15
  • Ausgabe 5
  • Oktober 2025