- Diabetes und Herz
Die bekannten Komplikationen des DM mit früherer Atherosklerose und Atherothrombose, welche schneller voranschreitet und mehr Komplikationen verursacht, sind: die meist diffuse koronare Herzkrankheit, Myokardrevaskularisationen (PCI, ACBP), der nicht tödliche Myokardinfarkt, eine Herzinsuffizienz (HI) mit reduzierter oder erhaltener Pumpfunktion (Risiko 2-3x erhöht), der plötzliche Herztod, Gefäßprobleme (makro- oder mikrovaskulär), eine gestörte zerebrovaskuläre Durchblutung, die sich zu einem ischämischen oder hämorrhagischen Schlaganfall entwickelt, eine periphere arterielle Verschlusskrankheit und die Nephropathie. Obwohl die meisten Nieren-erkrankungen bei Diabetikern mikroangiopathisch sind, können Hauptgefäße, die die Niere versorgen, auch Atherome entwickeln, dies ist als diabetische reno-vaskuläre Erkrankung bekannt. Die Niereninsuffizienz ist ein stärkerer Prädiktor für die Mortalität als ein Status nach Myokard-infarkt. Rund 30% aller Patienten mit einem CCS haben einen Diabetes mellitus Typ II. Dabei steigt die Wahrscheinlichkeit für die Gesamt- und die kardiovaskuläre Mortalität wenn zusätzlich eine HI besteht um 60-80%. Die Prävalenz kardio-vaskulärer Erkrankungen bei Patienten mit DM beträgt in DL 57%. Häufig atypische klinische Präsentationen wie gastroösophageale Refluxkrankheit und stiller Myokardinfarkt erfordern einen hohen Verdachtsindex!
Patienten mit DM haben ein zwei- bis zehnmal höheres Risiko für einen plötzlichen Herztod. Die zugrunde liegende Pathophysiologie ist noch ungeklärt. Eine tödliche Herzrhythmusstörung wird als hauptsächliche Ursache angenommen, wobei die Verlängerung des QT-Intervalls ein quantifizier-bares Maß für das Risiko darstellt. Eine kürzlich publizierte Übersichtsarbeit befasste sich mit dem Management des QTc-Risikos bei Patienten mit Diabetes. Die Berücksichtigung dieses Risikos bei Diabetes, insbesondere bei der Verschreibung von Medikamenten, ist ein wichtiger und bis anhin kaum bekannter kardiovaskulärer Aspekt des Diabetes Managements. In einem Artikel wird in dieser Ausgabe auf diese Problematik eingegangen.
Die medikamentöse Therapie des DM und des metabolischen Syndroms ist multifaktoriell und sollte nach den Leitlinien durchgeführt werden: Behandlung der Insulinresistenz und des Diabetes, BD-Therapie – <130-139/80-85 mmHg, Gewichtsreduktion, Lipidtherapie, Vermeidung einer Hypo-glykämie, kein Nikotin, ausreichend Bewegung und eine Thrombocytenaggregationshemmung. Die Gabe von Aspirin in der Sekundärprävention ist eine IA Indikation. Bei Aspirinunverträglichkeit alternativ Clopidogrel. Eine duale Thrombozytenhemmung kann bei tiefem Blutungsrisiko diskutiert werden. Ebenso eine verlängerte duale antithrombotische Therapie (>12 Monate nach koronarer Intervention). Eine häufigere Verwendung von Ticagrelor und hochdosierten Statinen sowie Ezetimib, Thrombin-Inhibitoren und Icosapentethyl ist in Hochrisiko-Kollektiven erforderlich. Es bedarf einer konsequenten Lipidtherapie mit einem LDL-Ziel <1,4-1,0 mmol/l. Meist bedarf es daher einer Kombinationstherapie eines Statins mit Ezetimib, evt. zusätzliche Gabe eines PCSK9-Hemmers oder kleine interferierende RNA (siRNA) wie Inclisiran. Diese können erforderlich sein, um die LDL-C-Ziele zu erreichen, um Komplikationen bei sehr risikoreichen Patienten zu vermeiden. Besteht doch bei DM ein höheres Risiko für kurz- und langfristige Komplikationen wie schwere kardiale Ereignisse. Eine Blutzucker (Bz) senkende Therapie mit einem HbA1c von <7% ist ebenfalls wichtig. Cave: Hypoglykämien welche Arrhythmien und ACS auslösen können.
Mit oder ohne Metformin haben wir heute mit den SGLT2-Hemmern und den GLP-1-Rezeptor Agonisten ein neues sehr effektives medikamentöses Instrumentarium den Bz zu senken und die oben erwähnten Komplikationen rasch günstig zu beeinflussen. Bei Personen mit einem DM und einer atherosklerotischen kardiovaskulären Erkrankung ist der Gebrauch dieser zwei Medikamente bei bewiesener Organprotektion mit kardiorenaler Outcome Verbesserung eine I A ESC Indikation. Durch die Gabe eines SGLT2-Inhibitors kommt es neben einer Blutzucker Senkung bei Diabetes, zu einer Reduktion von Herzinsuffizienz Ereignissen, einer Verzögerung einer Niereninsuffizienz und einer verminderten Sterblichkeit. Diese Effekte wurden mit Empagliflozin und Dapagliflozin in vielen Studien bei einer guten medikamentösen Therapie (ACEH/Sartane, Statine) nachgewiesen (EMPA REG: MACE-3 Rate sign. vermindert, inkl. kardiovask. Tod -38%; NNT =39).
GLP-1-R Agonisten sind in der primären und sekundären Prävention von kardiovaskulären Vorfällen bei Patienten mit DM indiziert, und ein frühzeitiger Beginn der Behandlung ist unerlässlich. So konnte in einer Metaanalyse bei 60 000 Patienten mit der Gabe von GLP1-Rezeptor Agonisten kardio-vaskuläre Ereignisse (MI, Stroke, kardiovaskulärer Tod), Nierenendpunkte und HI-Hospitalisationen signifikant gesenkt werden. Die gastrointestinale NW der meist vorübergehenden Übelkeit kann in den ersten Wochen mit kleinen Nahrungs-Portionen, wenig Fett und leichter Kost, kein Liegen nach dem Essen deutlich vermindert werden. Hypoglykämien sind nicht gehäuft.
Beide Medikamente vermitteln somit günstige kardio-renale-metabolische Effekte und wirken organ-protektiv. Die Kombination wirkt nach einer aktuellen Arbeit von Wright et al. additiv mit einer Risikoreduktion von 30% gegenüber SGLT2-H alleine von -18%, resp. GLP-1RA alleine von -7%. Metformin ist heute nicht mehr zwingend notwendig. Als weiterer Vorteil der langwirkenden GLP1-R Agonisten, 1x wö s.c., findet man in der STEP 4 Studie einen deutlichen, oft sehr erwünschten, Gewichtsverlust (viscerale Adipositas) von 17% nach 1 Jahr (Semaglutid 2,4mg). Auch kommt es zu einer zusätzlichen leichten systolischen BD-Senkung von 4mmHg.
Weiterhin wichtig ist bei einem CCS und einem Ischämienachweis oder einer pathologischen FFR eine notwendige Revaskularisation. Bei einer Mehrgefässerkrankung und einem hohen Syntaxscore (>22) fällt der Entscheid im Heart Team meist zu Gunsten einer ACBP. Bei einer Herzinsuffizienz mit verminderter EF bedarf es nach der Volumenkorrektur mit Diuretika der vier Medikamente ARNI, Betablocker, MRA und SGLT2-H. innert ca. 4 Wochen gemäss den neuen ESC Guidelines.
In der Ausgabe e-Journal der kardiologischen Praxis Band 22, Nr. 10, 27.4.2022 der ESC hat es einen ausgezeichneten lesenswerten Artikel mit vielen Literaturangaben zum Thema Diabetes und das Herz: Koronare Herzkrankheit.
r. med. Urs Dürst, Forch
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