- Erfahrungen junger Kolleg/-innen im internationalen Umfeld
Auslandserfahrung eröffnen neue Horizonte – sowohl fachlich als auch persönlich. In dieser Ausgabe berichten zwei junge Kolleg/-innen über ihre Erfahrungen an renommierten Institutionen: Dr. med. Reinhardt Krcek absolvierte ein Fellowship im Bereich der Radioonkologie am Princess Margaret Cancer Centre in Toronto; Dr. med. Astrid Beerlage vertiefte ihre hämatologische Expertise an der University of Pennsylvania in Philadelphia.
Fellowship in der Radio-Onkologie am Princess Margaret Cancer Centre in Toronto

Der Abschluss der Facharztweiterbildung in Radio-Onkologie eröffnet vielfältige Chancen für die weitere berufliche Orientierung. Wer eine akademische Laufbahn anstrebt und zudem seinen Horizont erweitern möchte, sollte deshalb ein Auslandsjahr in Betracht ziehen.
Insbesondere für Ärztinnen und Ärzte, die sowohl klinisch als auch wissenschaftlich tätig sein möchten, stellt das Clinical Research Fellowship am Princess Margaret Cancer Centre eine hervorragende Option dar. Formale Voraussetzungen hierfür sind der Facharzttitel in Radio-Onkologie, solide Englischkenntnisse sowie ein nachgewiesenes Interesse an Forschung.
Dieses Fellowship bietet nicht nur Zugang zu modernster Onkologie an einem der weltweit bedeutendsten onkologischen Zentren, sondern auch Integration in eine lebendige, internationale Gemeinschaft renommierter Spezialisten. Viele von ihnen haben zudem praxisverändernde Studien publiziert, wie z. B. CURB, PROFIT oder SU2C-SARC032. Das Radiation Medicine Programm verfügt über 18 Radiotherapie-Einheiten, darunter den MRI-Linac, Ethos HyperSight, Gamma Knife und eine Orthovolt Unit, ergänzt durch Brachytherapieeinheiten. Es bietet ein etabliertes Fellowship-Programm mit über 20 Plätzen pro Jahr. Die Fellows kommen aus aller Welt, wobei Kollegen und Kolleginnen aus englischsprachigen Ländern deutlich überrepräsentiert sind. Die Bewerbung ist zweimal jährlich möglich, mit regulärem Start jeweils im Januar oder Juli – die meisten Fellows beginnen im Juli. Im Bewerbungsprozess können Präferenzen für bestimmte Organteams angegeben werden (z. B. ZNS, HNO) und die angestrebte Dauer (ein oder zwei Jahre). Anschliessend erfolgt die Einladung zu virtuellen Bewerbungsgesprächen und schliesslich die Entscheidung.
Ich habe mich für ein einjähriges Clinical Research Fellowship (das sich letztlich auf vierzehn Monate verlängerte) im Bereich Sarkome und okulare Onkologie entschieden und mir zusätzlich die Mitarbeit in der Hirnstereotaxie/Hirnmetastasenklinik gewünscht. Als Fellow wird man in der Regel einem Radio-Onkologen («Staff») zugeteilt, mit dem man die klinischen Aufgaben übernimmt. Diese Person fungiert gleichzeitig als persönlicher Mentor und zentrale Ansprechperson für Forschungsprojekte, welche vom Fellow auch erwartet werden.
Meine typische Woche umfasste dienstags einen ganzen Tag Klinik, am Vormittag in der Sarkomklinik, am Nachmittag in der onkologischen Augenklinik. Am Donnerstagmorgen fand die Review Clinic statt. Der Freitagvormittag war der Hirnmetastasenklinik, zusammen mit dem Hirnmetastasen-Tumorboard, gewidmet.
Die übrige Zeit ist für Radiotherapieplanung, Tumorboards und Forschung vorgesehen. In der Forschung hatte ich die Möglichkeit, neben mehreren retrospektiven Projekten mit sehr grossen Fallzahlen, an der Entwicklung der adaptiven Radiotherapie für Sarkome mit dem Ethos Hypersight mitzuwirken und darüber hinaus ein Konzept für eine Phase-I-Studie mit einer neuen Kombinationstherapie zu entwerfen.
Die Arbeitsbelastung ist hoch – speziell, wenn man diverse Forschungsprojekte entwickelt, durchführt und betreut. Selbstdisziplin und gutes Zeitmanagement sind dabei unverzichtbare Begleiter. Das Gehalt liegt unter dem Niveau der Facharztweiterbildung in der Schweiz, reicht jedoch aus, um die Lebenshaltungskosten in Toronto zu decken (2024: etwa CAD 2.600 nach Steuern/Abgaben alle zwei Wochen).
Von der Klinik abgesehen: Toronto ist einfach eine grossartige Stadt! International, weltoffen, mit einem enormen Kultur- und Kulinarikangebot.
Doch was ist der Preis all dieser Vorteile? Er zeigt sich bereits kurz nach der Zusage zum Fellowship: Die Vorbereitungen sind sehr aufwändig. Im Vorfeld sind sowohl eine «Work Permit» als auch die Zulassung durch das College of Physicians and Surgeons of Ontario erforderlich, beides sind finanziell wie zeitlich sehr aufwändige Prozesse. Für die «Work Permit» benötigt man unter anderem Fingerabdrücke von speziellen Agenturen (z. B. in Lyon oder Düsseldorf), eine Untersuchung durch einen Panelarzt (in Zürich oder Genf), Arbeitszeugnisse auf Englisch, inklusive Gehaltsangaben sowie Abschlusszeugnisse mit zertifizierten Übersetzungen. Das College verlangt zusätzlich «Certificates of Good Standing» von allen bisherigen Arbeitsorten, eine englischsprachige Zusammenfassung des Medizinstudiums (inklusive sämtlicher Kurse), einen speziellen «Police Check», der im Ausland mit erheblichem Aufwand zu organisieren ist (inklusive Fingerabdrücken bei der Kantonspolizei). Auch inhaltliche Rückfragen mit Anforderung von schriftlichen Stellungnahmen sind möglich, beispielsweise, weshalb man ein für den Facharzt obligatorisches Fremdjahr absolviert hat, da dies in Nordamerika nicht üblich ist.
Meine klare Empfehlung lautet daher: Nach der Zusage für das Fellowship muss man sofort mit der Organisation beginnen. Auch die University of Toronto fordert bestimmte Unterlagen. Für Bewerber aus der Schweiz aufwändig ist der zweifach im Abstand von einigen Wochen durchzuführende Tuberkulose-Hauttest, da ein solcher in der Schweiz nicht wirklich angeboten wird. Ein Gamma-Interferon-Test wurde bei mir leider nicht akzeptiert. Weiterhin sind z.B. Schweizer Banken nicht besonders hilfreich, wenn man seinen Wohnsitz temporär ins Ausland verlegt und sein Konto behalten möchte. Die dafür verlangten Gebühren und der administrative Aufwand sind – wohlwollend formuliert – sehr unverhältnismässig.
Hat sich das alles gelohnt?
Ja! Dieses Jahr war für mich in jeder Hinsicht horizonterweiternd – fachlich ebenso wie menschlich. Ich konnte zudem meine Englischkenntnisse verbessern und habe die Arbeit in diesem grossartigen Team sehr geschätzt. Darüber hinaus bot sich mir die Möglichkeit, mehrere Forschungsprojekte zu entwickeln und umzusetzen, die andernorts kaum realisierbar gewesen wären. Für akademisch orientierte Radio-Onkologinnen und Radio-Onkologen ist dieses Fellowship definitiv zu empfehlen.
Dr. med. Reinhardt Krcek
Post-Doc im Center for Cellular Immunotherapies an der University of Pennsylvania

Bis heute ist mir die Onkologievorlesung im Studium, in der ich zum ersten Mal lernte, wie Tyrosinkinaseinhibitoren die Behandlung der CML revolutionierten, im Gedächtnis. Den Mechanismus einer Krankheit zu verstehen und darauf aufbauend eine zielgerichtete Therapie zu entwickeln, fasziniert mich bis heute. Die enge Verzahnung von Forschung und Klinik in der Hämatologie war ein wichtiger Faktor für meine Entscheidung, meine experimentelle medizinische Doktorarbeit aber auch meine Facharztausbildung in der Hämatologie zu absolvieren.
Nach Abschluss meiner Facharztausbildung am Universitätsspital Basel entschied ich mich, Vollzeit in der experimentellen Forschung zu arbeiten, um meine Kenntnisse im Labor zu vertiefen und langfristig an der Schnittstelle zwischen Klinik und Forschung tätig sein zu können. Im Rahmen des Innovationsschwerpunktes für zelluläre Therapien nutzte ich die Chance, im Labor von Prof. Lukas Jeker am Departement für Biomedizin in Basel als Post-Doc zu arbeiten. Gemeinsam diskutierten wir in dieser Zeit auch Optionen für einen Forschungsaufenthalt im Ausland.
Durch mein Projekt im Bereich der Geneditierung von hämatopoietischen Stammzellen zur Verbesserung der allogenen Stammzelltransplantation konnte ich bereits erste Kenntnisse in meinem angestrebten Forschungsbereich nachweisen. Nach einem ersten persönlichen Gespräch, vermittelt durch meinen Arbeitsgruppenleiter in Basel, im Rahmen des ASH 2023 und einem Besuch in Philadelphia im Anschluss entschied ich mich, meinen Auslandsaufenthalt im Labor von Prof. Saar Gill zu verbringen.
Die Vorbereitung auf einen solchen Aufenthalt sollte idealerweise mindestens ein Jahr im Voraus beginnen, um genug Zeit zu haben für die Beantragung des Visums, das Planen des Umzugs und das Schreiben von Grantanträgen. Ein Forschungsaufenthalt in den USA kann entweder über ein Stipendium, beispielsweise des Schweizerischen Nationalfonds (SNF), oder über eine direkte Anstellung in der Forschungsgruppe finanziert werden.
Am Center for Cellular Immunotherapies (CCI) arbeite ich seit Herbst 2024 an der Optimierung zellulärer Therapien bei AML. Das CCI unter der Leitung von Prof. Carl June zählt zu den international führenden Zentren der translationalen Immuntherapie und bietet ein Umfeld, das Grundlagenforschung und klinische Anwendung eng verknüpft. Die Möglichkeit, ein präklinisches Forschungsprojekt durchzuführen und gleichzeitig Einblicke in laufende klinische Studien zu erhalten, war für mich besonders reizvoll.
Der Forschungsalltag am CCI ist von grosser Eigenverantwortung geprägt. In einer Arbeitsgruppe mit über 25 Forschenden eröffnen sich vielfältige Möglichkeiten zur Zusammenarbeit; gleichzeitig erfordert die Gestaltung des eigenen Projekts viel Selbstorganisation. Diese Freiheit bietet jedoch die Chance, eigene Ideen umzusetzen und wissenschaftliche Schwerpunkte aktiv weiterzuentwickeln.
Der Forschungsaufenthalt an der University of Pennsylvania ist für mich eine fachlich und persönlich bereichernde, aber auch herausfordernde Erfahrung. Er erlaubt mir, klinische und experimentelle Perspektiven zu verbinden und in einem internationalen Spitzenzentrum weiterzuentwickeln. Für Hämatolog/-innen mit Interesse an translationaler Forschung und akademischer Laufbahn kann ein solcher Aufenthalt eine hervorragende Möglichkeit sein, neue Impulse zu gewinnen und die eigene wissenschaftliche Kompetenz zu vertiefen.
Dr. med. Astrid Beerlage
Kantonsspital Graubünden
Onkologie / Hämatologie
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9007 St.Gallen
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- Vol. 15
- Ausgabe 6
- Dezember 2025









