SOHC-Kongress

Highlights vom ASCO, ausgesucht von Schweizer Experten

Swiss PostASCO 2019 – Symposium am SOHC

Im Rahmen des Swiss Oncology & Hematology Congress (SOHC) fand das Swiss PostASCO Symposium statt, an welchem Schweizer Experten ausgewählte Studien vorstellten. Im Folgenden wird über relevante Studien aus dem Bereich Gastrointestinaltrakt berichtet.



Karzinome des Oberen Gastrointestinaltrakts

Prof. Dr. med. Ulrich Güller

Eine Übersicht über die relevanten Studien, die am ASCO 2019 präsentiert wurden, stellte Prof. Dr. med. Ulrich Güller, St. Gallen, vor. Er wählte die folgenden Studien aus: Oesophagus- und ösophagogastrales Übergangskarzinom (G/GEJ), Keynote-062
Diese als Non-Inferiority-Studie geplante Studie ergab, dass Pembrolizumab nicht inferior gegenüber der Chemotherapie bei Patienten mit GE/GEJ und CPS ≥ 1 war. Die Studie ergab einen nennenswerten OS-Nutzen für Pembrolizumab bei CPS ≥ 10 und ein besseres Sicherheitsprofil als die Chemotherapie, so die Autoren. Die Interpretation von Prof. Güller war die folgende: CAVEAT: die OS-Kurven überschneiden sich. ORR ist mit Pembrolizumab niedriger und PFS kürzer.
Darauf ist zu achten und früh zu Salvage-Chemotherapie zu wechseln, falls Patienten nicht ansprechen. Pembrolizumab ist als Frontline keine valable Option bei Patienten, die Ansprechen benötigen.
Bessere Prädiktoren: Wer spricht auf Pembro-Frontline-Therapie an, wer nicht? KN 062 Konklusion: Pembrolizumab ist Chemotherapie allein in Bezug auf OS nicht überlegen, weder in der Gesamtpopulation, noch in der Subgruppe CPS ≥ 10.
Bescheidener, nicht signifikanter PFS-Nutzen für die Kombination Chemo/Pembrolizumab.

Hepatozelluläres Karzinom (HCC): SURF (SUrgery vs. RadioFrequency ablation)

Welches ist die optimale Therapie beim hepatozellulären Karzinom mit Knoten ≤ 3 cm?
Eine weitere multizentrische, randomisierte, kontrollierte Studie zur Evaluation der Wirksamkeit von Chirurgie vs. Radiofrequenzablation (RFA) beim kleinen hepatozellulären Karzinom sollte Klarheit schaffen. Die Schlussfolgerungen der Autoren zu SURF waren: RFA und Chirurgie ergeben äquivalentes DFS bei Patienten mit Knoten bis zu ≥ 3 cm.
Die Interpretation von Prof. Güller war: Die 4. randomisierte, kontrollierte Studie, die keinen Unterschied in den Outcomes zwischen Chirurgie und RFA beim kleinen HCC zeigt. Stoppen Sie die Operation eines jeden kleinen HCC!!!
Die offensichtlichen Vorteile der RFA sind: geringere Morbidität, geringere Mortalität, kürzerer Spitalaufenthalt, kostengünstiger.
Idealer Kandidat für RFA: Einzel HCC, ≥ 3 cm, zentrale Lokalisation, schlechte Leberfunktion
Nicht idealer Kandidat für RFA: 3 HCC > 3 cm, periphere Lokalisation, Nähe zu Blutgefässen (CAVE: Heat-sink-Effekt) Nähe zu Gallenwegen (CAVE: Striktur)

Gallenwegskarzinom: ABC-06

Fortgeschrittenes Gallenwegskarzinom hat eine schlechte Prognose. Die Standard-First-Line ist Cis/Gem (ABC-02). Vor dem ASCO 2019 gab es keine Second-Line-Therapie. Die ABC-06 Studie, eine Phase III, randomisierte, open-label Studie verglich die aktive Symptomkontrolle (ASC) mit ASC plus mFOLFOX. Die Autoren zogen die folgenden Schlussfolgerungen aus den Resultaten: OS unter FOLFOX/ASC >ASC. HR OS 0.69 (05% KI 0.50-0.97;p = 0.031. 15% Zunahme in der 6-Monate- und 12-Monate-OS Rate. FOLFOX/ASC ist die Standard Second-Line-Therapie für Patienten mit fortgeschrittenem Gallenwegskarzinom.
Die Interpretation von Prof. Güller bestätigt ein OS unter FOLFOX/ASC > ASC. Der Unterschied ist aber geringer als erwartet. ORR 5%. Die Therapie ist eine mögliche 2nd Line für fitte Patienten.
Molekulares Tumorprofiling (BRAF, ALK, ROS, NTRK, FGFR Fusionen) sollte durchgeführt werden

Pankreaskarzinom: Adjuvant APACT

Das Pankreaskarzinom hat eine schlechte Prognose. Adjuvante Chemotherapie verbessert Outcomes. In der Phase III multizentrischen, internationalen, open-label randomisierten Studie wurde nab-Paclitaxel plus Gemcitabine mit Gemcitabine beim chirurgisch resezierten Pankreasadenokarzinom verglichen.
Die Autoren kamen zu den folgenden Schlussfolgerungen:
Der primäre Endpunkt (unabhängig evaluiertes DFS) wurde nicht erreicht. OS, Untersucher-evaluiertes DFS und Sicherheit (sekundärer Endpunkt) signifikant besser im Gem/nab-Paclitaxel Arm. Die Interpretation von Prof. Güller:
Studie nicht Practice-changing. Fitte Patienten mit FOLFIRINOX (Alternativen Gem/Cape oder Gem Monotherapie) behandeln. Auf neue Daten mit längerem Follow-up achten! Auf Studien mit neo-adjuvant/peri-operativer Chemotherapie bei Patienten mit primär resezierbarem Pankreaskarzinom achten! SWOG 1505: peri-opratives FOLFIRINOX vs. Gem/nab-Paclitaxel!
Das Pankreaskarzinom ist von Anbeginn eine systemische Erkrankung.

Phase III POLO-Studie

Olaparib als Erhaltungstherapie nach First-Line Platin-basierter Chemotherapie bei Patienten mit Keimbahn-BRCA-Mutation und metastasierendem Pankreaskarzinom.
ORR war im Olaparib-Arm 23% besser. Die mittlere Ansprechdauer betrug 24.9 Monate. Die Autoren kamen zu folgendem Schluss: Olaparib ergibt eine relevante PFS-Verbesserung bei Patienten mit metastastasierendem Pankreaskarzinom und Keimbahn-BRCA-Mutation. Kein OS-Unterschied. Die Daten sind noch preliminär
Interpretation von Prof. Güller: Das aktive Medikament bewirkt bei Patienten, die ansprechen, ein dauerhaftes medizinisches Ansprechen von > 2 Jahren. Patienten sollten auf BRCA-Mutation (NCCN 2019.2) untersucht werden, insbesondere, wenn sie jung sind, eine positive Familienanamnese oder eine somatische BRCA-Mutation haben. Olaparib ist eine neue Behandlungsoption bei Patienten mit metastasierendem Pankreaskarzinom und Keimbahn-BRCA1/2-Mutation.

Take Home Messages

KN-062 Trial: Fortgeschrittenes GC/GEJ: Pembrolizumab ist nicht inferior im Vergleich zu Chemotherapie: Chemo/Pembro ist Chemo allein nicht überlegen.
SURF Trial: Radiofrequenzablation ist der Chirurgie ebenbürtig in Bezug auf DFS bis zu HCC mit Knoten von bis zu 3 cm (4. randomisierte, kontrollierte Studie).
ABC-06 Trial: FOLFOX/ASC eine neue Standard Second-Line-Therapie für fitte Patienten mit fortgeschrittenem Leberzellkarzinom.
APACT Trial: Negativ. Achte auf längeren Follow-up.
POLO Trial: Olaparib ist eine neue Therapieoption bei Patienten mit metastasierendem Pankreaskarzinom und Keimbahn BRCA 1/2-Mutation

Karzinome des unteren Gastrointestinaltrakts

Die Übersicht über die Karzinome des unteren Gastrointestinaltrakts präsentierte Dr. med. Thibaud Kössler, Genf.

Dr. med. Thibaud Kössler

FOxTROT

Kann die neoadjuvante Chemotherapie das Rezidiv beim Kolonkarzinom verringern?
FOxTROT war eine internationale, randomisierte kontrollierte Studie, die eine Behandlung mit Fluoropyrimidin, Oxaliplatin und gezielt Rezeptor-gerichtete präoperative Therapie bei Patienten mit operablem Hochrisiko-Kolonkarzinom untersuchte.
Die Studie erreichte die angestrebte Signifikanz nicht. 6 Wochen neo-adjuvante Therapie erwies sich als sicher.
CAVEAT: Wie genau ist das T-Stadium Assessment mit CT Scan?
Wie sollte eine adjuvante Chemotherapie durchgeführt werden?

IDEA

Was ist die optimale Dauer für eine adjuvante Chemotherapie bei Kolonkarzinom im Hochrisiko-Stadium II?
IDEA ist eine prospektive gepoolte Analyse von 4 Studien, die die Dauer einer Oxaliplatin-basierten Therapie (3 vs. 6 Monate) bei Patienten mit Hochrisiko Kolonkarzinom im Stadium II untersuchten.
Die Konklusionen waren die folgenden:
Nicht-Inferiorität von 3 Monaten vs. 6 Monate wurde bei Hochrisiko Stadium II nicht nachgewiesen.
IDEA konnte CAPOX und FOLFOX nicht vergleichen.
Bei der Verwendung von CAPOX waren 3 Monate ebenso gut wie 6 Monate bei geringerer Toxizität.
Bei Verwendung von FOLFOX waren 6 Monate besser als 3 Monate mit mehr Toxizität.

TRIBE II

Ist sequentielle FOLFOX nach FOLFIRI besser als FOLFOXIRI 1st und 2nd Line beim metastasierenden CRC?
TRIBE2 war eine Phase-3-Studie, in der zuvor unbehandelte Patienten mit inoperablem mCRC 1:1 zu FOLFOX/bev randomisiert wurden, gefolgt von FOLFIRI/bev nach Progression der Erkrankung (PD) (Arm A) oder FOLFOXIRI/bev, gefolgt von der Wiedereinführung des gleichen Präparats nach PD (Arm B).
Der primäre Endpunkt wurde bei der Zwischenanalyse erreicht: 4-monatige Induktion mit FOLFOXIRI/bev gefolgt von Maintenance und Wiedereinführung verbessert das Ergebnis der mCRC-Patienten im Vergleich zu einer sequentiellen Strategie von Dubletten auf Oxaliplatin- und Irinotecan-Basis.
Die Schlussfolgerungen waren:
FOLFOXIRI kann nach Progression wieder eingeführt werden. Dabei ergibt sich ein Benefit von 48 Tagen beim PFS, möglicherweise 5 Monate Gewinn beim OS, erhöhte Toxizität (5% G3/4 Neurotoxizität.

KEYNOTE-240

Ist Pembrolizumab effektiv in der 2nd Line beim HCC?
KEYNOTE 240 ist eine Phase-III-Studie, in der Pembrolizumab mit der «best supportive care» als Second-Line-Therapie beim fortgeschrittenen hepatozellulären Karzinom verglichen wurde. Primäres Outcome war OS und PFS. Sekundäres Outcome ORR, DOR, DCR, TTP.
Keynote 240 erreichte die Zielsignifikanz nicht. OS und Toxizität verhalten sich günstig im Vergleich zu anti-VEGF-Therapien.
Generelle Konklusionen des Referenten
Noch keine Indikation für die neo-adjuvante Chemotherapie beim lokalisierten Kolonkarzinom. Denken Sie daran, Nutzen und Toxizität im adjuvanten Setting in Einklang zu bringen.
Erneute Therapie mit FOLFIRI/Bevacizumab bringt wahrscheinlich wenig Nutzen, wenn überhaupt. Immuntherapie als zweites sollte in Betracht gezogen werden.

Quelle: SOHC-Kongress, Zürich, 27.06. 2019

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

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  • Vol. 9
  • Ausgabe 4
  • August 2019