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Benignes Prostatasyndrom: Empfehlungen zur ­Behandlung in der Hausarztpraxis

  • Benignes Prostatasyndrom: Empfehlungen zur ­Behandlung in der Hausarztpraxis


Einleitung

Das benigne Prostatasyndrom (BPS) ist eine der häufigsten Erkrankungen des Mannes (1). Durch das Wachstum der Prostata kommt es zur Beeinträchtigung der Funktion des unteren Harntrakts, welches sich in Blasenentleerungs- und Blasenspeicherstörungen äussert. Auf histologischer Ebene ist die Prostatavergrösserung durch die benigne Prostatahyperplasie (BPH) bedingt. Die BPH ist durch eine gutartige Zellvermehrung im Prostataparenchym vor allem im Bereich der Transitionalzone der Prostata charakterisiert. Die daraus resultierende Grössenzunahme der Transitionalzone kann sekundär zur tast- oder messbaren Prostatavergrösserung (benign prostatic enlargement, BPE) führen. Es wird geschätzt, dass etwa die Hälfte der Männer mit histologischer BPH auch eine Prostatavergrösserung hat (2). Mit zunehmendem Alter nimmt die Wahrscheinlichkeit einer BPH zu (3). Während sie vor dem 30. Lebensjahr praktisch nicht auftritt, kommt es in den folgenden Lebensdekaden zu einem steilen Anstieg der Prävalenz. Im sechsten Lebensjahrzehnt liegt die Prävalenz bereits bei 40 bis 50 %, und im neunten Lebensjahrzehnt sind sogar 90 % der Männer von einer BPH betroffen (2, 4).

Pathophysiologie

Die Pathophysiologie der BPH ist noch nicht abschliessend geklärt. Die Entstehung ist multifaktoriell und auf intrinsische und extrinsische Faktoren zurückzuführen (Abb. 1). Zu den wichtigsten intrinsischen Faktoren gehören die Genetik und hormonelle Veränderungen von u.a. dem Androgen-Östrogen-Verhältnis, des Insulinspiegels oder der Schilddrüsenhormone (5–8). Weitere intrinsische Faktoren sind Veränderungen im stromalen Mikromilieu, welche stromale und epitheliale Zellproliferation durch verschiedene Wachstumsfaktoren bedingen, und das M­i­krobiom. Zu den potenziellen extrinsischen Faktoren zählen die Ernährung und Infektionen durch Bakterien oder Viren (7).

Zahlreiche Studien konnten einen Zusammenhang zwischen chronischer Entzündung und BPH nachweisen (7, 9): Bei Nachweis von Entzündung im Stroma zeigte sich eine stärkere Zunahme des Prostatavolumens. Die Freisetzung von Zytokinen und Wachstumsfaktoren bei chronischen Entzündungen ist mit einer Zunahme des Prostatavolumens und klinischen Symptomen assoziiert (7, 9). Des Weiteren konnten zahlreiche Studien eine Assoziation von LUTS mit dem metabolischen Syndrom sowie dem ob­struktiven Schlafapnoe-Syndrom zeigen.

Diagnostik bei BPS-Symptomen

Der Symptomkomplex, der sich bei Männern mit BPH entwickeln kann, wird als benignes Prostatasyndrom (BPS) bezeichnet. BPS beschreibt eine Konstellation, bei der Symptome des unteren Harntrakts (LUTS, lower urinary tract symptoms) bei gutartiger BPE und möglicher Blasenauslassobstruktion (BOO, bladder outlet obstruction) in unterschiedlicher Ausprägung vorliegen (10–12). Die drei Komponenten des BPS korrelieren nur schwach miteinander, bei einem Patienten mit BPS sind alle drei Komponenten vorhanden (Abb. 2) (13, 14). Im Kontext des BPS sollte jedoch nicht ausser Acht gelassen werden, dass auch bei einem Prostatakarzinom identische Symptome bestehen können und somit bei Anhaltspunkten für das Vorliegen eines Prostatakarzinoms eine weiter gehende Abklärung gemäss Leitlinienempfehlungen erfolgt.

Der Begriff BPS hat sich nur im deutschsprachigen Raum etabliert. Im angloamerikanischen Sprachraum wird bei diesem Krankheitsbild von clinical BPH oder LUTS suggestive of BPH gesprochen. LUTS werden eingeteilt in Speicher-, Entleerungs- und Postmiktionssymptome (16). Obwohl viele Männer über 50 Jahre an behandlungsbedürftigen LUTS leiden, suchen viele Betroffene nur ungern medizinische Hilfe. Dies betont die zentrale Rolle der Hausärztinnen und Hausärzte bei der Diagnosestellung des chronisch progredienten BPS. Sie können mögliche BPS-Patienten in der Praxis aktiv auf mögliche Beschwerden ansprechen und bei Verdacht bereits einen Teil der Basisdiagnostik zum BPS durchführen (12). Gemäss der Leitlinie der deutschen Gesellschaft für Urologie beinhaltet die Basisdiagnostik des BPS (soweit in der Hausarztpraxis möglich):

– Anamnese
– Internationaler Prostata-Symptom-Score(IPSS)-Fragebogen (12)
– körperliche Untersuchung inklusive einer orientierenden neurologischen und einer digito-rektalen Untersuchung (DRU)
– Urinanalyse
– Bestimmung des prostataspezifischen Antigens (PSA), idealerweise vor der DRU
– Restharnbestimmung sowie
– Sonographie des oberen und unteren Harntrakts.

Mittels sieben einfacher Fragen erfasst der IPSS-Fragebogen Informationen zu Blasenspeichersymptomen wie imperativem Harndrang, erhöhter Miktionsfrequenz und Nykturie sowie zu Blasenentleerungssymptomen wie abgeschwächtem oder unterbrochenem Harnstrahl, Pressen zur Miktion und Restharngefühl (12). Durch die DRU soll die Prostatagrösse und -konsistenz erfasst werden. Jedoch korreliert das in der DRU gemessene Volumen v.a. bei deutlich vergrösserter Prostata schlecht mit der tatsächlichen Prostatagrösse (17, 18). Der PSA-Wert hingegen korreliert besser mit dem Prostatavolumen, sofern er nicht durch andere pathologische Prozesse beeinflusst ist (19). Die Bestimmung des PSA kann auch zur Abschätzung des Progressionsrisikos und als Differenzialdiagnostik zum Prostatakarzinom dienen (12). Jedoch können beim PSA-Wert auch falsch-positive und falsch-negative Werte auftreten (20). Da die klinische Interpretation des PSA-Wertes komplex ist, ist eine interdisziplinäre oder urologische Beurteilung sinnvoll (21). Die Urinanalyse soll einerseits Differenzialdiagnosen für das Auftreten von Speicher- und Entleerungssymptomen ausschliessen. Andererseits soll sie eine Harnwegsinfektion vor interventioneller Therapie des BPS nachweisen (11).
Als weitere Prädiktoren für eine Progression gelten die Restharnmenge und die Harnstrahlstärke, doch dies sind keine verlässlichen quantitativen Parameter (11). Ist ein Ultraschallgerät in der Praxis vorhanden, sind eine sonographische Bestimmung des Restharnvolumens und die Ul­traschalluntersuchung des oberen und unteren Harntrakts empfohlen (12). Ein erhöhtes Restharnvolumen (200–300 ml) ist ein Hinweis auf eine bereits geschädigte Funktion der Harnblase, welche in einer akontraktilen Harnblase münden kann. Bei auffälligen Befunden sollte die Überweisung an eine Urologin/einen Urologen erfolgen:

– Mikro- und Makrohämaturie
– Inkontinenz/Überlaufharnblase
– Dranginkontinenz
– Rezidivierender Harnverhalt
– Veränderung des Symptomenkomplexes
– Erhöhtes Kreatinin postrenaler Genese
– Neu aufgetretene Niereninsuffizienz
– Soweit durch HA eruierbar: progredienter oder relevanter Restharn unter Therapie, Blasensteine

Ein wichtiger Parameter zur Therapieentscheidung ist die klinisch relevante BOO, die eine relative Indikation zur Operation darstellt. Die urodynamische Untersuchung mit Druck-Fluss-Messung, die der Urologin/dem Urologen vorbehalten ist, stellt den Goldstandard für die Bestimmung der BOO bzw. des BOO-Grades dar. Die Urodynamik ist jedoch mit invasiven Messkathetern für den Patienten belastend (12). Eine wesentlich einfachere Bestimmung der BOO kann mittels Sonographie nicht invasiv und dennoch sicher erfolgen: Die Leitlinie empfiehlt die sonographische Messung der intravesikalen prostatischen Protrusion (IPP), einer Vorwölbung der Prostata in das Blasenlumen. Dabei weist eine IPP > 10 mm eine vergleichbare diagnostische Genauigkeit zur Bestimmung einer BOO wie die Uroflowmetrie auf (22). Die zweite empfohlene Untersuchung ist die sonographische Messung der Detrusordicke (DWT, detrusor wall thickness), die eine hohe Sensitivität und Spezifität für das Vorliegen einer BOO hat (11). Eine sonographisch gemessene Detrusordicke von > 2 mm bei mind. 250 ml Blasenfüllung gilt als Hinweis auf eine BOO. Dabei liegt die Übereinstimmung mit Druck-Fluss-Studien bei 89 % (23). Während diese weiterführenden Abklärungen in die Hand eines geübten Untersuchers gehören, können alle Hausärzte die meisten Basisuntersuchungen selbst durchführen, den Behandlungsbedarf einschätzen, ein Blasentagebuch ansprechen und den Patienten wichtige Informationen mitgeben (12). Somit ist eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit von hoher Wichtigkeit.

Obwohl die Entwicklung eines BPS im Einzelfall nicht vorhersagbar ist, verläuft das BPS meist chronisch progredient (24–26). Bei etwa einem Drittel der Männer mit BPS tritt innerhalb von drei bis fünf Jahren eine Krankheitsprogression auf, die sich meist als Zunahme von LUTS äussert. Sie kann sich aber auch mit dem Auftreten von Veränderungen im Harntrakt wie rezidivierenden Harnwegsinfektionen, Blasensteinen oder Harninkontinenz äussern (2).

Therapieziel und -ansatz

Primäres Ziel bei der Behandlung des BPS sind die Vermeidung von Komplikationen, eine rasche Reduktion der störenden Symptome und die Verbesserung der Lebensqualität (11). Wichtig bei der Therapiewahl ist neben einer individuellen Beurteilung der klinischen Situation mit Einbezug von Komorbiditäten und Arzneimittelinteraktionen auch der Patientenwunsch. 77–93 % der Betroffenen bevorzugen eine Medikation ohne sexuelle Nebenwirkungen (27).

Therapie

Liegen keine relativen oder absoluten Indikationen zur Operation vor, gibt es unterschiedliche Therapiemöglichkeiten. Bei BPS-Patienten mit geringer Symptomatik kann eine Strategie des Watchful Waiting resp. kontrollierten Zuwartens verfolgt werden. Idealerweise ist dies verbunden mit gewissen Empfehlungen zum Lebensstil: Dazu gehören Anpassungen der Trinkgewohnheiten, Blasentraining und Beachtung von diuretischen Medikamenten und reizenden Substanzen wie scharfen Gewürzen, Vermeidung oder moderate Einnahme von koffeinhaltigen oder alkoholischen Getränken, da dies einen diuretischen und/oder irritativen Effekt auslösen oder verschlimmern kann. Dabei sollen auch individuelle Risikofaktoren wie Lebensalter, PSA-Wert, Prostatavolumen, Restharnmenge und Harnstrahlstärke in die Entscheidung miteinfliessen (11, 12). Wichtig bei dieser Strategie sind regelmässige Kontrollen mit Bewertung der Symptomatik und des Leidensdrucks (12).
Eine medikamentöse Therapie sollte in Betracht gezogen werden, wenn es der Leidensdruck des Patienten erfordert oder das initial angewandte Watchful Waiting nicht zu einer zufriedenstellenden Besserung der Symptomatik geführt hat. Hierbei richtet sich die Wahl des Medikaments nach der vorliegenden Symptomatik (21). Die wichtigsten klinischen Effekte, das jeweilige Nebenwirkungsprofil der Medikamentenklassen und das empfohlene Vorgehen zur Nachbeobachtung können Tab. 2 entnommen werden.

Medikamentöse Therapie

Die Therapie von BPS-Patienten kann eine deutlich individuelle Behandlungsmorbidität aufweisen. Die Differenzialindikationen sind medizinisch wenig definiert, was zu einer Therapiekaskade führen kann, die vorwiegend durch intolerable Nebenwirkungen oder einer Non-Response bestimmt wird (11).

Die BOO/BPO ist mit Schädigungen im unteren und/oder oberen Harntrakt assoziiert (28). Da Medikamente zur BPS-Behandlung keine (Phytopharmaka, Antimuskarinika, β-3-Agonisten, Phosphodiesterase-5-Inhibitoren [PDE5-I]) oder nur eine geringe Wirkung (α-Blocker, 5α-Reduktase-Inhibitoren [5-ARIs]) auf die BOO/BPO haben, sollten nur Männer ohne oder mit geringer BOO/BPO medikamentös behandelt werden (11). Wenn keine deutlich obstruktiven Symptome vorliegen und der Patient chemisch-synthetische Produkte ablehnt, können Phytopharmaka, die in randomisierten klinischen Studien dokumentiert sind, als Einstieg in eine medikamentöse Therapie verwendet werden (11). Der Einsatz von Phytopharmaka ist aufgrund widersprüchlicher Studienergebnisse sowie einer grossen Variabilität an Substanzen nicht unumstritten. Es existieren Mono- oder Kombinationspräparate aus Früchten der Sägezahnpalme (Sabal serrulata, Serenoa repens), Brennnesselwurzelextrakte (Urtica dioica), Pollenextrakte (Secale cereale), Kürbissamen (Cucurbita pepo) und Extrakte aus der Rinde des afrikanischen Pflaumenbaumes (Pygeum africanum) (12). Dabei gehören Extrakte aus den Früchten der Sägezahnpalme zu den am häufigsten verwendeten Phytotherapeutika in der BPS-Therapie. Auch Präparate mit Extrakten aus Kürbissamen sind weitverbreitet. Das Nebenwirkungsprofil bei Phytotherapeutika ist sehr gering, insbesondere bezüglich der Aufrechterhaltung der Sexualität (11).

Bei BPS-Beschwerden können chemisch-synthetische Präparate verordnet werden. Zur Abmilderung von LUTS werden α-Adrenozeptor-Antagonisten, sogenannte α-Blocker, eingesetzt. Alfuzosin, Tamsulosin, Silodosin und andere α-Blocker haben einen raschen Wirkungseintritt und erreichen einen maximalen Effekt bereits nach etwa 4 Wochen (12). Allerdings weisen sie bei längerer Einnahme keine Reduktion des Progressionsrisikos auf (11). Zur Langzeitbehandlung (> 6 Monate) eignen sich 5α-Reduktasehemmer wie Finasterid oder Dutasterid. Diese sind bei Männern mit einem Prostatavolumen > 40 cm³ geeignet, da sie das Prostatavolumen zusätzlich zur Linderung der BPS-Symp­tomatik um etwa 25–30 % reduzieren können. Jedoch können sie sich negativ auf die Sexualfunktion auswirken (12). In seltenen Fällen können die Symptome auch nach Absetzen von Finasterid persistieren, was als Post-Finasterid-Syndrom (PFS) bezeichnet wird. Die Datenlage ist jedoch kontrovers, und es ist noch nicht geklärt, ob es sich dabei um einen Nocebo-Effekt oder eine unerwünschte Arzneimittelwirkung handelt (29, 30).

Bei vorherrschender Blasenspeichersymptomatik können Muskarinrezeptor-Antagonisten (z. B. Fesoterodin, Solifenacin, Tolterodin oder Trospiumchlorid), auch als Antimuskarinika bekannt, zum Einsatz kommen. Diese Wirkstoffe können eine Reduktion der Miktionsfrequenz und des imperativen Harndrangs bewirken, vermögen aber weder die Harnstrahlstärke noch die Restharnmenge zu verbessern. Vor ihrer Anwendung sind anticholinerge Nebenwirkungen (z. B. Mundtrockenheit) und Kontraindikationen wie Glaukom zu beachten (12).

Des Weiteren ist der Phosphodiesterasehemmer Tadalafil für die Behandlung des BPS zugelassen (12). Er weist, allerdings über einen anderen Wirkmechanismus, eine ähnlich positive Wirkung wie α-Blocker auf, zeigt aber gegenüber diesen einen Vorteil bei der Besserung einer koinzidenten erektilen Dysfunktion und führt nicht zu einer retrograden Ejakulation (11).

Der β-3-Adrenozeptoragonist Mirabegron ist bei Symptomen der überaktiven Blase gut untersucht, weist jedoch nicht die anticholinergen Nebenwirkungen der Antimuskarinika auf. Zeigen die BPS-Patienten unter einer Monotherapie keinen zufriedenstellenden Behandlungserfolg, kann auf eine Kombinationstherapie gewechselt werden (Tab. 1) (12).

Eine invasive Therapie sollte erwogen werden, wenn die medikamentöse Therapie nicht zu einer ausreichenden Symptomlinderung führt oder wenn eine absolute Indikation für eine Operation besteht (11, 21).

Relative Indikationen zur operativen Therapie:
– Keine adäquate Verbesserung der Symptome unter medikamentöser Therapie
– Progredienz der Symptome unter medikamentöser Therapie
– Persistierend erhöhtes Restharnvolumen (chronische Retention)
Absolute Operationsindikationen:
– Rezidivierender Harnverhalt infolge eines BPS
– Rezidivierende Harnwegsinfektion und/oder Prostata-/Nebenhodeninfektion infolge eines BPS
– Rezidivierende Makrohämaturie (aus Prostatagefässen) infolge eines BPS
– Blasensteine infolge eines BPS
– Blasenpseudodivertikel infolge eines BPS
– Dilatation des oberen Harntrakts ohne/mit Einschränkung der Nierenfunktion

Bei BPS gibt es eine Vielzahl instrumenteller und operativer Verfahren (Tab. 2, Abb. 3). Dabei ist die Wahl des Verfahrens abhängig von folgenden Faktoren: der Prostatagrösse, der Einnahme oraler Antikoagulanzien, dem Vorliegen von Komorbiditäten sowie dem Allgemeinzustand, der Narkosefähigkeit und den individuellen Wünschen des Patienten (z. B. Erhalt der Ejakulationsfähigkeit) (11). Das Referenzverfahren in der interventionellen BPS-Therapie ist derzeit die transurethrale monopolare Resektion der Prostata (mTURP) aufgrund der nachgewiesenen Langzeiteffektivität und der hohen Anwendungszahl (11, 12). Auch die bipolare TURP zeigt vergleichbare Ergebnisse, mit noch geringerer perioperativer Morbidität. Der einzige Unterschied dieser Verfahren ist der hierfür verwendete elektrische Strom, die Operationstechnik ist letztlich dieselbe. Neben der TURP gibt es auch neuere Operationstechniken wie die Vaporisation mittels Laser, wie etwa die Greenlight Laser Vaporisation. Diese zeigt ähnliche Sicherheits- und Wirksamkeitsdaten wie die TURP (11). Enu­kleationstechniken wie offene Adenomenukleation (nach Millin/Freyer), die transurethrale Enukleation mittels bipolarem Instrumentarium oder Laser (HoLEP, ThuLEP) sowie die roboterassistierte Da-Vinci Enukleation können durch die vollständige Entfernung des obstruktiven Gewebes zur Linderung der BPS-Symptome führen (31, 32).

Weniger invasiv ist die Prostata-Arterien-Embolisation (PAE), bei welcher der Blutfluss zur Prostata verringert wird, um das Gewebe zur Schrumpfung zu zwingen. Zudem stehen Patienten auch ejakulationsschonende Optionen zur Verfügung, wie z. B. die konvektive Wasserdampfablation (WAVE, RezumTM) oder die Wasserstrahlablation (Aquabeam®) (11). Ebenso eignet sich das permanente Lifting der prostatischen Urethra (Urolift®) oder ein temporär implantiertes Körbchen aus Nitinol (iTIND) für Patienten, welche einen Ejakulationserhalt wünschen (schematische Übersicht der Techniken, siehe Abb. 3).

Tab. 2 gibt eine Übersicht über die Vorteile, die typischen Indikationsgruppen und Risiken, die mit den verschiedenen Techniken einhergehen. Die meisten Zentren haben sich auf einzelne Verfahren spezialisiert (12).

Malte Rieken 1, Alexander Müller 2, Thomas Rosemann 3, Helge Seifert 4, Christoph Schregel 5, Stephen Wyler 6, Daniel Engeler 7, Hubert John 5

1 alta uro AG, Medizinisches Zentrum für Urologie, Basel
2 Uroviva Spital Limmattal, Schlieren
3 Institut für Hausarztmedizin, Universitätsspital Zürich, Zürich
4 Klinik für Urologie, Universitätsspital Basel, Basel
5 Klinik für Urologie, Kantonsspital Winterthur, Winterthur
6 Urologische Klinik, Kantonsspital Aarau, Aarau
7 Klinik für Urologie, Kantonsspital St. Gallen, St. Gallen

Abkürzungen
5-ARI 5-Reduktase-Inhibitoren
BOO Blasenauslassobstruktion (bladder outlet obstruction)
BPE Benigne Prostatavergrösserung (benign prostatic enlargement)
BPS Benignes Prostatasyndrom
BPH Benigne Prostatahyperplasie
DRU Digito-rektale Untersuchung
DWT Detrusordicke (detrusor wall thickness)
IPP Intravesikale prostatische Protrusion
IPSS Internationaler Prostata-Symptom-Score
LUTS Symptome des unteren Harntrakts (lower urinary tract symptoms)
PAE Prostata-Arterien-Embolisation
PDE5-I Phosphodiesterase-5-Inhibitoren
PSA Prostataspezifisches Antigen
TURP Transurethrale Resektion der Prostata

Historie
Manuskript eingegangen: 03.12.2024
Angenommen nach Revision: 16.04.2025

PD Dr. med. Malte Rieken

alta uro AG, medizinisches Zentrum für Urologie
Centralbahnplatz 6
4051 Basel

rieken@alta-uro.com

Das Manuskript entstand auf Basis eines von Schwabe Pharma Schweiz finanzierten Advisory Boards.
Malte Rieken: Vortragshonorare von Astellas Pharma, Boston Scientific und Schwabe Pharma. Alle weiteren Autoren deklarieren keine Interessenkonflikte.

• Für die Behandlung des BPS steht heute eine grosse Auswahl an medikamentösen und operativen Optionen mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen zur Verfügung.
• In der Hausarztpraxis besteht der Fokus vornehmlich auf der Diagnose und der medikamentösen Therapie.
• Bei der Therapiewahl stehen vor allem die Symptome, die Verbesserung der Lebensqualität und der Patientenwunsch im Vordergrund.
• Von grosser Bedeutung beim Management des BPS sind die individuelle Fallbeurteilung, die gemeinsame Entscheidungsfindung mit dem Patienten und eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen der Hausärztin/dem Hausarzt und den Spezialisten.

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