Impfen und Allergie – Mythen und Fakten

Schwere allergische Reaktionen auf Impfungen sind selten und schwierig vorherzusagen. Sie können durch die aktive Komponente oder durch Hilfsstoffe ausgelöst sein. Am häufigsten sind selbstlimitierende Lokalreaktionen, selten treten schwere Systemreaktionen vom Sofort- oder Spättyp auf. Aufgrund des wirksamen Schutzes und der hohen Bedeutung für die öffentliche Gesundheit sollten Impfungen auch Patienten mit einer Allergie in der Vorgeschichte wann immer möglich zugänglich sein. Hierfür sind eine sinnvolle Abklärung und Vorsichtsmassnahmen in der Verabreichung bei vorliegenden Allergien notwendig.

Serious allergic reactions to vaccines are rare and difficult to predict. They can be triggered by the active component or by excipients. Self-limiting local reactions are the most common, severe systemic reactions of the immediate or delayed type rarely occur. Due to the effective protection and the high importance for public health, vaccination should, whenever possible, also be accessible to patients with a history of allergy. This requires a reasonable diagnostic work-up and precautionary measures for administration in the context of existing allergies.
Key Words: allergy, egg allergy, vaccination, hypersensitivity reactions

In der Prävention von Infektionskrankheiten sind Impfungen hocheffizient und sicher. Die Zahl verdächtiger allergischer Reaktionen auf Impfungen ist viel höher als die Zahl bestätigter allergischer Reaktionen. Schwere allergische Reaktionen treten in ca. 1 Fall pro Million, Anaphylaxien in weniger als 1:100’000 Verabreichungen auf (1). Lokalreaktionen sind am häufigsten und werden von systemischen Reaktionen abgegrenzt (2).

Unterschieden wird zwischen Soforttypreaktionen, die innerhalb einer Stunde nach Verabreichung auftreten, und Spättypreaktionen, die innert Stunden bis Tagen auftreten. Soforttypreaktionen sind typischerweise IgE vermittelt, nebst nicht IgE vermittelten sogenannt anaphylaktoiden Reaktionen (direkte Aktivierung von Mastzellen, Basophilen oder Komplement). Spättypreaktionen sind meist nicht IgE vermittelt und können verschiedenen immunologischen Reaktionstypen nach Coombs und Gell zugeordnet werden. Die schwerste Form der IgE vermittelten Reaktion ist eine Anaphylaxie, die typischerweise innerhalb 30 Minuten und selten erst nach Stunden, dann meist weniger schwer, auftritt. Vaso-vagale und psychogene Reaktionen können eine Anaphylaxie imitieren. Schwere Sofort- und Spättypreaktionen können eine Kontraindikation für zukünftige Impfungen darstellen.

Komponenten der Impfung, die eine Allergie auslösen können

Impfstoffe beinhalten eine aktive Komponente, das mikrobielle Antigen (ganze Organismen, Teile davon oder inaktivierte Toxine), welches selten eine Hypersensitivitätsreaktion auslöst, sowie Zusatzstoffe, auf die die Mehrheit der Reaktionen zurückgeführt werden kann. Typische Beispiele sind Rückstände aus dem Herstellungsprozess wie Eiprotein und Antibiotika, Hilfsstoffe wie Gelatine, Polysorbat, das Konservierungsmittel Thiomersal und Wirkungsverstärker wie Aluminium. Eine Übersicht über Allergenquellen, Beispiele und klinische Relevanz gibt Tabelle 1.

Bezüglich einer Allergie auf Hühnerei gilt, dass Impfstoffe heutzutage meist nur einen sehr geringen Gehalt an Ovalbumin (Gal d2, das im Eiklar mengenmässig dominierende Majorallergen) aufweisen, so dass die Problematik der Impfung von Hühnereiallergikern mehr den Mythen zuzuordnen ist. Influenza-Impfungen mit tiefem Ovalbumin-Gehalt von <1,2 ug/mL (2) (zum Vergleich: eine Eiportion enthält ca. 130 ug Ovalbumin) können bei Hühnereiweissallergikern sicher verabreicht werden (Tab. 2). Einzige Kontraindikation ist eine bekannte lebensbedrohende Anaphylaxie nach Hühnerei-Genuss. Der Gelbfieber Impfstoff enthält mehrere Mikrogramm Ovalbumin, so dass ein Hauttest vor Verabreichung sinnvoll ist. Abbildung 1 dokumentiert die Pricktestung bei einem Patienten mit bekannter schwerer Hühnereiallergie mit positiver Reaktion auf Hühnerei und negativer Reaktion auf den Gelbfieberimpfstoff Stamaril®. Der Impfstoff wurde aufgrund der Testresultate in drei Fraktionen problemlos verabreicht.

Diagnostik bei Patienten mit vermuteter Allergie auf Impfung

Bei der Festlegung der Diagnostik und etwaiger präventiver Massnahmen ist zu berücksichtigen, ob eine frühere Reaktion auf die Impfung stattgefunden hat oder ob eine vorbekannte Allergie auf einen Inhaltsstoff vorliegt. Bei Impfungen, die in Serie gegeben werden, kann die Bestimmung eines Impftiters hilfreich sein, um die Notwendigkeit einer erneuten Impfung abzuschätzen.

Die Diagnostik bei Soforttypreaktionen umfasst Hauttestungen mit dem Impfstoff und Zusatzstoffen. Die diagnostische Sensitivität von Prick- und Intrakutantests mit Impfstoffen ist bei anaphylaxieartigen Reaktionen sehr hoch. Der Impfstoff kann im Pricktest unverdünnt untersucht werden. Intrakutantestungen lösen gehäuft irritative Reaktionen aus, sie werden deshalb oft in der Konzentration 1% in NaCl 0,9% getestet. Intrakutantestungen lassen jedoch aufgrund der inhärenten immunaktivierenden Wirkung Spättyp­reaktionen erwarten, weshalb oft darauf verzichtet wird. Zusatzstoffe wie Hühnereiweiss, Formaldehyd, Aluminiumhydroxychlorid und je nach Fragestellung auch Gelatine, Saccharomyces Cerevisiae und Latex können mittels Prick und Intrakutantestung untersucht werden. Dazu können spezifische IgE z.B. gegen Ovalbumin, Gelatine, Latex und Saccharomyces Cerevisiae bestimmt werden (1).

Massnahmen bei Verabreichung bei Patienten mit vermuteter Allergie auf Impfung

Bei erneuter Verabreichung einer Impfung mit Anamnese einer stattgehabten Reaktion bei früherer Impfung muss nebst den Testresultaten immer der Schweregrad der Indexreaktion berücksichtigt werden. So bedingt das verzögerte Auftreten einer Urtikaria nach einer früheren Impfung weniger Vorsichtsmassnahmen als die Anamnese einer Anaphylaxie mit systemischen Symptomen. Bei negativer Hauttestung kann die Impfung normal verabreicht werden, wobei vorsichtshalber eine Überwachungszeit von mindestens 30 Minuten erfolgt. Bei positiver Hauttestung und Notwendigkeit erneuter Verabreichung erlaubt eine fraktionierte Verabreichung in den meisten Fällen eine erneute Impfung. Ein typisches Verab­reichungsschema in 5 Schritten ist in Tabelle 3 illustriert (3). Im Alltag kommt je nach Bewertung der Vorgeschichte und Test­befunde ein vereinfachtes Schema, z.B. mit einer zweistufigen Verabreichung, häufiger zum Einsatz (Tab. 3).

Allergische Reaktionen auf COVID-19-Impfungen

Vier COVID-19 Impfstoffe sind aktuell in der Schweiz zugelassen: messenger RNA BNT162b2 von Pfizer (Comirnaty®), messenger RNA-1273 von Moderna (Spikevax®), der Vektor Impfstoff Ad26.COV2.S von Janssen und Nuvaxovid®/NVX-CoV2373 von Novavax, ein Protein-basierter Impfstoff. Alle gelten als wirksam und sicher. Anaphylaxien sind mit mRNA basierten Impfungen möglicherweise häufiger als mit anderen Impfstoffen. In einer Metaanalyse zu mRNA-Impfungen lag die Inzidenz einer Anaphylaxie bei 7,91 Fällen pro Million Verabreichungen (4). Der Mechanismus, der den allergischen und anaphylaktischen Reaktionen zugrunde liegt, ist nicht geklärt. Das in den mRNA-Impfungen enthaltene Polyethylenglykol (PEG) ist selten Auslöser allergischer Reaktionen bei Anaphylaxien gegen Produkte und Medikamente, die PEG beinhalten. Die mRNA-Impfungen enthalten PEG 2000, welches ein niedrigeres Molekulargewicht hat als die üblich verwendeten PEG z.B. in Laxantien (typischerweise PEG 3350). Während eigentliche allergische Reaktionen sehr selten sind, sind Hautveränderungen wie das Auftreten einer chronischen Urtikaria für eine Woche bis Monate nach mRNA-Impfstoffen vor allem nach der Boosterimpfung gehäuft beobachtet worden (5). Die Vektor Vakzine enthält Polysorbat, welches strukturell ähnlich wie PEG ist und allergische Reaktionen auslösen kann. Es gibt jedoch keine Bestätigung, dass eine frühere allergische Reaktion auf PEG und Polysorbat das Risiko auf eine Reaktion auf die COVID-Vakzine tatsächlich erhöht. Eine Vorabklärung hinsichtlich einer Allergie auf Polyethylenglykol oder Polysorbat vor Verabreichung der COVID-19 Vakzine ist von fraglichem Nutzen und nicht routinemässig empfohlen (4). Zu berücksichtigen ist auch, dass eine orale Zufuhr von PEG eine andere immunologische Wirkung entfaltet als eine tief subkutane oder intramuskuläre Impfung mit kleinen Mengen PEG.

Dies kann erklären, weshalb auch Patienten mit Nachweis einer Sensibilisierung auf PEG im Hauttest oder Basophilen Aktivierungstest die Impfung trotzdem meist vertragen.

Bei Patienten mit allergischen Reaktionen nach COVID-Impfung ist eine Abklärung empfohlen. Die Hauttestung mit dem Impfstoff selber zeigt dabei eine gute Aussagekraft. Der Impfstoff wird mittels Prick getestet. Sollte zusätzliche eine Intrakutantestung erfolgen, muss die mRNA-Impfung nicht verdünnt werden (wie sonst bei Impfstoffen üblich), da sie als nicht irritativ gilt. Auch die in vitro -Testung mittels Basophilen-Aktivierungstest (BAT) auf Macrogole kann hilfreich sein. Präventionsmassnahmen bei erhöhtem Risiko umfassen die Prämedikation mit einem Antihistaminikum, Überwachung für 30 Minuten oder die fraktionierte Verabreichung.

An Spättypreaktionen wird oft eine verzögert auftretende Urtikaria beobachtet, die auf eine Immunreaktion mit Degranulation von Mastzellen zurückgeführt werden kann. Eine allergologische Abklärung ist hier nicht sinnvoll. Vor weiteren Gaben der Impfung ist eine Prämedikation mit einem Antihistaminikum empfohlen.

Häufig sind auch Lokalreaktionen vom Spättyp mit dolenten Rötungen und Schwellung. Künftige Impfungen können nach Lokalreaktion normal verabreicht werden, wobei eine Injektion in den anderen Arm vorzuziehen ist.

Spättypreaktionen (auch vereinzelt schwere beschrieben) können auf verschiedene immunologische Mechanismen zurückgeführt werden. Diskutiert wird je nach Manifestationsform ein molekulares Mimikry von humanen Proteinen mit dem Spike Protein (6), eine direkte Aktivierung von Toll-like Rezeptoren durch Lipid­nanopartikel (6) oder die mRNA (7) und eine Interaktion des Spike Proteins mit dem ACE-Rezeptor bei vaskulären Phänomenen (6).

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Dr. med. Claude Luder

Universitätsspital Zürich
Allergiestation, Dermatologische Klinik
Rämistrasse 100
8091 Zürich

Dr. med. Susann Hasler

Universitätsspital Zürich
Allergiestation, Dermatologische Klinik
Rämistrasse 100
8091 Zürich

Prof. Dr. med. Peter Schmid-Grendelmeier

Universitätsspital Zürich
Allergiestation, Dermatologische Klinik
Rämistrasse 100
8091 Zürich
www.dermatologie.unispital.ch

peter.schmid@usz.ch

Die Autoren haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

◆ Impfungen sind eine entscheidende Errungenschaft in der Pflege der öffentlichen Gesundheit. Allergische Reaktionen sind sowohl bei herkömmlichen Impfstoffen als auch bei mRNA-Impfungen selten. Bei korrekter Einschätzung etwaiger Reaktionen auf Impfungen, unter Zuhilfenahme der verfügbaren diagnostischen Mittel und Einsatz von Vorsichtsmassnahmen kann die Sicherheit der Patienten optimal gewährt werden.

1. Nilsson L et al. Vaccination and allergy: EAACI position paper, practical aspects. Pediatr Allergy Immunol. 2017 28(7):628-640.
2. Sarti L et al. Diagnosis and management of hypersensitivity reactions to vaccines. Expert Rev Clin Immunol. 2020;16(9):883-896.
3. Kelso JM et al., Adverse reactions to vaccines practice parameter 2012 update. J. Allergy Clin Immunol. 2012;130:25-43
4. Greenhawt M et al. The Risk of Allergic Reaction to SARS-CoV-2 Vaccines and Recommended Evaluation and Management: A Systematic Review, Meta-Analysis, GRADE Assessment, and International Consensus Approach. J Allergy Clin Immunol Pract. 2021;9(10):3546-3567.
5. Prasad S et al. Cutaneous reactions following booster dose administration of COVID-19 mRNA vaccine: A first look from the American Academy of Dermatology/International League of Dermatologic Societies registry. JAAD Int. 2022;8:49-51.
6. Trougakos IP et al. Adverse effects of COVID-19 mRNA vaccines: the spike
hypothesis. Trends Mol Med. 2022;28(7):542-554.
7. Teijaro JR, Farber DL. COVID-19 vaccines: modes of immune activation and future challenges. Nat Rev Immunol. 2021;21(4):195-197.

Der anaphylaktische Schock

Der folgende Fall bezieht sich auf eine nahezu tödliche Anaphylaxie mit 24-minütiger Asystolie bei einem 35-jährigen Mann mit Mastozytose nach einem Bienenstich, trotz 5-jähriger spezifischer Immuntherapie. Eine erfolgreiche kardio-pulmonale Reanimation wurde 32 Minuten lang durchgeführt.

Fallvignette

Ein 35-jähriger Mann arbeitet als Gärtner und ist gegenüber Insektenstichen entsprechend exponiert. Nach einem Bienenstich erlitt der Patient eine schwere anaphylaktische Reaktion mit Hypotonie und Bewusstseinsverlust (Reaktion des Grades IV) (1). Darauf wurde 2008 eine Immuntherapie mit Bienengift eingeleitet, die vom Patienten gut toleriert wurde. Eine Nachkontrolle fast fünf Jahre später ergab einen Tryptase-Wert von neu 20.5 µg/l sowie die Diagnose einer kutanen Mastozytose (TMEP). Da der Mann weiterhin als Gärtner arbeitete, stellte sich die Frage, ob er wirklich geschützt war.

Stichprovokation mit lebender Biene unter Intensiv-Überwachung (Inf, EKG, RR, O2)

Die Stichprovokation wurde unter Einhaltung aller erforderlichen Vorsichtsmassnahmen durchgeführt. Vier Minuten nach dem Stich entwickelte der Patient folgende Symptome: Flush, Dyspnoe, Erbrechen, Verwirrtheit; sofortige Gabe von 2 Amp (4mg) Clemastin (Tavegyl®), 250mg SoluMedrol®, 2 Adrenalininjektionen mittels Autoinjektor Epipen® a je 0.3 mg Adrenalin subkutan. Dennoch innert Minuten fortschreitend zu Bewusstlosigkeit, Herzkreislaufversagen, Asystolie während >20 Minuten. Total 6mg Adrenalin iv, 6000 ml PPL, 4-malige Defibrillation, mechanische CPR während 35 Minuten. Hämatokrit 1h nach Rea 56% trotz 8l Volumen (Zeichen der Hämokonzentration infolge des durch Histamin induzierten Capillary leak), SR, eigene Herzaktivität, 3 -Tage induziertes Hypothermie-Koma. Patient erwacht, initial delirös, zunehmende Erholung. Demissio 14 Tage nach der Stichprovokation, weitgehend ohne Residuen.

Api m 10 (Icarabin) – Sensibilisierung

Api m 10 (Icarabin) wurde als ein Hauptallergen von Honigbienengift (HBV) mit potenziell hoher Relevanz für die Diagnostik und Therapie von Giftallergien beschrieben. Icarabin könnte Grund für das Versagen der spezifischen Immuntherapie sein («Mismatch» auf molekularem Niveau zwischen Extrakt und Bienengift).

Therapie

Omalizumab (Xolair®) 300mg jede 4. Woche
Weiterhin SIT mit Bienengift ALK Alutard® 100’000 SQ-E
Aufdosierung mit BG Pharmalgen® wässrig 200 µg
nun total 300’000 SQ-E (total 300µg BG) alle 4 Wochen

Antihistaminikum (Xyzal®) 2/Tag (aktuell noch 1/Tag)
H2-Blocker (Zantic®) 300mg/d (gestoppt 2017)
Chromoglykate (Nalcrome®) 3 x 200mg/d

Follow Up

Der Patient arbeitet wieder als Gärtner. 2019 erneut ein Bienenstich. Ausser Angst ohne Befund. 2020 zwei Bienenstiche: keine Reaktion.

Fazit

Das Beispiel zeigt, dass bei einer Anaphylaxie mit Herz-Kreislauf-Stillstand eine verlängerte kardio-pulmonale Reanimation von bis zu 40 Minuten angemessen sein kann, um die Halbwertszeit des massiv freigesetzten Histamins zu überwinden. Das Scheitern der spezifischen Immuntherapie war möglicherweise auf eine Sensibilisierung gegenüber dem Allergen Api m 10 zurückzuführen, das in kommerziellen Bienengiftextrakten möglicherweise unterrepräsentiert ist.

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

Prof. Dr. med. Peter Schmid-Grendelmeier

Universitätsspital Zürich
Allergiestation, Dermatologische Klinik
Rämistrasse 100
8091 Zürich
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peter.schmid@usz.ch

Der Autor hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

◆ Anaphylaxie entwickelt sich rasch
◆ f(Tempo)= Gefährlichkeit.
◆ Adrenalin und Volumen sind vital
◆ Reanimieren lange (>30 Min.) um Halbwertszeit von Histamin
(20-30 Min) zu überdauern
◆ Serum-Tryptase kann Anaphylaxie spiegeln

1. Micaletto et al. CASE REPORT Honey bee venom re-challenge during specifc immunotherapy: prolonged cardio-pulmonary resuscitation allowed survival in a case of near fatal anaphylaxis Sara Micaletto1 et al. Allergy, Asthma & Clinical Immunology (2022) 18:44 https://doi.org/10.1186/s13223-022-00687-x

Sexualität im Alter – Zeit in der Praxis ein Tabu zu brechen

Sexualität ist bis ins hohe Alter ein wichtiger positiver Faktor der Lebensqualität. Auch ältere Menschen praktizieren regelmässig Sex und sind mehrheitlich mit ihrem Sexualleben zufrieden. Biologische Veränderungen, bestehende Komorbiditäten, funktionelle Einschränkungen und Nebenwirkungen von Medikamenten sind Faktoren, welche die sexuelle Zufriedenheit negativ beeinflussen. Optimierung dieser Faktoren, wie funktionelle Einbussen oder die Reduktion der Medikamente, sind einfache Massnahmen. Der Wechsel von einer autonomen in eine betreute Wohnform kann das sexuelle Erleben dramatisch verändern. Mit der Enttabuisierung der Sexualität, der kompetenten Beratung und der Offenheit der Institutionen gegenüber den sexuellen Bedürfnissen der Bewohnerinnen und Bewohner kann die Lebensqualität in solchen Wohnformen signifikant gesteigert werden.

Sexuality is an important contributor to quality of life even in advanced age. Older persons are regularly engaged in sexual activities and report a high level of satisfaction. Age associated biological changes, functional decline, comorbidities and medication side effects are common factors with negative impact upon sex life. Optimizing such factors and a thorough medication review are simple measures in daily practice.
Moving into a logterm care facility has the risk of a significant influence on sexual life in older persons. Thus, an open minded approach respecting privacy and sexual desire of older persons in such institution may improve quality of life.
Key Words: sexuality, older persons, geriatric patients

Die «reguläre» Konsultation in der Praxis ist häufig auf somatische Themen fokussiert. Dabei werden gewisse Tabuthemen gerne ausgeblendet. Selbst bei jüngeren Patientinnen und Patienten fällt es schwer, das Thema Sexualität anzusprechen. Wer fragt schon gern freiwillig nach dem Sexleben anderer Menschen, und dies erst noch bei alten Menschen? Kann und darf man das Thema «Sexualität im Alter» in der Konsultation ansprechen? Wir meinen «ja» und geben im folgenden Artikel einen knappen Überblick über neuere Arbeiten zu diesem oft tabuisierten Thema.

Was bedeutet Sexualität im Kontext des Gesund Alt Werdens?

Gesundes Altern wurde im Jahre 2015 im WHO World Report on Ageing and Health (1) in einem ausführlichen Dokument definiert. Hierunter wird ein Prozess beschrieben, der trotz eventuell vorliegender chronischer Erkrankungen dazu führt, funktionelle Fähigkeiten zu entwickeln oder zu erhalten, die mit Wohlbefinden einhergehen. Dem Thema Sexualität im Alter ist in diesem über 200 Seiten starken Werk eine Seite gewidmet, die sich primär über die geringe Datenlage beschwert, jedoch klar formuliert, dass die Sexualfunktion ein wichtiges Kriterium der Lebensqualität im Alter darstellt. Im gleichen Bericht werden Daten präsentiert, die zeigen, dass bis zum Alter von 64 Jahren fast dreiviertel der Menschen noch mindestens einmal pro Woche Verkehr haben und die Hälfte der 65-74-Jährigen ebenfalls noch sexuell aktiv sind. Sogar ein Viertel der 75-85-jährigen Menschen haben mindestens 1x/Woche (penetrierenden) Sex miteinander (1). Eine neuere Untersuchung beschreibt sogar Frequenzen um 70 % bei Personen, die 75 Jahre und älter sind (2). Sexualität im Alter bedeutet aber wie bei jungen Menschen mehr als Geschlechtsverkehr. Dazu gehört der Austausch von Zärtlichkeiten, wie Umarmungen, sich küssen, sich berühren, Petting oder auch Selbstbefriedigung. Jede Person hat eine individuelle Vorstellung und somit Definition von Sexualität. Darum ist es auch wichtig, zu erfragen, was sie darunter versteht, falls das Thema zur Sprache kommt.

In der Gesellschaft wird das Sexleben älterer Menschen oft nicht verstanden, obwohl diese selbst der Ansicht sind, dass Sex Bestandteil ihrer persönlichen Lebensqualität ist. In einer neueren Analyse zum Thema Sex im Alter konnte die Forschungsgruppe insgesamt 5 wichtige Themenkreise identifizieren, die für die Betreuung und Beratung älterer Menschen von Belang sind (Tab. 1) (3).

Dass Menschen in der Schweiz heute früher Sex haben, als vor 60 Jahren, wurde im Jahr 2009 von der Eidgenössischen Kommission für Kinder-und Jugendfragen publiziert. Während im Jahr 1972 rund 20% Männer und 30% Frauen mit 17 Jahren schon Sex hatten, stieg die Zahl im Befragungsjahr 2007 auf 56% beziehungsweise 66%. Unseres Wissens gibt es aber keine Umfragen zur Frage, ob auch die sexuelle Aktivität im Alter angestiegen ist. Ein Trend in diese Richtung ist aber denkbar. Ein entscheidendes Kriterium ist der Beziehungsstatus (allein oder mit Partnerin/Partner). Eine Umfrage aus dem Jahr 2017 untersuchte die Frequenz von sexueller Aktivität und Zärtlichkeiten in Abhängigkeit von Alter, Geschlecht und Beziehungsstatus (2). Personen in Beziehungen waren geschlechtsunabhängig in über 80% sexuell aktiv, während die Frequenzen auf rund 5% bei Frauen und 18 % bei Männern san-ken, wenn sie keine Partnerin/Partner hatten. Zunehmendes Alter korreliert zudem positiv mit sexueller Dysfunktion und negativ mit sexuellem Verlangen (4). Sexualität ist auch im Alter nicht auf das Körperliche reduziert. Weitere, mindestens genauso wichtige Faktoren, sind die eigene Haltung und bisherige Erfahrungen zu Sex, deren subjektiv erlebte Bedeutung für die Beziehungsqualität sowie kulturelle Determinanten (5). Vielfach wird Sexualität älterer Personen als Intimität verstanden, die von beiden Geschlechtern gleich gelebt wird. Hingegen gaben ältere Männer häufiger sexuelle Gedanken und sexuelle Aktivität an als Frauen. 27% der Personen zwischen 60-82 Jahren äusserten häufiger sexuelle Gedanken, als der Durchschnitt einer Vergleichspopulation von 22-36-Jährigen (6). Dies zeigt, dass das Thema für den Praxisalltag durchaus relevant ist.

Was beeinflusst unser Sexualleben im Alter?

Das grösste «Sexualorgan» ist das zentrale Nervensystem. Impulse aus verschiedenen Hirnarealen, Hirnnerven und dem Hirnstamm regeln und steuern Libido, Erregung und nicht zuletzt diejenigen physiologischen Vorgänge, die letztendlich zum Orgasmus und der damit verbundenen Befriedigung führen (7). Bei beiden Geschlechtern sind mehr oder weniger ähnliche Areale involviert. Einzig der sexuell dimorphe Kern im Thalamus steuert die Sexualität bei Frauen und Männern unterschiedlich (8). Dabei spielen eine Vielzahl von Neurotransmittern eine Rolle; Dopamin und Serotonin als Mediatoren der sexuellen Zufriedenheit scheinen besonders wichtig zu sein (7). Aber auch andere Formen der Sexualität, wie schmusen, streicheln oder sich umarmen werden bis ins hohe Alter als Bestandteil einer guten Lebensqualität geschätzt. Sie werden mit zunehmendem Alter wichtiger als die Koitus-assoziierte Sexualität. Gleichzeitig verändern sich die Sexualorgane von Frau und Mann.

Bei der Frau werden viele Veränderungen im Rahmen der Menopause getriggert. Häufig leiden postmenopausale Frauen unter einer Abnahme der vaginalen Sekretproduktion, was zu einer schmerzhaften Penetration führen kann. Der Introitus verengt sich, die Vaginalwand wird dicker und verkürzt sich. Frauen erleben zudem eine Abnahme der sexuellen Erregbarkeit (Arousal). Die altersbedingte Abnahme der endogenen Testosteronproduktion bei Männern verläuft im Vergleich zur Menopause wesentlich langsamer, ist aber auch mit Veränderungen der Sexualität verbunden. Neben der Abnahme des Arousal und der Menge des Prostatasekrets steht die erektile Dysfunktion mit ihren Effekten auf die Tumeszenz, Schwellköperentleerung und die verzögerte Wiedererregbarkeit im Vordergrund.

Komorbiditäten und Medikamente

Bestehende Komorbiditäten wirken sich negativ auf die vorher genannten physiologischen Veränderungen aus. Die Palette reicht von Arthrosen über Polyneuropathien, chronische Schmerzen bis hin zu psychischen oder kognitiven Störungen (Depression, Demenz). Hinzu kommen die Effekte von Genuss- und Suchtmitteln wie Alkohol, Nikotin und anderen Drogen. Eine Vielzahl von Pharmaka mit Wirkung auf das ZNS (inklusive Rückenmark) beeinflussen aufgrund ihrer Effekte die beiden Neurotransmitter Dopamin und Serotonin. Darum sollte bei entsprechenden Beschwerden stets die Indikation für diese Substanzen kritisch überprüft werden. Bereits eine Reduktion der Dosis kann zu einer Verbesserung der Symptomatik führen (Tab. 2).

Sexualität in der Grundversorgung, ein Tabu?

In der Praxis scheint das Thema Sex tabuisiert. Nur gut 20% der Frauen und knapp 40% der Männer im Alter über 50 Jahren sprechen darüber. Je älter die Person ist, desto häufiger schweigen «beide Seiten». Insbesondere Frauen scheinen hier benachteiligt. Eine grössere Umfrage aus dem UK zeigte, dass nur bei 68% der Frauen über 65 Jahre über Sexualität im Alter gesprochen wurde, obwohl 97% der Befragten gerne darüber gesprochen hätten und ein Grossteil (80%) sogar bereit gewesen wären, einen zweiten Termin zu dieser Thematik abzumachen (10). Das Ergebnis derselben Befragung zeigt, dass sowohl Ärztinnen als auch Ärzte gewisse Vorurteile haben, wenig über die Sexualität im Alter wissen, unter Zeitdruck stehen und Sexualität oft auf Erektionsstörungen reduzieren. Andererseits schämen sich die Patientinnen und Patienten und hoffen darauf, dass das Thema vom «Gegenüber» angesprochen wird (10).

Und im Langzeitbereich?

In der Schweiz leben rund 90’000 ältere Personen in Langzeitinstitutionen, davon sind drei Viertel 80 Jahre und älter (11). Leider wird das Praktizieren von Sexualität in solchen Institutionen oft gestört, beispielsweise durch unzureichende Privatsphäre, Mangel an Partnerin oder Partner, (negative) Haltung der eigenen Familienmitglieder, der Pflege, aber auch der Hausärztinnen und Hausärzte sowie unzureichende Kenntnisse über Sexualität im Alter (12).

Tipps für den Alltag

Manche Dinge erfahren wir nur, wenn wir aktiv danach fragen. Das bedeutet allerdings, dass wir die eigene Scham überwinden, den «richtigen Moment» erwischen und lernen, zwischen den Zeilen zu lesen. Nicht selten wird das Thema Sexualität am Schluss eines Gesprächs angetönt. Idealerweise gehört es zu einer «typischen» Systemanamnese, auch bei älteren Personen. Entscheidend ist zudem die Frage, wer die ideale Person ist, um das Thema auf-zugreifen. Dabei sollte man sich der eigenen Haltung und Werte im Klaren sein (13). Eine gute Option bietet auch die «ideale Verpackung» für die Thematik. Gute Einstiegsmöglichkeiten sind direkte, klare, offene Fragen: «Wie geht es mit dem Sexualleben»? Sind Sie noch sexuell aktiv?»

Im Zusammenhang mit psychischen Störungen und deren Medikation kann man beispielsweise die Grunderkrankung oder potenzielle medikamentöse Nebenwirkungen auf die Sexualität einleitend erwähnen. Bei Frauen in der Peri-Menopause eignen sich Fragen zu menopausalen Beschwerden gut als Einstieg in die Thematik (13). Fragen nach der sexuellen Orientierung (sofern nicht schon bekannt) oder Kontakte zu Sexarbeiterinnen (insbesondere bei Männern) können zusätzlich helfen, das Problem zu verstehen.

Wie weiter?

Mit der Enttabuisierung der Sexualität im persönlichen Gespräch und der Rückversicherung, dass Sex auch im Alter ein wichtiger Faktor der Lebenszufriedenheit ist, hat man therapeutisch schon viel erreicht. Es kann durchaus sein, dass Frauen bezüglich Östrogenisierung der Vaginalschleimhaut oder Gleitmitteln beraten werden. Je nach Beschwerden ist eine gynäkologische Mitbetreuung indiziert. Bei Männern mag die erektile Dysfunktion im Vordergrund der Beschwerden stehen, aber Sexualität im Alter bedeutet mehr als Viagra. Zurückhaltung ist geboten bei Substanzen zur Steigerung der Libido, denn hier sind die Effekte anekdotisch. In Fällen von sexueller Überaktivität werden bei Männern mit kognitiver Einschränkung gelegentlich Anti-Androgene eingesetzt, deren Effekte auf die schon physiologisch tiefen Testosteronspiegel sehr fraglich sind.

Gibt es Beratungsstellen oder Modelleinrichtungen?

Trotz intensiver Internetrecherche haben wir keine für die Thematik Sexualität im Alter spezifische Sammlung oder ein vorbildliches Sexualkonzept einer Institution gefunden. Auf der Homepage Sexuelle Gesundheit Schweiz (www.sexuelle-gesundheit.ch) finden sich jedoch eine Liste von regionalen Beratungsstellen und sexualtherapeutisch aktiven Therapiepersonen. Für homosexuelle Menschen bietet sich die Seite des Vereins www.queerAltern.ch an.

Sowohl Pro Senectute Schweiz als auch der Schweizerische Heimverband Curaviva befassen sich online mit der Thematik. Modellinstitutionen, die als Musterbeispiel für ein gelebtes Sexualkonzept gelten, sind aber nicht gelistet. Die in Tabelle 3 aufgeführten Faktoren können aber durchaus zur «sexuellen» Lebensqualität in Alters- oder Pflegeheimen beitragen.

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PD Dr. med. Thomas Münzer

Geriatrische Klinik St. Gallen AG
Rorschacher Strasse 94
9000 St. Gallen

thomas.muenzer@geriatrie-sg.ch

Dr. med. Annette Ciurea

Age Medical – Zentrum Gesundheit im Alter
Hardturmstrasse 131
8005 Zürich

Die Autoren haben keine Interessenkonflikte im
Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

1. World Health O. World report on ageing and health. Geneva: World Health Organization; 2015 2015.
2. Freak-Poli R, Kirkman M, De Castro Lima G, Direk N, Franco OH, Tiemeier H. Sexual Activity and Physical Tenderness in Older Adults: Cross-Sectional Prevalence and Associated Characteristics. J Sex Med. 2017;14(7):918-27.
3. Bauer M, Haesler E, Fetherstonhaugh D. Let’s talk about sex: older people’s views on the recognition of sexuality and sexual health in the health-care setting. Health Expectations. 2016;19(6):1237-50.
4. Wang V, Depp CA, Ceglowski J, Thompson WK, Rock D, Jeste DV. Sexual health and function in later life: a population-based study of 606 older adults with a partner. Am J Geriatr Psychiatry. 2015;23(3):227-33.
5. Srinivasan S, Glover J, Tampi RR, Tampi DJ, Sewell DD. Sexuality and the Older Adult. Curr Psychiatry Rep. 2019;21(10):97.
6. Kolodziejczak K, Rosada A, Drewelies J, Duzel S, Eibich P, Tegeler C, et al. Sexual activity, sexual thoughts, and intimacy among older adults: Links with physical health and psychosocial resources for successful aging. Psychol Aging. 2019;34(3):389-404.
7. Calabrò RS, Cacciola A, Bruschetta D, Milardi D, Quattrini F, Sciarrone F, et al. Neuroanatomy and function of human sexual behavior: A neglected or unknown issue? Brain Behav. 2019;9(12):e01389.
8. He Z, Ferguson SA, Cui L, Greenfield LJ, Paule MG. Development of the sexually dimorphic nucleus of the preoptic area and the influence of estrogen-like compounds. Neural Regen Res. 2013;8(29):2763-74.
9. Faubion SS, Rullo JE. Sexual Dysfunction in Women: A Practical Approach. Am Fam Physician. 2015;92(4):281-8.
10. Morton L. Sexuality in the Older Adult. Prim Care. 2017;44(3):429-38.
11. (BAG) BfG. Sozialmedizinische Betreuung in Institutionen und zu Hause 2019 [Medienmitteilung]. 2019 https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/gesundheit/gesundheitswesen.assetdetail.14817268.html.
12. Richardson JP, Lazur A. Sexuality in the nursing home patient. Am Fam Physician. 1995;51(1):121-4.
13. Taylor A, Gosney MA. Sexuality in older age: essential considerations for healthcare professionals. Age Ageing. 2011;40(5):538-43.

Zunehmende Relevanz HPV- induzierter Mesopharynxkarzinome

HPV-induzierte Mesopharynxkarzinome zeigen einen raschen Inzidenzanstieg und werden voraussichtlich 2030 die wichtigste Krebserkrankung im HNO-Bereich sein. Trotz der Tatsache, dass die Diagnose häufig anhand einer Lymphknotenmetastase gestellt wird, ist die Prognose besser als diejenige von Nicht-HPV-induzierten Mesopharynxkarzinomen. Auch die aktuelle Auflage der TNM-Klassifikation trägt dieser Tatsache Rechnung. Die Therapie erfolgt dennoch aktuell noch sehr ähnlich, wobei in Zukunft allfällige Deeskalation von Therapieregimes ebenso wie die epidemiologischen Auswirkungen der HPV-Immunisierung abzuwarten bleiben.

HPV-associated oropharyngeal carcinomas demonstrate a rapid increase of incidence and will be the predominant malignant tumor in the head and neck area by 2030. Even though cervical lymph node metastases lead to the diagnosis in many cases, the prognosis is better than in its HPV-negative counterparts. This is also reflected by the actual edition of the TNM classification. Currently, treatment is still very similar, whereas potential de-escalation of treatment regimens can be expected in the future as well as a potential decrease of incidence as a result of the HPV immunization campaigns.
Key Words: Human Papillomavirus, Oropharyngeal cancer, Head and Neck cancer

Hintergrund

Bei den mukosalen Plattenepithelkarzinomen des HNO-Bereichs zeichnete sich in den letzten Jahren ein Paradigmenwechsel ab: Breit angelegte Tabakpräventionskampagnen führten zu einem sukzessiven Rückgang von Tumorerkrankungen wie beispielsweise Mundhöhlen- oder Larynxkarzinomen, nicht aber zu jenem von Karzinomen des Mesopharynx (welche sogar ansteigend waren). Dieser epidemiologische Trend konnte mit dem vermehrten Auftreten von karzinogenen Hochrisikotypen der humanen Papillomaviren (HPV) im lymphoepithelialen Gewebe der Gaumen- und Zungengrundtonsillen in Verbindung gebracht werden. In Anbetracht des raschen Anstiegs der Inzidenz HPV-induzierter Mesopharynxkarzinome, die bereits heute die häufigste HPV-induzierte Krebserkrankung bei Männern repräsentiert, muss davon ausgegangen werden, dass diese Entität ab ca. 2030 das vorherrschende Malignom im HNO-Bereich darstellen wird (1-4). Dies möchten wir zum Anlass nehmen, um dieses noch relativ junge Krankheitsbild, welches sich doch in einigen Details von den Nicht-HPV-assoziierten Malignomen im HNO-Bereich unterscheidet, etwas genauer zu beleuchten.

Karzinogenese

Für mehr als 90% der HPV-induzierten Mesopharynxkarzinome ist HPV Typ 16 das ursächliche Karzinogen, gefolgt von HPV Typ 18, 33 und 35. HPV weist eine Prädilektion für das lymphoepitheliale Gewebe der Krypten der Gaumen- und Zungengrundtonsillen auf, die bis dato nicht geklärt ist. Eine mögliche Rolle könnte eine Biofilmbildung spielen, von welchen aus eine Infektion des Kryptenepithels erfolgt. Die Integration der HPV-DNA ins Genom der Wirtszelle führt zur Expression der Onkoproteine E6 und E7. Ersteres verhindert über eine Interferenz mit dem Tumorsuppressor p53 die DNA-Reparatur und die Apoptose. Letzteres führt über die Inaktivierung des Retinoblastomproteins zur Akkumulation genetisch alterierter Zellen, was beides zur onkogenen Transformation führt. Die Inaktivierung des Retinoblastomproteins führt zur Akkumulation des p16-Proteins, was – wie wir später diskutieren werden – Implikation auf die Diagnostik besitzt (5-8).

Klinik

In den meisten Fällen führt bei Patienten mit einem noch unbekannten HPV-induzierten Mesopharynxkarzinom eine zervikale Lymphadenopathie zur ärztlichen Konsultation. Diese kann zystisch sein und auf den ersten Blick benigne anmuten, was zur Fehldiagnose einer lateralen Halszyste führen kann. Es wird vermutet, dass zelluläre Abbauprodukte des Tumorstoffwechsels zu einer Blockade des lymphatischen Abflusses und so zur zystischen Transformation der Lymphknotenmetastasen führen können. Nicht selten ist der ursächliche Primärtumor klinisch nur schwer oder gar nicht zu erkennen. Diese frühen, teils okkulten HPV-induzierten Karzinome können über die diskontinuierliche Basalmembran der Tonsillenkrypten früh Anschluss an das Lymphsystem erhalten, was zu der beschriebenen früh im Verlauf auftretenden regionären Lymphknotenmetastasierung führen kann (9, 10).

Diagnostik

Die Diagnostik bei Verdacht auf ein Malignom des HNO-Bereichs fusst stets auf einer kompletten HNO-Untersuchung inklusive einer transnasalen Fiberendoskopie. Zeigt sich hierbei ein sichtbarer und zugänglicher Primärtumor, wird eine Biopsie in Lokalanästhesie entnommen. Als nächster Schritt schliesst sich eine Ultraschalluntersuchung der Halsweichteile mit einer Feinnadelpunktion (FNP) an. Hierbei gilt es zu beachten, dass die bei soliden Tumoren hochsensitive FNP (>95%) bei zystischen Läsionen (wie einer zystischen Lymphknotenmetastase) weniger zuverlässig ist (Sensitivität 50-75%). Beim adulten Patienten ist daher das Vorliegen einer zystischen Läsion der lateralen Halsweichteile bis zum Beweis des Gegenteils nicht mit einer lateralen Halszyste gleichzusetzen, sondern verdächtig auf eine zystische Lymphknotenmetastase. Dies wiederum impliziert, dass eine für Tumorzellen negative FNP in diesem Kontext grundsätzlich als «falsch-negativ» betrachtet und die Diagnose auf histologischer Ebene durch eine Exzision mit Schnellschnittuntersuchung in Neck dissection-Bereitschaft erzwungen werden muss. Zeigt sich in der klinischen Untersuchung weiterhin ein der Biopsie zugänglicher Primarius, wird dieser in Oberflächen- oder Lokalanästhesie biopsiert. Das gewonnene zytologische und histologische Material wird standardmässig immunhistochemisch auf eine p16-Expression untersucht. Dieser Surrogatmarker weist eine Sensitivität von 94-97% und eine Spezifität von 83-84% für eine HPV E6/E7 mRNA-Expression auf. Bei Unklarheiten oder für wissenschaftliche Fragestellungen kann zusätzlich eine HPV-PCR oder eine In-Situ-Hybridisierung durchgeführt werden (11-15).

Die Abklärung eines HPV-induzierten Mesopharynxkarzinoms beinhaltet immer auch ein oder mehrere Verfahren der Schichtbildgebung: Hierfür stehen sowohl die Computertomographie (CT), die Magnetresonanztomographie (MRT) als auch die Positron Emissions Tomographie (PET)/CT zur Verfügung. Gerade letztere Untersuchung kommt häufig zur Anwendung, da – bei der oft vorkommenden Konstellation einer Lymphknotenmetastase mit (noch) okkultem Primarius – das Staging eine Primärtumorlokalisation erfordert oder bei Diagnose bereits mehrere Lymphknotenmetastasen vorhanden sind (Abb. 1a und 1b). Auch bei ausgedehnten Primärtumoren (T4) kommt die PET/CT zur Anwendung (11, 12).

Die Untersuchung in Narkose im Rahmen einer sogenannten Panendoskopie beinhaltet in aller Regel den letzten Abklärungsschritt und beinhaltet eine Inspektion und Palpation von Mundhöhle und Mesopharynx, eine direkte Laryngoskopie, eine Oesophagoskopie und eine Bronchoskopie. Ziel der Panendoskopie ist die Suche nach dem Primarius (Abb. 2), eine Biopsie desselben, eine Beurteilung hinsichtlich seiner Resektabilität und – bei Patienten mit gleichzeitigen Risikofaktoren wie Alkohol- und Nikotinabusus – ein Ausschluss synchroner Primärtumoren. Ist auch im Rahmen der Panendoskopie kein Primärtumor sichtbar, schliesst sich in derselben Narkose eine ipsilaterale diagnostische Tonsillektomie an. Zur Verfügung steht in ausgewählten Fällen zudem eine transorale Zungengrundmukosektomie mit dem CO2-Laser oder dem Operationsroboter (11, 12).

TNM-Staging

Seit dem Erscheinen der 8. Auflage des TNM-Stagings existiert eine eigene TNM-Klassifikation für p16-positive Mesopharynxkarzinome. Diese unterscheidet sich von derjenigen der p16-negativen Mesopharynxkarzinome und von der 7. Auflage dahingehend, dass die T4a- und T4b- in eine T4-Kategorie zusammengefasst wurden. Ebenso ähnelt die N-Klassifikation derjenigen des Nasopharynxkarzinoms; zudem ist bemerkenswert, dass – anders als bei p16-negativen Karzinomen – die extrakapsuläre Ausdehnung von Lymphknotenmetastasen nicht mehr in das Staging miteinfliesst (Tab. 1 und 2) (11, 16).

Therapie und Prognose

Sämtliche Therapieempfehlungen müssen an einem interdisziplinären Kopf-Hals-Tumorboard besprochen werden. Das Therapieansprechen und die Prognose von HPV-assoziierten Mesopharynxkarzinomen ist signifikant besser als dasjenige von Patienten ohne HPV-Assoziation. Mangels prospektiver Studien werden p16-positive und -negative Mesopharynxkarziome derzeit noch ähnlich behandelt und es findet noch keine Risikostratifizierung statt. Es ist zu erwarten, dass sich in Zukunft die Therapieempfehlungen von HPV-positiven und -negativen Mesopharynxkarzi­nomen unterscheiden werden. Zur Verfügung stehen grundsätzlich die Chirurgie, die Radiotherapie und die Systemtherapie. Der ­Stellenwert letzterer ist vor allem durch die konkomittierenden Chemotherapien mit Cisplatin während Radiotherapien gegeben; eine alleinige Systemtherapie findet im palliativen Setting oder – in Ausnahmefällen – als Induktionschemotherapie Anwendung.

Frühe Tumorstadien. Grundsätzlich sollten Patienten mit frühen Tumorstadien (T1-T2, N0-N1 mit einer singulären Lymphknotenmetastase <3cm ohne extrakapsuläre Ausdehnung) wenn immer möglich unimodal behandelt werden. Grund hierfür sind die hohen Heilungsraten von 80-90% sowohl bei chirurgischer als auch bei radiotherapeutischer Therapie, aufgrund derer auf eine Kumulation der Toxizität beider Behandlungsmethoden nach Möglichkeit verzichtet werden soll. Verschiedene prospektive multizentrische Studien sind derzeit im Gange und fokussieren sich auf funktionelle Endpunkte (wie beispielsweise die Schluckfunktion).

Eine Resektion des Primärtumors kann auf konventionelle chirurgische Weise, transoral mikrochirurgisch unter Verwendung des CO2-Lasers oder – ebenfalls auf transoralem Wege – unter Verwendung des Operationsroboters erfolgen (Abb. 3). Immer beinhaltet der onkologische Eingriff auch eine Dissektion der zervikalen Lymphknoten (Neck dissection), da in rund 30% auch bei einem klinischen/prätherapeutischen N0-Hals mit okkulten Halslymphknotenmetastasen zu rechnen ist. Als äquivalente Therapieoption steht eine perkutane Radiotherapie zur Verfügung, wobei auch hier stets eine Behandlung der Primärtumorregion und des zervikalen Lymphabflusses erfolgt (11, 12, 17, 18).

Loko-regionär fortgeschrittene Stadien. Die Behandlung von Patienten mir loko-regionär fortgeschrittenen Stadien erfolgt in vielen Fällen durch eine primäre Radiotherapie, wenn immer möglich kombiniert mit einer konkomittierenden Systemtherapie (meistens einer Cisplatin-Chemotherapie). Bei grossen Primärtumoren oder einer ausgedehnten regionären Lymphknotenmetastasierung sinkt das 5-Jahres-Überleben auf 60-70%. Lässt sich ein Karzinom mit einem zu erwartenden guten funktionellen Outcome operieren, ist auch ein chirurgisches Vorgehen zu diskutieren. Hier gilt es aber zu beachten, dass dieses häufig mit einer postoperativen Radio(chemo)therapie kombiniert werden muss. Ebenso kann eine mikrovaskuläre Lappenrekonstruktion notwendig werden (11, 12, 17, 18).

Tumorpersistenz und -rezidiv. Im Falle einer Persistenz von Tumorgewebe nach einer Strahlentherapie, sowohl lokal im Bereich der Primärtumorregion oder regionär in den Lymphknoten oder bei einem Rezidiv, bleibt einzig ein chirurgisches Vorgehen im Sinne einer sogenannten «Salvage-Operation». Das Ausmass des operativen Eingriffs reicht hierbei von einer Neck dissection aufgrund einer Persistenz einer Lymphknotenmetastase bis zur ausgedehnten ablativen Chirurgie über beispielsweise einen transmandibulären Zugang mit Notwendigkeit zur temporären Tracheotomie und zur mikrovaskulären Lappenrekonstruktion. Bei einer nicht resektablen Tumorpersistenz oder einem nicht resektablen Tumorrezidiv muss eine systemtherapeutische Behandlung diskutiert werden (11, 12).

Tumornachsorge

Sämtliche Patienten nach Behandlung eines Kopf-Hals-Malignoms werden engmaschig begleitet. Klinische Nachsorgeuntersuchungen finden in den ersten zwei Jahren nach Therapieabschluss alle 2-3 Monate, danach halbjährlich statt. Nach fünf Jahren unauffälliger Tumornachsorge dürfen Patienten als geheilt betrachtet werden. In vielen Fällen wird die Tumornachsorge anschliessend im jährlichen Abstand auf freiwilliger Basis weitergeführt (11).

Prävention und Screening

Der Schweizerische Impfplan empfiehlt polyvalente Impfungen gegen die Hochrisiko-HPV-Typen für Mädchen und Jungen. Es ist damit zu rechnen, dass diese – in erster Linie auf die Primärprävention anogenitaler Krebserkrankungen ausgerichteten – Impfstoffe auch einen zuverlässigen Schutz gegen die mesopharyngeale Infektion mit onkogenen HPV bietet (19-21).

Screeningprogramme zur Früherkennung HPV-assoziierter Mesopharynxkarzinome werden derzeit diskutiert. Es wurde demonstriert, dass der serologische Nachweis von Antikörpern gegen das Onkoprotein E6 mit hoher Sensitivität und Spezifität mit dem späteren Auftreten eines HPV-induzierten Malignoms korreliert, dieser aber der Krebsdiagnose bis 15 Jahre vorausgehen kann. Die Vorläuferläsion des HPV-assoziierten Mesopharynxkarzinoms oder der sehr frühe Primärtumor sind jedoch nicht bekannt respektive können nicht zuverlässig erkannt werden, so dass – im Kontext der zudem verhältnismässig niedrigen Prävalenz – ein solches Screening derzeit noch nicht praktikabel ist (22-24).

Schlussfolgerungen

HPV-induzierte Mesopharynxkarzinome sind eine in ihrer Inzidenz zunehmende Krebserkrankung, die sich häufig anhand von zervikalen Lymphknotenmetastasen manifestiert, dennoch aber mit einer besseren Prognose als andere Krebserkrankungen im HNO-Bereich vergesellschaftet ist. Seit einigen Jahren besteht eine eigene TNM-Klassifikation für HPV-induzierte Mesopharynxkarzinome, die jedoch noch keine Implikation auf die Behandlung bzw. eine Deeskalation des Therapieregimes hat. Sicherlich wird in Zukunft über eine Anpassung der Behandlungsrichtlinien diskutiert werden müssen, ebenfalls bleibt der Einfluss der polyvalenten HPV-Impfung auf den derzeit raschen Inzidenzanstieg abzuwarten.

Am Zentrum für Kopf-Hals-Chirurgie wird das gesamte Spektrum an Diagnostik und Therapie an beiden Standorten Cham und Luzern angeboten.

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

PD Dr. Domenic Vital

Zentrum für Kopf-Hals-Chirurgie AG
Dorfstrasse 1, 6330 Cham
Lützelmattstrasse 3, 6006 Luzern

Prof. Dr. Stephan Haerle

Zentrum für Kopf-Hals-Chirurgie AG
Dorfstrasse 1, 6330 Cham
Lützelmattstrasse 3, 6006 Luzern

Die Autoren haben keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

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Direkte orale Antikoagulanzien in der Geriatrie

Die Geschichte der Antikoagulanzien nahm in den frühen 2000er Jahren eine neue Wendung, als die sog. direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK) auf den Markt kamen. Diese neue Medikamentenklasse bietet eine Lösung für einige der Nachteile von Vitamin-K-Antagonisten (VKA) und wird als Erstlinientherapie zur Vorbeugung und Behandlung zahlreicher Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufgeführt. Ihre Anwendung bei geriatrischen Patienten, häufig polymediziert und polymorbide, birgt jedoch das hohe Risiko unerwünschter Ereignisse, was eine sorgfältige Risiko/Nutzen Abwägung bei der Verschreibung erforderlich macht.

The history of anticoagulants took a new turn in the early 2000s with the arrival on the market of direct oral anticoagulants (DOACs). This new class of drugs overcomes some of the drawbacks of anti-vitamin K drugs (VKAs) and is one of the first-line treatments for the prevention and treatment of many cardiovascular diseases. However, their use in the geriatric population, which is often multi-mediated and polymorbid, is likely to result in an increased risk of adverse events, requiring a careful assessment of the benefit/risk balance when prescribing these drugs.
Key Words: Anticoagulants oraux directs – interactions médicamenteuses – polymédication – sécurité – Personnes âgées

Einführung

Die direkten oralen Antikoagulanzien Dabigatran (Thrombininhibitor), Rivaroxaban, Apixaban und Edoxaban (Faktor Xa Inhibitoren) werden häufig bei venösen Thromboembolien (VTE) und nicht-valvulärem Vorhofflimmern (1, 2) eingesetzt. Die Einführung der direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK) wurde von vielen als ein wichtiger Fortschritt angesehen, da es keine Notwendigkeit mehr gab, die Patienten zu überwachen und auf eine fixe Dosierung zu achten. Grossangelegte Schlüssel-Studien und Metaanalysen zeigten eine mindestens ähnliche Wirksamkeit im Vergleich zu VKA bei zugleich geringerer blutungsbedingter Mortalität. Hauptgrund dafür ist das im Vergleich zu Cumarinpräparaten verminderte Auftreten intrakranieller Blutungen (3-9). Diese Vorteile bewähren sich auch bei geriatrischen Patienten (10). Im Gegensatz dazu sind gastrointestinale Blutungen unter DOAK im Vergleich zu Warfarin häufiger, bei Apixaban hingegen laut Datenlage geringer (11-13).

Variabilität der DOAK-Konzentrationen- eine Herausforderung für die Sicherheit älterer Patienten

Obwohl diese Medikamente über eine grössere therapeutische Breite verfügen als VKA, gibt es zunehmend Hinweise dafür, dass es einen klaren Zusammenhang zwischen der Höhe der DOAK-Exposition und dem Auftreten von Blutungen gibt (3, 7, 14). Eine solche Korrelation scheint auch für ischämische Ereignisse zu gelten, wobei die Datenlage hier dünn ist (3, 7). In der Tat gibt es eine grosse Variabilität bei den DOAK-Konzentrationen in der Zielbevölkerung, die diese Medikamente erhalten. Grund dafür sind vor allem Niereninsuffizienz, Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, Gewicht und Alter (15-17). Aus pharmakologischer Sicht unterscheiden sich die DOAK in ihrer Metabolisierung und Ausscheidung (Abb. 1). Alle sind Substrate des P-Glykoproteins (P-gp), welches ihre Bioverfügbarkeit beeinflusst (18, 19). Der Haupt-Risikofaktor für eine Überdosierung ist die Niereninsuffizienz (11, 15, 20, 21). Hohes Alter oder starkes Übergewicht (<50 kg oder >120 kg) sind Risikofaktoren in geringerem Masse (3, 22-24). Eine Simulationsstudie, die den Einfluss verschiedener Faktoren auf Arzneimittelkonzentrationen evaluiert, zeigt, dass jeder Faktor für sich genommen die DOAK-Wirkung mässig erhöht, und dass vor allem die Kumulation dieser Risikofaktoren zu einem erheblichen Anstieg der Wirkung dieser Medikamente führen kann (23).

Polymedikation und Risikomanagement

Wechselwirkungen von Medikamenten sind ein wichtiger Faktor für die Konzentrationsvariabilität. Bei älteren Menschen, welche häufig polymediziert und polymorbide sind, kann deren Management komplex sein. Es gibt zwei Arten von Arzneimittelwechselwirkungen. Die pharmakodynamischen Interaktionen werden durch jedes Medikament verursacht, das einen additiven oder antagonistischen Effekt auf das Antikoagulans hat und dessen (therapeutische oder toxische) Wirkung verändert. Dagegen nehmen pharmakokinetische Interaktionen Einfluss auf die Konzentration des Medikamentes (19, 25). Diese Arzneimittelwechselwirkungen können zu einer Über- oder Unterdosierung führen und ein potenzielles unerwünschtes Arzneimittelereignis hervorrufen. Eine Kohortenstudie zeigte einen Anstieg des Blutungsrisikos proportional zur Anzahl der Arzneimittelinteraktionen. Hierbei lag die Odds Ratio bei 1,55 [95% CI: 1,46-1,63] bei gleichzeitiger Einnahme eines DOAK und eines einzigen Inhibitors, und bei 2,60 [95% CI: 2,44-2,77] bei Einnahme von ≥2 Inhibitoren (26). Zum gegenwärtigen Zeitpunkt und mit Ausnahme von Edoxaban gibt es keine validierte Dosisanpassung für DOAK bei Vorliegen einer Arzneimittelinteraktion. Bezüglich Wirkung steigert jede die Hämostase beeinflussende Ko-Medikation das Risiko für Blutungen oder Thrombosen. Die Medikamentenklassen, die klassischerweise im Zusammenhang mit einem hohen Interaktionspotential aufgeführt werden, sind in Tabelle 1 gelistet. Zahlreiche klinische Situationen rechtfertigen den Einsatz von zwei oder mehr zeitgleichen Behandlungsmassnahmen mit Auswirkung auf die Hämostase, sofern die Nutzen-Risiko-Abwägung es erlaubt. In solchen Fällen wird eine engmaschige Überwachung zur frühzeitigen Erkennung von Nebenwirkungen empfohlen.
Pharmakokinetische Wechselwirkungen betreffen modulierende Substanzen mit Wirkung auf Zytochrom P450 3A4 (CYP3A4) und P-gp. Diese werden von der FDA in starke, mässige oder schwache Inhibitoren/Induktoren eingeteilt, je nachdem, ob sie zu einer Erhöhung oder Verringerung der Exposition führen (Fläche unter der Kurve, kurz AUC) (27). Aufgrund der schweren Nebenwirkungen dieser Medikamente werden niedrigere Dosen für DOAK in der Praxis vorgeschlagen.

Tabelle 2 listet einige häufig verwendete Medikamente mit einem mässigen bis hohen Risiko für pharmakokinetische Wechselwirkungen. Im Allgemeinen stufen die Europäische Gesellschaft für Rhythmologie (28) und gewisse andere Experten (29) das Risiko einer Arzneimittelinteraktion als hoch ein, wenn diese eine Verdoppelung der AUC eines DOAKs durch einen Inhibitor, respektive eine Abnahme der AUC um mehr als 20 Prozent in Anwesenheit eines Induktors verursacht.

Prinzipiell müssten jedes Mal die Gegebenheiten (Literatur, Arzneimittel-Monographie) geprüft werden, welche darauf hinweisen, dass solche Schwellenwerte in Gegenwart eines Inhibitors/Induktors erreicht werden. Dies gilt vor allem für starke Inhibitoren/Induktoren von P-gp und für mässige Inhibitoren/Induktoren sowohl von CYP3A4 als auch von P-gp. Ein alleiniger starker Inhibitor von CYP3A4 wird nur für Apixaban und Rivaroxaban als hohes Risiko angesehen, welche weitgehend über die Leber via CYP-System eliminiert werden.

Aus praktischer Sicht ist bei einer Wechselwirkung mit einem Inhibitor oder starken Induktor sowohl von P-gp als auch von CYP3A4 ein Therapiewechsel auf VKA in Erwägung zu ziehen, insbesondere bei fehlendem routinemässigem Monitoring der DOAK-Therapie. Wenn eine Hemmung oder Induktion vorliegt, bei der ein moderater Inhibitor/Induktor involviert ist, und zwei oder mehr zusätzliche Risikofaktoren wie z. B. Niereninsuffizienz, starkes Übergewicht oder hohes Alter und/oder eine andere Arzneimittelwechselwirkung bestehen, wird ein Therapiewechsel von Experten (28, 29) empfohlen.

Ausblick und Schlussfolgerung

In der Literatur wird das Anstreben mittlerer Arzneimittelkonzentrationen in der Bevölkerung beschrieben, um das Risiko einer Über- oder Unterdosierung im Verlauf der therapeutischen Nachsorge zu minimieren; ihre Anwendung hängt gleichwohl von der Verantwortung des Verschreibers und der klinischen Situation ab (30). Der Einsatz von DOAK bei geriatrischen Patienten bleibt trotz fehlenden validierten Monitorings sicher und wirksam. Allerdings besteht bei allen DOAK das Risiko von Arzneimittelwechselwirkungen, die zu einer Unter- oder Überdosierung führen und hierdurch zu unerwünschten klinischen Ereignissen führen können, insbesondere im Zusammenhang mit Komorbiditäten wie Niereninsuffizienz, Polymedikation, sehr hohem Alter und starkem Übergewicht. Dies gilt insbesondere für geriatrische Patienten, bei denen die Kumulation dieser Risikofaktoren dazu führen kann, dass der verschreibende Arzt eine Behandlung mit VKA in Erwägung zieht bei Vorhandensein eines Inhibitors/Induktors von CYP450 3A4 und P-gp.

Claire Coumau 1, Apothekerin, Claire.Coumau@chuv.ch
Frederic Gaspar 1, Apotheker, Frederic.Gaspar@chuv.ch
Jean Terrier 2, Apotheker und Arzt, PhD, Jean.Terrier@hcuge.ch
Chantal Csajka 3, Professeure ordinaire, Chantal.Csajka@chuv.ch
1 Centre de Recherche et d’ Innovation en Sciences Pharmaceutiques
Cliniques Centre Hospitalier Universitaire et Université de Lausanne,
Suisse Rue du Bugnon 19, 1011 Lausanne
2 Division de médecine interne générale, Hôpitaux Universitaires de Genève/
Geneva Platelet Group, Faculté de Médecine, Université de Genève/
Service de pharmacologie et de toxicologie clinique, Service d’ anesthésiologie, de pharmacologie et de soins intensifs, Hôpitaux Universitaires de Genève, Suisse Centre Médical Universitaire, 1211 Genève
3 Centre de Recherche et d’ Innovation en Sciences Pharmaceutiques
cliniques Centre Hospitalier Universitaire et Université de Lausanne,
Suisse Rue du Bugnon 19, 1011 Lausanne

Zweitabdruck aus «la gazette médicale» 05-2022

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Claire Coumau, Apothekerin

Centre de Recherche et d’ Innovation en Sciences Pharmaceutiques
Cliniques Centre Hospitalier Universitaire et Université de Lausanne,
Suisse Rue du Bugnon 19
1011 Lausanne

Claire.Coumau@chuv.ch

Frederic Gaspar, Apotheker

Centre de Recherche et d’ Innovation en Sciences Pharmaceutiques
Cliniques Centre Hospitalier Universitaire et Université de Lausanne
Suisse Rue du Bugnon 19
1011 Lausanne

Frederic.Gaspar@chuv.ch

Prof. Dr. pharm.Chantal Csajka

Centre de Recherche et d’ Innovation en Sciences Pharmaceutiques
cliniques Centre Hospitalier Universitaire et Université de Lausanne
Suisse Rue du Bugnon 19
1011 Lausanne

Chantal.Csajka@chuv.ch

Die Autoren haben keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

◆ DOAK gehören zur Erstlinientherapie zahlreicher Herz-Kreislauf-Erkrankungen und ihr pharmakologisches Profil verleiht ihnen gewisse Vorteile im Vergleich zu VKA.
◆ Obwohl sie mit dem Zielgedanken einer einzigen Dosis für alle vermarktet werden, führt die ausgeprägte interindividuelle Variabilität der Plasmakonzentrationen bei einigen Patienten zu hämorrhagischen und thromboembolischen Risiken im Falle einer Über- oder Unterdosierung.
◆ Hauptsächlich Niereninsuffizienz, Arzneimittelwechselwirkungen und die gleichzeitige Einnahme von Medikamenten, die die Hämostase beeinflussen, gehören zu den am weitesten verbreiteten Faktoren für das Auftreten von Nebenwirkungen dieser Medikamente.
◆ Die Kumulation von Risikofaktoren, die besonders bei geriatrischen polymorbiden und polymedizierten Patienten vorhanden sind, kann zu einer Verschiebung des Nutzen-Risko-Profils zugunsten der VKA führen.

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Rehabilitation bei pneumologischen Krankheitsbildern

Die pulmonale Rehabilitation (PR), ob stationär oder ambulant durchgeführt, stellt einen wichtigen Eckpfeiler in der nicht-medikamentösen Behandlung vieler Lungenerkrankungen dar. Sie ist eine individualisierte Zusammenstellung interdisziplinärer und evidenzbasierter Therapien mit dem Ziel die Lebensqualität der Patienten zu steigern bei gleichzeitiger Reduktion der Symptome und Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Zwischenzeitlich ist die Evidenz vor allem für die Chronic Obstructive Pulmonary Disease (COPD) hervorragend, aber auch für andere pulmonale Erkrankungen mehren sich die positiven Ergebnisse. Um die Effekte möglichst lang zu erhalten, ist die Anbindung der Patienten an Maintenance-Programme im Anschluss an die PR von besonderer Bedeutung.

Pulmonary rehabilitation (PR), regardless provided as an inpatient or outpatient PR, is an important cornerstone in the non-pharmacological treatment of many pulmonary diseases. It is an individualized set of interdisciplinary and evidence-based therapies with the goal of improving patients’ quality of life while reducing symptoms and increasing exercise capacity. In the meantime, the evidence is excellent, especially for chronic obstructive pulmonary disease (COPD), but positive results are also increasing for other pulmonary diseases. In order to maintain the effects as long as possible, the connection of patients to maintenance programs following PR is of particular importance.
Key Words: Pulmonale Rehabilitation, COPD, Erhaltungsprogramme, körperliche Aktivität, körperliche Leistungsfähigkeit

Die pulmonale Rehabilitation (PR) ist eine hochwirksame Massnahme zur Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit und Symptome, sowie zur Verringerung von Krankenhausaufenthalten bei Patienten mit chronischen Atemwegs- und Lungenerkrankungen. Sie ist definiert als die Durchführung von auf den Patienten zugeschnittenen Therapien, die darauf abzielen, den physischen und psychischen Zustand von Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen zu verbessern und die langfristige Aufrechterhaltung gesundheitsfördernder Verhaltensweisen zu stärken (1).

Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen wie chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD), Asthma und intersti­tieller Lungenerkrankung (ILD) können unter vielfältigen körperlichen (pulmonalen und extrapulmonalen), emotionalen und/oder sozialen Einschränkungen leiden, die die Teilnahme an einem PR-Programm rechtfertigen. In der Versorgung pulmonaler Patienten wird man diesen komplexen Krankheitsbildern alleine nur durch eine reguläre medikamentöse Behandlung in der Regel nicht gerecht. Die krankheitsbedingten Auswirkungen sind aber nicht nur für die Patienten bedeutsam, sondern haben durch die häufig hohen Kosten in der Versorgung dieser Patienten für die Gesellschaft einen grossen Stellenwert (2). Tatsächlich klafft aber immer noch eine erhebliche Lücke zwischen dem Wissen über die Vorteile einer PR und der tatsächlichen Teilnahme von Patienten an einer PR. Die Gründe für diese Diskrepanz sind u.a. eine unzureichende Finanzierung, begrenzte Ressourcen für PR-Programme, unzureichende Kostengutsprachen, mangelndes Bewusstsein von und Wissen über den Prozess und die Vorteile einer PR bei Gesundheitsfachkräften, Kostenträgern, Patienten und Pflegepersonal, suboptimale Nutzung einer PR durch geeignete Patienten und begrenzte Ausbildung von PR-Fachkräften (3). In dieser Arbeit soll eine Übersicht über den Bereich der PR gegeben werden.

Kernelemente der pulmonalen Rehabilitation

Die PR hat physiologische, symptomlindernde, psychosoziale und gesundheitsökonomische Vorteile für Patienten mit chronischen Atemwegs- und Lungenerkrankungen in verschiedenen Bereichen gezeigt (3). Typische Inhalte einer pulmonalen Rehabilitation sind in Tabelle 1 wiedergegeben. Die Dauer einer stationären PR ist der Regel ca. 3 Wochen. Ambulante Programme bestehen aus 2-3 Lektionen pro Woche (davon 2 Lektionen kardiopulmonales Ausdauertraining) und dauern 8-12 Wochen. Die Richtlinien der Schweizerischen Gesellschaft für Pulmologie (SGP), der Swiss-Reha und der Kantone gewährleisten in der Schweiz einen einheitlichen Qualitätsstandard (4-6).

In aller Regel ist es durch die pulmonale Erkrankung und der dadurch bedingten verminderten körperliche Aktivität zu einer physischen Dekonditionierung gekommen. Die hiermit verknüpfte verminderte Belastbarkeit und verstärkte Dyspnoesymptomatik sind die Beschwerden, welche die Patienten am häufigsten beschreiben. Deshalb steht im Zentrum der PR auch die Rekonditionierung mit dem Ziel der Steigerung der Belastbarkeit. Hierbei stellen Bewegungs-, Sport-, Trainingstherapie die Kernelemente der Rehabilitation dar. Im Rahmen des physischen Abbaus steigt die Sturzgefahr, weshalb Koordination und Balancefähigkeit im Rahmen des Trainings auch adressiert werden sollten (7). Die Abbildungen auf der nächsten Seite zeigen pulmonale Patienten beim Krafttraining (Abb. 1), Ausdauertraining (Abb. 2) und Koordinations- bzw. Balancetraining (Abb. 3 und 4).

Doch sind die anderen Komponenten nicht minder wichtig. Zum Beispiel sollte bei noch rauchenden Patienten die PR durch ein strukturiertes Raucherentwöhnungsprogramm ergänzt werden oder bei respiratorischer Insuffizienz eine Langzeitsauerstofftherapie eingeleitet werden. Beide Massnahmen gelten zumindest bei der COPD als lebensverlängernd (8, 9).

Zu Beginn einer PR werden standardisierte Eintrittsuntersuchungen durchgeführt und jeweils Ziele festgelegt, welche regelmässig im Verlauf der PR auf das Erreichen überprüft werden. Die Elemente der PR werden individuell auf die Bedürfnisse der Patienten zusammengestellt, gewichtet und je nach Verlauf der PR adjustiert.

Um den Bedürfnissen und den individuellen Problemstellungen der Patienten gerecht zu werden, braucht es ein erfahrenes interdisziplinäres Team, welches sich regelmässig bespricht. Neben den betreuenden Pneumologen arbeiten in einem solchem Team medizinisches Fachpersonal wie Physio-, Sport- und Ergotherapeuten, Krankenpflegepersonal, Psychologen, Logopäden, Sozialpädagogen und Ernährungsberater.

Indikationen zur pulmonalen Rehabilitation

Prinzipiell sollte an die Durchführung einer PR gedacht werden, wenn als Folge einer Schädigung, bei Vorliegen von voraussichtlich nicht nur vorübergehenden Funktionsstörungen oder drohender oder bereits manifester Beeinträchtigungen, über die kurative Versorgung hinaus, intensive Therapiemassnahmen erforderlich sind, um die Fähigkeitsstörung oder Beeinträchtigung zu vermeiden, zu beseitigen, zu bessern oder eine Verschlimmerung zu verhindern. Krankheitsbilder, bei denen an eine PR gedacht werden sollte, sind in Tabelle 2 aufgeführt. Die Patienten müssen eine Rehabilitationsbedürftigkeit aufweisen, die Rehabilitationsprognose sollte positiv sein und eine Rehabilitationsfähigkeit der Patienten sollte gegeben sein. Prinzipiell muss ein Kostengutsprachegesuch beim Kostenträger vor Beginn der Rehabilitation gestellt werden. Entsprechend müssen in diesem Gesuch die zuvor erwähnten Bedingungen adressiert werden. In aller Regel erfolgt eine Überprüfung des Gesuchs durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherungen.

Ergebnisse der pulmonalen Rehabilitation

Vor allem für die COPD ist die Evidenz der PR umfangreich und überzeugend. In Tabelle 3 sind Evidenzlevel der Auswirkungen einer PR aufgeführt. Erstmalig wird im aktuellen GOLD-Report von 2023 die PR bei der COPD als lebensverlängernde Massnahme beschrieben (2). Aber auch bei den anderen Erkrankungen, welche in Tabelle 2 aufgeführt sind, mehren sich die positiven Ergebnisse, welche teils in randomisiert kontrollierten Studien gezeigt wurden und Einzug in die jeweiligen Therapieempfehlungen gefunden haben (10-14).

Ambulante oder stationäre Rehabilitation

Prinzipiell können Rehabilitationsmassnahmen mit vergleichbarem Erfolg der stationären Rehabilitation auch ambulant durchgeführt werden, gerade bei der COPD. Die Rahmenempfehlungen zur ambulanten und stationären pulmonalen Rehabilitation sind von der SGP erstellt worden und liegen vor. Es bestehen für beide Formen der Rehabilitation Listen der akkreditierten Einrichtungen (15-18).
Allerdings liegt es in der Natur des ambulanten Settings, dass die Patienten zwischen PR und häuslicher Umgebung hin- und herfahren müssen, was für schwerer erkrankte Patienten eine Limitation bedeutet. Insbesondere nach akut-stationärem Aufenthalt mit einer schwereren pulmonalen Erkrankung kommt zumeist nur die stationäre PR in Frage.

Pulmonale Rehabilitation und was dann?

Die PR ist eine effektive therapeutische Intervention. Trotzdem hat sich der Benefit als zumeist nicht nachhaltig erwiesen. Ohne strukturiertes Erhaltungsprogramm nach einer PR ist der Ausgangszustand wie vor der PR oft nach 12 Monaten wieder erreicht (19).
Als Erhaltungsprogramme nach einer PR bieten sich unter anderem folgende Optionen an:
Überwachtes Training in einer Physiotherapiepraxis, nicht überwachtes Training in der häuslichen Umgebung, zentrumsbasiertes Training in einer ambulanten PR, erneute stationäre PR, Telerehabilitation, -coaching, häusliches Training via Smartphone-Applikation, Aktivitätsmonitoring und führen von Trainings-Tagebücher.
Die Datenlage ist jedoch uneinheitlich, weshalb eindeutige Empfehlungen noch nicht ausgesprochen werden können.

Problemstellungen und Zukunft der pulmonalen Rehabilitation

Der demographische Wandel führt zu einem steigenden Bedarf an rehabilitativen Leistungen. Entsprechend müssen vermehrt Leistungsaufträge vergeben bzw. vorhandene erweitert werden. Durch das DRG-System steigt der Druck auf die Akut-Spitäler, die Patienten möglichst schnell zu entlassen bzw. in eine Rehabilitationseinrichtung zu verlegen. Dies führt dazu, dass die Krankheitsschwere in den Rehakliniken stetig steigt. Aber auch die Multimorbidität der Patienten fordert eine intensivere und aufwendigere Versorgung.

Historisch bedingt sind die Reha-Kliniken zum Teil eher zentrums- und spitalfern gelegen. Insbesondere bei einer unter Umständen notwendigen Rückverlegung ins Spital steigt der Aufwand. Der Personal- und Fachkräftemangel ist aus den Akutspitälern bereits hinreichend bekannt und betrifft selbstverständlich auch den Reha-Sektor. Im ärztlichen Bereich ist die Rehabilitation nicht im Fokus, sodass zumindest zum Teil eine Kompensation durch Ärzte aus dem Ausland erfolgen muss. Der bürokratische Aufwand hat auch in der Rehabilitation erheblich zugenommen, aber nur zum Teil kann dies durch Erweiterung der EDV ausgeglichen werden.

Schlussfolgerung

Die PR stellt einen wichtigen und erfolgreichen Bereich der therapeutischen Versorgung von Patienten mit pulmonalen Erkrankungen dar. Eine individualisierte, multimodale Zusammenstellung therapeutischer Interventionen supervidiert durch ein interdisziplinäres PR-Team verbessert die Symptomatik, steigert die Lebensqualität und die Leistungsfähigkeit. Neben einer stationären Versorgung für die schwerer Erkrankten gibt es in der Schweiz ein grosses Netz ambulanter PR-Einrichtungen. Um den PR-Erfolg möglichst lang zu konservieren ist die Etablierung eines auf die Bedürfnisse der Patienten zugeschnittenen Erhaltungsprogramms erforderlich. Da der Bedarf an PR steigen wird aber gleichzeitig vor allem ein Personalmangel im Reha-Sektor herrscht, ist ein beherztes Angehen der Problemstellungen im Bereich der PR notwendig, um den Patienten auch zukünftig rehabilitative Leistungen flächendeckend anbieten zu können.

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

PD Dr. med. Marc Spielmanns

1 Zürcher RehaZentren Klinik Wald und Davos
2 Faculty of Health, Department for Pulmonary Medicine,
Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland

Der Autor hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

◆ Eine PR ist eine evidenzbasierte nicht-medikamentöse Therapie, welche bei zahlreichen pulmonalen Krankheitsbildern zu einer
Besserung der Leistungsfähigkeit und Symptomatik führt, sowie zur Steigerung der Lebensqualität beiträgt.
◆ Während ambulante Programme 8-12 Wochen dauern und eher für etwas leichter erkrankte Patienten in Frage kommen, sind stationäre Programme ca. 3 Wochen lang und vor allem für schwerer erkrankte Patienten nach Akutspital-Aufenthalt gedacht.
◆ Kernelemente einer PR sind die Trainings- und Sporttherapie, welche neben dem klassischen Ausdauertraining auch Kraft-, Koordinations- und Balancetraining beinhalten sollten. Andere Module werden nach den Bedürfnissen der Patienten individuell ergänzt.
◆ Strukturierte Erhaltungsprogramme im Anschluss an eine PR
intendieren einen möglichst langfristigen Erhalt der Verbesserungen im Rahmen der PR.

 

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