Signifikante Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse mit einmal wöchentlich Dulaglutide (Trulicity®)

Die Schweizerische Gesellschaft für Endokrinologie und Diabetologie empfiehlt, die Behandlung von Patienten mit Diabetes Typ 2 mit der Kombination aus Metformin und einem Glucagon-like Peptid 1 (GLP-1)-Rezeptoragonisten oder einem Sodium-Glucose Linked Transporter 2 (SGLT-2)-Hemmer zu beginnen (1). Daten einer kardiovaskulären Outcome-Studie zeigten, dass Dulaglutide (Trulicity®) das Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis signifikant reduzierte (2). Dies selbst bei Patienten ohne manifeste kardiovaskuläre Erkrankung.* Da Dulaglutide nur einmal pro Woche appliziert werden muss, erfüllt es zudem den Wunsch vieler Patienten nach einer einfach anwendbaren Therapie (3).

Hier finden Sie den ganzen Pharma-Sonderreport

Pharma-Sonderreport verantwortet von Eli Lilly (Suisse) SA

Demenz und Schwindel in der Hausarztpraxis

Das Appetizer Symposium am Herbstkongress der Schweizerischen Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin, welches von Schwabe Pharma AG organisiert und unterstützt wurde, widmete sich der Demenz und dem Schwindel. Unter dem Vorsitz von Prof. Dr. med. Thomas Rosemann, Zürich, berichteten PD Dr. med. Ansgar Felbecker, St. Gallen, und PD Dr. med. Andreas Zwergal, München, über den derzeitigen Stand des Wissens und neueste Forschungsergebnisse mit Relevanz für die Praxis.

Hier finden Sie den ganzen Pharma-Sonderreport

Pharma-Sonderreport verantwortet von Schwabe Pharma AG

Kongressausgabe der info@onkologie

Hier finden Sie das PDF der Kongresszeitung

EDITORIAL Best of ASCO 2021

Das zweite virtuelle ASCO Annual Meeting hat an den Börsen weniger Staub aufgewirbelt als auch schon und die überraschenden alltagstauglichen «Breaking News» waren sehr überblickbar. Besonders positiv herausgestochen ist sicherlich der Bereich der urologischen Onkologie, insbesondere für Prostata- und Nierenzellkarzinome.

Dagegen eher blass waren die Neuigkeiten in der gastrointestinalen Onkologie. Beim Mamma- und Lungenkarzinom waren in spezifischen Teilbereichen positive Resultate durchaus vorhanden, wie auch bei vielen weiteren Entitäten.

Das heisst auch, dass an den vielen Fronten wie gehabt in kleineren Schritten gearbeitet wird, neue Targets und Substanzen erprobt, bewährte Therapien optimiert, prädiktive und prognostische Faktoren sowie «companion diagnostics» getestet werden. Da und dort wird über erwartete Langzeit-Daten berichtet und natürlich sind auch erste COVID-19-bezogene Daten bei Krebspatienten bereits greifbar. Nicht überraschend, aber bedrückend sind die vielen Berichte über schlechtere Behandlungsergebnisse bei sozial deprivierten Patientinnen und Patienten – nicht nur, aber vor allem auch wegen massiv zu hohen Kosten sowie fehlender Informationen und fehlender sozialer Unterstützung.

Eleonore E. Droux & Prof. em. Dr. med. Thomas Cerny

Für unsere LeserInnen mag die Liste der Late Breaking Abstracts (LBA) und die Best-of-Wahl der Kolleginnen und Kollegen von der Veranstaltung der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Klinische Krebsforschung (SAKK) «Chicago in the Mountains» ein hilfreiches Instrument sein, um sich schnell einen ersten Überblick zu verschaffen. Diese Nachbearbeitung und Einordnung der wichtigsten Präsentationen des ASCO war wiederum ausgezeichnet gemacht und allen Beteiligten gehört ein grosses Kompliment ausgesprochen. Die Diskussion der GU-Session, z.B. mit Zuschaltung von Tom Powles direkt aus London, war herausragend.
Hier also die LBAs der Plenary Session des ASCO 2021 und die Hitliste des Teams «Chicago in the Mountains», wobei die LBAs auch Teil davon sind.

Adjuvanter früher Einsatz von Olaparib bei Patientinnen mit Her2-negativem Brustkrebs mit BRCA-1- oder -2-Mutation.

Die grosse internationale Phase-III-Studie OlympiA ist die erste Studie, die den Einsatz eines PARP-Inhibitors als adjuvante Therapie nach Abschluss einer multimodalen Erstlinien-Standardtherapie untersucht. Es wurden 1836 Patientinnen mit einer BRCA-1- oder BRCA-2-Keimbahnmutation und Brustkrebs mit hohem Risiko und HER2-Negativität eingeschlossen, ebenso wie Patientinnen mit tripel-negativem oder Hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom mit einer BRCA-1/2-Keimbahnmutation. Alle Patientinnen hatten zu gleichen Teilen verteilt entweder eine adjuvante oder neoadjuvante Chemotherapie erhalten und waren operiert und gegebenenfalls bestrahlt worden. 1:1 randomisiert erhielten die Patientinnen entweder ein Jahr lang Olaparib (300 mg zweimal täglich) oder Placebo. Der primäre Endpunkt der Studie war das invasive krankheitsfreie Überleben (iDFS), d.h. Überleben ohne invasives Rezidiv, ohne Metastasen und ohne neue sekundäre Malignome. Sekundäre Endpunkte waren das Überleben ohne Fernmetastasen oder neue Malignome (dDFS). Die geplante Interimsanalyse fand nach einer medianen Beobachtungszeit von 2,5 Jahren statt. Unerwünschte Nebenwirkungen (NW) Grad >3 waren im Verum-Arm am häufigsten Anämien (8,7%), Neutropenien (4,8%), Leukopenien (3,0%), Fatigue (1,8%) und Lymphopenien (1,2%) und entsprachen damit dem erwarteten Toxizitätsprofil ohne neue Sicherheitssignale.

Der primäre Endpunkt der Studie wurde bereits zu diesem frühen Zeitpunkt erreicht: im Olaparib-Arm war eine 42%ige Risikoreduktion für das iDFS dokumentiert. Die geschätzte Rate des iDFS nach drei Jahren lag in der Placebogruppe bei 77,1%, in der Olaparib-Gruppe bei 85,9%. Der Unterschied von 8,8% war statistisch signifikant (HR 0,58; 95% KI: 0,41–0,82; p<0,0001). Auch die Raten des auf drei Jahre bezogenen dDFS waren signifikant besser mit 80,4% in der Placebo- und 87,5% in der Olaparib-Gruppe (HR 0,57; 95% KI 0,39–0,83; p<0,0001). In beiden Fällen begannen sich die Überlebenskurven zu separieren. Trotz häufigerer NW war die Lebensqualität der Patientinnen, gemessen mit dem Instrument EORTC QLQ-C30 Global Health, mit Olaparib vergleichbar bezüglich Placebogruppe.
Das Gesamtüberleben (OS) und weitere sekundäre Endpunkte waren zum Zeitpunkt dieser frühen Interimsanalyse noch nicht reif oder signifikant unterschiedlich. Es zeigte sich aber ein Trend zugunsten von Olaparib im OS, und kommende Auswertungen reifer Daten werden hier bald Klarheit schaffen.

ThC

Quelle: LBA1: OlympiA: A phase III, multicenter, randomized, placebo-controlled trial of adjuvant olaparib after (neo)adjuvant chemotherapy in patients with germline BRCA1/2 mutations and high-risk HER2-negative early breast cancer.

Beim Zervixkarzinom ist die adjuvante Carbo/Taxol-Therapie unwirksam

Diese international randomisierte Phase-III-Studie OUTBACK untersuchte bei Patientinnen mit lokal fortgeschrittenem Zervixkarzinom mit FIGO-2008-Stadium IB1 (mit Lymphknotenbefall), IB2, II, IIIB oder IVA, die für eine Standard-Strahlenchemotherapie in kurativer Intention infrage kamen, ob Carbo-Taxol adjuvant nach einer kurativ intendierten Standardtherapie das Gesamtüberleben verbessert. Randomisierte Patientinnen erhielten entweder die Standardtherapie (Kontrollgruppe, n=456) oder zusätzlich adjuvant vier Zyklen Carboplatin/Paclitaxel (ACT: n=463). Primärer Endpunkt der Studie war das Gesamtüberleben OS nach 5 Jahren. Die ACT-Gruppe zeigte zusätzlich die typischen Nebenwirkungen der Chemotherapie: Grad 3-5 Nebenwirkungen über die ersten zwölf Monate nach Randomisierung traten bei 81% und in der Kontrollgruppe bei 62% der Patientinnen auf. Nach einem Jahr litten Patientinnen aus dem ACT-Arm immer noch häufiger an einer Polyneuropathie als Patienten der Standardgruppe (7% vs. 2% sensorische Polyneuropathie Grad 2). Fünf Jahre überlebten in der Standardgruppe 71%, in der ACT-Gruppe 72% der Patientinnen, (HR 0,90; 95% KI: 0,70–117; p=0,8). Auch das PFS zeigte keinen Vorteil für die ACT-Gruppe (HR 0,86; p=0,06). Es fand sich auch kein Unterschied in der Art der Rezidive: vergleichbar viele Patientinnen in beiden Gruppen entwickelten Fernmetastasen. In Subgruppenanalysen fand sich auch bei besonders hohem Rezidivrisiko kein Unterschied.


Die Lebensqualität der Patienten in der ACT-Gruppe war nicht nur während der adjuvanten Chemotherapie, sondern auch noch in den 3 bis 6 Monaten danach klar gegenüber der Standardtherapie-Gruppe geringer als in der Kontrollgruppe. Somit ist klar, dass die adjuvante Chemotherapie mit 4 Zyklen Carbo/Taxol bei Patientinnen mit Zervixkarzinom nach initialer Standardbehandlung auch nach 5 Jahren im Gesamtüberleben wirkungslos ist und somit keinen Platz in der Behandlung hat.

ThC

Quelle: LBA3: Adjuvant chemotherapy following chemoradiation as primary treatment for locally advanced cervical cancer compared to chemoradiation alone: The randomized phase III OUTBACK Trial (ANZGOG 0902, RTOG 1174, NRG 0274

CodeBreaK 101-Studie

Sotorasib als Kombinationspartner

Die Mutation des KRAS-G12C ist eine wichtige onkogene Treibermutation. Der spezifische Inhibitor von KRAS-G12C Sotorasib konnte in der CodeBreaK 100-Studie bei Patienten mit einem KRAS-G12C mutierten und intensiv vorbehandelten NSCLC seine Wirksamkeit bei tolerabler Verträglichkeit mit beherrschbarer Toxizität zeigen.

Im Rahmen der offenen Phase-1b-Studie (CodeBreaK 101-Studie) sollen jetzt der Stellenwert und die Sicherheit bzw. Verträglichkeit von Sotorasib allein oder in Kombination mit anderen Substanzen bei Patienten mit fortgeschrittenen oder metastasierten KRAS-G12C mutierten soliden Tumoren bewertet werden. Dazu gehören folgende Tumorentitäten, die mit verschiedenen Kombinationen: behandelt werden:
NSCLC mit Hirnmetasten: Sotorasib-Monotherapie
NSCLC: Sotorasib plus TKI oder Anti-PDL1-Therapie oder Anti-PD1-Therapie oder Chemotherapie
Darmkrebs: Sotorasib plus Anti-VEGF-Therapie plus Chemotherapie
Andere solide Tumoren: Sotorasib plus MEK-Inhibitor + /- EGFR-Inhibitor oder Anti-PD1-Therapie oder SHP2-Inhibitor oder Anti-EGFR-
Therapie + /- Chemotherapie oder CDK-Inhibitor oder mTOR-Inhibitor.

PS
ASCO 2021, #201161

Zelluläre Immuntherapie ist wirksam bei Synovial- und Myxoidem Rundzell-Sarkom

Adaptive zelluläre Immuntherapien mit CAR-T-Zellen sind bei Leukämien und Lymphomen teilweise hochwirksame Therapien mit kurativem Potential. Viele tumorspezifische Antigene sind intrazellulär lokalisiert und sind mit einem CAR-T-Ansatz nicht gezielt angehbar. Dies kann durch die Verwendung von T-Zell-Rezeptoren (TCR) überwunden werden, welche MHC-Peptide erkennen, die von intrazellulären Proteinen abgeleitet sind.
In der Phase-II-Studie SPEARHEAD-1 mit 39 Patienten wurde in einer einarmigen Studie Afamitresgene autoleucel (Afami-cel, früher ADP-A2M4) bei Patienten mit fortgeschrittenem Synovialsarkom und «myxoid/round cell liposarcoma» (MRCLS) geprüft. Afami-cel SPEAR T-Zellen sind gegen MAGE-A4-positive Tumore gerichtet. MAGE-A4 ist stark exprimiert beim Synovialsarkom und MRCLS bei gleichzeitiger Koexpression von HLA-A*02. Eine Phase-I-Studie (CTOS 2020) mit Afami-cel war in dieser Konstellation klar positiv mit klinisch bedeutsamem Ansprechen.
Die 37 Patienten waren zwischen 16-75 Jahre alt, HLA*02-positiv mit MAGE-A4-Expression in ≥ 30% der Tumorzellen, welche ≥ 2+ waren in der Immunohistochemie.


Beim Cut-off 29.3.2021 waren 37 Patienten mit Afami-cel, davon 32 mit Synovialsarkomen, und 5 mit MRCLS behandelt worden. Afami-cel wurden in Dosierungen von 1–10 × 109 transduzierten T-Zellen verabreicht, nach vorangegangener lymphozytenreduzierender Induktion mit Chemotherapie. Der Primäre Endpunkt war OR. 33 Patienten konnten bereits für die OR evaluiert werden, bei 4 Patienten war die Evaluation noch zu früh.
Die OR war 41.4% für Patienten mit Synovialsarkom und 25.0% für MRCLS-Patienten. Eine CR konnte bei 2 Patienten mit Synovialsarkom dokumentiert werden, 10 hatten eine PR und 13 eine stabile Situation SD und 4 einen Tumorprogress PD, d.h. die Krankheitskontrolle war > 80%. Von den 4 Patienten mit MRCLS konnten 1 PR, 2 SD und eine PD dokumentiert werden. Die mediane Dauer des Ansprechens wurde noch nicht erreicht. Als Nebenwirkungen wurden milde Symptome von einem Zytokine-Freisetzungs-Syndrom festgestellt und auch die hämatologischen Nebenwirkungen waren mild und reversibel. Es ist nun eine Fortsetzung der Studie mit total 90 Patienten geplant: 45 in Kohorte (bereits erreicht) 1 und 45 in Kohorte 2. Genetisch modifizierte T-Zell-Rezeptor-gerichtete Therapien sind neben CAR-T-Zellen eine weitere Option der zellulären Immuntherapien und hier darf eine Zulassung dieser innovativen Therapie in naher Zukunft erwartet werden, da es sich um eine «unmet need»-Situation ohne vergleichbare therapeutische Alternativen handelt.

ThC

Quelle: Abstract 11504: SPEARHEAD-1: A phase 2 trial of afamitresgene autoleucel (formerly ADP-A2M4) in patients with advanced synovial sarcoma or myxoid/round cell liposarcoma.

CodeBreaK 100-Studie bei NSCLC

Auch PRO sprechen für Sotorasib

Bei ca. 25 bis 30% aller NSCLC-Patienten findet sich das Onkogen KRASG12C. Sotorasib ist der erste irreversible und selektive KRASG12C-Inhibitor. In der einarmigen Phase-II-Studie (CodeBreaK 100-Studie) erhielten 126 mit 1 bis 3 Therapielinien vorbehandelte Patienten mit einem nicht-leinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC), deren Tumor eine KRAS-G12C –Punktmutation auswies, die Substanz in einer Dosierung von 960 mg täglich. Alle Patienten waren vorbehandelt, meist mit einer Platin-basierten Chemotherapie und einem Checkpoint-Inhibitor. Bei einer medianen Dauer von 10,0 Monaten betrug die Ansprechrate (Rückgang der Tumormasse um wenigstens 30%) 37,1% und das PFS lag bei 6.8 Monaten. Bei vier Patienten (3,2%) bildeten sich der Tumor und die Metastasen vollständig zurück. Das Sicherheitsprofil war tolerierbar.
Jetzt wurden Daten über das Patient related Outcome (PRO) berichtet. Analysiert wurden die Gesundheits-bezogene Lebensqualität (QoL), die körperliche Funktionsfähigkeit und die Tumor-Symptome. Es fand sich eine Verbesserung bzw. Aufrechterhaltung der Lebensqualität, der körperlichen Funktionsfähigkeit und der Symptome (Schmerzen, Dyspnoe, Husten, Appetitverlust, Übelkeit, Erbrechen, Schlaflosigkeit, Verstopfung). Diese Daten zusammen mit dem Wirksamkeits- und Sicherheitsprofil stützen die Anwendung von Sotorasib bei dieser Patientenpopulation.

PS
ASCO 2021; #200635

Fortgeschrittenes Magenkarzinom

Chemo plus Nivolumab ist wirksamer als Chemo allein

Im Rahmen einer Phase-3-Studie (CheckMate 649) wurde bei Patienten mit einem fortgeschrittenen Magenkarzinom die Kombination Nivolumab plus Chemotherapie mit der alleinigen Chemotherapie verglichen.

Eingeschlossen in diese Studie wurden 1.581 Patienten mit einem fortgeschrittenen HER2-negativen Karzinom des Magens, der Kardia oder einem Adenokarzinom des Ösophagus. Sie erhielten randomisiert die Kombination Nivo + Chemo (Fluoropyrimidin + Platin-haltige Substanz) oder nur eine Chemotherapie und zwar unabhängig vom PD-L1-Status. Endpunkte waren das OS und das PFS.
Das mediane Gesamtüberleben betrug in der Nivolumab-Gruppe 13,8 Monate im Vergleich zu 11,6 Monate unter der alleinigen Chemotherapie. Bei Patienten mit einem PD-L1-CPS ≥ 5 waren es 14,4 Monate in der Nivolumab-Gruppe vs. 11,6 Monate in der Kontroll-Gruppe. Das mediane PFS lag unter Nivolumab bei 7,7 Monaten im Vergleich zu 6,9 Monate unter der Chemotherapie. Bei der Gesamtüberlebensrate nach 12 Monaten waren es 55% bzw. 48%, bei der PFS-Rate nach 12 Monaten 33% vs. 23%.
Das Sicherheitsprofil war akzeptabel. UEs Grad 3 und 4 traten unter Nivolumab bei 59% auf vs. 44% in der Chemotherapie-Gruppe, wobei die Neutropenie und die Anämie am häufigsten waren. Behandlungsbedingte Schwerwiegende UEs führten bei 22% in der Nivolumab-Gruppe zu einem Behandlungsabbruch gegenüber 24% bei der Chemotherapie.
Fazit: Die Zugabe von Nivolumab zur Chemotherapie führte bei Patienten mit einem Tumor-PD-L1-CPS ≥ 5 zu einem verbesserten Gesamtüberleben und einem verbesserten PFS. Doch alle randomisierten Patienten unabhängig vom PD-L1-Status profitierten bzgl. OS und PFS von Nivolumab.

PS
ASCO 2021

Metastasiertes Hormon-sensitives Prostatakarzinom

Post-hoc-Analyse unterstreicht Ergebnisse der ARCHES-Studie

Im Rahmen der ARCHES-Studie konnte gezeigt werden, dass Enzalutamid plus ADT das radiografische progressionsfreie Überleben bei Männern mit einem metastasierten, aber noch hormonsensitiven Prostatakarzinom signifikant verbessert im Vergleich zur alleinigen ADT. Nach neuen Daten einer Post-hoc-Analyse besteht der Benefit unabhängig davon, wann die Metastasierung nachgewiesen wurde.

Bei der ARCHES-Studie handelt sich um eine randomisierte doppelblinde, placebokontrollierte Phase-III-Studie, welche die Wirksamkeit und Sicherheit von Enzalutamid plus Androgendeprivationstherapie (ADT) bei 1.150 Patienten mit einem metastasierten hormonsensitiven Prostatakarzinom (mHSPC) im Vergleich zur alleinigen ADT untersuchte. Der primäre Endpunkt war das radiografische progressionsfreie Überleben (rPFS). Enzalutamid plus ADT reduzierte das Risiko für rPFS oder Tod um 61% (HR = 0,39; p < 0,0001) im Vergleich mit ADT allein. Die mediane Zeit für ein rPFS-Ereignis war im Verum-Arm noch nicht erreicht und lag im Kontroll-Arm bei 19,4 Monaten.
Signifikante Verbesserungen fanden sich in allen Subgruppen (Erkrankungsmuster zu Studienbeginn, Lokalisation der Metastasen, vorherige Docetaxel-Therapie). So profitierten alle Patienten unabhängig davon, welches Metastasenmuster vorlag: Knochenmetastasen und/oder Weichteilmetastasen und/oder viszerale Metastasen. Bei Patienten ohne viszeraler Metastasierung war der Benefit etwas ausgeprägter Auch das Risiko für einen PSA-Anstieg war ebenso vermindert wie die Notwendigkeit für eine neue antineoplastische Therapie.
Eine Post-hoc-Analyse zeigte jetzt, dass der Benefit unabhängig davon bestand, ob die Metastasierung sich erst nach der Erstdiagnose entwickelt hatte (M0) oder bereits primär bestand (M1). 246 Patienten hatten einen M0-Status, 890 Patienten einen M1-Status. Das rPFS konnte bei M0 unter Enzalutamid + ADT im Vergleich zu ADT um 58% und bei M1 um 62% verbessert werden. Bei der Gesamtgruppe betrug es 61%, also kein Unterschied. Bei der M0-und der M1-Subgruppe mit Enza + ADT war das rPFS noch nicht erreicht, unter ADT allein betrug es in der M0-Gruppe 22,1 Monate, in der M1-Gruppe 16,6 Monate. Auch war der Vorteil der Kombination bzgl. der Zeit bis zum PSA-Anstieg und dem ORR uneingeschränkt in beiden Gruppen nachweisbar und mit dem Gesamtergebnis vergleichbar. Insgesamt zeigt diese Post-hoc-Analyse, dass der Benefit von Enza plus ADT unabhängig davon besteht, wann die Metastasen aufgetreten sind, primär bei Diagnosestellung oder erst im weiteren Verlauf.

PS
ASCO, #5071

ARI bei fortgeschrittenem Prostatakarzinom

Chemotherapie-naive Patienten profitieren stärker von Enzalutamid

Beim fortgeschrittenen Prostatakarzinom sind die Androgenrezeptor-Inhibitoren der zweiten Generation eine sinnvolle und gut wirksame Alternative zur Chemotherapie, vor allem bei älteren Patienten mit Komorbiditäten; denn sie sind deutlich verträglicher. Im Rahmen einer Registerstudie wurden die beiden ARI bei älteren Patienten mit einem medianen Alter von ca. 75 Jahren miteinander verglichen. Ausgewertet wurden die Daten von 5,895 Patienten, von denen initial 43,5% Enzalutamid und 56,5% Abirateron erhielten. 51,6% erhielten nur eines dieser Präparate. Die Patienten in der Enza-Gruppe waren etwas älter und hatten mehr Komorbiditäten. Sie erhielten auch seltener beide Substanzen und auch seltener eine Chemotherapie.
Die Patienten der Enza-Gruppe zeigten ein längeres Überleben, nämlich 24,1 Monate vs. 22,2 Monate unter Abir. Das Sterberisiko war um 13% niedriger. Bei Patienten, die zwei oder mehr Optionen erhielten, fand sich kein Benefit bzgl. OS im Vergleich zu Patienten, die nur mit Enza oder Abir therapiert wurden. Patienten, die Chemotherapie-naiv waren, profitierten im Vergleich mit Abirateron stärker von Enza (medianes OS: 18,9 vs. 13,6 Monate).

PS
ASCO 2021, #5032

Plattenepithel-Oesophaguskarzinom

Neue Erstlinientherapie mit Checkpoint-Inhibitoren?

Diese internationale 3-armige Phase-III-Studie CheckMate 648 untersuchte die Wirksamkeit der Standardchemotherapie 5-Fu + Cisplatin alleine oder in Kombination mit Nivolumab oder der kombinierten Immuntherapie mit Nivolumab und Ipilimumab ohne Chemotherapie bei Patienten mit einem nicht vorbehandelten, nicht operablen, fortgeschrittenen, rezidivierten oder metastasierten Ösophagus-Karzinom. Es ist bereits gezeigt worden, dass Nivolumab als Zweitlinientherapie das Gesamtüberleben von Patienten mit fortgeschrittenem Ösophaguskarzinom, die Chemotherapie refraktär waren oder diese nicht vertragen hatten, verbessert.
Total 970 Patienten wurden rekrutiert und 1:1:1 randomisiert in einen der 3 folgenden Behandlungs-Arme: 1. Nivolumab (240 mg alle zwei Wochen) und Chemotherapie (5-Fluor-ouracil 800 mg/m  an den Tagen 1-5 und Cisplatin 80 mg/m an Tag 1 in vierwöchjgen Zyklen). 2. Nivolumab (3 mg/kg alle zwei Wochen) und Ipilimumab (1 mg/kg alle 6 Wochen);
3. nur Chemotherapie (5-Fluorouracil und Cisplatin in gleicher Dosierung wie in Arm 1). In den Immuntherapie-Armen war eine bis zu 24 Monate lange Behandlung erlaubt.
Primäre Endpunkte der Studie waren OS und PFS. Knapp die Hälfte der Patienten wies eine PD-L1-Expression auf. Die minimale Beobachtungszeit dieser Analyse betrug 12,9 Monate ab Randomisierung. Die Toxizität entsprach den erwarteten typischen Nebenwirkungen:   im Nivolumab-Chemotherapie-Arm und Chemotherapie-Arm Nausea, Appetitverlust und Stomatitis, im Nivolumab-Ipilimumab-Arm Pruritus, Hautausschläge und Hypothyreoidismus. Neue Sicherheitssignale wurden nicht beobachtet und die Anzahl der behandlungsbedingten Todesfälle war in allen drei Armen ausgeglichen und gering.


Die objektive Ansprechrate ORR der Patienten mit PD-L1-positiven Tumoren lag mit Nivolumab-Chemotherapie bei 53%, mit der kombinierten Immuntherapie bei 35% und mit Chemotherapie alleine bei 20%. Am meisten profitierten nicht unerwartet Patienten mit PD-L1-Expression: sowohl Nivolumab plus Chemotherapie als auch Nivolumab plus Ipilimumab verbesserten das OS von Patienten mit PD-L1-Expression der Tumorzellen von ≥ 1% signifikant. Das mediane OS lag in der Gruppe mit Nivolumab plus Chemotherapie bei 15,4 Monaten, im Chemotherapiearm bei 9,1 Monaten (HR 0,54; 99,5% KI: 0,37–0,80; p < 0,0001). Die Kaplan-Meier-Kurven gingen früh und anhaltend auseinander. Die 12-Monats-OS-Rate betrug mit der Kombination Nivolumab-Chemotherapie 58%, bei Chemotherapie alleine 37%. Der OS-Vorteil zeigte sich auch in der Gesamtpopulation unabhängig von der PD-L1-Expression mit einem medianen OS mit Nivolumab von 13,2 Monaten gegenüber der Chemotherapie mit 10,7 Monaten (HR 0,74; 99,1% KI 0,58–0,96; p = 0,0021). Für das PFS wurde nur bei Patienten mit einer Tumor-PD-L1-Expression > 1% ein signifikanter Unterschied zugunsten von Nivolumab-Chemotherapie festgestellt, nicht aber bei allen Patienten unabhängig von diesem Biomarker. Auch die chemotherapiefreie Kombination von Nivolumab-Ipilimumab führte zu einer signifikanten Verbesserung des medianen OS gegenüber der Chemotherapie alleine, sowohl bei Patienten mit PD-L1-Tumorexpression von ≥ 1% (13,7 vs. 9,1 Monate, HR 0,64; 98,6% KI 0,46–0,90; p = 0,0010) als auch bei allen Patienten (12,8 vs. 10,7 Monate; HR 0,78; 98,2% KI 0,62–0,98). Auch bei diesem Vergleich war der Unterschied des PFS nicht signifikant. Die Subgruppenanalyse zeigte eine kleine Subgruppe von Frauen die im Chemotherapie-Arm mit einem medianen OS von 14,8 Monaten extrem gut abschnitten. Dadurch war der Unterschied zu den Immuntherapie-Kombinationen nicht mehr gross. Die Immuntherapie-Wirksamkeit war aber bei Frauen nicht schlechter als bei Männern. Hier zeichnen sich also zwei neue Optionen in der Erstlinientherapie dieser Patienten mit sehr bescheidener Prognose ab.

ThC

Quelle: LBA4001: Nivolumab (NIVO) plus ipilimumab (IPI) or NIVO plus chemotherapy (chemo) versus chemo as first-line (1L) treatment for advanced esophageal squamous cell carcinoma (ESCC): First results of the CheckMate 648 study.

Bessere Prognose mit 177Lu-PSMA-617 für Patienten mit metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom (mCRPC)

177Lu-PSMA-617 bindet mit hoher Affinität an das prostataspezifische Membranantigen (PSMA) und wird durch Endozytose als therapeutisches Isotop in die Tumorzellen aufgenommen. In den Tumor- sowie in den umgebenden Zellen führt 177Lu-PSMA-617 durch DNA-Schäden zum Zelltod. Die Ergebnisse der randomisierten, offenen Phase-III-Studie VISION zeigen, dass 177Lu-PSMA-617 zusätzlich zur Standardtherapie bei Patienten mit metastasiertem kastrationsresistenten Prostatakarzinom (mCRPC) zu einem signifikant besseren Überleben ohne radiographisch dokumentierte Progression in der Bildgebung (radiographic Progression Free Survival, rPFS) führt. Untersucht wurden Männer mit einem PSMA-positiven mCRPC, die zuvor bereits neuere Androgenrezeptor-Inhibitoren und ein bis zwei Taxan-Regimes erhalten hatten. PSMA-positiv waren Tumoren, wenn in 68Ga-PSMA-11-Scans die Werte höher als in der Leber waren. Die Randomisierung erfolgte 2:1 in eine Behandlungsgruppe mit 177Lu-PSMA-617 (7,4 GBq alle 6 Wochen x 6 Zyklen) (n = 551) und eine Gruppe mit Standard Of Care (SOC) alleine (n=280) zusätzlich zur Standardtherapie. Die SOC wurde durch den jeweiligen Untersucher festgelegt, wobei eine zytotoxische Chemotherapie oder eine Radium-223-Behandlung ausgeschlossen waren. Es gab zwei primäre Endpunkte: das rPFS und das OS.


Mit 177Lu-PSMA-617 plus SOC war eine Knochenmarkstoxizität wie erwartet häufiger ≥ Grad 3: 17,6% vs. 6,8% bei SOC alleine. Auch Fatigue und Übelkeit/Erbrechen waren im Verum-Arm gehäuft. Insgesamt wurde bei 28,4% der Patienten der Verum-Gruppe ein unerwünschtes Ereignis des Grades ≥3 dokumentiert, gegenüber 3,9% in der Kontrollgruppe. Beide primären Endpunkte wurden nach einer medianen Beobachtungsdauer von 20,9 Monaten erreicht. Das mediane OS war mit 177Lu-PSMA-617 zusätzlich zur SOC signifikant verbessert: 15,3 vs. 11,3 Monate in der SOC-Gruppe. Das relative Risiko zu versterben war in der Verum-Gruppe um 38% reduziert (HR 0,62: 95% KI 0,52–0,74; p  <  0,001). Eine hohe Dropout-Rate in der SOC-Gruppe in den ersten 9 Monaten (56%!) wurde von den Autoren darauf zurückgeführt, dass 177Lu-PSMA-617 in einigen Regionen zu diesem Zeitpunkt auch ausserhalb der Studie verfügbar wurde. Um gleichwohl eine ausreichende Power zu erreichen, wurde deshalb die Zahl der zu rekrutierenden Patienten erhöht. Wurden nun nur die Patienten einbezogen, die nach der Anpassung des Studiendesigns rekrutiert worden waren, ergab sich mit 177Lu-PSMA-617 plus SOC ein medianes rPFS von 8,7 Monaten, mit SOC eines von nur 3,4 Monaten. Somit zeigt sich eine 60%ige Risikoreduktion für Progression oder Tod (HR: 0,40; 99,2% Konfidenzintervall [KI] 0,29–0,57; p  <  0,001). Hier bietet sich also nach der noch ausstehenden Zulassung von 177Lu-PSMA-617, die Option einer klinisch relevanten Prognoseverbesserung für stark vorbehandelte Patienten mit mCRPC. Weitere Studien werden zeigen müssen, ob ein früherer Einsatz sinnvoll sein könnte.

ThC

Quelle: LBA4: Phase III study of lutetium-177-PSMA-617 in patients with metastatic castration-resistant prostate cancer (VISION).

Adjuvante Immuntherapie mit Pembrolizumab verbesserte DFS nach Nephrektomie bei Patienten mit Nierenzellkarzinom und hohem Metastasierungsrisiko

In dieser klinischen Situation ist zu erwarten, dass bis zur Hälfte dieser Patienten mit einer Metastasierung rechnen müssen. Die internationale Placebo-kontrollierte Phase-III-Studie KEYNOTE-564 untersuchte bei Patienten mit einem klarzelligen Nierenzellkarzinom und hohem Rezidiv-Risiko nach Nephrektomie eine einjährige adjuvante Immuntherapie mit dem Checkpoint-Inhibitor Pembrolizumab. Die Operation durfte bei Randomisierung nicht länger als 12 Wochen zurückliegen und eine vorangegangene Systemtherapie war nicht erlaubt. Primärer Endpunkt der Studie war das krankheitsfreie Überleben (DFS). Die Ergebnisse einer geplanten Interimsanalyse nach median 24.1 Monaten Beobachtungszeit liegen nun vor. Insgesamt wurden 994 Patienten randomisiert, 496 erhielten die adjuvante Therapie mit Pembrolizumab, 498 Placebo. Die adjuvante Therapie bestand aus 200 mg Pembrolizumab oder Placebo alle drei Wochen und wurde bis zu 17 Zyklen, d.h. einem Jahr gegeben. Behandlungsassoziierte unerwünschte Wirkungen des Grads ≥3 waren mit Pembrolizumab häufiger als mit Placebo (18,9% vs. 1,2%). Am häufigsten traten Fatigue (20,3% vs. 14,3%), Pruritus (18,6% vs. 11,5%), Hypothyreoidismus (17,6% vs. 2,6%), Diarrhoe (15,8% vs. 10,3%) und Hautausschläge (15,0% vs. 7,3%) auf. Zum Abbruch der Therapie führten Nebenwirkungen bei 20,7% der Patienten im Pembrolizumab-Arm und bei 2% der Patienten im Placebo-Arm. Es wurde kein Todesfall im Zusammenhang mit Pembrolizumab-Behandlung festgestellt.


Das mediane DFS, der primäre Studienendpunkt, wurde in beiden Gruppen bisher nicht erreicht, die Hazard Ratio (HR) mit 0,68 (95% CI: 0,53−0,87; p = 0,0010) zeigte aber bereits einen klaren Vorteil zugunsten der adjuvanten Immuntherapie. Die geschätzte DFS-Rate nach 2 Jahren lag mit Pembrolizumab bei 77,3%, mit Placebo bei 68,1% (HR 0,68; p = 0,001), wobei der Vorteil auch in den verschiedenen untersuchten Subgruppen dokumentiert wurde. Bisher verstarben 51 Patienten (18 in der Pembrolizumab-, 33 in der Placebogruppe). Das mediane Gesamtüberleben ist noch länger nicht erreicht mit so wenigen Ereignissen. Die geschätzte Überlebensrate nach 2 Jahren wurde mit 96,6% für die Pembrolizumab- und 93,5% für die Placebo-Gruppe errechnet. Die KEYNOTE-564-Studie ist somit die erste positive Phase-III-Studie mit einem Checkpointinhibitor in der adjuvanten Situation beim RCC. Mit dem früh aufgetretenen signifikanten und klinisch relevanten Vorteil im DFS könnte die adjuvante Immuntherapie mit Pembrolizumab nach Resektion eines operablen RCC mit hohem Risiko zum Therapiestandard werden, sollte die ersehnte OS-Verbesserung klinisch bedeutsam sein.

ThC

Quelle: LBA5: Pembrolizumab versus placebo as post-nephrectomy adjuvant therapy for patients with renal cell carcinoma: Randomized, double-blind, phase III KEYNOTE-564 study.

Prognoseverbesserung durch Abirateron bei Patienten mit hormonsensitivem de novo metastasierendem Prostatakarzinom (mCSPC): Studie PEACE-1

In der mehrarmigen Phase-III-Studie PEACE-1 wurde mit einen 2×2 factorial design Androgendeprivation (ADT) + / - Docetaxel (Standard of care, SOC) in Kombination mit Abirateron und Strahlentherapie (RXT) bei Patienten mit neu metastasiertem, kastrationssensitivem Prostatakarzinom (mCSPC) geprüft. Die Studie hat zwei koprimäre Studienendpunkte: das radiologische progressionsfreien Überleben (rPFS) sowie das Gesamtüberleben. Von November 2013 bis Dezember 2018 wurden 1173 Patienten, medianes Alter 67 Jahre, eingeschlossen. Davon hatten 57% eine High Volume Disease. Von allen Patienten erhielten als SOC 710 Patienten ADT+Docetaxel und 463 Patienten nur ADT. Der mediane Follow-up war 3.5 Jahre. Erste Ergebnisse bezüglich dieser beiden Arme zeigen nun eine hochsignifikante Verbesserung des rPFS im Studienarm mit Abirateron und bestätigen damit Daten aus den CHAARTED- und LATITUDE-Studien. Der Zusatz von Abirateron zu ADT + Docetaxel verbessert den Krankheitsverlauf (rPFS) der Patienten mit neu diagnostiziertem mCSPC mit einem klinisch relevanten Benefit von 2,5 Jahren (HR: 0.50 (0.40-0.62), p < 0.0001). Der Zusatz von Abiraterone zu ADT alleine sowie Abiraterone und ADT+Docetaxel (Gesamte Population) zeigte ein rPFS von 2.2 versus 4.5 Jahre (HR: 0.54 (0.46-0.64), p < 0.0001). Die Toxizität im Verum-Arm mit zusätzlich Abiraterone war nur geringfügig erhöht.


Daten zum 2. Studienendpunkt Gesamtüberleben und zur Lebensqualität liegen zwar noch nicht vor, aber ein solch ausgeprägter und klinisch relevanter rPFS Benefit dürfte sich bald als «practice changing» erweisen.

ThC

Quelle: Abstract 5000: A phase 3 trial with a 2×2 factorial design of abiraterone acetate plus prednisone and/or local radiotherapy in men with de novo metastatic castrationsensitive prostate cancer (mCSPC).

NSCLC: positive Daten zu Amivantamab, Aumolertinib und Patritumab Deruxtecan

Dass neue Medikamente für spezifische Targets bei NSCLC-Patienten für viele bereits bekannte Subgruppen untersucht werden, die auch in refraktären Situationen noch wirksam sind, ist erfreulich. Dies umso mehr, wenn dies gleich mehrfach zutrifft. Gehen wir in aller Kürze dem Alphabet nach: Amivantamab (abstract 9006): Amivantamab, ein EGFR-MET bispezifischer Antikörper, und Lazertinib, ein Tyrosinkinase-Inhibitor der 3. Generation, haben in Kombination sowohl bei therapienaiven als auch bei Osimertinib-rezidivierten Patienten mit EGFR+ NSCLC Wirksamkeit gezeigt. Darüber hinaus wurden sie als mögliche prädiktive Biomarker untersucht.
NSCLC-Patienten mit EGFR-Exon-19-Deletion oder L858R-Mutation, die unter Osimertinib ohne Chemotherapie progredient waren, wurden in die Kombinationskohorte der laufenden CHRYSALIS-Studie (NCT02609776) aufgenommen. Die Patienten erhielten 1050/1400 mg Amivantamab + 240 mg Lazertinib. Osimertinib-Resistenzmutationen oder Amplifikationen in EGFR/MET, die durch Next-Generation-Sequencing (NGS) entweder in der ctDNA oder in der Tumorbiopsie identifiziert wurden – ebenso wie die Immunhistochemie für EGFR- und MET-Expression – wurden als potenzieller Biomarker für das Ansprechen untersucht. Für die 45 Osimertinib-Rezidiv-Patienten war die OR 36% (1 CR, 15PR) und das mediane progressionsfreie Überleben (mPFS) betrug 4,9 Monate. Die genetische Untersuchung identifizierte 17 Biomarker-positive-Patienten, von denen 8 (47%) ansprachen. Von den restlichen 28 Patienten sprachen 8 (29%) an. Von diesen 28 Patienten hatten 18 unbekannte Mechanismen der Osimertinib-Resistenz (8 PR) und bei zehn wurden Nicht-EGFR/MET-Resistenzmechanismen identifiziert (OR 0%). Das mPFS für die Biomarker-positiven und die übrigen Patienten betrug 6,7 Monate.

Abstract 9006: Amivantamab in combination with lazertinib for the treatment of osimertinib-relapsed, chemotherapy-naïve EGFR mutant (EGFRm) non-small cell lung cancer (NSCLC) and potential biomarkers for response.

Aulomertinib (abstract 9013)

Aulomertinib ist ein irreversibler EGFR-TK-Inhibitor der 3. Generation, in China entwickelt und zugelassen für Patienten mit EGFR-mutiertem NSCLC mit EGFR T790M, welche progredient sind nach vorangehenden EGFR TKIs. Diese chinesische randomisierte Phase-3-Studie (AENEAS study) verglich Aulomertinib oral 110 mg täglich mit Gefitinib oral 250 mg täglich bei unbehandelten lokal fortgeschrittenen oder metastasierten 429 Patienten mit NSCLC und EGFR Exon-19-Deletion oder L858R in einer 1:1 Randomisation. Der primäre Endpunkt war das PFS, sekundäre Endpunkte waren OR, DoR und OS. Aulomertinib verlängerte das mediane PFS signifikant auf 19.3 vs 9.9 Monate (HR 0.46, p <0.0001). Auch die DoR war entsprechend signifikant verlängert und die OS-Daten waren noch nicht reif. Auch die Verträglichkeit war im Verumarm besser trotz fast doppelt so langer Behandlung (median 463 vs. 254 Tage, SAEs 4.2% vs. 11.2%). Mit dieser mehr als verdoppelten PFS und einem bis anhin günstigen Sicherheitsprofil ist Aulomertinib nun eine attraktive Option für diese Patienten. Die Resultate einer laufenden Phase-3-Studie im Vergleich zu Osimertinib wird zeigen, wo dieser neue EGFR-TKI der 3.Generation seinen Platz finden wird.

Patritumab Deruxtecan (HER3-DXd) (abstract 9007)

Patritumab Deruxtecan (HER3-DXd) ist ein neues Antikörper-Wirkstoff-Konjugat, bestehend aus einem monoklonalen Antikörper gegen HER3, welcher durch einen spaltbaren Linker auf Tetrapeptid-Basis an einen Topoisomerase-1-Inhibitor gebunden ist. HER3 wird in 83% der NSCLC-Tumoren exprimiert. In dieser noch laufenden Phase-1-Studie (NCT03260491) zu HER3-DXd bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem EGFR-mutiertem NSCLC, bei denen eine vorherige EGFR-TKI-Therapie versagt hatte, wurden 57 Patienten eingeschlossen, die median 4 Vorbehandlungen hatten. Die mediane Behandlungsdauer betrug 5,5 Monate und 18 Patienten (32%) waren noch immer unter Therapie.
HER3-DXd 5,6 mg/kg IV wurde alle 3 Wochen verabreicht und der mediane Follow-up betrug 10.2 Monate. Die OR betrug 39% (n=22: 1 CR, 21 PR, und 19 SD) und die Krankheitskontrollrate 72%. Die mediane DoR war 6,9 Monate, das mediane PFS 8,2 Monate. Auch Patienten mit anamnestischen Hirnmetastasen und Platin-Vorbehandlung zeigten eine OR von 37%. Die häufigsten AEs Grad ≥3 waren Thrombozytopenie (30%), Neutropenie (19%) und Müdigkeit (14%). Eine interstitielle Lungenerkrankung wurde bei 4 Patienten (7%; 1 Grad ≥3 [2%]) dokumentiert. In 11% wurde Therapie-assoziiert ein Therapieabbruch festgehalten. Nun läuft eine Phase-2-Studie (HERTHENA-Lung01) mit HER3-DXd bei Patienten mit EGFR-mutiertem NSCLC nach Versagen von EGFR-TKI und platinbasierter Chemotherapie.

ThC

Quelle: Abstract 9007: Efficacy and safety of patritumab deruxtecan (HER3-DXd) in EGFR inhibitor-resistant, EGFR-mutated (EGFRm) non-small cell lung cancer (NSCLC).

Synovialsarkom

Zelluläre Immuntherapie ist wirksam bei Synovial- und Myxoidem Rundzell-Sarkom

Adaptive zelluläre Immuntherapien mit CAR-T-Zellen sind bei Leukämien und Lymphomen teilweise hochwirksame Therapien mit kurativem Potential. Viele tumorspezifische Antigene sind intrazellulär lokalisiert und sind mit einem CAR-T-Ansatz nicht gezielt angehbar. Dies kann durch die Verwendung von T-Zell-Rezeptoren (TCR) überwunden werden, welche MHC-Peptide erkennen, die von intrazellulären Proteinen abgeleitet sind.
In der Phase-II-Studie SPEARHEAD-1 mit 39 Patienten wurde in einer einarmigen Studie Afamitresgene autoleucel (Afami-cel, früher ADP-A2M4) bei Patienten mit fortgeschrittenem Synovialsarkom und «myxoid/round cell liposarcoma» (MRCLS) geprüft. Afami-cel SPEAR T-Zellen sind gegen MAGE-A4-positive Tumore gerichtet. MAGE-A4 ist stark exprimiert beim Synovialsarkom und MRCLS bei gleichzeitiger Koexpression von HLA-A*02. Eine Phase-I-Studie (CTOS 2020) mit Afami-cel war in dieser Konstellation klar positiv mit klinisch bedeutsamem Ansprechen.
Die 37 Patienten waren zwischen 16-75 Jahre alt, HLA*02-positiv mit MAGE-A4-Expression in ≥ 30% der Tumorzellen, welche ≥ 2+ waren in der Immunohistochemie.


Beim Cut-off 29.3.2021 waren 37 Patienten mit Afami-cel, davon 32 mit Synovialsarkomen, und 5 mit MRCLS behandelt worden. Afami-cel wurden in Dosierungen von 1–10 × 109 transduzierten T-Zellen verabreicht, nach vorangegangener lymphozytenreduzierender Induktion mit Chemotherapie. Der Primäre Endpunkt war die Overall Response Rate (ORR). 33 Patienten konnten bereits für die OR evaluiert werden, bei 4 Patienten war die Evaluation noch zu früh.
Die ORR war 41.4% für Patienten mit Synovialsarkom und 25.0% für MRCLS-Patienten. Eine CR konnte bei 2 Patienten mit Synovialsarkom dokumentiert werden, 10 hatten eine PR und 13 eine stabile Situation SD und 4 einen Tumorprogress PD, d.h. die Krankheitskontrolle war > 80%. Von den 4 Patienten mit MRCLS konnten 1 PR, 2 SD und eine PD dokumentiert werden. Die mediane Dauer des Ansprechens wurde noch nicht erreicht. Als Nebenwirkungen wurden milde Symptome von einem Zytokine-Freisetzungs-Syndrom festgestellt und auch die hämatologischen Nebenwirkungen waren mild und reversibel. Es ist nun eine Fortsetzung der Studie mit total 90 Patienten geplant: 45 in Kohorte (bereits erreicht) 1 und 45 in Kohorte 2. Genetisch modifizierte T-Zell-Rezeptor-gerichtete Therapien sind neben CAR-T-Zellen eine weitere Option der zellulären Immuntherapien und hier darf eine Zulassung dieser innovativen Therapie in naher Zukunft erwartet werden, da es sich um eine «unmet need»-Situation ohne vergleichbare therapeutische Alternativen handelt.

ThC

Quelle: Abstract Nr. 11504: SPEARHEAD-1: A phase 2 trial of afamitresgene autoleucel (formerly ADP-A2M4) in patients with advanced synovial sarcoma or myxoid/round cell liposarcoma

Längeres OS mit Ribociclib bei Patientinnen mit metastasiertem HR+/HER2- Mammakarzinom

In der grossen und bereits im NEJM publizierten positiven Phase-III-Studie MONALEESA-3 wird Ribociclib (Kisqali®), ein zugelassener CDK4/6-Inhibitor, oder Placebo plus Fulvestrant in der Erst- und Zweitlinie bei postmenopausalen Frauen mit fortgeschrittenem HR + /HER2- Mammakarzinom, die nicht für eine kurative Therapie infrage kamen und noch keine Therapie für eine fortgeschrittene Erkrankung (Lokalrezidiv oder Metastasen) erhalten hatten, untersucht. Die Therapie erfolgte 2:1 randomisiert mit Ribociclib (600 mg oral einmal täglich, n = 484) oder Placebo (n=242) an 21 aufeinanderfolgenden Tagen mit 7 Tagen Therapiepause pro 28-tägigem Zyklus. Alle Patientinnen erhielten Fulvestrant in einer Dosis von 500 mg i.m. an Tag 1 jedes Zyklus und im ersten Zyklus auch am Tag 15.
Hier wird nun der Follow-up nach 56,3 Monaten präsentiert: die mediane OS-Rate in der Gesamtpopulation mit Ribociclib betrug 53,7 Monate, in der Placebo-Gruppe 41,5 Monate. Damit war das Mortalitätsrisiko mit Ribociclib um 27,3% verringert (HR 0,726; 95% KI 0,588–0,897. Die 4-Jahresüberlebensrate lag mit Ribociclib bei 53,6%, mit Placebo bei 44,5%. Die 5-Jahresüberlebensraten waren 46,0% in der Verumgruppe und 31,1% in der Placebogruppe.


Die OS-Resultate in der ersten Linie, d.h. bei neu aufgetretenem fortgeschrittenem Mammakarzinom oder einem Rezidiv mehr als 12 Monate nach einer neo(adjuvanten) endokrinen Therapie eines frühen Mammakarzinoms, ergaben ebenfalls einen klaren Vorteil für Ribociclib (medianes OS nicht erreicht vs. 51,8 Monate in der Placebo-Gruppe; HR 0,640; 95% KI 0,464–0,883). Ein OS-Vorteil fand sich in vielen Subgruppen, auch bei Patientinnen mit Leber- oder Lungenmetastasen, drei und mehr Metastasenlokalisationen und einer klinischen endokrinen Resistenz. Eine Chemotherapie musste bei Patientinnen im Ribociclib-Arm im Median erst etwa 20 Monate später eingesetzt werden als im Placebo-Arm. Die mediane Zeit bis zur nächsten Chemotherapie lag mit Ribociclib plus Fulvestrant bei 48, mit Placebo plus Fulvestrant bei 28,8 Monate (HR 0,704; 95% KI 0,566–0,876). Das PFS 2 (von der Randomisierung bis zum zweiten Progress) betrug im Median 37,4 Monate, während es im Placebo-Arm bei 28,1 Monaten lag (HR 0,693; 95% KI 0,570–0,844). Bei Patienten mit Erstlinientherapie war dieser Vorteil noch ausgeprägter (HR 0,63; 95% KI 0,47–0,84). Dabei war der Vorteil unabhängig von der Art der Folgetherapie von Ribociclib plus Fulvestrant. Bezüglich Toxizität gab es keine neuen Sicherheitssignale. Somit wird ein klinisch bedeutsamer Überlebensvorteil nach 5 Jahren von einem Jahr auch in der Erstlinientherapie mit Ribociclib nach > 4 Jahren Follow-up bestätigt und scheint sich weiter zu vergrössern.

ThC

Quelle: Abstract 1001: Updated overall survival (OS) results from the phase III MONALEESA-3 trial of postmenopausal patients (pts) with HR+/HER2- advanced breast cancer (ABC) treated with fulvestrant (FUL),
ribociclib (RIB).

Fortgeschrittenes Ösophaguskarzinom

Kombination Nivolumab plus Ipilimumab ist alleiniger Chemotherapie überlegen

Der bisherige Standard in der First line bei Patienten mit einem fortgeschrittenen Ösophaguskarzinom ist die Chemotherapie. Im Rahmen der CheckMate-648-Studie wurde die Kombination Nivolumab + Chemotherapie mit der Kombination Nivolumab + Ipilimumab und der alleinigen Chemotherapie verglichen.
Das Ösophaguskarzinom ist einer der häufigsten zum Tode führenden Tumore. Die 5-Jahresüberlebensrate liegt bei 25%. Eingeschlossen in diese Phase-III-Studie wurden 970 Patienten mit einem nicht-vorbehandelten, nicht resezierbaren, fortgeschrittenen, rezidivierten oder metastasierten Plattenepithelkarzinom des Ösophagus und zwar unabhängig von dem PD-L1-Status. Sie erhielten randomisiert Nivolumab + Fluorouracil + Cisplatin oder Nivolumab + Ipilimumab oder Chemotherapie allein. Als Endpunkte wurden das OS und das PFS festgelegt. Das Mindest-Follow up betrug 13 Monate.
Sowohl die Kombination Nivolumab + Chemotherapie als auch die Kombination Nivolumab + Ipilimumab waren bei Patienten mit einem PD-L1 ≥ 1% der alleinigen Chemotherapie überlegen (OS: 15,4 vs. 13,7 vs. 9,1 Monate). Aber auch bei Auswertung aller Studien-Patienten zeigte sich ein Benefit in den beiden Studienarmen mit Nivolumab (OS: 13,2 vs. 12,8 vs. 10,7 Monate). Die Ergebnisse waren statistisch signifikant. Auch das PFS wurde durch die Gabe von Nivolumab zusätzlich zur Chemotherapie bei Patienten mit PD-L1 ≥ 1% verbessert und zwar um 35%. Dagegen fand sich beim PFS kein signifikanter Unterschied zwischen Nivolumab + Ipilimumab im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie. Die ORR betrug 53% bei Nivo + Chemo vs. 35% bei Nivo + Ipi vs. 27% bei Chemo.
Zusammenfassend kann man sagen, dass sowohl die Kombination Nivo + Chemo als auch die Kombination Nivo + Ipi der alleinigen Chemo signifikant überlegen ist. Mit der Kombination Nivo + Ipi steht jetzt erstmals auch eine Chemotherapie-freie Behandlungsoption zur Verfügung.

PS
ASCO 2021, #LBA4001

Sotorasib als erste Therapie bei KRAS-G12C-mutiertem Lungenkarzinom

Mutationen der RAS-Proteinfamilie lassen sich bei gut 30% aller Malignome nachweisen und Inhibitoren dieses Pathways haben somit ein grosses Potential, waren aber bisher immer erfolglos und galten als «undrugable». Am häufigsten betreffen diese Mutationen KRAS, und die Punktmutation KRAS-G12C. Diese ist funktional eine Treibermutation für 10-15 % der nichtkleinzelligen Lungenkarzinome. Mit Sotorasib liegt ein erster spezifischer direkter KRAS- G12C-Inhibitor vor. Dieser wurde untersucht in der Phase-2-Studie CodeBreaK 100 und hat es gleichzeitig zum ASCO 2021 ins NEJM geschafft. Dies lässt die Erwartungen hochschnellen, dass nun KRAS endlich therapeutisch beeinflussbar ist und, neben NSCLC, auch für Kolorektale Malignome und andere Malignome zur Anwendung kommen könnte, wie von der positiven Phase-1-Studie bereits erwartet werden konnte.


So wurde nun eine unkontrollierte Phase-2-Studie bei 126 Patienten mit KRAS p.G12C-mutiertem fortgeschrittenem NSCLC, welche mit Standard-Therapien vorbehandelt wurden, durchgeführt. Dies mit einer täglichen oralen Dosis von Sotorasib 960 mg. Der primäre Endpunkt war die Overall Ansprechrate (OR). Sekundär wurde die Dauer des Ansprechens (DOR) und der Krankheitskontrolle (DC), das PFS, OS und die Sicherheit evaluiert. Auch wurden «exploratory biomarkers» als mögliche Prädiktoren für das Ansprechen evaluiert. 124 Patienten konnten ausgewertet werden: ein Ansprechen fand sich bei 46/124 Patienten (37.1%; 95% KI, 28.6- 46.2), mit 4 CRs (3.2%) und 42 PRs (33.9%). Die mediane Dauer des Ansprechens betrug 11.1 Monate, Krankheitskontrolle in 100/124 Patienten (80.6%; 95% CI, 72.6-87.2). Das mediane PFS war 6.8 Monate (95% CI, 5.1-8.2), und das mediane OS war 12.5 Monate. Therapie-assoziierte Nebenwirkungen wurden in 88/126 aller Patienten (69.8%), mit Grad 3 bei 25 (19.8%) bez. Grad 4 bei einem Patienten (0.8%) registriert, ohne neue Sicherheitssignale. Als Hauptnebenwirkungen wurden milde, gastrointestinale und lebertoxische Effekte angegeben. Ein Ansprechen fand sich in verschiedenen Subgruppen (PD-L1 Expression, TMB, und begleitenden Mutationen von STK11, KEAP1, oder TP53).
Somit liegt erstmals eine positive Phase 2 mit einem KRAS-Inhibitor in dieser Subpopulation mit KRAS p.G12C-mutiertem fortgeschrittenem und vorbehandeltem NSCLC vor und nun werden weitere Entitäten folgen, allen voran Patienten mit kolorektalem Karzinom.

ThC

Quelle: Abstract 9003: Overall survival and exploratory subgroup analyses from the phase 2 CodeBreaK 100 trial evaluating sotorasib in pretreated KRAS p.G12C mutated non-small cell lung cancer.

Knochenprotektion bei Behandlung von Knochenmetastasen beim Prostatakarzinom zwingend notwendig

In der PEACE-III-Studie (Phase 3 EORTC-1333-GUCG/PEACE-III), vorgestellt von
Prof. Dr. med. Silke Gillessen, Bellinzona wurden Patienten mit knochenmetastasierendem hormonrefraktärem Prostatakarzinom 1:1 randomisiert zu Enzalutamid (160 mg täglich) + Radium-223 (alle 4 Wochen für 6 Zyklen) oder Enzalutamid alleine. Dabei zeigte sich früh, dass sehr viele Knochenfrakturen speziell im Arm mit zusätzlich Radium-223, aber auch im Enzalutamid-alleine-Arm auftraten. Deswegen entschied das Data Monitoring Committee mit einem «Urgent Safety Letter», dass ab sofort bei allen Patienten knochenprotektive Medikamente wie Denosumab oder Bisphosphonate eingesetzt werden müssen.


Die Wirkung dieser Massnahme für die Knochengesundheit nach einem Jahr Behandlung mit Denosumab oder Bisphosphonat war äusserst effektiv: für die Enzalutamid-alleine-Gruppe war die Reduktion der Knochenfrakturen von 15.6% auf 2.7% gesunken, für die Gruppe Enzalutamid + Radium-223 von 37,1% auf 2.7%! Somit ist klar, dass diese einfache Massnahme zum Erhalt der Knochengesundheit hocheffektiv ist und trotz der nicht sehr grossen Fallzahl in dieser Analyse, aber mit eindrücklichem Effekt in der Praxis, zwingend umgesetzt werden muss. Diese Empfehlung wurde bereits in die wichtigsten Guidelines wie NCCN, ESMO und EUA aufgenommen.

ThC

Quelle: Abstract 5002: Phase 3 EORTC-1333-GUCG/PEACE-III trial (NCT02194842): Patients randomized 1:1 to either enzalutamide (160 mg daily plus radium-223 every 4 weeks for 6 cycles) or enzalutamide alone.

Fortgeschrittenes malignes Melanom

Kombination Relatlimab plus Nivo ist Nivo-Monotherapie überlegen

Relatlimab ist ein gegen den Checkpoint LAG-3 gerichteter monoklonaler Antikörper. Im Rahmen der RELATIVITY-047-Studie wurde die Kombination von Relatlimab plus Nivolumab in einer fixen Einzelinfusion gegeben mit einer Nivolumab-Monotherapie bei Patienten mit einem bisher unbehandelten, nicht resezierbaren oder metastasierten fortgeschrittenen malignem Melanom verglichen.

LAG-3 (Lymphozyte activation gen 3) ist ein neuer Angriffspunkt, genauer gesagt Checkpoint, für eine Immuntherapie. Relatlimab ist der erste spezifisch gegen LAG-3 gerichtete monoklonale Antikörper, also ein neuer Checkpoint-Inhibitor. Bei Nivolumab handelt es sich um einen PD-1-Inhibitor. Angesichts der komplementären Wirkmechanismen hofft man, dass die Kombination beider Wirkstoffe wirksamer ist als eine Nivolumab-Monotherapie. Im Rahmen der Phase 2/3 RELATIVITY-047-Studie wurde die Kombination Rela + Nivo mit der Nivo-Monotherapie verglichen und zwar bei Patienten mit einem fortgeschrittenen nicht resezierbaren bzw. metastasierten malignem Melanom.
Mit der Kombination wurde das mediane PFS von 4,63 auf 10,12 Monate verlängert (HR 0,75; p=0,0055). Der Benefit der Kombination zeigte sich schon sehr früh bei der ersten Kontrolle und blieb über die Zeit konstant und zwar bei allen vordefinierten Subgruppen.
Das Sicherheitsprofil der Kombination war akzeptabel und konsistent mit früheren Daten. UEs Grad 3 und 4 traten bei 18,9% unter der Kombination auf und bei 9,7% unter der Monotherapie mit Nivo. 14,6% mussten unter der Kombination die Therapie unterbrechen im Vergleich zu 9,7% in der Nivo-Gruppe.

PS
ASCO 2021, #9503

Fortgeschrittenes malignes Melanom

Auch nach 6,5 Jahren lebt noch jeder zweite Patient unter der Immuntherapie

Im Rahmen der CheckMate-067-Studie wurde bei Patienten mit einem fortgeschrittenen malignen Melanom die Kombination der beiden Checkpoint-Inhibitoren Nivolumab plus Ipilimumab mit der Nivo- und Ipi-Monotherapie verglichen. Dabei erwies sich die Kombination als eindeutig überlegen. Jetzt wurden die Ergebnisse nach einem Follow up von 6,5 Jahren präsentiert.
Das mediane Überleben nach dieser Zeit lag unter der Kombination bei 72,1 Monaten im Vergleich zu 36,9 Monaten unter Nivo und 19,9 Monaten unter Ipi. Das PFS betrug nach dieser langen Zeit bei der Kombination 34%, bei Nivo 29% und bei Ipi bei 7%. Die PFS-Dauer betrug 11,5 Monate bzw. 6,9 Monate bzw. 2,9 Monate. 49% der Patienten lebten nach 6,5 Jahren noch. 77% der Patienten mit der Kombination, 69% mit Nivo und 43% mit Ipi waren Therapie-frei und benötigten keine Folgetherapie.
Der Benefit der Kombination und der Nivo-Monotherapie im Vergleich zu einer Ipi-Monotherapie zeigte sich in allen Subgruppen unabhängig vom BRAF-mut-Status und dem Vorhandensein von Lebermetastasen. Bei Patienten mit einer BRAF-Mutation betrug die OS-Rate 57% unter der Kombination vs. 43% bei Nivo und 25% bei Ipi. Beim BRAF-Wild-Typ waren es 46% vs. 42% vs. 22%. Bei Lebermetastasen waren die OS-Raten 38% vs. 31% vs. 22%. Die Dauer der Therapie ist in der Kombi-Gruppe bzw. Nivo-Gruppe noch nicht erreicht und lag unter Ipi bei 19,2 Monaten. Das Sicherheitsprofil war vergleichbar mit früheren Daten. Fazit der Studie: Auch im Langzeitverlauf ist die Kombination Nivo + Ipi einer Immun-Monotherapie mit Nivo oder Ipi überlegen.

PS
ASCO 2021, #9506

Neue Erstlinientherapie am Horizont für Patienten mit Nasopharynx-Karzinom

In dieser multizentrischen Placebo-kontrollierten Phase-III-Studie JUPITER-02 wurde die Frage untersucht, ob der anti-PD1-monoklonale Antikörper Toripalimab zur Standard-Chemotherapie mit Cisplatin+Gemzar eine klinisch bedeutsame Wirksamkeit zeigt. Patienten hatten entweder ein bereits metastasiertes Nasopharynxkarzinom oder ein bislang unbehandeltes Rezidiv nach kurativ intendierter Therapie und noch keine Chemotherapie erhalten. 289 Patienten aus China, Taiwan und Singapur wurden in zwei Behandlungsgruppen randomisiert. Alle erhielten Gemcitabin in einer Dosis von 1000 mg an Tag 1 und 8 eines jedes Zyklus und Cisplatin in einer Dosis von 80 mg/m² an Tag 1 eines Zyklus. Die Patienten erhielten entweder zusätzlich Toripalimab in einer Dosis von 240 mg (n = 146) oder im Kontrollarm Placebo (n=143) alle drei Wochen für maximal sechs Zyklen. Primärer Endpunkt der Studie war das PFS nach RECIST-Kriterien. Die Nebenwirkungen (NW) entsprachen dem Muster anderer bekannter PD1-Hemmer: Immunassoziierte unerwünschte Ereignisse traten bei 39,7% der mit Toripalimab behandelten Patienten auf und erreichten bei 7,5% einen Grad ≥ 3.

Insgesamt war die Rate der NW inklusive Grad ≥ 3 in beiden Studienarmen vergleichbar (89,0% versus 89,5% mit Placebo). In der Verum-Gruppe brachen etwas mehr Patienten als in der Placebo-Gruppe die Therapie wegen NW ab (7,5% vs. 4,9%); Todesfälle wegen NW waren in beiden Gruppen selten (2,7% vs. 2,8%). Die Ansprechrate war 77,4% für den Arm Toripalimab + GC und 66,4% für den Kontrollarm (p = 0,0335). Die mediane Ansprechdauer betrug 10,0 versus 5,7 Monate (HR = 0,50; 95% KI 0,33–0,78). Toripalimab+GC zeigte eine Verlängerung des medianen PFS von 11,7 Monaten gegenüber 8,0 Monaten für den Kontrollarm. Das PFS nach einem Jahr betrug 49,4% versus 27,9% im Placebo-Arm der Studie. Die HR lag bei 0,52 (95% KI 0,36–0,74; p = 0,0003). Der Effekt war unabhängig von der PD-L1-Expression. Die Kaplan-Meier-Kurve des OS zeigte bereits einen Vorteil. Das mediane OS ist zwar in beiden Gruppen noch nicht erreicht, die stratifizierte HR liegt aber im Februar 2021 bereits bei 0,603 (95% KI 0,364–0,997; p = 0,0462). Nach 2 Jahren lebten 77,8% der Patienten im Interventions- und 63,3% der Patienten im Standardarm der Studie. Toripalimab ist in China bereits in der 3. Linie zugelassen und die FDA prüft nun ein beschleunigtes Zulassungsverfahren.

ThC

Quelle: LBA2: JUPITER-02: Randomized, double-blind, phase III study of toripalimab or placebo plus gemcitabine and cisplatin as first-line treatment for recurrent or metastatic nasopharyngeal carcinoma (NPC).

Kongressausgabe der info@onkologie

Hier finden Sie das PDF der Kongresszeitung

Editorial

Mit ganzer Kraft voran

Das Motto des 26. Jahreskongresses der European Hematology Association (EHA; 9.-17.6.2021) lautete: For Clinical and Research Excellence. Auch diesmal wurde ein umfassendes Themenspektrum geboten. Dies zeigt, mit welch grosser Dynamik in diesem Fachgebiet Grundlagen- und klinische Forschung vorangetrieben werden. Zu gleich wird erkennbar, dass in der Hämato-Onkologie insbesondere durch die molekulare Genforschung Schritt für Schritt der Weg in eine personalisierte Präzisionsmedizin erfolgreich begangen wird, mit dem Ziel, aus bis vor Kurzem noch unheilbaren, ja tödlichen Erkrankungen chronische zu machen. Das dies gelingen kann, dafür ist die CML das überzeugendste Beispiel.
Was gibt es Neues? Die Hemmung des B-Zell-Rezeptor-Signalwegs durch den Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitor (BTKI) Ibrutinib war ein Durchbruch in der Therapie der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL)/kleinzelliges lymphozytisches Lymphom (SLL). Eine Weiterentwicklung ist Zanubrutinib, das selektiver und stärker wirkt. In der ALPINE-Studie erwies sich Zanubrutinib im Vergleich zu Ibrutinib sowohl im Hinblick auf die Wirksamkeit als auch die Sicherheit als überlegen. Eine Zwischenanalyse nach 12 Monaten ergab, dass die Gesamtansprechrate unter Zanubrutinib signifikant höher war als unter Ibrutinib, nämlich 78,3% vs. 62,5%. In ähnlicher Weise waren das PFS und das OS in der Zanubrutinib-Gruppe höher und auch bei der Sicherheit übertraf Zanubrutinib Ibrutinib.
Die Phase-3-Studie ADMIRAL zeigte die Überlegenheit von dem FLT3-Tyrosinkinase-Inhibitor Gilteritinib gegenüber einer Salvage-Chemotherapie bei Patienten mit einer FLT3-mutierten rezidivierten bzw. refraktären akuten myeloischen Leukämie (AML). Jetzt wurden Daten zum Langzeitüberleben, bei der hämatopoetischen Stammzelltransplantation (HSCT) und bzgl. Sicherheit über 1 Jahr hinaus vorgestellt. Diese Daten zeigen, dass ein hoher Anteil der mit Gilteritinib behandelten Patienten nach zwei Jahren ohne Rezidiv noch am Leben war und eine HSCT erhalten hatte gefolgt von einer Gilteritinib-Erhaltungstherapie. Letztere war mit einer niedrigen Rezidivrate nach der HSCT im Gilteritinib-Arm assoziiert war. Auch Patienten mit einer TKI-Vortherapie profitieren uneingeschränkt von Gilteritinib.
DESCAR-T ist das nationale französische Register, in dem die Daten von Patienten mit einer CAR-T-Zelltherapie ausgewertet werden. Ziel ist, Daten aus der realen Welt zu sammeln und zwar im Hinblick auf Sicherheit und Wirksamkeit dieser innovativen Therapie. Erste Analysen von 537 Patienten mit einem diffusen grossszelligen B-Zell-Lymphom zeigen, dass die CAR-T-Zelltherapie im klinischen Alltag angekommen ist und in der realen Welt das hält, was sie in den Zulassungsstudien versprochen hat.
Die Kombination Ibrutinib plus Venetoclax (I+V) vereint komplementäre Wirkmechanismen. Im Rahmen der GLOW-Studie wurde diese Kombination mit einer Chemoimmuntherapie aus Chlorambucil plus Obinutuzumab (Clb+O) verglichen. Die mit I+V behandelten Patienten zeigten ein signifikant verbessertes PFS im Vergleich zu Clb+O. Der Unterschied war über alle vordefinierten Untergruppen hinweg konsistent. Darüber hinaus war die UMRD-Rate (nicht nachweisbare minimale Resterkrankung) sowohl im Knochenmark als auch im peripheren Blut im I+V-Arm 3 Monate nach Ende der Behandlung signifikant höher.
Der mRNA-basierte Impfstoff von Pfizer/BioNTech gegen COVID-19 wird auch für immunsupprimierte Patienten empfohlen. Seine Wirksamkeit und Sicherheit bei Patienten, die sich einer immunologischen Zelltherapie unterziehen, ist aber noch nicht ausreichend untersucht. Deshalb wurde im Rahmen einer prospektiven Studie dieser Frage nachgegangen. Eingeschlossen wurden 79 Patienten, die sich einer allogenen hämatopoetischen Zelltransplantation (HCT) oder einer CAR-T-Zelltherapie unterzogen hatten und mit BNT162b2 geimpft wurden. Insgesamt erwies sich der Impfstoff als gut verträglich und alle unerwünschten Ereignisse klangen innerhalb weniger Tage ab. Bei einem Patienten kam es zu einer sekundären Transplantatabstossung. Doch nur 36% der Patienten mit einer CAR-T-Zelltherapie entwickelten eine humorale Antikörperantwort im Vergleich zu 81% der Patienten mit einer HCT.
Die Phase-3-Studie MAIA untersuchte die Dreier- Kombination Daratumumab plus Lenalidomid und Dexamethason (D-Rd) im Vergleich mit Rd bei älteren Patienten mit einem neu diagnostizierten Multiplen Myelom, die nicht geeignet waren für eine autologe Stammzelltransplantation. Die primäre Analyse ergab eine 44%ige Reduktion des Risikos einer Krankheitsprogression oder Todes mit D-Rd im Vergleich mit Rd. Jetzt wurden die OS-Daten nach einem Follow-up von fast 5 Jahren (56,2 Monate) präsentiert. Die Zugabe von Daratumumab reduzierte das Mortalitätsrisiko signifikant um 32% mit einer geschätzten 5-Jahres-Gesamtüberlebensrate von 66,3% im Vergleich zu 53,1% in der Rd-Gruppe. Dieser Benefit wurde erzielt, obwohl 46% der Patienten im Rd-Arm eine Folgetherapie mit Daratumumab erhielten.
Diese kleine Auswahl von Studien möge Ihnen Appetit machen auf Mehr. Das Redaktionsteam von info@onkologie hat das Kongressgeschehen intensiv verfolgt und das Wichtigste in der vor Ihnen liegenden Zeitung zusammen getragen. Wir wünschen Ihnen viel Spass beim Lesen und einen reichen Gewinn an neuen Erkenntnissen für Ihre tägliche Arbeit.

Dr. med. Peter Stiefelhagen

CLL/SLL

Zanubrutinib ist Ibrutinib überlegen

Die Hemmung des B-Zell-Rezeptor-Signalwegs durch den Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitor (BTKI) Ibrutinib war ein Durchbruch in der Therapie der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL)/kleinzelliges lymphozytisches Lymphom (SLL). Eine Weiterentwicklung ist Zanubrutinib, das sich in der ALPINE-Studie im Vergleich zu Ibrutinib sowohl im Hinblick auf die Wirksamkeit als auch die Sicherheit als überlegen erwiesen hat.

Zanubrutinib ist ein BTK-Inhibitor der nächsten Generation. Die Substanz garantiert eine potente und anhaltende Hemmung der BTK. Zugleich werden die Off-Target-Effekte von Inhibitoren der ersten Generation wie Ibrutinib minimiert.
Im Rahmen der ALPINE-Studie wurde Zanubrutinib direkt mit Ibrutinib bei 415 Patienten mit einer refraktären bzw. rezidivierten CLL/SLL verglichen. Eine Zwischenanalyse nach 12 Monaten ergab, dass die Gesamtansprechrate unter Zanubrutinib signifikant höher war als unterIbrutinib, nämlich 78,3% vs. 62,5%. In ähnlicher Weise waren das PFS und das OS in der Zanubrutinib-Gruppe höher und auch bei der Verträglickeit übertraf Zanubrutinib Ibrutinib.
Die Raten an Vorhofflimmern/Vorhofflattern, grösseren Blutungen und anderen Ereignissen, die zum Abbruch der Therapie führten, und Infektionen ≥ Grad 3 waren niedriger. Nur die Rate an Neutropenien war etwas höher (28,4% vs. 21,7%). Zusammenfassend kann man sagen, dass die selektivere Hemmung der BTK durch Zanubrutinib die Wirksamkeit, aber auch die Sicherheit dieses Therapieprinzips im Vergleich zu Ibrutinib verbessert.

PS
EHA 2021, #LB1900

AML

Auch im Langzeitverlauf ist Gilteritinib der Chemotherapie überlegen

Die Phase-3-Studie ADMIRAL zeigte die Überlegenheit des FLT3-Tyrosinkinase-Inhibitors Gilteritinib gegenüber einer Salvage-Chemotherapie bei Patienten mit einer FLT3-mutierten rezidivierten bzw. refraktären akuten myeloischen Leukämie (AML). Jetzt wurden Daten zum Langzeitüberleben, bzgl. der hämatopoetischen Stammzelltransplantation (HSCT) und der Sicherheit über 1 Jahr hinaus vorgestellt.

Die Analyse erfolgte 2 Jahre nach der Primäranalyse. Dabei wurden die Daten von weiterhin in Remission befindlichen Patienten, von Patienten, die sich einer HSCT unterzogen hatten, und die unerwünschten Ereignisse im Jahr 1 und im Jahr 2 ausgewertet. Nach 2 Jahren waren noch 17% am Leben und 16 Patienten waren noch unter der Gilteritinib-Therapie. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 37,1 Monaten waren noch 26 der 49 lebenden Patienten im Gilteritinib-Arm ohne Rezidiv. 18 dieser 26 Patienten unterzogen sich einer HSCT, wobei 16 eine Erhaltungstherapie mit Gilteritinib nach der HSCT erhielten. 19 der 26 Patienten im Gilteritinib-Arm ohne Rezidiv setzten die Therapie über ein Jahr hinaus fort und blieben in kompletter Remission.
Vom Gesamtkollektiv (371 Patienten) unterzogen sich 22% (83 Patienten) einer HSCT. Die kombinierten CR-Raten vor der HSCT waren in beiden Gruppen vergleichbar (63% unter Gilteritinib vs. 58% unter der Chemotherapie). 63% der transplantierten Patienten im Gilteritinib-Arm erhielten eine Erhaltungs-Dauertherapie mit Gilteritinib. Die kumulativen 24-Monats-Rezidivraten bei mit Gilteritinib behandelten Patienten, die vor der Transplantation eine CR bzw. CRc erreichten, betrugen 20% bzw. 45%. Das mediane Gesamtüberleben nach der HSCT lag in der Gilteritinib-Gruppe be 16,1 Monate vs. 15,2 Monate unter der Chemotherapie.
Die häufigsten UE waren sowohl im Jahr 1 als auch im Jahr 2 eine Erhöhung der Lebertransaminasen. Die Inzidenz aller UE ging im Jahr 2 zurück. Bei einem Patienten trat in Jahr 2 ein nicht-tödlicher Herz-Kreislauf-Stillstand und bei einem Patienten eine ventrikuläre Tachykardie auf.
Insgesamt zeigen diese Daten, dass ein hoher Anteil der mit Gilteritinib behandelten Patienten auch nach zwei Jahren ohne Rezidiv noch am Leben war und eine HSCT erhalten hatte gefolgt von einer Gilteritinib-Erhaltungstherapie. Letztere war mit einer niedrigen Rezidivrate nach der HSCT im Gilteritinib-Arm assoziiert. Das Sicherheitsprofil war auch nach 2 Jahren stabil.

PS
EHA 2021; # EP438

HARMONY Alliance

Neue molekulare Erkenntnisse bei CLL

Das individuelle Genmuster bei CLL-Patienten erlaubt eine bessere Einschätzung des Verlaufs bzw. der Prognose und ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer Individualisierung der Therapie.

Der klinische Verlauf der CLL ist sehr variabel. Einige Patienten benötigen niemals eine Therapie, doch die meisten werden im weiteren Krankheitsverlauf behandlungsbedürftig. Auch aus genomischer Sicht ist die Erkrankung sehr heterogen, wobei das Mutationsmuster sowohl bei der Wahl der Medikamente als auch für Prognose entscheidend ist. Bestimmte Genmutationen finden sich bei mehr als 10% der Patienten während Hunderte anderer Genmutationen nur sehr selten auftreten.
Um belastbare Erkenntnisse über die Rolle dieser Mutationen für die Therapie und den Krankheitsverlauf zu gewinnen, wurde die HARMONY Big Data Plattform geschaffen. Im Rahmen dieses Forschungsprojekts wurden Zentren in ganz Europa gebeten, die zehn am häufigsten mutierten Gene bei ihren CLL-Patienten zu sequenzieren. Zwischenzeitlich liegen die Ergebnisse von mehr als 4.600 Patienten vor. Analysiert wird nicht nur die Häufigkeit der verschiedenen Mutationen sondern auch die Assoziation des Genmusters mit der Zeit bis zur ersten Behandlung. Die Ergebnisse geben den Ärzten die Möglichkeit, beim individuellen Patienten prognostische Aussagen über den Verlauf der Erkrankung machen zu können. Darüberhinaus ist die Genanalyse ein wichtiger Schritt in Richtung individualisierter Therapie.
In einer Studie bei 13.808 CLL-Patienten wurden der prädiktive Wert der Genanalyse und die Therapie im Hinblick auf das Auftreten anderer hämatologischer Malignome wie MDS oder AML untersucht. Erhöht ist dieses Risiko bei Patienten mit einer FCR-Therapie. Im Gegensatz dazu scheint die Entstehung von soliden Tumoren nicht durch die Art der Therapie beeinflusst zu werden.

PS
EHA 2021, #S143, #EP631

Chronische Lymphatische Leukämie (CLL)

Update zur Erstlinientherapie: Langzeit- und Real-World-Daten

Das Ziel, klassische Chemotherapien durch verträglichere, chemotherapiefreie Ansätze zu ersetzen, ist durch die Entwicklung neuer, zielgerichteter Substanzen in greifbare Nähe gerückt. Zur CLL wurden unter anderem Langzeit- und Real-World-Daten zur Kombinationsbehandlung mit dem BCL-2-Inhibitor Venetoclax und Anti-CD20-Antikörpern präsentiert.

Das anti-apoptotische B-Zell-Lymphom-2-Protein (BCL-2) ist bei CLL häufig überexprimiert und sichert dadurch das Überleben der Krebszellen. Durch den hochselektiven BCL-2-Inhibitor Venetoclax wird das Gleichgewicht zwischen pro- und anti-apoptotischen Faktoren wiederhergestellt und der Zelltod ausgelöst. Die Kombination mit den Anti-CD20-Antikörpern Rituximab (1. Generation) und Obinutuzumab (2. Generation), welche dem körpereigenen Immunsystem ermöglichen, B-Zellen zu erkennen und zu eliminieren, führt zu einem dauerhaften und tiefen Ansprechen bei CLL-Patienten.

CLL 14: 4-Jahres Update

Die offene Phase-III-CLL 14-Studie vergleicht die Kombinationsbehandlungen aus Venetoclax-Obinutuzumab (VenO) und Chlorambucil-Obinutuzumab (ClbO) bei 432 zuvor unbehandelten CLL-Patienten mit Begleiterkrankungen. Die Patienten wurden dafür auf eine Behandlung mit zwölf Zyklen Ven oder Clb, gefolgt von sechs Zyklen O, randomisiert. Das 4-Jahres-Update bestätigt die überlegene Wirksamkeit von VenO hinsichtlich PFS, Remissionstiefe und -dauer.
Das PFS (primärer Endpunkt) war unter VenO nach median 52.4 Monaten im Vergleich zur ClbO-Behandlung signifikant verlängert (median nicht erreicht vs. 36.4 Monate, HR 0.33, 95%-KI 0.25-0.45). Die geschätzte PFS-Rate betrug 74.0% unter VenO und 35.4% unter ClbO. Dieser Unterschied war über alle Risikogruppen hinweg konsistent. MRD-Analysen im peripheren Blut zeigten eine tiefere Remission unter VenO: 26.9% der Patienten im VenO-Arm waren auch 30 Monate nach Therapieabschluss MRD-negativ, während dies auf lediglich 3.2% im ClbO-Arm zutraf.
Zudem war der Zeitraum bis zur nächsten Behandlung unter VenO gegenüber ClbO signifikant verlängert (81.1% vs. 59%, HR 0.46, 95%-KI 0.32-0.65, p<0.0001). Beim OS ergab sich kein Unterschied (85.4% unter VenO vs. 83.1% unter ClbO, HR 0.85, 95%-KI 0.54-1.35, p=0.49). Eine Analyse genetischer Aberrationen zum 4-Jahres-Follow-Up bestätigte, dass der IGHV-Status und 17p-Deletionen im VenO- und ClbO-Setting prognostisch relevant sind. Es traten keine neuen Sicherheitssignale auf.

Real-World-Daten zur Bestätigung der Wirksamkeit

Die prospektive Beobachtungsstudie VERVE untersucht die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Venetoclax-Rituximab (VenR) bei erwachsenen Patienten mit r/r CLL in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Die Analyse von 65 Patienten zeigt, dass VenR in der klinischen Praxis hauptsächlich bei älteren Patienten und in der zweiten Therapielinie verabreicht wird. So waren die Patienten im Median 73 Jahre alt und hatten zuvor median eine Therapielinie erhalten (Spanne 1-10), bei der es sich zumeist um Chemo-Immuntherapie (76%) gefolgt von B-Zell-Rezeptor-Inhibitoren (33%) handelte. Jeweils 26% der Patienten hatten eine 17p-Deletion bzw. eine TP53-Mutation. 41% wiesen einen unmutierten IGHV-Status auf.
Trotz des fortgeschrittenen Alters der Patienten und dem Einschluss genetischer Hochrisikoprofile waren die Ansprechraten hoch: Über die mediane Beobachtungszeit von 254 Tagen wurde das mediane PFS und OS nicht erreicht. Die Zwölf-Monats-Schätzungen liegen bei 88.1% (PFS) und 89.8% (OS) und decken sich mit den Ergebnissen der Phase-III-MURANO-Studie. Die beste Gesamtansprechrate nach zwölf Monaten betrug 78.7% (CR+CRi: 36.1%, PR: 42.6%).
Nebenwirkungen vom Grad 3 und 4 traten bei 46% der Patienten auf. Schwere Nebenwirkungen betrafen 30%. Zum Tumorlysesyndrom kam es bei 12%. Nach zwölf Monaten befanden sich geschätzt 84.7% weiterhin in VenR-Behandlung.

Erhaltungstherapie im MRD-geleiteten Setting

Der Nutzen einer Erhaltungstherapie nach einer Induktion mit VenO ist bisher unerforscht. Laut den aktuellen Ergebnissen der Phase-II-Studie HOVON 139/GIVE, welche eine Ven-Erhaltungstherapie bei FCR-unfitten CLL-Patienten untersucht, erreichte über die Hälfte der Patienten MRD-Negativität.
62 Patienten wurden nach der Induktion mit VenO auf eine MRD-unabhängige Ven-Behandlung von zwölf Zyklen (Arm A) oder auf eine MRD-geleitete Ven-Behandlung (Arm B) randomisiert. Letztere erhielten Ven nur bei detektierter MRD nach der Induktion. Der primäre Endpunkt, welcher als MRD-Negativität und Abwesenheit von Progression nach maximal 24 Ven-Zyklen definiert war, wurde von 53% der Patienten in Arm A und 57% der Patienten in Arm B erreicht.

red.

Al-Sawaf O. et al. Venetoclax-obinutuzumab for previously untreated chronic lymphocytic leukemia: 4-year follow-up analysis of the randomized CLL14 Study. Abstract #S146 EHA 2021.
Tausch E. et al. Genetic markers and outcome with front line obinutuzumab plus either chlorambucil or venetoclax-updates analysis of the CLL14 trial. Abstact #S144 EHA 2021.
Schwaner I. et al. Safety and effectiveness of venetoclax in combination with rituximab in elderly patients with relapsed/refractory CLL treated under real-life conditions – data from the observational study VeRVe. Abstract #EP638 EHA 2021.
Levin MD et al. MRD-guided of fixed 12 cycles of venetoclax consolidation after venetoclax plus obinutuzumab treatment in first line FCR unfit patients with CLL: primary endpoint analysis of the HOVON 139/GiVe trial. Abstract #S149 EHA 2021.

Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie

Pegcetacoplan zeigt ein dauerhaftes Ansprechen

Die paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie (PNH) ist eine seltene erworbene hämatologische Erkrankung. Die klinische Manifestation ist sehr variabel. Die Erkrankung kann äusserst schwer verlaufen und betrifft überwiegend jüngere Menschen. Leitsymptom ist eine paroxysmale nächtliche oder früh morgens einsetzende Hämoglobinurie. Ursache ist eine erworbene Mutation im PIG-A-Gen in den multipotenten hämatopoetischen Stammzellen des Knochenmarks. Das hat zur Folge, dass die Zellmembran keinen Schutzfaktor mehr gegen den Komplementfaktor C5 hat. Dadurch kommt es zu einer hämolytischen Anämie, Thrombophilie und Thrombozytopenie. Ohne eine spezifische Therapie versterben innerhalb von 5 Jahren trotz bestmöglicher supportiver Therapie 20 bis 35% der Patienten.
Bisher stand für die spezifische Therapie neben der Plasmapherese der monoklonale Antikörper Eculizumab zur Verfügung, der an die Komplementkomponente C5 bindet. Dadurch wird deren Spaltung verhindert. Nachteil dieses Antikörpers ist die relativ kurze Halbwertszeit, so dass die Substanz alle zwei Wochen intravenös appliziert werden muss.
Eine neue Therapieoption ist Pegcetacoplan. In der kontrollierten randomisierten PEGASUS-Studie konnte für diese Substanz im Vergleich mit Eculizumab nach 16 Wochen eine überlegene Wirksamkeit dokumentiert werden. Nach Woche 16 traten die Patienten in eine Open-Label-Periode ein, in der alle Patienten mit Pegcetacoplan behandelt wurden.
Eine Auswertung von 77 Patienten nach einer 48-wöchigen Therapie ergab, dass der Hämoglobin-Spiegel bei allen primär mit der Substanz behandelten Patienten erhalten blieb. Patienten, die in Woche 16 von Eculizumab auf Pegcetacoplan umgestellt wurden, zeigten in Woche 48 einen Hämoglobin-Anstieg, der mit dem bei Patienten unter der primären Gabe Pegcetacoplan vergleichbar ist. 75% blieben Transfusions-frei, ein Ergebnis, welches ebenso mit den Ergebnissen der primär mit Pegcetacoplan behandelten Patienten vergleichbar ist. Die Verträglichkeit war gut. Nur bei 6% traten schwerwiegende Nebenwirkungen auf.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Patienten mit einem suboptimalen Ansprechen auf Eculizumab einen dauerhaften Benefit haben, wenn sie auf Pegcetacoplan umgestellt werden.

PS
EHA 2021, #S174

Fortgeschrittenes follikuläres Lymphom

Obinutuzumab-Kurzinfusion ist sicher und verträglich

In der offenen GAZELLE-Studie erwies sich auch die 90-minütige Infusion mit Obinutuzumab ab Zyklus 2, wie sie bei Rituximab üblich ist, bei Patienten, die die Standardinfusion in Zyklus 1 gut vertragen haben, als wirksam und sicher.

In der GALLIUM-Studie konnte gezeigt werden, dass bei Patienten mit einem bisher nicht-vorbehandelten fortgeschrittenen follikulären Lymphom (FL) die Kombination Obinutuzumab/Chemotherapie das PFS im Vergleich zur Kombination Rituximab (R)/Chemotherapie verbessert. Obinutuzumab (Gazyvaro®, G) wird bisher als intravenöse Infusion über 3 bis 4 Stunden verabreicht. Eine kürzere Infusionsdauer ab Zyklus 2, wie es bei R üblich ist, würde den Komfort für Patienten und die Effizienz von Infusionseinrichtungen verbessern.
Im Rahmen der prospektiven, offenen, multizentrischen, einarmigen Phase-IV-Studie GAZELLE wurde die Sicherheit der 90-minütigen Infusion ab Zyklus 2 untersucht. In Zyklus 1 erhielten alle Patienten die Standardinfusion. Wenn keine infusionsbedingte Reaktion Grad ≥ 3 auftrat, konnten diese Patienten ab Zyklus 2 die 90-minütige Infusion erhalten. Wenn eine Reaktion Grad 3 auftrat, erhielten die Patienten in Zyklus 2 noch einmal die Standardinfusion, und wenn darunter keine Reaktion ≥ 3 auftrat, konnte ab Zyklus 3 die kürzere Infusionszeit gewählt werden. Bei Patienten mit einer zweiten Reaktionsrate 3/4 wurde G abgesetzt. Der primäre Endpunkt der Studie war die Inzidenz von Grad ≥ Reaktionen beim zweiten Zyklus.
Von den 110 Patienten, bei denen ab Zyklus 2 die 90-minütige Infusion verabreicht wurde, entwickelte keiner im Zyklus 2 eine Reaktion Grad ≥ 3. Bei einem Patienten trat in Zyklus 5 eine Hypertonie auf. Bei keinem der Patienten wurde eine Reaktion Grad 4/5 beobachtet. Insgesamt lag die Rate an kompletten Remissionen bei 67,3% und 19,5% zeigten eine partielle Remission. 5,8% entwickelten unter der Therapie eine Progression.

PS
EHA 2021 #EP807

ATE + OBI + VEN beim r/r indolentem Non-Hodgkin-Lymphom

Triple-Therapie zeigt keine unerwartete Toxizität

Die Therapie des rezidivierten bzw. refraktären indolenten Non-Hodgkin-Lymphoms (iNHL) bleib eine Herausforderung. Dazu gehören das Follikulär Lymphom (FH) und das Mantelzell-Lymphom (MZL). Atezolizumab (ATE) und Obinutuzumab (OBI) sind monoklonale Antikörper, die jeweils die Erschöpfung der T-Lymphozyten hemmen bzw. die Zytotoxizität von Lymphomzellen induzieren. Venetoclax (VEN) ist ein small molecule und hemmt BCL2. Die Kombination dieser tumorgerichteten Substanzen mit unterschiedlichem Wirkprofil stellt ein attraktives Behandlungskonzept für das r/r iNHL dar.
In einer multizentrischen Phase-2-Studie wurde diese Dreierkombination ATE+OBI+VEN untersucht und zwar im Hinblick auf Wirksamkeit und Sicherheit. Die Auswertung von 78 Patienten(FL n=58 und MZL n=20) bei einem medianen Follow-up von 14,5 bzw. 11,9 Monaten ergab eine ORR im PET-Scan beim FL von 53,6%, beim MZL von 66,76%. Davon zeigten 16,7% eine komplette und 50,0% eine partielle Remission. Nur 21,4% der Responder zeigten ein Rezidiv oder eine Progression. Somit dürfte das Therapieansprechen bei der Mehrzahl der Patienten dauerhaft sein. Bei 55 Patienten (70,5%) traten unter der Therapie UE Grad 3+4 auf. Bei einem Patienten musste die Therapie wegen UE abgesetzt werden. Die wichtigsten UE vom Grad 3/4 waren hämatologische Zytopenien, aber nur bei einem Patienten trat eine febrile Neutropenie auf. Somit scheint die Triple-Therapie gut verträglich zu sein ohne unerwartete Toxizität. Die ORR ist mit der anderer innovativer Schemata vergleichbar.

PS
EHA 2021, #S212

AML

Gilteritinib ist auch bei intensiver Vortherapie Chemotherapie überlegen

Die gute Wirksamkeit und Verträglichkeit des FTL3-Tyrosinkinase-Inhibitors Gilteritinib wurde in der Phase-1/2-CHRYSALIS- und in der Phase-3-ADMIRAL-Studie bei Patienten mit einer FLT3-mutierten r/r AML belegt. Jetzt wurde der Frage nachgegangen, ob eine vorangegangene TKI-Therapie mit Midostaurin oder Sorafenib das Ansprechen und das Überleben in diesen beiden Studien beeinflusst hat.

In der CHRYSALIS-Studie hatten 33 von 145 Patienten (23%) vorher eine TKI-Therapie erhalten. Bei den Raten für eine komplette Remission zeigte sich kein Unterschied: 42% mit TKI-Vortherapie vs. 43% ohne TKI-Vortherapie. Bei den CRc-Raten waren es 53% vs. 44%.
In der ADMIRAL-Studie hatten 13% im Gilteritinib-Arm und 11% im Chemotherapie-Arm vorher ein TKI erhalten. Die CRc-Raten betrugen im Gilteritinib-Arm 48% mit TKI-Vortherapie vs. 55% ohne TKI-Vortherapie, waren also vergleichbar. In der Chemotherapie-Gruppe waren die CRc-Raten insgesamt niedriger, aber in Abhängigkeit von der TKI-Vortherapie nicht unterschiedlich (21% vs. 22%). Der mediane Überlebensvorteil mit Gilteritinib war auch nicht unterschiedlich in Abhängigkeit von einer TKI-Vortherapie. Bei mit einem TKI vorbehandelten Patienten betrug im Vergleich zur Chemotherapie der Überlebensvorteil 6,5 Monate vs. 4,7 Monate ohne Vortherapie. Bei Patienten ohne TKI-Vortherapie lag im Gilteritinib-Arm das mediane OS 9,6 Monaten vs. 6,0 Monate im Chemotherapie-Arm. Das Fazit lautet: Auch Patienten mit einer TKI-Vortherapie profitieren uneingeschränkt von Gilteritinib und die Ansprechraten sind bei entsprechender Vortherapie unter Gilteritinib auch höher als unter der Chemotherapie.

PS
EHA 2021, #EP448

Pfizer/BioNTech Impfstoff

Bei CAR-T-Zelltherapie ist die humorale Impfantwort beeinträchtigt

Der mRNA-basierte Impfstoff von Pfizer/BioNTech gegen COVID-19 wird auch für immunsupprimierte Patienten empfohlen. Seine Wirksamkeit und Sicherheit bei Patienten, die sich einer immunologischen Zelltherapie unterziehen, ist aber noch nicht ausreichend untersucht.

Deshalb wurde im Rahmen einer prospektiven Studie dieser Frage nachgegangen. Eingeschlossen wurden 79 Patienten, die sich einer allogenen hämatopoetischen Zelltransplantation (HCT) oder einer CAR-T-Zelltherapie unterzogen hatten und mit BNT162b2 geimpft wurden.
Insgesamt erwies sich der Impfstoff als gut verträglich und alle unerwünschten Ereignisse klangen innerhalb weniger Tage ab. Bei einem Patienten kam es zu einer sekundären Transplantatabstossung. Doch nur 36% der Patienten mit einer CAR-T-Zelltherapie entwickelten eine humorale Antikörperantwort im Vergleich zu 81% der Patienten mit einer HCT. Auch entwickelten Patienten mit einer B-Zell-Aplasie, die den Impfstoff kurz nach der Infusion der Zellen erhalten hatten, seltener Antikörper. Diese Daten sprechen dafür, dass die humorale Antwort bei Patienten mit einer CAR-T-Zelltherapie beeinträchtigt ist im Gegensatz zu Patienten nach einer allogenen HCT, die eine gute Impfantwort zeigen.

PS
EHA 2021, #S285

r/r AML

Hohe Remissionsraten bei FLT3-Inhibitor Gilteritinib + Venetoclax

Neue Daten zeigen, dass mit der Kombination Venetoclax plus Gilteritinib bei Patienten mit intensiv vorbehandelter und früher TKI-exponierter refraktärer bzw. rezidivierter (r/r) FLT3-mutierten akuten myeloischen Leukämie (AML) hohe molekulare Remissionsraten erreicht werden können.

Gilteritinib ist ein FMS-ähnlicher Tyrosinkinase-3-(FLT3)-Inhibitor. In der Zulassungsstudie zeigte diese Substanz im Vergleich zur Standard-Salvage-Chemotherapie bei Patienten mit einer FLT3-mutierten r/r AML eine Verbesserung des Überlebens. In einer laufenden offenen Phase 1b-Studie wird die Wirksamkeit und Sicherheit der Kombination Gileritinib plus dem BCL-2-Inhibitor Venetoclax bei Patienten mit einer FLT3-mutierten r/r AML untersucht. Der primäre Endpunkt der Studie ist mCRc (komplettes Ansprechen (CR) + CR mit unvollständiger Wiederherstellung der Blutplättchen + CR mit unvollständiger Normalisierung des Blutbildes + morphologischer leukämiefreier Zustand). Dabei werden die Daten auch mit denen der Phase-3-Studie (ADMIRAL-Studie) verglichen. Sekundärer Endpunkt ist die Dauer des Ansprechens (DOR) und auch das OS wurde explorativ erfasst.
Bisher ausgewertet wurden die Daten von 43 Patienten mit einem medianen Alter von 63 Jahren. 37 Patienten zeigten eine interne Tandemduplikation, 6 Patienten wiesen nur Mutationen der Tyrosinkinasedomäne auf. Bei 36 von 42 Patienten (86%) wurde eine mCRc dokumentiert. Die mediane Zeit bis zum Ansprechen betrug 1,0 Monate. Gleich hoch war die Ansprechrate bei den Patienten, die bereits vorher mit einem FLT3-Tyrosinkinase-Inhibitor behandelt waren. Die Dauer des Ansprechens lag bei 5,6 Monate. Das mediane OS betrug 10,5 Monate und war ebenfalls unabhängig von einer Vorbehandlung mit einem FLT3-Tyrosinkinase-Inhibitor.
Unerwünschte Ereignisse wurden bei 42 Patienten (98%) beobachtet. Zytopenien vom Grad ≥ 3 traten bei 34 Patienten (79%) auf, was eine Unterbrechung der Therapie oder eine Dosisreduktion erforderlich machte. Das einzige nicht-hämatologische Ereignis mit einer Häufigkeit von > 20% war eine Pneumonie. Bei 1 Patienten trat ein Tumorlysesyndrom auf. Zusammenfassend kann man sagen, dass die hohe mCRc-Rate für eine starke antileukämische Aktivität der Kombination Gilteritinib plus Venetoclax spricht. Zytopenien waren prominent, aber beherrschbar.

PS
EHA 2021, #S135

First line-Therapie bei älteren Patienten mit einem Multiplen Myelom

Dreier-Kombination verlängert das Überleben auch nach fünf Jahren

Die Phase-3-Studie MAIA untersuchte die Dreier- Kombination Daratumumab plus Lenalidomid und Dexamethason (D-Rd) im Vergleich mit Rd bei älteren Patienten mit einem neu diagnostizierten Multiplen Myelom, die nicht geeignet waren für eine autologe Stammzelltransplantation.

Die primäre Analyse ergab eine 44%ige Reduktion des Risikos einer Krankheitsprogression oder Todes mit D-Rd im Vergleich mit Rd. Jetzt wurden die OS-Daten nach einem Follow-up von fast 5 Jahren (56,2 Monate) präsentiert. Die Zugabe von Daratumumab reduzierte das Mortalitätsrisiko signifikant um 32% (HR 0,68; p=0,0013) mit einer geschätzten 5-Jahres-Gesamtüberlebensrate von 66,3% im Vergleich zu 53,1% in der Rd-Gruppe. Dieser Benefit wurde erzielt, obwohl 46% der Patienten im Rd-Arm eine Folgetherapie mit Daratumumab erhielten. Auch der signifikante Vorteil der Primäranalyse bzgl. Progression oder Tod blieb mit einer Reduktion von 47% nach 5 Jahren erhalten. Bei der geschätzten PFS nach 60 Monaten stehen 52,5% bei D-Rd 28,7% bei Rd gegenüber. Bei der Gesamtansprechrate waren es 93% vs. 82%. Diese Daten stellen einen neuen PFS-Benchmark dar für Patienten mit einem MM, die nicht für eine Transplantation geeignet sind.
Es gab keine neuen Sicherheitsbedenken für D-Rd. Die häufigsten UE Grad 3/4 waren Neutropenie (54% bei D-Rd vs. 37% bei Rd), Pneumonie (19% vs. 11%), Anämie (17% vs. 22%) und Lymphopenie (16% vs. 11%).
Zusammenfassens lässt sich sagen, dass der klinische Nutzen aus der primären Analyse der MAIA-Studie über 5 Jahre Nachbeobachtungszeit erhalten blieb und der Nutzen einer Upfront-D-Rd-Gabe bei Progression mit einer signifikanten Verbesserung des OS bestätigt wurde, was den Einsatz von Daratumumab in der Frontline als Behandlungsstandard für Patienten, die nicht für eine Transplantation geeignet sind, erneut bestätigt.

PS

EHA 2021, #LB1901

Ersttherapie der CLL/SLL

Ibrutinib/Venetoclax ist Immunchemotherapie überlegen

Die Kombination Ibrutinib plus Venetoclax (I+V) vereint komplementäre Wirkmechanismen. Im Rahmen der GLOW-Studie wurde diese Kombination mit einer Chemoimmuntherapie aus Chlorambucil plus Obinutuzumab (Clb+O) verglichen.

Die Wirkmechanismen von Ibrutinib und Venetoclax sind komplementär. Ibrutinib mobilisiert CLL-Zellen aus den Lymphknoten und hemmt die Vermehrung der malignen Zellen, während Venetoclax die zirkulierenden Krebszellen abtötet. Dies ist die Rationale für den Einsatz dieser Kombination bei der CLL/SLL.
Im Rahmen der randomisierten GLOW-Studie wurden die beiden Kombinationen I + V und Clb + O bei 211 bisher nicht vorbehandelten CLL/SLL-Patienten direkt miteinander verglichen. Die mittlere Nachbeobachtungszeit betrug 27,7 Monate. Die mit I + V behandelten Patienten zeigten ein signifikant verbessertes PFS im Vergleich zu Clb+O. Der Unterschied war über alle vordefinierten Untergruppen hinweg konsistent. Darüber hinaus war die UMRD-Rate (nicht nachweisbare minimale Resterkrankung) sowohl im Knochenmark als auch im peripheren Blut im I+V-Arm 3 Monate nach Ende der Behandlung signifikant höher. 84,5% behielten eine UMRD im peripheren Blut auch nach 12 Monaten. Die I +  V-Gruppe erreichte höhere vollständige Ansprechraten und die Zeit bis zur notwendigen nachfolgenden Therapie war länger. Häufige behandlungsbedingte Nebenwirkungen vom Grad ≥ 3 unter I+V waren Neutropenie (34,9%), Diarrhoen (10,4%) und Hypertonie (7, 5).

Fazit der Studie: I + V ist im Rahmen der First line-Therapie wirksamer als Clb+O und zeigt eine stärkere Remissionstiefe und längere Remissionsdauer bei einem tolerierbaren Sicherheitsprofil im Vergleich zu Clb+O.

PS
EHA 2021, #LB1902

Nicht-Transfusions-abhängige Beta-Thalassämie

Luspatercept ist wirksam und gut verträglich

Luspatercept (Reblozyl®) ist der erste und einzige in der EU zugelassene Erythrozyten-Reifungsaktivator (ERA) für Patienten mit einer Transfusions-abhängigen Anämie bei Beta-Thalassämie oder einem myelodysplastischen Syndrom mit Ringsideroblasten und einem sehr niedrigen, niedrigen oder intermediärem Risiko, wenn die Patienten auf eine Erythropoetin-basierte Therapie nicht zufriedenstellend angesprochen haben oder dafür nicht geeignet sind.
Aber auch die Nicht-Transfusions-abhängige Beta-Thalassämie ist keine harmlose Erkrankung. Sie ist assoziiert mit einer chronischen Anämie leichter oder mässiger Schwere und einer Eisenüberlastung. Obwohl die Patienten keine Transfusionen benötigen, so können schwerwiegende Erkrankungen in verschiedenen Organsystemen auftreten und die Lebensqualität ist beeinträchtigt. Derzeit gibt es keine zugelassene Therapie für diese Erkrankung. Luspatercept ist bisher nur für die Transfusions-abhängige Beta-Thalassämie zugelassen.
Im Rahmen der BEYOND-Studie wurde Luspatercept bei 145 Erwachsenen mit einer Nicht-Transfusions-abhängigen Beta-Thalassämie hinsichtlich Wirksamkeit und Sicherheit geprüft. Dabei handelt es sich um eine randomisierte, doppelblinde, Pacebo-kontrollierte klinische Phase-2-Studie. Das Follow-up betrug 24 Wochen.
Durch Luspatercept wurde bei 71% der Patienten der Hämoglobin-Wert um mindestens 1.0 g/dl verglichen mit 0% unter Placebo angehoben und fast 90% blieben bis Woche 24 Transfusions-frei. Die Patienten berichteten eine bessere Lebensqualität, weil die Müdigkeit und allgemeine Schwäche abnahmen. Die Verbesserung korrelierte signifikant mit dem Anstieg des Hämoglobin-Wertes. Die Rate an UEs lag im Placebo-Bereich. Thromboembolische bzw. thrombophlebitische Komplikationen traten unter Luspatercept nicht vermehrt auf.

EHA 2021, #S101

CAR-T-Zelltherapie

Real World Daten (RWD) bestätigen Studienergebnisse

DESCAR-T ist das nationale französische Register, in dem die Daten von Patienten mit einer CAR-T-Zelltherapie ausgewertet werden. Ziel ist, Daten aus der realen Welt zu sammeln und im Hinblick auf Sicherheit und Wirksamkeit dieser innovativen Therapie zu analysieren.

Erste Analysen von 537 Patienten mit einem diffusen grossszelligen B-Zell-Lymphom zeigen, dass die CAR-T-Zelltherapie im klinischen Alltag angekommen ist und in der realen Welt das hält, was sie in den Zulassungsstudien versprochen hat.
Jeden Monat werden ca. 50 neue Patienten registriert, was den Erfolg der CAR-T-Zelltherapie belegt. Für insgesamt 607 Patienten wurden bisher CAR-T-Zellen bestellt und 550 Patienten wurden infundiert; 350 Patienten erhielten Axi-cel und 200 Patienten Tisa-acel. Insgesamt wurde mit der CAR-T-Zelltherapie bis zum 30. Tag bei 40% eine vollständige Remission und bei 30% eine partielle Remission erreicht. Das PFS nach 6 Monaten ab Zeitpunkt der Infusion betrug 44,5%, die Dauer des PFS lag zwischen 39,6 und 49,2 Monaten. Zusammenfassend bestätigen diese RWD die klinische Wirksamkeit in Studien.

PS
EHA 2021, #S216

Multiples Myelom

Daratumumab-Erhaltungstherapie nach Transplantation verbessert das PFS

In Teil 1 der dreiphasigen CASSIOPEIA-Studie wurde eine Induktions- und Konsolidierungstherapie mit Daratumumab in Kombination mit Bortezomib, Thalidomid und Dexamethason (D-VTd) mit der Kombination VTd verglichen und zwar bei Patienten mit einem neu diagnostizierten MM , die für eine autologe Stammzelltransplantation (ASZT) geeignet waren.

Die Ergebnisse der Studie zeigten die überlegene Wirksamkeit von D-VTd gegenüber VTd allein oder in Kombination mit einer ASZT. Jetzt wurden die Ergebnisse der Zwischenanalyse von Teil 2 der CASSIOPEIA-Studie vorgestellt. Im Rahmen dieses zweiten Teils wurde eine Erhaltungstherapie mit Daratumumab nach der ASZT mit einer ausschliesslichen Beobachtung verglichen. Eingeschlossen wurden alle 886 Responder der Teil 1-Studie.
Eine Zwischenanalyse zeigte, dass durch eine Daratumumab-Erhaltungstherapie eine signifikante Verlängerung des PFS erreicht wird. Ein Vorteil wurde aber nur bei denjenigen Patienten erzielt, die im Teil 1 mit VTd behandelt wurden. Patienten, die in Teil 1 D-VTd erhalten hatten, zeigten ein vergleichbares PFS wie die Beobachtungsgruppe. Auch führte die Daratumumab-Erhaltungstherapie zu einer signifikant höheren Ansprechrate. Zusammenfassend ist eine Daratumumab-Erhaltungstherapie vorteilhaft für Patienten nach ASZT, die eine Induktions- und Konsolidierungstherapie mit VTd erhalten haben.

PS
EHA 2021, #S180

Informieren! Informieren! Informieren!

Anfang Jahr war der Drang nach einer COVID-Impfung sehr gross. Mit einem gewissen Neid bewunderte man diejenigen, die früh an eine Impfung kamen. Das hat sich jedoch innerhalb von wenigen Wochen geändert. Obschon erst gut die Hälfte der Schweizer Bevölkerung geimpft ist und Impfstoff jetzt in grossen Mengen zur Verfügung steht, werden Impfzentren nach und nach bereits wieder geschlossen. Warum? Weil die Nachfrage nach COVID-Impfungen nicht mehr da ist. Offenbar stufen viele Menschen – irrtümlicherweise! – das Risiko einer Impfung höher ein als das einer COVID-Erkrankung. Oder sie glauben, sowohl der Impfung als auch der Erkrankung entgehen zu können. Wer aber eine COVID-Erkrankung ohne Impfung vermeiden will, muss sich in absolute Isolation begeben, und zwar nicht für 10 Tage, sondern für den Rest seiner Tage. Ich denke, dass sich die meisten Impfunwilligen dieses Umstandes nicht bewusst sind. Natürlich sinkt das Risiko einer Ansteckung, wenn die Herdenimmunität erreicht ist. Aber wann ist die erreicht? Bei 60 Prozent, 80 Prozent oder 95 Prozent Immunen? Die Erkenntnislage dazu ändert sich dauernd.

Wenn es so klar ist, dass kein Weg an der Impfung vorbeiführt, frage ich mich, warum denn bei so vielen Leuten eine so grosse Zurückhaltung, ja gar Angst und Ablehnung gegenüber einer COVID-Impfung besteht. Eine unselige Rolle spielen dabei auch Medizinerinnen und Ärzte sowie die Pflege. Wir werden von vielen Menschen als vertrauenswürdige Fachpersonen wahrgenommen, obschon wir als Gynäkologen und insbesondere Pflegefachleute von Infektiologie, Virologie, Epidemiologie und Immunologie häufig kaum mehr verstehen als Laien. Wenn sich dann unter uns Impfskeptiker befinden, die sich wichtigtuerisch in der Öffentlichkeit und über einseitig informierende Social-Media-Kanäle kritisch zur COVID-Impfung äussern, fühlen sich viele Impfzweifler bestätigt.

Was können wir alle dagegen machen? Informieren! Informieren! Informieren! Nicht im Sinne einer unseriösen Propaganda für die Impfung, sondern in voller Transparenz. So dürfen die – seltenen – ernsten Nebenwirkungen der Impfung nicht einfach unter den Teppich gekehrt werden, sondern müssen in Relation zum grossen Segen der Impfung und dem viel grösseren Risiko der COVID-Erkrankung gestellt werden. Und als zusätzliche Massnahme gibt es da die Privilegien für die Geimpften: Es ist erstaunlich, wie viele Leute sich in meiner Umgebung zu einer Impfung entschlossen haben, seit sie realisiert haben, wie viel einfacher das Reisen mit dem Nachweis einer Impfung ist. Und last but not least: Nach langen Monaten der Unsicherheit und des Unbehages bedingt durch COVID fühle ich mich seit der Impfung wieder viel sicherer und viel entspannter!

Ich wünsche allen gute Gesundheit – und jenen, die noch nicht geimpft sind, etwas Mut zum kleinen Pieks!

Prof. em. Dr. med. Bruno Imthurn
bruno.imthurn@uzh.ch

Prof. em. Dr. med. Bruno Imthurn

Senior Consultant Kinderwunschzentrum
360° Zürich

bruno.imthurn@uzh.ch

Aneuploidien in der Präimplantationsdiagnostik

Embryonale Aneuploidie (Zugewinn oder Verlust ganzer Chromosomen) ist ein häufiges Phänomen sowohl bei natürlich als auch bei in vitro befruchteten Embryonen. Die Aneuploidierate von Embryonen steigt mit zunehmendem mütterlichen Alter, jedoch auch schon bei jungen Frauen scheint diese ein signifikanter Faktor zu sein, der die Reproduktionseffizienz limitiert. NGS (Next-Generation-Sequenzierung) hat sich als die am besten geeignete Technologie für Aneuploidie-Tests in Trophektoderm-Biopsien erwiesen, die zuverlässige Ergebnisse, hohen Durchsatz und Kosteneffizienz bietet. Jüngste Studien deuten darauf hin, dass NGS möglicherweise auch auf verbrauchten Embryokulturmedien für die nicht-invasive Präimplantationsdiagnostik angewendet werden könnte.

L’ aneuploïdie embryonnaire (gain ou perte de chromosomes entiers) est un phénomène courant tant chez les embryons fécondés naturellement que chez ceux fécondés in vitro. Le taux d’ aneuploïdie chez les embryons augmente avec l’ âge maternel, mais même chez les jeunes femmes, ce dernier semble être un facteur important limitant l’ efficacité de la reproduction. Le séquençage de nouvelle génération (NGS) s’est révélé être la technologie la plus appropriée pour le dépistage des aneuploïdies dans les biopsies de trophectoderme, offrant des résultats fiables, au débit élevé avec un bon rapport coût-efficacité. Des études récentes suggèrent que le NGS pourrait également être appliqué aux milieux de culture d’ embryons usagés pour le diagnostic préimplantatoire non invasif.

Einleitung

Daten über in-vitro-Fertilisations-(IVF)-Zyklen zeigen, dass die endgültige kumulative Lebendgeburtenrate pro Eizellenentnahmezyklus von 54,5 % bei jungen Patientinnen auf 13,4 % bei Frauen im Alter von 41-42 Jahren sinkt. Aus diesem Grund ist eines der höchsten Ziele der Reproduktionsmedizin, im Rahmen der IVF Embryonen mit echtem Reproduktionspotenzial zu identifizieren, was sich durch Implantation, normalen Geburtsverlauf und Geburt eines gesunden Kindes zeigt. Traditionelle Ansätze zur Embryoselektion, wie die morphologische Beurteilung des Embryos und die verlängerte Kultur bis zum Blastozystenstadium (Tag 5-6), haben bisher nur einen begrenzten Nutzen gezeigt (1, 2). So selektierte Embryonen kommen bei Patientinnen unter 35 Jahren nur in ca. 45% der Fälle zur Geburt. Bei Frauen über 42 Jahren wird eine Entbindungsrate von etwa 7% beobachtet. Die embryonale Aneuploidie ist hierbei auch schon bei jungen Frauen ein bedeutender Faktor, der die Effizienz der Reproduktion einschränkt. Fetale Aneuploidie ist mit Spontanaborten assoziiert, wobei bis zu 70% der Ersttrimester-Fehlgeburten aneuploid sind. Bei der IVF sind mehr als die Hälfte der Embryonen aneuploid, und die Aneuploidierate des Embryos steigt mit zunehmendem mütterlichen Alter (3). Bei unter 30-jährigen Frauen sind <30% der getesteten Embryonen aneuploid. Die beschriebene Prävalenz steigt auf ca. 90% an, wenn die Frauen Mitte 40 sind (3). Daher sollte die Analyse des chromosomalen Status des Embryos mittels Präimplantationsdiagnostik auf Aneuploidien (PGT-A) die Auswahl des wahrscheinlich kompetentesten Embryos ermöglichen.
Ursprünglich wurde die PGT-A mittels Fluoreszenz in situ Hybridisierung (FISH) durchgeführt. Dieser Ansatz wurde jedoch nach der Veröffentlichung mehrerer randomisierter kontrollierter Studien (RCTs), die deren Nutzen bewerteten, kontrovers diskutiert, da kein positiver Effekt auf die Lebendgeburtenrate nachgewiesen werden konnte. Zudem zeigte sich, dass die PGT-A mittels FISH die Lebendgeburtenrate bei Frauen im fortgeschrittenen mütterlichen Alter (AMA) sogar signifikant senkt (4). Technische Unzulänglichkeiten wie die mögliche embryonale Schädigung durch die Biopsie-Prozedur, die Fehlerrate und die Einschränkungen der FISH-Analyse, zusammen mit einer intrinsischen biologischen Eigenschaft der analysierten Embryonen, nämlich ihrer Mosaik-Natur, begründen die Unwirksamkeit der Methode. Insbesondere erlaubt die FISH-Technik nur die Analyse einer sehr kleinen Anzahl von Chromosomen und die Interpretation an einer einzelnen Zelle kann sehr anspruchsvoll sein. Diese Probleme führten zur Entwicklung neuer diagnostischer Ansätze, die die Analyse mehrerer Zellen ermöglichen und durch Verwendung der vergleichenden Genom-Hybridisierung mit Arrays oder in jüngerer Zeit mittels Next Generation Sequenzierung (NGS) alle 23 Chromosomenpaare abfragen.

NGS-Technologie

Die Sequenzierung der nächsten Generation (Next Generation Sequencing – NGS) ist heute die am häufigsten angewandte Technik für den Nachweis einer Aneuploidie (Präimplantationsdiagnostik auf Aneuploidie – PGT-A) oder einer Aneusomie (Präimplantationsdiagnostik auf strukturelle Rearrangements – PGT-SR) in der Präimplantationsdiagnostik (PID). Im Vergleich zu anderen Methoden bietet NGS mehr potenzielle Vorteile, darunter geringere Kosten, kürzere Testdauer und eine höhere Auflösung für Chromosomenstörungen (5). In NGS-Protokollen wird DNA aus einer einzelnen Blastomere am Tag 3 der Embryonenspaltung oder aus 5-10 Trophektoderm-Zellen im Blastozystenstadium entweder durch selektive DNA-Amplifizierung oder durch Amplifizierung des gesamten Genoms gewonnen. Das Amplifikat wird dann zur Erstellung einer Bibliothek mit kleinen Fragmenten (100 bis 200 bp) verwendet. Auf den Amplifikationsschritt folgt ein Barcoding-Verfahren. Dabei werden die verschiedenen Proben mit eindeutigen Sequenzen (sog. Barcodes) markiert, was die spätere Zuordnung der Sequenzen zum jeweiligen Embryo ermöglicht, nachdem zunächst die Proben für eine oberflächliche Sequenzierung gepoolter DNA gemischt werden (in der Regel Sequenzierung von weniger als 1% des Genoms eines jeden Embryos). Durch diesen Barcoding-Prozess können je nach Sequenzierplattform bis zu 96 Biopsien in einem Sequenzierlauf gepoolt werden, was die Kosten pro sequenziertem Embryo erheblich optimiert. Die Sequenzen oder «Reads» werden dann mit dem aktuellen menschlichen Referenzgenom abgestimmt. Die relative Anzahl der Fragmente von DNA-Sequenz-Reads, die auf jede Chromosomenregion abgebildet werden, liefert einen Hinweis auf die Ploidie bzw. Somie. So ist z. B. eine Trisomie oder eine segmentale Duplikation mit einer Zunahme der relativen Anzahl von Reads für die betroffene chromosomale Region verbunden, während eine Monosomie oder segmentale Deletion zu einer Abnahme führt (6-9) (Abb. 1).


Der klinische Nutzen der PGT-A für alle Chromosomen wurde in einer Reihe von RCTs getestet. Unter diesen konnte eine kürzlich durchgeführte multinationale, multizentrische RCT keinen klinischen Nutzen durch den Einsatz von PGT-A zeigen (10), während andere über eindeutige Vorteile berichteten, wie z. B. erhöhte Implantationsraten pro übertragenem Embryo (ET), verkürzte Zeit bis zum Eintreten einer Schwangerschaft, verringerte klinische Fehlgeburtenraten und Kosteneffizienz, wenn mehr als ein Embryo gewonnen wird (1, 11). Bei Frauen mit AMA zeigte eine aktuelle multizentrische, randomisierte Studie, dass die PGT-A-Gruppe signifikant weniger ETs (68,0 % vs. 90,5% bei den Kontrollen) und geringere Fehlgeburtenraten (2,7% vs. 39,0 % bei den Kontrollen) aufwies. Die Entbindungsrate nach dem ersten Transferversuch war in der PGT-A-Gruppe pro Transfer (52,9% vs. 24,2%) und pro Patientin (36,0% vs. 21,9%) signifikant höher. Bei den kumulativen Entbindungsraten pro Patientin wurden jedoch 6 Monate nach Abschluss der Studie keine signifikanten Unterschiede festgestellt. Allerdings war die mittlere Anzahl der erforderlichen ETs pro Lebendgeburt in der PGT-A-Gruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe geringer (1,8 vs. 3,7), ebenso die Zeit bis zur Schwangerschaft (7,7 vs. 14,9 Wochen) (12). In Übereinstimmung mit den Richtlinien der American Society of Reproductive Medicine kann die Verwendung von PGT-A auch einen einzelnen ET ermöglichen (13), ohne die Schwangerschaftsraten zu beeinträchtigen (1), wobei die mit Mehrlingsschwangerschaften verbundenen Komplikationen vermieden werden. Darüber hinaus scheint sich die Trophektoderm-Biopsie weder negativ auf die Implantation auszuwirken (14), noch zu negativen Auswirkungen auf das Neugeborene zu führen (15).
NGS an Trophektoderm-Biopsien ermöglicht auch einen präziseren Nachweis von Aneuploidien in Mosaikform als bisherige Technologien. Embryonaler Mosaizismus ist ein Phänomen, das durch das Vorhandensein von zwei oder mehr genetisch unterschiedlichen Zelllinien gekennzeichnet ist, von denen typischerweise eine eine Chromosomenanomalie aufweist und die andere eine normale chromosomale Konstitution zeigt (16). Obwohl seine Auswirkungen auf die Implantation und das Entwicklungspotenzial von Embryonen nicht vollständig bekannt sind, kann man davon ausgehen, dass Mosaizismus wahrscheinlich die Implantationsrate beeinflusst. Ein solches Phänomen ist bei menschlichen Präimplantationsembryonen relativ häufig und betrifft 15%-90% der Embryonen im Spaltstadium und 30%-40% der Embryonen im Blastozystenstadium (16). Technisch gesehen ist es wichtig, jede NGS-Plattform für die genaue Erkennung von niedriggradigem Mosaizismus zu validieren, um diesen von experimentellem Rauschen zu unterscheiden, was mit der Qualität und Quantität der biologischen Proben und Amplifikationsartefakten zusammenhängt. Zusätzlich bleibt es aufgrund technischer und biologischer Einschränkungen eine Herausforderung, die tatsächliche Inzidenz von Mosaizismus in Präimplantationsembryonen zu erheben. Interessanterweise haben neuere Studien den Ansatz vorgeschlagen, einige Arten von Mosaik-Embryonen nach entsprechender Patientenberatung zu transferieren. Wie erwartet, zeigen die meisten eine geringere Implantations- und höhere Fehlgeburtsrate als beim Transfer euploider Embryonen. Mosaik-Embryonen mit hohem Aneuploidieanteil (≥50%) zeigten hierbei eine signifikant niedrigere klinische Schwangerschaftsrate/ET (15,2% vs. 46,4%), Implantationsrate (24,4% vs. 54,6%) und Lebendgeburtsrate (15,2% vs. 46,6%) als euploide Blastozysten. Im Gegensatz dazu haben Embryonen mit einem geringeren Aneuploidieanteil (< 50%) ein ähnliches klinisches Ergebnis wie euploide Embryonen (17-19).
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die kürzlich veröffentlichte Geburt eines anscheinend gesunden Mädchens in der 37. Schwangerschaftswoche mit echtem Mosaizismus, der aus einem bekannten Mosaik-Embryotransfer (35% Monosomie 2-Mosaik) resultierte. Der Fötus zeigte pränatal ein normales Wachstum und keine Auffälligkeiten in der detaillierten Ultraschalluntersuchung. Bei der Geburt zeigte die Chromosomenanalyse des peripheren Blutes eine 2%ige Mosaik-Monosomie 2 (20). Die weitere Entwicklungskontrolle dieses Kindes wird wichtige Informationen hinsichtlich einer möglichen kognitiven Einschränkung liefern.

Zukünftige Entwicklungen

Um embryonales genetisches Material für die Analyse zu gewinnen, ist bislang eine Biopsie erforderlich, bei der eine oder mehrere Zellen (normalerweise 5-10 Zellen) aus dem Embryo bzw. dem Throphektoderm entnommen werden. Diese invasive Prozedur erhöht die Kosten der PGT erheblich und es gab Bedenken, dass die Lebensfähigkeit der Embryonen in einigen Fällen beeinträchtigt werden könnte. Die jüngste Entdeckung von embryonaler DNA in der Blastozelenflüssigkeit (BF) von Blastozysten und in verbrauchten Embryokulturmedien (SCM) hat das Interesse an der Entwicklung von nicht-invasiven Methoden der PGT (niPGT) geweckt, insbesondere für den Nachweis von Aneuploidien und segmentalen Aneusomien (niPGT-A bzw. niPGT-SR). Erste Studien haben einige Erfolge erzielt und deuten darauf hin, dass DNA aus BF- und SCM-Proben für genetische Analysen geeignet sein könnte und somit ein potenzielles Ausgangsmaterial für die PGT darstellt. Dieser Ansatz wäre kostengünstiger als herkömmliche Methoden und würde weniger Fähigkeiten zur Mikromanipulation erfordern, sowie ein geringeres Risiko für die Embryonen darstellen (21). Meist war die diagnostische Effizienz bislang durch technische Komplikationen im Zusammenhang mit der geringen Quantität und Qualität der DNA eingeschränkt. Die berichteten Übereinstimmungen der Ploidie zwischen SCM/BF-Proben und biopsierten embryonalen Zellen variieren stark. In einigen Fällen kann diese Diskrepanz auf embryonalen Mosaizismus oder DNA-Kontamination (meist mütterlichen Ursprungs) zurückzuführen sein. Einige Untersuchungen deuten darauf hin, dass Aneuploidie-Zellen bevorzugt aus dem Embryo eliminiert werden, was dazu führen könnte, dass ihre DNA in SCM- und BF-Proben überrepräsentiert wäre; diese Hypothese erfordert jedoch weitere Untersuchungen (22). Entscheidend ist auch, dass die Protokolle für DNA-Isolierung und Amplifikation optimiert werden, um reproduzierbar eine genaue klinische Diagnose zu erhalten und gleichzeitig den Einfluss von Störfaktoren wie Kontaminationen zu minimieren (22). Weitere Untersuchungen sind erforderlich, um die Mechanismen zu verstehen, die der Freisetzung von embryonaler DNA zugrunde liegen, und um festzustellen, inwieweit dieses Material den wahren genetischen Status des entsprechenden Embryos widerspiegelt (22).

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

Dr. phil. biochem. Beatrice Oneda

Spezialistin medizinisch-genetische Analytik FAMH
Universität Zürich, Institut für Medizinische Genetik
Wagistrasse 12
8952 Zürich

oneda@medgen.uzh.ch

Die Autorin hat im Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.

◆ Die NGS hat sich zur geeignetsten Technologie für Aneuploidie-Tests in Trophektoderm-Biopsien entwickelt, die genaue Ergebnisse mit hohem Durchsatz und klinischem Nutzen liefert. Kürzlich wurde die Kosteneffizienz für die «Baby-Take-Home-Rate» analysiert und die Kosten werden in der Tat nicht mehr als Einschränkung für die Implementierung von Aneuploidie-Tests bei Embryonen angesehen (12).

Messages à retenir
◆ Le NGS est devenu la technologie la plus appropriée pour chercher des aneuploïdies dans des biopsies de trophectoderme, fournissant avec un haut débit des résultats précis, utiles pour la clinique. Récemment, le rapport coût-efficacité a été analysé en se référant au taux de naissances avec enfant vivant (« Take Home Baby Rate »). Il en ressort que le coût n’ est effectivement plus à considérer comme limitatif pour l’ implémentation d’ aneuploïdies chez les embryons (12).

1. Forman EJ, et al. In vitro fertilization with single euploid blastocyst transfer: a randomized controlled trial. Fertil Steril 2013;100(1):100-7 e1.
2. Capalbo A, et al. Correlation between standard blastocyst morphology, euploidy and implantation: an observational study in two centers involving 956 screened blastocysts. Hum Reprod 2014;29(6):1173-81.
3. Franasiak JM, et al. The nature of aneuploidy with increasing age of the female partner: a review of 15,169 consecutive trophectoderm biopsies evaluated with comprehensive chromosomal screening. Fertil Steril 2014;101(3):656-63 e1.
4. Mastenbroek S, et al. Preimplantation genetic screening: a systematic review and meta-analysis of RCTs. Hum Reprod Update 2011;17(4):454-66.
5. Wells D, et al. Clinical utilisation of a rapid low-pass whole genome sequencing technique for the diagnosis of aneuploidy in human embryos prior to implantation. J Med Genet 2014;51(8):553-62.
6. Kung A, et al. Validation of next-generation sequencing for comprehensive chromosome screening of embryos. Reprod Biomed Online 2015;31(6):760-9.
7. Fiorentino F, et al. Development and validation of a next-generation sequencing-based protocol for 24-chromosome aneuploidy screening of embryos. Fertil Steril 2014;101(5):1375-82.
8. Huang J, et al. Validation of a next-generation sequencing-based protocol for 24-chromosome aneuploidy screening of blastocysts. Fertil Steril 2016;105(6):1532-6.
9. Vera-Rodriguez M, et al. Distribution patterns of segmental aneuploidies in human blastocysts identified by next-generation sequencing. Fertil Steril 2016;105(4):1047-55 e2.
10. Munne S, et al. Preimplantation genetic testing for aneuploidy versus morphology as selection criteria for single frozen-thawed embryo transfer in good-prognosis patients: a multicenter randomized clinical trial. Fertil Steril 2019;112(6):1071-9 e7.
11. Neal SA, et al. Preimplantation genetic testing for aneuploidy is cost-effective, shortens treatment time, and reduces the risk of failed embryo transfer and clinical miscarriage. Fertil Steril 2018;110(5):896-904.
12. Rubio C, et al. In vitro fertilization with preimplantation genetic diagnosis for aneuploidies in advanced maternal age: a randomized, controlled study. Fertil Steril 2017;107(5):1122-9.
13. Practice Committee of the American Society for Reproductive Medicine. Electronic address Aao, et al. Guidance on the limits to the number of embryos to transfer: a committee opinion. Fertil Steril 2017;107(4):901-3.
14. Tiegs AW, et al. A multicenter, prospective, blinded, nonselection study evaluating the predictive value of an aneuploid diagnosis using a targeted next-generation sequencing-based preimplantation genetic testing for aneuploidy assay and impact of biopsy. Fertil Steril 2021;115(3):627-37.
15 He H, et al. Neonatal outcomes of live births after blastocyst biopsy in preimplantation genetic testing cycles: a follow-up of 1,721 children. Fertil Steril 2019;112(1):82-8.
16. Munne S, et al. Chromosome mosaicism in human embryos. Biol Reprod 1994;51(3):373-9.
17. Greco E, et al. Healthy Babies after Intrauterine Transfer of Mosaic Aneuploid Blastocysts. N Engl J Med 2015;373(21):2089-90.
18. Fragouli E, et al. Analysis of implantation and ongoing pregnancy rates following the transfer of mosaic diploid-aneuploid blastocysts. Hum Genet 2017;136(7):805-19.
19. Spinella F, et al. Extent of chromosomal mosaicism influences the clinical outcome of in vitro fertilization treatments. Fertil Steril 2018;109(1):77-83.
20. Kahraman S, et al. The birth of a baby with mosaicism resulting from a known mosaic embryo transfer: a case report. Hum Reprod 2020;35(3):727-33.
21. Rubio C, et al. Clinical application of embryo aneuploidy testing by next-generation sequencing. Biol Reprod 2019;101(6):1083-90.
22. Leaver M, et al. Non-invasive preimplantation genetic testing (niPGT): the next revolution in reproductive genetics? Hum Reprod Update 2020;26(1):16-42.