Kontrolle der nicht schmerzhaften Symptome in der Palliativmedizin

Patienten mit fortgeschrittener Krebserkrankung weisen durchschnittlich 11 Symptome auf. Von diesen ist der Schmerz eines der häufigsten, aber bei weitem nicht das einzige, das mit Medikamenten oder nicht medikamentösen Ansätzen behandelt werden kann. Diese Übersicht bietet einen Überblick über das Management von sechs weiteren Symptomen, die am Lebensende häufig auftreten: Dyspnoe, Übelkeit/Erbrechen, Müdigkeit, Anorexie, Verwirrtheitszustand und Rasselgeräusche des Sterbenden.

Die Palliativmedizin hat als Hauptziel die Verbesserung der Lebensqualität von Menschen, die eine fortschreitende, unheilbare Krankheit haben. Eine Möglichkeit, diese Lebensqualität zu verbessern, ist die Kontrolle der vielfältigen Symptome, an welchen die Patienten leiden. Eine systematische Bewertung dieser Symptome mit Hilfe der Edmonton Symptom Assessment Scale (ESAS) kann neun von ihnen identifizieren und quantifizieren. Diese Selbsteinschätzungsskala wurde zwar ins Deutsche übersetzt, aber bisweilen noch nicht validiert, im Gegensatz zur französischen Version (1).

Dyspnoe

Dyspnoe, definiert als subjektives Empfinden von Atembeschwerden, ist eines der vom Patienten am häufigsten geäusserten Symptome. Sie wird oft von Sorgen und Angst zu ersticken begleitet und ist bei Menschen am Lebensende mit Prävalenzen von bis zu 75% beschrieben worden (2). Die effektivste Behandlung bleibt die Optimierung der Behandlung der zugrunde liegenden Krankheit. In dieser Hinsicht werden Behandlungen bei Herzinsuffizienz und chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) so lange wie möglich aufrechterhalten, auch wenn das Lebensende sich nähert. In Bezug auf die symptomatische Behandlung hat sich Morphin als die wirksamste Substanz erwiesen (3). Die Wirkungsweise ist noch nicht vollständig geklärt, aber es wurden µ-Rezeptoren im Bronchialsystem gefunden. Es handelt sich also wahrscheinlich um einen Effekt, der mit dieser Medikamentenklasse zusammenhängt. Andere Wirkstoffe wie Oxycodon, sublinguales oder inhaliertes Fentanyl und Hydromorphon werden derzeit untersucht. Meistens handelt es sich dabei um kleine Studien, manchmal mit widersprüchlichen Ergebnissen. Eine aktuelle randomisierte kontrollierte Studie zeigte jedoch keinen Unterschied zwischen Oxycodon und Morphin bei chronischer Dyspnoe (4). Zusammenfassend eröffnen diese Informationen die Möglichkeit, bei persistierender Dyspnoe in der palliativen Situation auch andere Opiate einzusetzen. Die Angst vor Atemnot ist unbegründet, sofern die Substanz peroral verabreicht wird, die Dosis an die Situation angepasst ist und die Titration progressiv erfolgt (Kasten 1) (5).


Als Alternative kann dem Patienten angeboten werden, in Momenten der Dyspnoe einen Ventilator auf sein Gesicht zu richten. Diese Therapie ist erwiesenermassen genauso wirksam wie die Sauerstofftherapie (6). Bis heute hat jedoch keine Studie die Wirksamkeit von letzterer gegenüber einem Placebo bei fehlender Hypoxämie nachgewiesen (7).
In der stationären Umgebung werden die nicht invasive Beatmung (NIV) und die nasale High-Flow-Sauerstofftherapie (High Flow Nasal Cannula – HFNC) immer häufiger eingesetzt. Es hat sich gezeigt, dass die NIV einen Einfluss auf die Lebensqualität hat, aber keinen auf das Überleben und den natürlichen Krankheitsverlauf (8). Die Studien zur HFNC sind sogar noch ermutigender. Die HFNC vermindert nicht nur die Dyspnoe bei hypoxämischen Patienten (9), sondern kann die Symptome auch bei nicht hypoxämischen Patienten in Ruhe und bei Belastung positiv beeinflussen (10, 11). Im Gegensatz zur NIV ermöglicht diese Therapie dem Patienten einen verbalen Austausch mit seinem Umfeld und die Aufrechterhaltung der oralen Ernährung/Hydratation dadurch, dass der Sauerstoff nasal verabreicht wird (12). Diese Therapien gehören zusammen mit Morphin heute zum therapeutischen Arsenal der palliativen Behandlung der Dyspnoe.
Benzodiazepine werden bei chronischer Dyspnoe oft mit Opiaten kombiniert, auch wenn es dafür keine wissenschaftlichen Belege gibt (13). Allerdings ist wegen den kummulierten Nebenwirkungen zusammen mit den Opiaten Vorsicht geboten. Die Hauptindikation muss die Behandlung von Angstzuständen bleiben, die mit dem Gefühl der Dyspnoe einhergehen können. Es wird eine progressive Titration, beginnend mit kleinen Dosen, empfohlen.

Übelkeit und Erbrechen

Übelkeit und Erbrechen (N/V) sind in der Palliativmedizin relativ häufig. Bei Krebs sind bis zu 70% der Patienten betroffen (14). Aber auch andere unheilbare Krankheiten wie Herz- oder Nierenversagen und COPD verursachen bei 50% der Patienten N/V (2). Einige spezifische Ursachen, wie z. B. Chemo- oder Strahlentherapie, Opiatbehandlung, gastrointestinale Erkrankungen, Stoffwechselstörungen oder intrazerebrale Erkrankungen (Metastasen, intrakranielle Hypertonie) sollten identifiziert und behandelt werden; meist wird bei diesen Patienten jedoch keine Ursache oder eine multifaktorielle Ursache gefunden (15). Metoclopramid ist das Mittel der ersten Wahl bei N/V ausgelöst durch Opioide und Stoffwechselstörungen. Das Ansprechen ist dosisabhängig und erfordert manchmal eine Titration auf bis zu 80mg/Tag (16). Bei N/V induziert durch Chemo- oder Strahlentherapie hat sich Ondansetron als sehr wirksam erwiesen (17). Die onkologischen Fachgesellschaften haben kürzlich den Einsatz von Olanzapin und Neurokinin-1-Rezeptor-Antagonisten zur Prävention von N/V infolge Chemo- und Strahlentherapie anerkannt (18). Es gibt nur wenige Fallserien in der Palliativmedizin mit Olanzapin, die aber alle einen günstigen Effekt bereits ab einer Dosis von 1,25 mg pro Tag zeigen (19). Wenn Haloperidol gegen Übelkeit nicht wirkt, wird manchmal Levomepromazin empfohlen. Dieses zeigte in einer kürzlich durchgeführten randomisierten kontrollierten Studie keinen Unterschied in der Wirksamkeit im Vergleich zu Haloperidol. Allerdings waren die Patienten unter Levomepromazin signifikant stärker sediert (20). Kortikosteroide sind bei intrakranieller Hypertension indiziert, können aber auch als Ergänzung zu anderen Antiemetika verordnet werden (21). Schliesslich ist Haloperidol bei unzureichender Kontrolle mit anderen Antiemetika und bei mechanischem Darmverschluss indiziert (22). Ein Ileus tritt bei 3-15% der Krebspatienten auf, vor allem bei Patienten mit Ovarial- (20-50 %) und Kolonkarzinomen (10-29%) (23). Abhängig von der Lage, dem Ursprung der Obstruktion, den Wünschen des Patienten und seinem Allgemeinzustand kann ein chirurgischer Eingriff in Betracht gezogen werden, einschliesslich Stenting oder Entlastungs-Gastrostomie. Meistens ist jedoch eine symptomatische Behandlung angezeigt (24). Eine Medikamentenkombination sollte auf folgende drei Achsen wirken: 1) Übelkeit; 2) Darmsekretion und -entzündung; 3) Schmerzen (25). Details zur medikamentösen Behandlung sind in Tabelle 1 ersichtlich.

Müdigkeit

Müdigkeit kann als ein häufiges Symptom betrachtet werden, das wenig Aufmerksamkeit erhält. Dennoch kann es einen grossen Einfluss auf die Lebensqualität haben. Die Prävalenz liegt im Durchschnitt aller Erkrankungen bei etwa 60%, wobei Patienten unter Chemo- oder Strahlentherapie deutlich häufiger betroffen sind (26). Um Müdigkeit zu erkennen, schlägt die European Association of Palliative Care vor, die einfache Frage «Fühlen Sie sich ungewöhnlich müde oder schwach?» zu stellen, bevor die Ermüdung mit dem ESAS quantifiziert wird (26). Sekundäre Ursachen wie Infektionen, Stoffwechsel- und endokrine Störungen und Anämie, um nur einige zu nennen, sollten, soweit möglich und sinnvoll, abgeklärt und behandelt werden. Dies erfordert einen mehrdimensionalen Ansatz (Tab. 2). Medikamentöse Behandlungen sind eher enttäuschend und es ist vor allem körperliche Bewegung, die eine gewisse Wirksamkeit gezeigt hat (27). Es kann jedoch ein Versuch mit Kortikosteroiden (z.B. Dexamethason 4-8 mg täglich) für 5 Tage durchgeführt werden. Bei Erfolg kann die Behandlung bis zu zwei Wochen lang fortgesetzt werden; danach lässt die Wirkung nach. Andere Studien bei jungen Krebspatienten zeigen gute Ergebnisse mit Methylphenidat. Sein Nebenwirkungsprofil legt jedoch Vorsicht bei älteren Patienten nahe.

Anorexie

Die Anorexie ist definiert als Appetitlosigkeit oder eine reduzierte Nahrungsaufnahme. Sie kommt sehr häufig vor in der Terminalphase onkologischer Erkrankungen (85 %) (28)), aber auch bei Herz-, Nieren- oder Lungenversagen (50 %) (29)). Oft ist die reduzierte Nahrungsaufnahme eine der Hauptsorgen der Familie und eine Quelle der Angst. Die Behandlung erfolgt daher individuell nach einer gründlichen Erfassung, die nicht nur die Anamnese der Essgewohnheiten, das Vorhandensein von Faktoren, die eine Anorexie begünstigen (Kasten 2), sondern auch die Form, wie die Nahrung präsentiert wird und die Erwartungen des Patienten und seines Umfelds umfasst. Die Faktoren, die eine Anorexie begünstigen, sollten so weit wie möglich behandelt werden. In den frühen Stadien der Erkrankung kann eine künstliche Ernährung in Betracht gezogen werden. Im fortgeschrittenen Stadium (Lebenserwartung < 3 Monate) ist eine genussvolle Ernährung zu bevorzugen. Oft ist eine Anpassung der Portionen und deren Häufigkeit, der Textur, aber auch des Inhalts der Mahlzeiten notwendig. Die Hilfe einer Ernährungsberaterin kann von Vorteil sein. Orale Nahrungsergänzungsmittel sind manchmal angezeigt. Als appetitanregende Medikation kann eine Kur mit Kortikosteroiden (Prednison 0,5 mg/kg/Tag oder Dexamethason 0,1 mg/kg/Tag) vorgeschlagen werden, deren Wirksamkeit bereits nach 5 Tagen erkennbar ist, aber nach 2 Wochen nachlässt (30). Das Antidepressivum Mirtazapin zeigte in einer kleinen Pilotstudie bei Krebspatienten nach 7-wöchiger Behandlung eine Tendenz zur Appetitverbesserung. Umfassendere Studien sind noch nötig, um den Stellenwert dieses Wirkstoffs bei der Behandlung der Anorexie wirklich zu belegen (31). Andererseits vermochten weder Cannabis noch THC (Delta-9-Tetrahydrocannabinol) die Appetitlosigkeit in einer grossen multizentrischen Studie zu verbessern (32).

Verwirrtheitszustand

Ein solcher liegt bei 13-88% der Patienten vor, wobei die Inzidenz gegen Ende des Lebens zunimmt (33). Bei 30-50% wird der Verwirrtheitszustand durch reversible Ursachen (Infektion, Fäkalom/Verstopfung, Harnverhalt, Elektrolytstörungen, Medikamente) beschleunigt. Je nach Zustand und Prognose des Patienten können diese Ursachen gesucht und behandelt werden, während parallel dazu eine symptomatische Behandlung erfolgt. Eine aktuelle Studie, in der Haloperidol und Risperidon mit nicht pharmakologischen Massnahmen verglichen wurden, zeigte jedoch, dass letztere zur Entlastung der Patienten effektiver waren als Neuroleptika (34). Der aktuelle Trend in der Palliativmedizin geht dahin, auf den systematischen Einsatz von Neuroleptika zu verzichten. Sie sind (wahrscheinlich) immer noch in Fällen von schwerem hyperaktivem Verwirrtheitszustand indiziert, der der Person grosses Leid zufügt. Die Substanzen und Dosierungen sind in Tabelle 3 aufgeführt, wohlwissend, dass sich kein Molekül als einem anderen überlegen erwiesen hat.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein nicht pharmakologischer Ansatz eindeutig zu bevorzugen ist.

Rasselgeräusche des Sterbenden

Eine starke bronchiale Obstruktion, auch als «Todesröcheln» bekannt, tritt in den letzten Lebenstagen oder sogar Stunden vor dem Tod auf. Bis zu 92% der Menschen sind davon betroffen. Bei Bewusstseinsstörungen ist der Schluckreflex beeinträchtigt, wodurch sich Sekrete in der Luftröhre und den Bronchien sammeln können. Die vorbeiströmende Luft erzeugt oszillierende Schwingungen, die als Rasselgeräusche wahrgenommen werden. Diese Stauung ist nicht zu verwechseln mit der alveolären Stauung aufgrund einer Lungeninfektion oder kardialen Dekompensation. Obwohl dieses Geräusch für Angehörige sehr störend sein kann, gibt es keinen Hinweis darauf, dass diese Rasselgeräusche dem Patienten Unbehagen bereiten. Eine medikamentöse Behandlung ist daher nicht unbedingt erforderlich (35). In erster Linie ist es wichtig, den Kontakt und die Kommunikation mit den Angehörigen zu suchen, um sie zu beruhigen. Ist jedoch eine Reduktion dieser Sekrete erwünscht, kann ein Versuch mit einer Behandlung mit Antimuskarinika unternommen werden, auch wenn die Wirkung dieser Substanzen gegenüber einem Placebo nie nachgewiesen wurde (36). In der Schweiz sind drei Substanzen verfügbar (Tab. 4). Eine weitere Möglichkeit ist die mechanische Absaugung, die sparsam eingesetzt werden sollte, da bei wiederholter Anwendung die Gefahr eines Traumas besteht.

Fazit

Um das Lebensende von Patienten angenehm zu gestalten, stehen den Ärzten mehrere Medikamente zur Verfügung, die eine Reihe von Symptomen kontrollieren. Aber auch Zuhören, Beziehungspflege und die Begleitung von Angehörigen haben ihren Platz in der Gesamtbetreuung eines Menschen mit einer fortschreitenden, unheilbaren Krankheit.

Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Zweitabdruck, aktualisiert und übersetzt aus la «gazette médicale» 03_2021.

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

Dr. med. Petra Vayne-Bossert

Hôpitaux Universitaires de Genève, Hôpital de Bellerive
Service de médecine palliative
11 chemin de la Savonnière
1245 Collonge-Bellerive

petra.vayne-bossert@hcuge.ch

Die Autorin deklariert, dass keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag bestehen.

◆ Die regelmässige Bewertung der Symptome kann mit der ESAS-Skala leicht durchgeführt werden.
◆ Dyspnoe spricht gut auf kleine Dosen von Morphin an.
◆ Zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen in der Palliativmedizin stehen mehrere Medikamente zur Verfügung, darunter Metoclopramid, Ondansetron und Haloperidol.
◆ Müdigkeit ist ein schleichendes Symptom, das wenig Beachtung findet. Ein Versuch mit Kortikosteroiden kann eine gewisse Verbesserung bringen.
◆ Verwirrtheitszustände sind am Ende des Lebens sehr häufig. Ein nicht pharmakologischer Ansatz wird bevorzugt, aber manchmal sind kleine Dosen von Neuroleptika notwendig.

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Update Demenz 2021

Ernüchtert von den vielen Fehlschlägen der vergangenen Jahre hat sich die Demenzforschung neuen Ansätzen geöffnet. Diese scheinen erfolgversprechend, doch ein klarer klinischer Durchbruch ist nach wie vor nicht in Sicht. Ob zumindest ein Vertreter der Amyloid-Immunisierungstherapie eine Marktzulassung erhalten soll, wird im Juni 2021 durch die amerikanische FDA entschieden. Kognitive Störungen im Alter sind dagegen unverändert häufig und können – wenn früh und richtig diagnostiziert – auch bereits mit heute vorhandenen medikamentösen und nicht-medikamentösen Massnahmen entscheidend beeinflusst, aber eben (noch) nicht geheilt werden. Die Abklärung wie auch die Therapie sind auf den einzelnen Patienten abgestimmt und hängen wesentlich von Einverständnis, Gesundheitszustand und den sozialen Lebensumständen des Patienten ab.

Mit Patientenklagen über kognitive Störungen können wir bei jüngeren Erwachsenen, aber ganz speziell im 3. und 4. Lebensalter konfrontiert werden. In jedem Fall müssen solche Klagen ernst genommen werden, da bei richtiger Diagnosestellung und frühzeitiger Einleitung von therapeutischen Massnahmen der weitere Verlauf massgeblich beeinflusst werden kann. Obwohl es seit Einführung der DSM-5 den Begriff «Demenz» eigentlich nicht mehr gibt, ist dieses im Alter häufige Krankheitsbild (jeder 3. über 85-Jährige ist betroffen!) natürlich nicht verschwunden. Zwar hat die Demenz-Inzidenz infolge deutlich besserer Behandlung von vaskulären Risikofaktoren in den letzten 20 Jahren bis zu 50% abgenommen – doch, der demographische Wandel hat diesen medizinischen Fortschritt zahlenmässig praktisch neutralisiert. Das moderne Management von Hirnleistungsstörungen bei dementieller Entwicklung fusst auf 4 Pfeilern (Abb. 1): Frühe und präzise Diagnostik, medikamentöse Therapie, nicht-medikamentöse Therapiemassnahmen und gezielte Unterstützung/Begleitung der Angehörigen und Betreuer (1).

Gibt es im Alter «normale» kognitive Störungen?

Ältere Patienten – wie wir Ärzte – haben die Tendenz, bei vermehrter Vergesslichkeit und anderen «kleinen» Hirnfehlleistungen das Älterwerden oder das Alter im Allgemeinen dafür verantwortlich zu machen. Die Tatsache ist eine andere. Die normale Hirn-
alterung ist wissenschaftlich sehr gut untersucht und lediglich mit einer diskreten Verlangsamung von Denk- und Reaktionsprozessen verbunden. Kann also ein Name nicht sofort, aber nach einer gewissen Zeit erinnert werden, ist dies noch «normal». Wenn man immer schon ein schlechtes Namensgedächtnis hatte, darf man im Alter keine diesbezügliche Verbesserung erwarten! Ist die Vergesslichkeit aber neu und der dadurch verursachte subjektive Leidensdruck der Patienten vorhanden (selbst bei neuropsychologischer Untersuchung mit Normalbefund), dann ist dies nach neuesten Erkenntnissen als «Subjective Cognitive Decline» zu werten, der in 25% der Fälle innerhalb von 6 Jahren zu einer Demenz führt (2). Leider werden Hirnleistungsstörungen von vielen immer noch primär auf Gedächtnis und Vergesslichkeit reduziert. Unser Hirn leistet jedoch viel mehr! Viele dementielle Prozesse beginnen denn auch in anderen Hirnleistungsbereichen, wo Verschlechterungen (bei erhaltener Gedächtnisleistung) primär über ein anderes Verhalten (z.B. mehr Probleme mit komplexen Aufgaben wie Management von finanziellen Angelegenheiten oder auch das Kochen von komplizierteren Menus!) sichtbar werden. Solche Veränderungen sind nicht normal und müssen abgeklärt werden!

Abgrenzung von «normal» versus «pathologisch»

Im Praxisalltag muss schnell und mit wenig Zeitaufwand entschieden werden können, ob kognitive Störungen schnell weiter abgeklärt werden müssen, ob weiter beobachtet werden muss oder kein weiterer Handlungsbedarf besteht! Das frühere (zeitaufwändige) Screening von kognitiven Störungen mittels MMSE und Uhrentest wurde in den letzten Jahren vom sensitiveren und gezielten «Case Finding» abgelöst (http://www.braincheck.ch/de). Die von den «Swiss Memory Clinics» und Schweizer Hausärzten entwickelte Testung «BrainCheck» trennt in wenigen Minuten «normal» von «pathologisch» mit einer Trennschärfe von 90% (3)! Dazu muss der Patient drei einfache Fragen beantworten und einen Uhrentest absolvieren. Gleichzeitig werden seinem engsten Angehörigen/Partner 7 kurze Fragen gestellt. Alle Resultate können sofort elektronisch erfasst und beurteilt werden.
Bei bestehender weiterer Abklärungsbedürftigkeit muss zusammen mit dem Patienten und seinen Angehörigen entschieden werden, wie die Diagnostik weiter vorangetrieben werden soll. Als erster Schritt ist hier sicherlich der (einfache) Ausschluss von schnellbehandelbaren Ursachen ein absolutes «Muss». Eine Schilddrüsenstörung kann mittels TSH-Bestimmung ausgeschlossen werden, eine Depression mittels Geriatric Depression Scale (GDS) und eine psychosoziale Belastungssituation (Stressbelastung) mit einer sorgfältigen Anamnese erkannt und im positiven Fall mit entsprechenden Gegenmassnahmen angegangen werden. Bei anamnestisch begründbarem Verdacht, kann auch ein Vitamin-B-Status und eine Lues-Serologie weiterführend sein. Wird man in den genannten Bereichen fündig und entsprechend therapie-aktiv, empfiehlt es sich rund 6 Monate später die Kognition mittels «BrainCheck» nachzukontrollieren.

Abklärungsbedürftige kognitive Störungen

Die Art der weiteren Abklärung von kognitiven Störungen ist sehr individuell und hängt vom Einverständnis, dem Gesundheitszustand/Lebenserwartung und den sozialen Lebensumständen des Patienten ab. Bei fitten Senioren sollte immer eine spezialisierte Abklärung bei einem Demenzspezialisten oder einer Memory Clinic erfolgen. Diese umfasst neben einer medizinischen Untersuchung mit Labor und Biomarkern eine neuropsychologische Abklärung mit Hirnbildgebung (MRI). Bei sehr hochaltrigen und fragilen Patienten kann auch eine verkürzte kognitive Abklärung (z.B. mittels MoCa-Assessment (4) erfolgen. Diese kann – mit etwas Erfahrung – in der hausärztlichen Praxis durchgeführt und diagnostisch ausgewertet werden. Dazu gehört auch hier imperativ eine Hirnbildgebung (MRI oder CT), um den wahrscheinlichsten neuropathologischen Grund der dementiellen Entwicklung festzulegen. Dies ist entscheidend für die Art der einzuleitenden Therapie.

Kognitive Störungen: Therapeutische Optionen

Handelt es sich gemäss DSM-5 um «milde» kognitive Störungen, befinden sich diese innerhalb von zwei Standardvariationen eines kognitiven Normalbefundes. Therapeutisch stehen hier neben medikamentösen (Ginkgo Biloba 240mg/d und Vitamin D (24 000 Einheiten pro Monat) v.a. nicht medikamentöse Massnahmen im Vordergrund: regelmässige körperliche und soziale (kognitive) Aktivität, gesunde altersgerechte Ernährung (regelmässig und genügend Protein (1.2 g/kg Körpergewicht pro Tag; mediterrane Diät mit genügend Omega3-Säuren) und eine gute hausärztliche Kontrolle von vaskulären Risikofaktoren (art. Hypertonie, Diabetes, Hypercholesterinämie). In der finnischen FINGER Studie (5) konnten allein mit diesen Lebensstilmassnahmen nach 2 Jahren signifikante kognitive Verbesserungen erzielt werden.

Medikamentöse Optionen

Bevor neue Medikamente zum Einsatz kommen, gilt es grundsätzlich, eine bereits vorhandene allfällige Polypharmazie auf kognitiv beeinträchtigende anticholinerge Substanzen zu überprüfen. Handelt es sich gemäss DSM-5 um «major» kognitive Störungen (Demenz) ist für die Festlegung der medikamentösen Therapie (meist mittels Bildgebung und/oder Biomarker) die dem Prozess zugrundeliegende Neuropathologie entscheidend. Handelt es sich um einen neurodegenerativen Prozess (Alzheimer Erkrankung), sind Stadium-abhängig Ginkgo, Cholinesterasehemmer und Memantine Mittel der ersten Wahl (Abb. 2). Bei dieser symptomatischen Therapie wird (bei frühzeitigem Beginn) der Verlauf der Krankheit bezüglich Funktionalitäts- und Selbständigkeitserhalt massgeblich verbessert. Diese Medikamente wirken ausgesprochen langsam, sind aber dank einer «Number Needed to Treat» (NNT) von unter 10 (für alle drei Substanzklassen!) mit einer hohen Responder-Rate versehen. Im Vergleich zu nicht-behandelten Kontrollpopulationen treten erste klinische Differenzen jedoch erst nach einem Jahr Behandlung auf; diese werden in den weiteren Jahren aber sehr relevant, da die Behandlung zu eindrücklich weniger Pflegeheimeintritten führt (Abb. 3) (6). Hier hat sich v.a. auch die Kombinationstherapie von Memantine mit Cholinesterasehemmer (bei MMSE < 20) als sehr erfolgreich erwiesen. Diese ist in der Schweiz jedoch nur off-label-mässig möglich und wegen einer Limitatio nicht voll von der Grundversicherung übernommen. Trotzdem: Viele Patienten tragen (angesichts stark gefallener Antidementiva-Preise) die paar Hundert Franken pro Jahr gerne selber, wenn damit finanziell viel höhere Kosten einer Institutionalisierung gespart oder herausgeschoben werden können. Neben der durch Antidementiva länger erhaltenen Alltagsfunktionalität treten unter dieser Therapie auch signifikant weniger demenz-assoziierte Verhaltensauffälligkeiten auf (Aggression, Schreien, motorische Unruhe etc.).
Ist die der dementiellen Entwicklung zugrundeliegende Pathologie rein vaskulär, sind obige Antidementiva (ausser Ginkgo) nicht wirksam und entsprechend nicht indiziert. Hier gilt es mit allen Mitteln, mit Lebensstilmassnahmen und der Beherrschung von vaskulären Risikofaktoren das weitere Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen. Bei gemischten vaskulär-neurodegenerativen Demenzformen können Antidementiva eingesetzt werden. Bei selteneren Demenz-Pathologien wie Lewis-Body Krankheit, Parkinson- oder Fronto-Temporal-Demenz lohnt sich eine Rücksprache mit entsprechenden Spezialisten.

Nicht-medikamentöse Optionen

Nicht-medikamentöse Interventionen bei Demenzkranken werden von grossen Fachgesellschaften und Expertengruppen – ausser bei Notfallsituationen – in erster Linie und als primären Approach bei demenzassoziierten psycho-sozialen Verhaltensauffälligkeiten (BPSD) empfohlen (8). Gemäss Cohen-Mansfield (9) sind die meisten Ärzte für die Medikamentenverschreibung bei BPSD geschult und ausgebildet, jedoch nur die wenigsten verfügen über Kenntnisse zu diesbezüglichen nichtmedikamentösen Therapiemassnahmen und deren Wirkungserfolg. Entsprechend häufig werden deshalb antipsychotische Medikamente eingesetzt bevor nichtmedikamentöse Interventionen versucht werden.
Im Gegensatz zu den bei Demenz bereits früh eingeschränkten oder verlorenen kognitiven Fähigkeiten sind die emotionalen und psychosozialen Kompetenzen bis in späte Demenzkrankheitsstadien weit weniger vom Abbau betroffen. Hier setzen nicht-medikamentöse Interventionen an, in dem sie – weg vom Defizit-Fokus – auf vorhandene Hirnleistungs-Ressourcen zugreifen, diese gezielt nutzen und fördern. Körperliche Aktivität, musikbasierte Aktivitäten sowie proteinreiche, mit Vitamin D ergänzte Ernährung zum Erhalt der Muskelgesundheit bei Demenz haben sich am erfolgreichsten gezeigt (10). Spannend und immer wieder Gegenstand von Forschungen ist die Hirnwirkung von mit Musik kombinierten Bewegungsaktivitäten wie Tanz und Rhythmik. In der «Einstein-Aging» Kohortenstudie wurde regelmässiges Tanzen als Freizeitbeschäftigung mit einem bis zu 80% erniedrigten späteren Demenzrisiko assoziiert (11). In einer Interventionsstudie mittels Rhythmik nach Dalcroze konnte das motorisch-kognitive Dual-Task Vermögen von zuhause lebenden Senioren verbessert und das Sturzrisiko um über 50% reduziert werden (12). Bei fortgeschrittenen Demenzstadien scheint die Dalcroze-Rhythmik neben der positiven Beeinflussung von BPSD-Symptomen vor allem die sprachlichen Fähigkeiten zu fördern (13).
Nichtpharmakologische Interventionen bei Demenzerkrankten sind ein wesentlicher Bestandteil des modernen 4-Säulen-Demenz-Managements. Die zu erwartende Hauptwirkung solcher Massnahmen besteht in der positiven und nebenwirkungsfreien Beeinflussung von BPSD. Körperliche Aktivitätsprogramme zeigen zusätzliche Vorteile für die Alltags-Funktionalität, die insbesondere bei gleichzeitiger proteinreicher Ernährung und Vitamin-D-Supplementation deutlich länger erhalten werden kann. Musik und musikbasierte Bewegungsprogramme wie Tanz und Rhythmik scheinen besonders geeignet, Hirnreserven zu mobilisieren und damit die Kognition signifikant zu verbessern.

Aktuelle Forschungsansätze in der Alzheimer Therapie

Im Bemühen, eine Alzheimer Demenz therapeutisch zu stoppen oder gar zu heilen, hat die Forschung der letzten 20 Jahre leider keinen Durchbruch erzielt. Basiert auf die weitgehend akzeptierte Hypothese, dass die Alzheimer Erkrankung 10 bis 15 Jahre vor Sichtbarwerden von klinischen Symptomen beginnt, fokussieren neue Therapien weitgehend auf diese präklinische Phase der Erkrankung (Abb. 4).


Zur Identifizierung solcher erkrankten, aber asymptomatischen Alzheimer Patienten sind Risikoprofile und entsprechende Biomarker (Amyloid, Tau-Protein, Apo-E Status etc.) entscheidend geworden. Diese können mittlerweile mit speziellen Bildverfahren, aber auch in Körperflüssigkeiten (Liquor und Blut) mehr oder weniger verlässlich nachgewiesen werden. Die für die Alzheimererkrankung typischen Amyloid-Ablagerungen im Hirn waren in vielen aktiven und passiven Immunisierungsstudien Angriffspunkt der Therapie. Die meisten dieser Immunisierungsansätze waren sehr wirksam in der zerebralen Amyloid-Abräumung bei leicht bis mittelschwer dementen Alzheimerkranken. Leider konnte damit aber keine Verbesserung oder gar «Restitutio ad integrum» der Hirnleistung gefunden werden. Alle diesbezüglich bis Phase 3 durchgeführten Studien wurden wegen Unwirksamkeit abgebrochen. Dies geschah initial auch mit der Amyloid-Antikörper Studie «Aducanumab» (Biogen). Aufgrund einer Daten-Nachanalyse mit neuen therapeutischen Wirkungserkenntnissen wurde das Molekül im Herbst 2020 bei der FDA zur Prüfung eingereicht. Ein diesbezüglicher Zulassungsentscheid wird – nach einmaliger Verschiebung – am 7. Juni 2021 erwartet. Neueste Immunisierungsansätze der Forschung fokussieren nun auf die Abräumung der zweiten Alzheimer-typischen cerebralen Ablagerungen: den Tau-Proteinen. Anders als bei Amyloid korreliert das Ausmass von Tau-Ablagerungen sehr verlässlich mit der Hirnleistung. Die meisten diesbezüglichen Studien befinden sich in Phase 1 und 2, weshalb eine Beurteilung einer möglichen Wirksamkeit verfrüht wäre. Dass möglicherweise auch dieser Ansatz nicht der Weisheit letzter Schluss ist, kann aus einer von AC-Immune im Herbst 2020 kommunizierten Pressemitteilung geschlossen werden: Eine Phase 2 Studie mit dem Tau-Antikörper Semorinemab erreichte die erwarteten klinischen Endpunkte nicht. Die verbleibende «Pipeline» neuer Alzheimermedikamente mit verschiedensten Therapieansätzen ist gross (Abb. 5). Die Zukunft wird zeigen, welche Ansätze/Kombinationen letztlich zielführend sein werden.


Anders als in der westlichen Welt wurde in China im Herbst 2019 ein auf Braunalgen basiertes Medikament (GV-971) zur Behandlung der Alzheimer Demenz zugelassen. Dieses soll über eine Modulation des Darm-Mikrobioms wirksam sein. Zwei Jahre später ist nun dazu auch eine wissenschaftliche Publikation veröffentlicht worden (16), eine Phase-3-Studie («Green Memory») ist in Europa und Nordamerika geplant, aber noch nicht initiiert.
Inwieweit ketogene Therapien mit Zuführung von mittelkettigen Triglyzeriden in der Behandlung von Demenzerkrankungen eine Rolle spielen könnten, ist Gegenstand einer anderen neuen Forschungsrichtung. Erste Resultate mit gezeigter Wirkung auf aktuelle und im weiteren Verlauf auftretende Hirnleistungseinbussen bei «Mild Cognitive Impairment» und leichter Alzheimer-Demenz werden als erfolgsversprechend geschildert (17).

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Prof. Dr. med. Reto W. Kressig

Ärztlicher Direktor & Klinischer Professor für Geriatrie
Universitäre Altersmedizin FELIX PLATTER & Universität Basel
Burgfelderstrasse 101
4002 Basel

RetoW.Kressig@felixplatter.ch

Geriatrische Beratungstätigkeit auf Anfrage bei Novartis, Roche, Takeda, Vifor, Schwabe, Biogen, Idorsia, Nestle, Omanda.

◆ Der kurative Ansatz in der Behandlung der Alzheimer-Krankheit lässt weiter auf sich warten. Es bleiben uns deshalb «nur» die nicht-medikamentösen und medikamentösen symptomatischen Therapie von Hirnleistungsstörungen, die jedoch im Verlauf einer Demenzerkrankung – im Vergleich zu keiner Therapie – einen wesentlichen Unterschied machen können.
◆ Nichtmedikamentöse Ansätze zeigen marginale bis nicht nachweisbar kognitive Effekte, sind aber wirksam bei Verhaltensstörungen, psychiatrischen Symptomen und Betreuerbelastung.
◆ Bei der pharmakologischen Therapie gilt es, eine vorhandene Polymedikation soweit wie möglich zu reduzieren und potentiell schädliche Substanzen (Priscus-Liste) abzusetzen.
◆ Zum heutigen Zeitpunkt gibt es keine rationalen Gründe, die heute zur Verfügung stehenden symptomatisch wirkenden Antidementiva (Cholinesterasehemmer, Memantine und Ginkgo Extrakt) nicht einzusetzen.
◆ Bei klinisch relativ gering ausfallenden Sofortwirkungen bei Therapiebeginn stehen hier vor allem Vorteile im Langzeitverlauf (um Jahre verzögerte Institutionalisierung, signifikant weniger Verhaltensstörungen) im Vordergrund.

1. Kressig RW. Kognitive Störungen im Salter – Therapeutische Optionen. info@herz&gefäss 2019; 5: 13-15
2. Wolfsgruber S et al. Differential risk of incident Alzheimers Disease Dementia in stable versus unstable patients of subjective cognitive decline. J Alzheimers Dis 2016 ; 54 : 1135-1146
3. Ehrensperger MM et al BrainCheck – a very brief tool to detetc incipeint cognitive decline : optimized case-finding combining patient- and informant-based data- Alz. Res Ther 2014 ;6 : 69
4. Nasreddine ZS et al. The Montreal Cognitive Assessment, MOCA : A brief screening tool for mild cognitive impairment. J Am Geriatric Soc. 2005 ;53 :695-699
5. Kivipelto M et al. The Finnish Geriatric intervention Study tp prevent cognitive impairment and disability (FINGER) : Study design and progress. Alzmeiner’s and Demetia 2013 ;9 :657-665
6. Lopez OL et al. Long-term effects of the concomitant use of memantine with cholinesterase inhibition in Alzheimer’s disease. J Neurol Neurosurg Psychiatry 2009; 80 : 600-607
7. Kressig RW. Demenz vom Alzheimer-Typ: Nicht medikamentöse und medikamentöse Therapie. Ther Umschau 2015;72: 233-238
8. Savaskan E et al. Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie der behavioralen und psychologischen Symptome der Demenz (BPSD). Praxis 2014; 103: 135-148
9. Cohen-Mansfield J. Nonpharmacologic interventions for inappropriate behaviour in dementia: a review, summary , and critique. Am J Geriatr Psychiatry 2001 ;9 :361-381
10. Krumm S et al. Internistische Praxis 2017;58:1-7.
11. Verghese J et al. Leisure activities and the risk of dementia in the elderly. N Engl J Med 2003;248:2508-2516
12. Trombetti A et al. Effect of music-based multitask training on gait, balance, and fall risk in elderly people. A randomized controlled trial Arch Intern Med. 2011 ;17 :525-533
13. Johnson DK et al Nicht medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten bei Demenz. Gériatrie Pratique 2005;3:1-5
14. Selkoe DJ and Hardy J. The amyloid hypothesis of Alzheirr’s disease at 25 years. EMBO Mol Med 2016;8:595-608
15. Cummings et al. Alzheimers disease drug development pipeline 2020. Translational research & Clin Interventions.DOII 10.1002/trr2.12050 2020 ;
16. Xiao S et al. A 36-week multicenter, randomized, double-blind, parallel-group, phase 3 clinical trial of sodium oligomannate for mild-to-moderate Alzheimer’s dementia. Alzheimers Res Ther 2021;13(1):62. doi: 10.1186/s13195-021-00795-7.
17. Grammatikopoulou MG et al. To keto or not to keto. A systematic review of randomized controlled trials assessig the effects of ketogenic therapy on Alzheimer disease. Adv Nutr 2020;00:1-20.

Moderne Inhalationstherapie bei bronchialen Erkrankungen

In der heutigen Behandlung von Atemwegserkrankungen stehen sehr gut erprobte Inhalationsgeräte und Medikamente zur Verfügung. Die Inhalationstherapie hat in den letzten Jahrzehnten in der Behandlung vor allem der chronischen Atemwegserkrankungen massgebliche Bedeutung erhalten (1). Aufgrund des immer grösser werdenden Angebots der Medikamente für eine inhalative Therapie ist es für Grundversorger verständlicherweise schwieriger geworden, eine Entscheidung für den Patienten zu treffen.

Insbesondere Patienten mit chronisch bronchialen Erkrankungen, wie Asthmatiker und COPD-Patienten, können bei korrekter Inhalationstechnik mit Hilfe verschiedener Geräte lokal wirksame Medikamente inhalieren, welche einerseits als Betamimetika und Anticholinergika eine Bronchialerweiterung bewirken und anderseits als inhalative Steroide potent antinflammatorische Eigenschaften ausweisen.
Der grosse Vorteil inhalativer Deposition von Medikamenten ist die Tatsache, dass die systemischen Nebenwirkungen dieser Medikamente bei korrekter Dosierung ein ausgezeichnetes Wirkungs-Nebenwirkungs-Profil aufweisen (2).
In der folgenden Übersicht möchte ich aufzeigen, dass eine gute Kenntnis der verfügbaren Geräte und der korrekten Inhalationstechnik sowie die Schulung der betroffenen Patienten die Basis bilden, dass die Inhalation von Medikamenten ausgezeichnete und zuverlässige Wirkungen aufweist und dass unter diesen Voraussetzungen und bei Kenntnis der Indikationen sehr wenig Nebenwirkungen auftreten.

Grundlagen der inhalativen Therapie

Um im Bronchialbaum deponiert zu werden, müssen einerseits der aerodynamische Durchmesser der inhalierten Tröpfchen und andererseits die Technik der Inhalation stimmen.
Der erste Prozess nach einem inhalativen Manöver ist die Deposition von Medikamenten-Partikeln oder Tröpfchen. Im Rahmen des inspiratorischen Flows gelangen die Partikel in den Rachenraum, die grossen und immer kleiner werdenden Bronchien, Bronchiolen und evt. auch in die Alveolen.
Die Deposition sowohl im Rachen als auch in den Atemwegen und auch noch peripherer ist abhängig von der aerodynamischen Partikelgrösse, dem inhalativen Fluss, den Eigenschaften des verwendeten Inhalators und den krankheitsbedingten Faktoren (z.B. aktuelle Lungenfunktion).

  • Sind die Tröpfchen zu gross, werden diese schon im Mundrachenraum deponiert und erreichen die Atemwege nicht. Sind sie zu klein, werden die Tröpfchen wieder ausgeatmet und nicht im Zielorgan deponiert.
  • Eine wichtige Rolle spielen ausserdem die pulmonale Verteilung der Medikamente, die mucociliäre und die Makrophagen-Clearance, die Absorption des Lungengewebes und die Absorption der Medikamente in die systemische Zirkulation (3).
  • Wird zudem die Inhalation vom Patienten nicht in genau definierten Schritten durchgeführt, so erreichen die Tröpfchen nur Mund und Rachen und werden dort deponiert, was insbesondere bei der Anwendung inhalativer Steroide lokale Nebenwirkungen verursachen kann.
  • Partikel, welche im Mund-Rachenraum verbleiben, werden runtergeschluckt. Partikel, die die Lunge erreichen aber nicht deponiert werden, werden wieder ausgeatmet (4).

Indikationen für eine Inhalationstherapie

• Asthma: topische Steroide, Betamimetika
• COPD: Betamimetika, Anticholinergika
• Bronchitis: NaCl, eventuell Betamimetika, topische Steroide
• Bronchiektasen: NaCl, Betamimetika, topische Steroide
• Zystische Fibrose: sowohl Betamimetika als auch Steroide und evt. inhalative Antibiotika gegen Pseudomonas aeruginosa

Moderne Inhalationsgeräte und deren korrekte Anwendung

Bei den modernen Inhalationsgeräten unterscheidet man zwischen Pulver-Inhalator, Dosier-Aerosol (DA), das meist mit einer Vorschaltkammer (VK) versehen ist, elektrisch betriebenem Düsen-Vernebler und Respimat.

Allgemeine Regeln für den geschulten Patienten (4):

→ Inhalation gemäss ärztlicher Verordnung 1x oder mehrmals täglich konzentriert und technisch korrekt durchführen
→ Körperstellung: wenn immer möglich in aufrechter Stellung des Thorax: stehend oder sitzend
→ Vor der Inhalation 3x tief ein- und ausatmen, um sich in einen ruhigen Zustand zu versetzen (gilt nicht bei notfallmässiger Inhalation!)

Pulver-Inhalatoren

Korrekte Anwendung: Allgemeine Regeln beachten
• Schritt 1: Mit dem Inhalator schon in der Hand zuerst vollständig einatmen.
• Schritt 2: Anschliessend, wenn möglich, durch die leicht geschlossenen Lippen alle Luft ausatmen (Vorsicht: nicht in den Inhalator blasen!).
• Schritt 3: Keine Luft mehr einatmen und Inhalator zum Mund führen und in dieser Expirationslage das Pulver vollständig aus dem Inhalator einatmen.
• Schritt 4: Atem anhalten und wenn möglich in Gedanken auf 8 bis 10 zählen.
• Schritt 5: Abschliessend langsam durch die leicht geschlossenen Lippen wieder ausatmen.
• Wenn Wirkstoffe auch Steroid enthalten, wenn möglich Mund und Rachen mit Wasser spülen und in Lavabo ausspucken.

Dosier-Aerosole – meist zusammen mit Vorschaltkammer

Korrekte Anwendung: Allgemeine Regeln beachten
• Schritt 1: Schutzkappe entfernen und das DA kräftig mehrmals schütteln!
• Schritt 2: 1 bis mehrere Sprühstösse in die VK geben.
• Schritt 3: Keine Luft mehr einatmen, DA zum Mund führen, mit den Lippen umschliessen und gleichzeitig Druck Ventil betätigen und vollständig einatmen.
• Schritt 4: Atem anhalten und wenn möglich in Gedanken auf 8 bis 10 zählen
• Schritt 5: Langsam und mit leicht geschlossenen Lippen wieder ausatmen.
Wenn Wirkstoffe auch Steroid enthalten, wenn möglich Mund und Rachen mit Wasser spülen und in Lavabo ausspucken.
Die Vorschaltkammer ermöglicht, dass das Aerosol zuerst in diese verabreicht wird und dadurch keine zu schnelle und unkoordinierte Inhalation direkt in den Mund erfolgt. Dies erleichtert vor allem älteren und geschwächten Patienten das Inhalieren.
So kann das Aerosol ohne Hast in 2 Schritten inhaliert werden:
• Schritt 1: Schütteln des Aerosols und 1 bis mehrere Sprühstösse in die VK geben.
• Schritt 2: Inhalation beschrieben wie bei der Pulver-Inhalation und in Ruhe aus der VK, da das Aerosol dort in der Schwebe verweilt.

Respimat (5)

Der Respimat erzeugt ohne Treibmittel oder elektrische Energie eine sich sehr langsam ausbreitende, langanhaltende und feine Sprühwolke. Der Wirkstoff befindet sich in einer Patrone. Produkte mit dem wiederverwendbaren Respimat gibt es mit einer bzw. drei Wirkstoffpatronen.

Flüssiginhalation

Die Flüssiginhalation für die Anwendung im Rahmen chronischer Atemwegserkrankungen hat eine lange Tradition und ist noch immer aktuell. Die Inhalation von flüssigen Mitteln, v.a. von Betamimetika, Anticholinergika und auch flüssigen Steroiden, erfolgt meist mittels Düsen-Vernebler. Sie dauert zwar bis zu 10 Minuten länger, ist aber einfacher handhabbar als die Pulver-Inhalatoren und Dosier-Aerosole, da keine koordinative Technik erforderlich ist, um eine gute bronchiale Deposition zu erreichen.
Diese Inhalationsoption ist also für Patientengruppen in folgenden Situationen besonders hilfreich:

  • Ältere Patienten, die in liegender Position mit einfachen Ein- und Ausatmungsmanövern das Aerosol problemlos inhalieren und in die Atemwege bringen können
  • Schwerkranke, bettlägrige Patienten mit COPD und/oder Asthma
  • Patienten, welche koordinativ oder aufgrund zu schwacher In-
    spirations-Kapazität unmöglich mittels Pulver-Inhalatoren oder Dosier-Aerosolen inhalieren können
  • Patienten auf der Notfallstation mit Asthma-Krise, COPD-Exazerbation
  • Patienten, die aus unterschiedlichen Gründen auf eine unkomplizierte Inhalation von flüssigen Medikamenten angewiesen sind.

Nebenwirkungen inhalativer Medikamente

Topische Steroide

Da diese beim Inhalieren lokal verwendet werden, treten nur selten Nebenwirkungen auf.
Eine wichtige Prophylaxe zur Vermeidung allfälliger Halsentzündungen ist, nach dem Inhalieren Mund- und Rachenraum gut mit Wasser zu spülen.

Betamimetika

Falls Symptome wie innere Unruhe, Herzklopfen oder Zittern auftreten, Dosis reduzieren, bei flüssiger Inhalation das Mittel mit NaCl verdünnen

Anticholinergika

Häufigste Nebenwirkung ist gelegentliche Mundtrockenheit, systemische anticholinerge Nebenwirkungen sind selten.

Inhalative Medikamente und Geräte

Eine Übersicht aller verfügbaren inhalativen Medikamente (als Monotherapie oder Kombinationstherapie) und verfügbarer Geräte werden von den entsprechenden Firmen auf Anfrage zur Verfügung gestellt. Zudem orientieren das Compendium und die MiGeL-Liste.

Zusammenfassung

Inhalierbare Medikamente sind in der Behandlung von v.a. Asthma und COPD nicht mehr wegzudenken.
Verglichen mit anderen Möglichkeiten, Medikamente zu verabreichen, können inhalierbare Medikamente grosse Vorteile bringen:

  • Die Medikation gelangt direkt in das betroffene Organ
  • Schneller Wirkungseintritt
  • Hohe und langandauernde bronchiale Wirkung
  • Deutliche Reduktion systemischer Nebenwirkungen

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Dr. med. Jürg Barandun

LungenZentrum Hirslanden
Witellikerstrasse 40
8032 Zürich

Der Autor hat in Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.

◆ Die moderne Inhalationstherapie für bronchiale Erkrankungen ist heute sehr gut etabliert und bei Beachtung der Empfehlungen sehr wirksam und meist frei von ernsthaften Nebenwirkungen.
◆ Entscheidend ist aber für den Hausarzt eine gute Kenntnis der Inhaltsstoffe und noch entscheidender die genaue Instruktion der korrekten Inhalationstechnik. Ein Verweis auf den Packungszettel genügt nicht!
◆ Während Pulver-Inhalatoren oder Dosier-Aerosole für Jugendliche aus Zeitgründen geeigneter sein können, ist der alte und kranke Patient oft mit der Anwendung dieser Geräte überfordert – sei es aus Gründen eines reduzierten inspiratorischen Flusses oder durch den als komplex wahrgenommenen Inhalationsablauf – und profitiert von der Flüssiginhalation
◆ Hat der Arzt selbst keine Zeit für eine genaue Demonstration des Inhalationsablaufes empfehle ich, eine Assistentin für diese Aufgabe entsprechend auszubilden.

1. G. Crompton, a brief history of inhaled asthma therapy over the last fifty years, Primary Care Respiratory Journal, vol. 15, no. 6, pp. 326–331, 2006.
2. J. F. Jin, L. L. Zhu, M. Chen et al., “The optimal choice of medication administration route regarding intravenous, intramuscular, and subcutaneous injection,” Patient Preference and Adherence, vol. 9, pp. 923–942, 2015.
3. N. R. Labiris and M. B. Dolovich, “Pulmonary drug delivery. part I: physiological factors affecting therapeutic effectiveness of aerosolized medications,” British Journal of Clinical Pharmacology, vol. 56, no. 6, pp. 588–599, 2003.
4. R.W. Dal Negro, “Dry powder inhalers and the right things to remember: a concept review,” Multidisciplinary Respiratory Medicine, vol. 10, no. 1, p. 13, 2015.
5. P. Brand, B. Hederer, G. Austen et al., “Higher lung deposition with Respimat Soft Mist inhaler than HFA-MDI in COPD patients with poor technique,” International Journal of Chronic Obstructive Pulmonary Disease, vol. 3, no. 4, pp. 763–770, 2008.

Medizinische Reiseandenken

Urlaub ist die Erholung von der Arbeitszeit, und für viele bedeutet dies die Planung einer schönen Reise mit Sonne, Strand und Meer – barfuss im Sand laufen gibt uns dabei ein Gefühl der Freiheit (Abb. 1). Beim Strandspaziergang, Baden, Wassersport oder anderen Aktivitäten kann man sich allerdings Wunden, Hautausschläge, oder Parasiten zuziehen. Hier berichten wir über eine kleine Auswahl an «medizinischen Reiseandenken» und mögliche Folgen.

Seeigel

Der Sprung ins Wasser, Schnorcheln oder ein anderer Wassersport kann erfrischend sein, aber auch unangenehme Konsequenzen haben. In Küstenregionen sind Verletzungen durch Seeigel (Abb. 2)
häufig. Seeigel gehören zur Klasse der Echinoidea mit über 600 Arten (1). Bei Kontakt mit den Stacheln, welche aus Calciumcarbonat bestehen, können diese die Haut durchbohren und abbrechen, so dass diese unter der Haut stecken bleiben. Am häufigsten sind Hände oder Füsse betroffen. Die Schwere der Verletzung variiert von kleinen lokalen Wunden, einer bis Monate später verzögerten Bildung von schmerzhaften Granulomen in der Haut (2, 3), bis hin zu Arthritis oder Synovitis, die durch Stacheln in Gelenken hervorgerufen werden können (1, 4, 5). Bei den granulomatösen Entzündungsreaktionen ist bei bis zu 20% als Ursache eine Infektion mit Mycobacterium marinum beschrieben (6). Weiterhin gibt es über 80 Arten von Seeigeln, welche giftig sind. Deren Stacheln enthalten Toxine (z.B. Histamin, Serotonin oder Bradykinin), welche eine systemische Erkrankung mit starken Schmerzen, Nausea, Erbrechen, Muskelschwäche, Hypotonie und Atemnot hervorrufen können (7, 8). Der betroffene Körperteil, welcher durch Stacheln von Seeigeln verletzt wurde, sollte in warmem Wasser gebadet werden, um die Wirkung der Toxine zu reduzieren und den Schmerz zu lindern. Um Komplikationen zu vermeiden, ist die rasche Entfernung der Stacheln mit Pinzette oder einer sterilen Hohlnadel empfohlen (9). Bakterielle Superinfektionen können auftreten. Diese werden primär durch typische Hautbakterien ausgelöst (Staphylokokken, Streptokokken), können aber auch durch Wasserkeime (typischerweise gramnegative Erreger wie Pseudmonas spp., Vibrio spp. etc.) oder durch atypische Mykobakterien ausgelöst werden. Eine Kultur des Eiters oder des Stachels nach Extraktion ist empfehlenswert – spätestens aber klar indiziert nach einer ersten empirischen antibiotischen Therapie. Zudem sollte der Tetanusschutz wenn nötig aufgefrischt werden.

Tungiasis («jigger flea»)

Wenige Tage nach einer Madagaskar-Reise stellte sich eine 35-jährige Reisende wegen eines juckenden und leicht schmerzhaften Knotens an der Fusssohle vor. Die Reisende berichtete, die letzten Tage der Reise am Strand verbracht zu haben, wo sie viel barfuss im Sand gelaufen sei. Während der Reise habe sie keine Beschwerden gehabt. Klinisch zeigt sich ein praller, 5 mm grosser Knoten an der rechten Fusssohle, gelblich mit einem kleinen schwarzen Punkt in der Mitte (Abb. 3) (10). Dieser war mit einem Befall durch einen Sandfloh vereinbar, welcher mit einer sterilen Nadel entfernt werden konnte.
Die Tungiasis ist eine kutane Parasitose, eine Folge der Infektion von Sandflöhen der Gattung Tunga, meist Tunga penetrans und seltener Tunga trimamillata (11). Ursprünglich kamen die Sandflöhe in Südamerika vor und breiteten sich ab dem 16. Jahrhundert weiter nach Sub-Sahara-Afrika aus. Heute kommen sie in allen tropischen und subtropischen Gebieten vor (12). Die Sandflöhe leben im Sand, so dass der Mensch beim Barfusslaufen oder Liegen im Sand befallen werden kann. Meist sind die Füsse betroffen. Das Weibchen bohrt sich in die Haut und ernährt sich von subepidermalen Blutgefässen. Der Hinterleib ragt aus der Haut heraus und ist als schwarzer Punkt erkennbar. Über diesen kann das Weibchen atmen, sich begatten lassen und Fäkalien und Eier ausscheiden. Das Weibchen stirbt nach 3-5 Wochen ab (13).
In endemischen, v.a. armen Gegenden besteht eine hohe Morbidität, wobei insbesondere Kinder häufig chronisch infiziert sind und sekundäre Infektionen sowie ein starker Befall auch zu langfristigen Komplikationen führen können (12).
Touristen hingegen sind meist nur von einem einzelnen Sandfloh befallen (14, 15). Die Diagnose kann meist klinisch gestellt werden. Obwohl der Befall selbstlimitierend ist, da die Weibchen nach wenigen Wochen absterben, sollten die Sandflöhe mit einer sterilen Nadel oder chirurgisch entfernt werden, da bakterielle Superinfektionen als Komplikation häufig sind (16). Auch der Tetanusschutz sollte überprüft werden. Schützen kann man sich, indem man auf Barfusslaufen verzichtet und Insektizid-haltige Cremes oder Sprays auf die Füsse appliziert.

Kutane Larva migrans

Auch häufig an den Füssen auftretend oder an Hautstellen, die mit Sand / der Erde in Kontakt waren, sind Hautmanifestationen eines Hakenwurmbefalls. Die kutane Larva migrans ist bei Reisenden und Migranten einer der am häufigsten importierten Hauterkrankungen (17). Häufig stecken sich Reisende an Stränden in (sub-)tropischen Zonen an (18).
Allerdings sind Hakenwürmer auf der ganzen Welt verbreitet und es sind auch autochthone Fälle aus kälteren Regionen Europas beschrieben (19). Am häufigsten sind Larven vom Hakenwurm Ancylostoma braziliense oder Ancylostoma caninum, seltener Uncinaria stenocephala. Die Ansteckung erfolgt beim Kontakt mit den Nematodenlarven aus dem Kot von infizierten Tieren – meist Hunde oder Katzen. Häufig passiert dies beim Barfusslaufen am Strand oder Liegen auf dem Sand ohne Handtuch, wenn der Sand mit Kot von streunenden Hunden oder Katzen verunreinigt ist. Die Larven penetrieren die Haut und bilden leicht erhabene, geschlängelte Gänge (Abb. 4). In der Folge kommt es zu einem starken Juckreiz. Die Gänge werden von den wandernden Larven unter der Haut verursacht, welche sich ca. 1 cm pro Tag vorwärtsbewegen. Diese nicht humanen Hakenwurmlarven können die humane Basalmembran nicht durchdringen und bleiben daher sehr oberflächlich. Die typische Erscheinung, auch «creeping eruption» genannt, ist pathognomonisch, und tritt meist in den ersten vier Wochen nach Reiserückkehr auf, die Inkubationszeit kann aber auch mehrere Monate betragen (18).
Die kutane Larva migrans wird jedoch oft nicht erkannt, so dass Betroffene häufig einige Wochen durch den Pruritus geplagt sind und nicht wirksame Therapien erhalten (20). Allerdings ist der Mensch Fehlwirt der Hakenwürmer, so dass sich die Larven nicht weiterentwickeln können und nach fünf bis sechs Wochen absterben und resorbiert werden. Eine Therapie ist also nicht unbedingt notwendig, sollte aber vor allem wegen des ausgeprägten Juckreizes, der psychischen Belastung durch einen Parasitenbefall und Risiko von sekundären Superinfektionen erfolgen. Die Behandlung erfolgt in der Regel mit Albendazol 400 mg zweimal täglich für 3 Tage (21-24). Zudem sollte auch hier der Tetanusschutz kontrolliert werden. Nach der Therapie verschwindet der Pruritus meist innert weniger Tage bis Wochen (201). Als Prophylaxe gilt das Gleiche wie für die Sandflöhe – Tragen von Schuhwerk mit festen Sohle, Nutzen von Liegen, kein Abliegen direkt in den Sand.

Larva currens

Die serpiginösen Exantheme der kutanen Larva migrans sollten nicht mit denen der Larva currens verwechselt werden. Diese werden ausgelöst durch die Larven von Strongyloides stercoralis, ebenso ein Nematode. Die Infektion erfolgt meist durch transkutane Penetration der Larven, die sich in der Erde oder in sandigen Böden befinden, weshalb man sich ebenso beim Barfussgehen infizieren kann. Endemisch ist der Zwergfadenwurm in tropischen Ländern, er kommt aber weltweit auch in gemässigten Zonen vor (25, 26). Die Larven wandern nach Penetration der kutanen Schichten in den Blutgefässen durch die Lunge, werden hochgehustet, geschluckt, und siedeln sich im Dünndarm an, wo die Weibchen Eier legen (27, 28). Aus den Eiern schlüpft das erste Larvenstadium, welches mit dem Stuhl ausgeschieden wird. Sie können sich jedoch bereits im Darm zum dritten, infektiösen filariformen Larvenstadium weiterentwickeln und zu einer Autoinfektion führen, indem sie sich perianal wieder durch die Haut des gleichen Wirtes bohren. Die Infektion ist bei Immunkompetenten meist asymptomatisch oder ruft milde gastrointestinale Symptome oder respiratorische Beschwerden bei der Lungenpassage hervor. Die Hautmanifestationen sind weniger scharf begrenzte Gänge, die sich bis zu 5 cm pro Stunde ausbreiten und daher «Larva currens» genannt werden (Abb. 5). Insgesamt sind diese Symptome aber eher selten. Bei Immunsuppression (primär bei hochdosierten Corticosteroiden) kann es hingegen zu einem Hyperinfestationsyndrom kommen, einhergehend mit hoher Morbidität und möglicher Mortalität (29, 30). Die Therapie der Wahl ist Ivermectin (31). Vor Immunsuppression, insbesondere vor Einsatz von hochdosierten Steroiden, sollte daher ein Screening mit Serologie durchgeführt werden (30). Zur Vermeidung sollten auch hier Schuhe getragen werden.

Badedermatosen

Nach manch einem Bad im Meer oder einem schönen Badesee kann auch ein unangenehmer Juckreiz auftreten. Häufige Ursache ist die Zerkariendermatitis, hervorgerufen durch die Fehlbesiedelung des Menschen mit Larven (Zerkarien) von verschiedenen Saugwürmern der Familie Schisosomatidae. Diese befallen üblicherweise Wasservögel und -tiere, und können in Süss- und Salzwasser auf der ganzen Welt vorkommen (32). Da Enten typische Endwirte sind, spricht man häufig auch von «Entenflöhen». Schnecken dienen als Zwischenwirt für die Würmer. Die Zerkarien bohren sich beim Baden durch die Haut, können sich jedoch im Menschen nicht weiterentwickeln und sterben ab. Sie können eine entzündliche immunologische Hautreaktion hervorrufen, welche nach Minuten bis Stunden zu starkem Juckreiz, Pusteln oder Quaddeln in exponierten Hautstellen führen kann (33). Der Hautausschlag ist typischerweise an den von Badekleidung unbedeckten Stellen. Antihistaminika und topische Steroide lindern die Beschwerden.
Die Zerkariendermatitis sollte nicht mit der Nesseltierlarven-Dermatitis verwechselt werden. Diese wird durch Larven von bestimmten Seeanemonen und Quallen hervorgerufen, typischerweise beim Baden in suptropischen und tropischen Ozeanen. Die Larven bleiben zwischen Kleidung und Haut haften und durch Druck und Austrocknen werden Toxine frei, wodurch stark juckende Papeln im Bereich der Badekleidung, die sogenannte «sea bathers eruption», hervorgerufen wird (34). Selten können auch systemische Reaktionen wie Fieber und Erbrechen auftreten. Innerhalb von zwei Wochen verschwinden die Exantheme spontan, zur Linderung der immunologischen Reaktion können auch hier Antihistimanika und lokale Steroide verwendet werden (35).

Copyright Aerzteverlag medinfo

Dr. med. Anna Eichenberger

FMH Tropen- und Reisemedizin, FMH Innere Medizin
Universitätsspital Bern, Klinik für Infektiologie
Freiburgstrasse 16p
3010 Bern

anna.eichenberger@insel.ch

Dr. med. Cornelia Staehelin

Universitätsspital Bern, Klinik für Infektiologie
Freiburgstrasse 16p
3010 Bern

cornelia.staehelin@insel.ch

Die Autorinnen haben deklariert, in Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte zu haben.

◆ Häufige medizinische «Reisesouvenirs» sind banal und bleiben asymptomatisch oder verschwinden wieder spontan.
◆ Seeigelstachel können zu bakteriellen Superinfektionen führen oder Granulome hervorrufen, so dass sie wenn möglich rasch mit einer sterilen Nadel entfernt werden sollten.
◆ Um einer Infektion mit Sandflöhen, Strongyloides, den humanen Hakenwürmern (Necator americanus oder Ancylostoma duodenale) oder den tierpathogenen Hakenwürmern Ancylostoma braziliense oder Ancylostoma caninum vorzubeugen, sollte auf barfuss laufen verzichtet werden und sich nicht direkt in den Sand gesetzt werden.
◆ Vor Beginn einer Immunsuppressiven Therapie, insbesondere mit hochdosierten Kortikosteroiden sollte nach Auslandsreisen ein serologisches Screening für Strongyloides durchgeführt werden. Unter hoch dosierter Kortikosteroidtherapie kann eine unbehandelte Strongyloides-Infektion zu einem Hyperinfestationssyndrom führen.

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Diagnose und Therapie der Hypertonie

Bluthochdruck ist in der Schweiz die häufigste in der Arzt­praxis gestellte Diagnose, stellt die Schweizerische Herz­stiftung fest (1). Personen mit hohem Blutdruck sind nicht krank und spüren in der Regel keine Beschwerden. Personen mit Bluthochdruck haben aber ein hohes Risiko zu erkranken: Menschen mit unbehandeltem Bluthochdruck haben je nach Schweregrad ein doppelt bis zehnmal erhöhtes Risiko für Hirnschlag, Herzinfarkt oder Herzinsuffizienz.

Die Praxis des Hausarztes ist der ideale Ort für eine frühzeitige Diagnose und Therapie des Bluthochdrucks. Erfahrungsgemäss benötigen die meisten Hypertoniker eine Kombination von nicht-pharmakologischen und pharmakologischen Strategien zur Erreichung eines normalen Blutdrucks. Dieser Artikel fasst die Themen rund um Bluthochdruck zusammen, die sowohl für Kardiologen als auch für Hausärzte wichtig sind.

Wie wird die Diagnose arterielle Hypertonie bestätigt?

Liegen die Blutdruckwerte bei einer einzigen Messung in der Praxis über 140/90 mmHg, sollen mindestens drei weitere Messungen innerhalb weniger Wochen die erhöhten Blutdruckwerte bestätigen, um sicher zu sein, dass ein Bluthochdruck vorliegt. Eine einzelne Messung oder Messungen, die nicht in Ruhe erfolgen, dienen zur Diagnose nicht. Zudem empfehlen die aktuellen Richtlinien (2, 3) Personen zu motivieren, Blutdruckwerte gemäss schriftlichen Instruktionen zu messen und wenn möglich sollte eine 24-Stunden-Blutdruckmessung erfolgen. Diese Untersuchung hilft spezielle Formen der Hypertonie (wie z.B. Weisskittel- oder die maskierte Hypertonie) zu identifizieren. Zudem kann damit eine nächtliche Hypertonie entdeckt werden.
Bei vielen Patienten ist es aber nicht einfach, die Diagnose zu stellen, weil ihre Blutdruckwerte stark schwanken oder nur in bestimmten Lebenssituationen zu hoch sind. Blutdruckwerte gemessen bei Symptomen (Kopfschmerzen, Angst, Palpitationen…) dürfen nicht mit den Normwerten in Ruhe verglichen werden.
Die normalen Blutdruckwerte sind in Tabelle 1 zusammengefasst.

Abklärungen bei bestätigtem Bluthochdruck

Nach Bestätigung der Diagnose arterielle Hypertonie ist es wichtig, den Grad der Hypertonie zu bestimmen (Tab. 1), eine evtl. vorhandene Ursache des Bluthochdrucks auszuschliessen, das gesamte kardiovaskuläres Risiko zu beurteilen und die möglichen Organschäden zu evaluieren.
Die detaillierten Tests, die zur Diagnose der verschiedenen Formen der sekundären Hypertonie dienen, sind in Tabelle 2 zusammengefasst.

Evaluation des kardiovaskulären Risikos

Zur Ermittlung des gesamten kardiovaskulären Risikos sollen bei jedem Patienten mit arterieller Hypertonie die folgenden zusätzlichen kardiovaskulären Risikofaktoren evaluiert werden: Herz-Kreislauferkrankungen in der Familie, Alter (Männer > 55-jährig, Frauen > 65-jährig), Tabak/Nikotin-Konsum, Adipositas, körperliche Inaktivität, Diabetes mellitus und Dyslipidämie. Als Hilfe dient der AGLA Score (4), der das absolute Risiko berechnet, innerhalb von 10 Jahren ein tödliches Koronarereignis oder einen nicht-tödlichen Myokardinfarkt zu erleiden oder der SCORE der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (5), der das absolute Risiko für einen tödlichen Herzinfarkt innerhalb der nächsten 10 Jahre berechnet.

Hypertonie-bedingter Endorganschaden

Ein 12-Kanal-EKG, Labor (Nierenfunktion und Urinanalyse mit mikroskopischer Urin-Untersuchung), Mikroalbuminurie (Albumin/Kreatinin-Ratio) und Proteinurie sollen bei jedem Patienten mit arterieller Hypertonie gemacht werden. Eine erweiterte Suche nach Hypertonie-bedingtem Endorganschaden soll basierend auf der Anamnese, dem klinischen Untersuch und den folgenden technischen Routine-Untersuchungen durchgeführt werden.
Spezifisch (2, 3):

  • Echokardiographie wird empfohlen bei hypertensiven Patienten mit EKG-Auffälligkeiten oder Symptomen/Befunden einer Herzinsuffizienz und kann erwogen werden, wenn eine linksventrikuläre Hypertrophie das weitere Management beeinflusst.
  • Nierensonografie und Nierenarterien-Doppler sollte erwogen werden bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion, Albuminurie/Proteinurie oder bei Verdacht auf eine sekundäre Hypertonie.
  • Kognitive Funktionstests: sollten bei jedem hypertensiven Patienten über 75 Jahre erwogen werden.

Therapie der arteriellen Hypertonie

Ziel der antihypertensiven Therapie

Ziel der Behandlung von Hypertonikern ist die langfristige Senkung des kardiovaskulären Risikos. Für eine optimale Risikoreduktion ist die Erfassung und Behandlung aller zusätzlichen beeinflussbaren Risikofaktoren notwendig.
Generell gilt, dass der Blutdruck < 140/90 mmHg (Praxismessung) sein soll. Bei den meisten Patienten soll der Blutdruck innerhalb der idealen Range von 120-130/70-80 mmHg gesenkt werden (2, 3).

Änderungen des Lebensstils

Bei jedem Patienten mit arterieller Hypertonie sollen Änderungen des Lebensstils empfohlen werden, unabhängig vom Grad der Hypertonie und des kardiovaskulären Risikos. Diese Faktoren beeinflussen den Zeitpunkt der Anfang einer pharmakologischen Therapie (2, 3). Zusätzlich zu den bekannten Lebensstil-Änderungen (Nikotinabstinenz, Ernährung ohne Salz-Exzess, reich an Früchten und Gemüse, Alkoholeinschränkung, Körperausdauer­training, Gewicht- und Stress-Reduktion) sollen auch weitere Faktoren wie z.B. Lärm- oder Licht-Exposition, Schlafrhythmus berücksichtigt werden.

Pharmakologische Therapie

Fünf verschiedene Klassen von Medikamenten werden als Erstlinien-Behandlung von Bluthochdruck empfohlen: Angiotensin-Converting-Enzym (ACE)-Hemmer, Angiotensin-II-Rezeptorblocker (ARBs), Betablocker, Calciumkanalblocker (CCBs) und Diuretika (Thiazide und Thiazid-ähnliche Diuretika wie Chlortalidon und Indapamid) (2, 3).
ACE-I oder ARBs allein oder in Kombination mit einem Calcium­antagonisten oder einem Diuretikum sind erste Wahl (Thiazid-ähnlich gegenüber Hydrochlorothiazid wird bevorzugt, Schleifendiuretika nur bei eingeschränkter Nierenfunktion). Die Verwendung von Betablockern ist auf spezielle Indikationen beschränkt (2, 3). Medikamente wie Aldosteron-Antagonisten, Alfa-Blocker oder zentrale Antihypertensiva kommen bei therapie-resistenter Hypertonie zum Einsatz.

Welche Patienten mit Hypertonie sollen eine pharmakologische Therapie erhalten und wie schnell soll diese etabliert sein?

Die Entscheidung, eine medikamentöse Therapie einzuleiten, sollte individualisiert werden. Die Patienten sollen in eine solche Entscheidung aktiv involviert werden. Gemäss den ESC/ESH-Richtlinien (3) sollte bei Patienten mit Hypertonie Grad 2 oder 3 die blutdrucksenkende pharmakologische Therapie gleichzeitig mit den Lebensstilveränderungen unverzüglich initiiert werden. Bei Personen mit hoch-normalem Blutdruck oder Hypertonie Grad 1 und sehr hohem kardiovaskulärem Risiko soll eine medikamentöse Therapie oder nach einiger Zeit eine nicht-pharmakologische Therapie eingeleitet werden (Abb. 1).

Bei den meisten Patienten bleibt der Blutdruck unter Monotherapie ausserhalb des Zielbereichs. Zudem hat die Kombinationstherapie mit Medikamenten aus verschiedenen Klassen eine wesentlich stärkere blutdrucksenkende Wirkung als die Verdoppelung der Dosis eines einzelnen Wirkstoffs (6).
Infolgedessen wird in den neuen Richtlinien zur Behandlung von Bluthochdruck vorgeschlagen, die Kombinationstherapie in einem frühen Stadium und, wenn möglich, als Einzelpillen-Kombinations­medikation mit fester Dosis zu verwenden, um die Adhärenz des Patienten zu verbessern (2, 3).
Wenn eine Kombinationstherapie benötigt wird, empfehlen die Guidelines als erstes eine Therapie mit einem langwirksamen ACE-Hemmer oder ARB in Kombination (fix, wenn dies möglich ist) mit einem langwirksamen Dihydropyridin-CCB oder einem Diuretikum. Die Kombination eines ACE-Inhibitors oder ARBs mit einem Thiazid-Diuretikum wird als vorteilhafter angesehen, wenn ein Thiazid-ähnliches Diuretikum (Chlortalidon oder Indapamid) anstelle von Hydrochlorothiazid verwendet wird (3, 7).
Selbst wenn Kopf-an-Kopf-Studien fehlen, legen die verfügbaren Daten nahe, dass Thiazid-ähnliche Diuretika wie Chlortalidon und Indapamid gegenüber klassischen Thiaziddiuretika (z. B. Hydrochlorothiazid und Bendrofluazid) bevorzugt werden sollten (3, 7, 8).
Der nächste Schritt ist die Kombination von RAAS-Blockern, Ca-Antagonisten und Thiazid/Thiazid-ähnlichen Diuretika (3).
Bleibt der Blutdruck unter dieser Dreifachkombinationstherapie unkontrolliert, kann ein Mineralocorticoidrezeptor (MR)-Antagonist (d.h. Spironolacton oder Eplerenon) hinzugefügt werden (9). Bei Patienten mit schwer zu behandelnder/resistenter Hypertonie könnten Betablocker, Alphablocker oder direkte Vasodilatatoren hinzugefügt werden. Im Allgemeinen sollte die gleichzeitige Anwendung von Betablockern und Nicht-Dihydropyridin-CCBs vermieden werden, da beide Wirkstoffklassen die Herzfrequenz senken (3).
Organschäden von Bluthochdruck lassen sich aber nur vermeiden, wenn der Blutdruck dauerhaft und langfristig gesenkt wird. Der Umstand, dass die nicht-pharmakologische/pharmakologische antihypertensive Therapie ein lebenslanger Begleiter sein muss, ist für viele Patienten schwierig zu akzeptieren. Offene Arzt-Patienten Gespräche über die positiven Effekte, Wirkmechanismus und mögliche Nebenwirkungen der Medikamente sowie regelmässigen Kontrollen sind für die zukünftige Adhärenz essentiell.

Folgekontrollen bei Patienten mit Bluthochdruck

Vor und kurzfristig nach Anfang einer antihypertensiven Therapie ist es notwendig, dass die Patienten beim Arzt kontrolliert werden. In diesen Phasen sind die Praxis-Messungen sowie evtl. die 24h Blutdruck Messung für die Diagnose und die Einstellung der Therapie sehr wichtig. Beim Einsatz von gewissen Medikamenten kann auch eine Labor-Kontrolle sinnvoll sein (Kreatinin bei RAAS-Blockern, Kalium bei Diuretika…). Die Häufigkeit der weiteren Kontrollen hängt vom Schweregrad des Bluthochdrucks, der Dringlichkeit Kontrolle des Blutdrucks zu erreichen, und der evtl. vorhandenen Komorbiditäten ab.

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Zweitabdruck des in info@herz+gefäss 3-2021;19-23 erschienen Originalartikels.

Prof. Dr. med. Isabella Sudano

Hypertonie-, Lipid-, Tabakentwöhnungssprechstunde
Kardiovaskuläre Forschung
Universitäres Herzzentrum, Klinik für Kardiologie
UniversitätsSpital Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zürich

isabella.sudano@usz.ch

Consulting fees, travel grant and honoraria from: Amgen, Daiichi Sankyo, Medtronic, MSD, Recordati, Sanofi und Servier

◆ Bluthochdruck ist in der Schweiz die häufigste in der Arztpraxis gestellte Diagnose.
◆ Im Vergleich zu Personen mit normalem Blutdruck erleiden Menschen mit unbehandeltem Bluthochdruck je nach Schweregrad doppelt bis zehnmal so häufig einen Hirnschlag oder Herzinfarkt oder erkranken an Herzinsuffizienz.
◆ Eine korrekte Diagnose erlaubt eine frühzeitige antihypertensiv Therapie, die zur Reduktion dieser Komplikationen, vielen Folgeerkrankungen und Todesfälle dienen kann.
◆ Zur Behandlung des Bluthochdrucks stehen Änderungen des Lebensstils sowie blutdrucksenkende Medikamente: Erfahrungsgemäss benötigen die meisten Patienten die Kombination von nicht-pharma­ko­logischen und pharmakologischen Strategien.

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Streptokokken-Infektionen

Die Streptokokken sind eine Gattung mit mehr als 100 beschriebenen Arten, von denen einige eine hohe medizinische Relevanz besitzen. Diese als Gram-positive, zumeist in Ketten gelagerten Bakterien sind bei vielfältigen Krankheitsbildern anzutreffen und gehören sicher zu den bedeutenden Krankheitserregern im ärztlichen Alltag. Entsprechend vielfältig stellt sich die verfügbare Literatur dar. In der vorliegenden Übersicht werden zu ausgewählten Krankheitsbildern (Tonsillopharyngitis durch Streptococcus pyogenes, «Säuglingsmeningitis » durch Streptococcus agalactiae und Endocarditis durch Gruppe D Streptokokken) die verfügbaren internationalen Leitlinien beleuchtet.

Die Gattungen Streptococcus und Enterococcus sind mit anaeroben Gattungen taxonomisch in der Familie Streptococcaceae zusammengefasst. Kennzeichnendes Merkmal ist ihre mikroskopische Erscheinung in Form von Gram-positiven Kettenkokken (Abb. 1). Das Genus Streptococcus umfasst derzeit 109 valide beschriebene Spezies, von denen nur ein kleiner Teil in der Humanmedizin eine relevante Rolle als Infektionserreger spielt (Tab. 1).


Historisch wurden Streptokokken zunächst auf Grund ihrer Hämolyse auf Blut-haltigen Nährmedien unterschieden. Lancefield teilte später die β-hämolysierenden Streptokokken auf Grund von Kapselantigenen in Gruppen ein. Die Bezeichnungen Gruppe A Streptokokken (GAS) für Streptococcus pyogenes und Gruppe B-Streptokokken (GBS) für Streptococcus agalactiae haben sich bis heute gehalten und werden oft synonym zu den wissenschaftlichen lateinischen Namen verwendet. Während GAS und GBS im Labor relativ einfach mittels massenspektrometrischer Methoden (MALDI-ToF, Tab. 2) anzusprechen sind, ist die exakte Identifizierung der Arten in der Gruppe der Oral- oder vergrünenden Streptokokken nicht immer einfach. Mikrobiologisch werden diese überwiegend im oropharyngealen Raum beheimateten Streptokokken in die Pneumokokken (Streptococcus pneumoniae) und sechs Untergruppen eingeteilt.
Nicht nur mikrobiologisch, auch hinsichtlich der durch sie ausgelösten Krankheitsbilder sehen wir eine grosse Variabilität Streptokokken-assoziierter Infektionen (Tab. 1), weshalb eine Betrachtung der aktuellen Leitlinien eine gewisse Beschränkung erfahren muss. Im Folgenden werden daher die international vorhandenen Leitlinien zur akuten Tonsillopharyngitis (ATP), zum GBS-Screening zur Prävention der Early-onset-Sepsis/Meningitis des Neugeborenen sowie Leitlinien zur Endocarditis mit Blick auf Oralstreptokokken als Erreger diskutiert und zusammengefasst.

GAS-Tonsillopharyngitis

Die weitaus häufigste Manifestation der GAS ist die akute Tonsillopharyngitis (ATP), welche eine gewisse Saisonalität zeigt (1) und in jedem Alter auftreten kann, jedoch bei Kindern im Schulalter die höchste Inzidenz hat (2).
Die Unterscheidung von Pharyngitis, Tonsillitis und Tonsillopharyngitis ist in vielen Fällen nicht einfach, der Schweregrad der Symptomatik kann stark schwanken. Das klassische Symptom der exsudativen Tonsillitis mit vergrösserten, geröteten Mandeln und eitrigem Exsudat, kann oft auch ausbleiben (3). Späte Komplikationen sind in Europa mittlerweile selten (4). Beim Auftreten von Scharlach in Zusammenhang mit der ATP steht die systemische Immunantwort auf die pyrogenen Exotoxine mit den dazugehörigen Symptomen im Vordergrund. Schwere Verlaufsformen sind die nekrotisierende Fasziitis und das Streptokokken-Toxin-Schock-Syndrom (5).
Die Infectious Disease Society of America (IDSA) (2) und die Arbeitsgruppe für akute Halsschmerzen der European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diseases (ESCMID) (6) haben Leitlinien zur diagnostischen Aufarbeitung und dem Management von GAS ATP publiziert, das National Institute for Health and Care Excellence (NICE) (7) zur Antibiotikatherapie bei akuten Halsschmerzen.
In den Leitlinien werden für die Diagnostik der GAS-ATP v.a. das klinische Scoring System nach Centor (CSS) bzw. McIsaac (MSS), die RADTs und die klassische Anreicherungskultur diskutiert (Tab. 2). Der Nachweis mittels NAAT/PCR scheint angesichts der im Vergleich hohen Kosten nicht adäquat (7). Serologische Nachweismethoden – mit Ausnahme des Ausschlusses von ARN und AGF – haben keine Bedeutung.
Die Unterscheidung von echten Infektionen vom Trägerstatus (bis zu 25% der Bevölkerung) (8) stellt eine wesentliche Hürde dar und ist mittels RADTs und NAATs nicht möglich, der klinischen Beurteilung kommt daher die höhere Gewichtung zu. Mittels CSS werden Punkte für definierte Symptome vergeben. Beim Maximum von 4 Punkten beträgt die Wahrscheinlichkeit einer positiven GAS-Kultur 56%, beim Minimumscore hingegen nur 2.5% (9). Das ähnlich aufgebaute MSS bezieht zusätzlich die höhere Wahrscheinlichkeit für eine GAS Infektion bei Kindern ein (10).
Es besteht Konsens darüber, dass die klinische Bewertung nach CSS bzw. MSS nicht zur Diagnosestellung ausreicht. Nur hohe klinische Scores (mind. 3 Punkte) sollten mit RADTs oder Kultur bestätigt werden. RADTs sind aufgrund der sehr kurzen Wartezeit bis zum Resultat vorzuziehen, wobei grosser Wert auf die korrekte Instruktion des Personals und Durchführung gelegt werden muss. Follow-Up Beprobungen nach erfolgter Therapie sind nicht indiziert (2). Der Spontanverlauf einer ATP ist nach wenigen Tagen selbstlimitierend. Die Gabe von Antibiotika verkürzt selbst unter der Voraussetzung guter Compliance lediglich bei 20% der behandelten Patienten die Krankheitsdauer um 16 Stunden (1). Bei
schwer erkrankten Patienten oder Komplikationen sind Penicillin/Amoxicillin Wirkstoffe der Wahl. Unabhängig von der antibiotischen Therapie sollten nichtsteroidale Antiphlogistika zur Symptomlinderung verwendet werden. Hinsichtlich detaillierter Therapieempfehlungen und Optionen für Allergiker sei an dieser Stelle nochmal auf die zuvor erwähnten Leitlinien verwiesen.

GBS Screening der Schwangeren

GBS sind Teil der normalen Darmflora (11). Die vaginale Kolonisationsrate von Schwangeren beträgt in Deutschland ca. 16% (12). Bei 1-2% der GBS-besiedelten Reif- und insbesondere Frühgeborenen treten schwere Infektionen in Form von Sepsis, Meningitis und/oder Pneumonie auf (13, 15) (Tab. 1). Die S2k AWMF Guideline empfiehlt ein GBS-Screening bei Schwangeren mittels kombiniertem Rektal- und Vaginalabstrich in der 35 + 0/7 bis 37 + 0/7 SSW (13). Von tiefen Vaginalabstrichen und Zervikalabstrichen wird abgeraten (13, 14). Für die labordiagnostische Abklärung empfehlen die Guidelines den Einsatz von GBS-Anreicherungsbouillons mit anschliessender Kultur (15, 16, 18).
Ziel des Screenings ist die Infektionen (Tab. 1) wie auch deren Folgen bei Neugeborenen zu verhindern resp. zu verringern. Die Neugeborenen-Sterblichkeit bei EOI und LOI beträgt um 9.4%, die Mortalität bei Reifgeborenen um 6% und bei Frühgeborenen um 18% (14). Die Entscheidung, ob eine IAP (intrapartum antibiotic prophylaxis) nötig ist, wird aufgrund eines erhöhen EOI-Risikos getroffen (14, 17). Risikofaktoren sind die Besiedlung der Schwangeren zum Zeitpunkt der Geburt, GBS-Bakteriurie während der Schwangerschaft, frühzeitiger Blasensprung (≥18h vor Geburt), Frühgeburt, eine vorangegangene Geburt mit einem an GBS erkrankten Kind, erhöhtes CRP der Mutter (>20mg/L), Anzeichen einer intrapartalen Infektion inkl. Chorioamnionitis der Schwangeren (12, 13, 14, 17).
Die klinischen Symptome der EOI stellen sich bei Neugeborenen divers, bei Frühgeborenen oftmals dezenter dar. Ca. 95% der GBS EOI treten innerhalb der ersten 48h nach Geburt auf (13, 19). Liegen entsprechende Symptome vor wird ein Erregernachweis mit anschliessender Antibiotikatherapie (Aminoglykosid kombiniert mit Amoxicillin) empfohlen (19). Zur Diagnose einer EOI, insbesondere einer Sepsis, ist der Erregernachweis aus Blutkulturen (BK) und/oder Liquor nötig. Dabei ist nur eine aerobe BK empfohlen, welche mit mind. 1 ml Blut beimpft werden sollte (13). Bei asymptomatischen Neugeborenen wird eine 48h Infektüberwachung nur bei Vorliegen von GBS-Risikofaktoren bzw. bei Müttern mit Anzeichen einer Chorioamnionitis empfohlen (19).
Der Nutzen laborchemischer Parameter ist insbesondere für die Evaluation eines Therapiestopps nach 36-48h wichtig (13, 19). Empfohlen sind neben der Blutkulturdiagnostik die Bestimmung des kindlichen CRP, IL-6 oder IL-8 und ein Differentialblutbild (13), da eine zu lange Therapie (> 5 Tage) zu vermehrten Todesfällen und nekrotisierender Enterokolitis bei Neugeborenen geführt hat (19).

Endocarditis

Die infektiöse Endokarditis (IE) ist keine homogene Entität, weder klinisch noch mit Blick auf die sie auslösenden Erreger (20). Mikrobiologisch dominieren innerhalb eines weiten Erregerspektrums die Streptococcaceae (21). Als singuläre Spezies gehört Streptococcus gallolyticus subsp. gallolyticus (früher Streptococcus bovis) wohl zu den herausragenden ätiologisch relevanten Spezies der IE (22).
Leitlinien für das Management der Endokarditis werden von der European Society of Cardiology (ESC) zuletzt 2015 (23) und der American Heart Association (AHA) in der revidierten Fassung von 2017 (24) herausgegeben. Daneben existieren weitere Leitlinien europäischer und amerikanischer Fachgesellschaften mit teils spezialisiertem Fokus, die an dieser Stelle nicht weiter besprochen werden. Hingewiesen sei auf die von der Expertengruppe «Infective Endocarditis Prevention» für die Schweiz ganz aktuell überarbeitete Version der Richtlinie für die Antibiotika-Prophylaxe (25).
Vergrünende Oralstreptokokken gehören zu den häufigsten Keimen im Zusammenhang mit IE. Schon das morgendliche Zähneputzen reicht aus, um eine transiente Bakterämie mit Oralstreptokokken hervorzurufen. Zahnmedizinische Eingriffe sind demzufolge nur für einen geringen Anteil der IEs verantwortlich. Eine antimikrobielle Prophylaxe (AM) wird zwar diskutiert, konsequenterweise aber nur bei Eingriffen bei Patienten mit hohem Risiko bzw. bei entsprechend Risiko-assoziierten zahnärztlichen Eingriffen empfohlen (23, 25, 26). Bei Patienten mit mittlerem oder hohem Risiko wird die Sanierung von Urämien bzw. chronischen Hautinfektionen empfohlen, auf den Nutzen der antibiotischen Therapie bei bekannten bakteriellen Infektionen zur IE-Prophylaxe wird hingewiesen (23).
Die Erregerdiagnostik ist Teil einer umfassenden Diagnostik (20, 23). Zum Erregernachweis bei V.a. IE ist die Blutkultur die Methode der Wahl. Diagnostisches Hauptkriterium ist der kulturelle Nachweis in zwei separaten, peripher entnommenen BK-Sets. Empfohlen wird die Abnahme von drei BK-Paaren (je ae und an) in einem Intervall von 30 min vor Beginn der antibiotischen Therapie (23), wobei die Wahrscheinlichkeit des Keimnachweises mit der Anzahl der Paare steigt und bei Abnahme von 4 Paaren bei 100% liegt (27). Da bei der IE der bakterämische Zustand konstant anhält, muss für die Entnahme von BKs keine febrile Phase abgewartet werden (23), hinsichtlich Einzelabnahme vs. Sammelabnahme der BK-Paare ergibt sich kein Unterschied (28). Mit den modernen Automatensystemen ist eine verlängerte Bebrütung (14 oder 21 Tage) nicht mehr erforderlich, eine 5-tägige Bebrütung reicht i.d.R. auch für den Nachweis langsam wachsender Keime (bspw. Cutibacterium sp., früher Propionibacterium) aus. In selten Fällen kann eine Verlängerung von 5 auf 7 Tage in Erwägung gezogen werden. Hervorzuheben ist hingegen das Einhalten der präanalytischen Anforderungen bzgl. Anzahl und Füllvolumen der Flaschen (weder Über- noch Unterfüllung) (28).
Kultur-negative IE (BCNIE) kann je nach Studienlage in ca. 1/3 aller Fälle auftreten. Insbesondere im Hinblick auf die in dieser Übersichtsarbeit relevanten Streptokokken treten BCNIE üblicherweise bei Abnahme der BKs nach Beginn der antibiotischen Therapie auf. In solchen Fällen kann eine eubakterielle PCR sinnvoll sein (23). Eigene Erfahrungen deuten jedoch darauf hin, dass diese nicht aus den BK-Flaschen erfolgen sollte, sondern aus dafür separat abgenommenem EDTA-Blut.


Da die häufigen Erreger der IE incl. der Staphylokokken gleichzeitig auch zu den häufigen Kontaminanten positiver BKs gehören, kann eine kritische Wertung eines positiven BK-Resultats im Sinne einer Abgrenzung zu einer möglichen Kontamination schwierig sein. Daher stellt erst der Nachweis typischer Erreger wie S. gallolyticus ssp. gallolyticus oder Mitglieder der Viridans-Streptokokken in zwei unabhängigen BKs ein Hauptkriterium dar (23). Ein Einzelnachweis, insbesondere ohne Vorliegen weiterer Hauptkriterien ist hingegen vorsichtig zu bewerten. Findet sich in Urinkulturen bei Patienten mit Verdacht auf IE (wiederholt) ein typischerweise als Kontaminant zu klassifizierender Keim aus der Gruppe der Oral- oder Gruppe-D Streptokokken (S. gallolyticus ssp. gallolyticus), kann dies die Bedeutung eines korrespondierenden Keimnachweises aus der BK stärken. Bleiben BKs mit demselben Erreger auch 48-72 Stunden nach Initiation einer eigentlich wirksamen Therapie positiv, stellt dies ein prognostisch ungünstiges Kriterium dar.
Im Zusammenhang mit der chirurgischen Sanierung der IE wird die Suche nach bzw. der Ausschluss von Foci relevant. Entsprechend ist die Erhebung eines Zahnstatus, eine Kolonoskopie bei Patienten mit IE durch S. gallolyticus ssp. gallolyticus, oder die Abklärung spinaler Infektionen wie bspw. Spondylodiscitis zu empfehlen (29).

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

PD Dr. sc. hum. Oliver Nolte

Zentrum für Labormedizin St. Gallen
Humanmedizinische Mikrobiologie
Frohbergstrasse 3
9001 St. Gallen

oliver.nolte@zlmsg.ch

PhD Salome N. Seiffert

Zentrum für Labormedizin St. Gallen
Humanmedizinische Mikrobiologie
Frohbergstrasse 3
9001 St. Gallen

salome.seiffert@zlmsg.ch

Dr. med. vet. Patrick Kindle

Zentrum für Labormedizin St. Gallen
Humanmedizinische Mikrobiologie
Frohbergstrasse 3
9001 St. Gallen

patrick.kindle@zlmsg.ch

Die Autoren geben an, dass in Zusammenhang mit diesem Artikel kein Interessenskonflikt besteht.

◆ Die Gattung Streptococcus umfasst mehr als 100 Arten, von denen wenige eine hohe Bedeutung als Infektionserreger haben.
◆ Gruppe-A-Streptokokken sind die häufigste bakterielle Ursache für eine akute Tonsillopharyngitis, jedoch ist die Unterscheidung von
Infektion und Trägerstatus mit diagnostischen Methoden schwierig, weshalb der klinischen Beurteilung ein hoher Stellenwert zukommt.
Der Spontanverlauf ist meist günstig, Antibiotika sind zurückhaltend einzusetzen.
◆ Gruppe-B-Streptokokken stellen insbesondere für Neugeborene eine potentielle Bedrohung dar. Durch geeignete Massnahmen (GBSScreening und IPA) können schwere Infektionen der Mütter und Neugeborenen (insbesondere die EOI) wie auch deren Folgen verhindert resp. verringert werden.
◆ Streptokokken, insbesondere Oralstreptokokken und S. gallolyticus ssp. gallolyticus, dominieren innerhalb eines weiten Spektrums als
Erreger der Endocarditis. Mikrobiologisch stellt die Blutkultur die wesentliche diagnostische Säule dar, wobei der korrekten Präanalytik
(Anzahl und Füllvolumen der Flaschen) grosse Bedeutung zukommt.

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