Best of EHA 2022 Europäischer Hämatologie-Kongress

Editorial


Hybrid Konferenzen als neuer Goldstandard?

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

nach zweijähriger Pause bot sich im Juni erstmalig wieder die Gelegenheit, nationale und internationale Kolleginnen und Kollegen im Rahmen des diesjährigen EHA Hämatologie Kongresses in Wien zu treffen. Das Kongresszentrum war recht gut gefüllt und viele nutzten die Chance, den persönlichen Kontakt wieder aufzugreifen. Der Kongress wurde erfreulicherweise parallel durch eine online Plattform im sog. Hybridkonzept unterstützt. Somit war es den einzelnen Teilnehmerinnen und Teilnehmer überlassen, sich entweder vor Ort zu treffen und den persönlichen Austausch zu führen oder doch von zu Hause bzw. dem Büro aus ohne Reisestress und in einer ruhigen Atmosphäre den Inhalten des Kongresses zu folgen. Aus meiner Sicht sollte dieses Konzept in Zukunft beibehalten werden und damit allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern eine höhere Flexibilität der persönlichen Fortbildung, interaktiven Kommunikation aber auch, falls gewünscht, Reisetätigkeit in andere Länder ermöglichen.

Der diesjährige EHA Kongress wies ein hohes wissenschaftliches Niveau auf und ich möchte, ohne den Autoren dieses Heftes vorgreifen zu wollen, kurz meine Highlights vorstellen. Es wurden viele Studien vorgestellt, die uns neue Entwicklungen in der Hämatologie aufzeigen als auch die Möglichkeit geben, unsere Patientinnen und Patienten besser, d.h. mit höheren Ansprechraten oder auch weniger Nebenwirkungen effektiv zu behandeln.

1. Auf dem Gebiet der indolenten Lymphome bzw. chronisch lymphatischen Leukämie zeigt sich zum einen, dass die Kombination aus Immuntherapie (CD20 Antikörper) und gezielter Therapie wie zum Beispiel BCL2 Inhibitoren eine zeitlich begrenzte Therapie bei fitten (GAIA/CLL13 Studie) als auch sog. co-morbiden Patienten (CLL14 Studie) ermöglichen. Zudem haben wir inzwischen verschiedene Kombinationsmöglichkeiten aus CD20 spezifischem Antikörper, BTK Inhibitor (BTKi) und BCL2 Inhibitor, um ein tiefes molekulares Ansprechen mit einer zeitlich befristeten Behandlung zu erreichen.

2. Recht kontrovers wurde die SHINE Studie in der Erstlinientherapie älterer Mantelzell Lymphom (MCL) Patientinnen bzw. Patienten diskutiert. Es zeigte sich durch die Hinzunahme des BTKi Ibrutinib zur Immun-Chemotherapie aus Rituximab und Bendamustin (R-B) eine signifikante Verlängerung des Progressions-freien Überlebens (PFS) um mehr als zwei Jahre im Vergleich zum Kontrollarm (R-B). Vor Ort als auch in den Internetforen wurde intensiv darüber gestritten, ob bei Ausbleiben eines Gesamtüberleben (OS) Benefits diese Therapie nun in der vorliegenden Indikation standardmässig eingesetzt werden sollte. Ich denke, dass neben der Verfügbarkeit der Medikamente auch individuelle Charakteristika (insbesondere Komorbiditäten) der Patientinnen und Patienten Berücksichtigung finden sollten.

3. Eine ähnliche Diskussion ergab sich nach Präsentation der DETERMINATION Studie zur Erstlinientherapie fitter Myelompatientinnen bzw. -patienten. Die Studie zeigte, dass nach VRd Induktionstherapie und anschliessender konsolidierender Hochdosistherapie mit autologem Stammzellsupport gefolgt von einer zeitlich unbefristeten Lenalidomid-Erhaltungstherapie eine im Vergleich zum experimentellen Arm (d.h. ohne Hochdosistherapie mit autologem Stammzellsupport) signifikante PFS Verlängerung (auf 67 Monate) zu erzielen ist. Somit können unsere fitten Patientinnen und Patienten in erster Therapielinie im Schnitt 5,5 Jahre bis zur Progression leben. Da auch in dieser Studie kein OS Vorteil erzielt wurde, war die Diskussion ähnlich zur gerade zitierten SHINE Studie und es Bedarf m.E. einer Abwägung und ausführlichen Patientenaufklärung bzgl. eines generellen Einsatzes dieses Behandlungskonzeptes.

4. Erneut beeindruckend sind die Entwicklungen beim Multiplen Myelom und anderen B-Zell Lymphomen auf dem Gebiet der zellulären als auch Antikörper basierten Immuntherapie. So wurden Aktualisierungen zur CAR-T-Zelltherapie (z.B. ZUMA-7) präsentiert, aber auch neue Studiendaten zum Einsatz bispezifischer Antikörper wie Glofitamab bzw. Epcoritamab beim aggressiven B-Zell Lymphom oder auch Teclistamab beim Multiplen Myelom. Diese in der Regel ambulant durchzuführenden Antikörpertherapien zeigen hohe Ansprechraten mit deutlicher PFS Verlängerung bei akzeptabler Toxizität und stellen eine wesentliche Erweiterung unseres Behandlungsspektrum dar.

5. Besonders erfreut war ich zu sehen, dass es bei der akuten myeloischen Leukämie Studiengruppen gibt, die sich bei fitten Patienten ≥ 60 Jahre in der Erstlinientherapie trauen, das Standard Chemotherapieregime (sogenanntes 3+7 Regime, IC) mit einem Chemotherapie-freien Regime in Form einer hypomethylierenden Substanz (Decitabine, DEC) als Induktionstherapie vor geplanter allogener Stammzelltransplantation (HSCT) herauszufordern. Der Mut der Studiengruppe wurde belohnt, und DEC führte zu einer ähnlichen OS- und HSCT-Rate, aber im Vergleich zu IC bei einem deutlich besseren Sicherheitsprofil.

Ich hoffe, mit meiner persönlichen Stellungnahme Ihr Interesse an den nun folgenden detaillierten Studienzusammenfassungen geweckt zu haben und wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen

Dr. med. Christoph Renner

Akute myeloische Leukämie

Granulocyte Colony-Stimulating Factor (G-CSF) im Therapiemanagement bei neu diagnostizierter AML

Akute myeloische Leukämie (AML) hat eine schlechte Prognose und tritt vor allem bei älteren Patienten auf, für die eine intensive Chemotherapie aufgrund der Nebenwirkungen oft nicht in Frage kommt [1]. Am diesjährigen Kongress der European Hematology Association (EHA) vom 9. bis12. Juni in Wien wurden neue Daten zum Management von hämatologischen Nebenwirkungen bei Venetoclax-basierter Behandlung von Patienten mit neu diagnostizierter AML gezeigt [2].

AML ist eine aggressive hämatologische Malignität mit schlechter Prognose, die vor allem ältere und komorbide Patienten betrifft, für die eine intensive Chemotherapie häufig nicht möglich ist. Mildere Behandlungsoptionen wie Azacitidin (Aza), Decitabin (Dec) oder niedrig-dosiertes Cytarabin (LDAC) sind besser verträglich, zeigen aber meist nur einen geringen Benefit [1]. Zur Behandlung von Patienten, die nicht für eine intensive Chemotherapie in Frage kommen, kann der B-Zell-Lymphom-2 (BCL2)-Inhibitor Venetoclax (Ven) angewendet werden [3]. In randomisierten, doppelblinden Phase-3-Studien erreichte dieser in Kombination mit Aza oder Dec (VIALE-A) sowie in Kombination mit LDAC (VIALE-C) ein gutes Ansprechen [1, 4]. Eine mögliche Nebenwirkung der Behandlung ist Myelosuppression mit Neutropenie, Anämie und Thrombozytopenie als Folge, was einen Therapieunterbruch auslösen kann.
Granulocyte Colony-Stimulating Factor (G-CSF) wird nach Ermessen des behandelnden Arztes eingesetzt, diesen unerwünschten Ereignissen entgegenzuwirken [5]. Am EHA-Kongress wurden Daten zum Einfluss von G-CSF auf die AML-Behandlung vorgestellt.

G-CSF nach Remission unter Venetoclax-basierter Therapie
In der VIALE-A Studie erreichten 190 der 286 Patienten unter Ven + Aza eine komplette Remission oder eine komplette Remission mit unvollständiger Erholung (CR/CRi). Die Hälfte dieser Patienten erhielt median 36 Tage nach Eintreten der Remission G-CSF. In der VIALE-C Studie wurden 43 % der Patienten, die unter Ven + LDAC ein CR/CRi zeigten, mit G-CSF behandelt (Tabelle). Hier betrug die mediane Zeit zum ersten G-CSF Gebrauch nach Remission 30 Tage. Der Einfluss auf die Dauer des Ansprechens (DOR), das mediane Gesamtüberleben (mOS) und die Rate sowie die Dauer von Neutropenie und febriler Neutropenie ≥ 3. Schweregrades wurde untersucht [2].

Kein negativer Einfluss von G-CSF auf DOR und OS
In der Studie VIALE-A betrug die 12-monatige DOR bei Patienten unter Ven + Aza + G-CSF 67 % respektive 53 % bei Patienten unter Ven+Aza, die kein G-CSF erhalten hatten. In der In VIALE-C Studie mit Patienten unter Ven + LDAC lag dieser Wert bei 45 % respektive 49 %. Das 12-monatige OS in VIALE-A war 83 % bei Patienten, die G-CSF erhielten, und 71 % bei denen ohne diese Form des Therapiemanagements. Unter Ven + LDAC + G-CSF lag die erwartete 12-monatige OS-Rate in VIALE-C bei 68 % und ohne G-CSF bei 57 % (Tabelle).


Neutropenie und febrile Neutropenie ≥ 3. Schweregrades traten mit 33 % und 39 % respektive 29 % und 20 % bei Patienten unter Ven + Aza auf, die G-CSF respektive kein G-CSF erhielten. Die mediane Dauer der Nebenwirkungen betrug 12,5 und 8 Tage mit G-CSF respektive 16 und 10,5 Tage ohne G-CSF-Behandlung. In VIALE-C betrug die Rate von Neutropenie und febriler Neutropenie 53 % und 23 % respektive 51 % und 8 % bei Patienten mit respektive ohne G-CSF Behandlung. Die mediane Dauer der Nebenwirkungen war 15 und 6 Tage respektive 12,5 und 29 Tage [2].

Fazit
In den Phase-3-Studien VIALE-A und VIALE-C wurde G-CSF regelmässig zum Management von Neutropenie angewendet und zeigte keinen negativen Einfluss auf das Gesamtüberleben und die Ansprechdauer unter Venetoclax-basierten Kombinationstherapien. Zudem war unter G-CSF ein Trend in Richtung verkürzte Dauer der Neutropenie und der febrilen Neutropenie ≥ 3. Schweregrades nach Erreichen von Remission erkennbar [2]. Die Ergebnisse dieser Analysen können dazu beitragen, das Management Venetoclax-basierter AML-Therapien weiter zu optimieren.

red.

Literatur:
1. DiNardo CD et al. Azacitidine and Venetoclax in Previously Untreated Acute Myeloid Leukemia. N Engl J Med, 2020. 383(7): p. 617-629.
2. DiNardo et al., The Impact of Post-Remission Granuloyte Colony-Stimulating Factor Use in the Phase 3 Studies of Venetoclax Combination Treatments in Patients with Newly Diagnosed Acute Myeloid Leukemia. Presented at
EHA-congress in Vienna, Austria, June 2022. P510.
3. Aktuelle Fachinformation Venclyxto®. www.swissmedicinfo.ch.
4. Wei AH et al. Venetoclax plus LDAC for newly diagnosed AML ineligible for intensive chemotherapy: a phase
3 randomized placebo-controlled trial. Blood, 2020. 135(24): p. 2137-2145.
5. Richard-Carpentier G et al. Venetoclax for the treatment of newly diagnosed acute myeloid leukemia in patients who are ineligible for intensive chemotherapy. Ther Adv Hematol, 2019. 10: p. 2040620719882822.

Up-Front GIV oder GV beim CLL: PFS im Vergleich zur Standard-CIT verbessert

Venetoclax mit fester Dauer plus Obinutuzumab (GV) up-Front ist zu einer der Standardbehandlungen beim CLL mit geringerem Risiko geworden. Darüber hinaus haben Dreifachkombinationen mit BTK-Inhibitoren in Phase-II-Studien vielversprechende Ergebnisse gezeigt. Die GAIA/CLL13-Studie bewertete die Wirksamkeit und Sicherheit von drei zeitlich begrenzten, auf Venetoclax basierenden Erstlinientherapien im Vergleich zu Chemoimmunotherapie (CIT) bei fitten Patienten mit CLL. Die am ASH 2021 vorgestellte MRD-Analyse als einer von zwei primären Endpunkten der GAIA/CLL13-Studie, zeigte hohe Raten nicht nachweisbarer MRD (uMRD) im peripheren Blut (PB) bei Patienten mit GV (86,5 %) oder GV+Ibrutinib (GIV) (92,2 %) im Vergleich zu CIT (52,0 %; p < 0,0001 für beide Vergleiche).

Therapie:

  • sechs CIT-Zyklen (FCR für Patienten ≤65 Jahre; BR für Patienten >65 Jahre) oder
  • V und Rituximab,
  • V und Obinutuzumab,
  • V, Obinutuzumab und Ibrutinib.

Der zweite co-primäre Endpunkt wurde erreicht, da GIV im Vergleich zu CIT ein überlegenes PFS zeigte (p < 0,0001)

  • überlegenes PFS auch für GV vs. CIT (p < 0,0001),
  • PFS nicht signifikant verschieden zwischen RV und CIT.
  • 3-Jahres-PFS-Raten: 90,5 % (GIVe); 87,7 % (GV); 80,8 % (RV); 75,5 % (CIT).
  • Weitere 3-Jahres-PFS-Raten:
  • nicht mutiertes IGHV: 86,6 % (GIV), 82,9 % (GV), 76,4 % (RV) und 65,5 % (CIT) mutiertes IGHV: 96,0 % (GIV), 93,6 % (GV), 87,0 % (RV) und 89,9 % (CIT).
  • In allen Behandlungsarmen wurden ähnliche OS-Raten beobachtet.

Es wurden keine größeren Unterschiede bei den hämatologischen Nebenwirkungen zwischen allen vier Armen beobachtet. Infektionen der CTC-Grade 3-4 waren häufiger bei GIV (21,2 %) oder CIT (18,5 %) versus GV (13,2 %) oder RV (10,5 %). Sekundäre Neoplasien traten häufiger bei CIT (36 Pat.) auf als bei den Armen GV, GIV, RV (23, 24, 21 Pat.). Tödliche UE schliesslich gab es bei jeweils 9 Patienten mit GV und GIV, 10 mit CIT und 8 mit RV.

Fazit

Die Autoren kommen zum Schluss, dass die zeitlich begrenzte Behandlung mit GIV oder GV das PFS im Vergleich zur Standard-CIT bei fitten, zuvor unbehandelten Patienten mit CLL verbessert.

TF
TIME-LIMITED VENETOCLAX-OBINUTUZUMAB +/- IBRUTINIB IS SUPERIOR TO CHEMOIMMUNOTHERAPY IN FRONTLINE CHRONIC LYMPHOCYTIC LEUKEMIA (CLL): PFS CO-PRIMARY ENDPOINT OF THE RANDOMIZED PHASE 3 GAIA/CLL13 TRIAL

EHA Library Eichhorst B. 06/12/22; 366209; LB2365

DA-EPOCH-R beim BL: Signifikant weniger infektiöse Komplikationen, Transfusionen und Krankenhausaufenthaltstage

Die Behandlung mit einer hochdosierten Chemotherapie mit mehreren Wirkstoffen wie R-CODOX-M/R-IVAC ist beim Hochrisiko-Burkitt-Lymphom (BL) wirksam (2-Jahres-PFS 64-71 %). Dies geht allerdings laut den Studienautoren auf Kosten einer erheblichen Toxizität und eines langen Krankenhausaufenthalts. DA-EPOCH-R hat in einer Phase-II-Studie ein günstiges 2-Jahres-PFS von 85 % und weniger Toxizität gezeigt. Hier präsentieren die Autoren die ersten Ergebnisse einer randomisierten Studie zum Vergleich von R-CODOX-M/R-IVAC mit DA-EPOCH-R (EudraCT2013-004394-27).

Die Studie war darauf ausgelegt, eine Verbesserung des 2-Jahres-PFS (primärer Endpunkt) von 70 % mit R-CODOX-M/R-IVAC (Arm A) auf 85 % mit DA-EPOCH-R (Arm B) bei Patienten mit neu aufgetretener BL diagnostiziert. Eingeschlossen wurden Patienten (18-75 Jahre) mit neu diagnostiziertem (sporadischem und HIV-assoziiertem) Hochrisiko-BL. Sie erhielten:

  • 2 Zyklen R-CODOX-M/R-IVAC oder
  • 6 Zyklen DA-EPOCH-R.
  • Alle Patienten erhielten eine intrathekale ZNS-Prophylaxe.

In Arm A brachen 9/43 (21 %) Patienten die Behandlung ab (Grund: 4 übermäßige Toxizität, 3 Progression, 1 Verweigerung, 2 Tod (1 BL, 1 Sepsis)) vs. 4/41 (10 %, Grund: 3 Progression, 1 Tod (COVID)) in Arm B. Die häufigsten SUE waren infektiöse Komplikationen (73 %) in Arm A gegenüber (46 %) in Arm B (p = 0,04).

In Arm A erhielten die Patienten im Median 2 (0–37) Thrombozytentransfusionen und 5 (0–28) Erythrozytentransfusionen gegenüber 0 (0–6) und 1 (0–17) in Arm B (beide p < 0,01). In Arm A wurden die Patienten 46 Nächte (Mittelwert 1–99) im Vergleich zu 25 Nächten (4–78) in Arm B (p < 0,01) stationär behandelt.

Fazit
Dies ist laut den Studienautoren die erste multizentrische randomisierte Studie, die zwei verschiedene Chemotherapieschemata bei BL vergleicht. Die Studie
wurde vorzeitig beendet. Die Behandlung mit DA-EPOCH-R führte zu vergleichbaren CMR- und Überlebensraten wie R-CODOX-M/R-IVAC. Allerdings gab es signifikant weniger infektiöse Komplikationen, Transfusionen und Krankenhausaufenthaltstage.

TF

EVOLUTIONARY LANDSCAPE OF CLONAL HEMATOPOIESIS REVEALED BY LONGITUDINAL R-CODOX-M/R-IVAC VERSUS DOSE-ADJUSTED(DA)-EPOCH-R IN PATIENTS WITH NEWLY DIAGNOSED HIGH-RISK
BURKITT LYMPHOMA; FIRST RESULTS OF A MULTI-CENTER RANDOMIZED HOVON/SAKK TRIAL.

EHA Library Chamuleau M. 06/12/22; 366213; LB2370 .

Asciminib als neue CML-Therapie hat das Potenzial, die Standardbehandlung zu verändern

In der ASCEMBL-Primäranalyse hatte der BCR::ABL1-Inhibitor Asciminib eine überlegene Wirksamkeit und bessere Sicherheit/Verträglichkeit gegenüber Bosutinib (BOS) bei der CML in der chronischen Phase (CML-CP) nach ≥ 2 vorherigen Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKIs) gezeigt. Die MMR-Rate in Woche 24 lag bei 25,5 % unter Asciminib vs. 13,2 % unter BOS; der Unterschied in den MMR-Raten nach Adjustierung für die MCyR lag zu Studienbeginn bei 12,2 %. Unter Asciminib gab es weniger unerwünschte Ereignisse (AEs) vom Grad ≥ 3 und UEs auf, die zu einem Behandlungsabbruch führten. Nach einem medianen Follow-up (FU) von 2,3 Jahren (16,5 Monate zusätzliches FU seit der Primäranalyse) berichten die Autoren nun über aktualisierte Wirksamkeits- und Sicherheitsergebnisse bei Erwachsenen mit CML-CP nach ≥ 2 vorherigen TKIs, mit Intoleranz oder fehlender Wirksamkeit gemäß den Empfehlungen des European LeukemiaNet von 2013.

Therapieschema:

  • Sie wurden im Verhältnis 2:1 auf Asciminib 40 mg zweimal täglich (n=157) oder BOS 500 mg einmal täglich (n=76) randomisiert, stratifiziert nach MCyR-Ausgangsstatus (Ph+ Metaphasen ≤ 35 %).

Das wichtigste sekundäre Ziel wurde erreicht:

  • MMR-Rate in Woche 96 (per ITT): Asciminib 37,6 %, BOS 15,8 %.
  • MMR-Rate in Woche 96 mit Asciminib in allen demografischen und prognostischen Subgruppen, einschließlich aller vorherigen TKI-Therapielinien, und unabhängig vom Grund für das Absetzen des letzten TKI durchweg höher als BOS.
  • Die mediane Zeit bis zum Therapieversagen betrug 24 Monate unter Asciminib und 6 Monate unter BOS.

Asciminib zeigte weiterhin nach über 2 Jahren FU eine klinisch und statistisch signifikante, überlegene Wirksamkeit und bessere Sicherheit/Verträglichkeit verglichen mit BOS. Das Ansprechen war dauerhaft und die MMR war unter Asciminib mehr als doppelt so hoch wie die BOS. Der Unterschied in den MMR-Raten zwischen den 2 Armen nahm von 12,2 % in Woche 24 auf 21,7 % in Woche 96 zu. Mehr Patienten hatten BCR::ABL1IS ≤ 1 %. Dies ist ein Meilenstein-Ansprechen in späteren Linien und ist mit einem verbesserten Langzeit-Überleben verbunden. Diese Ergebnisse unterstützen gemäss den Studienautoren die Verwendung von Asciminib als neue CML-Therapie mit dem Potenzial, die Standardbehandlung zu verändern.

TF
EFFICACY & SAFETY RESULTS FROM ASCEMBL, A PHASE 3 STUDY OF ASCIMINIB VS BOSUTINIB IN
PATIENTS WITH CML IN CHRONIC PHASE AFTER ≥2 PRIOR TYROSINE KINASE INHIBITORS: WK 96 UPDATE

EHA Library Rea D., et al. Jun 12, 2022; 357019; S155

Bestätigte Rolle von G-Chemo als Behandlungsstandard für die Erstlinienbehandlung beim FL Bestätigte Rolle von G-Chemo als Behandlungsstandard für die Erstlinienbehandlung beim FL

Obinutuzumab (G) verfügt über eine bessere direkte antikörperabhängige zelluläre Zytotoxizität und antikörperabhängige Phagozytose als Rituximab. Die Sicherheit und Wirksamkeit von G-Chemo gegenüber R-Chemo wurde zuvor beim unbehandelten FL im fortgeschrittenen Stadium in der randomisierten Phase-III-Studie GALLIUM (NCT01332968) untersucht. In der Primäranalyse zeigte G-Chemo eine signifikante Verbesserung des progressionsfreien Überlebens (PFS) im Vergleich zu R-Chemo mit einem überschaubaren Sicherheitsprofil (Marcus, et al. 2017); dieser Wirksamkeitsvorteil hielt nach 5 Jahren Beobachtung an (Townsend, et al. 2020).

Hier stellen die Autoren die endgültige Analyse der GALLIUM-Studie bei Patienten mit zuvor unbehandeltem histologischem FL Grad 1–3a vor.

Die Patienten wurden 1:1 randomisiert und erhielten:

  • 1000 mg G intravenös (IV; Tage [D] 1, 8 und 15 von Zyklus 1 und D1 der nachfolgenden Zyklen) oder R 375 mg/m2 IV (D1 jedes Zyklus) plus Chemo für 6 oder 8 Zyklen abhängig von dem an jeder Institution ausgewählten Chemo-Grundgerüst.
  • bei vollständigem oder teilweisem Ansprechen alle 2 Monate für 2 Jahre oder bis zur Krankheitsprogression (PD) Erhaltungstherapie mit demselben Antikörper.

Behandlungsergebnisse:

  • 7-Jahres-PFS mit G-Chemo (63,4 %) versus R-Chemo (55,7 %; Hazard Ratio [HR] 0,77; 95 % Konfidenzintervall [KI]: 0,64–0,93; p = 0,006; Abbildung) verbessert.
  • TTNLT war auch mit G-Chemo gegenüber R-Chemo verbessert (HR, 0,71; 95 % KI: 0,58–0,87; p = 0,001);
  • Anteil der Patienten, die ihre nächste Behandlung nach 7 Jahren noch nicht begonnen hatten: 74,1 % bzw. 65,4 %.
  • Eine Krankheitstransformation wurde bei 4,2 % der Patienten mit G-Chemo und bei 5,0 % der Patienten mit R-Chemo beobachtet.
  • 7-Jahres-OS in beiden Armen ähnlich, 88,5 % mit G-Chemo versus 87,2 % mit R-Chemo (HR 0,86; 95 % KI: 0,63–1,18; p = 0,36).
  • Mortalität: 75 Patienten im G-Chemo-Arm, 86 Patienten im R-Chemo-Arm, am häufigsten aufgrund von PD (4,2 % bzw. 6,0 %).

Verträglichkeit:

  • Inzidenz schwerwiegender UE (SUE): 48,9 % bei G-Chemo und 43,4 % bei R-Chemo.
  • Zweitmalignome: Raten zwischen den Armen sind ähnlich.
  • Diese Sicherheitsergebnisse stimmen mit früheren Analysen überein.

Nach einer medianen Beobachtungszeit von 8 Jahren wurde laut den Studienautoren eine signifikante Verbesserung des PFS mit G-Chemo im Vergleich zu R-Chemo bei Patienten mit zuvor unbehandeltem FL aufrechterhalten. Dies bestätigt die Rolle von G-Chemo als Behandlungsstandard für die Erstlinienbehandlung beim FL.

TF
Obinutuzumab plus chemotherapy demonstrates long-term benefit over rituximab plus chemotherapy in patients with previously untreated follicular lymphoma, final analysis of the gallium study

EHA Library Townsend W., et al. Jun 11, 2022; 357070; S206

Tisagenlecleucel weiterhin potenziell kurative Behandlungsoption für pädiatrische Patienten und junge Erwachsene mit R/R B-ALL

R/R B-ALL ist bei pädiatrischen Patienten und junge Erwachsene mit einer abnehmenden Heilungswahrscheinlichkeit und zunehmender Morbidität gekennzeichnet. Tisagenlecleucel ist eine autologe CD19-gerichtete CAR-T-Zelltherapie, die für die Anwendung bei diesen Patienten mit B-ALL sowie Erwachsenen mit B-Zell-Lymphomen zugelassen ist. Es führte bei Kindern und jungen Erwachsenen mit R/R B-ALL in der zulassungsrelevanten, offenen, multizentrischen, globalen Phase-II-Studie ELIANA (NCT02435849) zu hohen Remissionsraten (> 80 %), wobei 62 % der Responder nach 24 Monaten rezidivfrei blieben (Grupp et al., Blood, 2018).

Hier berichten die Autoren über die abschließenden Wirksamkeits- und Sicherheitsanalysen bei 79 von 97 eingeschlossenen Patienten, die bis zu 5,9 Jahre nach der Tisagenlecleucel-Infusion nachbeobachtet wurden (64 Patienten mit FU von ≥ 5 Jahren). Das Durchschnittsalter lag bei Studieneintritt bei 11 Jahren (Bereich 3–24) mit einem Median von 3 vorherigen Therapielinien (Bereich 1-8) und in 61 % mit einer früheren Stammzelltransplantation (SCT).

Behandlungsergebnisse:

  • ORR (vollständige Remission [CR] oder CR mit unvollständiger hämatologischer Erholung innerhalb von 3 Monaten nach der Infusion): 82 % (95 % KI, 72–90).
  • Bei Patienten in Remission (CR/CRi): 5-Jahres-RFS-Rate 49 % (95 %-KI, 34–62),
  • Median RFS nicht erreicht (46,8 Monate bei Zensierung für SCT; n = 15).
  • mediane Zeit bis zur Erholung der B-Zellen: 38,6 Monate (95 % KI, 23 – nicht erreicht)
  • Wahrscheinlichkeit einer B-Zell-Aplasie nach 6 Monaten und 12 Monaten: 83 % (95 % KI, 71–91) und 71 % (95 % KI, 57–82).
  • Patienten mit B-Zell-Erholung (< 6 Monate, n = 10; 6–12 Monate, n = 4; > 12 Monate, n = 7) mit einer kumulativen Rückfallinzidenz von 25,2 % über 2 Jahre (wobei SCT als konkurrierendes Risiko behandelt wurde).
  • Bei allen Patienten 5-Jahres-EFS- und OS-Raten 42 % (95 % KI, 29–54) bzw. 55 % (95 % KI, 43–66).

Diese >5-jährige Nachbeobachtungsstudie zeigt laut den Autoren die anhaltende dauerhafte Wirksamkeit von Tisagenlecleucel ohne späte Nebenwirkungen bei stark vorbehandelten pädiatrischen und jungen erwachsenen Patienten mit R/R B-ALL. Damit stellt Tisagenlecleucel nach Ansicht der Autoren weiterhin eine potenziell kurative Behandlungsoption für pädiatrische Patienten und junge Erwachsene mit R/R B-ALL dar.

TF
Tisagenlecleucel in pediatric and young adult patients (pts) with relapsed/refractory (r/r)
b-cell acute lymphoblastic leukemia (b-all): final analyses from the eliana study

EHA Library Rives S. et al. Jun 12, 2022; 356977; S112

1-Jahres-Ven-Obi-Therapie weiterhin wirksame Option mit fester Dauer für die CLL und Begleiterkrankungen

Venetoclax-Obinutuzumab (Ven-Obi) fest auf ein Jahr gegeben verbessert gemäss der CLL14-Studie das PFS signifikant verglichen mit Chlorambucil-Obinutuzumab (Clb-Obi) bei zuvor unbehandelter CLL. Das Ziel dieses Berichts ist es, aktualisierte Wirksamkeits- und Sicherheitsdaten aus der laufenden Nachbeobachtung der CLL14-Studie bereitzustellen, wobei alle Patienten seit ≥ 4 Jahren von der Studienbehandlung ausgeschlossen wurden.

Therapieschema und Studienziele
Von den 432 eingeschlossenen Patienten wurden 216 nach dem Zufallsprinzip Ven-Obi und 216 Clb-Obi zugeteilt. Bei einer aktuellen medianen Nachbeobachtungszeit von 65,4 Monaten (Interquartilbereich 52,6–69,4) blieb das

  • PFS für Ven-Obi im Vergleich zu Clb-Obi signifikant überlegen (Median nicht erreicht vs. 36,4 Monate; Hazard Ratio [HR] 0,35 [95 % KI 0,26–0,46], p<0,0001).
  • 5 Jahre nach der Randomisierung betrug die geschätzte PFS-Rate 62,6 % nach Ven-Obi und 27,0 % nach Clb-Obi.
  • Insgesamt 52 Fälle von PD mit 28 erforderlichen Zweitlinienbehandlungen im Ven-Obi-Arm und 132 mit 86 Zweitlinienbehandlungen im Clb-Obi-Arm.
  • TTNT nach Ven-Obi signifikant länger (5-Jahres-TTNT 72,1 % vs. 42,8 %; HR 0,42, 95 %-KI 0,31–0,57, p < 0,0001).

Vier Jahre nach Abschluss der Behandlung zeigten

  • 39 (18,1 % der Intention-to-treat-Population) Patienten im Ven-Obi-Arm immer noch uMRD,
  • 5 Jahre nach der Randomisierung geschätzte OS-Rate 81,9 % im Ven-Obi-Arm und 77,0 % im Clb-Obi-Arm (HR 0,72 [0,48-1,09], p = 0,12).
  • Sekundäre primäre Malignome bei 44 (20,8 %) Patienten im Ven-Obi-Arm und 32 (15,0 %) im Clb-Obi-Arm.
  • Es wurden keine neuen Sicherheitssignale beobachtet.

Laut den Studienautoren bestätigen diese Daten vier Jahre nach Therapieende einen Verbleib in Remission für über 60 % der Patienten, die Ven-Obi mit fester Dauer von 1 Jahr erhalten hatten. Die Mehrheit, benötigte immer noch keine Zweitlinie der CLL-Therapie. Somit ist für die Autoren die 1-Jahres-Ven-Obi-Therapie weiterhin eine wirksame Option mit fester Dauer für Patienten mit CLL und Begleiterkrankungen, auch bei Hochrisikoerkrankungen.

TF

VENETOCLAX-OBINUTUZUMAB FOR PREVIOUSLY UNTREATED CHRONIC LYMPHOCYTIC LEUKEMIA: 5-YEAR RESULTS OF THE RANDOMIZED CLL14 STUDY

EHA Library Al-Sawaf O., et al. Jun 12, 2022; 357012; S148

CTX001 hat Potenzial für erste CRISPR/Cas9-basierte Therapie zur funktionellen Heilung von Beta-Thalassämie (TDT) und schwerer Sichelzellen Anämie (SCD)

Die Autoren zitieren frühe Daten aus den zulassungsrelevanten Studien CLIMB THAL-111 (NCT03655678) und CLIMB SCD-121 (NCT03745287), die zeigten, dass eine Einzeldosis von CTX001 HbF und Gesamt-Hb ausreichend erhöhte, um Transfusionen von roten Blutkörperchen und vaso-okklusiv Krisen (VOC) zu eliminieren.

Sie präsentieren einen Bericht über Wirksamkeits- und Sicherheitsdaten der ersten 75 Patienten, denen CTX001 in den laufenden Studien CLIMB THAL-111 und CLIMB SCD-121 verabreicht wurde.

Nach der CTX001-Infusion transplantierten alle Patienten Neutrophile und Tc.

Die mediane Zeit bis zur Anreicherung von Neutrophilen und Tc lag bei 29 bzw. 43 Tagen bei Patienten mit TDT und 27 bzw. 32 Tagen bei Patienten mit SCD. 42 von 44 Patienten mit TDT beendeten die Erythrozytentransfusionen.
Patienten mit TDT und SCD mit einer Nachbeobachtungszeit von ≥ 1 Jahr wiesen stabile Anteile bearbeiteter BCL11A-Allele in CD34+-HSPCs im Knochenmark und mononukleären Zellen des peripheren Bluts auf.

Fazit
Die CTX001-Infusion führte bei fast allen Patienten mit TDT zur Eliminierung von Transfusionen und bei allen Patienten mit SCD zur Eliminierung von VOCs, mit damit verbundenen klinisch bedeutsamen Anstiegen von HbF und Gesamt-Hb, die über die Zeit aufrechterhalten wurden. Die Anteile der CRISPR/Cas9-editierten BCL11A-Allele blieben nach > 1 Jahr stabil, was laut den Autoren darauf hindeutet, dass Langzeit-HSCs erfolgreich editiert wurden. Dies bildet die Grundlage für die beobachtete signifikante, dauerhafte Wirksamkeit. Das Sicherheitsprofil ist mit der Busulfan-Myeloablation und autologer Transplantation vergleichbar. Diese Ergebnisse weisen laut den Autoren darauf hin, dass CTX001 das Potenzial hat, die erste CRISPR/Cas9-basierte Therapie zu sein, die eine einmalige funktionelle Heilung für TDT und schweren SCD bietet.

TF
EFFICACY AND SAFETY OF A SINGLE DOSE OF CTX001 FOR TRANSFUSION-DEPENDENT ΒETA-THALASSEMIA AND SEVERE SICKLE CELL DISEASE

EHA Library Locatelli F. 06/12/22; 366210; LB2367

Zanubrutinib: Potenzielle Kombinations­therapie für Patienten mit R/R FL

Das Follikuläre Lymphom (FL) ist die häufigste Form des indolenten Non-Hodgkin-Lymphoms und es gibt nur begrenzte zugelassene Behandlungsoptionen für das R/R FL. In einer Phase-1b-Studie (Blood Adv. 2020;4(19):4802-4811) erwies sich Zanubrutinib als verträglich und war mit einem frühen Signal der Wirksamkeit verbunden.

Hier präsentieren die Autoren die primäre Analyse von ROSEWOOD (BGB-3111-212; NCT03332017), einer randomisierten Phase-2-Studie zur Bewertung der Wirksamkeit und Sicherheit von Zanubrutinib und Obinutuzumab (ZO) vs. Obinutuzumab (O) bei Patienten mit R/R FL. Die Patienten mit R/R FL und ≥ 2 Therapielinien, einschließlich eines Anti-CD20-Antikörpers und eines Alkylierungsmittels, wurden im Verhältnis 2:1 randomisiert.

Die mediane Nachbeobachtungszeit der Studie betrug 12,5 Monate und das Durchschnittsalter 64 Jahre. Behandlungsergebnisse:

  • Die Studie erreichte ihren primären Endpunkt:
  • ORR: 68,3 % mit ZO versus 45,8 % mit O (p = 0,0017).
  • CRR: 37,2 % (ZO) versus 19,4 % (O);
  • 18-Monats-DOR-Rate: 70,9 % (ZO) vs. 54,6 % (O);
  • medianes PFS: 27,4 Monate (ZO) vs. 11,2 Monate (O; Hazard Ratio [HR], 0,51 [95 % KI, 0,32–0,81], p = 0,0040).
  • 18-Monats-OS-Wahrscheinlichkeit: 85,4 % (ZO) vs. 72,6 % (O).

Zanubrutinib zeigte eine überlegene Wirksamkeit gegenüber Obinutuzumab bei der Behandlung von Patienten mit R/R FL. Zanubrutinib hatte laut den Studienautoren ein günstiges Nutzen-Risiko-Profil und stellt ihrer Ansicht nach eine potenzielle Kombinationstherapie für Patienten mit R/R FL dar.

TF

ZANUBRUTINIB + OBINUTUZUMAB VS OBINUTUZUMAB MONOTHERAPY IN PATIENTS WITH RELAPSED OR REFRACTORY FOLLICULAR LYMPHOMA: PRIMARY ANALYSIS OF THE PHASE 2 RANDOMIZED ROSEWOOD TRIAL

EHA Library Luigi Zinzani P., et al. Jun 11, 2022; 357069; S205

Quizartinib mit klinisch bedeutsamen Verbesserungen des Gesamtüberlebens bei Erwachsenen mit neu diagnostizierter FLT3-ITD+ AML

Dies ist der erste Bericht der globalen, randomisierten, doppelblinden, Placebo-kontrollierten Phase-3-Studie QuANTUM-First (NCT02668653). Die Studie zielte darauf ab, festzustellen, ob die Hinzufügung von Quizartinib (Quiz) – einem oralen, hochwirksamen, selektiven Typ-II-FLT3-Inhibitor – zur Standardinduktion und Postremission (einschließlich allo-HCT) in erster vollständiger Remissions-Konsolidierung gefolgt von einer Mono-Fortsetzungstherapie für bis 3 Jahre das Überleben im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie bei Patienten mit neu diagnostizierter FLT3-ITD+ AML verbessert.

Es wurden 3468 Patienten gescreent und 539 Patienten mit FLT3-ITD+ AML wurden randomisiert Quiz (n=268) oder PBO (n=271) zugeteilt. Das Durchschnittsalter betrug 56 Jahre (Bereich 20–75 Jahre) und das mediane FU: 39,2 Monate.

Behandlungsergebnisse:

  • 58 Patienten blieben in der Fortsetzungstherapie.
  • Das OS war im Quiz-Arm signifikant länger als im PBO-Arm (2-seitiger p = 0,0324).
  • Das mediane OS betrug 31,9 Monate mit Quiz vs. 15,1 Monate mit PBO.
  • Die CR/CRi-Raten betrugen 71,6 % bzw. 64,9 %.
  • Allo-HCT in CR1 wurde bei 157 Patienten durchgeführt (Quiz, 31 %; PBO, 27 %).
  • Bei Zensierung für allo-HCT war der OS-Trend länger bei Quiz vs. PBO (2-seitiges P = 0,055).
  • Das rezidivfreie Überleben war bei Quiz länger als bei PBO(HR 0,733; 95 % KI 0,554–0,969).

Fazit
Diese zentralen Ergebnisse zeigen laut den Studienautoren, dass die Ergänzung von Quiz zur Standard-Chemotherapie und eine bis zu 3-jährige Fortsetzungstherapie zu statistisch signifikanten und klinisch bedeutsamen Verbesserungen des Gesamtüberlebens bei Erwachsenen mit neu diagnostizierter FLT3-ITD+ AML bis zu einem Alter von 75 Jahren führte. Das überschaubare Sicherheitsprofil unterstützt außerdem nach Ansicht der Autoren die Verwendung von Quiz in Kombination mit einer Standardtherapie, einschließlich allo-HCT, bei FLT3-ITD+ AML.

TF
QUIZARTINIB PROLONGED SURVIVAL VS PLACEBO + INTENSIVE INDUCTION & CONSOLIDATION THERAPY FOLLOWED BY SINGLE-AGENT CONTINUATION IN PATIENTS AGED 18-75 YEARS WITH NEWLY DIAGNOSED FLT3-ITD+ AML

EHA Library Erba H. 06/11/22; 356965; S100

MRD/risikoadaptierte erweiterte KRd-Behandlung nach ASZT: Möglicher neuer Behandlungsstandard

Die Autoren haben gezeigt, dass eine verlängerte Post-ASCT-Behandlung mit Carfilzomib, Lenalidomid und Dexamethason (KRd) nach KRd-Induktion die Tiefe und Dauer des Ansprechens verbesserte (Jasielec et al., Blood 2020). Dies deutet auf einen Nutzen der Post-ASCT-KRd-Therapie hin.

Sie berichten über die Ergebnisse von ATLAS, einer multizentrischen, internationalen, unverblindeten, randomisierten Phase-3-Studie zur Bestimmung der Wirksamkeit und Sicherheit von KRD nach ASCT im Vergleich zur Erhaltungstherapie mit Lenalidomid (R) (NCT02659293). Es wurden neu diagnostizierte MM-Patienten (R n = 87; KRd n = 93) randomisiert, die eine Induktionstherapie für bis zu 12 Monate gefolgt von einer einzelnen ASCT erhielten und innerhalb von 100 Tagen danach mindestens eine stabile Erkrankung erreichten.

Behandlungsergebnisse:

  • ≥ VGPR (88 % vs. 92 %)
  • HR (23 % vs. 21 %)
  • Nach 6 Zyklen erreichten 47 % der Patienten im KRd-Arm und 29 % im R-Arm MRD-Negativität (p = 0,017).
  • 34 KRd-Patienten, die für eine Deeskalation in Frage kamen, wurden nach C8 auf R allein umgestellt und wurden im KRd-Arm pro Intention-to-treat analysiert.
  • Bei einer medianen Nachbeobachtungszeit von 33,8 Monaten hatten 23 Patienten (25 %) im KRd-Arm und 38 Patienten (44 %) im R-Arm eine Progression;
  • geschätztes medianes PFS: 59,0 Monate für KRd vs. 41,4 Monate für R (Hazard Ratio 0,56, Logrank p = 0,026).
  • Beim Cutoff lebten 90 % der KRd- und 87 % der R-Patienten;

Es gab keine behandlungsbedingten Todesfälle und die Toxizitäten aller Grade zwischen den Armen waren generell vergleichbar. Dies ist die erste randomisierte Phase-3-Studie mit verlängerter KRd-Therapie nach der Transplantation, die ein überlegenes PFS im Vergleich zur R-Erhaltung zeigt. Aus diesem Grund erachten die Studienautoren die MRD/risikoadaptierte erweiterte KRd-Behandlung nach ASZT als möglichen neuen Behandlungsstandard.

TF
Atlas, A Phase 3 Randomized Trial Of Carfilzomib, Lenalidomide, And Dexamethasone Versus
Lenalidomide Alone After Stem-Cell Transplant For Multiple Myeloma

EHA Library Dytfeld D. 06/10/22; 357039; S175

RVd ± ASCT und R-Meintenance beim NDMM bis zur Progression: Längstes medianes PFS

Eine Lenalidomid(R)-Erhaltungstherapie für 1 Jahr ergab beim NDMM laut den Studienautoren einen Vorteil für das PFS mit RVd plus ASCT versus RVd allein von median 47,3 vs. 35,0 Monaten, nicht jedoch für das OS mit 8-Jahres-Raten von 62 % gegenüber 60 % nach medianem FU von 89,8 Monaten. Dies steht im Zusammenhang mit mehreren wirksamen Optionen beim Rezidiv, einschließlich ASCT beim 1. Rezidiv bei 77 % der Patienten im Arm mit RVd allein (Attal M et al, N Engl J Med 2017; Perrot A et al, ASH 2020).
Hier berichten die Autoren primäre Daten aus ihrer DETERMINATION-Studie in den USA, in der Patienten bis zum Fortschreiten der Krankheit eine R-Erhaltung erhielten.

Nach einem medianem FU von 76 Monaten und 328 Ereignissen lag das mediane PFS bei 46,2 vs. 67,5 Monaten mit RVd allein vs. RVd+ASCT (p < 0,0001).

  • Die beste Gesamtansprechrate war 95,0 % versus 97,5 %,
  • ≥ sehr gutes partielles Ansprechen: 79,6 % versus 82,7
  • ≥ vollständigem Ansprechen 42,0 % versus 46,9 %.

Vorläufige Analysen der minimalen Resterkrankung (Minimal Residual Disease, MRD) zu Beginn der Erhaltungstherapie bei 108 und 90 Patienten zeigten MRD-Negativitätsraten (10-5) von 39,8 % vs. 54,4 % (Odds Ratio 0,55).
Mit RVd allein und RVd+ASCT hatten 78,2 % und 94,2 % der Patienten Grad ≥ 3 Ereignisse,
hämatologische Ereignisse beispielsweise 60,5 % vs. 89,9 % [p < 0,0001]).

Fazit
RVd ± ASCT und R-Erhaltung bis zur Progression führten laut den Autoren zum längsten medianen PFS, das für jeden Ansatz berichtet wurde, und zu einem hochsignifikanten 21,4-monatigen Anstieg des medianen PFS-Vorteils unter Verwendung von RVd + ASCT. Einen Vorteil beim Gesamtüberleben gab es bislang nicht.

TF

PHASE 3 DETERMINATION TRIAL IN NEWLY DIAGNOSED MULTIPLE MYELOMA: LENALIDOMIDE, BORTEZOMIB & DEXAMETHASONE (RVD) ± ASCT AND LENALIDOMIDE MAINTENANCE TO PROGRESSION

EHA Library RICHARDSON P. 06/12/22; 366214; LB2366

Glofitamab: Vielversprechende neue Therapie für Patienten mit stark vorbehandeltem und/oder hochrefraktärem DLBCL

Glofitamab ist ein an T-Zellen bindender bispezifischer Antikörper (Ab) mit einer neuartigen 2:1-Konfiguration, die laut den Studienautoren Bivalenz für CD20 (B-Zellen) und Monovalenz für CD3 (T-Zellen) verleiht. In einer Phase-I/II-Studie (NCT03075696) waren ansteigende Glofitamab-Dosen bei Patienten mit rezidiviertem/refraktärem (R/R) B-Zell-Lymphom mit Obinutuzumab-Vorbehandlung (Gpt) und Zyklus (C) 1 Stufe hochwirksam und gut verträglich. Mit der schrittweisen Höherdosierung kann eine effektive Milderung des Zytokin-Freisetzungssyndroms (CRS) erreicht werden.

Hier präsentierten die Autoren zulassungsrelevante Ergebnisse der Phase-II-Expansion beim R/R diffusem großzelligen B-Zell-Lymphom (DLBCL) sowie beim hochgradigen B-Zell-Lymphom, primären mediastinalen großzelligen B-Zell-Lymphom oder transformierten follikulären Lymphom. Die Patienten hatten ≥ 2 vorherige Therapien erhalten, darunter ≥ 1 Anti-(a) CD20 Ab und ≥1 Anthracyclin.

Therapieschema:

  • Obinutuzumab (1000 mg) wurde 7 Tage vor der ersten Glofitamab-Dosis intravenös (i.v.) verabreicht.
  • IV Glofitamab wurde dann als Step-up-Dosen an Tag (D) 1 (2,5 mg) und D8 (10 mg) von C1 und in der Zieldosis (30 mg) an D1 von C2–12 (21-Tages-Zyklen) verabreicht.

Behandlungsergebnisse:

  • Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 9 Monaten (0,1–16) betrugen das Gesamtansprechen und die CR-Raten laut IRC 50,0 % bzw. 35,2 %.
  • Die CR-Raten waren bei Patienten mit und ohne vorherige CAR-Ts konsistent (32 % vs. 37 %).
  • mediane Zeit bis zur CR: 42 Tage (95 % KI: 41–48).
  • Die Mehrheit der CRs (33/38; 87 %) dauerte zum Zeitpunkt der Datenschnitt an.
  • Schätzungsweise 84 % der vollständigen Responder und 61 % der Responder sprachen nach 9 Monaten noch an.
  • Bei Datenschnitt betrug die prognostizierte 12-Monats-Gesamtüberlebensrate 48 %,
  • 92 % der vollständigen Responder waren am Leben

Glofitamab mit fester Dauer induziert laut Studienautoren dauerhafte vollständige Remissionen und hat eine günstige Sicherheit bei Patienten mit R/R DLBCL und ≥ 2 vorherigen Therapien. Dies betrifft auch Patienten mit vorheriger Exposition gegenüber CAR-Ts. Glofitamab ist nach Ansicht der Autoren eine vielversprechende neue Therapie für Patienten mit stark vorbehandeltem und/oder hochrefraktärem DLBCL.

TF
Glofitamab induces durable complete remissions and has favorable safety in patients with relapsed/refractory diffuse large b-cell lymphoma and ≥2 prior therapies: pivotal phase ii expansion results

EHA Library Dickinson M., et al. Jun 11, 2022; 357084; S220

20 Jahre Medizinische Onkologie

War lange die Chemotherapie vorherrschend sind heute antikörper- und zellulär basierte Immuntherapien sowie mutationsgerichtete «personalisierte» Tyrosinkinasen im onkologischen Alltag in grosser Zahl angekommen. Deutlich verlängerte Remissionen und teilweise spektakulären Heilungen sind die Folgen. Die Hälfte aller Neuzulassungen von Medikamenten bei der Swissmedic betrifft die Onkologie-Hämatologie. Das Paradigma der personalisierten Onkologie, basierend auf individuellen molekularen Signaturen gewinnt rasch weiter an Boden. Resistenzentwicklung unter Therapien bleiben aber das «Pièce de Résistance» und der Zugang zu extrem teuren Therapien für alle Patienten sind weitere grosse Herausforderungen der nächsten Jahre. Hier folgt ein Blick zurück über 20 Jahre Medizinische Onkologie.

While chemotherapy was predominant for a long time, antibody- and cellular-based immunotherapies as well as mutation-targeted «personalized» tyrosine kinases have now arrived in large numbers in everyday oncology. Significantly prolonged remissions and sometimes spectacular cures are the consequences. Half of all new drug approvals at Swissmedic concern oncology-hematology. The paradigm of personalized oncology based on individual molecular signatures continues to gain ground rapidly. However, the development of resistance among therapies remains the «pièce de résistance» and access to extremely expensive therapies for all patients are further major challenges for the coming years. Here is a look back over 20 years of medical oncology.
Key Words: oncology, personalized medicine, immunotherapies

Weltweit gesehen ist Krebs die häufigste Todesursache überhaupt mit 10 Mio. Todesfällen im Jahr 2020. Die häufigsten vermeidbaren Ursachen sind der Tabakkonsum gefolgt von Adipositas und Diabetes. Die Prognose und Lebensqualität der onkologischen Patienten in westlichen Ländern haben sich für die meisten Betroffenen in den letzten 20 Jahren eindrücklich und kontinuierlich verbessert. Dabei haben die zielgerichteten Therapien mit Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) basierend auf immer präziserer molekulargenetischer Diagnostik und hochauflösender Bilddiagnostik die «personalisierte Therapie» begründet. Dazu kamen in den letzten 10 Jahren die 2018 nobelpreisgekrönten Entdeckungen antikörper-basierten Checkpoint-Inhibitoren, welche Patienten mit weit fortgeschrittenem malignem Melanom heilen können. In den allerletzten Jahren sind es die zellulären genetisch modifizierte T-Zell Immuntherapien CART welche den alten Traum weiter zur Wirklichkeit werden lassen: nämlich durch das körpereigegen Immunsystem die auch bisher resistenten malignen Zellen hocheffizient und auch definitiv zu eliminieren.

Onkologie im 21. Jahrhundert

Um das Millenium 2000 wurden in der Schweiz erstmals zwei der bis heute wirksamsten monoklonalen Antikörper zugelassen: Mabthera (1997), gegen CD20 gerichtet zur Induktion bei Patienten mit rezidiviertem follikulärem Lymphom und Herceptin (2000), gegen HER2 gerichtet, für HER2 positive Patientinnen mit metastasiertem Mammakarzinom. Dass es sich hier um epochale Therapie-Durchbrüche handelt, wurde rasch ersichtlich: lange anhaltende Remissionen und hochsignifikante Überlebensvorteile kombiniert mir sehr guter Verträglichkeit signalisierten den bis heute anhaltenden Aufbruch der Immuntherapien mit humanisierten monoklonalen Antikörpern. Auch war klar, da > 90% der B-Zell Lymphome CD20 exprimieren, dass schliesslich fast alle Lymphom-Patienten profitieren würden, was sich in der Folge auch bewahrheitete. Damals war allerdingst eine «tumoragnostische» Zulassung noch nicht möglich, so das für jede einzelne der auch sehr seltenen Tumorentitäten, eigene Zulassungsdaten verlangt wurden.

Viele entscheidende Entwicklungen prägten die letzten 20 Jahre der Onkologie und die wichtigsten sind im Folgenden kurz angeführt.

Tyrosinkinase-Inhibitoren

Die fundamentale Entdeckung war, dass bei malignen Erkrankungen spezifische Mutationen der Tyrosin-Kinasen für das unkontrollierte und aggressive Wachstum verantwortlich sind. Durch eine Mutationsanalyse in den malignen Zellen lässt sich damit eine auf bekannte Driver-Mutationen zugeschnittene personalisierte TK-Therapie mit entsprechend hochspezifischen TK-Inhibitoren einsetzen. Als Schulbeispiel gilt Imatinib, das die BCR-ABL-Tyrosinkinase blockiert. Seit der Zulassung 2003 hat sich die Prognose der Patientinnen mit der bisher lebensbedrohlichen Chronisch Myeloischen Leukämie CML zu einer klinisch heilbaren Krankheit entwickelt. Da die meisten malignen Erkrankungen, insbesondere die soliden Tumore aber viele Driver-Mutationen aufweisen und neue immer wieder akquirieren, sind diese oral verfügbaren TKI’s per se nicht kurativ aber essentieller Teil von heutigen Standard­therapien.

Die Ckeckpoint-Inhibitoren

Die Entdeckung der Checkpoint-Inhibitoren (Nobelpreis 2018) hat unseren Wunsch Realität werden lassen, dass unser körpereigenen Immunsystem maligne Zellen hocheffizient und auch definitiv zu eliminieren vermag. Antikörper gegen CTL-4, PD-1 und PD-L1 können heute Patienten in langfristige Remissionen oder zur Heilung bringen. Dies konnte eindrücklich am Beispiel der Patienten mit fortgeschrittenem Malignem Melanom gezeigt werden. Weitere Targets wie das Lymphocyte-associated gene 3 (LAG3) erweitern das etablierte Repertoire der Checkpoint-Inhibitoren und erlauben ganz neue Kombinationsoptionen, welche in klinischen Studien für viele Indikationen untersucht werden.
Da es sich bei den Checkpoint-Inhibitoren um einen universellen Mechanismus der immunologischen Resistenzüberwindung handelt, sind nun sehr viele weitere Indikationen sowohl bei soliden wie auch hämatologischen Erkrankungen dazu gekommen. Weltweit laufen aktuell > 3000 Studien mit Checkpoint-Inhibitoren und damit ist das Tor für sehr viele Indikationserweiterungen weit offen.

Adaptierte zelluläre Immuntherapien

Die genetisch adaptierten und expandierten individuellen CART-Zellen (Chimeric-Antigen-Receptor-T-cells) haben ein weiteres Prinzip der direkten zellulären Immuntherapie etabliert: hier werden die ex vivo gezielt genetisch veränderten und vermehrten körpereigenen T-Zellen befähigt ohne vorgängigen Kontakt zu antigenpräsentierenden Zellen, maligne Zellen direkt anzugreifen und zu eliminieren. Die Erfolge bei Patientinnen mit refraktärer Akuter Lymphatischer Leukämie sind spektakulär und zeigen ein erhebliches Potential für langanhaltende Remissionen und Heilungen. Nun sind wir noch ganz am Anfang und es zeichnet sich ab, dass dieses Prinzip auch bei vielen weiteren Malignomen erfolgreich eigesetzt werden kann. Auch sind bereits entscheidende Weiterentwicklungen in klinischer Erprobung. Hier sind insbesondere die Bi-specific T-cell Engager (BiTe) zu erwähnen, welche durch Fusion zweier diverser variabler Regionen entstehen. Mit Blinatumumab ist bereits ein solches Medikament zugelassen zur Therapie der Philadelphia-Chromosom negativen refraktären ALL. Weltweit sind nun > 500 Studien aktiv, welche die CART’s und CAR-NK’s (mit Natural- Killer Zellen) bei diversen vorab lymphatischen Malignomen untersuchen.

Dass Impfungen aber auch direkt gegen bereits etablierte maligne Zellen wirksam sind wurde mit der kürzlich von der FDA zugelassenen T-VEC (Imlygic®) Impfung beim Melanom gezeigt. Studien mit Kombinationen laufen, welche auch tumorgerichtete mRNA-Vakzinen beinhalten.

Präventive Massnahmen

Die hocheffiziente Prävention der HPV assoziierten Tumore wie Zervixkarzinom, HNO-Malignome und Peniskarzinome durch die HPV-Impfung auf globaler Ebene ebenso wie die Hepatitis B Impfung oder die medikamentöse Eradikation der Hepatitis-C zur Vermeidung von Hepatozellulären Karzinomen sind weitere epochale Meilenstein. Auf gesundheitspolitischer Ebene ist weiterhin die erfolgreiche Bekämpfung des Tabakkonsums die weitaus effizienteste Massnahme zur Reduktion der weltweit 10 Mio vorzeitigen Todesfälle, gefolgt von weiteren Massnahmen wie Propagation von mediterraner Esskultur, regelmässiger Bewegung und Vermeidung von Diabetes, Adipositas und übermässigem Alkoholkonsum.

Interdisziplinäre Onkologie

Jede personalisierte Therapie basiert heute auf einer prädiktiven molekularen Diagnostik medikamentös zugänglicher Zielstrukturen und weiterer prognostisch relevanter Faktoren.. Die hochauflösende Bildgebung mittels CT, MRI und PET, die heutige zunehmend minimal-invasive Chirurgie und die moderne hochpräzise Radiotherapie sind weitere unverzichtbare Erfolgsfaktoren. Dazu zählt ganz besonders das prätherapeutische obligate multiprofessionelle Tumorboard und das «shared decision making» mit dem Patienten und seiner Familie. Diese wiederum werden unterstützt durch supportive Spezialisten Teams wie die zB Psychoonkologie, Palliativonkologie. Immer mehr wird auch gesundheitspolitisch verstanden, dass diese Art der Teamarbeit in Netzwerken ein eminenter Erfolgsfaktor ist für Qualität, Effizienz und Patientenzufriedenheit. Minimale Behandlungs-Fallzahlen und Klinik Zertifizierungen sind Ausdruck dieser internationalen Entwicklung zur Qualitätssicherung.

Zusammenfassung und Ausblick

Die letzten zwei Dekaden haben die Onkologie in Diagnostik, Therapie und Prognose revolutioniert. Alleine in den Jahren 2006 bis 2018 wurden in den USA von der FDA 110 neue Medikamente oder neue Indikationen für die malignen Erkrankungen zugelassen! Mehr als die Hälfte der aktuellen Neuzulassungen und Indikationserweiterungen der Swissmedic betreffen die Onkologie-Hämatologie. Auch tumoragnostische Zulassungen werden zunehmen und den Zugang zu Innovationen auch für Patienten mit seltenen Entitäten beschleunigen. Die grossen Fortschritte in der molekulargenetischen und bildgebenden Diagnostik, welche besonders in der Onkologie von grösster Wichtigkeit sind, ebenso wie die immer weniger mutilierenden operativen Eingriffe, präziseren Radiotherapien und umfassenden Palliativkonzepte haben zu einer hohen Interprofessionalität (zB Tumorbards) und Qualitätskontrolle in der Onkologie geführt. Mit den hier angeführten vielfältigen Innovationen ist die Spur gelegt, welche weitere medizinische Disziplinen voranbringen wird. Dies alles soll aber nicht über die Tatsache hinwegsehen, dass immer mehr Patienten auch in reichen westlichen Ländern angesichts überteuerter Therapien nicht oder nicht mehr rechtzeitig den Zugang zu den Innovationen erhalten. Diese sehr teuren Medikamente verharren zu lange im «Off-Label-Bereich»
was zu Ungleichbehandlung und Zweiklassenmedizin führt. Dieses Problem muss gelöst werden.

Leider wird das grosse Potential der Prävention und Frühdiagnostik von der Gesundheits-Politik weiter vernachlässigt mit enormen Kostenfolgen. Die Früchte des Krebsregistergesetzes, welches erst 2020 in Kraft gesetzt wurde, werden in den kommenden Jahren wichtige Grundlagen liefern für eine dynamische Anpassung der nationalen Krebsstrategie unter Mithilfe von «oncosuisse», dem strategischen Zusammenschluss der national tätigen Krebsorganisationen und Fachverbände. Die Erwartungen an Bigdata und KI sind hoch, allerdings sind die Spieregeln und Grenzsetzungen ebenso wie die Finanzierbarkeit auch auf der politischen Bühne noch auszuloten und zu definieren.
Der nun breit mögliche immuntherapeutische Ansatz mit allen möglichen weiteren technischen Entwicklungen der genadaptierten Personalisierung, hat nun richtig Fahrt aufgenommen. Kluge Kombination und Abfolgen der bisher etablierten und neuen Therapien, peri- und postoperativer sowie adjuvanter Einsatz werden in unzähligen Studien weiter untersucht. Es ist zu erwarten, dass wesentliche einfachere immunologisch basierte, und dennoch wirksamere und präzisere Therapieverfahren entwickelt werden, welche dazu auch verträglicher und kostengünstiger sein werden.

Erweiterte Version des Beitrags «Die Onkologie realisiert einen Menschheitstraum». Swiss Med Forum. 2022;22(0708):121-123. doi: 10.4414/smf.2022.08950

Prof. em. Dr. med.Thomas Cerny

Rosengartenstrasse 1d
9000 St. Gallen

thomas.cerny@kssg.ch

Der Autor hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.

1. Pottier C, Fresnais M, Gilon M, Jérusalem G, Longuespée R, Sounni NE. Tyrosine Kinase Inhibitors in Cancer: Breakthrough and Challenges of Targeted Therapy. Cancers (Basel). 2020 Mar 20;12(3):731. doi: 10.3390/cancers12030731. PMID: 32244867; PMCID: PMC7140093
2. Xin, Y. J., Hubbard-Lucey, V. M. & Tang, J. Immuno-oncology drug development goes global. Nat. Rev. Drug Discov. 18, 899–900 (2019).
3. Weber, J. et al. Adjuvant nivolumab versus ipilimumab in resected stage III or IV melanoma. N. Engl. J. Med. https://doi.org/10.1056/NEJMoa1709030 (2017).
4. Maus MV, Grupp SA, Porter DL, June CH. Antibody-modified T cells: CARs take the front seat for hematologic malignancies. Blood 2014;123:2625-35.
DOIPubMedPMC
5. Lei J, Ploner A, Elfström KM, Wang J, Roth A, Fang F, Sundström K, Dillner
J, Sparén P. HPV Vaccination and the Risk of Invasive Cervical Cancer. N Engl J Med. 2020 Oct 1;383(14):1340-1348. doi: 10.1056/NEJMoa1917338.PMID: 32997908
6. Larkin et al, N Engl J Med 2019; 381:1535-1546
DOI: 10.1056/NEJMoa1910836

Neuroendokrine Tumoren – NET

Die neuroendokrinen Neoplasien (NEN) entstehen aus Zellen des diffusen neuroendokrinen Systems und können deshalb in den verschiedensten Organen auftreten (1,2). Charakteristisch ist die langsame Wachstumsrate und die Expression neuroendokriner Marker (wie Synaptophysin, Chromogranin A, neuronspezifische Enolase NSE oder CD56). Ausserdem haben sie die Fähigkeit, eine Vielzahl unterschiedlicher Hormone, Peptide oder biogene Amine zu sezernieren.

The neuroendocrine neoplasms (NEN) arise from cells of the diffuse neuroendocrine system and can therefore occur in a wide variety of organs (1,2). They are characterized by a slow growth rate and expression of neuroendocrine markers (such as synaptophysin, chromogranin A, neuron-specific enolase NSE or CD56). Furthermore, they have the ability to secrete a variety of different hormones, peptides or biogenic amines.
Key Words: Neuroendocrine neoplasms (NEN), neuroendocrine tumors (NET)

Trotz dieser Gemeinsamkeiten handelt es sich um eine sehr heterogene Tumorentität mit häufig unspezifischen Symptomen und einer äusserst variablen klinischen Präsentation. Dies führt in vielen Fällen zu langen diagnostischen Irrwegen mit belastenden Unsicherheiten für die Patienten und Verzögerungen in der Einleitung der korrekten Therapieschritte (3).

Epidemiologie

Die Inzidenz der NET hat in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen (4). In den USA betrug die Inzidenz anfangs Siebzigerjahre noch 1.09 pro 100 000 Personen und stieg auf 6.98 pro 100’00 Personen im Jahre 2012. (Abb. 1) (4).
Ausserdem ist die Prävalenz der NET im gleichen Zeitraum von 0.006% 1993 auf 0.048% 2012 angestiegen und reflektiert somit nicht nur die steigende Inzidenz sondern auch das langsame Wachstumsverhalten. Kongruente Daten gibt es auch für Kanada und diverse europäische Länder (5).

Auffällig ist die deutliche Inzidenzzunahme vor allem bei gut differenzierten NET im lokalisierten Stadium (Abbildung 2) (4). Fast zwei Drittel aller NET entstehen im Gastrointestinaltrakt und werden als gastroenteropankreatische NET (GEP-NEP) bezeichnet (6). Die Inzidenz und Prävalenz dieser wichtigen Untergruppe zeigt dieselbe epidemiologische Veränderung (7). Mit Blick auf die Primärlokalisation wiederholt sich das Muster, am wenigsten ausgeprägt ist die Zunahme bei den NET des Kolons (Annual percentage change APC 2.87), am auffälligsten im Rektum (APC 6.43) (7).

Obwohl bisher eine genaue Erklärung für diese epidemiologische Entwicklung fehlt, scheinen doch Trends in der modernen Medizin mit deutlicher Zunahme von eingesetzter Schnittbilddiagnostik (Ultraschall, CT, MRI) und verbesserte histologische Diagnostik eine wichtige Rolle bei der Zunahme der Inzidenz zu spielen. Die Zunahme der Prävalenz wird durch das verbesserte Überleben als Folge der sich entwickelnden Therapien erklärt.

Über die Hälfte aller NET befinden sich bei der Diagnosestellung in einem lokalisierten Stadium, 20% sind lokoregional fortgeschritten und gut 30% aller Patienten werden in einem metastasierten Stadium diagnostiziert (4). Allerdings variiert die Metastasierungsrate erheblich abhängig von der Primärlokalisation, während NET der Appendix fast nie metastasieren, sind Dünndarm-NET in 40-50% aller Neudiagnosen in einem Stadium M1 (8).

Klassifikation und Staging

Seit der ersten Beschreibung eines neuroendokrinen Tumor des Dünndarms durch Langhans T. 1867 (9) hat sich die Klassifikation mehrmals gewandelt. Gerade 2019 wurde die neuste Version der WHO Klassifikation eingeführt, ein Ausdruck der Bemühungen, die Klassifikation für jede anatomische Lokalisation zu vereinheitlichen (10) (Abbildung 3). Die neuroendokrinen Neoplasien NEN werden unterteilt in die gut differenzierten neuroendokrinen Tumoren NET und die schlecht differenzierten neuroendokrinen Karzinome NEC. Dabei werden die NET mithilfe von Ki67 und mitotischer Aktivität in 3 Kategorien, G1-G3, unterteilt. Bei einer niedrigen Proliferation (Ki67<3%) spricht man von einem G1 Tumor, bei einem Ki67 von 3-20% von einem G2 und ab 21-50% von eine G3 Tumor. Eine Besonderheit in der Nomenklatur behalten die NET der Lunge, die G1 Tumoren bezeichnet man auch als typisches Karzinoid, ab G2 spricht man von einem atypischen Karzinoid. Bei den NEC unterscheidet man die klein- von den grosszelligen Histologien.

Die Unterscheidung dieser 2 Gruppen, NET und NEC, widerspiegelt nicht nur das klinische Verhalten sondern auch den molekularen Hintergrund: Die gut differenzierten NET zeigen häufig Mutationen in MEN1, DAXX oder ATRX, die NEC hingegen in TP53, Rb1 und SMAD4 (11).

Die meisten NEN sind gut differenziert und treten sporadisch auf. GEP-NETS und selten NET des Thymus und der Lunge können aber auch bei verschiedenen angeborenen Syndromen mit Keimbahnmutationen auftreten, zum Beispiel bei der multiplen endokrinen Neoplasie Typ 1 oder 2 (MEN1, 2), der von Hippel-Lindau Erkrankung (VHL), der tuberösen Sklerose (TSC) und der Neurofibromatose Typ 1 (NF-1) (12). Für die Stadieneinteilung hat sich die von der ENETS (European Neuroendocrine Tumour Society) erarbeitete TNM Klassifikation durchgesetzt und wurde in die 8. Ausgabe des UICC/AJCC Staging System übernommen (13).

Diagnose und Work-up

In der bildgebenden Diagnostik spielen die Schnittbildverfahren wie CT und MRI eine grundlegende Rolle sowohl für die Darstellung des Primarius als auch der Metastasierung. Mit der Computertomographie wird das Ausmass der Metastasierung, vor allem in der Leber oftmals unterschätzt, weshalb die MRI-Untersuchung der Leber mit einer deutlich höheren Sensitivität komplementär eingesetzt werden kann (14). Die Mehrheit der gut-differenzierten NET exprimiert Somatostatinrezeptoren (SSTR) an ihrer Zelloberfläche, vor allem den Somatostatinrezeptor-2 (SSTR2) (15). Mit der funktionellen Bildgebung, dem 68Ga-DOTATATE-PET gelingt nicht nur ein besseres Erfassen unbekannter Primärtumoren und Staging (auch ossärer und peritonealer Metastasen, Abbildung 4), sondern auch eine Darstellung des SSTR2, dem wichtigsten therapeutischen Target (16). Bei zunehmender Agressivität des Tumors (NET G3 oder gar NEC) nimmt die Somatostatinrezeptorexpression ab und die FDG-Affinität zu, sodass das FDG-PET als Ergänzung oder anstelle des DOTATATE-PET eingesetzt werden soll. Es wird empfohlen, anatomische und funktionelle Bildgebung in der Primärdiagnostik zu kombinieren.

Wie eingangs erwähnt, produzieren alle NET irgendwelche Peptide oder Hormone. Man unterscheidet aber funktionelle von nicht-funktionellen Tumoren. Je nach Literatur sind zwischen 25-30% der NET funktionell aktiv (2). Die hormonell aktiven Tumoren produzieren biochemisch aktive Substanzen in genügender Menge, dass daraus eine typische klinische Symptomatik resultiert. Das Karzinoid (Produktion von Serotonin) ist mit nahezu 80% aller funktionellen Syndrome das mit Abstand häufigste Syndrom, deutlich seltener sind Insulinome, Gastrinome, Glucagonome oder VIPome (17). Die nicht-funktionellen Tumoren produzieren meist hormonell-inaktive Peptide wie Chromogranin A oder Pankreatisches Polypeptid (PP). Diese können als Tumormarker verwendet werden, haben aber eine limitierte Sensitivität und Spezifität und werden durch verschiedene Medikamente (insbesondere PPIs) und Leber- und Nierenfunktionsstörungen beeinflusst (18). Die Einführung molekularer Biomarker könnte die eher unspezifischen Marker ablösen, zum Beispiel der NETest wird zur Zeit in prospektiven Studien auf seinen diagnostischen und prognostischen Wert hin evaluiert (19). Ein generelles Screening für Hormone wird bei asymptomatischen Patienten nicht empfohlen.

Therapie Übersicht

Um optimale Therapieentscheidungen fällen zu können, müssen die beschriebenen diagnostischen Schritte uns folgende Fragen beantworten: Handelt es sich um einen funktionalen oder nicht-funktionalen Tumor, ein lokalisiertes oder metastasiertes Stadium, einen low Grade oder high Grade Tumor mit stabilem Verhalten oder rascher Progredienz, besteht eine Somatostatinrezeptor Expression und woher stammt die Krankheit?
Zur Verfügung stehen uns chirurgische und lokale Therapieoptionen, symptomatische und antiproliferative Therapien (Abb. 5).

Chirurgie und lokale Therapien

Die radikale Resektion ist die einzige kurative Therapie bei lokalisierten oder lokoregional fortgeschrittenen NET mit guter Differenzierung und geringer Proliferation (G1-2). Symptome bei funktionellen Tumoren sollten vor der Operation kontrolliert werden (zum Beispiel Hypoglykämiekontrolle vor Resektion eines Insulinoms).

Pankreatische NET sollten wenn immer möglich reserziert werden (Standard-Pankreatektomie mit regionaler Lymphadenektomie), wenn sie eines der folgenden Kriterien erfüllen: Tumorgrösse > T1 (> 2cm), Zeichen lokaler Invasion (Dilatation Ductus choledochus, Ikterus), nodaler Befall, funktioneller Tumor (20). Für Tumoren die < 1cm messen und diese Kriterien nicht erfüllen, ist ein nicht-chirurgisches Vorgehen mit Beobachtung empfohlen (21). Widersprüchliche Daten existieren für Tumoren zwischen 1 und 2 cm Grösse (22, 23). Ein konservatives Vorgehen wird für ältere Patienten mit Komorbiditäten empfohlen und sollte bei jüngeren Patienten im Sinne eines «shared decision making» zumindest diskutiert werden (20).

Das empfohlene chirurgische Vorgehen bei NET des Dünndarms ist eine segmentale Resektion (oder ileozökale Resektion ilealer NET) mit Entfernung der regionalen Lymphknoten (24). Je nach Lokalisation der Lymphknoten in Bezug zur mesenterialen Gefässachse, kann dies sehr einfach bis technisch unmöglich sein (25). Intraoperativ sollte ein peritonealer Befall systematisch gesucht werden, ebenso ein möglicher multifokaler Dünndarmbefall.

Auch in ausgewählten metastasierten Situationen, mit resektablem Primärtumor und Metastasen, wird eine radikale Resektion von den ESMO-Guidelines empfohlen (20). Bei Patienten, die trotz systemischer Therapie eine Progression zeigen und vor allem unter einer ausgeprägten Lebermetastasierung leiden, können lokal-ablative Verfahren oder Metastasektomie im Sinne eines Debulking eingesetzt werden. Dies insbesondere auch bei funktionellen Tumoren mit ungenügender Symptomkontrolle (26).

Symptomatische Therapie

Das Karzinoid mit seiner klassischen Symptomatik (Flush, Diarrhoe, Bauchkrämpfen, Bronchospasmen und der Langzeitkomplikation, dem Hedinger Syndrom) ist der häufigste funktionelle NET (27). Im symptomatischen Management spielt die Instruktion der Patienten, Trigger zu vermeiden, eine wichtige Rolle. Dabei sollten amin-reiche Nahrungsmittel wie Schokolade, Bananen, Avokados, Kiwis, Nüsse und auch Alkohol gemieden werden. Das Fundament der Behandlung ist der Einsatz der Somatostatin-Analoga (SSA) wie Octreotid oder Lanreotid. Diese hemmen die Sekretion der verursachenden Hormone und führen bei 70-80% der Patienten zu einer Verbesserung der klinischen Symptomatik. Bei ungenügendem Effekt mit der Zieldosis (Octreotide LAR 30mg im. alle 4 Wochen oder Lanreotide LAR 120 mg sc. alle 4 Wochen) kann entweder die Dosis weiter gesteigert oder das Intervall verkürzt werden. Nach einer längeren Zeit mit guter klinischer Kontrolle kommt es bei vielen Patienten zu einer symptomatischen Progression, die den Einsatz von Telotristat ethyl (ein oraler Serotoninsynthese-Inhibitor, 28, 29) notwendig macht. Daten aus der RADIANT-2 Studie zeigen auch für Everolimus einen symptomatischen Effekt (30) und bei ausgeprägter Lebermetastasierung kann auch eine Zytoreduktion chirurgisch oder lokal-ablativ erwogen werden (31). Alternativ zeigen die Radionuclidtherapien (peptide receptor radionuclide therapy PRRT) eine Verbesserung der Symptomkontrolle (32).

Bei den Insulinomen steht die Vermeidung schwerer Hypoglykämien im Vordergrund. Instruktion zur Einnahme häufiger Mahlzeiten, eventuell der Einsatz von Dexamethason, Diazoxid und Everolimus müssen in Betracht gezogen werden. Wenn nicht kurativ resektabel, kann auch hier ein Tumordebulking diskutiert werden.

Bei einem VIPom mit massiver wässriger Diarrhoe, spielt erneut der Einsatz von SSA neben Flüssigkeits- und Elektrolytersatz die entscheidende Rolle. Bei den Gastrinomen ist der hochdosierte Einsatz von Protonenpumpen-Inhibitoren die Therapiegrundlage.

Antiproliferative Therapie

Nicht alle NET im metastasierten Stadium benötigen eine Therapie. Asymptomatische Patienten mit hochdifferenzierten Tumoren, niedriger Tumorlast und fehlender Tumorprogredienz können unter Umständen über lange Zeiträume nur beobachtet werden (watch and wait, 20).

Somatostatinanaloga SSA

Die SSA Octreotide und Lanreotide zeigen sowohl eine gute Langzeitverträglichkeit als auch symptomatische Wirkung bei funktionellen Tumoren. Die Nebenwirkungen der SSA-Therapie sind in aller Regel sehr milde. Nausea, abdominale Krämpfe, Durchfall und Steatorrhoe, Hyperglykämie und Cholelithiasis sind als die wichtigsten Nebenwirkungen zu nennen. In 2 randomisierten Studien, der PROMID Studie (33) und der CLARINET Studie (34) konnte sowohl für Octreotide als auch Lanreotide ein antiproliferativer Effekt gegenüber Placebo nachgewiesen werden. In der PROMID Studie mit 85 Patientin (midgut NET, gut differenziert, niedrige Tumorlast) verbesserte sich das progressionsfreie Überlebens PFS von 6.0 auf 14.3 Monate. In der CLARINET Studie mit 204 Patienten (nicht-funktionelle pankreatische und intestinale NET, G1 und G2 differenziert) zeigte sich eine PFS-Verbesserung von 18 auf 32.8 Monate. In beiden Studien konnte auch im Langzeitverlauf bei einem Cross-over von nahezu 90% keine Verbesserung des Gesamtüberlebens OS nachgewiesen werden. Gemäss der aktuellen ESMO-Guideline (20) sind Somatostatinanaloga die meist empfohlene Erstlinientherapie sowohl bei funktionellen wie nicht-funktionellen gastro-entero-pankreatischen NET GEP-NET) mit niedriger Proliferation.

Chemotherapie

Die systemische Chemotherapie ist bei fortgeschrittenen pankreatischen NET (PanNET) und G3-Tumoren (NET oder NEC) aller Lokalisationen indiziert (20). Bei den neuroendokrinen Karzinomen (NEC G3) ist die platin-basierte Chemotherapie weiterhin die bevorzugte Erstlinientherapie, in weiteren Linien kommen bei den gastro-entero-pankreatischen NEC Kombinationen wie FOLFOX, FOLFIRI und Temozolomid mit Capecitabine zum Einsatz (35). Bei den PanNET wurde schon in den 80iger Jahren die alkylierende Substanz Streptozocin in Kombinationen mit Fluorouracil oder Doxorubicin eingesetzt (36). Aufgrund der Toxizität wird diese Therapie aber heute selten verwendet. In retrospektiven Analysen zeigte sich eine vielversprechende Aktivität Temozolomid-basierter Therapien, insbesondere in der Kombination mit Capecitabine CAPTEM (37). In einer prospektiven Phase II Studie mit 145 Patienten mit progredienten PanNET wurde die Kombination CAPTEM mit Temozolomid als Monotherapie verglichen (38). Dabei verbesserte sich im Kombinationsarm das PFS auf 22.7 Monate (14.4 Monate im Monotherapiearm, HR 0.58, p = 0.023). Der CAPTEM Arm zeigte eine Ansprechrate von 33%., das mittlere Gesamtüberleben war zum Zeitpunkt der präsentierten Analyse nicht erreicht (OS mit TEM 38 Monate, HR 0.41, p = 0.012).

Everolimus

Der orale mTOR-Inhibitor Everolimus (10mg/d) wurde in den diversen RADIANT-Studien bei bronchialen und gastro-entero-pankreatischen NET untersucht. In der randomisierten RADIANT-3 Studie wurden 410 Patienten mit progredienten, metastasierten PanNET mit Everolimus oder Placebo behandelt und das PFS wurde von 4.6 auf 11.0 Monate verlängert (HR 0.35, p<0.001) (39). Das Gesamtüberleben wurde nicht signifikant verbessert (44.0 Monate versus 37.7 Monate, HR 0.94, p=0.30), vielleicht durch einen Cross-over Effekt. In der RADIANT-4 Studie wurden 302 Patienten mit nicht-funktionellen gastrointestinalen oder bronchialen NET eingeschlossen. Erneut zeigte sich eine Verbesserung des PFS (3.9 versus 11.0 Monate, HR 0.48, p<0.001) ohne einen Überlebensvorteil (40). Dem gegenüber stehen die bekannten Nebenwirkungen mit Stomatitiden, Hautveränderungen, Diarrhoe. Die Hyperglykämie als Nebenwirkung ist andererseits bei der Behandlung der Insulinome sehr erwünscht .

Tyrosinkinase-Inhibitoren TKI

Die erste Studie mit dem TKI Sunitinib wurde schon 2011 publiziert (41). Dabei wurden 171 Patienten mit PanNET zu Sunitinib (37.5mg/d) oder Placebo randomisiert und es konnte eine Verbesserung des PFS (5.5 versus 11,4 Monate, HR 0.42, p<0.001) gezeigt werden. Die objektive Ansprechrate lag unter 10%, ein Gesamtüberlebensvorteil fand sich nicht.
In 2 randomisierten Phase III Studien wurde der TKI Surufatinib untersucht. In der SANET-p Studie wurden 172 Patienten mit PanNET untersucht und das PFS von 3.7 Monaten mit Placebo signifikant auf 10.9 Monate verbessert (42). Die objektive Ansprechrate betrug interessante 19%. In der SANET-ep Studie wurden 289 Patienten mit extrapankreatischen NET eingeschlossen, erneut mit Verbesserung des PFS (3.8 versus 9.2 Monate, p<0.001) aber nur einer Ansprechrate von 10% (43). Der TKI Axitinid wurde in der Phase II/III Studie AXINET bei Patienten mit extra-pankreatischen NET untersucht und zeigt eine hohe Ansprechrate von 17.5%, jedoch keine signifikante Verbesserung des PFS (12.3 versus 17.2 Monate, p=0.169) (44). Interessante Phase II Daten gibt es für Lenvatinib (45) und zur Zeit wird Cabozantinib in der Phase III CABINET Studie untersucht.

Peptide Receptor Radionuclide Therapy PRRT

Seit nahezu 30 Jahren haben wir in der Schweiz Erfahrung mit der PRRT in der Form Yttrium90 oder Lutetium177 gebunden an DOTATATE oder DOTATOC bei der Behandlung von neuroendokrinen Tumoren (46). Für die Therapie qualifizieren Patienten, deren Tumoren eine starke und homogene Expression des Somatostatinrezeptor-2 (SSTR2) zeigen. Dies wird heute üblicherweise mit einem Dotatate-PET gemessen. Daten für die Behandlung von pankreatischen NET kommen vor allem aus dem ERASMUS Projekt und zeigen eine Ansprechrate von 16% und eine mediane Ansprechsdauer von 35 Monaten (47). Für die nicht-pankreatischen Midgut NET wurde 2017 die randomisierte Phase III Studie NETTER-1 publiziert (48). Dabei wurden 229 Patienten zu 177Lu-DOTATATE oder high-dose Octreotide randomisiert. Das progressionsfreie Überleben wurde von 8.5 auf 28.4 Monate verbessert und eine objektive Ansprechrate von 18% erreicht. In der finalen Analyse zeigte sich gegenüber der Originalpublikation kein signifikanter Überlebensvorteil mehr (median OS 36.3 versus 48.0 Monate, HR 0.84, p=0.03), dies möglicherweise durch einen Crossover von 36%. Zu beachtende Nebenwirkungen sind Hämatotoxität, Nephrotoxizität (deutlich geringer mit Lutetium als mit Yttrium) und selten die Entwicklung eines myelodysplastischen Syndroms oder einer Leukämie (47). Mindestens 4 Wochen vor einer PRRT sollten Octreotide LAR oder Lanreotide gestoppt werden und im Bedarfsfall (funktioneller Tumor) auf die kurzwirksame, subkutane Therapie umgestellt werden.

Neue Therapien und Studien

Wie bei jeder Tumorentität wird auch bei den NEN die Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren untersucht. Die bisherige Datenlage für gut differenzierte NET ist sowohl für die Monotherapien mit Pembrolizumab (KN 158) oder Spartalizumab (E2201) oder Kombinationen (DUNE mit Durvalumab/Tremelimumab oder DART mit Ipi/Nivo) wenig überzeugend. Es zeigen sich Ansprechraten von 0 bis 6.9%. Allerdings handelt es sich bisher um sehr kleine Studien mit heterogenen Populationen. Interessanter sind die Daten bei den G3 Tumoren, sind aber widersprüchlich mit einer Ansprechrate von 44% mit Ipi/Nivo (DART) und 7.2% mit Durvalumab/Tremelimumab (DUNE). Bisher kann ein Einsatz ausserhalb von Studien nicht empfohlen werden. Mit Spannung werden vor allem Daten zur Sequenzierung (COMPEDE: Everolimus vs.PRRT 2nd line, SEQTOR: Everolimus vs.Chemotherapie, OCULORANDOM: PRRT vs.Sunitinib) erwartet. Von diversen Kombinationen (z.B. PRRT mit Chemotherapie, TKIs und Immunotherapie) werden weitere Therapieverbesserungen erhofft. Obwohl in den letzten 10 Jahren zunehmend auch randomisierte Studien bei NEN durchgeführt werden, würde eine Fokussierung auf genauer definierte Populationen anstelle von Basket-Studien die klinische Entwicklung neuer Therapieansätze fördern (49).

Therapiesequenzierung und Guidelines

Klare Behandlungsindikationen sind gegeben durch eine G3-Differenzierung (NET und NEC), eine Tumorprogression und symptomatische Situationen, sei es durch die Tumorlast oder die Hormonaktivität. In der Literatur findet sich kein klarer Konsens über die optimale Sequenzierung der beschriebenen Therapieoptionen. Eine gute Übersicht und Hilfe im klinischen Alltag bietet die 2020 publizierte ESMO-Guideline (20). Dabei wird abhängig von Primärtumor, SSTR-Expression, Ki67 und Wachstumsdynamik eine Empfehlung für die Wahl der Erst-, Zweit- und Drittlinientherapie gegeben.

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

Dr. med. Ralph Winterhalder

Co-Chefarzt/Leiter Onkologie Sursee
Luzerner Kantonsspital | Tumorzentrum
Spitalstrasse | 6000 Luzern 16
Spitalstrasse | 6210 Sursee

Der Autor hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

◆ Bei Diagnosestellung befinden sich 50% der NET in einem
lokalisierten, 20% lokoregional forgeschrittenen und 30% in einem metastasierten Stadium.
◆ Die neuroendokrinen Neoplasien NEN werden unterteilt in die gut-
differenzierten neuroendokrinen Tumoren NET und die schlecht-
differenzierten neuroendokrinen Karzinome NEC.
◆ In der Diagnostik sind anatomische und funktionelle Bildgebung
wichtig, ebenso die Erfassung einer eventuellen hormonellen Aktivität.
◆ In der Therapie der metastasierten NET kommen sowohl
symptomatische wie antiproliferative Massnahmen zum Einsatz.
◆ Behandlungsindikationen bei metastasiertem NET sind eine G3-
Differenzierung (NET und NEC), Tumorprogression und
symptomatische Situationen (Tumorlast oder Hormonaktivität).

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40. Yao, J. C., Fazio, N., Singh, S., Buzzoni, R., Carnaghi, C., Wolin, E., … & Pavel, M. E. (2016). Everolimus for the treatment of advanced, non-functional neuroendocrine tumours of the lung or gastrointestinal tract (RADIANT-4): a randomised, placebo-controlled, phase 3 study. The Lancet, 387(10022), 968-977.
41. Raymond, E., Dahan, L., Raoul, J. L., Bang, Y. J., Borbath, I., Lombard-Bohas, C., … & Ruszniewski, P. (2011). Sunitinib malate for the treatment of pancreatic neuroendocrine tumors. New England Journal of Medicine, 364(6), 501-513.
42. Xu, J., Shen, L., Bai, C., Wang, W., Li, J., Yu, X., … & Su, W. (2020). Surufatinib in advanced pancreatic neuroendocrine tumours (SANET-p): a randomised, double-blind, placebo-controlled, phase 3 study. The Lancet Oncology, 21(11), 1489-1499.
43. Xu, J., Shen, L., Zhou, Z., Li, J., Bai, C., Chi, Y., … & Su, W. (2020). Surufatinib in advanced extrapancreatic neuroendocrine tumours (SANET-ep): a randomised, double-blind, placebo-controlled, phase 3 study. The Lancet Oncology, 21(11), 1500-1512.
44. Garcia-Carbonero, R., Benavent, M., Jiménez Fonseca, P., Castellano, D., Alonso, T., Teule, A., … & Capdevila, J. (2021). A phase II/III randomized double-blind study of octreotide acetate LAR with axitinib versus octreotide acetate LAR with placebo in patients with advanced G1-G2 NETs of non-pancreatic origin (AXINET trial-GETNE-1107).
45. Capdevila, J., Fazio, N., Lopez Lopez, C., Teule, A., Valle, J. W., Tafuto, S., … & Ibrahim, T. (2019). Final results of the TALENT trial (GETNE1509): a prospective multicohort phase II study of lenvatinib in patients (pts) with G1/G2 advanced pancreatic (panNETs) and gastrointestinal (giNETs) neuroendocrine tumors (NETs).
46. Imhof, A., Brunner, P., Marincek, N., Briel, M., Schindler, C., Rasch, H., … & Walter, M. A. (2011). Response, survival, and long-term toxicity after therapy with the radiolabeled somatostatin analogue [90Y-DOTA]-TOC in metastasized neuroendocrine cancers. Journal of clinical oncology, 29(17), 2416-2423.
47. Brabander, T., Van der Zwan, W. A., Teunissen, J. J., Kam, B. L., Feelders, R. A., de Herder, W. W., … & Kwekkeboom, D. J. (2017). Long-term efficacy, survival, and safety of [177Lu-DOTA0, Tyr3] octreotate in patients with gastroenteropancreatic and bronchial neuroendocrine tumors. Clinical Cancer Research, 23(16), 4617-4624.
48. Strosberg, J., El-Haddad, G., Wolin, E., Hendifar, A., Yao, J., Chasen, B., … & Krenning, E. (2017). Phase 3 trial of 177Lu-Dotatate for midgut neuroendocrine tumors. New England Journal of Medicine, 376(2), 125-135.
49. Das, S., Du, L., Lee, C. L., Arhin, N. D., Chan, J. A., Kohn, E. C., … & Dasari, A. (2021). Comparison of Design, Eligibility, and Outcomes of Neuroendocrine Neoplasm Trials Initiated From 2000 to 2009 vs 2010 to 2020. JAMA network open, 4(10), e2131744-e2131744.

Impfen oder doch nicht?

Wie ein schöner und farbiger Frühlingsstrauss präsentiert sich die aktuelle Ausgabe von info@gynäkologie und ladet Sie zum spannenden Lesen ein.

Unterschiedliche aktuelle Themen aus dem Gebiet der Gynäkologie und Geburtshilfe werden mit fundiert geschriebenen Artikeln beleuchtet und diskutiert. Neben diesen neu erarbeiteten Themen bleibt weiterhin das Coronavirus hochaktuell und in den Medien omnipräsent. Das Auftreten von diversen Mutanten, wie aktuell die indische Corona-Variante B.1.617, erhöht die Gefahr einer erneuten starken Zunahme der Fallzahlen. Es ist deswegen nicht erstaunlich, dass wir alle in unserem klinischen Alltag regelmässig mit der Frage konfrontiert werden, ob Schwangere sich mit einer Covid-19-Impfung schützen sollen. Die weltweit durchgeführten Studien zeigen, dass die zugelassenen mRNA-Impfstoffe bislang keinen Anlass für Sicherheitsbedenken gegeben haben. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hatte bisher eine Impfung nur Schwangeren mit einer zusätzlichen chronischen Erkrankung empfohlen.

Neu hat das BAG auch schwangere Frauen, welche einem erhöhten Ansteckungsrisiko (z.B. Angehörige des Gesundheitspersonals) ausgesetzt sind, auf die Indikationsliste genommen. Aus unserer Sicht ist es sehr sinnvoll, die Covid-19 Impfung individuell und offen mit jeder Schwangeren anzusprechen inklusive der zu erwartenden reversiblen Nebenwirkungen. Die Diskussionen werden in der Zukunft sicher weitergeführt werden und die Impfempfehlungen bei den Schwangeren sukzessive der veränderten Lage erneut angepasst werden.

Wir wünschen Ihnen somit viel Freude beim Lesen der aktuellen Ausgabe von info@gynäkologie

Prof. Dr. med. Irene Hösli
Irene.Hoesli@usb.ch

Prof. Dr. med. Irène Hösli

Basel

Zentrale Rolle der systemischen Inflammation

Nach weiteren neutralen Studienergebnissen mit pharmakologischen Hoffnungsträgern wie Sacubitril/Valsartan oder den Guanylat-Zyklase Aktivatoren bleibt die Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion (HFpEF) ein Sorgenkind.
Bisher konnten lediglich Sport und Gewichtsreduktion die Leistungsintoleranz und Lebensqualität verbessern. Ein besseres Verständnis der Pathophysiologie dieser heterogenen Erkrankung ist deshalb dringend von Nöten. Neuste Erkenntnisse der Pathophysiologie der HFpEF untermauern die zentrale Rolle der systemischen Inflammation und erweitern den Bogen von der reinen diastolischen Dysfunktion zum Multiorgan-Syndrom.

Selon d’  autres résultats d’ études neutres portant sur des produits pharmacologiques prometteurs comme le sacubitrile/valsartan ou les activateurs de la guanylate cyclase, l’ insuffisance cardiaque avec fraction d’ éjection préservée (HFpEF) reste un problème. Jusqu’ à présent, seuls le sport et la réduction du poids ont permis d’ améliorer l’ intolérance à la performance et la qualité de vie. Une meilleure compréhension de la physiopathologie de cette maladie hétérogène est donc nécessaire de toute urgence. De récentes découvertes dans la physiopathologie de la HFpEF soulignent le rôle central de l’ inflammation systémique et élargissent l’ arc du dysfonctionnement diastolique pur au syndrome multi-organes.

Bei über 50% aller Patienten, die sich mit einer symptomatischen Herzinsuffizienz in der Praxis/Klinik vorstellen, liegt eine Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion (HFpEF) zugrunde. Aufgrund der immer älter werdenden Bevölkerung und den pandemisch verbreiteten kardiovaskulären Risikofaktoren (Hypertonie, Diabetes, Dyslipidämie, Adipositas, körperlicher Inaktivität) wird die Prävalenz der HFpEF auch in den kommenden Jahren weiter ansteigen. Diese Aussichten sind umso besorgniserregender, da die Morbidität und Mortalität bei HFpEF nur unwesentlich geringer als bei HFrEF sind und bis heute keine prognostisch wirksamen pharmakologischen Therapien zur Behandlung der HFpEF zur Verfügung stehen.
Für die Diagnose einer HFpEF müssen folgende Kriterien erfüllt sein: 1) Klinische Zeichen und Symptome einer Herzinsuffizienz;
2) Linksventrikuläre Ejektionsfraktion (LVEF) > 50% zusammen mit funktionellen / strukturellen Veränderungen in der Echokardio­grafie; 3) Nachweis von erhöhten Füllungsdrücken (1). Die erhöhten linksseitigen Füllungsdrücke können entweder direkt durch eine Rechtsherzkatheteruntersuchung (Wedge-Druck) oder Linksherzkatheteruntersuchung (Enddiastolischer LV Füllungsdruck) gemessen werden (Goldstandard). Im klinischen Alltag werden meist nichtinvasive Techniken mittels Echokardiografie und/oder Bestimmung der natriuretischen Peptide (NT-proBNP, BNP) zur indirekten Abschätzung der Füllungsdrücke verwendet.

Eine HFpEF ist mehr als eine diastolische Dysfunktion

Die Pathophysiologie der HFpEF ist sehr heterogen und noch nicht abschliessend geklärt. Während Jahrzehnten wurde der pathophysiologische Fokus ausschliesslich auf die diastolische Dysfunktion des linken Ventrikels gelegt. Die erhöhte Steifigkeit und verminderte Compliance des linken Ventrikels stehen dabei mechanisch im Zentrum der diastolischen Füllungsstörung. Physiologisch lässt sich die Diastole in drei Phasen unterteilen: 1) Aktive isovolumetrische, ventrikuläre Relaxation (energieabhängig); 2) Passive LV-Füllung entlang des transmitralen Druckgradienten; 3) Atriale Kontraktion. Eine Störung einer einzelnen oder mehrerer dieser Komponenten führt zu einer unvollständigen Ventrikelfüllung. Um eine vollständige Ventrikelfüllung und damit ein adäquates Schlagvolumen zu gewährleisten, muss der Füllungsdruck ansteigen. Deshalb ist der enddiastolische Füllungsdruck für ein vorgegebenes Volumen im Vergleich zum Herzgesunden erhöht. In der klassischen Druck-Volumenkurve zeigt sich dieser Effekt in einer Verschiebung der Kurve nach links oben (Abb. 1). Durch die chronisch erhöhten LV-Füllungsdrücke steigen auch die Füllungsdrücke im linken Atrium und im benachbarten pulmonal-venösen System, was wiederum zur pulmonal-venösen (postkapillären) Hypertonie und schlussendlich zur Dyspnoe führt.
Obwohl dieser traditionelle Erklärungsansatz im Grundsatz nachvollziehbar und richtig ist, greift er in Bezug auf die komplexe Pathophysiologie der HFpEF zu kurz. Eine isolierte diastolische Dysfunktion ist noch lange nicht ein Garant für eine Herzinsuffizienz. Deshalb muss die exklusive Rolle des Myokardes in der Pathogenese der HFpEF hinterfragt werden. Ausserdem hat die neuro-hormonelle Inhibition und Modulation mit ACE-Hemmern, ARNI, Betablockern und Mineralocorticoid-Rezeptor Blockern, welche bei der Therapie der Herzinsuffizienz mit reduzierter Auswurffraktion (HFrEF) ausnahmslos erfolgreich war, zu keiner wesentlichen Verbesserung der Symptomatik und Prognose bei HFpEF geführt. Es ist deshalb anzunehmen, dass sich die zugrunde liegenden pathophysiologischen Mechanismen und Signalwege bei HFrEF und HFpEF, sowohl systemisch als auch im Myokard, deutlich unterscheiden.

Chronische systemische Inflammation: Primum movens der HFpEF

Eine HFpEF ist typischerweise mit Komorbiditäten wie Adipositas (84%), arterielle Hypertonie (60-80%), Diabetes Mellitus Typ II (20-45%), Niereninsuffizienz und dem Schlaf-Apnoe Syndrom vergesellschaftet (2). Diese Komorbiditäten unterhalten eine chronische systemische sterile Inflammation durch Aktivierung von Zytokin-produzierenden Prozessen, unabhängig von einer eigentlichen Infektion. Obwohl auch bei HFrEF erhöhte inflammatorische Zytokine gemessen werden, ist deren Erhöhung bei HFpEF noch ausgeprägter. In der Health, Aging and Body Composition (ABC) Studie waren erhöhte Tumor Nekrose Faktor alpha (TNFa) Werte deutlich mit einer Entwicklung einer HFpEF innerhalb von 10 Jahren assoziiert, wohingegen eine solche Assoziation mit HFrEF fehlte (3). Dieser chronische Entzündungsprozess und die darin involvierten Signal-Kaskaden konnten in den letzten Jahren von verschiedenen Arbeitsgruppen aufgeschlüsselt und direkt in Verbindung mit der Pathogenese der HFpEF gebracht werden. Die Entzündung des mikrovaskulären Endothels spielt dabei eine zentrale Rolle. Durch das entzündlich aktivierte Endothel wandern aktivierte Makrophagen in das Myokard und stören die parakrine Balance zwischen Endothelzellen und Kardiomyozyten. Dies führt zu einer Unterversorgung von Stickstoffmonoxid (NO) und zyklischem Guanosinmonophosphat (cGMP). Die NO-cGMP-Signal Kaskade ist sowohl für die Endothelfunktion als auch für den Kardiomyozyten essentiell. Ein Mangel führt zur Hypertrophie und Versteifung des Myokards (4). Die extramyokardiale Genese der HFpEF wurde in einem parabiotischen Experiment untermauert, indem junge Mäuse durch chronische Transfusion von Blut von alten Tieren einen HFpEF Phänotyp entwickelten. Andererseits konnte der HFpEF Phänotyp von alten Mäusen durch die Transfusion von Jungblut revertiert werden (5). Somit unterscheidet sich die Pathogenese des myo­kardialen Remodellings bei HFpEF grundsätzlich von derjenigen der HFrEF. Während bei HFrEF hauptsächlich intramyokar­diale Prozesse wie der Ischämie-bedingte oder toxische Zelluntergang ein Remodelling triggern, sind es bei der HFpEF extramyokardiale systemisch-entzündliche Prozesse, welche über die Kommunikation zwischen Endothel und Myokard Remodellingprozesse anstossen. Diese Unterschiede wiederspiegeln sich auch in markanten strukturellen und ultrastrukturellen Unterschieden der jeweiligen Myokardbeschaffenheit.

Viszerale und epikardiale Adipositas

Die Adipositas ist die häufigste mit HFpEF assoziierte Komorbidität. Insbesondere die viszerale Adipositas potenziert eine systemische Inflammation und prädisponiert so Patienten mit Hypertonie oder Diabetes für eine HFpEF. Eine Adipositas fördert die Natrium Resorption in den Nieren und vermindert die Kapazitäten für ein venöses Blut-Pooling. Dies resultiert in einer Expansion des zentralen Blutvolumens, was von einem kleinen, steifen linken Ventrikel äusserst schlecht toleriert wird. In den letzten Jahren wurde auch das epikardiale Fettgewebe als wichtiger Mediator einer HFpEF identifiziert (6). Die Adipositas und andere für eine HFpEF prädisponierende entzündliche und metabolische Erkrankungen gehen mit einer Zunahme des epikardialen Fettgewebes einher. Das epikardiale Fettgewebe ist ein inflammatorisch-sekretorisch äusserst aktives Gewebe. Durch die unmittelbare Nähe zum Myokard mit gemeinsamer Mikrozirkulation wirkt das epikardiale Fettgewebe wie ein Resonanzkörper der systemischen Inflammation direkt auf das Myokard. Das epikardiale Fettvolumen ist direkt mit dem Schweregrad der koronaren mikrovaskulären Dysfunktion und der LV-Hypertrophie assoziiert und korreliert mit dem Ausmass der diastolischen Dysfunktion und dem links-atrialen Volumen. Auch Vorhofflimmern ist mit dem Ausmass der «epikardialen Adipositas» assoziiert.

Geschlechterunterschiede bei HFpEF

Es ist allgemein bekannt, dass Frauen ein höheres Risiko haben, eine HFpEF zu entwickeln als Männer. Frauen verfügen über ein kleineres linksventrikuläres Volumen (auch indexiert auf die Körperoberfläche). Umso mehr ist das Schlagvolumen abhängig von einer höheren Ejektionsfraktion. Weitere Gründe für diese geschlechtsspezifische Prädominanz lassen sich gut durch die oben erwähnten pathophysiologischen Mechanismen herleiten. Einerseits ist die Prävalenz inflammatorischer und metabolischer Erkrankungen, sowie die Ausprägung des epikardialen Fettgewebes grösser bei Frauen, andererseits verfügen vor allem ältere Frauen über eine geringere diastolische Reserve und einen steileren Anstieg des pulmonal-venösen Druckes im Verhältnis zur Volumenüberlastung als Männer. Auch führen die beiden Hauptkatalisatoren einer inflammatorisch-metabolischen HFpEF, Adipositas und Diabetes, zu ausgeprägteren kardialen Veränderungen bei Frauen. Im Gegensatz zu Männern sind Adipositas und Diabetes wesentliche Determinanten einer erhöhten Myokardmasse bei älteren Frauen. Auch die zentrale Adipositas wirkt sich geschlechterspezifisch unterschiedlich aus, indem sie bevorzugt bei Frauen die altersabhängige vaskuläre Steifigkeit akzeleriert.

Chronotrope Inkompetenz und gestörtes ventrikulär-arterielles Coupling

Das Herzminutenvolumen in Ruhe ist bei HFpEF Patienten meist erhalten. Die Steigerungsreserven unter körperlicher Belastung sind aber oft deutlich reduziert. Einerseits gelingt es dem steifen Ventrikel nicht, das Schlagvolumen adäquat zu steigern, andererseits verhindert eine chronotrope Inkompetenz, den Anforderungen des Körpers an die Belastung gerecht zu werden. Die Herzfrequenz-Antwort steht in direkter Beziehung zur maximalen Sauerstoffaufnahme und ist deshalb zentral für eine normale körperliche Leistungsfähigkeit. Eine zusätzliche Hemmung der Chronotropie durch Betablocker oder Ivabradin wirkt sich deshalb oft besonders limitierend auf die körperliche Leistungsfähigkeit bei HFpEF Patienten aus (7).
HFpEF ist auch durch eine erhöhte Steifigkeit der grossen zentralen Arterien gekennzeichnet. Die steifen Arterienwände führen zu einer vermehrten retrograden Reflexion von Pulswellen in Richtung Ventrikel. Diese reflektierten Pulswellen treffen noch während der Systole auf den Ventrikel und potenzieren so dessen Nachlast, was wiederum die Hypertrophie und Fibrosierung des Ventrikels fördert.

HFpEF als Multiorganerkrankung mit unterschiedlichen klinischen Phänotypen

Die durch die chronische Inflammation verursachten mikrovaskulären Störungen betreffen nicht nur die Mikrovaskulatur des Herzens, sondern auch in unterschiedlicher Ausprägung Lunge, Niere und Skelettmuskulatur. Die Involvierung dieser Organsysteme trägt wesentlich zum HFpEF Syndrom und der damit verbundenen Leistungsintoleranz bei. Zusätzlich zu den erhöhten Füllungsdrücken potenziert bei manchen Patienten eine inadäquate Vasokonstriktion des pulmonalen Gefässbettes die postkapilläre pulmonale Hypertonie (7). Eine verminderte Vasodilatation der Kapillaren der peripheren Muskulatur reduziert die maximale arterio-venöse Sauer­stoffausschöpfung (8). Dadurch werden die Metabolik und Leistungsfähigkeit der Skelettmuskulatur verschlechtert. Schliesslich führen die inflammatorischen Prozesse in den Nieren zu einer verminderten Kochsalzausscheidung, was wiederum die Hypervolämie unterhält.
Aufbauend auf diesen Beobachtungen können je nach Auslöser einer HFpEF und Ausprägung der kardialen und extrakardialen mikrovaskulären Störungen verschiedene klinische HFpEF Phänotypen unterschieden werden (Abb. 2). Es bleibt zu hoffen, dass in absehbarer Zukunft doch noch ein universales HFpEF Therapeutikum gefunden wird. Bis es soweit ist, müssen wir uns mit der optimalen Therapie der prädisponierenden Faktoren und des dominierenden klinischen Phänotypen begnügen (Abb. 3). Besonderes Augenmerk gilt der Prävention einer HFpEF. Ganz nach dem Motto von Benjamin Franklin: An ounce of prevention is worth a pound of cure.

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

Prof. Dr. med. Otmar Pfister

Klinik für Kardiologie
Universitätsspital Basel
Petersgraben 4
4031 Basel

otmar.pfister@usb.ch

Die Autoren deklarieren keinen Interessenskonflikt im Zusammenhang mit der vorliegenden Arbeit.

◆ Die Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion (HFpEF) ist eine inflammatorische Systemerkrankung mit multiplen pathophysiologischen Manifestationen und klinischen Phänotypen
◆ Das myokardiale Remodelling bei HFpEF wird wesentlich durch extramyokardiale Entzündungsprozesse mitverursacht
◆ Viszerales und epikardiales Fett spielen bei der Pathogenese einer HFpEF eine wichtige Rolle
◆ Die chronotrope Inkompetenz, der dysproportionale Anstieg des pulmonal-venösen Drucks sowie eine verminderte Sauerstoffextraktion der Skelettmuskulatur tragen wesentlich zur Leistungsintoleranz bei HFpEF bei

Messages à retenir
◆ L’ insuffisance cardiaque avec fraction d’ éjection préservée (HFpEF) est une maladie systémique inflammatoire présentant de multiples manifestations physiopathologiques et phénotypes cliniques
◆ Le remodelage du myocarde dans la HFpEF est principalement causé par des processus inflammatoires extramyocardiques
◆ La graisse viscérale et épicardique joue un rôle important dans la pathogenèse de l’ HFpEF
◆ L’ incompétence chronotropique, l’ augmentation dysproportionnelle de la pression veineuse pulmonaire et une extraction réduite d’ oxygène de la musculature squelettique contribuent de manière significative à l’ intolérance aux performances de la HFpEF

1. Pieske B, Tschope C, de Boer RA, Fraser AG, Anker SD, Donal E, Edelmann F, Fu M, Guazzi M, Lam CSP, Lancellotti P, Melenovsky V, Morris DA, Nagel E, Pieske-Kraigher E, Ponikowski P, Solomon SD, Vasan RS, Rutten FH, Voors AA, Ruschitzka F, Paulus WJ, Seferovic P and Filippatos G. How to diagnose heart failure with preserved ejection fraction: the HFA-PEFF diagnostic algorithm: a consensus recommendation from the Heart Failure Association (HFA) of the European Society of Cardiology (ESC). Eur Heart J. 2019;40:3297-3317.
2. Shah SJ, Kitzman DW, Borlaug BA, van Heerebeek L, Zile MR, Kass DA and Paulus WJ. Phenotype-Specific Treatment of Heart Failure With Preserved Ejection Fraction: A Multiorgan Roadmap. Circulation. 2016;134:73-90.
3. Kalogeropoulos A, Georgiopoulou V, Psaty BM, Rodondi N, Smith AL, Harrison DG, Liu Y, Hoffmann U, Bauer DC, Newman AB, Kritchevsky SB, Harris TB, Butler J and Health ABCSI. Inflammatory markers and incident heart failure risk in older adults: the Health ABC (Health, Aging, and Body Composition) study. J Am Coll Cardiol. 2010;55:2129-37.
4. van Heerebeek L, Hamdani N, Falcao-Pires I, Leite-Moreira AF, Begieneman MP, Bronzwaer JG, van der Velden J, Stienen GJ, Laarman GJ, Somsen A, Verheugt FW, Niessen HW and Paulus WJ. Low myocardial protein kinase G activity in heart failure with preserved ejection fraction. Circulation. 2012;126:830-9.
5. Loffredo FS, Steinhauser ML, Jay SM, Gannon J, Pancoast JR, Yalamanchi P, Sinha M, Dall’Osso C, Khong D, Shadrach JL, Miller CM, Singer BS, Stewart A, Psychogios N, Gerszten RE, Hartigan AJ, Kim MJ, Serwold T, Wagers AJ and Lee RT. Growth differentiation factor 11 is a circulating factor that reverses age-related cardiac hypertrophy. Cell. 2013;153:828-39.
6. Packer M. Epicardial Adipose Tissue May Mediate Deleterious Effects of Obesity and Inflammation on the Myocardium. J Am Coll Cardiol. 2018;71:2360-2372.
7. Pal N, Sivaswamy N, Mahmod M, Yavari A, Rudd A, Singh S, Dawson DK, Francis JM, Dwight JS, Watkins H, Neubauer S, Frenneaux M and Ashrafian H. Effect of Selective Heart Rate Slowing in Heart Failure With Preserved Ejection Fraction. Circulation. 2015;132:1719-25.
8. Dhakal BP, Malhotra R, Murphy RM, Pappagianopoulos PP, Baggish AL, Weiner RB, Houstis NE, Eisman AS, Hough SS and Lewis GD. Mechanisms of exercise intolerance in heart failure with preserved ejection fraction: the role of abnormal peripheral oxygen extraction. Circ Heart Fail. 2015;8:286-94.

Kongressausgabe der info@onkologie

Hier finden Sie das PDF der Kongresszeitung

EDITORIAL Best of ASH 2020 «Die Hämatoonkologie in Zeiten von COVID-19»

Die Pandemie hat die Hämatoonkologie in besonderer Weise getroffen. Nicht nur dass wissenschaftliche Aktivitäten ausgebremst wurden und der Kongress der American Society of Hematology (ASH) diesmal virtuell stattfinden musste, sondern Patienten mit einer hämatoonkologischen Erkrankung sind besonders gefährdet für eine Infektion mit dem COVID-19-Virus und auch der Verlauf ist schwerer und die Prognose schlechter. Dazu kommen Beeinträchtigungen und Engpässe bei der Versorgung, d.h. Patienten meiden aus Angst vor einer Infektion medizinische Einrichtungen, so dass Diagnosen verspätet gestellt werden oder die Therapie erst mit einer Verzögerung eingeleitet oder unterbrochen wird. Was dies für die Prognose betroffener Patienten bedeutet, ist im Moment noch nicht absehbar.
Doch auch unter erschwerten Bedingungen konnte der Kongress wieder einmal unter Beweis stellen, welche Dynamik diesem Fachgebiet inne ist und mit welchen innovativen Strategien man bei vielen hämatologischen und hämatoonkologischen Erkrankungen dem Ziel näher kommt, aus einer potentiell tödlichen eine zwar noch nicht heilbare aber chronische Erkrankung zu machen. Was waren die Höhepunkte des Kongresses?
Bei monogenetischen hämatologischen Erkrankungen wie Hämophilie, Thalassämie und Sichelzellkrankheit geben Ergebnisse erster Studien Anlass zur Hoffnung, dass mit einer Gentherapie mittels viraler Vektoren oder mittels mRNA solche Erkrankungen in Zukunft geheilt werden könnten.
Bzgl. COVID-19 konnte in einer experimentellen Studie eine günstige Wirkung von T-Zellen von Genesenen gezeigt werden. Ein anderer Ansatz ist die Hemmung von Komponenten des stark aktivierten Komplementsystems mit monoklonalen Antikörpern. Beim cGVH überzeugte der JAK1/2-Inhibitor Ruxolitinib in der Second line (REACH3-Studie). Was die CAR-T-Zelltherapie beim DLBCL betrifft, so stellt sich die Frage, warum nur jeder zweite dauerhaft anspricht. Ist es die im Verlauf nachlassenende Expression oder eine Mutation von CD19? Gibt es Patienten, bei denen andere Targets entscheidend sind? Neue CAR-T-Zellpräparate und bispezifische Antikörper könnten hier einen Fortschritt bringen. Auch hat die CAR-T-Zelltherapie beim MM Einzug in die Therapie gehalten und es gibt erste positive Daten bei der CLL.
Dass weniger mehr sein kann, zeigt eine Studie, bei der das bisher etablierte hochdosierte Methotrexat beim DLBCL nicht vor einem ZNS-Rezidiv schützt. Die HARMONY-Studie belegt erneut, dass Big-data-Plattformen das individualisierte Management bei hämatoonkologischen Erkrankungen wesentlich optimieren können. Im Rahmen der APOLLO-3-Studie konnte gezeigt werden, dass der monoklonale Anti-CD38-Antikörper Daratumumab (Darzalex®) s.c. zusätzlich gegeben zu Pomalidomid und Dexamethason bei Patienten mit einem rezidivierten oder refraktären MM die Prognose verbessert. Und auch für CML-Patienten gibt es Neues. Mit Asciminib steht der erste Vertreter einer ganz neuen Substanzklasse, nämlich der STAMP (Specifically Targeting the ABL Myristoyl Pocket) – Inhibitoren zur Verfügung, dessen Wirkmechanismen sich von den etablierten TKIs wesentlich unterscheidet. Im Vergleich mit dem TKI Bositinib erwies sich Asciminib bei Pateinten mit einer neu diagnostizierten CML oder bei solchen, die bereits mindestens zwei TKIs erhalten hatten, als überlegen.
Ein innovativer Therapieansatz sind auch die bispezifischen T-Zell-Antikörper wie Mosunetuzumab, Glofitamab und Cevostamab. In ersten Studien konnten mit Mosunetuzumab und Glofitamab CR-Raten von über 50% bei Patienten mit einem r/r DLBCL und r/r NHL dokumentiert werden. Und in der Fist line bei Patienten, die nicht für eine komplette Immunchemotherapie geeignet waren, lag die Erfolgsrate bei 45,5%. Und auch beim MM erwies sich Cevostamab bei intensiv vorbehandelten Patienten mit einer CR-Rate von über 50% als gut wirksam.
Diese kleine Auswahl möge Ihnen «Appetit» machen. Das Team von info-Onkologie hat den Kongress verfolgt und für Sie liebe Leserinnen und Leser die wichtigsten News in der vorliegenden Zeitung zusammengetragen.

Viel Spass bei der Lektüre wünscht Ihnen

Ihre Eleonore E. Droux
Verlegerin

HARMONY-Big-Data-Plattform

Eine Informationsquelle für die personalisierte Medizin bei Blutkrebs

Dank neuer Analysemethoden wurden wichtige neue Erkenntnisse generiert, die die Therapie von Patienten mit einer akuten myeloischen Leukämie und Multiplen Myelom i.S. einer Individualisierung optimieren können.

Die HARMONY-Alliance präsentierte neueste Daten einer Big-Data-Plattform von 12.000 AML- und MM-Patienten, die faszinierende Einblicke in die molekulare Landschaft dieser beiden Erkrankungen ermöglichen. Dadurch gelingen eine bessere Charakterisierung und ein besseres pathophysiologisches Verständnis dieser Malignome. Ausgehend von diesen Daten entwickelten die Forscher ein verbessertes Risikostratifizierungsmodell. Darüber hinaus hat diese Big Data das Potential, neue Wirkstoffziele zu identifizieren und somit auch neue zielgerichtete Wirkstoffe zu entwickeln.
Der klinische Verlauf von Patienten mit einer AML ist sehr unterschiedlich. Im Rahmen von HARMONY wurden die Genprofile von 4.986 Patienten mit einer AML analysiert. Dabei gelang auch ein Einblick in die Dynamik der Mutationen, d.h. welche Mutationen zuerst und welche erst später im Krankheitsverlauf auftreten.
Außerdem wurde auch der Zusammenhang von Mutationsmustern mit klinischen Ergebnissen wie Remissionen, Rückfall und Überleben untersucht. Die Analyse ergab, dass viele Patienten mit Hochrisiko-Mutationsmustern nur wenig von einer allogenen Stammzelltransplantation profitieren. Jetzt gelang es spezifische Hochrisiko-Genotyp-Kombinationen zu identifizieren, die mit diesem Therapie einen größeren Überlebensvorteil zeigen.
Auch beim MM sind die klinischen Ergebnisse sehr unterschiedlich, die Überlebenszeit reicht von wenigen Monaten bis zu mehr als
10 Jahren. Die Analyse der HARMONY-Daten von 7.077 MM-Patienten ergaben, dass Patienten, die bisher als mittleres Risiko eingestuft wurden, eine sehr heterogene Gruppe mit unterschiedlichem Risiko für Progression oder Tod darstellen. Es gelang jetzt eine Unterteilung dieser Patienten in vier verschiedene Risikogruppen. Die Hälfte konnte einem niedrigen oder niedrigen Zwischenrisiko zugeordnet werden, die andere Hälfte einem mittelhohen oder hohem Risiko. Mit dieser neuen Einteilung gelingt eine bessere Abschätzung der Prognose eine auf das individuelle Risiko jedes Patienten zugeschnittene Therapie.

PS

Quelle: ASH 2020, #1077 und #1329

DLBCL

Polatuzumab Vedotin bewährt sich auch in der Real World

Das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Polatuzumab Vedotin hat in einer klinischen Studie in Kombination mit Bendamustin und Rituximab bei Patienten mit einem r/r DLBCL seine gute Wirksamkeit unter Beweis stellen können. Dass diese Ergebnisse auch in der Real World erreicht werden, das konnte jetzt in einer Registerstudie der German National Compassionate Use Program (CUP) gezeigt werden.

Dabei wurden die Daten von 97 Patienten mit einem r/r DLBCL ausgewertet und zwar bezüglich PFS und OS. Davon erhielten 49 Patienten Polatuzumab Vedotin als Bridging-Therapie und zwar 39 vor einer geplanten CAR-T-Zelltherapie, 9 vor einer allogenen Stammzelltherapie und 1 vor einer Therapie mit einem bispezifischen Antikörper. 48 Patienten erhielten Polatuzumab Vedotin in einem palliativen Setting, d.h. sie waren für eine Transplantation nicht geeignet. Alle Patienten waren maximal vorbehandelt. Dem behandelnden Arzt war freigestellt, ob Polatuzumab Vedotin als Monotherapie oder in Kombination mit Rituximab oder in Kombination mit einer Chemotherapie verabreicht wurde.
Die ORR betrug im Bridging-Kollektiv 33%, davon 1 Patient mit einer kompletten Remission und 9 Patienten mit einer partiellen Remission. Es zeigte sich ein Trend zugunsten der Kombination mit der Chemotherapie im Vergleich mit den beiden anderen Strategien (42% vs. 20%). 15 Patienten (24%) konnten einer CAR-T-Zelltherapie oder einer Stammzelltransplantation zugeführt werden. 4 Patienten (8%) zeigten eine rasche Progression und wurden dann nur palliativ behandelt.
Im Palliativ-Kollektiv erreichten unter der Therapie mit Polatuzumab Vedotin 19% eine komplette Remission und die ORR betrug 56%. Das PFS nach 6 Monaten lag bei 36% und das OS bei 51% bei einem medianen Follow up von 9,7 Monaten. Auch in diesem Setting schnitt die Kombination mit der Chemotherapie etwas besser ab. Je intensiver die Vorbehandlung umso schlechter das PFS.
Insgesamt waren die Ergebnisse der Registerstudie etwas schlechter als in der Zulassungsstudie, was damit zu erklären ist, dass bei Patienten in der Registerstudie die Erkrankung weiter fortgeschritten war.

PS

Quelle: ASH 2020, Poster #1206

Maligne Lymphome

Response-Beurteilung nach RECIL bewährt sich auch in der GALLIUM-Studie

Der bisherige Standard zur Beurteilung des Therapieerfolgs bei malignen Lymphomen sind die Lugano 2014-Kriterien. Dieses Assessment basiert vorwiegend auf dem PET-CT mit 18F Fludeoxyglukose (FDG). Doch nicht alle Lymphome sind FDG-avide und es steht nicht immer eine PET-CT zur Verfügung. Dann bedient man sich ausschliesslich des CTs, wobei bis zu sechs tumoröse Zielläsionen zweidimensional vermessen werden. In den letzten Jahren hat sich ein neuer Kriterienkatalog etabliert, nämlich „The Response Evaluation Criteria in Lymphoms (RECIL)“. Dieser basiert auf nur eindimensionalen Messungen von bis zu 3 Zielläsionen. Die Frage, ob RECIL eine ebenso zuverlässige Beurteilung des Therapieerfolgs erlaubt wie die Lugano 14-Kriterien, wurde jetzt anhand der Patienten der GALLIUM-Studie überprüft. Der Vergleich ergab eine hohe Konkordanz der beiden Kriterienkataloge im Hinblick auf das Vorliegen einer kompletten Remission und somit der Prognose (92,1%). Nur bei der Beurteilung des PFS (85,7%) war die Konkordanz schlechter. Somit ist RECIL beim FL eine gut praktikable und zuverlässige Alternative für Lugano 14.
Ein Update der GALLIUM-Studie verfestigt den Stellenwert von Obinutuzumab (Gazyva®) plus Chemotherapie beim unbehandelten Follikulären Lymphom. Dabei erwies sich der MRD-Status als zuverlässiger prädiktiver Marker und somit als wichtiger Schritt zu einer individualisierten Therapieentscheidung.
Der MRD (minimal residual disease)-Status nach einer Therapie sagt etwas über die Tiefe des Behandlungserfolges aus, mit anderen Worten, Patienten, die MRD-positiv sind, haben eine höhere Rezidivrate und somit eine schlechtere Prognose. In der GALLIUM-Studie erwies sich die Obinutuzumab -basierte Immunochemotherapie der Rituximab-basierten deutlich überlegen, d.h. die Rate an PFS-Events (Progression oder Tod) war um 28 Prozent niedriger. Auch der Anteil der Patienten, die MRD-negativ wurden, war höher (92 Prozent vs. 85 Prozent). Patienten, die eine MRD-Negativität erreichten, hatten insgesamt eine bessere Prognose, vor allem dann, wenn dieser Status früh erzielt wurde.

PS

Quelle: ASH 2020, Abstract #1124

Obinutuzumab bewährt sich als Backbone auch ohne Chemotherapie

Die Therapie der CLL hat in den letzten Jahren durch die Einführung neuer Substanzen wie Acalabrutinib (BTKi A), Venetoclax (V) und Obinutuzumab (O) grosse Fortschritte gemacht. Jetzt konnte in einer Studie gezeigt werden, dass eine Triple-Therapie mit diesen Substanzen in der Frontline eine geringere Toxizität ausweist.

In früheren Studie konnte gezeigt werden, dass eine duale Therapie mit BTKi wie Ibrutinib (I) und V oder die Triple-Therapie mit I, V und O gut wirksam ist, aber mit kardialen und infektbedingten Komplikationen assoziiert ist, die die Anwendung limitieren. Im Rahmen dieser Studie wurde der Frage nachgegangen, ob eine zeitlich limitierte Triple-Therapie mit dem spezifischer wirkenden BTKi Acalabrutinib in der First line bei CLL-Patienten mit einem ungünstigen Risikoprofil besser verträglich ist. Eingeschlossen wurden 44 Patienten mit einer nicht vorbehandelten CLL. wobei 39% der Patienten eine TP53-Aberration oder -mutation aufwiesen. Die Daten von 36 Patienten mit einem mittleren Follow up von 16 Monaten konnten ausgewertet werden. Die ORR bei ihnen lag bei 100% (43% CR/CRi, 57% PR). Die BM-uMRD (bone marrow undetectable MRD) betrug nach Zyklus 16 31%. Bei einer ITT-Auswertung lag diese Zahl bei 78%. Eine Progression wurde nicht beobachtet. Diese Ergebnisse waren unabhängig vom TP53-Status.Die Verträglichkeit und Sicherheit war gut: Nur bei 2% trat eine ≥ Grad 3-Infektion auf. Die Daten belegen, dass Obinutuzumab sich als Backbone-Therapie auch bei einer Chemotherapie-freien Therapie der CLL in der First line bewährt.

PS

Quelle: ASH 2020 Abstract #2216

Allogene T-Zellen

Neuer Therapieansatz bei COVID-19?

Ca. 20% der Patienten mit COVID-19 entwickeln einen schweren Verlauf mit einem ARDS bzw. einem Multiorganversagen und die Gesamtmortalität beträgt 4%. Bei Patienten mit einem kompromittierten Immunsystem wie bei einer Hochdosis-Chemotherapie bzw. einer Transplantation steigt die Mortalität auf 20% an. Erste Daten sprechen dafür, dass T-Zellen von Genesenen einen protektiven Effekt entfalten könnten; denn Patienten mit einer geringeren Zahl an T-Zellen bzw. einer Dysregulation des zellulären Immunsystems zeigen einen schwereren Verlauf als solche mit einer normalen Zahl an T-Zellen.
In einer Studie wurde bei 30 genesenen COVID-19-Patienten mit einem milden Verlauf Virus-spezifische- aktive T-Lymphozyten gewonnen. Dabei handelt es sich um CD4+- und CD8+-T-Zellen. Diese wurden dann in vitro mit allogenen COVID-19-infizierten Zellen konfrontiert, die virale Antigene bilden. Die Patienten-Lymphozyten konnten in dieser experimentellen Studie die virale Antigen-Produktion stoppen. Jetzt soll dieser Therapieansatz bei Patienten mit einem schweren Verlauf im Rahmen einer klinischen Studie untersucht werden.

PS

Quelle: ASH 2020, Abstract #703

DLBCL

Hochdosiertes Methotrexat verhindert nicht das ZNS-Rezidiv

Retrospektiv ausgewertet wurden die Daten von 906 Hochrisiko-Patienten mit einem DLBCL, die eine hochdosierte R-CHOP-Therapie und anschliessend zur Konsolidierung eine autologe Stammzell-Transplantation erhalten hatten. Ein Drittel (n=115; 35,3%) hatte zusätzlich Methotrexat in hoher Dosierung bekommen (im Median 2 Dosen).
Insgesamt entwickelten 6,1% einen ZNS-Relaps, wobei das Risiko mit dem CNS-IPI-Score zunahm. Das ZNS-Rezidiv entwickelte sich früh, im Durchschnitt nach 7,4 Monaten nach der Diagnosestellung. Die Prognose war bei den Patienten mit einem ZNS-Rezidiv mit einem OS von nur 7 Monaten sehr schlecht.
Was die Verhinderung eines ZNS-Relaps betrifft, so fand sich kein signifikanter Unterschied zwischen der Methotrexat-Gruppe und der Gruppe ohne Methotrexat (11,2% vs. 12,2%; HR=0,92, p=0,82). Insgesamt hatten Patienten mit einer hochdosierten Immunchemotherapie oder einer konsolidierenden Stammzelltransplantation ein geringeres Risiko für einen ZNS-Relaps im Vergleich zu Patienten mit einer konventionellen R-CHOP-Therapie, aber der Unterschied war statistisch nicht signifikant. Aber auch Patienten mit einer hochdosierten Immunchemotherapie profitierten nicht von einer zusätzlichen hochdosierten Methotrexat-Gabe. Die Rate an ZNS-Rezidiven, das PFS und das OS waren nicht unterschiedlich.

PS

Quelle: ASH 2020, Abstract #477

Chronic Graft-Vs-Host Disease (cGVHD)

Ruxolitinib ist wirksamer als der bisherige Standard

Die First-line-Standardtherapie bei cGVHD ist ein Steroid. Aber über 50% der betroffenen Patienten sind Steroid-refraktär oder Steroid-abhängig (SR/D). Deshalb besteht dringender Bedarf an Strategien für eine Second-line.

Eine neue vielversprechende Substanz ist der oral verfügbare JAK1/2-Inhibitor Ruxolitinib. Im Rahmen der randomisierten REACH3-Studie wurde bei 329 Patienten mit einer cGVHD, die Steroid-abhängig oder –refraktär waren, die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Ruxolitinib im Vergleich mit der besten zur Verfügung stehenden Therapie (Steroide mit oder ohne Calcineurin-Inhibitor) (BAT) verglichen. Der primäre Endpunkt der Studie war die ORR an Tag 1 nach 7 Zyklen.
Unter RUX wurde bei 7% eine komplette und bei 43% eine partielle Remission erzielt. Die ORR betrug bei RUX 50%, bei BAT nur 26%. Auch die Symptomkontrolle war unter RUX effektiver. Die Gesamtrate an Nebenwirkungen war vergleichbar (RUX 98% vs. BAT 92, Grad ≥ 3 3,57% vs. 3,58%).

PS

Quelle: ASH 2020, Abstract #732

Mantelzell-Lymphom

BTK-Inhibitor LOXO-305 wirkt bei vorbehandelten Patienten

Im Rahmen der Phase-1/2-BRUIN-Studie zeigte der hoch-selektive, nicht-kovalente Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitor LOXO-305 eine hohe Response-Rate bei vorbehandelten Patienten mit einem Mantelzell-Lymphom.

Die Prognose von Patienten mit einem Mantelzell-Lymphom, die unter einem kovalenten BTK-Inhibitor ein Rezidiv bzw. eine Progression entwickeln, ist sehr schlecht. Bei LOXO-305 handelt es sich um einen hoch-selektiven und nicht-kovalenten BTK.
Im Rahmen der BRUIN-Studie wurde LOXO-305 bei 323 intensiv vorbehandelten Patienten (61 mit einem Mantelzell-Lymphom, 26 mit einem Morbus Waldenström und 66 mit einem anderen Non-Hodgkin-Lymphom) untersucht. Die Substanz wurde alle 28 Tage verabreicht. Die Gesamtansprechrate war sehr unterschiedlich in Abhängigkeit von der Art des Lymphoms. Beim Morbus Waldenström betrug sie 68%, beim Marginalzell-Lymphom aber nur 22%.
Die isolierte Auswertung von Patienten mit einem Mantelzell-Lymphom ergab eine ORR von 52%. 25% zeigten eine komplette Remission, 27% eine partielle und 17% eine Stabilisierung. Bei einem Follow-up von 6 Monaten zeigten 24 der 29 Patienten eine anhaltende Wirkung. Die Verträglichkeit war gut. 5 Patienten mussten die Therapie wegen Nebenwirkungen beenden.

PS

Quelle: ASH 2020, Abstract #117

r/r Multiples Myelom

Zusätzliche Gabe von Daratumumab verbessert das PFD

Im Rahmen der APOLLO-3-Studie konnte gezeigt werden, dass der monoklonale Anti-CD38-Antikörper Daratumumab (Darzalex®) s.c. zusätzlich gegeben zu Pomalidomid und Dexamethason bei Patienten mit einem rezidivierten oder refraktären MM die Prognose verbessert.

Aufgenommen in diese Studie wurden 304 Patienten mit einem r/r MM. Sie erhielten randomisiert die Standardtherapie mit Pomalidomid plus Dexamethason (Pd) oder die Standardtherapie plus Daratumumab (DPd).
Mit DPd konnte das PFS um 37% reduziert werden im Vergleich zu Pd allein (HR 0,63; p=0,0018). Das mediane PFS lag unter DPd bei 12,4 Monaten gegenüber 6.9 Monaten im Pd-Arm. Auch die Ansprechraten waren bei DPd signifikant höher als bei Pd allein. Beim ORR betrug diese 69%, unter Pd 46%. Die Vergleichszahlen beim sehr guten partiellen Ansprechens (VGPR) waren 51% vs. 20%. Die Raten an vollständigen Remissionen war mehr als sechs Mal so hoch (25% vs. 4%).
Dir Rate der injektionsbedingten Reaktionen lag bei DPd bei 5% und 2% erlitten örtliche Reaktionen an der Einstichstelle. Die Rate an Abbrüchen wegen unerwünschter Reaktionen betrug bei DPd 2% und bei Pd 3%. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Pneumonie (13% vs. 7%) und Infektionen der unteren Atemwege (11% vs. 9%).

PS

Quelle: ASH 2020, Abstract #412

Multiples Myelom

Erste Daten für die CAR-T-Zelltherapie

Im Rahmen der CARTITUDE-1-Studie wurde die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Ciltacaptabene autoleucel (cilta-cell) bei intensiv vorbehandelten Patienten mit einem Multiplen Lymphom (MM) untersucht.

Ausgewertet wurden die Daten von 97 Patienten mit einem intensiv vorbehandelten MM. Sie hatten 3 oder mehr Vortherapien erhalten oder waren doppelt-resistent gegenüber einem Immunmodulator und einem Proteasom-Inhibitor. Sie erhielten einmal die CAR-T-Zellen und zusätzlich über drei Tage eine Lymphodepletion mit Cyclophosphamid und Fludarabin.
97% der Patienten zeigten ein Ansprechen, davon 67% eine komplette Remission, 26% eine sehr gute partielle und 4% ein partielle Remission. Beim Cutoff im September 2020 lag die Ansprechquote noch bei 72%. 93% der 57 Patienten, bei denen eine MRD-Negativität nachgewiesen werden konnte, waren weiterhin MRD-negativ. Bei einem medianen Follow-up von 12,4 Monaten lag die PFS-Rate nach einem Jahr bei 77%. 85% der Patienten mit einer kompletten Remission waren auch nach einem Jahr in der kompletten Remission, bei einer sehr guten partiellen Remission waren es noch 68%.
Was die Nebenwirkungen betrifft, so entwickelten 96% eine Neutropenie, 81% eine Anämie und 79% eine Thrombozytopenie ohne Komplikationen. Bei 95% trat ein CRS auf, 14 Patienten verstarben, davon aber nur 6 Patienten an Therapie-assoziierten Nebenwirkungen.

PS

Quelle: ASH 2020, Abstract #177

Indolente Non-Hodgkin-Lymphome

Axicaptagene Ciloleucel zeigt gute Wirksamkeit

Nach dem DLBCL und dem MM scheint die CAR-T-Zelltherapie auch bei fortgeschrittenen indolenten Lymphomen (iNHL) wie dem follikulären Lymphom (FL) und dem Marginalzelllymphom (MZL) eine neue vielversprechende Therapieoption zu sein. Dafür sprechen die Ergebnisse der ZUMA-5-Studie mit Axicaptagene Ciloleucel (axi cel).

Axi cel ist eine autologe anti-CD 19 chimäre Antigen Rezeptor (CAR) –T-Zelltherapie. Bei Patienten mit einem refraktären oder rezidivierten DLBCL konnte dieses Präparat seine gute Wirksamkeit und Sicherheit unter Beweis stellen. Jetzt wurde diese Therapie im Rahmen einer Phase-2-Studie (ZUMA-5-Studie) erstmals bei Patienten mit einem refraktären bzw. rezidivierten iNHL wie FL und MZL untersucht. Alle diese Patienten hatten vorher mindestens zwei systemische Therapien erhalten. Eingeschlossen wurden 146 Patienten mit einem r/r iNHL (124 mit FL und 22 mit MZL). Das mediane Follow-up betrug 17,5 Monate.
Die ORR betrug 92%, wobei 76% eine komplette Remission aufwiesen. Beim FL lagen die ORR bei 94% und die Rate an kompletten Remissionen bei 80%. Beim MZL konnte eine ORR von 85% bei einer Rate an kompletten Remissionen von 60% dokumentiert werden. Diese überzeugende Wirksamkeit fand sich in allen Subgruppen und war unabhängig vom Risikoprofil. Beim letzten Cutoff zeigten noch 62% aller Patienten eine Response. Die medianen Werte für DOR, PFS und OS sind noch nicht erreicht. Die geschätzten Werte nach 12 Monaten sind 72% für DOR, 74% für PFS und 93% für OS.
Unerwünschte Nebenwirkungen Grad ≥ 3 wurden bei 86% der Patienten beobachtet (85% beim FL und 95% beim MZL). Ein CRS Grad ≥ 3 trat bei 7% auf (6% beim FL und 9% beim MZL). Die Rate an Neuropathien lag bei 19% im Gesamtkollektiv (15% beim FL und 41% beim MZL).

PS

Quelle: ASH 2020, Abstract #623

Thalassämie

Erste Erfolge mit der Gentherapie

Die Beta-Thalassämie ist eine Erberkrankung, die durch eine Mutation des HbB-Gens verursacht wird. BCL11A ist der zentrale Transcriptionsfaktor, der normalerweise die Produktion von fetalem Hb in den roten Blutzellen inhibiert. Dies führt dann zur Bildung des adulten Hb. Bei der Thalassämie ist das BCL11A-Gen defekt mit der Folge, dass zu wenig adultes Hb gebildet wird. Eine Anhebung des fetalen Hb durch eine Aktivierung bzw. Ersatz von BCL11A ist deshalb ein wirksames Therapiekonzept.
Die Erkrankung ist charakterisiert durch eine verminderte Hämoglobin-Synthese mit konsekutiver Anämie, so dass bei schweren Formen lebenslang regelmäßige Bluttransfusionen erforderlich sind. Eine gefürchtete Komplikation solcher Bluttransfusionen ist die Eisenüberladung, die wiederum zu tödlichen Komplikationen führen kann. Eine potentielle Alternative ist die Gentherapie, d.h. der Ersatz des defekten Gens durch ein gesundes. Dazu muss mittels eines Vektors nämlich eines Virus, das quasi als Gentaxi fungiert, so dass eins gesunde Gen in die erythropoetischen Stammzellen des Knochenmarks gebracht werden. CRISPR/Cas9 CTX001 ist ein solches gentherapeutisches Verfahren, wobei ein gesundes Gen mittels autologer hämatopoetischer Stammzellen bzw. Progenitorzellen in den Patienten eingeschleusst wird mit dem Ziel, die BCL11A-Bildung zu erhöhen.
CTX001 wird im Rahmen zweier Studien (CLIMB-111 bei Thalassämie-Patienten) und CLIMB-121 bei Patienten mit Sichelzellanämie) geprüft. Bei den ersten 7 Patienten in CLIMB-111 konnte mit der Gentherapie eine Transfusionsfreiheit erreicht werden bei einem Follow-up zwischen 3 bis 6 Monaten. Auch die Ergebnisse der CLIMB-121 bei den ersten 3 Patienten mit einer Sichelzellanämie sind vielversprechend. Es traten nach CTX001 keine vasookklusiven Ereignisse mehr auf und der Hb-Wert normalisierte sich.

PS

Quelle: ASH 2020, Abstract LBA-4

Myeloproliferative Neoplasmen

Treibermutationen erfolgen schon sehr früh

Wiederholte Mutationen in Tu-mor-assoziierten Genen sind die Ursache für die Manifestation von myeloproliferativen Neoplasmen. Über den Zeitpunkt der Mutationen und die Dynamik der klonalen Expansion ist bisher wenig bekannt. Die entscheidende Mutation ist JAK2V617F allein oder in Kombination mit der Mutation von DNMT3A oder TET2.
Eine neue genanalytische Studie ergab, dass die Treibermutation schon sehr früh in der Kindheit, ja sogar schon in utero erfolgt und zu einer lebenslangen klonalen Evolution führt. Daraus ergeben sich neue Strategien für die Therapie; denn der frühe Nachweis von mutiertem JAK2 zusammen mit einer Bestimmung der klonalen Expansionsrate eröffnet die Möglichkeit für eine frühzeitige Therapie, um das thrombotische Risiko zu minimieren und die Expansion des mutierten Klons zielgerichtet zu stoppen.

PS

Quelle: ASH 2020, LBA-1

Asciminib bei CML

STAMP-Inhibitor ist ein vielversprechender neuer Therapieansatz

Asciminib ist der erste Vertreter einer ganz neuen Substanzklasse, nämlich der STAMP (Specifically Targeting the ABL Myristoyl Pocket) – Inhibitoren, dessen Wirkmechanismen sich von den etablierten TKIs wesentlich unterscheidet. Letztere binden an die ATP-Domäne des BCR-ABL1 Onkoproteins. Bei Bositinib handelt es sich um einen ATP-kompetitiven TKI, der in prospektiven Studien bei Pateinten mit einer neu diagnostizierten CML oder bereits mindestens zwei TKIs erhalten hatten, seine klinische Wirksamkeit unter Beweis stellen konnte.

Im Rahmen der ASCEMBL-Studie wurden diese beiden Substanzen miteinander verglichen und zwar bei 233 Patienten in einer stabilen Phase der CML, die mit ≥ 2 TKIs vorbehandelt waren. Dabei erwies sich der STAMP-Inhibitor dem TKI signifikant überlegen und zwar in allen Subgruppen. Die mit Asciminib behandelten Patienten erreichten nach 24 Wochen eine tiefere Remission (MMR-Rate unter Asciminib 25,5% vs. 13,2% unter Bositinib). Die Zeit bis zum Erreichen der MMR betrug unter Asciminib 12,7 Wochen, unter Bositinib 14,3 Wochen. MR4 und MR4,5 erreichten mit Asciminib 10,8% bzw. 8,9%, mit Bositinib nur 5,3% bzw. 1,3%.Bei der CCyR-Rate waren es 40,8% vs. 24,2%.
Grad ≥ 3 Nebenwirkungen traten unter Asciminib bei 50,6%, unter Bositinib bei 60,5% der Patienten auf. Thrombozytopenien und Neutropenien waren bei Asciminib, Diarrhoen und Leberwerterhöhungen bei Bositinib häufiger.

PS

Quelle: ASH 2020, Abstract LBA-4

CAR-T-Zelltherapie

CD58: Ein wichtiger prädiktiver Biomarker für das Ansprechen auf die Immuntherapie

Die gegen CD19 gerichtete CAR-T-Zelltherapie hat die Behandlung des r/r DLBCL in revolutionärer Weise verbessert. Mit dieser innovativen Strategie wird bei 40-50% der Patienten eine anhaltende komplette Remission erreicht. Doch warum kommt es zu einem Therapieversagen? Eine mögliche Erklärung ist die Tatsache, dass die Lymphom-Zellen im Laufe der Zeit weniger CD19 exprimieren. Aber auch Mutationen von CD58, die zu einer Abnahme der Expression von CD58 führen, dürften eine wichtige Rolle spielen. Als ein Ligand für CD2 auf den T-Zellen bewirkt CD58 eine Kostimulation der T-Zellen. Eine Abnahme bzw. eine Mutation von CD58 hat zur Folge, dass das DLBCL gegenüber der Immuntherapie resistent wird. Der CD58-Status ist also ein wichtiger prädiktiver Biomarker für eine anhaltende Wirkung der CAR-T-Zellen beim DLBCL. Solche CD58-Mutationen gibt es bei vielen Malignomen, insbesondere beim MM und Kolonkarzinom. Diese Daten sprechen dafür, bei allen Patienten, die eine CAR-T-Zelltherapie erhalten, den CD58-Status zu bestimmen, und evtl. eine CAR-T-Zelltherapie gegen ein anderes Target einzusetzen.

PS

Quelle: ASH 2020, Abstract #703