Gedanken zum Belastungs-EKG

In den letzten Monaten gab es neben COVID-19 weitere interessante sehr praktische kardiologische Diskussionen zu den Themen Diagnostik der chronisch koronaren Herzkrankheit und zum Leitlinien konformen Verschluss eines PFO nach kryptogenem Stroke bei jüngeren Patienten/Innen. Nach 40 Jahren praktischer medizinischer Tätigkeit ist mir das Belastungs-EKG und seine Aussagefähigkeit in diesem Zusammenhang einige Gedanken wert.

Die Prävalenz der stenosierenden koronare Herzkrankheit (KHK) bei Patienten mit Thoraxschmerzen/Dyspnoe ist deutlich tiefer als bislang angenommen. 50% der Frauen und >30% der Männer mit stabiler Angina pectoris haben angiographisch keine obstruktive (> 50-70% Stenose) koronare Herzkrankheit. Das Belastungs-EKG sollte aufgrund der aktuellen Guidelines (1, 2) wegen der tiefen Sensitivität und Spezifität nicht mehr zur Ischämiediagnostik eingesetzt werden; alternativ ist die Ergometrie aber möglich, wenn kein Imaging vorhanden ist. Es besteht aber weiterhin eine prognostische Aussage der Ergometrie bei guter Leistung ohne Symptome und normalem Ruhe-EKG!
Die aktuelle Posthoc Analyse der SCOT-Heart Study, welche im Juni publiziert wurde, hat bei 3283 Patienten mit stabiler Angina pectoris die Bedeutung der Ergometrie im klinischen Alltag mituntersucht (3). Dabei war der primäre Endpunkt nach 5 Jahren Tod wegen KHK resp. nicht tödlicher Myokardinfarkt. Eine pathologische Ergometrie hat betreffend obstruktiver KHK eine Sensitivität von 39% und eine Spezifität von 91%. Bei einer Hauptstamm-Stenose von >50%, einer koronaren 3-Gefässerkrankung oder einer 2-Gefässerkrankung mit proximaler RIVA Stenose besteht eine Sensitivität von 77% bei einer Spezifität von 86% bei einem NPV von 96%. Diese Zahlen erinnern an die vielen Studien aus den 70-er und 80-er Jahren, wo die Ergometrie einen signifikant höheren Stellenwert bei ähnlichen Patienten/Innen Kollektiven hatte.
Aus klinischer Sicht bedeutet dies, dass ein Belastungs-EKG vor allem dann hilfreich ist, wenn es pathologisch ausfällt bei hoher Vortestwahrscheinlichkeit (Abb. 1).


Bei einem normalen oder nicht eindeutigen Befund sollte der Arzt möglichst eine weitere Abklärung einleiten. Die Koronar-CT ist hier eine sehr zielführende Untersuchung insbesondere bei heutiger eher tiefer Vortestwahrscheinlichkeit. Heute qualifizieren mehr Patienten für ein Koro-CT, welches eine KHK sehr gut anatomisch ausschliessen kann. Auch die funktionellen bildgebenden Verfahren zum Nachweis resp. Ausschluss einer Ischämie wie Stressecho, Szintigraphie, MRI und PET-Untersuchung sind bei der richtigen Fragestellung im kardio-logischen Praxisalltag nicht mehr zu missen.
Das korrekte Belastungs-EKG (4) bleibt somit als erste Stufe mit der richtigen individuellen klinischen Einschätzung und Erfahrung weiterhin sehr hilfreich. Es wird daher im Praxisalltag durch die Kardiologen und erfahrenen Internisten weiterhin gezielt und erfolgreich eingesetzt.

Dr. med. Urs N. Dürst

Zelglistrasse 17
8127 Forch

u.n.duerst@ggaweb.ch

1. ESC Guidelines 2019: CCS
2. Manual zum Stellenwert der Ergometrie DGK 2018; Der Kardiologe 5/2018
3. JAMA Cardiology 2020; DOI: 10.1001/jamacardio.2020.1567
4. Ergometrie, Novotny Florian, Dürst Urs, Wyss Christophe, Praxis in Press

Foramen ovale apertum

Das Foramen ovale apertum (PFO) ist eine anatomische Kommunikation zwischen dem linken Vorhof und rechten Vorhof bei fehlendem Verschluss der Fossa ovalis nach der Geburt. Dem PFO kommt per se keine pathologische Bedeutung zu. Die Verbindung zwischen den beiden Vorhöfen ergibt aber die Möglichkeit eines Übertritts von thrombotischem Material oder anderen Substanzen vom venösen in den arteriellen Kreislauf. Die paradoxe Embolie von Thrombusmaterial spielt eine Rolle in der Pathophysiologie des kryptogenen Schlaganfalls. Der perkutane PFO-Verschluss in Ergänzung zur medikamentösen Therapie ist eine ausgezeichnete Option, um weitere Schlaganfälle zu verhindern. Dieser Artikel beschreibt die Pathophysiologie der paradoxen Embolie, die Abklärungen, die nötig sind, um das PFO als Ursache zu identifizieren, und die Technik des PFO-Verschlusses, sowie die Langzeitbehandlung bei kryptogenem Schlaganfall und PFO.

Paradoxe Embolie durch das Foramen ovale apertum als Ursache des kryptogenen Schlaganfalls

Ein PFO findet sich bei etwa 25 % der Bevölkerung. Obwohl bereits vor 150 Jahren das gleichzeitige Vorkommen von Lungenembolien und peripheren Embolien bei Patienten mit weit offenem PFO beschrieben wurde, wurde erst 1988 die erhöhte Prävalenz eines PFO bei jungen Patienten mit kryptogenem Schlaganfall aufgezeigt (1). Durch das PFO können neben thrombotischem Material auch Gase, entsättigtes Blut oder vasoaktive Substanzen vom venösen in den arteriellen Kreislauf gelangen und zu den entsprechenden Krankheitsbildern führen (Tab. 1). Klinisch am bedeutungsvollsten ist allerdings die paradoxe Embolie als Ursache des kryptogenen Schlaganfalls. Nach einem kryptogenen Schlaganfall gilt es, das PFO zu suchen und nachher zwischen einem inzidentellen PFO und einem ursächlichen PFO zu unterscheiden. In einer Metaanalyse von 23 Studien wurde gezeigt, dass ca. ein Drittel der PFOs inzidentell sind und 67 % ursächlich (Abb. 1) (2). Je jünger der Patient ist, umso wahrscheinlicher ist das PFO und eine dadurch mögliche paradoxe Embolie ursächlich für den kryptogenen Schlaganfall. Bei unter 55-jährigen Patienten ist nach kryptogenem Schlaganfall und Vorliegen eines PFOs dasselbe in 80 % ursächlich für den Schlaganfall.

Wird bei einem Patienten mit kryptogenem Schlaganfall ein PFO gefunden, kann die Wahrscheinlichkeit, dass das PFO ursächlich ist, nicht nur aufgrund des Alters, sondern auch aufgrund des Embolisationsmusters im Hirn, der Anatomie des PFOs und aufgrund klinischer Hinweise abgeschätzt werden (Tab. 2). Gleichzeitig bestehende venöse Thrombosen oder Lungenembolien sprechen für eine paradoxe Embolie durch das PFO. Da eine paradoxe Embolie, d. h. ein Rechts-Links-Shunt, durch eine Druckerhöhung im rechten Vorhof begünstigt wird, wird das Auftreten eines Schlaganfalls nach einem Pressmanöver, wie z.B. nach dem morgendlichen Toilettengang, beim Trompete oder anderen Blasinstrument spielen, beim Aufheben schwerer Last etc., die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen PFOs erhöhen. Die Wahrscheinlichkeit, dass der kryptogene Schlaganfall dem PFO geschuldet ist, wird häufig auch anhand des RoPE-Scores abgeschätzt. Der RoPE-Score verwendet das Alter des Patienten, die kardiovaskulären Risikofaktoren und das Embolisationsmuster im Hirn sowie vorausgegangene Schlaganfälle, um die Wahrscheinlichkeit vorauszusagen (3). Obwohl der RoPE-Score häufig verwendet wird, ist er schlecht validiert und für sich alleine als Entscheidungsgrundlage nicht geeignet (4).

Abklärungen bei Verdacht auf kryptogenen Schlaganfall

Die Ursache für einen ischämischen zerebrovaskulären Insult ist in 25% eine Arteriosklerose der hirnzuführenden Arterien, in 25 % eine Erkrankung der kleinen Hirnarterien, in 20 % eine Embolie aus dem Herzen und in 5 % andere Ursachen, wie eine Dissektion der Hirnarterien oder eine Arteriitis (5). In 25 % findet sich keine Ursache und man spricht von einem kryptogenen Schlaganfall. Bei nichtlakunären Schlaganfällen ohne erkennbare Ursache, aber mit Hinweisen auf ein embolisches Geschehen, wie z. B. dem Vorliegen eines PFOs, spontanem Echokontrast im linken Vorhofohr, Non-Compaction des linken Ventrikels etc., spricht man auch von einem Embolic Stroke of Unknown Source (ESUS) (5). Die Diagnose eines kryptogenen Schlaganfalls kann daher nur gestellt werden, wenn andere Ursachen ausgeschlossen sind. Dafür sind mehrere Untersuchungen nötig (Tab. 3). Im Vordergrund steht dabei die Bildgebung des Hirns und der hirnzuführenden Arterien mittels CT oder MRI und Duplexsonographie. Bei jungen Patienten ohne Arteriosklerose ist eine Dissektion der Karotis oder der Vertebralis unbedingt auszuschliessen.
Das Elektrokardiogramm oder ein Langzeit-EKG von 24 bis 72 Stunden, ev. auch eine Langzeitaufzeichnung, sind nötig, um ein Vorhofflimmern auszuschliessen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein okkultes Vorhofflimmern vorliegt, ist altersabhängig. Bei jungen Patienten mit normaler Herzfunktion ist das Vorhofflimmern eine Rarität. Bei Patienten über 60 Jahren oder bei vergrösserten Vorhöfen wird die Wahrscheinlichkeit, dass ein Vorhofflimmern vorliegt, höher und die entsprechende Suche nach Vorhofflimmern wichtiger.
Die transthorakale Echokardiographie dient zum Ausschluss einer kardio-embolischen Quelle. Liegt keine Pathologie am Myokard oder den Klappen vor oder besteht der Verdacht auf eine paradoxe Embolie durch das PFO wird eine transoesophageale Echokardiografie (TEE) angeschlossen. Meist wird bereits bei der transthorakalen Echokardiografie, sicher aber bei der TEE ein Bubble-Test durchgeführt (Abb. 2) um festzustellen, ob ein Rechts-Links-Shunt in Ruhe vorliegt oder mittels eines Valsalva Manövers provoziert werden kann. Die TEE ermöglicht zum einen den Ort des Rechts-Links-Shunts zu eruieren, zum anderen Shuntvitien wie ein Vorhofseptumdefekt, falsch mündende Lungenevenen oder eine pulmonale A-V Malformation auszuschliessen. Mittels TEE wird die Morphologie und Anatomie des PFO und des Vorhofs visualisiert, was wichtig ist für einen eventuellen PFO Verschluss. Die Evaluation der Grösse des PFOs in der TEE ist jedoch problematisch, da das Septum primum deckelförmig mehr oder weniger aufgeht und der Bubble-Übertritt damit von der Qualität des Valsalva-Manövers abhängt (Abb. 2). In der TEE kommt in der 2-D Darstellung die schlitzförmige Öffnung des PFO meist als kleine Lücke von 1-4 mm zur Darstellung. In Wirklichkeit variiert die anatomische Grösse des PFO von 4 bis 16 mm, im Mittel beträgt sie 8 ± 3 mm (6, 7).

Keine routinemässige Thrombophilieabklärung

Verschiedene Richtlinien empfehlen bei kryptogenem Schlaganfall und offenem PFO die routinemässige Thrombophilieabklärung (8). Evidenz für diese Empfehlung gibt es nicht. Die angeborenen Thrombophilien d.h. Prothrombin-Mutation, Protein-C, Protein-S, Antithrombin-III sind alle nicht und die Faktor-V-Leiden-Mutation ebenfalls nicht oder höchstens schwach mit einem Schlaganfall bei PFO assoziiert (9, 10). Die erworbene Thrombophilie also das Antiphospholipid-Antikörper-Syndrom kann in seltenen Fällen verbunden sein mit ischämischen Schlaganfällen bei jüngeren Patienten. Die Diagnose ergibt sich aus klinischen Kriterien und stark erhöhten Antikörper über mehrere Monate. Einmalig und nur leicht erhöhte Antikörper sind ungenügend für die Diagnosestellung (9) und rechtfertigen nicht eine orale Antikoagulation. Von einer routinemässigen Thrombophilieabklärung bei einem Patienten mit kryptogenem Schlaganfall ohne weitere klinische Hinweise auf eine Hyperkoagulabilität wird deshalb abgeraten (4, 9, 10). Eine routinemässige Thrombophilieabklärung verbietet sich auch wegen der daraus entstehenden Kosten. Zudem besteht die Gefahr, dass der Patient unnötigerweise oral antikoaguliert wird (10).

Technik des perkutanen PFO-Verschlusses

Der perkutane PFO-Verschluss wird in vielen Zentren unter Überwachung mittels Angiografie und TEE durchgeführt, was meist eine Vollnarkose nötig macht. Der PFO Verschluss ist auch mittels angiografischer Überwachung allein und bei Bedarf dem Einsatz einer intrakardialen Echokardiografiesonde, möglich. Allerdings ist eine vorgängige, qualitativ genügende TEE nötig, um den Eingriff zu planen. In der Tabelle 4 sind die Technik und das praktische Vorgehen wie es am Stadtspital Triemli praktiziert wird aufgeführt. Das Verschlusssystem wird über den Führungskatheter, welcher nach dem Sondieren des PFOs in der linken oberen Lungenvene oder im linken Vorhof liegt, eingeführt. Der linksatriale Anteil des Verschlusssystems wird im linken Vorhof eröffnet (Abb. 3A). Er entfaltet sich wie ein Schirm. Daher der Name Schirmverschluss. Der «Schirm» wird nun gegen das interatriale Septum gezogen und fasst das Septum primum und Septum secundum (Abb. 3B). Mittels Kontrastinjektion in den rechten Vorhof über den Führungskatheter wird die Position überprüft. Dann wird der rechtsatriale «Schirm» entfaltet und eine erneute Kontrolle der Position des PFO-Occluders durchgeführt (Abb. 3C). Bei guter Position wird der Occluder freigesetzt (Abb. 3D). Die Kontrolle am nächsten Tag umfasst eine transthorakale Echokardiographie zur Überprüfung der Lage des Occluders, eine Laborkontrolle zur Sicherstellung, dass keine kardiale Schädigung aufgetreten ist (CK, Troponin) und das Aufzeichnen eines EKGs zum Dokumentieren, dass der Patient nicht im Vorhofflimmern ist. Nach sechs Monaten wird eine Kontrollechokardiographie durchgeführt zur Überprüfung des vollständigen Einwachsens des Occluders (Abb. 3F).
Die häufigste Komplikation bei der Implantation ist das Auftreten eines Hämatoms an der Einstichstelle. Selten kommt es zu anderen unerwünschten Komplikationen, wie z.B. eine Kontrastmittelallergie, vago-vasale Reaktion, oder kleinen Luftembolien. Noch seltener kommt es zu vaskulären Komplikationen an der Einstichstelle, einer Embolisation des Verschlusssystems oder einem Perikarderguss.

Wirksamkeit und Sicherheit des perkutanen PFO Verschlusses

Aufgrund der Pathophysiologie der paradoxen Embolie bietet sich der Verschluss des PFOs für eine optimale Sekundärprävention an. Leider haben die ersten randomisierten Studien (CLOSURE I (11), PC-Trial (12), RESPECT (13), welche eine medikamentöse Therapie (Aspirin oder OAK) gegen den perkutanen PFO-Verschluss verglichen haben, keinen signifikanten Vorteil für den PFO-Verschluss gebracht. Die Ursachen für dieses neutrale Ergebnis waren neben einer suboptimalen Patientenselektion, eine niedrigere als erwartete Ereignisrate, eine zu kurze Nachbeobachtungszeit, viele «Crossovers» (12, 13) und Komplikationen durch ein schlechtes Verschlusssystem (11). Eine Verlängerung der Nachbeobachtungszeit hat denn auch im RESPECT-Trial den Vorteil des PFO-Verschlusses gegenüber der medikamentösen Therapie gezeigt (14). In der Folge wurden von Neurologen Studien durchgeführt, nämlich die REDUCE-Studien (15) und die CLOSE-Studie (16) und von Kardiologen die DEFENSE-PFO-Studie (17), welche den Vorteil des PFO-Verschlusses zur Verhinderung eines erneuten Schlaganfalls eindeutig belegten (Tab. 5).
Bezüglich Sicherheit sind neben den oben angeführten periprozeduralen Ereignissen vor allem das Auftreten eines Vorhofflimmerns zu erwähnen. Im Mittel kam es in 4.2% der Patienten zu einem Vorhofflimmern. Bei den Disc-Occludern (Amplatzer, Figulla) war die Rate tiefer. Das Vorhofflimmern trat periprozedural auf, war meist selbstlimitierend und 30 Tage nach der Implantation eine Seltenheit. Die Wertigkeit dieser kurzdauernden Vorhofllimmerepisoden ist nicht klar. Sie haben in den sechs Studien im Langzeitverlauf nicht zu Schlaganfällen geführt (18).
Aufgrund des Abwägens von Nutzen und Risiko in den vorliegenden Studien empfiehlt deshalb die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Tab. 5), dass bei Patienten zwischen 16 und 60 Jahren (nach neurologischer und kardiologischer Abklärung) mit einem kryptogenen Schlaganfall und offenem Foramen ovale mit moderatem oder ausgeprägtem Rechts-Links-Shunt ein interventioneller PFO-Verschluss durchgeführt werden soll (19). Die Amerikanische Akademie für Neurologie hat die Evidenz der sechs Studien ebenfalls sorgfältig reevaluiert und kommt zum gleichen Schluss (18).

Medikamentöse Therapie bei kryptogenem Schlaganfall und PFO

Die Richtlinien empfehlen bei Patienten mit kryptogenem Schlaganfall eine lebenslange anti-thrombotische Therapie (20). Wenn beim kryptogenen Schlaganfall bei PFO eine paradoxe Embolie als Ursache angenommen wird, müsste konsequenterweise eine orale Antikoagulation empfohlen werden. Es gibt aber bis jetzt keine genügend grossen randomisierten Studien, welche den Vorteil einer OAK gegenüber der Plättchenhemmung belegt hätten. Die Meta-analysen waren abhängig von den berücksichtigten Studien leider auch uneinheitlich. Dementsprechend sind die Empfehlungen uneinheitlich. Die deutsche Gesellschaft für Neurologie empfiehlt bei allen Patienten die anti-thrombotische Therapie (19), die europäischen und die amerikanischen Richtlinien empfehlen je nach embolischem und/oder Blutungsrisiko die anti-thrombotische Therapie oder die Antikoagulation einzusetzen (4, 18).
Nach einem PFO Verschluss macht eine Antikoagulation keinen Sinn mehr. Zur Nachbehandlung braucht es eine anti-thrombotische Therapie. In den ersten Studien wurde die anti-thrombotische Therapie meist nach sechs Monaten gestoppt. In den neueren Studien wurde sie für zwei Jahre oder die Dauer der Studie beibehalten – mit entsprechend besseren Resultaten (Tab. 5). Es gilt daher der Konsensus, dass die anti-thrombotische Therapie je nach Schlaganfallgefährdung als Ergänzung zum PFO Verschluss individuell angepasst weiter gegeben werden soll (4). Bei jungen Patienten kann sie nach sechs Monaten gestoppt werden, bei älteren Patienten soll sie 2-5 Jahre weitergeführt werden. Bei Vorliegen von kardiovaskulären Risikofaktoren oder einer Arteriosklerose soll sie lebenslang gegeben werden.

PFO Verschluss bei Patienten >60 Jahre und bei Patienten mit kardiovaskulären Risikofaktoren

Auch bei Patienten über 60 Jahren ist das PFO assoziiert mit kryptogenen Schlaganfällen (21). 61 % der kryptogenen Schlaganfälle treten bei über 60-jährigen Patienten auf. Da höheres Alter verbunden ist mit mehr Risikofaktoren für eine venöse Thrombose, ist auch in dieser Altersgruppe die paradoxe Embolie eine wichtige Ursache des kryptogenen Schlaganfalls. Die Rezidivrate des kryptogenen Schlaganfalls bei älteren Patienten ist zudem höher als bei jüngeren Patienten. Leider ist die Studienlage noch nicht klar, ob auch bei diesen Patienten ein PFO-Verschluss sinnvoll ist (21, 22). In den bestehenden Studien fand sich kein Gradient bezüglich Nutzen des PFO Verschlusses zwischen Patienten <45 Jahren und >45-60 Jahren (18). Vorausgesetzt es erfolgte vorgängig eine sorgfältige Abklärung spricht die Evidenz für den Nutzen des PFO-Verschluss auch bei Patienten über 60 Jahren (18, 21, 22).
Ebenfalls ungeklärt ist die Frage, ob Patienten mit Arteriosklerose vom PFO Verschluss profitieren. Auch nach sorgfältiger neurologischer und kardiologischer Evaluation haben aus eigener Erfahrung etwa 10% der Patienten über 40 Jahre und der Patientinnen über 50 Jahre klinisch nicht manifeste arteriosklerotische Veränderungen. Der PFO Verschluss wird weitere paradoxe Embolien verhindern. Zur Verhinderung von arteriosklerotisch bedingten ischämischen Schlaganfällen muss aber eine lebenslange anti-thrombotische Therapie und strikte Kontrolle der kardiovaskulären Risikofaktoren zusätzlich eingesetzt werden.

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

Prof. Dr. med. Franz R. Eberli

Stadtspital Zürich Triemli
Klinik für Kardiologie
Birmensdorferstrasse 497
8063 Zürich

franz.eberli@triemli.zuerich.ch

Der Autor war Teil des Clinical Event Committee’s der PC Studie. Er nimmt gegenwärtig an der TREVISIO Studie und der CATALYST Studie der Firma ABBOTT (Hersteller der Amplatzer Verschlussysteme) teil. Die Institution des Autors erhält Forschungsgelder von folgenden Firmen: ABBOTT, Astra Zeneca, Biotronik, Biosensors, Boston Scientific, Cardinal, Fumedica, Medtronic, Terumo.

  • Bei Patienten mit kryptogenem Schlaganfall soll nach sorgfältiger neurologischer und kardiologischer Abklärung zum Ausschluss von anderen Ursachen ein Foramen ovale apertum gesucht werden.
  • Bei Vorliegen eines PFO ist es in einem hohen Prozentsatz ursächlich für den Schlaganfall.
  • Der perkutane PFO Verschluss ist der alleinigen medikamentösen Therapie als Sekundärprävention beim kryptogenen Schlaganfall und PFO überlegen.
  • Die Kombination PFO Verschluss und längerdauernde anti-thrombotische Therapie verhindert erneute Schlaganfälle am sichersten.

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19. Diener HC, Grau A, Baldus S. Kryptogener Schlaganfall und offenes Foramen ovale, S2e Leitlinie. In: Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie 2018. Herausgegeben von der Kommission Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. Gemeinsame Empfehlungen der DGN, der DSG und der DGK, 2018.
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21. Mazzucco S, Li L, Binney L, Rothwell PM, Oxford Vascular Study Phenotyped C. Prevalence of patent foramen ovale in cryptogenic transient ischaemic attack and non-disabling stroke at older ages: a population-based study, systematic review, and meta-analysis. Lancet Neurol 2018;17:609-617.
22. Gaspardone A, Sgueglia GA. Cryptogenic stroke over 60 years of age: should patent foramen ovale be closed? Eur Heart J Suppl 2020;22:E82-E86.

Neue Lipidrichtlinien der ESC

Die neue, in 2019 präsentierte ESC/EAS Leitlinie zum Management von Dyslipidämie wurde mit Spannung erwartet und enthält viele praxisrelevante Neuerungen. Das LDL-Cholesterin steht wie bereits 2016 im Mittelpunkt. Die kardiovaskuläre Risiko Klasse, die Rolle von Bildgebung für eine Früherkennung der Atherosklerose und die LDL-Zielwerte wurden neu definiert und die Empfehlungen für alte und neue lipidsenkende Medikamente werden schematisch zusammengefasst, basierend auf den neuesten wissenschaftlichen Ergebnissen. Zudem enthalt­en die Leitlinie auch spezifische Informationen über spezielle Kategorien, wie z.B. Frauen, Personen mit familiärer Dyslipidämie oder betagte Menschen, und erwähnt im welchem Bereich die wissenschaftliche Datenlage noch ungenügend ist. Obwohl diese Europäische Leitlinie nicht 1 zu 1 für die Schweiz passend ist, ist es sehr wichtig, diese zu kennen und mit Wissen und Gewissen einzusetzen.

Gemäss der «CH-Gesundheit Befragung 2019» des Bundesamts für Statistik (1) wird die Hypercholesterinämie weniger häufig kontrolliert als andere kardiovaskuläre Risikofaktoren: 2017 hatten 45% der Männer und 47% der Frauen innerhalb eines Jahres ihre Cholesterinwerte kontrollieren lassen; beim Bluthochdruck waren es z.B. 71% der Männer und 82% der Frauen. 2017 war eine Dyslipidämie (bekannte erhöhte Cholesterinspiegel oder Einnahmen eines cholesterinsenkenden Medikamentes) bei 13% der Bevölkerung bekannt. Ab 65 Jahren steigt die Inzidenz der Dyslipidämie auf 32%, Männer waren in dieser Altersgruppe häufiger als Frauen (36% gegenüber 28%) betroffen.

Bedeutung der LDL-Senkung

Hypercholesterinämie ist einer der am umfassendsten dokumentierten modifizierbaren kardiovaskulären (KV) Risikofaktoren (2, 3). Zu viel LDL-Cholesterin (LDL-C) im Blut führt jedoch zu ernsthaften Gesundheitsschäden und vorzeitiger Sterblichkeit durch die Atherothrombose und deren Folgen.
Epidemiologische Studien zeigen, dass das LDL-C direkt mit dem Herzinfarktrisiko und der Sterblichkeit durch Herzkreislauf-Erkrankungen korreliert (3).
Aktuelle genetische Untersuchungen zeigen, dass Personen mit einem angeborenen niedrigen LDL-C-Spiegel ein tiefes kardiovaskuläres Risiko aufweisen, während eine familiäre Veranlagung zu hohem LDL-C das kardiovaskuläre Risiko erhöht (3). Es ist sehr gut dokumentiert, dass eine LDL-C Senkung mit Statinen oder durch Lebensstilveränderungen, andere Medikamente oder durch die Lipid-Apherese zu einer parallelen Senkung des Herz-Kreislauf-Risikos führt (2, 3).
Um das Risiko eines kardiovaskulären Ereignisses zu senken, ist es deshalb wichtig, das LDL-C zu senken und das so tief und so früh wie möglich.

Zusammenfassung der 2019 Dyslipidämie-Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) und der European Atherosclerosis Society (EAS)

Die 2019 veröffentlichten Dyslipidämie-Richtlinien der ESC und EAS (2) unterscheiden vier Kategorien von Personen/Patienten, die zu sehr hohem, hohem, moderatem oder niedrigem kardiovaskulärem Risiko gehören (Tab. 1).
Zur «sehr hohen» Risikokategorie gehören Patienten mit dokumentierter atherosklerotischer kardiovaskulärer Erkrankung (ASCVD) oder einem kalkulierten SCORE (Systematic COronary Risk Evaluation)-Risiko ≥ 10% sowie Personen mit Familiärer Hypercholesterinämie (FH) in Kombination mit ASCVD oder einem anderen bedeutenden kardiovaskulären Risikofaktor. Auch Patienten mit schwerer chronischer Nierenerkrankung (eGFR < 30ml / min/1,73m2) oder einem Diabetes mellitus Typ 2 mit Endorganschädigung, ≥ 3 grossen Risikofaktoren oder lange zurückliegendem Diabetes mellitus Typ 1 (>20 Jahre) fallen unter die höchste Risikokategorie. Bei Personen/Patienten mit «sehr hohem» kardiovaskulärem Risiko sollte das LDL < 50% von Baseline gesenkt werden mit Zielwert <1.4 mmol/l (Tab. 2) (2).

Bei Patienten mit FH und Risikofaktoren, aber ohne ASCVD, sowie bei Patienten mit schwerer Nierenerkrankung ohne ASCVD gilt die strengere LDL-Zielvorgabe somit schon für die Primärprävention. Und das auch wenn die Evidenz dafür nicht so gut wie für die Sekundärprävention ist. Zur «hohen» Risikokategorie gehören Patienten mit SCORE ≥5% und <10%, mit einem markant erhöhten einzelnen Risikofaktor (z.B. TC >8 mmol/l oder LDL-C >4,9 mmol/l oder BD ≥180/110 mmHg), Personen mit FH ohne weitere Risikofaktoren oder mit moderater Niereninsuffizienz (eGFR 30 – 59 ml/min), Diabetes mellitus Typ 2 ohne Endorganschaden oder Diabetes mellitus Typ 1 seit 10 - 20 Jahren. Für Patienten mit als «hoch» eingestuftem Risiko lautet die Empfehlung, das LDL-Cholesterin soll mindestens 50% relativ zum Ausgangswert reduziert werden mit Zielwert < 1.8 mmol/l. Bei «moderater» Risikoerhöhung (Tab. 1) sollten die Werte möglichst unter 2.6 mmol/l liegen, während bei Patienten mit niedrigem Risiko (Tab. 1) Werte unter 3 mmol/l als Ziel in Betracht gezogen werden können (2, 4).
Neu ist auch, dass Bildgebung (CT-basierte Koronarkalk-Messung oder Ultraschall-Messung zur Ermittlung des Plaque-Befalls in den Karotis- oder Femoralarterien) zur Verbesserung der Risikoprädiktion bei asymptomatischen Personen mit einem als niedrig oder moderat erhöht eingestuften Risiko in Betracht gezogen werden (Klasse-IIa-Empfehlung) (2, 4).

Lipidsenkende Therapie

Nichtmedikamentöse Massnahmen (Ta-bakentwöhnung, Ernährungsumstellung, regelmässige Bewegung mit mindestens 30 – 45 min aerobem Training dreimal wöchentlich, Gewichtsabnahme bei Übergewicht) sollten immer eine notwendige medikamentöse Behandlung begleiten. Eine nicht-pharmakologische Therapie ist aber selten als alleinige Massnahme ausreichend: Durch Lebensstil-Veränderungen kann das LDL-Cholesterin nur um 10 – 20% reduziert werden. Die LDL-C Spiegel im Blut sind wesentlich von der Regulation in der Leber (nicht der Nahrungsaufnahme) abhängig, die genetisch bestimmt ist (2, 4).
Allerding wird die Qualität der LDL-Partikel positiv beeinflusst: Eine Ernährung reich an Anti-Oxidantien (Früchte, Gemüse, Nüsse, …) und der Verzicht auf Pro-Oxidantien (Tabak, Transfett, …) kann die Oxidation von LDL vermindern und dadurch möglicherweise einen günstigen Effekt auf das Herzkreislaufsystem erzielen.

Statine

Die neuen Leitlinien betonen erneut, dass wenn eine Therapie mit Medikamenten notwendig ist, Statine die Therapie der ersten Wahl darstellen (2, 4). Statine hemmen die körpereigene Bildung von Cholesterin in der Leber. Um den Cholesterinbedarf der Leber zu decken, werden auf ihrer Oberfläche mehr LDL-Rezeptoren gebildet. Infolgedessen kann die Leber mehr LDL-C aus dem Blut aufnehmen und der LDL-C Wert im Blut sinkt. Für Statine ist in grossen wissenschaftlichen Untersuchungen bewiesen, dass sie das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall senken und ihre Einnahme über viele Jahrzehnte sicher ist (5, 6).
Die möglichen Nebenwirkungen von Statinen und das klinischenVorgehen bei Patienten, die über solche Symptome berichten, ist ebenfalls in den Guidelines in Detail erklärt (2, 7).
Zu betonen ist, dass die Vorteile der Statintherapie das Risiko von Nebenwirkungen deutlich überwiegen (2, 7).
Senken die Statine das LDL-C nicht in den Zielbereich oder werden sie nicht toleriert, empfehlen die Leitlinien den Einsatz einer nicht-Statin Therapie wie Ezetimib oder PCSK9-Hemmer (2, 4, 8).

Ezetimibe

Ezetimib hemmt die Cholesterinaufnahme im Darm durch Blockierung des Cholesterin-Transporters Niemann-Pick C1-like Protein 1 (NPC1L1) (9). Die Standarddosis von 10 mg/Tag als Monotherapie senkt das LDL-Cholesterin um etwa 15 – 20% (8). Die Kombinationstherapie mit Statinen ist besonders sinnvoll: Die IMPROVE-IT-Studie (9) zeigte bei 18.144 Teilnehmern mit kardiovaskulären Krankheiten, dass die Kombination Simvastatin-Ezetimib die kardiovaskulären Ereignisse (Kombination der Ereignisse kardiovaskulärer Tod, Herzinfarkt, erneute Hospitalisierung wegen instabiler Angina, Revaskularisation und Schlaganfall) signifikant stärker als die Monotherapie mit Simvastatin senkt (9).
Kein Unterschied zeigte sich hingegen bei der Mortalität. Zudem wurde kein signifikanter Unterschied in den Sicherheitsparametern zwischen den beiden Behandlungsstrategien und kein Unterschied bezüglich Nebenwirkungen auch bei sehr niedrigem LDL-C festgestellt (9).

PCSK9-Hemmer

Diese vollhumanen monoklonalen Antikörper senken die Plasma-Konzentration von Proprotein convertase subtilisin/kexin type 9 (PCSK9) und führen dadurch zur Erhöhung der LDL-Rezeptordichte und somit Senkung der Plasmaspiegel von LDL-C (8). PCSK9-Hemmer sind besonders wichtig für Hochrisikopatienten und Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie, welche mit anderen lipidsenkenden Therapien keine ausreichende LDL-C Senkung erreichen können.
Zwei Medikamente dieser Klasse sind in der Schweiz zugelassen, Alirocumab und Evolocumab, deren Wirksamkeit und Sicherheit in den Studienprogrammen ODYSSEY bzw. PROFICIO evaluiert wurden.
Die GL basieren die neuen Empfehlungen auf zwei doppelblinde, randomisierte, Plazebo-kontrollierte Outcome Studien: FOURIER (10) mit Evolocumab und ODYSSEY OUTCOME (11) mit Alirocumab.
In FOURIER (10) wurden 27 564 Studienteilnehmer mit einer manifesten kardiovaskulären Erkrankung (Myokardinfarkt, MI), ischämischem Schlaganfall oder symptomatischer PAVK und einem LDL-Cholesterin-Wert von ≥1,8 mmol/l unter Statin-Therapie eingeschlossen. Es wurde gezeigt, dass die Kombination von Evolocumab und Statine das Risiko für den primären Endpunkt (Kombination von kardiovaskulärem Tod, Herzinfarkt, Schlaganfall, Hospitalisation wegen unstabiler Angina und Koronar-Revaskularisation) über 2,2 Jahren gegenüber Plazebo signifikant senkt. Dies bedeutet eine absolute Risikoreduktion um 1,5% bzw. eine relative um 15% (10).
In der ODYSSEY-Outcome-Studie (11) mit Alirocumab, wurde der Effekt von Alirocumab auf kardiovaskuläre Ereignisse bei ca. 18 000 Patienten nach Myokardinfarkt im Jahr vor Studieneinschluss evaluiert. Die Studie erreichte ihren primären Endpunkt und zeigte, dass Alirocumab das Risiko für schwere kardiovaskuläre Ereignisse (MACE) signifikant senkt. Auch diese Studie zeigte eine absolute Risikoreduktion um 1,5% bzw. eine relative um 15% (11).
In der Schweiz ist der Einsatz von PCSK9-Hemmer durch eine Limitatio eingeschränkt (Tab. 3). Deshalb sollen die Patienten vor Beginn einer Therapie mit PCSK9-Hemmern von Spezialisten diagnostiziert und betreut werden.
Die Empfehlungen für Fibrate, Anionenaustauschharze und LDL-Apherese sind in den aktuellen GL unverändert geblieben (2).

Praktischer Einsatz der Leitlinie

Mit den genannten Lipidsenkern und ihren Kombinationen lässt sich der LDL-C-Spiegel nach Auffassung der Leitlinien-Verfasser in dem für das Erreichen der Zielwerte erforderlichen Mass senken. Bei Patienten mit bestätigter Dyslipidämie soll das kardiovaskuläre Risiko immer evaluiert werden, durch Score oder direkt wenn eine Person zu der Risikokategorie «Sehr hohes Risiko» oder «Hohes Risiko» gehört (www.agla.ch, Tab. 1).

Faktoren wie das biologische Alter, die Lebenserwartung, andere kardiovaskuläre Risikofaktoren/Krankheiten, Polypharmazie, und die Familienanamnese sind wichtige Faktoren, welche die Indikation für eine lipidsenkende Therapie beeinflussen sollen.
Zu Beginn sollten die Patienten auf die maximal verträgliche Dosis eines Statins eingestellt werden. Reicht das nicht aus, um das risikoadaptierte Therapieziel für die LDL-C-Reduktion zu erreichen, wird nun mit mehr Nachdruck die Kombination mit Ezetimib empfohlen. Genügt auch das nicht, und sind die Limitationen (Tab. 3) erfüllt, besteht die nächste Option in der Zugabe eines PCSK9-Hemmers. Mit intensiver Statin-Monotherapie kann eine LDL-C-Senkung um 50%, mit intensiver Statin- plus Ezetimib-Therapie um 65% und mit einer Dreier-Kombination unter Einschluss eines PCSK9-Hemmers um 85% erreicht werden (2).
Die Richtlinien dienen als wertvolle Hilfe für unsere tägliche Praxis, es bleibt den einzelnen Ärzten überlassen, wie sie die Richtlinien umsetzen.

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Prof. Dr. med. Isabella Sudano

Hypertonie-, Lipid-, Tabakentwöhnungssprechstunde
Kardiovaskuläre Forschung
Universitäres Herzzentrum, Klinik für Kardiologie
UniversitätsSpital Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zürich

isabella.sudano@usz.ch

Konsulting- und Referentenhonorare und Vergütung von Reisespesen von Amgen, Astra-Zeneca, Boston-Scientific, Daiichi-Sankio, Medtronic, MSD, Novartis, Recordati, Sanofi und Servier. Die Autorin war Reviewer der ESC/EAS Lipidrichtlinien 2019 and Board-Mitglied der AGLA.

  • Dyslipidämie/Hypercholesterinämie sind in der Schweiz deutlich unterdiagnostiziert und unterbehandelt.
  • Bei Plasma LDL-C gilt «the lower the better»: Eine Senkung um 1 mmol/l entspricht einer Reduktion des kardiovaskulären Risikos um 20% und es gibt keine bekannten unerwünschten Effekte bei sehr tiefen LDL-C-Werten (<1 mmol/l).
  • Bei Diagnose einer familiären Hypercholesterinämie soll die Therapie so früh wie möglich etabliert sein («the earlier the better»).
  • Nicht nur Patienten in sekundär Prävention weisen ein sehr hohes resp. hohes kardiovaskuläres Risiko auf: in solchen Fällen soll die Therapie intensiv sein mit den Ziel, das LDL-C um >50% zu reduzieren und einen Zielwert von <1,4 mmol/l resp. 1.8 mmol/l zu erreichen.
  • Statine sind die Medikamente erster Wahl. Wenn Statine nicht toleriert sind oder die Zielwerte nicht erreicht werden können, sollen nicht-Statin Medikamente wie Ezetimib oder PCSK9-Hemmer eingesetzt werden.

1. CH-Gesundheit Befragung 2019. In: Statistik Bf, editor. 2019.
2. Mach F, Baigent C, Catapano AL, Koskinas KC, Casula M, Badimon L, et al. 2019 ESC/EAS Guidelines for the management of dyslipidaemias: lipid modification to reduce cardiovascular risk. Eur Heart J. 2020;41(1):111-88.
3. Ference BA, Ginsberg HN, Graham I, Ray KK, Packard CJ, Bruckert E, et al. Low-density lipoproteins cause atherosclerotic cardiovascular disease. 1. Evidence from genetic, epidemiologic, and clinical studies. A consensus statement from the European Atherosclerosis Society Consensus Panel. Eur Heart J. 2017;38(32):2459-72.
4. Riesen WF, Kaiser W, Gallino A, Von Eckardstein A, Theus G, Beer JH. Neue ESC/EAS-Dyslipidämie-Guidelines. SWISS MEDICAL FORUM. 2020;20(9-10).
5. Cholesterol Treatment Trialists C, Baigent C, Blackwell L, Emberson J, Holland LE, Reith C, et al. Efficacy and safety of more intensive lowering of LDL cholesterol: a meta-analysis of data from 170,000 participants in 26 randomised trials. Lancet. 2010;376(9753):1670-81.
6. Collins R, Reith C, Emberson J, Armitage J, Baigent C, Blackwell L, et al. Interpretation of the evidence for the efficacy and safety of statin therapy. Lancet. 2016;388(10059):2532-61.
7. Mach F, Ray KK, Wiklund O, Corsini A, Catapano AL, Bruckert E, et al. Adverse effects of statin therapy: perception vs. the evidence – focus on glucose homeostasis, cognitive, renal and hepatic function, haemorrhagic stroke and cataract. Eur Heart J. 2018;39(27):2526-39.
8. Barthelmes J, Sudano I. Praxis (Bern 1994). 2017;106(17):933-40.
9. Cannon CP, Blazing MA, Giugliano RP, McCagg A, White JA, Theroux P, et al. Ezetimibe Added to Statin Therapy after Acute Coronary Syndromes. N Engl J Med. 2015;372(25):2387-97.
10. Sabatine MS, Giugliano RP, Keech AC, Honarpour N, Wiviott SD, Murphy SA, et al. Evolocumab and Clinical Outcomes in Patients with Cardiovascular Disease. N Engl J Med. 2017;376(18):1713-22.
11. Schwartz GG, Steg PG, Szarek M, Bhatt DL, Bittner VA, Diaz R, et al. Alirocumab and Cardiovascular Outcomes after Acute Coronary Syndrome. N Engl J Med. 2018;379(22):2097-107.

Nouvelles recommandations suisses 2020 – Choix de la thérapie selon le risque de fracture

L’ Association Suisse contre l’ Ostéoporose (ASCO) classifie désormais le risque de survenue d’ une fracture ostéoporotique majeure en quatre catégories différentes et établit des recommandations de prise en charge claires pour chacun de ces groupes de risque. Les recommandations de l’ ASCO publiées en septembre 2020 peuvent aider les médecins à identifier des patients exposés à un risque de fracture élevé et très élevé ainsi qu’ à choisir le traitement qui convient (1).

Hier finden Sie den ganzen Pharma-Sonderreport

Rapport spécial pharma sous la responsabilité d’ Amgen Switzerland AG

Das idiopathische Parkinsonsyndrom

Das idiopathische Parkinsonsyndrom (iPS) zählt mit rund zehn Millionen Betroffenen zu den häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen weltweit. Alleine in der Schweiz leiden mehr als 15 000 Menschen unter den fortschreitenden Symptomen, die unter anderem auf eine Degeneration der Dopamin-produzierenden Zellen der Substantia nigra zurückzuführen sind. Die frühe Diagnose­stellung und der frühe Beginn der medikamentösen und nicht-medikamentösen Therapien führen zu einer signifikanten Stei­gerung der Lebensqualität und längerfristig zu einer Verlängerung der Selbstständigkeit.

Der degenerative Prozess beginnt bereits Jahre bis Jahrzehnte vor dem krankheitsdefinierenden motorischen Symptombeginn. Diese Phase mit dezenten vor allem nicht-motorischen Symptomen wird auch Prodromalphase genannt. Aufgrund der fehlenden motorischen Symptomatik werden diese sehr unspezifischen Beschwerden meist nicht mit einem beginnenden Parkinson-Syndrom in Verbindung gebracht. Beim Vorliegen erster motorischer Symptome erweist sich die Prodromalphase retrospektiv jedoch als hilfreich. Durch eine gezielte Anamnese und Fremdanamnese der häufigsten nicht-motorischen Symptome (Tab. 1) lässt sich der Verdacht eines Parkinson-Syndroms oft bereits früh erhärten.

Erste motorische Symptome

Erst ab einem Zellverlust der Substantia nigra pars compacta von über 60% manifestieren sich motorische Symptome (2). Die Patienten stellen sich häufig mit unspezifischen Beschwerden vor. So berichten sie beispielsweise von allgemeiner Schwäche, kleiner und unleserlichen Handschrift, Schulter-Armschmerzen oder neu aufgetretenem Zittern. Den Angehörigen können eine leisere Sprache, eine Hypomimie oder eine Änderung des Gangbildes auffallen. Die Diagnose des idiopathischen Parkinsons wird klinisch gestellt. Obligat benötigt es verlangsamte Bewegungen – Bradykinese. Zu­sätzlich ist ein weiteres «Kardinal-Symptom» wie 4-6Hz Ruhetremor und/oder Rigor für die Diagnosestellung gefordert. In der Regel beginnen die beschriebenen Beschwerden einseitig an einem Arm, breiten sich auf das gleichseitige Bein aus und gehen im Verlauf auch nach kontralateral über. Die Asymmetrie bleibt zumeist auch in fortgeschrittenen Stadien bestehen.
Die Bradykinese macht sich in den repetitiven Bewegungen der Hände und Füsse (Finger-/Foot-tapping) durch ein Frequenz-/Amplitudendekrement bemerkbar. In der weiteren klinischen Untersuchung sollte besonders auf das Gangbild des Patienten geachtet werden. Der meist einseitig reduzierte Mitschwung des Armes in Verbindung mit einer verkürzten Schrittlänge und einer nach vorne übergebeugten Haltung fallen oft als frühe motorische Symptome auf. Ein weiterer hilfreicher Teil der Untersuchung ist es, den Patienten mehrere Sätze schreiben zu lassen. Hierbei lässt sich häufig eine undeutliche Schrift, welche gegen Ende des Satzes kleiner wird, objektivieren. Die Mikrographie bemerken die Patienten meist schon lange vor dem Arztbesuch selber. Des Weiteren können auch anamnestisch Hinweise auf eine Bradykinese erfragt werden. Viele Parkinsonpatienten leiden bereits früh unter diskreten Feinmotorikstörungen. Häufig bejahen sie beispielsweise Probleme beim Zuknöpfen von Hemden. Falls möglich sollte immer eine Fremdanamnese eingeholt werden. Die Angehörigen können zu Symptomen, welche den Patienten selber nicht auffallen, meist bessere Auskunft geben. So lässt sich auf Nachfrage eine Veränderung der Stimme und der Mimik bestätigen.
Bei Bewegungen einzelner Gelenke durch den Untersucher macht sich der Rigor häufig durch das Zahnradphänomen bemerkbar. Ein subklinischer Rigor kann durch Bewegungen der kontralateralen Extremität demaskiert werden. Das Zittern ist ausgeprägter in ruhender Position (Ruhetremor) und nimmt üblicherweise bei Gebrauch der Hand ab, im Gegensatz zu anderen Tremorformen.

Medikamentöse Behandlungs-möglichkeiten motorischer Symptome

Die medikamentöse Therapie sollte begonnen werden, sobald der Patient einen negativen Einfluss der motorischen Symptome auf seine Lebensqualität beklagt. Lange Zeit galt es, bei frühem Krankheitsbeginn ein möglichst Dopamin-sparendes Therapieregime zu führen, um die gefürchteten L-Dopa-induzierten Dyskinesien hinauszuzögern. Deshalb wurde für die initiale Behandlung eine Therapie mit Dopaminagonisten bevorzugt. Neuere Studien konnten jedoch zeigen, dass eine frühe Behandlung mit L-Dopa im Gegensatz zu einer L-Dopa-sparenden Therapie keinen relevanten Einfluss auf die Ausbildung von motorischen Fluktuationen hat, gleichzeitig aber zu einer Verbesserung der Lebensqualität führt (3 - 5). Zusätzlich wird das positive. Ansprechen der motorischen Symptome auf L-Dopa als unterstützendes Kriterium in der Diagnosestellung angesehen (6). Die Behandlung mit L-Dopa kann durch andere Substanzgruppen bei Bedarf ergänzt werden. Bei Auftreten von Fluktuationen kann mit Zugabe von Dopaminagonisten, COMT-Hemmern oder MAO-B-Hemmern eine Stabilisierung erreicht werden. Hierbei sollte je nach Komorbiditäten und nicht-motorischen Symptomen des Patienten auf das Nebenwirkungsspektrum der einzelnen Substanzen geachtet werden. Im Falle von störenden Dyskinesien kann eine Therapie mit Amantadin erwogen werden.
Die subkutane Apomorphin-Injektion und die duodenale L-Dopa-Infusion mit Hilfe von Pumpen bieten aufgrund der kontinuierlichen Medikamentenapplikation gute Alternativen zur oralen medikamentösen Therapie beim fortgeschrittenen Parkinsonpatienten mit schweren Fluktuationen.

Wichtigste Nicht-Motorische Symptome

Im fortgeschrittenen Krankheitsstadium kommt es zu einer stetigen Zunahme der nicht-motorischen Symptome. Sie führen zur eingeschränkten Lebensqualität, Invalidität und verkürzten Lebenserwartung der Patienten. Darum ist es wichtig, diese Symptome zu erkennen und zu behandeln (Tab. 2).

Medikamentöse Therapie nicht-motorischer Symptome

Da die meisten nicht-motorischen Symptome zumindest teilweise auf die dopaminerge Therapie ansprechen (u.a. Schmerzen, Depression…), steht eine möglichst gute Einstellung der motorischen Parkinsonsymptome immer am Anfang. Auch das Wissen und die Evaluation nicht-motorischer Fluktuationen sind hier von entscheidender Bedeutung (z.B. ängstlich depressive Zustände in Off Phasen). Bleibt auch bei optimaler Behandlung der motorischen Parkinsonsymptome eine Depression manifest, empfiehlt sich der Einsatz eines selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmers.
Die Therapie mit Rivastigmin, als Pflaster oder Kapsel, zeigt einen positiven Effekt auf kognitive Beeinträchtigungen bzw. Parkinsondemenz. Psychosen und Delir beim Parkinsonpatienten sollten primär mit Clozapin behandelt werden. Alternativ kann auf Quetiapin zurückgegriffen werden.
Eine orthostatische Hypotonie kann neben allgemeinen Massnahmen wie Flüssigkeits-/Salzzufuhr und Stützstrümpfen medikamentös versuchsweise mit Fludrocortison behandelt werden. Wichtig ist hierbei, ein Blutdruckprotokoll zu führen, um die medikamentöse Therapie gut zu überwachen. Obstipation sollte mit den gängigen Pro- und Präbiotika therapiert werden. Bedarfsweise können zusätzlich Laxantien wie Macrogol zum Einsatz kommen. Bei Übelkeit und Erbrechen ist Domperidon das Medikament erster Wahl (7).

Invasive Behandlungsmethoden – Tiefe Hirnstimulation (Deep Brain Stimulation – DBS)

Bei Patienten mit medikamentös nicht mehr ausreichend beherrschbaren Wirkfluktuationen sollte eine operative Behandlung mittels tiefer Hirnstimulation in Betracht gezogen werden. Die tiefe Hirnstimulation führt zu einer eindrücklichen Stabilisierung motorischer und teilweise auch nicht-motorischer Symptome und einer damit verbundenen Verbesserung der Lebensqualität.

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Dr. med. Patrick Dorin

Klinik für Neurologie, Kantonsspital St. Gallen
Rorschacher Strasse 95
9007 St. Gallen

patrick.dorin@kssg.ch

PD Dr. med. Georg Kägi

Klinik für Neurologie, Kantonsspital St. Gallen
Rorschacher Strasse 95
9007 St. Gallen

Die Autoren haben im Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.

  • Das idiopathische Parkinsonsyndrom zählt zu den häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen.
  • Die nicht-motorischen Symptome gehen den motorischen Beschwerden häufig um Jahre voraus.
  • Die Diagnose wird primär klinisch gestellt. In der klinischen Untersuchung sollte vor allem nach einer Bradykinese gesucht werden, denn ohne diese lässt sich die Diagnose nicht stellen.
  • Der frühzeitige Einsatz von L-Dopa führt zu einer optimalen Symptomkontrolle und zum Erhalt der Lebensqualität. Bei fehlendem Ansprechen auf L-Dopa muss die Diagnose in Frage gestellt werden und ggf. die Zuweisung an einen spezialisierten Neurologen erfolgen.
  • Für fortgeschrittene Krankheitsstadien stehen mit den Pumpensystemen und der tiefen Hirnstimulation gute Alternativen zur oralen Therapie zur Verfügung.
  • Regelmässige Physio-, Ergo- und Logotherapie sollten je nach Bedarf grosszügig in Anspruch genommen werden.

1. P Mahlknecht et al. / The Concept of Prodromal Parkinson’s Disease. Journal of Parkinson’s Disease 5 (2015) 681–697
2. MB Stern et al. / Toward a redefinition of Parkinson’s disease. Mov Disord (2012), 27, 54-60.
3. R Cilia et al. / The modern pre-levodopa era of Parkinson’s disease: insights into motor complications from sub-Saharan Africa. Brain (2014): 137; 2731–2742
4. CVM Verschuur et al. / Randomized Delayed-Start Trial of Levodopa in Parkinson’s Disease. N Engl J Med (2019);380:315-24.
5. RMA de Bie et al. / Initiation of pharmacological therapy in Parkinson’s disease: when, why, and how. Lancet Neurol 2020
6. G Deuschl, W Oertel, H Reichmann et al. / DGN-Leitlinien Idiopathisches Parkinson-Syndrom (2016)
7. K Seppi et al. / Update on Treatments for Nonmotor Symptoms of Parkinson’s Disease—An Evidence-Based Medicine Review (2019)

Das Fibromyalgie-Syndrom

Beim Fibromyalgie-Syndrom handelt es sich um einen klinischen Beschwerdekomplex, bei dem multilokuläre Schmerzen in unterschiedlichen Körperbereichen im Vordergrund stehen und gleichzeitig keine ursächlich erklärende strukturelle Schädigungen oder biochemische Abweichungen von rheumatologischer, orthopädischer oder neurologischer Seite festgestellt werden können. In diesem ersten Teil des Beitrags werden die Grundlagen des Krankheitsbildes, die Epidemiologie sowie die Pathogenese unter besonderer Berücksichtigung der zentralen Sensitivierung besprochen, während ein zweiter Teil, der im Schwerpunkt der Januar-Ausgabe erscheinen wird, den prädisponierenden Faktoren, der Diagnostik und Therapie gewidmet sein wird.

Wenn beim Fibromyalgie-Syndrom auch keine ursächlich erklärende strukturelle Schädigungen oder biochemische Abweichungen von rheumatologischer, orthopädischer oder neurologischer Seite festgestellt werden können, bestehen oft zusätzliche weitere funktionelle und vegetative Beschwerden: funktionelle Herz- und Atembeschwerden, Colon irritabile, Dysmenorrhoe und Dysurie, Schlafstörungen, chronische Kopfschmerzen sowie Parästhesien, die keiner radikulären Ausbreitung entsprechen. Hinzu kommen bei den meisten Patienten eine allgemeine Ermüdbarkeit bzw. Erschöpfbarkeit sowie eine Verstärkung der Symptome durch Stress, Angst und körperliche Aktivität. Diese zusätzlichen Beschwerden wurden bereits in den 1980er Jahren beschrieben (1, 2) und wiesen insofern früh darauf hin, dass Probleme der Stressverarbeitung pathogenetisch bedeutsam sein könnten. Ursprünglich wurde die Diagnose «Fibromyalgie» (im deutschsprachigen Raum «generalisierte Tendomyopathie») von Rheumatologen eingeführt und dann gestellt, wenn nach sorgfältiger rheumatologischer Abklärung eine inflammatorische Verursachung der multilokulären Schmerzen ausgeschlossen werden konnte (1).
Vor genau 30 Jahren wurde von einer Arbeitsgruppe der Amerikanischen Rheumatologischen Gesellschaft (ACR) erstmals eine Operationalisierung der «Fibromyalgie» versucht, um die Erforschung der Entstehungsmechanismen zu intensivieren (3). Danach mussten die Schmerzen länger als 3 Monate bestehen und sich auf verschiedene Körperbereiche (Achsenskelett, rechte und linke Körperhälfte sowie oberhalb und unterhalb der Taille) verteilen. Darüber hinaus mussten von 18 vordefinierten 11 Sehnenansatzpunkten die Palpation bei festgelegter Druckstärke (mit dem Daumen) schmerzhaft sein (Tender Points). Diese sog. ACR-Kriterien, die ursprünglich nicht zur Definition eines umschriebenen Krankheitsbildes, sondern nur als Forschungskriterien gedacht waren, wurden ab Mitte der 1990er Jahre von Rheumatologen und Patientenorganisationen zunehmend wie «Definitionskriterien» gehandhabt. Schliesslich wurde das Störungsbild auch in das ICD-10 (M79.70) aufgenommen. Damit wurde die Fibromyalgie als eine rheumatologische Erkrankung interpretiert und klassifiziert, deren Zuständigkeit in der Behandlung in erster Linie beim Rheumatologen liegt.
Die Prüfung der Tender Points im Sinne der ursprünglichen ACR-Kriterien von 1990 wurde bereits 2003 von der ACR wieder zurückgenommen (4), ohne dass dies im deutschsprachigen Raum in der Praxis zu Veränderungen führte. Wissenschaftliche Studien hatten gezeigt, dass Tender Points in ihrer anatomisch definierten Ausschliesslichkeit diagnostisch nicht hinreichend reliabel sind. Grundsätzlich ist aber die erhöhte Druckempfindlichkeit der Tender Points (sowie natürlich auch an anderen Druckpunkten ausserhalb von Muskel-Sehnenansätzen) ein wertvolles klinisches Zeichen hinsichtlich einer insgesamt erniedrigten Schmerzschwelle (generalisierte Hyperalgesie).
2010 wurde von Wolfe et al mittels zweier Scores (Widespread Pain Index und Symptom Severity Score) eine neue Definition vorgeschlagen, welche auf die Tender-Points verzichtet und stattdessen das Ausmass der Schmerzlokalisationen des Patienten in definierten Körperregionen sowie die Berücksichtigung zusätzlicher Beschwerden zugrunde legt (5). Da dies jedoch zu einer ganz erheblichen Ausweitung der FMS-Diagnose führte (6), erfolgte 2016 eine Korrektur dieses Definitionsvorschlags, indem zusätzlich eine Mindestzahl von betroffenen Körperbereichen aufgenommen wurde (7).
Aufgrund dieser erweiterten Definition wird das Fibromyalgie-Syndrom (FMS) heute konsensbasiert als generalisierte Schmerzstörung verstanden, wobei die dominierenden Beschwerden im Bereich des muskuloskelettalen Apparates auf dem Mechanismus einer generalisierten Hyperalgesie basieren. Die zusätzlich in die Definition aufgenommenen neurokognitiven, vegetativen und depressiven Symptome weisen ätiopathogenetisch auf eine Stresserkrankung hin. Stress und Schmerz stehen bei Fibromyalgie-Patienten in einer komplexen Wechselwirkung (8,  9), die am besten unter dem Gesichtspunkt der «stressinduzierten Hyperalgesie» beschrieben werden kann. Diagnostisch kommt einer rheumatologischen Ausschlussdiagnostik dabei eine grosse Bedeutung zu.

Epidemiologie

Unter Zugrundelegung der oben genannten ursprünglichen Definition von 1990, liegt die Prävalenz eines FMS bei 2 - 6% (10). Frauen sind im Vergleich zu Männern 20-mal häufiger betroffen (Mas et al 2008). Der Altersgipfel liegt in den meisten Studien zwischen dem 45. und 60. Lebensjahr. Ein Beginn bereits in der Kindheit ist selten (11 -  13).

Pathogenese

Biologische Parameter

Viele Jahrzehnte wurden immer wieder unterschiedliche morphologische oder metabolische Veränderungen als Ursache eines peripher nozizeptiven Geschehens in Betracht gezogen. Entsprechende Untersuchungen belegten jedoch dann, dass diese durch den mangelnden körperlichen Trainingszustand infolge eines Schonverhaltens bedingt sind (14). Eine strukturell bedingte muskuläre Verursachung eines FMS wurde bereits Mitte der 1990er Jahre ausgeschlossen (15). Ebenfalls gut gesichert ist, dass virale Infektionen keine erklärende Ursache für die Entwicklung eines FMS darstellen (16 - 23). Das Auftreten einer FMS infolge einer Borrelien-Infektion ist wissenschaftlich bisher ebenfalls nicht belegt (24), auch wenn nach solchen Infektionen zunächst durchaus für eine gewisse Zeit muskuloskelettale Schmerzen und Erschöpfung bestehen können. Differentialdiagnostisch ist vor allem eine Neuroborreliose in Betracht zu ziehen. Diese spräche jedoch auf eine antibiotische Behandlung an (25, 26).
Bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen (rheumatoide Arthritis, Lupus erythematodes, Sjögren-Syndrom) besteht hingegen eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, gleichzeitig an einem FMS zu erkranken (27). Früher wurde deshalb zwischen einer primären und einer (im Zusammenhang mit einer rheumatischen Grunderkrankung auftretenden) sekundären Fibromyalgie unterschieden.

Serologische und immunologische Auffälligkeiten

Bei der Suche nach spezifischen serologischen und biochemischen Auffälligkeiten wurde von zahlreichen Arbeitsgruppen eine ganze Reihe von verschiedenen Parametern im Serum und im Liquor mit dem Ziel untersucht, klinisch verwendbare «Marker» für FMS zu finden. Dies ist bis heute nicht gelungen. Von FMS-Patienten häufig berichtete Gewebeschwellungen, v.a. in den Händen, können über die gefässdilatatorische Wirkung von Neuropeptiden (z.B. Substanz P) erklärbar sein. Erhöhte Werte von Substanz P werden heute als Ausdruck einer umfassenden psychischen Stressreaktion gesehen (28). Auch die Aktivierung verschiedener proinflammatorischer Zytokine (v.a. IL-6 und IL-8) und deren erhöhte Werte in Liquor und Serum (29 - 31) kann mit stressinduzierten neurogenen Entzündungsprozessen zusammenhängen, die neben Schlafstörungen eine verstärkte Schmerzwahrnehmung induzieren können (32, 33). Die verstärkte Aktivierung proinflammatorischer Zytokine kann möglicherweise auch die bei einzelnen FMS-Patienten beobachtete «Small Fiber Neuropathie» erklären (28, 34).

Biologische Stressmechanismen

Hinsichtlich der Reagibilität des autonomen Nervensystems wurden vor allem Untersuchungen zur Herzratenvariabilität (HRV) durchgeführt, die für FMS-Patienten konsistent und reproduzierbar eine signifikante Verringerung im Vergleich zu Kontrollpersonen erbrachten (35 - 37) und möglicherweise als prädisponierender Faktor für ein FMS anzusehen sind (38, 39). Eine wesentliche Rolle bei der Aktivierung des autonomen Nervensystems wie auch der HPA-Achse ebenso wie der deszendierend-hemmenden Schmerzbahnen spielt Corticotropin Releasing Hormone/Factor (CRH/CRF) im Serum bzw. im Liquor (40 - 43).
Hinsichtlich der Aktivierung der HPA-Achse sind die Ergebnisse in den meisten Studien auffällig, d. h. eine Dysfunktion der HPA-Achse gilt heute als gesichert. Allerdings gehen die beobachteten Auffälligkeiten in gegensätzliche Richtungen: Einige Studien erbringen eine Über-, andere eine Unteraktivierung – darin spiegeln sich beim FMS unterschiedliche Krankheitsstadien wider (Übersicht bei 44).
Im EEG wurde im Schlaf ein Persistieren von Alpha-Wellen zu Lasten der für den erholsamen Tiefschlaf wichtigen Delta-Wellen bei FMS-Patienten beobachtet (45 - 47). Dies führt am nächsten Tag zu Symptomen eines nicht hinreichend erholsamen Schlafs. In prospektiven Studien waren Schlafprobleme ein Risikofaktor für die Entwicklung eines FMS (38, 48), welche Folge der verstärkten Aktivierung proinflammatorischer Zytokine sein können (49). Die zentrale Aktivierung von Glia-Zellen und die Ausschüttung von Zytokinen (IL-1β, IL-6, IL-8, TNFα, BDNF) löst proinflammatorische Prozesse aus, welche über zentrale Sensitivierungsmechanismen zu einer Dysfunktion des Schmerz- und des Stresssystems führen und Schlafstörungen auslösen können (33, 50).

Zentrale Sensitivierung

All die genannten Mosaiksteine konnten in den letzten Jahren durch die Ergebnisse von Neurobildgebungsstudien zu einem zunehmend klareren pathogenetischen Bild integriert werden: Es besteht eine Dysfunktion des schmerzmodulierenden Systems auf ZNS-Ebene (51). Auch für andere sensorische Reize (z. B. für Lärm und für unangenehme Gerüche) besteht eine erhöhte Sensibilität (52, 53). Cook et al. (54) konnten eine eingeschränkte Aktivierung des periaquäduktalen Grau (PAG) im Hirnstamm zeigen, das Ausgangspunkt des deszendierend-hemmenden Schmerzsystems ist (vgl. 55). Eine dysfunktionale «Top-Down-Regulation» infolge einer weitgehend fehlenden Aktivierung aller an der Stressverarbeitung beteiligten Hirnareale und des deszendierend-hemmenden Schmerzsystems wurde bei Patienten mit FMS im Vergleich zu Gesunden beobachtet (56). Schädigungen im Bereich des Hippokampus, der Amygdalae und des medialen Präfrontalkortex treten durch erhöhte Glukokortikoidspiegel infolge anhaltender Stresssituationen auf (57).
Klinisch äussert sich der Aspekt der zentralen Sensitivierung u.a. in den Symptomen einer Hyperalgesie, Allodynie, Lärm-, Lichtüberempfindlichkeit oder allgemeinen Reizüberempfindlichkeit.

Erhöhte Schmerzvulnerabilität infolge ungünstiger psychosozialer Bedingungen in der Kindheit

Eine Metaanalyse zum Zusammenhang von belasteter Kindheit und dem späteren Auftreten verschiedener funktioneller Syndrome kommt für Fibromyalgie zu einer 2,5-fach, für multilokulären Schmerz zu einer 3,4-fach erhöhten Vulnerabilität (58). Zahlreiche Studien belegen, dass ein erheblicher Teil der FMS-Patienten in der Kindheit einem Familienklima ausgesetzt war, das von körperlicher Gewalterfahrung und emotionaler Vernachlässigung geprägt war (59 - 63). Auch Daten der prospektiven britischen Kohortenstudie von 1958 (N > 17000), belegen eine erhöhte Vulnerabilität für die spätere Entwicklung eines multilokulären Schmerzsyndroms aufgrund früher Stresserfahrungen (64, 65).
Studien bei Kindern und Jugendlichen mit Fibromyalgie-Syndrom erbrachten, dass sie – auch im Vergleich zu anderen chronisch kranken Altersgenossen – bei Gleichaltrigen sozial schlechter integriert sind und – ebenso wie ihre Eltern – signifikant erhöhte Werte für Angst und Depression aufweisen. Auch litten gehäuft die Eltern unter chronischen Schmerzen (66 - 68).

Prof. Dr. med. Ulrich T. Egle, 1
PD Dr. med. Niklaus Egloff, 2
Dr. med. Christian Seeher, 1
Prof. Dr. med. Katja Cattapan, 1,3
1 Psychiatrische Klinik Sanatorium Kilchberg/ZH
2 Kompetenzbereich Psychosomatische Medizin, Inselspital Bern
3 Psychiatrische Univ.-Klinik Bern

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

Prof. Dr. med. Ulrich T. Egle

Senior Consultant Schmerz und Psychosomatik
Psychiatrische Klinik Sanatorium Kilchberg
Alte Landstrasse 70
8802 Kilchberg

UlrichT.Egle@sanatorium-kilchberg.ch

Die Autoren haben in Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.

  • Beim Fibromyalgie-Syndrom handelt es sich nicht um eine rheumatologische Erkrankung, sondern um eine Störung der Stressverarbeitung.
  • Aufgabe des Rheumatologen ist der Ausschluss einer immunologischen Erkrankung als Ursache der multilokulären Schmerzsymptomatik.
  • Die Stressverarbeitungsstörung, deren neurobiologische Mechanismen meist schon durch schwierige familiäre Bedingungen in Kindheit und Jugend geprägt wurden, kann sich diagnostisch als Angsterkrankung, posttraumatische Belastungsstörung, Somatisierungsstörung oder als perfektionistischer Persönlichkeitsstil darstellen.

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