Pfizer Forschungspreis 2021

Auch dieses Jahr wurden wiederum hervorragende Arbeiten von jungen Schweizer Forschern auf den Gebieten Kardiovaskuläre Medizin, Urologie und Nephrologie, Infektionskrankheiten, Rheumatologie und Immunologie, Neurologische Wissenschaften und Erkrankungen des Nervensystemes, Onkologie und Pädiatrie vergeben.
Die Eröffnungsansprache hielt Frau Sabine Bruckner, Country Manager Pfizer. Durch den Abend führte Dr. med. Rahel Troxler, Präsidentin der Stiftung Pfizer Forschungspreis und Country Medical Director Switzerland.

Infektionskrankheiten, Rheumatologie und Immunologie

Darmbakterien können Myokarditis begünstigen

Myokarditis ist eine Herzerkrankung, die bei einem Teil der Betroffenen eine schwere Kardiomyopathie mit Herzinsuffizienz verursachen kann. Das Immunsystem wird während der Myokarditis aktiviert und ein spezifisches Protein wird hauptsächlich von zwei Typen von T-Helferzellen, TH1 und TH17, angegriffen. Über die Mechanismen, die die schädigende Wirkung der herzspezifischen T-Zellen regulieren, gibt es jedoch noch keine ausreichenden Informationen.


Cristina Gil-Cruz, Christian Perez-Shibayama und Veronika Nindl wollten diesen Mechanismen auf den Grund gehen. Gibt es möglicherweise einen Zusammenhang zwischen dem Mikrobiom und dem Auftreten von entzündlichen Herzerkrankungen?
Zu diesem Zweck untersuchte die St. Galler Arbeitsgruppe Mäuse, die eine spontane Autoimmun-Myokarditis entwickeln, und brachte sie entweder in einer normalen oder einer keimfreien Umgebung unter. Durch die genetische Sequenzierung des Maus-Mikrobioms und weitere Untersuchungen mit bioinformatischen Methoden wurde deutlich, dass die Bakterienspezies Bacterioides vor allem für Eiweissmoleküle verantwortlich ist, die eine Herzerkrankung fördern können. Umgekehrt reduzierte eine Antibiotikabehandlung gegen Bacterioides die Aktivität der kardiotoxischen T-Zellen in diesen genetisch anfälligen Mäusen und verhinderte so den entzündlichen Herztod. Anschliessend untersuchten die Wissenschaftler die T-Zell-Antworten gegen diese mikrobiellen und herzspezifischen Peptide bei Myokarditis-Patienten: Dabei zeigte sich, dass Patienten mit bestimmten Genvarianten besonders stark auf solche bakteriellen Proteine reagieren und damit potenziell anfälliger für die Entwicklung einer Myokarditis sind.
Diese von Cristina Gil-Cruz, Christian Perez-Shibayama und Veronika Nindl gewonnenen Erkenntnisse zur Hemmung kardio-toxischer T-Zellen durch Veränderung des Mikrobioms könnten helfen, einen therapeutischen Ansatz zur Behandlung der entzündlichen Kardiomyopathie zu finden.

Microbiota-derived peptide mimics drive lethal inflammatory cardiomyopathy. Cristina Gil-Cruz, Christian Perez-Shibayama, Angelina De Martin, Francesca Ronchi, Katrien van der Borght, Rebekka Niederer, Lucas Onder, Mechthild Lütge, Mario Novkovic, Veronika Nindl, Gustavo Ramos, Markus Arnoldini, Emma M. C. Slack, Valérie Boivin-Jahns, Roland Jahns, Madeleine Wyss, Catherine Mooser, Bart N. Lambrecht, Micha T. Maeder, Hans Rickli, Lukas Flatz, Urs Eriksson, Markus B. Geuking, Kathy D. McCoy, Burkhard Ludewig. Science 2019; 366 (6467):881-886.

Neurologische Wissenschaften und Erkrankungen des Nervensystems

Einblick in die dunklen Bereiche der Netzhaut mit Nahinfrarotlicht

Die Degeneration der Photorezeptoren im Auge, zum Beispiel bei der altersbedingten Makuladegeneration, ist die häufigste Ursache für Erblindung in den Industrieländern.

Das menschliche Auge kann ein Wellenlängenspektrum zwischen 390 und 700 nm wahrnehmen. Im Gegensatz dazu stimuliert nahes Infrarotlicht mit einem Spektrum von über 900 nm die menschlichen Photorezeptoren normalerweise nicht.
Die Forschergruppe um Dasha Nelidova wollte untersuchen, ob die Erkennung von Nahinfrarotlicht durch die Photorezeptoren die Sehfunktion ergänzen oder sogar wiederherstellen könnte. Bislang gab es jedoch keine Technologie, die eine solche Empfindlichkeit in einer blinden Netzhaut ermöglicht. Daher entwickelten sie entsprechende hochempfindliche gentechnische Verfahren. Mit diesen Techniken gelang es den Basler Wissenschaftlern, bestimmte Ionenkanäle, TRP-Kanäle genannt, mit Infrarotsensoren auszustatten, um in den Photorezeptoren von blinden Mäusen eine Nahinfrarot-Lichtempfindlichkeit zu induzieren.
Die Stimulation mit Nahinfrarotlicht führte zu Messungen der erhöhten Aktivität in den Photorezeptoren und ihren nachgeschalteten Nervenbahnen: Das Verhalten der Mäuse, die zuvor aufgrund einer genetisch bedingten Netzhautdegeneration erblindet waren, konnte durch Nahinfrarotlicht beeinflusst werden. Auch durch unterschiedliche Wellenlängen und Temperaturen, unterschiedlich lange Nanostäbchen und winzige, von den Forschern entwickelte Kanülen konnten die neuronalen Antworten verändert werden. Schliesslich gelang es der Forschergruppe auch, verschiedene Zelltypen in der blinden Netzhaut von Verstorbenen durch TRP-Kanal-Stimulation mit Nahinfrarotlicht zu aktivieren.
Diese völlig neuartige Technik lieferte nicht nur die grundsätzliche Bestätigung, dass die Sehfunktion durch Nahinfrarotlicht bis zu einem gewissen Grad wiederhergestellt werden kann, sondern dient auch als Modell für zahlreiche weitere Ansätze zur Untersuchung der menschlichen Netzhaut.

Restoring light sensitivity using tunable near-infrared sensors. Dasha Nelidova, Rei K. Morikawa, Cameron S. Cowan, Zoltan Raics, David Goldblum, Hendrik Scholl, Tamas Szikra, Arnold Szabo, Daniel Hillier, Botond Roska. Science 2020; 368 (6495):1108-1113.

Zerebrale Aneurysmen: Haptoglobin verhindert Hämoglobin-induzierte Vasokonstriktion

Zerebrale Aneurysmen: Haptoglobin verhindert Hämoglobin-induzierte Vasokonstriktion Aneurysmen sind krankhafte Ausbuchtungen in den Wänden von Blutgefässen. Wenn ein solches Aneurysma in einer Hirnarterie platzt, tritt das Blut in den Subarachnoidalraum ein, der mit Liquor gefüllt ist. Mehrere Tage nach der Blutung kommt es zu gefährlichen Verengungen in den Hirnarterien, die zu schweren Folgeschäden im Gehirn führen können. Bislang gibt es keine Möglichkeiten, solche Spätschäden zu verhindern.
Grundlage für die Forschung der Gruppe um Michael Hugelshofer und Raphael Buzzi war die Beobachtung, dass die Erythrozyten, die roten Blutkörperchen, in den Tagen nach einer Blutung abgebaut werden und langsam Hämoglobin, den roten Blutfarbstoff, in den Subarachnoidalraum abgeben. Gibt es einen kausalen Zusammenhang zwischen diesem zellfreien Hämoglobin im Liquorraum und dem Auftreten der neurologischen Folgeschäden? Welche Auswirkungen hat das Hämoglobin und gibt es hier eine Möglichkeit zur therapeutischen Intervention?
Um diesen Fragen systematisch nachzugehen, analysierten die Zürcher Wissenschaftler die Zusammensetzung von Liquorproben von Patienten, die eine Hirnblutung erlitten hatten und untersuchten im Tiermodell die Mechanismen der Hämoglobin-Toxizität und mögliche Therapieansätze.
Michael Hugelshofer und Raphael Buzzi konnten zeigen, dass das freie Hämoglobin im Liquor unter anderem die Verengung der Hirnblutgefässe bewirkt. Als besonders kritisch erwies sich das schnelle Eindringen des Blutfarbstoffs aus dem Liquor in die Gefässwände und tief ins Gehirn. Freies Hämoglobin nach einer Blutung könnte also viel weitreichendere schädliche Auswirkungen haben als bisher angenommen. Wurde Hämoglobin jedoch im Liquor zu einem Komplex mit dem Blutprotein Haptoglobin gebunden, verhinderte dies das Eindringen in die Gefässwände und in das Hirngewebe, so dass im Tiermodell keine Gefässverengungen auftraten.
Die beiden Preisträger identifizierten freies Hämoglobin im Liquor als treibenden Faktor für die verzögerte Schädigung des Gehirns. Die Entdeckung der zugrunde liegenden Mechanismen wird die weitere Erforschung möglicher Behandlungsoptionen erleichtern. Die Bildung des Hämoglobin-Haptoglobin-Komplexes könnte dabei eine wichtige Rolle spielen.

Haptoglobin administration into the subarachnoid space prevents hemoglobin-induced cerebral vasospasm. Michael Hugelshofer*, Raphael M. Buzzi*, Christian A. Schaer, Henning Richter, Kevin Akeret, Vania Anagnostakou, Leila Mahmoudi, Raphael Vaccani, Florence Vallelian, Jeremy W. Deuel, Peter W. Kronen, Zsolt Kulcsar, Luca Regli, Jin Hyen Baek, Ivan S. Pires, Andre F. Palmer, Matthias Dennler, Rok Humar, Paul W. Buehler, Patrick R. Kircher, Emanuela Keller, and Dominik J. Schaer. J Clin Invest 2019 Dec 2;129(12):5219-5235.

* Diese Autoren haben gleichermassen zu dieser Arbeit beigetragen.

Pädiatrie

Einfluss des Immunsystems auf die Produktion von roten Blutkörperchen

Seltene Krankheiten, die bereits im Kindesalter auftreten, haben oft genetische Ursachen. Auch die STAT3 GOF-Krankheit ist eine seltene angeborene Immunschwäche. STAT3 stellt das mutierte Gen dar und GOF, oder «gain of function», die Überaktivität des Gens. Dies hat Folgen: Durch eine überschiessende Immunreaktion kommt es zu einer starken Verminderung der Blutzellen, zu Schwellungen des Lymphgewebes, einschliesslich der Milz, oder zu entzündlichen Magen-Darm-Erkrankungen. Erhöhte Infektanfälligkeit und Veränderungen des Lungengewebes, der Schilddrüse oder der Haut sind ebenso möglich wie ein Diabetes mellitus Typ 1 oder eine Wachstumsstörung bei diesen Kindern.
Ein Kernmerkmal der Erkrankung ist der Mangel an roten Blutkörperchen. Deshalb wollte das Forscherteam um Andrea Mauracher untersuchen, was bei der Reifung und Entwicklung der roten Blutkörperchen im Blut und Knochenmark der betroffenen Kinder schief läuft. Mit Zellkulturexperimenten und molekularbiologischen Analysen sollten die Ursachen der gestörten Reifung aufgedeckt werden.
Durch ihre Forschung konnte die Zürcher Immunologin zum einen bestätigen, dass die Überaktivierung von STAT3 bei den kleinen Patienten Signalwege hemmt, die für die Reifung der roten Blutkörperchen zentral sind. Andererseits werden Entzündungsprozesse gefördert, die die Reifung dieser Zellen zusätzlich verhindern. Darüber hinaus bindet und aktiviert das mutierte STAT3 auch andere Proteine, die entzündliche Wirkungen haben. Auf Basis dieser Erkenntnisse konnte in der Folge die Behandlung einer Patientin mit erhöhter STAT3-Aktivität durch eine gezielte Therapie verbessert werden.
Diese Ergebnisse zeigen einen neuen Mechanismus für die Entstehung der Anämie auf. Sie können nicht nur die Behandlung von Patienten beeinflussen, sondern möglicherweise auch die Entstehung von Anämie bei anderen chronischen Krankheiten besser erklären.

Erythropoiesis defect observed in STAT3 GOF patients with severe anemia. Andrea A. Mauracher, Julia J. M. Eekels, Janine Woytschak, Audrey van Drogen, Alessandra Bosch, Seraina Prader, Matthias Felber, Maximillian Heeg, Lennart Opitz, Johannes Trück, Silke Schroeder, Eva Adank, Adam Klocperk, Eugenia Haralambieva, Dieter Zimmermann, Sofia Tantou, Kosmas Kotsonis, Aikaterini Stergiou, Maria G. Kanariou, Stephan Ehl, Onur Boyman, Anna Sediva, Raffaele Renella, Markus Schmugge, Stefano Vavassori, Jana Pachlopnik Schmid. J Allergy Clin Immunol. 2020 Apr;145(4):1297-1301.

39.0 °C als neue Fiebergrenze für Kinder mit einer Krebserkrankung

Während einer Chemotherapie entwickeln Krebspatienten nicht selten die Komplikation von Fieber in Kombination mit einer Verminderung der weissen Blutkörperchen. Diese «febrile Neutropenie» (FN) muss behandelt werden, wenn sie zu hoch wird. Auch krebskranke Kinder und Jugendliche sind während einer Chemotherapie häufig von einer febrilen Neutropenie betroffen. Glücklicherweise sterben dank der Notfallbehandlung inzwischen weniger als ein Prozent von ihnen. Eine Schwierigkeit besteht darin, eine Fiebergrenze festzulegen, um zu bestimmen, wann eine antibiotische Therapie und ein Krankenhausaufenthalt dringend erforderlich sind. Das Forscherteam um Christa Koenig und Cécile Adam wollte untersuchen, ob eine höhere Fiebergrenze von 39,0°C weniger sicher ist als die untere Grenze von 38,5°C oder ob mehr ge-sundheitliche Probleme zu erwarten sind. In die praxisorientierte, randomisierte und kontrollierte Studie wurden 269 Kinder und Jugendliche an 6 Schweizer pädiatrischen Onkologiezentren eingeschlossen und 360 Fälle von febriler Neutropenie untersucht. Die Fiebergrenze, die bei den Patienten galt, wurde monatlich zufällig geändert.
Die Ergebnisse zeigten, dass für die meisten Kinder und Jugendlichen mit Krebs eine höhere Fiebergrenze von 39,0 °C nicht weniger sicher ist als eine niedrigere Fiebergrenze von 38,5 °C. Ausserdem wurden bei der höheren Grenze etwa ein Viertel weniger Fälle von febriler Neutropenie diagnostiziert, was weniger Krankenhausaufenthalte und weniger Behandlungen zur Folge hatte.
Die Ergebnisse führten zu der Empfehlung von 39,0 °C als Standard-Fiebergrenze für die meisten krebskranken Kinder, die sich einer Chemotherapie unterziehen, in der Schweiz und vergleichbaren Ländern. Dies wird sich nicht nur auf das individuelle Patientenmanagement auswirken, sondern auch weitere wichtige gesundheitsökonomische Konsequenzen haben.

39.0 °C versus 38.5 °C ear temperature as fever limit in children with neutropenia undergoing chemotherapy for cancer: a multicentre, cluster-randomised, multiple-crossover, non-inferiority trial. Christa Koenig, Nicole Bodmer, Philipp K A Agyeman, Felix Niggli, Cécile Adam, Marc Ansari, Bernhard Eisenreich, Nanette Keller, Kurt Leibundgut, David Nadal, Jochen Roessler, Katrin Scheinemann, Arne Simon, Oliver Teuffel, Nicolas X von der Weid, Michael Zeller, Karin Zimmermann, Roland A Ammann. Lancet Child Adolesc Health. 2020 Jul; 4(7):495-502.

Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

Neuer Therapieansatz bei bakterieller Besiedelung des Dünndarms ?

Die bakterielle Besiedelung des Dünndarms (SIBO) betrifft in Folge von Motilitätsstörungen bis zu 60% der Patienten mit einer systemischen Sklerose (SSc). Die Standardtherapie erfolgt mit Antibiotika, jedoch steht die Frage im Raum, ob ein Zusatz von Probiotika zu besseren Ergebnissen führen könnte.

Die Behandlung der pathologischen Dünndarmbesiedelung ist notorisch schwierig, weniger in Bezug auf den Akuterfolg, sondern in Bezug auf häufige Rückfälle. Neben motilitätsbeeinflussenden Massnahmen, welche bei der systemischen Sklerose kaum wirksam sind, wurden in letzter Zeit die Möglichkeiten einer antibiotischen Therapie mit nicht-resorbierbaren Antibiotika und der Einsatz von Probiotika als Erweiterung des therapeutischen Arsenals diskutiert. In einer aktuellen mexikanischen Studie wurden Wirksamkeit und Sicherheit von Saccharomyces boulardii (SB) versus Metronidazol (M) versus M + SB in der Behandlung von SIBO bei SSc für 2 Monate evaluiert.
Die offene klinische Pilotstudie wurde an vierzig Patienten mit SIBO und SSc (ACR-EULAR 2013) durchgeführt. Drei Gruppen wurden über 2 Monate mit M, SB oder M + SB behandelt. Das Durchschnittsalter betrug 53,2  ±  9,3 Jahre, und die Dauer der SSc betrug 13,5 (1-34) Jahre. Zur objektiven Bewertung der SIBO wurde Wasserstoff in der Ausatemluft mit einem Atemtest gemessen, die subjektiven Symptome wurden mit dem Fragebogen des National Institutes of Health Patient-Reported Outcomes Measurement Information System (NIH-PROMIS) erfasst.
Bei ähnlichen Ausgangswerten wurde die SIBO nach der 2-monatigen Behandlung bei 55% der M + SB-Gruppe, bei 33% der SB- und bei 25% der M-Gruppe eliminiert. Die SB- und M + SB-Gruppen hatten weniger Durchfall, Bauchschmerzen und Gas/Blähungen, die Symptome blieben unter M unverändert. Der Wasserstoffgehalt der Ausatemluft sank nach 45 resp. 60 Minuten um: M + SB 48% und 44%, M 18% und 20%, und SB 53% und 60% im ersten bzw. zweiten Monat (p < 0,01). An unerwünschten Wirkungen wurden epigastrisches Brennen und Obstipation bei M (53%) und M + SB (36%) sowie Blähungen/Durchfall bei SB (22%) angegeben.
Die Autoren kommen zum Schluss, dass die Behandlung mit Metronidazol bei SIBO teilweise wirksam ist, dass aber S. boulardii in Monotherapie oder in Kombination die gastrointestinalen Ergebnisse bei SSc verbessert. Es ist zu hoffen, dass diese erfolgversprechenden Resultate an grösseren Populationen überprüft werden, wobei der Grundversorger, der nur selten
Patienten mit schweren Formen von SSc sieht, vor allem interessiert wäre, ob das Therapieprinzip auch bei den in der Praxis nicht seltenen und oft nicht diagnostizierten Fällen von SIBO ohne SSc wirksam wäre.

Quelle: Effectiveness of Saccharomyces boulardii and Metronidazole for Small Intestinal Bacterial Overgrowth in Systemic Sclerosis. García-Collinot G. et al: Dig Dis Sci. 2020;65:1134-1143

Dr. med. Hans-Kaspar Schulthess

Facharzt FMF Innere Medizin und Gastroenterologie
Neuhausstrasse 18
8044 Zürich

Schulthess_hk@swissonline.ch

Einfluss des Vitamin-D-Status auf das Immunsystem

Der Zusammenhang zwischen Vitamin D und dem Schweregrad von COVID-19 ist Gegenstand zahlreicher Publikationen und wird derzeit intensiv diskutiert. Ein Symposium zu diesem Thema wurde von OM Pharma Schweiz auf dem FOMF Update Refresher in Lausanne mit Dr. Pierre Olivier Lang (MPH, PhD) als Experte und Referent organisiert.

Es ist bekannt, dass die Pathogenese von COVID-19 aus einem systemischen akuten Entzündungssyndrom, dem Auftreten einer Pneumonie und einer möglichen Organdekompensation mit Sepsis und einem akuten Atemnotsyndrom resultiert, das durch mögliche Komorbiditäten wie Herzinsuffizienz, Diabetes, Hypertonie oder Adipositas und insbesondere mit zunehmendem Alter verschlimmert wird, sagte Dr. med. Pierre Olivier Lang, Clinique de Genolier, Lausanne, in seiner Einleitung. Die SARS-CoV2-Infektion führt zu einer Störung des Immunsystems in Verbindung mit einer erhöhten Produktion von proinflammatorischen Zytokinen (Zytokin-Burst). Es wird vermutet, dass diese Kaskadendekompensation zu einem Multiorganversagen mit hoher Letalität führen kann. Die Überaktivierung von Effektorzellen des angeborenen und des adaptiven Immunsystems könnte eine COVID-Pneumonie durch die Bildung von alveolären Läsionen oder Alveolitis verursachen, die durch die anfänglichen lokalen Entzündungsreaktionen erklärt werden.

Vitamin D und Immunität

Bereits im letzten Jahrhundert seien zwei Nobelpreise im Zusammenhang mit Vitamin D vergeben worden, so der Referent, nämlich an Thomas Mann für sein Werk «Der Zauberberg» und an Adolf Otto Windaus für die Entdeckung von Vitamin D, seiner Synthese und dem Einfluss von UV-Strahlung auf seine Produktion. Die heilende Kraft des Davoser Sanatoriums auf die Gesundheit der Tuberkulosepatienten bei Thomas Mann ist nach heutigem Stand der Wissenschaft weniger auf die gute Luft der Schweizer Alpen zurückzuführen als auf die mit der Höhe zunehmende ultraviolette Strahlung und deren Wirkung auf die Vitamin-D-Produktion.
Neben der bekannten Wirkung von Vitamin D auf die Skelettgesundheit gibt es Hinweise für pleiotrope Wirkungen von Vitamin D ausserhalb der Knochengesundheit. Es hat sich gezeigt, dass der Vitamin-D-Rezeptor (VDR) und das Vitamin-D-aktivierende Enzym 1-α-Hydroxylase (CYP27B1) in mehreren Zellen ausserhalb von Knochen und Niere exprimiert werden (1). Mehrere Zellen, die an der Immunfunktion beteiligt sind, exprimieren VDR und CYP27B1. Diese Beobachtung lässt vermuten, dass die aktive Form von Vitamin D, 1,25(OH)2D3, die Immunfunktion auf verschiedenen Ebenen steuern kann. Entsprechende Übersichtsarbeiten über die Rolle von Vitamin D bei der Regulierung des Immunsystems wurden in den letzten Jahren veröffentlicht (2, 3).
Die Fähigkeit von Vitamin D, die Immunantwort zu beeinflussen, scheint in hohem Masse vom 25(OH)D-Status des Individuums abhängig zu sein und kann im Falle eines Mangels zu einer abnormalen Reaktion auf Infektionen oder sogar zu Autoimmunität führen (4).
Die meisten Immunzellen exprimieren nukleäre Calcitriol-Rezeptoren, aber auch 25(OH)D-Rezeptoren und besitzen 1-α-Hydroxylase zur Bildung der aktiven Form von Vitamin D (4).
In jüngster Zeit hat man erkannt, dass bei der Produktion von Vitamin D in der Haut und der Hydroxylierung in der Niere auch andere Metaboliten entstehen, deren Rolle noch wenig verstanden ist. Sie besitzen auch spezifische Rezeptoren. Dies deutet darauf hin, dass es noch andere Wege gibt, auf denen Vitamin D in unserem Körper wirkt (5).
Insgesamt trägt Vitamin D dazu bei, überschüssige Immunreaktionen, sowohl angeborene als auch adaptive, zu reduzieren. Es reduziert die Produktion von pro-inflammatorischen Zytokinen, indem es die Produktion von anti-inflammatorischen Zytokinen und die Produktion von antimikrobiellen Peptiden (Cathelicidin und β-Defensine) begünstigt. Es fördert also eine koordinierte, kontrollierte und effiziente Immunantwort, die das Gegenteil von dem ist, was bei COVID-19 beobachtet wird.

Vitamin D und Infektionskrankheiten

Es besteht ein kurvenförmiger Zusammenhang zwischen dem Vitamin-D-Spiegel im Blut und dem Risiko von Infektionskrankheiten. Vitamin-D-Mangel ist mit einer erhöhten Vulnerabilität verbunden (6). Vitamin D hat antiinfektiöse Eigenschaften aufgrund seiner Fähigkeit, die Produktion von antimikrobiellen Proteinen wie Cathelicidin und Defensinen zu favorisieren und durch Hemmung der Produktion von Zytokinen (7, 8). Ebenso hemmt es die Reaktion von Helfer-T-Lymphozyten (TH1) und fördert die Produktion von Suppressor-Lymphozyten (TH2) (9).
Es ist bekannt, dass die Anfälligkeit für Infektionskrankheiten umso mehr zunimmt, je niedriger der Vitamin-D-Spiegel ist, und dass diese Anfälligkeit umso mehr reduziert wird, je mehr der Vitamin-D-Spiegel korrigiert wird. Es scheint einen Plateaueffekt ab einem bestimmten Serumspiegel zu geben (optimale Werte für die Immunität sind wahrscheinlich höher als der für Osteoporose definierte), ohne jedoch den Effekt auf die Immunität zu kennen, z.B. Blutspiegel > 200 nmol/L. Hat dies eine schützende Wirkung oder wirkt es sich nachteilig aus?
Diese Rolle von Vitamin D in der antiinfektiösen Abwehr ist für bakterielle Infektionen wie Tuberkulose, H. pylori-Infektion, bakterielle Lungenentzündung, aber auch für parasitäre und auch virale Infektionen einschliesslich Atemwegsinfektionen nachgewiesen (10). Ein optimaler Vitamin-D-Status würde sich auch günstig auf die Reaktion auf eine Impfung auswirken. Vitamin D sollte jedoch nicht als Behandlung von Infektionen betrachtet werden, sondern als Ergänzung zur Aufrechterhaltung eines normal funktionierenden Immunsystems.

Vitamin D und COVID-19

Vitamin D scheint über immunmodulatorische Effekte hinaus auch eine direktere Rolle in der Pathogenese zu spielen. Vitamin  D hat antivirale Aktivität durch die Induktion der Synthese von CXCL10 und INF γ im respiratorischen Epithel und unterstützt die Bildung von CD8+ T-Lymphozyten. Dies fördert die Rekrutierung von Immunzellen am Infektionsort und begünstigt die Zerstörung der Lipidhülle des Virus durch LL-35 und die Proliferation von CD4+ T-Lymphozyten.
Darüber hinaus beinhaltet die Pathogenese der akuten Lungenverletzung während COVID-19 die Produktion von Renin, ACE, Angiotensin II und Angiotensin-II-Typ-1-Rezeptor (AT1R) und umgekehrt die Hemmung der Synthese von ACE2, einem weiteren membranumwandelnden Enzym mit starker Ähnlichkeit zu ACE. Sars-CoV2 gelangt über ACE2 in unsere Zellen (11). ACE2 ist eine Exopeptidase, die Angiotensin I in Angiotensin 1-9, ein inaktives Nonapeptid, umwandelt. ACE2 wird im Epithel der Atemwege, den Pneumozyten und der Mundschleimhaut exprimiert, die die bevorzugten Eintrittsstellen für das Virus sind. Es wird angenommen, dass Vitamin D dazu beiträgt, die akute Lungenverletzung zu lindern, indem es die Expression von ACE2 und Angiotensin 1-7 induziert und gleichzeitig die Reninsekretion und die ACE/Angiotensin II/AT1R-Kaskade hemmt. Während die Bindung von Angiotensin II an AT1R arterielle Vasokonstriktion, akute Entzündung und Apoptose induziert, ist Angiotensin 1-7 antagonistisch zu diesen Effekten. Es übt entzündungshemmende und gefässerweiternde Effekte aus und wirkt dem vaskulären Remodeling entgegen. Das Verhältnis von Angiotensin II zu Angiotensin 1-7 wird durch das Gleichgewicht zwischen den Spiegeln von ACE und ACE2 bestimmt. Eine Überexpression von ACE2 und des Vitamin-D-Rezeptors wäre schützend gegen Alveolitis. Mit anderen Worten: Vitamin D hemmt die Reninsekretion und überexprimiert ACE2, was zu einer Unterdrückung der Aktivität des Renin-Angiotensin-Systems und damit zu einer Normalisierung des Blutdrucks und zu einer Abnahme des systemischen Gefässwiderstands führt, um einer Vasokonstriktion entgegenzuwirken.

Vitamin D und Supplementierung

Ein Vitamin-D-Mangel sollte immer vermieden werden. Dies gilt insbesondere für Menschen mit einem hohen Risiko für einen Vitamin-D-Mangel (12).
Nur wenige Lebensmittel enthalten nennenswerte Mengen an Vitamin D. Fetter Fisch (Hering, Aal oder Lachs), Milchprodukte und Eier sind die wichtigsten. Die Zufuhr von Vitamin D über die Nahrung ist aber meist unzureichend, weshalb es in den meisten Fällen ergänzt werden muss. Zur Aufrechterhaltung optimaler Serumspiegel für die Immunmodulation sind je nach Alter und Gesundheitszustand zwischen 400 und 2000 IU/Tag erforderlich (11). Diese Dosen können mit der gleichen Wirksamkeit täglich oder als kumulative Dosis 1x/Woche oder sogar 1x/Monat gegeben werden (12). Ein längerer Abstand zwischen den Dosen wird nicht empfohlen.

Fazit

Die Gewissheiten

  • Die Beweislage bestätigt die immunmodulatorische Rolle von Vitamin D und seine Rolle bei der Antiinfektionsabwehr.
  • Studien zeigen einen Zusammenhang zwischen einem Mangel an Vitamin D und der Anfälligkeit für verschiedene Krankheitserreger, einschliesslich COVID-19.
  • Die Aufrechterhaltung eines Serumspiegels von ≥75nmol/L ist erforderlich, um ein starkes und funktionierendes Immunsystem zu fördern und die individuelle Anfälligkeit für Infektionen zu begrenzen. Hierfür hat man die Wahl der Ergänzung: Tägliche, wöchentliche oder monatliche Einnahme.
  • Vitamin D ist keine präventive oder kurative Behandlung von COVID-19.

Die Unwägbarkeiten

  • Die Nützlichkeit von Vitamin D als Mittel zur Infektionskontrolle erfordert noch das Verständnis der alternativen Aktivierungspfade sowie das Verständnis der möglichen Wechselwirkungen zwischen Vitamin D und Nicht-Vitamin-D-Rezeptoren.
  • Die individuelle Reaktion auf die Supplementierung ist dynamischer als die Kontrolle des Serumspiegels allein. Die epigenetische Reaktion auf Umweltveränderungen und Lebens- oder Gesundheitsbedingungen induziert eine grössere Variation in der Reaktion als der genetische Polymorphismus des Vitamin-D-Rezeptors.

Quelle: FOMF Update Refresher Allgemeine Innere Medizin, Lausanne, 12.02.2021.

Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

1. Szymcak I, Pawliczak R. The active metabolite of vitamin D3 as a potential immunomodulator. Scand J Immunol 2016;83:83-91.
2. 4. Wei R., Christakos S. Mechanisms Underlying the regulation of innate and adaptive immunity by vitamin D. Nutrients. 2015;7:8251–8260.
3. 5. Altieri B., Muscogiuri G., Barrea L., Mathieu C., Vallone C.V., Mascitelli L., Bizzaro G., Altieri V.M., Tirabassi G., Balercia G., et al. Does vitamin D play a role in autoimmune endocrine? A proof of concept. Rev. Endocr. Metab. Disord. 2013;18:335–346.
4. Prietl B et al. Vitamin D and immune function. Nutrients 2013;5: 2502-2521.
5. Sassi F et al. Vitamin D : Nutrient, hormone and immunomodulator. Nutrients 2018 ;10 :1656-1669.
6. Lang PO et al. Vitamin D status and the host resistance to infections. What it is currently (not) understood. Clin. Ther. 2017;39: 930-045.
7. Kearns MD et al. The impact of vitamin D on infectious disease : a systematic review of controlled trials. Am J Med 2015 ;349 :245-262.
8. Müller K et al. 1,25-Dihydroxyvitamin D3 inhibits cytokine production by human blood monocytes at the post-transcriptional level. Cytokine. 1992;4:506-12.
9. Lemire JM Immunosuppressive actions of 1,25-dihydroxyvitamin D3: preferential inhibition of Th1 functions. J Nutr. 1995;125:1704-1708.
10. Laaksi I: Vitamin D and respiratory infection in adults . Proc. Nutr Soc 2012 ;71 : 90-97.
11. Ghavideldarestani M et al. Role of vitamin D in pathogenesis and severity of Covid-19 infection. Arch Physiol Biochem 2020:1-7.
12. Bericht einer Expertengruppe im Auftrag der Eidg. Ernährungskommission und des Bundesamts für Gesundheit 2012. Vitamin D deficiency: Evidence, safety, and recommendations for the Swiss population.

Foetor et halitose

Surtout de nos jours, où beaucoup de gens doivent porter un masque, l’ un / l’ une ou l’ autre se dérangera d’ une haleine incommodante. Un journal suisse du dimanche connu a fait un reportage sur ce sujet en juillet 2020, encourageant un nombre croissant de patients à consulter leur médecin généraliste ou spécialiste pour ce problème. L’ objectif de cet article est de montrer que dans la majorité des cas, une amélioration des symptômes peut être obtenue avec des mesures souvent simples.

Il est donc certainement important et pertinent de se pencher sur cette question d’ actualité et de fournir un résumé à cet égard. Les plaintes ne sont pas faciles à objectiver dans la pratique clinique quotidienne et sont souvent minimisées (« Ce n’ est pas si grave. »). Je voudrais pourtant montrer ici que dans la plupart des cas, une amélioration symptomatique peut être obtenue par des mesures simples. Comme spécialiste ORL exerçant en cabinet, j’ aimerais traiter le sujet de manière aussi compréhensible que possible et vous montrer les principales causes et les options thérapeutiques correspondantes.

Foetor et halitose – distinction terminologique

Au début, il est important de définir les termes avec précision. Parfois ces termes sont utilisés comme synonymes. Toutefois, une distinction doit être faite entre le foetor – une odeur désagréable provenant de la cavité buccale et donc due à une cause intra-orale – et l’  halitose. L’ halitose décrit une mauvaise haleine due à diverses causes métaboliques systémiques. Ici il s’ agit en fait plus d’ une odeur incommodante de l’ air expiré que d’ un problème d’ haleine. Les termes d’ ozostomie ou de cacostomie ne sont que rarement utilisés (1).
Historiquement, le problème apparaît déjà dans la mythologie grecque, dans laquelle Aphrodite aurait puni les femmes de l’ île grecque de Lemnos d’ une haleine nauséabonde parce qu’ elles avaient négligé ses sanctuaires. Plus récemment l’ histoire du Roi Soleil Louis XIV en France est tout aussi connue, lui qui souffrait d’ une haleine nauséabonde en raison d’ une complication abcédante survenue après un traitement dentaire. Du film « Autant en emporte le vent » on connaît le baiser le plus célèbre de l’ histoire du cinéma. L’ actrice Vivian Leigh dira plus tard à propos de son partenaire Clark Gable qu’ il avait « de fausses dents et une mauvaise haleine ».
Linus Pauling, lauréat américain du prix Nobel de chimie, a été le premier à pratiquer une chromatographie gazeuse de l’ air expiré et a pu détecter plus de 200 substances volatiles différentes, essentiellement organiques (2). Des études plus poussées, réalisées avec des instruments améliorés, ont permis de découvrir jusqu’ à 3 000 de ces substances volatiles. Dans l’ air expiré par un être humain normal, on trouve à côté de l’ azote, de l’ oxygène et du dioxyde de carbone une proportion d’ environ 1 % de divers autres composants gazeux. Ce 1% peut contenir des substances volatiles extrêmement fortes et odorantes, contenant principalement du soufre, de sorte que l’ air exhalé est perçu comme désagréable, voire insupportable. Il ne s’ agit pas seulement d’ un problème touchant l’ acteur susmentionné et l’ ancien roi de France, une nouvelle méta-analyse montre une prévalence de 31,8 % (3). Il s’ agit donc d’ un problème commun auquel le dentiste, le médecin de famille et le spécialiste en ORL sont de plus en plus souvent confrontés à l’ heure actuelle, encore plus avec l’ obligation accrue du port du masque.

Les causes

En ce qui concerne les causes (3 – 8) on distingue entre un problème buccal causant un foetor, et les causes extra-orales, entraînant une halitose. La cause intra-buccale la plus fréquente est un problème d’ hygiène bucco-dentaire insuffisante, laissant persister des résidus de nourriture dans la cavité buccale. Ces résidus alimentaires entraînent une colonisation bactérienne avec formation de substances volatiles contenant du soufre, qui conduisent ensuite au foetor. Il en va de même pour les prothèses dentaires mal entretenues, la parodontose ou les dents cariées. Des inflammations telles que l’ amygdalite chronique, l’ angine tonsillaire, les abcès intra-oraux, ainsi que de rares infections par des agents pathogènes spéciaux, comme la syphilis ou la diphtérie, peuvent également causer un foetor. Il est important aussi de faire la différence avec un nez malodorant (l’ ocène) qui se produit par exemple en cas de rhinite atrophique. Les tumeurs avec des composantes nécrotiques sises dans la cavité buccale ou dans le larynx/pharynx peuvent également provoquer une forte odeur. La sécheresse de la bouche, comme cela peut arriver dans les professions orales, un syndrome d’ apnée obstructive du sommeil, une carence alimentaire, ainsi qu’ une salivation réduite, par exemple dans le syndrome de Sjögren, peuvent aussi causer une mauvaise haleine. Une imprégnation locale, par exemple par des huiles essentielles, l’ alcool ou le tabac, est également une cause courante d’ haleine nauséabonde. En résumé, les causes intra-orales sont principalement dues à une hygiène bucco-dentaire insuffisante ou à une inflammation bactérienne locale. Chez 85 à 90 % des patients se plaignant de mauvaise haleine, on trouve une cause orale, c’ est-à-dire qu’ il s’ agit d’ un foetor.
Dans 10 à 15 % des cas, l’ halitose est due à diverses causes métaboliques systémiques, telles que les maladies des voies respiratoires avec une bronchite purulente, des bronchectasies ou une pneumonie. De même les maladies du tractus gastro-intestinal, en particulier des carcinomes, les diverticules de rétention, l’ achalasie ou la sténose gastrique peuvent entraîner une halitose. Les maladies métaboliques telles que l’ urémie (foetor urémique), le diabète sucré ou l’ insuffisance hépatique (foetor hépatique) peuvent aussi être associées à une mauvaise haleine. Pendant un jeûne prolongé, l’ acidocétose qui en résulte peut être détectée dans l’ air expiré.
Plus rarement il s’ agit d’ un problème psychosomatique. Un patient atteint d’ une pseudohalitose peut être ainsi fermement convaincu de souffrir d’ une halitose ou d’ un foetor, sans trouvailles objectives à l’ examen clinique. Il arrive que ces patients s’ adonnent à une hygiène bucco-dentaire excessive. Dans ce cas notre tâche doit être de rassurer le patient et de le convaincre qu’ il n’ y a pas vraiment de mauvaise haleine.

Diagnostic

En matière de diagnostic, la littérature fait souvent référence à un test subjectif et un test objectif dans l’ évaluation organoleptique. Lors d’ un test organoleptique subjectif, un médecin expérimenté évalue l’ air expiré du patient avec son propre sens de l’ odorat. Les résultats sont ensuite documentés et consignés dans un tableau. Lors d’ un test organoleptique objectif, une mesure peut être effectuée à l’ aide d’ un chromatographe gazeux. Cependant, ces appareils sont très grands et compliqués à utiliser et à entretenir. Une option plus simple et plus pratique est la mesure dite VSC (volatile sulphur compounds) à l’ aide d’ un halimètre (10). Cela permet de quantifier les composés volatils du soufre et d’ évaluer objectivement les symptômes. Les scores du test organoleptique objectif et du test subjectif semblent être en corrélation dans la littérature (11), cependant, le test subjectif n’ est probablement plus effectué de manière standard et semble obsolète, surtout à l’ époque du coronavirus. Je pense que ces mesures ont surtout leur place dans les consultations spécialisées des grands hôpitaux centraux. Dans mon cabinet médical ORL, il s’ agit principalement d’ exclure les pathologies mentionnées ci-dessus, telles que des causes inflammatoires ou une tumeur, au moyen d’ un examen clinique comprenant une endoscopie nasale et un examen endoscopique par fibres du pharynx et du larynx. Cela comprend aussi une anamnèse approfondie et un examen clinique minutieux en connaissance des causes possibles. D’ autres examens peuvent également être indiqués, tels qu’ une polygraphie respiratoire en cas de suspicion d’ un syndrome d’ apnée nocturne ou un test de Saxon avec échographie des glandes salivaires si un syndrome de Sjögren est soupçonné.
Le diagnostic de base posé par un médecin de famille comprend certainement un examen de laboratoire afin d’ exclure les causes systémiques susmentionnées. En cas de suspicion clinique, il peut être nécessaire d’ organiser des examens spécialisés supplémentaires, par exemple avec un spécialiste en ORL, un pneumologue ou un gastro-entérologue.

Traitement

Comme une cause intra-buccale est souvent à l’ origine des plaintes, il est particulièrement important d’ enseigner au patient une hygiène bucco-dentaire conséquente. Il s’ agit principalement d’ un nettoyage des dents approfondi, ainsi qu’ éventuellement d’ un nettoyage de la surface de la langue, par exemple à l’ aide d’ un racleur de langue. Le racleur de langue (ou gratte-langue), en particulier, semble être un outil très efficace et il existe de bonnes données concernant son efficacité. L’ objectif est de parvenir à une réduction de la colonisation bactérienne par une application régulière en combinaison avec l’ hygiène dentaire. Dans la littérature, il existe diverses approches thérapeutiques qui, par exemple, appliquent des substances probiotiques sur le racleur de langue et permettent ainsi de réduire le foetor (12). En cas de problèmes dentaires, le dentiste peut être consulté pour un nettoyage régulier des dents. Des solutions de rinçage de la bouche telles que la chlorhexidine peuvent également être utilisées. Le thé noir, la menthe poivrée, l’ eucalyptus, les comprimés de chlorophylle et les grains de café à mâcher sont recommandés comme remèdes domestiques. Dans le domaine ORL, une amygdalectomie peut être envisagée en cas de calculs amygdaliens ou d’ infections récurrentes dans la zone des amygdales. Il est bien sûr essentiel de diagnostiquer et de traiter une tumeur, un éventuel syndrome de Sjögren, ainsi que de chercher un syndrome d’ apnée nocturne dans l’ anamnèse. Il peut être nécessaire d’ objectiver et de traiter les troubles respiratoires liés au sommeil, éventuellement en pratiquant une polygraphie respiratoire, afin de minimiser la sécheresse de la bouche. Pour des causes plus rares dans le domaine des maladies des voies respiratoires ou du tractus gastro-intestinal, on se tiendra aux examens et recommandations du spécialiste.

Traduction basée sur l’article original paru en allemand dans « der informierte arzt » 10_2020
Copyright Aerzteverlag medinfo AG

Dr. med. Mathias Henseler

Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten,
Schwerpunkt Hals- und Gesichtschirurgie
HNO-Praxis
Haldenstrasse 11
6006 Luzern

henseler@hno-praxis.ch

L’ auteur n’a déclaré aucun conflit d’intérêts en rapport avec cet article.

  • En matière de mauvaise haleine on distingue deux termes : le foetor, une haleine nauséabonde provenant de la cavité buccale et l’ halitose, une odeur désagréable de l’ air expiré.
  • Dans 85% des cas, il s’ agit d’ un foetor avec une cause intra-orale à traiter. Seulement 15 % des plaintes de mauvaise haleine sont dues à une halitose d’ origine extra-orale.
  • Il vaut la peine de faire une bonne anamnèse et de connaître les mécanismes possibles.
  • Une mesure thérapeutique importante est l’ enseignement de l’ hygiène buccale avec le brossage des dents et le grattage de la langue.
  • Des consultations spécialisées existent dans les hôpitaux universitaires, disposant en particulier de méthodes d’ examen objectives, telles que l ’ halimétrie. Il convient de les réserver pour les cas compliqués et difficiles.

1. Facharztwissen HNO, PD Dr. med. Michael Reiss, HNO-Klinik, Elblandklinikum Radebeul
2. L. Pauling Quantitative analysis of urine vapor and breath by gas-liquid partition chromatography. Proc Natl Acad Sci U S A. Band 68, 1971, S. 2374–2376.
3. Estimated prevalence of halitosis: a systematic review and meta – regression analysis, Manuela F Silva, Clin Oral Investig. 2018 Jan ;22(1) :47-55
4. Halitosis-Ursache, Diagnose, Therapie – Schweiz. Med. Forum 2004;585-589
5. Mundgeruch-Ursachen und Therapie, Zentrum für Zahnmedizin, Universität Zürich, September 2011
6. Mundgeruch-Ursachen, Differenzialdiagnose und Behandlung, Imfeld T, 2008. Universität Zürich
7. Interventions for managing halitosis – sumanth Kumbargere Nagraj, Cochrane Databes syst rev. 2019 Dec 11; 12(12):CD012213
8. Halitosis: the multidisciplinary approach Curd ML Bollen, Int J Oral Sci. 2012 Jun
9. Halitosis : knowing when bad breath signals systemic disease, TM Durham, Geriatrics, 1993, Aug;48(8):55-9
10. Halitosismanagement für die Zahnarztpraxis – Workshop beim BREATH ANALYSIS Summit 2013 – International Conference of Breath Research, 9.Juni 2013 – Saarbrücken/Wallerfangen, Deutschland
11. Subjective patients opinion and evaluation of halitosis using halimeter and oranoleptic scores – E Iwanicka-Grzegorek, Oral Dis 2005 ; 11 1 :86-88
12. A simple method to reduce halitosis : tongue scraping with probiotics, Berk Gurpinar, J Breath Res, 2019 : Dec 4 ;14(1) :016008

Duplicité des cas ?

Présentation du cas 1

Un maçon de 24 ans se présente d’ urgence à votre cabinet de médecine familiale un vendredi après-midi parce qu’ il souffre d’ un mal de gorge croissant depuis une semaine. Subjectivement, il se sent aussi un peu fébrile, c’ est pourquoi il a fait faire un test Covid-19 il y a deux jours, qui était alors négatif. Actuellement, il se sent en bonne condition générale, mais il a un mal de gorge considérable et a du mal à déglutir. Il ne tousse pas et son odorat est normal.

Anamnèse personnelle
Fracture de la jambe gauche après un accident de moto il y a 3 ans, autrement en bonne santé. Non-fumeur. Pas d’ allergies.

Médicaments
Pas de médicaments réguliers

Signes vitaux
TA 135/85, pouls 78, régulier, SO2 98%.
Température : 38,3 °C. Taille 184 cm, poids 84 kg.

Status clinique
Ganglions lymphatiques cervicaux légèrement enflés et légèrement douloureux des deux côtés, pas de rougeur, pas d’ hyperthermie. Pas d’ exanthème. Examen cardiaque, pulmonaire et abdominal anodin.

nspection buccale du cas 1

Questions :

Quelle forme d’ amygdalite aiguë est la plus probable ?
A. Mononucléose
B. Infection virale non spécifique des voies respiratoires
supérieures
C. Herpangine (virus Coxsackie)
D. Angine streptococcique

La réponse D est correcte. On voit l’ image classique de l’ amygdalite streptococcique au stade d’ une angine lacunaire.

Quels examens diagnostiques effectuez-vous ?
A. Aucun
B. Test rapide de dépistage des streptocoques
C. Hémogramme avec numération globulaire différentielle, enzymes hépatiques
D. Frottis de gorge

La meilleure réponse est B. Avec 4 points dans le score de McIsaac, le patient a une bonne probabilité de 50% de présenter une infection streptococcique. Cependant, la réponse C est également possible en fonction de la situation clinique. Un quotient lymphocytes/leucocytes de > 0,35 et des valeurs hépatiques élevées pourraient être des indicateurs différentiels de la présence d’ une mononucléose.

Quel traitement recommandez-vous ?
A. Repos physique, quantité suffisante de boissons
(par exemple, thé chaud).
B. Repos physique, consommation suffisante de boissons
(par exemple, thé chaud), ibuprofène
C. Repos physique, consommation suffisante de boissons
(par exemple, thé chaud), ibuprofène, suivi après 3 jours
D. Repos physique, consommation suffisante de boissons
(par exemple, thé chaud), ibuprofène, suivi après 3 jours, pénicilline orale pendant 10 jours.

La bonne réponse est C. Sous traitement symptomatique, il y a une forte probabilité de rémission spontanée d’ une amygdalite aiguë sans complications chez ce jeune homme sans maladies sous-jacentes.

Présentation du cas 2

Deux heures plus tard, une patiente se présente en urgence à votre cabinet. Cette fois, il s’ agit d’ une coiffeuse de 32 ans qui souffre depuis 4 jours d’ un grave mal de gorge, davantage sur le côté gauche. Elle a une odynophagie prononcée, surtout lorsqu’ elle mange des aliments acides, et peut difficilement se nourrir. Elle n’ indique ni toux, ni rhume, ni mal de tête.

Anamnèse personnelle
Dermatite atopique. Pas d’ allergies.

Médicaments
Pas de médicaments réguliers.

Signes vitaux
Tension artérielle 115/65, pouls 84, régulier, SO2 98%.
Température : 37,4 °C. Taille 172 cm, poids 62 kg.

Status clinique
Palpation du cou sans aucune particularité. Pas d’ exanthème. Examen cardiaque, pulmonaire et abdominal anodin.

Inspection buccale du cas 2

Question :

Quel est le diagnostic primaire que vous effectuez ?
A. Exames sérologiques
B. Test rapide de dépistage de streptocoques
C. Hémogramme avec numération globulaire différenciée, valeurs hépatiques
D. Frottis de gorge avec coloration de Gram

La meilleure réponse est D. Si la coloration de Gram montre des spirochètes et des bactéries fusiformes, le diagnostic d’ une angine de Plaut-Vincent peut être établi. La réponse A est également correcte. En cas d’ une amygdalite ulcéreuse unilatérale, une infection luétique primaire par exemple, est également à considérer dans le diagnostic différentiel, de sorte qu’ une sérologie pour la syphilis est indiquée. Secondairement, dans le suivi, un lymphome ou un carcinome amygdalien, entre autres, doit être exclu.

Discussion

Chez les patients souffrant d’ amygdalite aiguë, la question fondamentale est de savoir si un traitement antibiotique est nécessaire en plus d’ une thérapie symptomatique appropriée. Comme il est difficile de distinguer les amygdalites virales des amygdalites bactériennes lors de l’ inspection, en particulier des amygdalites à streptocoques du groupe A, le score de McIsaac, par exemple, peut être utilisé au départ. Un score élevé augmente la probabilité de présence d’ un frottis de gorge positif pour les streptocoques du groupe A. Dans le diagnostic différentiel, la mononucléose est toujours une possibilité. Dans le cas d’ un score McIsaac de 3 points ou plus, il est recommandé d’ effectuer en plus un test rapide de dépistage de streptocoques. Si ce test rapide est positif, on peut supposer que le patient est atteint d’ une amygdalite streptococcique du groupe A. Le traitement par antibiotique peut-il donc avoir un effet favorable sur l’ évolution de la maladie, c’ est-à-dire permettre une rémission plus rapide et éviter les complications ? Il a été démontré que l’ angine streptococcique avec traitement symptomatique a un taux élevé de rémission spontanée. Lorsqu’ elle est traitée avec un antibiotique, la guérison spontanée peut être réduite de 7 à 6 jours en moyenne, ce qui représente un gain d’ environ une journée. En outre, la thérapie par antibiotique ne peut pas empêcher des complications telles qu’ un abcès périamygdalien. En outre, le rhumatisme articulaire aigu, à l’  origine la principale raison de traiter l’ angine streptococcique par un antibiotique, est devenu une rareté dans nos pays dits civilisés.
En résumé, il est aujourd’ hui recommandé de traiter les amygdalites aiguës de manière essentiellement symptomatique. En termes d’ antibiothérapie rationnelle, le traitement par un antibiotique n’ est pas indiqué dans la plupart des cas d’ angine streptococcique ou n’ est indiqué qu’ avec un certain délai. D’ autre part, en plus d’ une analgésie adéquate dans le traitement de l’ amygdalite aiguë, il est également important d’ informer le patient des raisons pour lesquelles un antibiotique n’ est pas nécessaire et des avantages qu’ il en retire s’ il n’ est pas nécessaire de traiter avec un antibiotique. Bien entendu, il faut toujours tenir compte de la situation clinique (maladie grave, immunosuppression, évolution inhabituelle, rhumatisme articulaire aigu dans l’ anamnèse, etc.) et reconnaître les signaux d’ alerte tels que le bombement unilatéral de la voûte palatine, la gorge unilatéralement gonflée et rougie, une maladie générale grave (abcès périamygdalien, abcès des ganglions lymphatiques cervicaux, syndrome de Lemierre, etc.
Dans le cas de la deuxième urgence, celle de la patiente atteinte d’ une amygdalite ulcéreuse unilatérale, il s’ agit d’ une angine de Plaut-Vincent. Le nom vient du bactériologiste allemand H.C. Plaut et du médecin et épidémiologiste français J.H. Vincent. Cette infection mixte est causée par des spirochètes et des fusobactéries, qui sont plus facilement détectables dans une coloration de Gram. La maladie est relativement rare et se présente généralement avec des résultats locaux remarquables. Le traitement dépend de l’ état clinique et va des antiseptiques locaux à la thérapie avec des antibiotiques oraux, par exemple la pénicilline. Le diagnostic différentiel de l’ amygdalite ulcéreuse unilatérale comprend une infection syphilitique primaire et peut justifier d’ effectuer une sérologie de la syphilis. Selon l’ évolution, un carcinome des amygdales ou un lymphome doit également être exclu.

Dr. med. Christoph Schlegel-Wagner

Klinik für Hals-Nasen-Ohren- und Gesichtschirurgie (HNO)
Luzerner Kantonsspital
Spitalstrasse
6004 Luzern

christoph.schlegel@luks.ch

L’  auteur n’ a déclaré aucun conflit d’ intérêts en rapport avec cet article.

  • Dans la plupart des cas, il n’ est pas nécessaire de traiter une angine à streptocoque du groupe A avec un antibiotique, ou seulement après un délai.
  • Le rhumatisme articulaire aigu secondaire à l’ angine streptococcique est devenu une rareté en Europe. Ce fait renforce le conseil d’ une  utilisation restrictive des antibiotiques dans l’ angine streptococcique.
  • Dans l’ amygdalite ulcéreuse unilatérale, le diagnostic différentiel se concentre sur l’ angine de Plaut-Vincent, l’ infection luétique primaire, le carcinome amygdalien et le lymphome.

sur demande auprès de l’    auteur

Mieux manger pour plus de vie aux années chez les seniors !

D’ici 2040, la proportion des seniors de 65 ans et plus devrait augmenter de 49%, passant de 1 641 204 à 2 445 764 personnes. La progression atteignant 83% chez les personnes de 80 ans et plus. Il s’en suivra une augmentation des maladies chroniques invalidantes et de la dépendance, ce qui aura un impact sur presque tous les aspects de la société, notamment sur les dépenses liées à notre système de santé. Vu l’importance des habitudes alimentaires, la mise sur pied d’une « stratégie suisse de nutrition 2017-2024 » devrait permettre d’atténuer les pressions exercées sur l’inflation des coûts de la santé. Cet article vise à mettre en évidence des recommandations d’un mieux manger visant à accroître l’espérance de vie en bonne santé des seniors non vulnérables vivant à domicile et à alléger ainsi le fardeau des maladies non transmissibles (MNT).

La première Enquête Nationale sur l’Alimentation, menuCH, a montré que la population suisse âgée de 18 à 75 ans possédait de très bonnes connaissances sur les recommandations nutritionnelles, mais que par contre leur adoption restait faible (1). En bref, les écarts par rapport à une alimentation équilibrée se traduisaient par une consommation trop élevée de sucreries et de viande, avec un manque de fruits et de légumes..
Le récent rapport d’experts de la Commission fédérale de l’ Alimentation (COFA) « Nutrition vieillissement » (2) mentionne qu’en moyenne, les personnes âgées :

  • boivent suffisamment d’eau (près de 1,5 litre par jour),
  • consomment tous les jours entre 2 et 3 portions de fruits et entre 1,5 et 3 portions de légumes (selon les études),
  • respectent probablement les recommandations en matière d’apports énergétiques,
  • respectent approximativement les recommandations en matière d’ apports protéiques destinées aux personnes âgées en bonne santé,
  • ont une prévalence élevée de carences en vitamine D,
  • présentent avec l’âge des carences en vitamines B12 et B9 (acide folique).

En vieillissant, en plus des MNT, les déséquilibres alimentaires vont engendrer un risque accru des principales affections suivantes :

  • la dénutrition (consommation ou absorption insuffisante ou déséquilibrée d’énergie, de protéines ou d’autres nutriments),
  • la sarcopénie,
  • la vulnérabilité (frailty),
  • les démences,
  • les affections gingivo-dentaires,
  • ainsi qu’une réduction des défenses immunitaires et leurs conséquences.

Les bienfaits d’une alimentation saine chez les seniors

Une alimentation saine correspond à une alimentation équilibrée alliant l’apport de tous les nutriments nécessaires au bon fonctionnement des différents systèmes de l’organisme tout en veillant à respecter leurs besoins spécifiques, ses capacités métaboliques et d’ épuration selon l’âge et le sexe.
Au-delà d’ être un besoin fondamental de l’ être humain, une alimentation saine procure un sentiment de bien-être physique et psychique, ainsi qu’une amélioration de la qualité de vie. Elle freine l’ avancée du vieillissement en préservant les capacités fonctionnelles. Elle permet également de réduire le risque de survenue des MNT et des autres maladies mentionnées ci-dessus.

Quels sont les besoins nutritionnels spécifiques des seniors ?

Bien que les preuves scientifiques soient insuffisamment étayées car elles proviennent en majorité d’ études d’observation de qualité variable, les experts de la COFA reconnaissent qu’ en général, les besoins des personnes âgées non vulnérables ont des apports nutritionnels recommandés identiques à ceux des adultes d’ âge moyen tels qu’explicités dans la pyramide alimentaire suisse disponible sur le site web de la Société suisse de nutrition (www.sge-ssn.ch). Toutefois ces experts y apportent les nuances suivantes :

  • généralement les besoins énergétiques diminuent légèrement avec l’ âge, de l’ ordre de 100 à 200 Kcal/j chez les hommes et de 100 à 300 Kcal/j chez les femmes,
  • l’ apport protéique doit être légèrement augmenté de 0.8-0.9 à 1.0-1.2 g/kg de poids corporel,
  • une supplémentation en vitamine D (20 µg/j) est recommandée en raison de la perte progressive de la capacité de synthèse cutanée de cette vitamine avec l’ âge,
  • un dépistage d’ une possible carence en vitamine B12 est recommandé chez les personnes à risque en raison d’ une affection intestinale ou d’ une pharmacothérapie entravant la résorption intestinale, et c’ est également le cas lors de symptômes laissant suspecter un déficit de cette vitamine,
  • une déficience en acide folique (vitamine B9) peut être fréquente chez les personnes âgées, en particulier chez celles qui sont devenues vulnérables ou dépendantes, le plus souvent en raison d’ une prise insuffisante d’ aliments riches en acide folique. L’ éthylisme chronique ou certains médicaments (p.ex. l’ hydantoïne, le méthotrexate, les diurétiques de l’ anse), accroissent ce risque. Dépistage et traitement de la carence en folates sont recommandés en cas de manifestations cliniques.

Les tableaux 1 et 2 résument les apports recommandés en nutriments, vitamines et minéraux, chez les personnes âgées non vulnérables. Il s’ agit-là d’ indicateurs qui, en complément avec la pyramide alimentaire, devraient faciliter la composition des repas visant à l’ équilibre alimentaire sur plusieurs jours.
En somme, manger de façon variée, régulière, adaptée aux besoins énergétiques et protéiques suffit généralement à couvrir les besoins nutritionnels si l’ on y ajoute la supplémentation en vitamine D.

Le régime de type méditerranéen et ses avantages

A l’ heure actuelle, il apparaît qu’ une alimentation équilibrée ne devrait plus être basée sur des régimes comportant la restriction de tel ou tel nutriment ou aliment (p.ex. graisses, cholestérol, viande et produits carnés) ou au contraire la supplémentation en tel ou tel nutriment (p.ex. graisses oméga-3, compléments alimentaires), mais sur un « pattern alimentaire », c’ est-à-dire à un régime ou une diète qui représentent un ensemble approprié de divers types d’aliments, d’ ingrédients et de boissons. Parmi les nombreux régimes existants, le régime méditerranéen de tradition millénaire est celui qui a été le plus étudié. Comme le montrent les revues systématiques et les méta-analyses successives, son efficacité à réduire significativement la morbidité et mortalité dues aux MNT, y compris la vulnérabilité et les démences, a pu être démontrée tant sur la base d’ études observationnelles de cohortes que d’ études randomisées interventionnelles dans de nombreux pays autres que la Grèce et l’ Italie (3-5).

A titre d’ exemple, l’ adhérence à une diète de type méditerranéenne pour 2339 personnes âgées de 70 à 90 ans suivies pendant 10 ans a été associée à une réduction significative de la mortalité totale (-23%), coronarienne (-39%), cardiovasculaire (-29%) et d’autres causes (-39%), la baisse de la mortalité par cancers étant non significative (-10%) (6). Certes ces études comportent des limitations méthodologiques liées notamment à la saisie des habitudes alimentaires. Mais, la cohérence des résultats plaide en faveur d’ une telle diète qui peut être également applicable en Suisse à l’ aide de la pyramide méditerranéenne (fig. 1) et du tableau de son score d’ adhérence à cette diète (tab. 3).


En bref, la pyramide méditerranéenne qui mentionne les fréquences de consommation des items alimentaires complète la pyramide suisse. S’ il existe de nombreux index ou scores d’ alimentation saine, celui présenté ici par F. Sofi et al. (tab. 3) a l’ avantage d’ être simple d’ utilisation et d’ avoir été établi sur un ensemble de 18 études prospectives réalisées en Europe, aux USA et en Australie. A noter que chaque incrément de 2 pts de ce score, oscillant en 0 et 18, est corrélé à une réduction de 9% de la mortalité totale, de 10% de la morbidité/mortalité cardiovasculaire et de 5% de la mortalité par cancer.

Copyright Aerzteverlag medinfo AG

Pr Roger Darioli

Président de la Fondation Suisse Nutrition Santé
5, chemin des Fleurs
1007 Lausanne

roger.darioli@unisante.ch

Dr Serge Rezzi

Directeur de la Fondation Institut suisse
des vitamines, Biopôle
Route de la Corniche 1
1066 Epalinges

serge.rezzi@swissvitmin.ch

RD déclare que son activité de Président de l’ Institut suisse des vitamines est strictement bénévole. SR déclare n’ avoir aucun conflit d’ intérêts en rapport avec cet article.

  • Au vu des données scientifiques existantes, une alimentation équilibrée est à recommander pour une amélioration du bien-être et de l’espérance de vie en bonne santé chez les personnes âgées de 65 ans et plus.
  • L’adoption d’une diète de type méditerranéen est de nature à pouvoir allier plaisirs de table, délices partagés et santé.

1. Chatelan A, Beer-Borst S , Alex Randriamiharisoa A, et al. Major Differences in Diet across Three Linguistic
Regions of Switzerland: Results from the First National Nutrition Survey menuCH. Nutrients. 2017; 9:
1163. doi: 10.3390/nu9111163.
2. https://www.blv.admin.ch/dam/blv/fr/dokumente/das-blv/organisation/kommissionen/eek/ernaehrung-im-alter/ernaehrung-im-alter-bericht.pdf.download.pdf/ernaehrung-im-alter-bericht.pdf
3. Soltani S, Jayedi A, Shab-Bidar, et al. Adherence to the Mediterranean Diet in Relation to All-Cause Mortality: A Systematic Review and Dose-Response Meta-Analysis of Prospective Cohort Studies. Adv Nutr 2019 ; 10: 1029-39.
4. Becerra-Tomás N, Mejía S, Viguiliouk E, et al. Mediterranean diet, cardiovascular disease and mortality in diabetes: A systematic review and meta-analysis of prospective cohort studies and randomized clinical trials. Crit Rev Food & Nutr. 2020; 60: 1207-27.
5. Kojima D, Avgerinou D, PhD, Steve Iliffe S, et al.Adherence to Mediterranean Diet Reduces Incident Frailty Risk: System-atic Review and Meta-Analysis
6. Knoops KT, et al. Mediterranean diet, lifestyle factors, and 10-year mortality in elderly European men and women: the HALE project. JAMA 2004; 292:1433-39.
7. Sofi F et al. Mediterranean diet and health status: an updated meta-analysis and a proposal for a literature-based adherence score. Health Pub Nutr. 2014 Dec;17(12):2769-82. doi: 10.1017/S1368980013003169