Tauchen Sie mit ganzem Herzen?

Was früher als risikoreiche Betätigung für unerschrockene Individualisten angesehen wurde, wird zu einer von vielen Erholungsmöglichkeiten für die breite Öffentlichkeit, als gäbe es mit der entsprechenden Ausrüstung in der Welt unter Wasser keine (Alters)-Grenzen mehr. Das stimmt zwar überwiegend, aber eben nicht immer. Es gibt keine andere sportliche – und übrigens auch keine berufliche – Betätigung, die mit so vielen physiologischen Veränderungen einhergeht, wie das Tauchen.

Das Tauchen mit einem Druckluftgerät beeinflusst das kardiovaskuläre System nur indirekt. Im Gegensatz zu den Atmungsorganen und den Organen des HNO-Bereichs, werden der Kreislauf und insbesondere das Herz durch die Änderungen des hydrostatischen Druckes nur geringfügig beeinflusst, da sie keine gasgefüllten Hohlräume aufweisen.
Deshalb folgen Herzprobleme beim Tauchen nicht der Logik, je tiefer umso grösser. Zutreffend ist aber: je tiefer umso länger ist der Weg nach oben. Hier liegt der wesentliche Punkt der häufigsten Tauchzwischenfälle. Was an Land kaum ein Problem darstellt, endet unter Wasser mit einer Katastrophe. Wenn es Ihrer Patientin beim Biken oder Wandern unwohl ist, weil sie Schwindel, Atemnot oder Palpitationen verspürt, setzt sie sich hin und ruht sich aus. Meist bessern die Symptome oder sind zumindest einigermassen erträglich, weil sie sich mit Begleitenden austauschen oder Hilfe anfordern kann. Unter Wasser ist dies ausgesprochen schwierig, ja praktisch unmöglich. Mit der extrem eingeschränkten Kommunikationsmöglichkeit ist die Patientin allein gelassen und verspürt extreme Hilflosigkeit, was rasch zu Panik führt, auch wenn sie habituell nicht dazu neigt. 20 Meter unter dem Wasserspiegel sind dann eine extreme Tiefe, denn der Aufstieg unmittelbar kaum unbeschadet möglich.

Wechselnde intrathorakale Drucke wegen Lagewechsel

Ein Lagewechsel unter Wasser kann Druckveränderungen von –30cm H2O und +20cm H2O bewirken. Die negativen Drucke bedeuten einen Preload-Anstieg und die positiven Drucke eine Preload-Senkung sowie positiven endexspiratorischen Druck (PEEP). So wird bereits die Kopfüberlage – zum Beispiel damit die Flossen keinen Sand aufwirbeln beim Betrachten eines kleinen Seepferdchens in der seichten Seegraswiese vor dem stillen Hausriff – eine extreme Tiefe sein für eine Taucherin mit pulmonal-arterieller Hypertonie. Der kritische pulmonal-arterielle Druckanstieg bewirkt eine akute Rechtsherzdekompensation.

Immersion

Bereits das Stehen im Wasser, Schwimmen oder Schnorcheln an der Oberfläche bewirkt eine mittelschwere Volumenbelastung mit Erhöhung des Preloads durch einen relativ negativen intrathorakalen Druck. Mit einer Herzinsuffizienz können also schon 1 bis 1½ Meter eine extreme Tiefe sein.

Aufenthalt im Wasser erhöht auch beim Gesunden den Sauerstoffverbrauch und die Herzarbeit

Bei eingeschränkter Pumpfunktion ist jede Tiefe extrem und zwar auch dann, wenn sich die Pumpfunktion erst durch den Tauchgang selber verschlechtert, zum Beispiel als Folge des höheren Sauerstoffbedarfs. Da ist das Gewicht der Ausrüstung, die 20 kg und mehr schwer sein kann und unter Umständen auf einem wackeligen Boot manövriert werden muss. Die unter Wasser höheren Atemwegswiderstände erhöhen die einfache Atemarbeit. Der Aufenthalt im Wasser selbst ist unabhängig von der Tiefe für den Herzmuskel eine Mehrarbeit, der er nicht ausweichen kann. Denn Wasser ist ein sehr guter Wärmeleiter. Kälte und Absinken der Körpertemperatur verlangen zusätzliche Muskelarbeit zur Wärmegewinnung. Die Kälte führt zur Vasokonstriktion und somit zur Zunahme des peripheren Widerstandes und damit des Afterloads. Auch in warmen Gewässern kann eine relevante Unterkühlung auftreten. Ein passender Tauchanzug hilft, die Wärme zu isolieren. Passt er nicht perfekt – oder passt die Taucherin nicht mehr so gut rein –, wird er wegen seiner Enge den peripheren Widerstand zusätzlich erhöhen und damit nochmals den Afterload. Auch die stressbedingte Vasokonstriktion führt zu einer Erhöhung des Afterloads.
Hinzukommt der Tauchreflex (Diving reflex response), ein Schutzmechanismus aller lungenatmenden Lebewesen beim Eintauchen in Wasser. Durch eine Kälteeinwirkung im Gesichtsbereich, wird eine Stimulation des Parasympathikus getriggert, verbunden mit Apnoephasen, verlangsamt sich die Herzfrequenz und das zirkulierende Blutvolumen wird zentralisiert (Bloodshift). Dieser Mechanismus stellt für den Herzmuskel wechselnde Volumenlasten dar und begünstigt zudem das Auftreten von ektopen Ersatzrhythmen bei einer Prädisposition. Während eines Tauchgangs kann die Taucherin über einen halben Liter Flüssigkeit verlieren durch die physiologische Taucherdiurese, der vermehrten Harnproduktion durch den Gauer-Henry-Reflex. Durch die Dehydrierung verschlechtern sich die rheologischen Eigenschaften des Blutes, der Afterload steigt und durch die schlechtere Mikrozirkulation verzögert sich der Stickstoffabtransport in der Auftauchphase. Die Gefahr der Stickstoffübersättigung mit dem erhöhten Risiko für das Auftreten eines Dekompressions-Unfalles steigt erheblich. Es wird daher empfohlen, den Körper regelrecht auf das Tauchen mit vermehrter Flüssigkeitsaufnahme vorzubereiten, was für Herzinsuffiziente belastend wäre.
Zu all diesen Lasten kommt letztendlich noch die eigentliche Taucherarbeit dazu: das Paddeln mit den Flossen, damit eine so gemütliche Sache wie ein Unterwasserspaziergang in den Korallengärten überhaupt möglich ist.

Diese kleine Nacktschnecke (Nembrotha kubaryana) schützt sich im Korallengarten durch Toxine. Sie gehört wegen ihrer leuchtenden Farben zu den grossen Stars in tropischen Korallenriffen. Höchstens die Hälfte aller Arten ist bis heute identifiziert.

Anforderungen an das Herz-Kreislaufsystem beim Freizeittauchen

Krankheiten und Einschränkungen der körperlichen Leistungsfähigkeit, die an Land meist keine Probleme verursachen, können unter Wasser fatale Auswirkungen haben. Rhythmusstörungen, manifeste Herzinsuffizienz, symptomatische oder durch Medikamente symptomfrei gewordene koronare Herzkrankheit und stenotische Vitien könnten zu einem letalen Ausgang führen. Die Hauptgefahr ist nicht unbedingt der primäre Herztod, sondern plötzliche Bewusstlosigkeit oder Handlungsunfähigkeit in einer Umgebung, die zum Ertrinken mit Asphyxie oder zu einem unkontrollierten Aufstieg zur Wasseroberfläche und in der Folge zu einer akuten Gasembolie (AGE) oder Dekompressionskrankheit (DCS) führen würden.
Die Analyse von fatalen Tauchunfällen zeigt mehrheitlich Auslöser und Ursachen, auf welche die bestehenden Sicherheitsregeln bereits ausgerichtet sind (1). Abbildung 1 zeigt, dass die meisten Todesfälle auf wenige Ursachen zurückzuführen sind (1). Bei 590 von 947 Todesfällen 1992-2003 konnten diese geklärt werden und die drei Häufigsten, die 88% der Todesfälle verursachen, sind Asphyxie (33%), AGE (29%) und Herzprobleme (26%). Die übrigen sind Traumata (5%), DCS (2.5%), unklarer Bewusstseinsverlust (2.5%) und fehlerhaftes Atemgas (2%).
Die Auswertung der Stickybeak Daten 1972-2005 von Divers Alter Network (DAN) (2), liefert ähnliche Daten mit etwas mehr Asphyxie (49%), die seltener bei älteren Tauchern vorkommt, die in den 70er und 80er Jahren im Vergleich zu heute untervertreten sind, AGE (25%) und Herzprobleme (19%). Sie konnte zusätzlich zeigen, dass letztere mit Anstrengung (besonders bei den jüngeren Tauchern), Herzerkrankungen und höherem Alter einhergingen (3).
Um nicht sich selbst oder Mittauchende zu gefährden, müssen gesundheitliche Probleme vor dem Tauchen geklärt werden. Zur Beurteilung der kardiovaskulären Tauchtauglichkeit gehört die Einschätzung der Leistungsfähigkeit. Bei Berufstauchern wird zur Objektivierung der Leistungsreserve eine symptomfreie 13fache Leistungssteigerung des metabolischen Ruhewertes (13 MET) gefordert. Mit ähnlich hohen Belastungen können auch Sporttaucherinnen jederzeit konfrontiert werden (Strömung, technische Probleme). Sie müssen auch leistungsmässig im Stande sein, ihrem Buddy (Tauchpartnerin) zu helfen, sie zu retten und aus dem Wasser zu ziehen. Bove empfiehlt als Voraussetzung zum Tauchen eine symptomfreie anhaltende 8-fache und kurzfristig sogar 13-fache Leistungssteigerung des metabolischen Ruhewertes (8 respektive 13 MET) (4). Mit einer gewissen Logik lässt sich die Tauglichkeit zum Freizeittauchen bei Herz- und Gefässerkrankungen bestimmen, wenn Zustände ausgeschlossen werden, welche die Leistungsfähigkeit oder das Bewusstsein einschränken.

Das gelbe Seepferdchen (Hyppocampus cuda) lebt weltweit in tropischen und gemässigten Meeren und bevorzugt Seegraswälder, wo die Männchen die Jungtiere gebären.

Koronare Herzkrankheit

So ist bei koronarer Herzkrankheit (KHK) eine normale Hämodynamik unabdingbare Voraussetzung sowie die Abwesenheit von (Rest)ischämie – auch eine stabile Angina pectoris, die unter Medikamenten symptomfrei geworden ist –, Rhythmusstörungen oder Herzinsuffizienz. Die Taucherin muss über Risiken informiert werden. Ihre Eigenverantwortlichkeit auch gegenüber Mittauchenden muss unterstrichen werden. Von anstrengenden Tauchgängen (Strömung, Kälte) ist abzuraten und jährliche Kontrolluntersuchungen sind zu empfehlen.
Ein grosses Problem stellt die stumme Ischämie dar. Über 75% der fatalen Ischämien folgen auf eine zuvor unbekannte KHK. In der Altersgruppe der 45-50 und 50-55-jährigen zeigt die DAN-Statistik im ‚Projekt Stickybeak‘ eine höhere Prävalenz für tödlich Tauchunfälle, wobei die KHK die Hauptursache ist (2).

Ebenso gut kann sich die koronare Herzkrankheit tarnen.

Reizleitungsstörungen

Alle Reizleitungsstörungen, die den Cardiac output vermindern oder eine rasche Erhöhung des Cardiac outputs erschweren, führen zu Dyspnoe, Leistungseinbruch, Angst, Schwindel oder gar Synkope, was unter Wasser kaum auszuhalten ist und oft fatal endet. Die Schrittmacherimplantation und ebenfalls die internen kardialen Defibrillatorsysteme (ICD) entschärfen das Problem nur teilweise. Entscheidend ist die kardiale Grunderkrankung. Zudem besteht das Problem der unter Umständen fehlenden oder ungenügenden Leistungsadaptation. Zwar sind heute viele Schrittmachermodelle nicht mehr gasgefüllt, haben eine genügende Druckfestigkeit und weisen keine druckanfällige Piezosteuerungen mehr auf. Ein unerforschtes Feld ist aber das Verhalten der Leitfähigkeit unter Druck an der mit ‚Mikroluft‘ gefüllten Konnektion zwischen Batterie und Sonde.

Shunt- und Klappenvitien

Intrakardiale Defekte wie Vorhofseptumdefekt (ASD) und Ventrikelseptumdefekt (VSD) bergen besonders die Gefahr der Volumenbelastung mit Herzinsuffizienz bei Links-Rechts-Shunt hauptsächlich auf der Ventrikelebene, unter Umständen verschärft durch Hypoxämie. Alle hämodynamisch relevanten Shuntvitien stellen daher eine absolute Kontraindikation zum Tauchen dar. Weiter kann es zu Embolisierung im systemischen Kreislauf bei Shuntumkehr und bei Rechts-Links-Shunt kommen. Ein Wechsel der Vorhofdruckverhältnisse bei Auftauchbedingungen oder durch den oro-naso-pharyngealen Druckausgleich mittels Valsalvamanöver, ist bekannt. Da auch bei korrekten Tauchgängen im venösen Blut Mikrogasblasen sich ansammeln, die regulär symptomfrei in den Lungenkapillaren zurückgehalten würden, besteht dann die erhöhte Gefahr einer paradoxen arteriellen Gasembolie bzw. neurologischen DCS. Etwas abweichend kann man aus Erfahrung das offene Foramen (PFO) beurteilen, welches bei 25-30% der Bevölkerung besteht, fast immer mit Symptomfreiheit einhergeht und unterproportional lediglich eine 2-3-fache Erhöhung des DCS-Risikos mit sich bringt (5). Hier sei nochmals angemerkt, dass daher eine präventive Suche nach offenem Foramen ovale unnötig und der Verschluss bei zufällig bekanntem PFO meistens nicht indiziert ist (6). Es besteht der europaweite Konsens zum low bubble diving. Periphere AV-Shunts sind indessen tauchspezifisch nicht relevant. Alle stenotischen Klappenvitien inklusive hypertrophe Kardiomyopathie sowie alle Vitien, die in Ruhe oder unter Belastung hämodynamisch relevant sind, bergen ein Risiko für akute Dekompensation beim Tauchen.

Herzinsuffizienz und pulmonalarterielle Hypertonie

Die pulmonalarterielle Hypertonie wie auch die Herzinsuffizienz in allen Formen – auch behandelt – sind wegen der Gefahr der akuten Dekompensation mit raschem Lungenödem in allen Fällen eine definitive absolute Kontraindikation.

Arterielle Hypertonie

Zur Rolle der arteriellen Hypertonie beim Tauchen gibt es keine kurze Antwort. Es gibt seit Jahrzehnten unzählige Case-Reports, die auf ein Risiko für plötzliches Lungenödem hinweisen (7). Wichtig sind sicher die gute Einstellung, die Abwesenheit von Zielorganschädigungen oder ungünstige Auswirkungen einer medikamentösen Therapie (8).

Medikamente

Über die veränderte Wirkung von Medikamenten ist unter hyperbaren Bedingungen wenig bekannt. Bei einer Herztherapie muss auch den allfälligen besonderen Ferien-Umgebungsbedingungen wie Hitze oder gastrointestinale Situation Rechnung getragen werden, sowie der Taucherdiurese. Medikamente können per se die physische und psychische Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Das gilt für viele Herz- und Kreislaufmedikamente, Antihypertensiva, Vasodilatantien, Diuretika, Glykoside und Bronchospasmolytika. Unbedenklich sind Antikoagulantien, Aggregationshemmer und NSAID sowie Hormone, Antikonzeptiva und H2Blocker/PPI. Hingegen sind Psychopharmaka, Tranquilizer, Neuroleptika, Hypnotika, Stimulantien, zentralwirkende Analgetika, sedierende Antihistaminika und Aethyl wegen der möglichen Bewusstseinsveränderung nicht mit Tauchen vereinbar.

Notaufstieg – ein schwieriges Verfahren – und dessen mögliche Folgen

Während des Aufstiegs wird unter Druck im Gewebe gelöster Stickstoff zu Stickstoffblasen. Bei zu raschem Aufstieg oder Überschreiten der Tauchzeiten respektive Vernachlässigung der Dekompressionsstopps können solche Stickstoffblasen in allen Körpergeweben embolisieren. Auch während eines korrekten Aufstiegs kommt es nach fast jedem Tauchgang zur Bildung von Stickstoffblasen im venösen Blut. Sie bleiben in den meisten Fällen ohne Symptome, da sie in den Lungenkapillaren zurückgehalten werden. Beim Aufstieg werden sämtliche mit Gas gefüllte Räume sich ausdehnen, entsprechend der Abnahme des hydrostatischen Druckes. Das bedeutet auch, dass die Auftriebskraft entsprechend dem grösseren Gasvolumen in den Tarierwesten immer grösser wird und damit die Aufstiegsgeschwindigkeit immer schneller. Um dies zu verhindern, was unbedingt notwendig ist, muss Luft durch das Ablassventil der Tarierweste abgelassen werden.
Bei Unregelmässigkeit der Luftzufuhr besteht öfter eine Hyperkapnie oder auch nur Angst, nicht genug Luft zu erhalten, was sich zur Panik weiterentwickelt. Da Wasser bei Aspiration zu Ertrinken führt, ist es nachvollziehbar, obwohl völlig falsch, wenn eine Taucherin in der Panik die noch vorhandene Luft in den Lungen zurückhält. Die autonome Weiterentwicklung führt dann zum Schlundkrampf. Dass dieser Notaufstieg dann nicht kontrolliert sondern fälschlicherweise mit schnellstmöglicher vertikaler Antriebskraft nach oben führt, ist angesichts der Todesangst verständlich. Wegen der fehlenden N2-Rückdiffusion entsteht dann eine zusätzliche Übersättigung, die zur endogenen Bläschenbildung führen kann. Hierauf wird in diesem Artikel nicht weiter eingegangen. Nur so viel sei gesagt: Nicht abgeatmetes N2 führt zur sogenannten Bläschenkrankheit DCS. Davon abzugrenzen ist die AGE (oder cerebrale arterielle Gasembolie CAGE), bei der es nach einem Barotrauma zur Lufteinschwemmung in die arterielle Strombahn kommt. Beim panikartigen Notaufstieg, dem sogenannten ‘Blow-up‘ kann beides vorkommen. Beides kann unter anderem zu schweren neurologischen Ausfällen und bis zum Tode führen (9).
Panikreaktionen sind immer möglich – auch ohne psychische Panik-Prädisposition. Flaschentauchen, insbesondere das Sporttauchen, ist eine Tätigkeit mit deutlich erhöhter Gefährdung. Dies einerseits wegen dem intrinsischen Problem der Bläschenkrankheit, die sich auch beim korrekten, also regelkonformen Verhalten bemerkbar machen kann, andererseits weil bei der kleinsten Unregelmässigkeit, sei es verhaltensbedingt, sei es durch technische Ereignisse bedingt, sofort die lebensbedrohliche Lage zu Panik und unkontrolliertem Verhalten führen kann.

Tauchmedizinische Untersuchung zum Sport- und Freizeittauchen

Die Notwendigkeit eines ärztlichen Tauglichkeitszeugnisses führt viele, gerade zu Beginn der Ferienzeit, zu ihrer Hausärztin. Wie ihre Beurteilung ausfallen wird, hängt stark von ihrem persönlichen Informationsstand in Bezug auf die tauchspezifischen Besonderheiten ab. Die Schweizerische Gesellschaft für Unterwasser- und Hyperbarmedizin (SUHMS) bietet wertvolle Stützen an:

  • Anamnese- und Statusblatt zur Erst- resp. Folgeuntersuchung, um allfällige Ausschlusskriterien für das Tauchen zu erfassen (10).
  • Ihr Manual zur Tauchtauglichkeit mit Richtlinien und Empfehlungen, die dem heutigen Stand des Wissens entsprechen (11).
  • Ausbildungskurse für Ärztinnen und Ärzte (10).

Die extremste Tauchtiefe eines Menschen

Zum Zustand des Herz-Kreislauf-Systems in der extremsten Tiefe, der je ein Mensch ausgesetzt war, gibt es nur die Auskunft eben dieses Menschen: «Je me sentais assez étrange» (12). Knapp zwei Stunden hielt sich am 20.11.1992 Theo Mavrostomos in «701 Meter Tiefe» – immer noch Weltrekord – auf. Die Verhältnisse der Tiefsee waren von einer Hochdruckkammer des französischen Unternehmens Comex in Marseille simuliert worden, weil Mavrostomos und andere Froschmänner ein neuartiges Beatmungsgemisch aus Sauerstoff, Helium und Wasserstoff testen sollten. Der Versuch in Marseille musste mehrfach unterbrochen werden, weil die Taucher die Grenze ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit erreichten. Bei 70fachem Erdatmosphären-Druck hantierte der französische Unterwasser-Schweisser Theo Mavrostomos in der Simulationskammer Hydra 10 mit Geräten, wie sie zur Reparatur von Erdölplattformen üblich sind (13, 14).
Théo des grands fonds – wie er sich selber gerne nennt – war am und im Wasser aufgewachsen, war damals jung und extrem gut trainiert, sowie als professioneller Taucher minutiös auf das Experiment vorbereitet worden. Wenn man seinen Berichten zuhört ist klar: Er tauchte mit ganzem Herzen!

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

Dr. med. Sandra Torti

Fachärztin FMH für Kardiologie und Innere Medizin
Ärztin für Tauchmedizin DMP (Dive medecin physician) IIa EDTC/ECHM
Herzpraxis Bahnhofplatz 6
3123 Belp

sandra.torti@hin.ch

Die Autorin hat in Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.

  • Es gibt keine andere Betätigung, die mit so vielen physiologischen
    Veränderungen einhergeht, wie das Tauchen.
  • Hohe Belastung durch physiologische Anpassungen unter Wasser
    und fehlende Reserven bergen beim kranken Herzen die Gefahr
    von Myokardischämie, Herzinsuffizienz, Rhythmusstörungen oder Dyspnoe. Das führt zu Leistungseinbruch, Kreislaufkollaps mit plötz-licher Bewusstlosigkeit, Handlungsunfähigkeit oder gar Herztod.
  • Über 75% der fatalen Ischämien folgen auf eine zuvor unbekannte KHK
  • Alle Symptome können auch bei nur geringer Ausprägung zu Panik-reaktion mit Notaufstieg führen und im Extremfall zu Bewusstlosigkeit mit stillem Ertrinken.
  • Unkontrollierter Aufstieg zur Wasseroberfläche ist oft mit akuter Gasembolie oder Dekompressionskrankheit verbunden.

1 Concannon DG. Divers Alert Network (DAN): Diving Fatality Workshop, Legal issues associated with diving fatalities. Durham, NC, April 8-10, 2010
2. www.diversalertnetwork.org. Regelmässig publizierte DAN Statistik im Jounal Diving and Hyperbaric Medicine (joint jounal of the South Pacific Underwater Medicine Society (SPUMS) and the European Underwater &Baromedical Society (EUBS)
3 Lippmann J. An analysis of the causes of compressed-gas diving fatalities in Australia from 1972-2005. UHM 2013;40(1)
4. Bove AA. Diving Medicine, 3rd edition,1997
5. Torti S. Risk of decompression illness among 230 divers in relation tu the presence and size of patent foramen ovale. EHJ 2004;25:1014-20
6. Torti S. Bedeutung des offenem foramen ovale beim Tauchen. SMF 2007;7:975-7
7. Wilmshurst et al. Cold-induced pulmonary edema in scuba divers and swimmers and subsequent development of hypertension. Lancet 1989;i:62–65
8. Mebane GY, McIver NKI. The Physiology and Medicine of Diving, 4rd edition,1993
9. Wendling J. Versicherungsmedizinische Knacknüsse beim ‚Tauchunfall‘. ASA/SVV Medinfo 2013;2:33-43
10. Schweizerischen Gesellschaft für Unterwasser- und Hyperbarmedizin: www.suhms.org
11 Wendling J et al. Tauchtauglichkeit Manual. Richtlinien für die Untersuchung von Sporttauchern, publiziert von der deutschen Gesellschaft für Tauch- und Überdruckmedizin, Schweizerischen Gesellschaft für Unterwasser- und Hyperbarmedizin, Österreichische Gesellschaft für Tauch- und Hyperbarmedizin
12. Abendessen mit Théo Mavrostomos, 42nd Annual Scientific Meeting of the European Underwater Baromedical Society Geneva;14.9.2016
13. www.zeit.de DIE ZEIT Archiv, Jahrgang 1992; Ausgabe: 51
14. www.spiegelonline.de Schwerarbeit in Rekordtiefe. Der Spiegel 51/1992

Supraventrikuläre Tachykardien

Nach 16 Jahren wurden von der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) im September 2019 die neuen Guidelines für die Behandlung von supraventrikulären Tachykardien (SVT) (1) publiziert. Neu spielt die Katheterablation eine zentrale Rolle und Empfehlungen für spezielle Patientengruppen wie Schwangere oder Patienten mit angeborenem Herzfehler werden gesondert aufgeführt. In diesem Artikel werden die wichtigsten Änderungen gegenüber den Guidelines des Jahres 2003 (2) zusammengefasst.

Après 16 ans, la Société européenne de cardiologie (ESC) a publié en septembre 2019 les nouvelles lignes directrices pour le traitement de la tachycardie supraventriculaire (SVT) (1). L’ablation par cathéter joue désormais un rôle central et les recommandations pour des groupes de patients particuliers comme les femmes enceintes ou les patients souffrant de malformations cardiaques congénitales sont énumérées séparément. Cet article résume les changements les plus importants par rapport aux lignes directrices de 2003 (2).

Definition und Epidemiologie

Supraventrikuläre Tachykardien (SVT) sind Herzrhythmusstörungen mit Ursprung im oder oberhalb des His-Bündels und mit einer Frequenz von 100/min. Der QRS-Komplex ist meist schmal (QRS-Breite < 120 ms), kann aber auch breit sein, etwa bei einer Aberration beim Schenkelblock oder bei einer Leitung über eine akzessorische Bahn. In Tabelle 1 sind die häufigen Schmal- und Breitkomplextachykardien zusammengestellt.
Die SVT hat in der Allgemeinbevölkerung eine Prävalenz von 2.25 pro 1000 Personen und eine Inzidenz von 35 pro 100 000 Personen pro Jahr (3). Die häufigste SVT ist das Vorhofflimmern, dessen Behandlung in separaten Guidelines diskutiert wird und auf die in diesem Artikel nicht eingegangen wird. Frauen haben ein zwei-faches und Personen über 65 Jahren ein fünffaches Risiko, eine paroxysmale SVT zu entwickeln (3).

Diagnostik

Nebst der Anamnese, der körperlichen Untersuchung, einer Blutentnahme (Blutbild, klinische Chemie, Schilddrüsenparameter) und transthorakaler Echokardiographie, sollte ein 12-Kanal-EKG während der Tachykardie und im Sinusrhythmus geschrieben werden. Treten die Symptome nicht häufig und/oder nur kurz auf, können Langzeit-EKGs während längerer Zeit oder Gadgets via Smartphone zur Aufzeichnung der Tachykardie eingesetzt werden. Wichtig ist, falls möglich, Beginn und Ende der Tachykardie aufzuzeichnen, da dies häufig Rückschlüsse auf den Mechanismus der Tachykardie zulässt.
Ebenso hilfreich sind vagale Manöver und die Adenosingabe. Dabei wird der AV-Knoten kurzzeitig blockiert und lässt eine AVNRT oder AVRT terminieren oder eine AT oder Vorhofflattern demaskieren. Wichtig ist es, während der gesamten Zeit der vagalen Manöver oder der Adenosin-Gabe ein 12-Kanal-EKG aufzuzeichnen.

Therapie

Die Änderungen der Guidelines zur Therapie von supraventrikulären Tachykardien sind in Tabelle 2 zusammengefasst.

Akute Behandlung einer supraventrikulären Tachykardie

Abbildung 1 zeigt das Vorgehen bei einer akut aufgetretenen supraventrikulären Tachykardie. Ist die Patientin oder der Patient hämodynamisch instabil, soll primär eine synchronisierte elektrische Kardioversion erfolgen. Andernfalls können vagale Manöver versucht werden. Bei Persistenz der Tachykardie kann Adenosin intravenös verabreicht werden. Da Adenosin Vorhofflimmern induzieren kann und bei einer antidromen AVRT die Gefahr einer schnellen Überleitung des Vorhofflimmerns über die akzessorische Bahn auf die Ventrikel (präexzitiertes Vorhofflimmern) besteht, muss vor dessen Gabe eine Präexzitation im Ruhe-EKG ausgeschlossen werden. Wenn kein Ruhe-EKG vorliegt, muss die Möglichkeit einer sofortigen elektrischen Kardioversion gewährleistet sein. Aufgrund der kurzen Halbwertszeit wird Adenosin als ein sicheres Medikament angesehen und in den neuen Guidelines von der IIb auf die IIa-Indikationsklasse aufgewertet. Ebenfalls als sicher und neu in die IIa-Klasse eingestuft wurde der Betablocker (IIb im 2003). Im Vergleich zu 2003 werden Amiodaron und Digoxin bei der Schmalkomplextachykardie und Sotalol und Lidocain bei der Breitkomplextachykardie zur akuten Therapie – wegen möglichen ausgeprägten Hypotonien und Bradykardien – nicht mehr aufgeführt. Kann eine ventrikuläre Tachykardie nicht ausgeschlossen werden, soll Verapamil wegen der negativ inotropen Wirkung nicht angewendet werden.

Katheterablation

Die Technik der Radiofrequenz-Katheterablation hat sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt. Bei den meisten symptomatischen Patienten ist langfristig die Katheterablation die Therapie der Wahl, insbesondere wenn die Herzfunktion durch die Tachykardie beeinträchtigt ist (Tachykardie-induzierte Kardiomyopathie). Auch besteht beim Vorhofflattern, bei fokaler AT, AVRT und AVNRT eine Klasse-I-Indikation zur Ablation. Die Katheterablation hat bei den meisten SVT eine hohe Erfolgsrate (> 85%) und die Komplikationsrate ist niedrig (Tab. 3). Die häufigsten Komplikationen sind Gefässkomplikationen in der Leiste, AV-Blockierungen oder sehr selten ein Perikarderguss. Insbesondere die AVNRT hat die höchste Erfolgs- und die niedrigste Komplikationsrate.

Sinustachykardie

Obwohl meist gutartig, kann die Sinustachykardie sehr symptomatisch sein und geht oft mit einer sekundären Ursache (z. B. Hyperthyreose, Anämie, etc.) einher, die zuerst behoben werden muss. In den früheren Guidelines wurde primär der Betablocker empfohlen (Klasse I). Jedoch muss der Betablocker häufig so hoch dosiert werden, dass dieser wegen Müdigkeit nicht vertragen wird, sodass es aktuell dafür nur noch eine IIa-Indikation besteht.
In den aktuellen europäischen Guidelines wird Ivabradin mit einer IIa-Indikation zur Behandlung von inadäquaten Sinustachykardien aufgeführt. Ivabradin ist ein für den Sinusknoten selektiver Betablocker, der die Herzfrequenz direkt senkt, kann aber durch Erhöhung des Sympathikotonus auch proarrhythmogen sein. Ivabradin kann entweder als Monotherapie oder in Kombination mit einem Betablocker (IIa) eingesetzt werden und ist bei Schwangerschaft und bei gleichzeitiger Einnahme eines CYP3A4-Hemmers kontraindiziert.

Fokale atriale Tachykardien

Als akute Therapie für fokale AT besteht bei fast allen Antiarrhythmika eine IIa-Indikation (IIb für Amiodaron) und langfristig ist bei wiederholten AT-Episoden die Katheterablation empfohlen (Klasse I). Anders ist es bei den multifokalen ATs (≥  3 verschiedene P-Wellen-Morphologien), welche meist mit einer anderen zugrundeliegenden Erkrankung (pulmonale Erkrankung, koronare oder valvuläre Kardiopathie, etc.) einhergehen, die primär behandelt werden muss. Bei einem strukturell normalen Herzen können als chronische Therapie Verapamil und Diltiazem oder selektive Betablocker eingesetzt werden. Die aktuellen Guidelines empfehlen hier die AV-Knotenablation mit Schrittmacherimplantation als pace-and-ablate-Strategie (IIa), wenn die medikamentöse Therapie nicht erfolgreich sein sollte und kein dominierender Fokus vorhanden ist.

Vorhofflattern

Die neuen Guidelines betonen die akute Effektivität der elektrischen Kardioversion (EKV) bei Vorhofflattern, mit einer niedrigeren Inzidenz für ein Rezidiv als beim Vorhofflimmern. Auch wird neu der Einsatz von Ibutilid zur Kardioversion empfohlen. Jedoch ist der Vertrieb von Ibutilid in der Schweiz seit 2018 eingestellt. Wichtig zu erwähnen ist, dass Propafenon und Flecainid aufgrund der Gefahr einer 1:1-Überleitung durch die Verlangsamung der atrialen Herzfrequenz nicht ohne Betablocker verabreicht werden dürfen. Langfristig ist auch hier die Katheterablation die Therapie der Wahl.
Neu besteht in den neuen Empfehlungen eine IIa-Indikation für die orale Antikoagulation bei Patienten mit Vorhofflattern und ohne diagnostiziertes Vorhofflimmern.

AV-Knoten-Reentrytachykardie (AVNRT)

Als chronische Therapie für die AVNRT empfehlen die neuen Guidelines aufgrund der hohen Erfolgsrate von 97% und des niedrigen Risikos eines totalen AV-Blocks (< 1%) klar die Katheterablation (Klasse I). Falls die Katheterablation abgelehnt wird, werden Betablocker, Diltiazem oder Verapamil als medikamentöse Therapie empfohlen. Flecainid und Propafenon und die pill-in-the-pocket-Strategie werden aktuell nicht mehr aufgeführt.

AV-Reentrytachykardie (AVRT)

Auch hier wird in meisten Fällen die Katheterablation aufgrund der hohen Effektivität und der tiefen Komplikationsrate als Langzeittherapie der Wahl empfohlen. Die medikamentöse Therapie wird in den aktuellen Guidelines als alternative Option beschrieben, wenn eine Ablation nicht möglich, ineffektiv oder von den Patienten unerwünscht ist. Neu wird bei asymptomatischen Patienten mit Präexzitation eine invasive Risikostratifizierung empfohlen, insbesondere bei kompetitiven Athleten oder Personen mit Hochrisikoberufen wie Piloten oder Berufschauffeuren. Eine akzessorische Bahn mit invasiv nachgewiesenem hohem Risiko (minimales RR-Intervall ≤ 250 ms während Vorhofflimmern, antegrade refraktäre Periode ≤ 250 ms, induzierbare durch die akzessorische Bahn vermittelte Tachykardie oder Vorliegen von multiplen akzessorischen Bahnen) soll abladiert werden.

Supraventrikuläre Tachykardie und angeborene Herzfehler

Im Bereich der angeborenen Herzfehler wird aufgrund der besseren Kenntnisse der Anatomie und des Fortschritts der Herzchirurgie und der Ablationstechnologie empfohlen, die Katheterablation früh und vor einer chirurgischen Korrektur durchzuführen. Zudem sind Klasse-I Antiarrhythmika und Sotalol nicht mehr als Firstline-Therapie aufgeführt und Amiodaron (IIb) soll nur noch nach erfolglosen oder nicht möglichen Ablationen eingesetzt werden.

Supraventrikuläre Tachykardie und Schwangerschaft

Während der Schwangerschaft können SVT – wenn möglich ab dem 2. Trimester – in erfahrenen elektrophysiologischen Zentren unter Anwendung nichtfluoroskopischer elektroanatomischer Mapping-Systeme abladiert werden. In den neuen Guidelines wird bei Frauen mit bekannten SVT und einer Schwangerschaft in Planung eine vorgängige Katheterablation empfohlen. Eine EKV kann in der Schwangerschaft bei hämodynamisch relevanten Arrhythmien sicher durchgeführt werden und ist auch die Therapie der Wahl. Ist die Patientin hämodynamisch stabil, können vagale Manöver oder Adenosin versucht werden.

Abkürzungsverzeichnis: AT = atriale Tachykardie(n), AV = atrioventrikulär, AVNRT = AV-Knoten-Reentry-Tachykardie(n), AVRT = AV-Reentry-Tachykardie(n), CTI = cavotrikuspidaler Isthmus, EKG = Elektrokardiogramm, EKV = elektrische Kardioversion, ESC = European Society of Cardiology, LV = linksventrikulär, SVT = supraventriku-läre Tachykardie(n)

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

Dr. med. Anna Lam

Oberärztin Rhythmologie und Elektrophysiologie
Universitätsklinik für Kardiologie
Inselspital Bern
Freiburgstrasse
3010 Bern

anna.lam@insel.ch

Prof. Dr. med. Hildegard Tanner

Leitende Ärztin Rhythmologie und Elektrophysiologie
Universitätsklinik für Kardiologie
Inselspital
Freiburgstrasse
3010 Bern

Die Autorinnen haben im Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte zu deklarieren.

  • Vagale Manöver und Adenosin sind bei SVT sicher und die akute Therapie der Wahl.
  • Viele bisher zur Behandlung von SVT eingesetzte Medikamente wurden in den neuen Guidelines heruntergestuft oder gar nicht mehr erwähnt.
  • Die Katheterablation hat bei SVT eine hohe Erfolgs- und niedrige Komplikationsrate und ist langfristig die Therapie der Wahl.
  • Die Katheterablation ist durch die neuen Technologien auch bei Schwangeren ohne Strahlenbelastung möglich, sollte aber, wenn immer möglich, vor oder nach der Schwangerschaft durchgeführt werden.
  • Eine invasive Risikostratifizierung soll auch bei asymptomatischer Präexzitation in Erwägung gezogen werden.

Messages à retenir

  • Les manœuvres vagales et l’adénosine sont sans danger dans la SVT et sont la thérapie aiguë de choix.
  • De nombreux médicaments utilisés auparavant pour traiter la SVT ont été déclassés ou ne sont plus mentionnés dans les nouvelles directives.
  • L’ablation par cathéter a un taux de réussite élevé et un faible taux de complication en cas de SVT et constitue la thérapie de choix à long terme.
  • Grâce aux nouvelles technologies, l’ablation par cathéter est également possible chez les femmes enceintes sans exposition aux radiations, mais elle doit être effectuée avant ou après la grossesse dans la mesure du possible.
  • La stratification du risque invasif doit également être envisagée dans le cas d’une pré-excitation asymptomatique.

1. Brugada J et al. 2019 ESC Guidelines for the management of patients with supraventricular tachycardiaThe Task Force for the management of patients with supraventricular tachycardia of the European Society of Cardiology (ESC). Eur Heart. 2019;1–10.
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Indikationen für offen chirurgische oder endovaskulär perkutane Therapie

Ein Bauchaortenaneurysma (Abdominales Aortenaneurysma, AAA) macht in der Regel keine Symptome und wird meist zu-fällig entdeckt. Die Gefahr geht von der Aneurysmaruptur aus, deren Wahrscheinlichkeit mit steigendem Aneurysmadurchmesser zunimmt. Zur Behandlung stehen der offen-chirurgische Graftersatz und die endovaskuläre Ausschaltung durch eine gestentete Endoprothese zur Verfügung. Viele verschiedene Faktoren wie das Alter, die Komorbiditäten, die Anatomie des Aneurysmas sowie der Leisten- und Beckenarterien des Patienten entscheiden, welches Verfahren geeignet ist.

Un anévrisme aortique abdominal ne provoque en règle générale aucun symptôme et est généralement découvert par hasard. Le danger est causé par une rupture d’ anévrisme dont la probabilité augmente avec le diamètre de l’ anévrisme. Les options de traitement comprennent le remplacement par greffe chirurgicale ouverte et l’ élimination endovasculaire au moyen d’ une endoprothèse sur stent. De nombreux facteurs différents tels que l’ âge, les comorbidités, l’ anatomie de l’  anévrisme et les artères inguinales et pelviennes du patient déterminent la procédure appropriée.

Definitionen

Eine Wandschwäche im Bereich des abdominellen Abschnitts der Aorta kann dazu führen, dass sich das Gefäss aufgrund des Innendrucks in diesem Bereich ausweitet. So kann ein Abdominales Aortenaneurysma (AAA) entstehen. Ein AAA besteht bei einem abdominellen Aortendurchmesser von 30 mm oder grösser, sonografisch gemessen in der anteroposterioren oder der transversalen Ebene. Computertomographisch erfasst man den maximalen Durchmesser korrekt anhand einer multiplanaren Rekonstruktion. Am häufigsten sind sog. wahre Aneurysmen mit Aussackung aller Wandschichten. Seltener sind Post-Dissektionsaneurysmen, die als Folge einer vorherigen Aortendissektion auftreten können. Ein AAA wird hinsichtlich seiner Lage in Relation zu den Nierenarterienabgängen eingeteilt, was entscheidend für die Komplexität der chirurgischen Versorgung ist (1). Ein infrarenales Aortenaneurysma ist definiert durch das Vorhandensein einer normalkalibrigen Aorta zwischen dem Abgang der Nierenarterien und dem Beginn des Aneurysmas. Von einem juxtarenalen AAA wird gesprochen, wenn sich das Aneurysma bis zu den Nierenarterienabgängen ausdehnt. Ein suprarenales Aortenaneursyma schliesst die Abgänge der Nierenarterien mit ein und dehnt sich oberhalb des Nierenarterienabgangs bis zur Basis der A. mesenterica superior aus.
Die Hauptgefahr eines AAA geht von der Ruptur aus, deren 30-Tage Mortalität bei über 70 % liegt, insbesondere, weil etwa ein Drittel der Patienten vor dem Eintreffen im Spital verstirbt (2). Die Wahrscheinlichkeit einer Ruptur steigt mit dem Diameter des AAA an. Liegt das jährliche Rupturrisiko eines Aortenaneurysmas < 5.0 cm Durchmesser bei 1%, beträgt es bei Aneurysmen von 5.5 – 6.0 cm 3.5%, bei 6.0 – 7.0 cm 4.1% und bei Aneurysmen mit einem Durchmesser über 7.0 cm deutlich über 10% (3).
Neben dem Durchmesser gelten als weitere wesentliche Risikofaktoren für eine Ruptur das weibliche Geschlecht sowie ein aktiver Nikotinkonsum. Ausserdem sind eine exspiratorische Einsekundenkapazität sowie ein hoher Blutdruck mit einer Aneurysmaruptur assoziiert (4).

Risikofaktoren

Auch für die Entwicklung eines AAA können gewisse Risikofaktoren ausgemacht werden: Insbesondere sind dies das Alter, das Rauchen sowie das männliche Geschlecht, wobei das Rauchen der mit Abstand stärkste beeinflussbare Risikofaktor ist (5). Ausserdem zeigen Zwillingsstudien, dass die Vererbung eine grosse Rolle spielt (Wahlgren 2010).

Operationsindikationen für Abdominale Aortenaneurysmen (AAA) (5)

  • Fusiforme AAA mit Durchmesser ≥ 5.5 cm bei Männern
  • Fusiforme AAA mit Durchmesser ≥ 5.0 cm bei Frauen
  • Sakkuläre AAA ggfls. schon bei Durchmessern unter 5.0 cm
  • Mykotische AAA
  • Symptomatische AAA
  • Rupturierte AAA

Allgemein

Aus diversen, auch randomisiert-kontrollierten Studien gilt in den Leitlinien ein AAA-Durchmesser von ≥ 5.5 cm oder ein schnelles Wachstum von > 10 mm/Jahr als Indikation für eine elektive operative Versorgung des AAA (5, 6). Bei Frauen mit akzeptablem perioperativem Risiko kann die Versorgung ab ≥ 5.0 cm erwogen werden.
Diese Grenzwerte gelten für das klassische, fusiforme Aneurysma. Exzentrische oder sakkuläre Aneurysmen, also lokalisierte, asymmetrische Ausweitungen der Aorta, können gegebenenfalls schon bei kleineren Diametern saniert werden, da von einer höheren Rupturgefahr ausgegangen wird (5). Bei polymorbiden Patienten mit deutlich erhöhtem perioperativen Risiko erscheint es nach Risiko-stratifizierung durchaus sinnvoll, das Aneurysma erst bei grösseren Durchmessern zu versorgen (5).

Mykotische AAA

Eine spezielle Gruppe bilden die mykotischen Aneurysmen, bei welchen es durch bakterielle Infektionen der Aortenwand zu Aneurysmabildungen kommt. Diese müssen unabhängig von der Grösse des Aneurysmas chirurgisch saniert werden. Je nach Allgemeinzustand des Patienten sowie der Erfahrung des Behandlungsteams können diese offen-chirurgisch oder auch endovaskulär behandelt werden. Bei der offenen Operation verwendet man bevorzugt einen biologischen Ersatz, etwa eine körpereigene Vene (z.B. V. femoralis), einen Homograft oder einen Graft aus Xenoperikard, um eine dauerhafte antibiotische Suppressionstherapie wie bei der endovaskulären Variante zu vermeiden.

Symptomatische AAA

Typisch sind Rücken- oder Leistenschmerzen. Bauchschmerzen mit einer druckdolenten Aorta bedeuten eine dringliche Operations-indikation, da diese als frühes Zeichen einer Ruptur zu werten sind. Gemäss den Leitlinien sollen diese Patienten zum nächstmöglichen elektiven Operationstermin (5,6) und bevorzugt endovaskulär behandelt werden, sofern die Anatomie dies erlaubt (6).

Weitere Indikationen

Patienten mit rupturiertem Aneurysma müssen notfallmässig in ein Gefässzentrum verlegt und notfallmässig – je nach Anatomie – offen oder endovaskulär versorgt werden.
Eine Therapieindikation besteht ebenfalls bei einem grössenprogredienten Aneurysmasack nach endovaskulärer Versorgung, da es weiterhin zu einer Ruptur kommen kann. Ursächlich hierfür sind Undichtigkeiten (Endoleaks), z. B. in den Überlappungszonen, durch rückblutende, aus dem Aneurysma abgehende Arterien oder Undichtigkeiten des Graftes. Je nach Ursache der Undichtigkeit können endovaskuläre Verfahren zur Anwendung kommen. Kann das Problem endovaskulär nicht gelöst werden, muss bei adäquatem Risikoprofil ein kompletter Graftausbau mit offenem Gefässersatz erfolgen.

Therapiemethoden

Im Prinzip gibt es zwei operative Methoden, ein Aortenaneurysma auszuschalten und damit den Patienten vor einer Ruptur zu bewahren: Einerseits die klassische offene Operation, bei der über eine Laparotomie (transperitoneal) oder eine Lumbotomie (retroperitoneal) eine Rohr- oder Y-Prothese (Abb. 1) eingenäht wird. Andererseits die minimal-invasive endovaskuläre Variante, bei der über eine Punktion beider Leistengefässe eine Endoprothese (Endo Vascular Aneurysm Repair, EVAR) eingebracht wird (Abb. 2, 3).

Offener Aortenersatz

Die offene Operation zieht einen Spitalaufenthalt von 7-10 Tagen nach sich. Nach dieser Zeit sind die Patienten in der Regel in ausreichend gutem Allgemeinzustand, um nach Hause auszutreten. Eine Rehabilitation ist meist nicht notwendig. Die Spitalmortalität des Eingriffs liegt in Referenzzentren um 1-2% (7). Die offene Sanierung führt zu signifikant weniger Re-Eingriffen an der Aorta gegenüber der endovaskulären Sanierung, gilt diesbezüglich also als beständigere Sanierung (8). Trotzdem kann es auch hier selten zu gefässbedingten Reoperationen, v.a. im Bereich der Anastomosen, kommen. Wegen des offenen Zugangs ist es möglich, dass spätere Narbenhernien oder Darmpassagestörungen wegen Verwachsungen revidiert werden müssen. Die offene Variante ist bei jeder Anatomie möglich, der Patient muss jedoch eine gewisse Grundfitness mitbringen, v.a. was die kardiopulmonalen Komorbiditäten anbelangt. Muss die Aorta oberhalb der Nierenarterien ausgeklemmt werden, steigt das Risiko einer Verschlechterung der Nierenfunktion. Bei Patienten mit genetisch determinierter Bindegewebsschwäche wird in den Leitlinien klar eine offene Aneurysmaausschaltung empfohlen. Wegen der Architekturstörung des aortalen Bindegewebes sind die Landezonen, d.h. die Verankerungszonen der Endoprothese geschwächt. In Folge dichten diese Prothesen im mittel- bis langfristigen Verlauf nicht mehr so gut ab.

Endovaskuläre Aortenreparatur (Endovascular aortic repair, EVAR)

Die endovaskuläre Methode weist eine signifikant geringere Krankenhausverweildauer, Krankenhausmortalität und -morbidität auf (8). Der Eingriff ist allerdings nicht bei allen Patienten geeignet, da gewisse anatomische Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Zum einen müssen gute Zugangsgefässe vorhanden sein, da die Endoprothese über die Leisten- und Beckenarterien in die Aorta eingebracht wird. Andererseits muss genügend normalkalibrige Aorta oberhalb des Aneurysmas und unterhalb der Nierenarterien vorhanden sind (Aneurysmahals als proximale Landezone/Verankerungszone), damit die Endoprothese sicher verankert werden kann. In besonderen Fällen können sogenannte gefensterte oder mit Seitenarmen ausgestattete Endoprothesen implantiert werden, um die Landungszone weiter oberhalb der Abgänge von Nieren- und ggfls. Viszeralarterien zu verlängern. Damit nimmt man aber ein gewisses, wenn auch geringes Paraplegierisiko in Kauf. Da jeder Patient eine individuelle Anatomie bezüglich der Abgänge der reno-viszeralen Gefässe aufweist, sind in diesen Fällen massgeschneiderte Prothesen notwendig, um das Aneurysma suffizient auszuschalten. Falls gute Landungszonen unterhalb der Nierenarterien und gute Zugangsgefässe vorhanden sind, kann eine endovaskuläre Aneurysmaausschaltung in Lokalanästhesie über perkutane Zugänge durchgeführt werden. Dieses Vorgehen in Lokalanästhesie belastet den Patienten weniger als eine Vollnarkose. Der Patient kann nach 6 Stunden mobilisiert werden und das Spital nach 1-2 Tagen Überwachung verlassen. Bei der endovaskulären Methode sind im Verlauf jedoch deutlich häufiger Reinterventionen wegen nicht-kompletter Ausschaltung des Aneurysmas (sog. Endoleaks) notwendig. Hier bedarf es lebenslanger regelmässiger Nachkontrollen, worüber der Patient präoperativ aufgeklärt werden muss (8).

Therapiewahl

In den Langzeitresultaten von randomisiert kontrollierten Studien zeigen beide Methoden im Langzeitverlauf eine ähnliche Gesamtmortalität (8,9).
Wenn die endovaskuläre Versorgung anatomisch möglich ist und der Patient bezüglich der Komorbiditäten auch für einen offenen Eingriff geeignet ist, sollte der Patientenwunsch die Therapierichtung vorgeben. Während der eine Patient die Minimalinvasivität der endovaskulären Versorgung schätzt, bevorzugt der andere eine definitivere Sanierung mit weniger häufigen Nachkontrollen und weniger Reoperationen.
Häufiger ist es jedoch so, dass der behandelnde Arzt die eine oder andere Option aufgrund von Komorbiditäten, anatomischen Voraussetzungen oder dem Alter bevorzugt empfiehlt. Diese Entscheidungsfindung braucht gewisse Erfahrung. Patienten mit einem AAA sollten zeitnah einem erfahrenen gefässchirurgischen Zentrum vorgestellt werden, welches die offene wie die endovaskuläre Therapie routinemässig beherrscht. Dort sollte über beide möglichen Verfahren ausführlich aufgeklärt werden. Der Patientenwunsch ist sicherlich hoch zu gewichten, sollte jedoch nicht zu einer Therapie führen, welche für den Patienten mit zu vielen Kompromissen vergesellschaftet ist.
Weiter ist zu erwähnen, dass Patienten, die schwere andere Erkrankungen und eine stark limitierte Lebenserwartung haben, etwa Patienten mit einem metastasierenden Tumorleiden, nicht von einer Sanierung eines asymptomatischen Bauchaortenaneurysmas profitieren. Die Aneurysmaoperation kann bei diesen Patienten zu einem kürzeren Überleben und einer geringeren Lebensqualität führen.

Dr. med. Salome Weiss
Universitätsklinik für Herz- und Gefässchirurgie Inselspital, Universitätsspital Bern, Freiburgstrasse 18, 3010 Bern
Dr. med. Roman Bühlmann
Universitätsklinik für Herz- und Gefässchirurgie Inselspital, Universitätsspital Bern, Freiburgstrasse 18, 3010 Bern
Prof. Dr. med. Jürg Schmidli
Universitätsklinik für Herz- und Gefässchirurgie Inselspital, Universitätsspital Bern, Freiburgstrasse 18, 3010 Bern
PD Dr. med. Thomas R. Wyss
Klinik für Interventionelle Radiologie und Gefässchirurgie Kantonsspital Winterthur, Brauerstrasse 15, 8401 Winterthur

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

Dr. med. Silvan Jungi

Universitätsklinik für Herz- und Gefässchirurgie
Inselspital
Universitätsspital Bern
Freiburgstrasse 18
3010 Bern

silvan.jungi@insel.ch

Die Autoren haben in Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.

  • Bei einem Bauchaortenaneurysma wird bei einem Durchmesser
    von≥ 5.5 cm bei Männern sowie ≥ 5.0 cm bei Frauen eine elektive
    Aneurysmaausschaltung empfohlen.
  • Die Therapie kann offen chirurgisch via Laparotomie / Lumbotomie oder endovaskulär perkutan über die Leisten mittels EVAR erfolgen.
  • Beide Therapieoptionen müssen sorgfältig abgewogen werden, wobei die Fitness des Patienten, die Komorbiditäten, die anatomischen Gegebenheiten sowie der Patientenwunsch eine Rolle spielen.

Messages à retenir

  • Dans le cas d’ un anévrisme aortique abdominal, l’ ablation élective de l’ anévrisme est recommandée pour un diamètre de ≥ 5,5 cm chez l’ homme et de ≥ 5,0 cm chez la femme.
  • La thérapie peut être effectuée par voie chirurgicale ouverte via une laparotomie/lumbotomie ou par voie endovasculaire percutanée via l’ aine en utilisant la technique EVAR.
  • Les deux options thérapeutiques doivent être soigneusement étudiées, en tenant compte de l’ aptitude du patient, des comorbidités, des conditions anatomiques et des souhaits du patient.

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Wichtiges für die Praxis

Die Häufigkeit von Schwangerschaften mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen betreffen etwa 1-4% in der Schweiz und ist sowohl bei Frauen mit angeborenen Herzfehlern wie auch mit erworbenen Herzkrankheiten zunehmend (1). Die häufigsten kardialen peri- und postpartalen Manifestationen sind Arrhy-thmien und Herzinsuffizienz, seltener Myokardinfarkt oder Aortendissektion (2, 3).

La fréquence de grossesses compliquées de maladies cardio-vasculaires se situe en Suisse à env. 1-4 %. Elle est en augmentation aussi bien chez les femmes porteuses de vices cardiaques congénitaux comme chez celles souffrant de maladies cardiaques acquises (1). Les répercussions péri- et postpartales les plus fréquentes sont des arythmies et l’insuffisance cardiaque, plus rarement un infarctus du myocarde ou une dissection aortique (2, 3).

Die Diagnose kardialer Erkrankungen während der Schwangerschaft kann eine Herausforderung sein, weil die Überlappung von kardiovaskulären Symptomen mit denen einer normalen Schwangerschaft sowohl Diagnosestellung wie auch den Beginn einer zeitgerechten und adäquaten Therapie verzögern kann (4). Dieser Artikel beinhaltet die Darlegung der physiologischen Veränderungen des Kreislaufs während der Schwangerschaft, bespricht die Risikostratifizierung von Frauen mit und ohne vorbestehende Herzkrankheiten und zeigt einen praktischen Algorithmus zur Diagnosefindung während der Schwangerschaft.

Physiologische Veränderungen des Kreislaufs in der Schwangerschaft

Hämodynamische Veränderungen
Antepartum. Wegen des Anstiegs von Östrogen und Progesteron und der Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron Systems verursacht die Schwangerschaft einen kontinuierlichen Anstieg der Herzleistung und des Plasma-Volumens sowie eine Abnahme des mütterlichen systemischen Gefässwiderstandes (5). Der Blutdruck nimmt zunächst ab, steigt aber im dritten Trimester an (6).
Intra- und postpartum. Während und nach der Geburt kommt es zu dramatischen Veränderungen von Herzleistung, Herzfrequenz, Blutdruck und Plasmavolumen (7).
Obwohl Herzfrequenz und Blutdruck normalerweise innerhalb von 48 Stunden nach der Geburt sinken, kann der Blutdruck aufgrund von Flüssigkeitsverschiebungen zwischen den Tagen 3-6 postpartum steigen. Während dieses Zeitraums treten hypertensive Komplikationen und solche die mit einer Volumenbelastung zusammenhängen gehäuft auf (8). Der erhöhte hydrostatische Druck und der verringerte kolloidale osmotische Druck erhöhen zudem das Risiko eines Lungenödems bei Frauen mit Herzinsuffizienz oder Präeklampsie. Die mütterliche Hämodynamik kehrt normalerweise 3-6 Monate nach der Entbindung in den Zustand vor der Schwangerschaft zurück.

Strukturelle Veränderungen
Die Herzkammern passen sich während der Schwangerschaft an die Zunahme des Plasma-Volumens an. Das enddiastolische Volumen des linken Ventrikels steigt um etwa 10% (9).
Daten über die Auswurffraktion während der Schwangerschaft sind widersprüchlich (9, 10). Bei ungefähr 20% der Schwangeren besteht eine diastolische Dysfunktion, was während der Schwangerschaft zu Belastungsdyspnoe führen kann (11). Auch die strukturellen Veränderungen des gesunden mütterlichen Herzens kehren innerhalb 12 Monaten zum Ausgangswert zurück.

Hämatologische und metabolische Veränderungen
Hämatologische und metabolische Veränderung sowie ein Ungleichgewicht des Gerinnungssystems sind wichtige Faktoren für das kardiovaskuläre Risiko während der Schwangerschaft. Der überproportionale Anstieg des Plasma-Volumens im Vergleich zu den Erythrozyten führt zu einer physiologischen Anämie durch Hämodilution. Dies kann eine asymptomatische Herzinsuffizienz oder Myokardischämie demaskieren; und deshalb sollten die Hämatokrit-Werte jedes Trimenon kontrolliert werden.
Das erhöhte Thromboembolie-Risiko während der Schwangerschaft basiert auf einer Hyperkoagulabilität, einer venösen Stase, einer Kompression der unteren Hohlvene und Beckenvenen durch die sich vergrössernde Plazenta und auf einer verringerten Mobilität (12). Die Schwangerschaft hat auch einen Einfluss auf die Gerinnungsfaktoren, was sich insbesondere bei bestimmten Erkrankungen wie das Antiphospholipid-Syndrom negativ auswirken kann. Rauchen erhöht das Thromboserisiko in der Schwangerschaft zusätzlich.

Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen in der Schwangerschaft

Die Risikostratifizierung für kardiale Komplikationen in der Schwangerschaft unterscheidet sich bei Frauen mit und ohne vorbestehende Herzkrankheiten:
Bei Frauen ohne bekannte Herz-Kreislauf-Erkrankungen konnten vier Hauptrisikofaktoren evaluiert werden, welche die kardiovaskulär bedingte Sterblichkeit während der Schwangerschaft erhöhen:
1. Alter: Frauen über 40 Jahren haben eine 30-fach erhöhtes kardial bedingtes Sterblichkeitsrisiko im Vergleich zu Frauen unter 20 Jahren (13).
2. Rasse/Ethnizität: Schwarze Frauen haben ein 3-4-fach erhöhtes kardial bedingtes Sterblichkeitsrisiko im Vergleich zu weissen Frauen (14). Diese Daten wurden in den USA erhoben und sind teilweise durch strukturelle und soziale Probleme zu erklären.
3. Bluthochdruck: Hypertensive Erkrankungen betreffen bis zu 10% der Schwangerschaften und können zu mütterlicher Morbidität und Mortalität beitragen. Hypertensive Komplikationen während der Schwangerschaft tragen auch zu einem erhöhten kardiovaskulären Risiko nach der Schwangerschaft bei. So ist bei Frauen mit einer hypertensiven Komplikation während der Schwangerschaft die Inzidenz eines Myokardinfarktes 13-fach und die einer Herzinsuffizienz 8-fach höher im Langzeitverlauf als bei gesunden Frauen (15).
4. Adipositas: Die kardial bedingte Sterblichkeit erhöht sich bei adipösen Frauen, insbesondere in Assoziation mit einem obstruktiven Schlaf-Apnoe Syndrom.
Bei Vorhandensein einer oder mehrerer dieser Risikofaktoren sollte während der Schwangerschaft ein Risikoscreening durchgeführt werden. Die Risikofaktoren für eine mütterliche kardiale Erkrankung sind in Tabelle 1 aufgelistet.
Frauen mit bekannten Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollten idealerweise vor der Schwangerschaft, spätestens aber so früh wie möglich während der Schwangerschaft kardiologisch beurteilt werden. Dabei muss eine genaue Diagnose gestellt und die Auswirkungen der Schwangerschaft auf die zugrunde liegende Herz-Kreislauf-Erkrankung benennt sowie die potenziellen Risiken für die Frau und den Fötus abgeschätzt werden. Hilfreich ist dabei die Tabelle der modifizierten WHO Schwangerschafts-Risiko-Klassifizierung (Tab. 2). Schwangere mit einem WHO-Risiko II-III und höher bedürfen auf Grund des erhöhten Morbiditäts- und Mortalitätsrisikos einer interdisziplinären Konsultation sowie Betreuung und Geburt an einem Zentrumsspital.

Kardiale Symptome und deren Abklärungen in der Schwangerschaft

Symptome von Herzkrankheiten
Symptome und klinische Befunde einer normalen Schwangerschaft können sich mit denen einer symptomatischen Herzerkrankung überschneiden. Um eine zugrunde liegende Herzerkrankung frühzeitig zu erkennen, müssen diese Zeichen von den Fachkräften erkennt werden. Ein frühzeitiges Erkennen und somit der frühzeitige Beginn einer adäquaten Therapie ist der wichtigste Schritt für eine verbesserte Prognose. Tabelle 3 listet die wichtigsten Symptome und Befunde auf und hilft zur weiteren Differenzierung (16).

Klinisches Assessment bei kardiovaskulären Symptomen in der Schwangerschaft

Alle Schwangeren mit vorbekannten Herzkrankheiten sowie Schwangere mit kardiovaskulären Symptomen (Kurzatmigkeit, Brustschmerzen oder Herzklopfen) brauchen ein kardiologisches Assessment. Abbildung 1 zeigt einen praktischen Algorithmus zur Abklärung von kardiovaskulären Symptomen in der Schwangerschaft (modifiziert von: California Department of Public Health, 2017).
Zusätzlich zu einer ausführlichen Anamnese (inklusive Familien- und Sozialanamnese) und einem kardiovaskulären Status stehen verschiedene diagnostische Hilfsmittel zur Verfügung:
NT-proBNP eignet sich in der Schwangerschaft sehr gut zur weiteren Diagnostik bei symptomatischen Patienten. Obwohl NT-proBNP in der Schwangerschaft ansteigt, übersteigt es bei herzgesunden Patienten die Normwerte nicht (17). Erhöhte NT-proBNP Werte bei Dyspnoe in der Schwangerschaft sind Hinweise für eine Herzinsuffizienz im Rahmen einer systolischen und/oder diastolischen Dysfunktion aber auch im Rahmen von hypertensiven Erkrankungen inklusive Präeklampsie (18, 19, 20). Deshalb sind bei Frauen mit vorbekannten Herzkrankheiten oder mit Risiko für kardiovaskuläre Krankheiten Messungen von NT-proBNP im ersten Trimenon als Baseline-Untersuchung sinnvoll.
Die Wertigkeit von hs-Troponin in der Schwangerschaft im Rahmen eines akuten Koronarsyndroms ist vergleichbar zu nicht schwangeren Frauen (21). Deshalb sollte hs-Troponin bei akuten Thoraxschmerzen immer bestimmt werden. Zu beachten ist jedoch, dass hs-Troponin in gewissen Situationen wie Präeklampsie, akuter Lungenembolie und bei Niereninsuffizienz erhöht sein kann. Die Bestimmung von D-Dimeren bei akuter Dyspnoe zum Ausschluss einer Lungenembolie ist in der Schwangerschaft wegen der tiefen Spezifizität nicht empfohlen. Ein EKG sollte bei allen Schwangeren mit Palpitationen, Herzrasen, Schwindel, Dyspnoe und Thoraxschmerzen durchgeführt werden. Bei pathologischem EKG muss eine kardiologische Standortbestimmung erfolgen (siehe Abb. 1). Bildgebende Diagnostik sollte individuell in Absprache nach kardiologischer Standortbestimmung erfolgen.

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

PD Dr. med. Daniel Tobler

Oberarzt Kardiologie
Leiter angeborene Herzfehler
Universitätsspital Basel
Petersgraben 4
4031 Basel

daniel.tobler@usb.ch

Der Autor hat keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel.

  • Kardiovaskuläre Komplikationen in der Schwangerschaft sind zunehmend häufig
  • Ein frühzeitiges Erkennen einer kardiovaskulären Komplikation ist der wichtigste Schritt zur Verbesserung der Prognose
  • Mit einem einfachen Algorithmus können die meisten kardiovaskulären Erkrankungen auch in der Praxis frühzeitig diagnostiziert werden.

Messages à retenir

  • Les complications cardiovasculaires pendant la grossesse sont en constante augmentation.
  • L’identification précoce d’une complication cardiovasculaire est la pierre angulaire pour l’amélioration du pronostic.
  • Un algorithme simple permet de diagnostiquer la plupart des maladies cardiovasculaires tôt, aussi au cabinet.

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Pruritus in der Schwangerschaft

Pruritus ist das häufigste dermatologische Symptom in der Schwangerschaft und tritt in 14-20% aller Schwangerschaften auf (1). Der Pruritus kann für die Schwangere extrem belastend werden und die Lebensqualität relevant einschränken. In 1 von 5 physiologischen Schwangerschaften tritt ein Pruritus auf (physiologischer Pruritus), kann aber auch Ausdruck einiger Schwangerschaftsdermatosen sein.

Le prurit est le symptôme dermatologique le plus fréquent pendant la grossesse et survient dans 14 à 20 % des grossesses (1). Le prurit peut affecter la qualité de vie de la femme enceinte de manière significative. Dans une grossesse physiologique sur 5, un prurit est présent (prurit physiologique). Mais le prurit peut aussi être l’expression de plusieurs dermatoses spécifiques à la grossesse.

Hautprobleme sind in der Schwangerschaft sehr häufig und können in drei Kategorien unterteilt werden:

  • physiologisch
  • schwangerschaftsspezifische Dermatosen
  • häufige Hauterkrankungen (2) (Tab. 1).

Verschiedene Klassifikationen der schwangerschaftsspezifischen Dermatosen wurden vorgeschlagen (3): 1983 die Klassifikation nach Holmes and Black (4) und 1998 nach Schornick (5). Ambros-Rudolph et al. schlugen 2006 in einer retrospektiven Analyse von über 500 Schwangeren mit Dermatose eine revidierte Klassifikation vor (6). Die schwangerschaftsspezifischen Dermatosen wurden neu in vier Gruppen unterteilt: Atopic eruption of pregnancy (AEP), Polymorphic eruption of pregnancy (PEP), Pemphigoid gestationis (PG), Intrahepatic cholestasis of pregnancy (ICP) (6) (Tab. 2). Auch wenn die Hautläsionen sekundär nach dem Kratzen erscheinen, wurde weiterhin die ICP in der Klassifikation eingeschlossen. Neu wurden drei Entitäten – Eczema in pregnancy (EP), Prurigo of pregnancy (PP), Pruritic folliculitis of pregnancy (PF) – unter dem Namen AEP zusammengefasst, da sie sich klinisch und histopathologisch überlappen. Mögliche andere nicht schwangerschaftsspezifische Hauterkrankungen sind in der Tabelle 3 dargestellt (6). Beispiele von pruritischen Dermatosen in der Schwangerschaft sind in den Abbildungen 1-3 dargestellt.

Abklärungen

Damit Schwangerschaftsdermatosen mit potentiellen Auswirkungen auf die Mutter und den Fetus erkannt werden können, sind eine gezielte Anamnese und eine detaillierte klinische Untersuchung sehr wichtig (7) (Tab. 4 und 5). Die Abb. 4, adaptiert nach (2) und (6-8), fasst die diagnostischen und therapeutischen Schritte bei den pruritischen Dermatosen in der Schwangerschaft zusammen. Es werden Schwangerschaftsdermatosen mit oder ohne primäre Hautläsionen unterschieden. Das Gestationsalter beim ersten Auftreten spielt ebenfalls eine wichtige Diagnosehilfe, sowie der Aspekt und die Verteilung der Läsionen und des Pruritus. Der Pruritus in der Schwangerschaftscholestase (ICP) betrifft vor allem die Handfläche, Fusssohle und ist häufig ausgeprägter in der Nacht, was beim physiologischen Pruritus in der Schwangerschaft nicht den Fall ist. Nur das PG zeigt spezifische Veränderungen in der Hautbiopsie. Laborveränderungen werden in der ICP, eventuell in der AEP und dem PG beobachtet. Eine potentielle fetale Gefährdung ist bei ICP (9) und PG möglich, nicht aber bei PEP und AEP.
In unklaren Fällen ist eine interdisziplinäre Beurteilung mit den Geburtshelfern und Dermatologen angezeigt.

Therapie

Die Therapiemöglichkeiten sind ebenfalls in der Abbildung 4 zusammengefasst. Die Therapie basiert auf topischen Massnahmen wie Salben mit oder ohne juckreizhemmenden Zusatz (Menthol, Polidocanol, Urea), systemischen Antihistaminika, topischen Steroiden sowie in therapierefraktären Fällen systemischen Steroiden. Selten können Immunsuppressiva bei schweren Formen des PG nötig werden. Bei den schweren Formen von AEP kann auch eine UVB-Lichttherapie eingesetzt werden (7). Die symptomatische Therapie der ICP basiert zusätzlich zu den Salben mit juckreizhemmenden Zusätzen auf hochdosierter systemischer Ursodeoxycholsäure, welche die Gallensäure im Blut der Mutter bindet und den Juckreiz somit lindert (10). Ob diese Therapie die fetalen Komplikationen reduziert, wird kontrovers diskutiert. (11). Eine Einleitung vor dem Termin kann je nach Höhe der Gallensäure im mütterlichen Blut diskutiert werden (9-10).

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

Dr. med. Cécile Monod

Oberärztin, Geburtshilfe und Ultraschall
Universitätsspital Basel
Frauenklinik
Spitalstrasse 21
4031 Basel

cecile.monod@usb.ch

Dr. med. Maria Tropea

Assistenzärztin
Universitätsspital Basel
Frauenklinik
Spitalstrasse 21
4031 Basel

maria.tropea@usb.ch

Prof. Dr. med. Irène Hösli

Basel

Die Autorinnen deklarieren keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel.

  • Pruritus ist das häufigste dermatologische Symptom in der Schwangerschaft und kann zur Beeinträchtigung der Lebensqualität der Schwangeren führen.
  • Eine genaue Diagnosestellung ist wichtig, damit das fetale Risiko identifiziert und die optimale Therapie eingeleitet werden kann.
  • Eine gezielte Anamnese, eine detaillierte klinische Untersuchung sowie Laboruntersuchung, gegebenenfalls auch eine Hautbiopsie sind die wichtigen Schritte zur korrekten Diagnose.
  • Bei Unklarheiten ist eine interdisziplinäre Beurteilung durch den Geburtshelfer und Dermatologen unabdingbar.
  • Die Therapie basiert prinzipiell auf Salbe bzw. Creme ohne oder mit juckreizhemmende/n Zusätze/n, topischen und systemischen Steroiden sowie hochdosierter Ursodeoxycholsäure im besonderen Fall der ICP. In seltenen Fällen der AEP und PG können Lichttherapie und Immunsuppressiva zum Einsatz kommen.

Messages à retenir

  • Le prurit est le symptôme dermatologique le plus fréquent pendant la grossesse. Il peut affecter la qualité de vie de la femme enceinte.
  • Il est important de poser un diagnostic précis afin d’identifier les risques pour le fœtus et d’initier la thérapie optimale.
  • L’anamnèse ciblée, l’examen clinique détaillé, ainsi que des analyses de laboratoire et une biopsie cutanée le cas échéant, sont les étapes importantes pour arriver au diagnostic correct.
  • En cas d’ incertitude, une évaluation interdisciplinaire entre l’ obstétricien et le dermatologue est indispensable.
  • Les bases de la thérapie sont les émollients sans ou avec adjonction d’anti-prurigineux, les stéroïdes topiques ou systémiques ainsi que l’acide ursodésoxycholique dans le cas particulier de la cholestase intrahépatique (ICP). Rarement, en cas de AEP (dermatite atopique de grossesse) et PG (pemphigoïde gravidique), on peut avoir recours
    à la photothérapie et aux immunosuppresseurs.

1. Bechtel MA, Pruritus in Pregnancy and its management, Dermatol Clin 2018; 36: 259-265
2. Vaughan Jones S, Ambros-Rudolph C, Nelson-Piercy C. Skin disease in pregnancy. BMJ 2014; 348:g3489
3. Danesh M, Keltz Pomeranz M, McMenimm E, Murase JE, Dermatoses of pregnancy: Nomenclature, misnomers, and myths, Clinics in Dermatology 2016; 34: 314-319
4. Holmes RC, Black MM. The specific dermatoses of pregnancy. J Am Acad Dermatol 1983; 8:405-12.
5. Shornick JK. Dermatoses of pregnancy. Semin Cutan Med Surg 1998; 17:172-81.
6. Ambros-Rudolph CM, Müllegger RR, Vaughan-Jones SA, Kerl H, Black MM. The specific dermatoses of pregnancy revisited and reclassified: results of a retrospective two-center study on 505 pregnant patients. J Am Acad Dermatol 2006; 54:395-404.
7. Maharajan A, Aye C, Ratnavel R, Burova E. Skin eruptions specific to pregnancy: an overview. The Obstetrician & Gynaecologist 2013; 15:233–40.
8. Nelson-Piercy C, Handbook of Obstetric Medicine, Fifth Edition, 2015CRC Press, Taylor and Francis Group
9. Ovadia C, Seed PT, Sklavounos A et al. Association of adverse perinatal outcomes of intrahepatic cholestasis of pregnancy with biochemical markers: results of aggregate and individual patient data meta-analyses. Lancet. 2019 Mar
10. Green-top Guideline 43, Obsteric Cholestasis, RCOG, April 2011 https://www.rcog.org.uk/globalassets/documents/guidelines/gtg_43.pdf
11. Chappell LC, Bell JL, Smith A, Linsell L et al. (PITCHES Study group) Ursodeoxycholic acid versus placebo in women with intrahepatic cholestasis of pregnancy (PITCHES) Lancet 2019; 394:849-60

Welchen Stellenwert hat das MRI?

Lage- und Funktionsveränderungen von Beckenorganen sind ein häufiges Problem und betreffen fast jede zweite Frau im Verlauf ihres Lebens. In der westlichen Welt wird sich jede fünfte Frau bis zum Alter von 80 Jahren einer Prolaps- oder Kontinenzoperation unterziehen (lifetime risk 19 %) (1). Bei bis zu 30 % der operierten Patientinnen ist wiederum eine Rezidiv-Deszensusoperation erforderlich.

Les altérations de position et de fonction des organes du petit bassin sont un problème fréquent et touchent presque une femme sur deux au courant de sa vie. Dans le monde occidental, une femme sur 5 aura subi jusqu’à ses 80 ans une intervention pour prolapsus ou incontinence (lifetime risk 19 %) (1). Et jusqu’à 30 % de ces femmes devront se faire réopérer pour récidive de prolapsus.

Eine statistische Auswertung der Daten der Arbeitsgemeinschaft Schweizerischer Frauenkliniken (ASF), die die stationären gynäkologischen Operationen erfassen, zeigte, dass die Anzahl urogynäkologischer Operationen zwischen 1998 und 2013 um 57% zugenommen hat.
Doch welche anatomische Läsion Ursache für die Beckenbodenpathologie ist, bleibt im Einzelfall meist ungeklärt. Diese Wissenslücke könnte mitunter ein Grund für die relativ hohe Rezidivrate sein.
Dank Magnet-Resonanz-Tomographie (2) können wir anatomische Supportstrukturen wie die Subdivisionen des Levator ani Muskels, den urethralen Sphinkterkomplex und ligamentäre Strukturen visualisieren (3, 4). Dies sind wichtige Strukturen in der Pathogenese von urogynäkologischen Erkrankungen.

Technik der Magnetresonanztomographie des Beckenbodens

Die Magnetresonanztomographie ist ein diagnostisches Verfahren, das keine Röntgenstrahlung zur Bilderstellung verwendet, sondern mit Magnetfeldern und Radiowellen arbeitet. Nach derzeitigem Erkenntnisstand (seit 1984 in der Patientenanwendung) hat die MRT keinen schädigenden Einfluss auf den menschlichen Organismus. Im Gegensatz zur Tumordiagnostik kann die MRT Untersuchung für die urogynäkologischen Untersuchungen kontrastmittelfrei durchgeführt werden. Nachteilig gegenüber anderen Bildgebungen wie dem Ultraschall sind die höheren Kosten.
Die Untersuchungsparameter werden organ- und untersuchungsspezifisch (T1, T2, Protonendichte-Wichtung) gewählt. Die T2-gewichteten multiplanaren Schichten eignen sich besonders gut für die Darstellung der feinen anatomischen Schichten und Strukturen, was z.B. die Beurteilung der Schichtung der Vagina (Mukosa, Muskulatur und Adventitia), Urethra und ihrer Sphinkter, Uterus, aber auch zur Beurteilung der Faserverläufe des Levator ani erlaubt (3). Die T1 gewichteten Sequenzen sind ideal für die Detektion von Fett und Blut (Hämatokolpos/-metra bei Fehlbildungen). Mit dem technischen Fortschritt können dynamische Untersuchungen von 14 bis 16 Sekunden lang dauernden Pressmanövern abgebildet werden, was für die Patientin zeitlich zumutbar ist. Damit könnte in Zukunft die MRT für die Funktionsabklärung an Bedeutung gewinnen, insbesondere durch den Fortschritt der Technik und der sinkenden Preise der MRT-Untersuchung. Kontraindikationen für den Einsatz der MRT sind nicht-MRT-taugliche Herzschrittmacher und Implantate sowie eine schwere Klaustrophobie. Bei anamnestisch angegebenen Hirn- oder Herzoperationen ist wegen der Verwendung potentiell nicht-MRT-tauglicher Clips oder Prothesen Vorsicht geboten.

Was können wir mit MRT visualisieren?

Mit der MRT können anatomische Strukturen mit einer hohen Detailtreue abgebildet werden (5, 6). Durch die hohe Bildauflösung der Weichteile gelingt die Darstellung der Morphologie von Harnblase, Urethra (7), Rektum, Anus inklusive Analsphinkterkomplex, Vagina, Musculus levator ani und benachbarter Faszien- und Bandkomplexe (Abb. 1 und 2) (8, 9). Die meisten Beckenbodenstrukturen verlaufen nicht exakt in einer der multiplanaren Schichten, weshalb auf jedem Schnittbild nur ein Teil der Struktur abgebildet wird. Die Identifikation intakter Strukturen, z. B. bei jungen, nulliparen Frauen, ist wichtig, um weiteres Wissen über die Morphologie und Funktion des Beckenbodens zu gewinnen (Tab. 1). Denn basierend auf dem Wissen über die intakten Strukturen können Insuffizienzen in einem späteren, präsymptomatischen Stadium detektiert werden, was für das Verständnis der Pathomechanismen, die später im Leben zum symptomatischen Prolaps führen, von Bedeutung ist (10). Auch ein wichtiger Stellenwert der MRT liegt in der Abklärung von urogenitalen Malformationen. Nicht selten liegen hierbei komplexe Fehlbildungen vor, die verschiedene Organe wie Vagina, Uterus, Wirbelsäule und Nieren betreffen können. Aus Platzgründen kann diese Problematik in diesem Artikel nicht vertieft dargestellt werden.
Die MRT beantwortet auch wissenschaftliche Fragestellungen zur Pathomorphologie der Belastungsharninkontinenz (11), der Analinkontinenz und des Descensus urogenitalis (12), sowie zu qualitativen und quantitativen Fragestellungen schwangerschafts- und altersbedingter Veränderungen der Beckenbodenstrukturen.

Abbildung 3 zeigt postpartale Defekte. Intrapartal kann es zum Ausriss des Levator ani (genauer gesagt des M. pubovisceralis-Anteils symphyhysennahe am Os pubis) kommen. Ein solcher Levatorabbriss (im englischen Sprachgebrauch auch «Levator avulsion» genannt) ist in Abb. 3a dargestellt. Solche Muskeldefekte können im vorderen Kompartiment eine Zystozele und im mittleren Kompartiment einen Deszensus uteri oder Scheidenstumpfprolaps zur Folge haben. In der Abbildung 3b ist eine Muskelschädigung durch eine intrapartale Kompression dargestellt: Durch die kindliche Kopfkompression können neurologische Traumata und Ischämien resultieren, worauf der geschädigte Muskel durch fibrotisches Gewebe (helle Struktur) ersetzt wird. Eindrücklich ist in diesem Bildvergleich auch die interindividuelle Variation der Muskeldicke des Levator ani zwischen den beiden Primiparae.
Die MRT hat weitere Kenntnisse zur in-vivo Anatomie der Beckenbodenmuskulatur und endopelvinen Faszie ermöglicht: Bei Nulliparae liegen 2- bis 3-fache interindividuelle Volumenschwankungen der Beckenbodenmuskulatur vor, und in 10% fehlt der Nachweis der Insertion des M. levator ani am Os pubis und der muskulofaszialen Verschmelzung zwischen seitlicher Vaginalwand und Levatormuskulatur, was ein konstitutionelles Risiko für die Harninkontinenz-Entstehung bedeuten könnte (13).

Folgende Zeichen in der MRT sind Hinweise für pathomorphologische Veränderungen der Beckenbodenmuskulatur und der endopelvinen Faszie:
1. eine in T2-gewichteten Bildern erhöhte Signalintensität des M. levator ani, bedingt durch Verlust quer gestreifter Muskelfasern und vermehrter Fett- und Bindegewebseinlagerung (Abb. 3),
2. der Verlust der symphysenwärts konkaven Scheidenkonfiguration und das Fehlen der muskulofaszialen Verschmelzung zwischen seitlicher Vaginalwand und Levatormuskulatur weisen auf laterale Defekte der endopelvinen Faszie hin,
3. der Verlust der Faszienstruktur der vorderen Vaginalwand weist auf zentrale Defekte der endopelvinen Faszie (11).

MRT Indikationen im Alltag

Im klinischen Alltag begegnen uns Patientinnen mit unterschiedlichen Beckenbodenbeschwerden. Die wohl am schwierigsten fassbaren Beschwerden sind die prolongierten postpartalen Schmerzen, die chronischen Unterbauchschmerzen (chronic pelvic pain syndrome, CPP) oder Schmerzen nach Operationen, wo die klinische gynäkologische Untersuchung an ihre Grenzen stösst (14, 15). Hierzu hat sich die MRT als gutes Diagnostikum zur Abklärung von Infektionen, Abszessen, Ödemen oder Fisteln gezeigt. Netzkomplikationen resp. netzverursachte Erosionen in Blase oder Darm können mit MR sichtbar gemacht werden (Abb. 4). Diese Diagnostik ist auch wichtig für den interdisziplinären Einbezug von Kollegen in der Operationsplanung.
Eine neuere Studie zu Netz-assoziierten Beschwerden zeigte, dass die MRT-Untersuchung bei 42,1% der Frauen ein Versagen des Netzes oder der OP-Technik (Netzausriss vaginal oder am Promontorium, Netzlaxität oder Netzbruch), bei 12,6% eine Infektion (Abszedierung, Spondylodiszitis), bei 12,6% eine Netzerosion in benachbarte Organe, bei 11,5% eine Umgebungsentzündung, bei 2,3% eine Kompression von Organen und bei 2,3% eine Darmextrusion detektierte. Die Übereinstimmung zwischen dem MRT-Bericht und der chirurgischen Diagnose war bei Netzversagen, Infektion und Kompression nahezu perfekt, während die Übereinstimmung bei Netzerosion und Entzündungszeichen mässig war (15).
Der Stellenwert der MRT bei CPP lässt dagegen zu wünschen übrig. Auch eine oberflächliche peritoneale Endometriose, Adhäsionen, aber auch die Diagnose des idiopathischen Schmerzsyndroms können nicht zuverlässig gestellt werden (14). Hier zeigte sich in einer neueren Studie die Laparoskopie der MRT in der CPP-Diagnostik überlegen. Trotzdem können bei CPP in der MRT Periostitiden, Symphysitis oder neurologische Pathologien entdeckt werden, welche wiederum laparoskopisch nicht erfasst werden können. Somit sind MRT und Laparoskopie je nach Fragestellung komplementäre Untersuchungen.
Junge Frauen mit urogenitalen Fehlbildungen können verschiedene Fehlbildungen in Kombination aufweisen. Die MRT erfasst diese einseitig, was für die Aufklärung und die Operationsplanung von Bedeutung ist. Auf der Grundlage der Bildgebung können Fragen zur Reproduktion, Entartungsrisiken und zur nephrologischen Vorsorge beantwortet werden.

MR-Defäkographie

Bei einer Diskrepanz zwischen der geschilderten Darmfunktionsstörung (Obstipation, Nachschmieren, Stuhldrang oder manuell unterstützte Darmentleerung) und der klinischen Ausprägung einer Rektozele sollte die Defäkographie indiziert werden. Sie ermöglicht eine objektive Beurteilung der Lageveränderung des Rektums (anteriore Rektozele, Intussuszeption, siehe Abb. 5), eines Anal- bzw. Rektumprolapses bzw. die Kompression des Rektums durch eine durchhängende Sigmaschleife (Cul-de-sac-Phänomen). Die aufgezeichneten Sequenzen erlauben weiter eine Beurteilung der Motorik der Beckenbodenmuskulatur und können Hinweise auf eine dyssynerge Defäkation geben.
Bei der MR-Defäkographie wird der Patientin peranal ein Gel appliziert. Es werden dynamische sagittale Sequenzen aufgezeichnet: Ruhe, Kneif-, Press-, und Entleerungsphase, während denen die Bewegung der Beckenorgane und schliesslich der Defäkationsvorgang abgebildet werden. Die Deszensusqualität, im Speziellen beim Scheidenstumpfprolaps, lässt sich zuverlässig diagnostizieren: Darstellung von Enterozele (Defekt-Level I), Urethrozysto- und Rektozele (Defekt-Level II und III) (16). Ganz wichtig und nicht durch eine andere Bildgebung ersetzbar ist die Diagnostik der Intussuszeption (17), was therapeutische Konsequenzen hat, da sie durch eine klassische Kolpoperineoplastik nicht behoben werden kann.

Wie werden Beckenbodendefekte quantifiziert?

Die Beckenbodeninsuffizienz ist ein Phänomen, das der Schwerkraft unterliegt. Bis anhin fand die Klassifizierung semiquantitativ mittels der Baden-Walker oder POP-Q Klassifikation statt. MRT dagegen ermöglicht eine millimetergenaue und untersuchungsabhängige Lokalisierung im Raum: Mit vier Fixpunkten in zwei Ebenen lässt sich ein Koordinatensystem aufstellen, worin jedes Organ, Ligament oder Muskel mit einer oder – wenn es sich um einen Verlauf oder wie bei Muskeln um Ursprung und Ansatz handelt – mehreren Koordinaten versehen werden kann. Ein solches System ist das 3D Pelvic Inclination Correction System (3D PICS) (18). Das 3D PICS definiert sich über die knöchernen Fixpunkte der Symphyse, des Promontorium und den Spinae ischiadicae (Abb. 6). Organe oder Strukturen, die sich im Lauf des Lebens senken können, werden mit einer Koordinate im 3D Raum (x/y/z) versehen. Die Koordinate lässt sich unabhängig von der Lage der Patientin im Scanner und unabhängig vom Senkungs- und Füllungszustand der Organe rekonstruieren und erlaubt, Studienkollektive und operative Outcomes zu vergleichen. Im Gegensatz zu den MR-Referenzlinien, welche sich nur in einer Ebene, nämlich der midsagittalen Ebene anwenden lassen, kann mit dem 3D PICS System jede Struktur im Raum in jeder der drei MRT Ebenen quantifiziert werden. Dieses System findet zunehmend Verbreitung und die Autoren*innen werden bald ein user-freundliches Online System vorstellen können.

PD Dr. med. Cornelia Betschart
Dr. med. Ioannis Dedes
Dr. med. David Scheiner
PD Dr. med. Cäcilia Reiner
Klinik für Gynäkologie, Universitätsspital Zürich
Frauenklinikstrasse 10, 8091 Zürich

Wir bedanken uns beim Schweizerischer Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung für die Projektunterstützung «Beckenbodenanatomie in der Bildgebung» (SNF Project PBBEP3_139382).

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

PD Dr. med. Cornelia Betschart Meier

Stellvertretende Klinikdirektorin
Klinik für Gynäkologie, USZ
Frauenklinikstrasse 10
8006 Zürich

cornelia.betschart@usz.ch

PD Dr. med. Cäcilia Reiner

Klinik für Gynäkologie
Universitätsspital Zürich
Frauenklinikstrasse 10
8091 Zürich

Die Autoren haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.

  • Klinische Indikationen für eine Becken-MRT sind Beschwerden nach Operationen, nach Netzeinlagen, komplexe Urethraldivertikel, v.a. vesikovaginale oder rektovaginale Fisteln, sowie urogenitale Fehlbildungen. Bei urogenitalen Fehlbildungen empfiehlt sich, die MRT bis zu den Nieren zu fahren.
  • MRT und Laparoskopie beim Chronic Pelvic Pain Syndrome sind je nach Fragestellung und Anamnese differenziert zu indizieren und komplementär zu betrachten.
  • Die dynamische MR-Defäkographie ermöglicht die Differenzierung zwischen anteriorer Rektozele und Intussuszeption. Diese Unterscheidung ist wichtig für die Wahl des chirurgischen Verfahrens.
  • Spezielle MR-Protokolle dienen der Wissenschaft zur Erforschung der Krankheitsmechanismen von Prolaps und dessen Haltestrukturen sowie der Inkontinenz.

Messages à retenir

  • Les indications cliniques pour une résonance magnétique (IRM) du petit bassin sont les troubles après opération ou pose de mesh, des diverticules urétraux complexes, la suspicion de fistule vésico- ou rectovaginale et les malformations urogénitales. Dans ces derniers cas, il convient de monter avec l’imagerie jusqu’aux reins.
  • En cas de douleurs pelviennes chroniques (Chronic Pelvic Pain Syndrome), l’IRM et la laparoscopie ont leurs indications différenciées selon l’anamnèse et les questions précises à résoudre. Ce sont des examens complémentaires.
  • La défécographie dynamique par IRM permet de différencier la rectocèle antérieure de l’intussusception. Cette distinction est importante pour le choix de la procédure opératoire.
  • Des protocoles IRM scientifiques étudient les mécanismes du prolapsus, les structures de soutien du plancher pelvien et la génèse de l’incontinence.

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