Wie und mit welchem Gerät misst der Hausarzt den Blutdruck?

Der frühzeitigen Diagnosestellung durch den Hausarzt / die Hausärztin kommt, aus prognostischer Sicht, eine enorme Bedeutung zu. Doch so trivial die Blutdruckmessung heutzutage im klinischen Alltag sein mag, gilt es, einige zentrale Punkte zu beachten und einzuhalten, um Patienten mit einer arteriellen Hypertonie zu erkennen und die Diagnose korrekt zu stellen.

Im Wissen um die pathophysiologische Bedeutung der arteriellen Hypertonie (und natürlich auch der Hypotonie) werden Blutdruckmessungen im klinischen Alltag seit über 100 Jahren durchgeführt und wissenschaftlich untersucht (1-4). Und auch wenn immer wieder über adäquate Ziel- und Grenzwerte diskutiert wird, sind die Folgen eines zu hohen Blutdrucks unbestritten: Als eine der häufigsten internistischen Erkrankungen überhaupt ist die arterielle Hypertonie einer der wichtigsten und gefährlichsten kardiovaskulären Risikofaktoren (5-7). Aber Bluthochdruck führt auch zu weiteren kardialen Erkrankungen und stellt so beispielsweise die häufigste Ursache für Vorhofflimmern dar (8). Gefürchtet sind aber auch verursachte Endorganschäden, wie sie bei über Jahre unerkannter Erkrankung leider häufig auftreten (9). Die möglichst frühzeitige Erkennung und entsprechende Behandlung der Hypertonie ist deshalb entscheidend: So führt beispielsweise eine Blutdrucksenkung um nur 1 mmHg zu einer Abnahme des Hirnschlagrisikos um 3% pro Jahr (10).

Definition der arteriellen Hypertonie

Entscheidend für eine frühzeitige und adäquate Therapie der arteriellen Hypertonie ist die korrekte Diagnosestellung. Diese erfordert wiederum vor allem ein korrektes Messvorgehen. Fehlerquellen bei der Blutdruckmessung sind entweder «patientenbedingt» (Bewegung, Nervosität, zeitnahe Nahrungsaufnahme), «geräte-bedingt» (Verwendung von nicht-kalibrierten/validierten Geräten) oder «prozedere-bedingt» (Cuff-Position/-Grösse, Messmethode) (2-4). In den letzten Jahren wurden aber auch die Normalwerte immer wieder angepasst und vor allem im Rahmen der Publikation der aktuellen Amerikanischen Richtlinien heftig diskutiert (3, 11). In der Schweiz, wie im restlichen Europa richten sich die Diagnosekriterien nach den aktuellen Europäischen Richtlinien der ESC, welche grundsätzlich nicht vom traditionellen Grenzwert von 140/90 mmHg abweichen (2, 12).
Der systolische Blutdruck ist hinsichtlich kardiovaskulärer Ereignisse ein vom diastolischen Blutdruck unabhängiger Risikofaktor, wobei in einzelnen Publikationen auch dem diastolischen Blutdruck prognostische Relevanz zukommt (5, 13). Weitere Blutdruckmessparameter, wie etwa der Pulsdruck (Differenz zwischen systolischem und diastolischem Blutdruck als Surrogatmarker für den pulsatilen Stress und die arterielle Steifigkeit) und der mittlere Blutdruck ergänzen die Evaluation, wobei diese in der hausärztlichen Praxis eher weniger verwendet werden (14, 15).
Diese Definitionen zeigen die diagnostischen Herausforderungen auf, denen wir uns im klinischen Alltag zu stellen haben. Und dahinter verbergen sich insbesondere auch zwei Subgruppen der arteriellen Hypertonie, welche relevante prognostische Folgen haben können: Es sind dies die «Weisskittelhypertonie» und die «Maskierte Hypertonie», auf die im Folgenden kurz eingegangen werden soll.

«Weisskittel-Hypertonie»

Die «Weisskittel-Hypertonie» ist ein sehr häufiges Phänomen. Ihre Prävalenz wird mit etwa 20-30% angegeben (16-18). Besonders häufig tritt sie bei älteren Patienten auf (16-18). Definiert wird sie dadurch, dass im ärztlichen Setting gemessene Blutdruckwerte zwar erhöht imponieren, diese im häuslichen bzw. privaten Umfeld aber normal sind (16-18). Die prognostischen Folgen der «Weisskittel-Hypertonie» sind umstritten (wie beispielsweise auch die der Belastungshypertonie), doch spricht die Datenlage für ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko (16-21), zudem werden viele Patienten quasi «unnötig» behandelt. Eine, durchaus berechtigterweise, gefürchtete Folge davon sind klinisch relevante, medikamentös bedingte Hypotonien.

«Maskierte Hypertonie»

Im Gegensatz zur Weisskittel-Hypertonie zeigen sich bei der potentiell gefährlicheren «Maskierten Hypertonie» in den Messungen von Fachkräften, in der Regel, normotone Blutdruckwerte, während sie in der übrigen Zeit, ausserhalb der Praxis, in einem zu hohen Bereich liegen. Gefährlich ist diese Art von arterieller Hypertonie dadurch, dass die Diagnose und somit Therapie meist relevant verzögert wird. Mit einer Prävalenz von 15-30% ist auch die «Maskierte Hypertonie» relativ häufig (22-25).
Sowohl die «Weisskittelhypertonie», wie auch die «Maskierte Hypertonie» werden durch regelmässige Blutdruckmessungen ausserhalb der Hausarztpraxis, im «häuslichen» Umfeld, diagnostiziert («ambulatory blood-pressure measurement» ABPM). Hierbei bieten sich primär zwei Strategien an: Es sind dies die «Automatisierte Blutdruckmessung», welche in regelmässigem Abständen über eine Dauer von 24 Stunden erfolgt oder die «Selbstmessung» mit automatischen oder halbautomatischen Geräten, welche von den Patienten selbstständig durchgeführt wird (4). Die 24-Stunden-ABPM zeigt interessanterweise eine bessere Korrelation zu Endorganschäden, als die Praxismessung (26). Ausserdem gibt dieses Vorgehen klinisch und prognostisch enorm wichtige Auskünfte über das zirkadiane Blutdruckverhalten. Der nächtliche Blutdruckabfall («Dipping») oder eben das «Non-Dipping» sind wichtige prognostische Parameter (27-29). Ein adäquates nächtliches Dipping liegt vor, wenn der Blutdruck um mindestens 10% im Vergleich zum Tagesdurchschnitt absinkt. Beim «Reverse-Dipping» liegen die nächtlichen Blutdruckwerte sogar über dem Tagesdurchschnitt. Non-Dipper und Reverse-Dipper haben ein erheblich erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse und Organschäden (27-29).

Adäquate Messmethoden für die Hausarztpraxis

Wie soll nun aber die Hausärztin/der Hausarzt vorgehen, um eine arterielle Hypertonie akkurat zu diagnostizieren und dabei auch spezifischen und individuellen klinischen Situationen gerecht zu werden?
Auch komplexe Problemstellungen beginnen im Detail, bei den Grundlagen. Und so sind einige generelle Punkte zu beachten, die sowohl seitens Patienten, als auch des Praxisteams berücksichtigt werden sollten. Tabelle 1 gibt diesbezüglich einen Überblick.
Stellt sich der Patient zur Blutdruckmessung in der Praxis vor, sollten mindestens zwei zeitlich versetzte Messungen in einem ruhigen Umfeld (nach mindestens 5 Minuten Ruhephase) gemessen werden (2-4). Eine sehr elegante und empfehlenswerte Option, um etwa einen «Weisskittel-Effekt» zu umgehen, sind automatisierte Blutdruckmessungen in der Praxis. Arzt und Pflegekraft verlassen den Raum vorübergehend und das entsprechend programmierte Blutdruckmessgerät misst 2 bis 3 Werte über 5 bis 10 Minuten (30).
Zumindest bei einer Erstvorstellung sollte der Blutdruck an beiden Armen gemessen werden und bei Auftreten eines Blutdruckunterschieds der Arm gewählt werden, an dem die höheren Werte vorliegen (2). Blutdruckdifferenzen von 10-15 mmHg sind keine Seltenheit. Grössere Seitenunterschiede können bedingt sein durch eine Coarctatio oder andere Gefässstenosen und sollten gegebenenfalls weiter abgeklärt werden.
Die Blutdruckmessung in sitzender Position wird derjenigen beim liegenden Patienten, aufgrund der möglichen Messfehler im Liegen und der besseren Datenlage, bevorzugt (31). Zusätzliche Messungen im Stehen sind vor allem zur Abklärung der orthostatischen Dysregulation angezeigt. Bei älteren Patienten sollten sie routinemässig durchgeführt werden. Dabei ist auf eine genügende Zeitdauer der Messungen (z.B. in 1-Minuten-Intervallen) zu achten (mindestens 5 – 10 Minuten) (32).
Der Einfluss der Körperposition und Körperhaltung auf die Blutdruckmessung ist bemerkenswert. Die diesbezüglich wichtigsten Punkte sind in Tabelle 2 zusammengestellt.

Oszillometrische versus auskultatorische Methode (Sphygmomanometer)

Bis vor 10-20 Jahren galt für Fachkräfte die auskultatorische Methode als klassische Methode, bei Ihren Patienten den Blutdruck zu messen. Dabei wird ein aufblasbarer «Cuff» am Oberarm, über der zuvor palpierten A. brachialis, möglichst hautanliegend so platziert, dass das untere Ende des Cuffs ca. 2-3 cm über der fossa cubitalis zu liegen kommt. Der Cuff wird sodann bei auf der cubitalen A. brachialis liegendem Stethoskop rund 30 mmHg über den geschätzten systolischen Blutdruck aufgepumpt und langsam, mit einer Geschwindigkeit von etwa 2 mmHg pro Sekunde oder pro Herzschlag abgelassen. Die Korotkoff Töne werden bis zum vollständigen Verschwinden («Phase 5») verfolgt, was letztendlich dem diastolischen Blutdruckwert entspricht (2-4).
Es wurden und werden verschiedene Arten von Sphygmomanometern verwendet, wobei die klassischen quecksilberhaltigen Geräte aufgrund der potenziellen Toxizität der Substanz meist durch so genannte Aneroid- oder Hybrid-Sphygmomanometer ersetzt wurden (34).
Im Gegensatz dazu beruht die oszillometrische Methode technisch darauf, Oszillationsamplituden auf der lateralen Seite des Oberarms zu detektieren und mit einem Algorithmus, welcher je nach Anbieter variiert, primär auf den mittleren (maximale Amplitude) und dann auf den systolischen und diastolischen Blutdruck zu extrapolieren (35). Die meisten Geräte messen den Blutdruck in der Ablassphase des Cuffs, wobei auch Devices zur Verfügung stehen, die während der Aufblasphase messen (4, 34). Entscheidend ist letztendlich die korrekte Validierung der oszillometrischen Geräte. Ist diese jedoch adäquat erfolgt, sprechen die aktuellen Daten dafür, dass die oszillometrische Messart der auskultatorischen überlegen zu sein scheint (34, 35). Dies wird vor allem dadurch erklärt, das die «computerisierte» Technik weniger subjektiven Fehlerquellen im Sinne einer «Untersucher-Bias» unterworfen ist. Ausnahmen bestätigen aber, wie üblich, die Regel. Und so wird, vor allem aufgrund noch fehlender Validationsdaten, bei älteren Menschen, Kindern und Schwangeren weiterhin die auskultatorische Methode vorgezogen (2-4).
Ein weiterer Vorteil der oszillometrischen Messmethode ist die Möglichkeit, Messintervalle auf dem Messgerät zu programmieren. Dieses Vorgehen kommt, wie oben erwähnt, auch zunehmend in der Arztpraxis zur Geltung (automatisierte «Office» Blutdruckmessung – AOBP).

Messung am Oberarm versus Handgelenk

Bei automatisierten, oszillometrischen Systemen stellt sich die Frage, ob ein Oberarm- oder Handgelenks-Cuff verwendet werden soll. Obwohl Handgelenks-Cuffs, aufgrund ihrer problemlosen Verwendbarkeit bei sehr adipösen Patienten mit grossem Ober-armumfang sehr populär sind, birgt die Methode einige Nachteile: Der Blutdruck wird nur dann adäquat gemessen, wenn der Sensor des Cuffs genau über der A. radialis positioniert wird (2-4, 36). Um falsch hohe bzw. falsch tiefe Messwerte zu vermeiden, muss das Handgelenk bzw. der Cuff während der Messung genau auf Herzhöhe gelagert werden (2-4). Dies ist oft schwierig zu bewerkstelligen, wenn gleichzeitig eine entspannte Arm- und Körperhaltung beibehalten werden muss.
Messungen mit einem Oberarm-Cuff entsprechen heute der Methode der ersten Wahl. Doch auch bei dieser Methode müssen gewisse Grundsätze eingehalten werden (Tab. 2). Dennoch stellen (akkurat ausgeführte) Messungen am Handgelenk eine adäquate Alternative zur Oberarmmessung dar, falls dies der klinische Kontext verlangt (2-4, 37).
Messungen mit Finger-Cuff und Smartphone basierten Technologien sind wissenschaftlich nur oder noch ungenügend belegt, um im routinemässigen klinischen Alltag eingesetzt zu werden (38, 39).

Wahl der Cuff-Grösse

Bei Messungen am Oberarm kommt der Wahl der Cuff-Grösse eine sehr entscheidende Rolle zu: Eine zu kleine Manschette führt zu falsch hohen, eine zu grosse Manschette zu falsch tiefen Blutdruckwerten (36). Als Anhaltspunkt für die Grössenwahl dient der Oberarmumfang (Messung in der Mitte zwischen Akromion und Olecranon). Die Länge des Cuffs sollte 75-100% des Armumfangs entsprechen, die Breite 35-50% davon (Längen-/Breitenverhältnis etwa 2:1) (2-4, 36).

PD Dr. med. David Niederseer

Prof. Dr. med. Christian Schmied

Universitäres Herzzentrum Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zürich

christian.schmied@usz.ch

Die Autoren haben in Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.

  • Entscheidend für eine frühzeitige und adäquate Therapie der arteriellen Hypertonie ist die korrekte Diagnosestellung, welche wiederum vor allem ein korrektes Messvorgehen erfordert.
  • Fehlerquellen bei der Blutdruckmessung sind entweder «patientenbedingt» (Bewegung, Nervosität, zeitnahe Nahrungsaufnahme), «geräte-bedingt» (Verwendung von nicht-kalibrierten/validierten Geräten) oder «prozedere-bedingt» (Cuff-Position/-Grösse, Messmethode).
  • Nicht nur um die prognostisch wichtigen Diagnosen «Weisskittel-Hypertonie» und «Maskierte Hypertonie» zu detektieren, werden neben den Praxismessungen regelmässige Messungen im häuslichen Umfeld empfohlen.
  • Die mehrfach wiederholte oszillometrische Messung am Oberarm, mit korrekter Cuff-Grösse und nach adäquater Patienteninstruktion, wird gegenüber der sphygmomanometrischen Messung bevorzugt.

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Die Kristallarthropathien

Die Prävalenz der Hyperurikämie und der Gicht steigt in allen industrialisierten Ländern in den letzten Jahren stetig an. Eine Hyperurikämie führt nicht nur zur Urat-Ablagerung in Gelenken, gelenknahen Strukturen (z.B. Sehnenscheiden, Bursen) und seltener auch inneren Organen, sondern geht auch mit einer Erhöhung des kardiovaskulären Risikos, wahrscheinlich einer Verschlechterung der Nierenfunktion und möglicherweise auch einer Blutdruckerhöhung einher. In diesem Artikel werden die aktuellen Abklärungs- und Behandlungsmassnahmen zusammengestellt und auch die Differentialdiagnose der Pseudogicht erläutert.

Im Lauf der Evolution – beim Übergang vom Leben im Wasser zum Leben an Land – muss eine höhere Harnsäure Vorteile mit sich gebracht haben. Dementsprechend fehlt einigen höhergradigen Reptilien und allen Primaten das Enzym Uricase, das bei allen anderen Lebewesen die Harnsäure zu Allantoin abbaut. Gleichzeitig werden in unseren Nieren 90% der filtrierten Harnsäure rückresorbiert.
Veränderte Ernährungsgewohnheiten, steigende Lebenserwartung (abnehmende Nierenfunktion) und weitere Faktoren führen aber heute dazu, dass wir primär mit negativen Folgen einer Hyperurikämie konfrontiert sind. Als Hyperurikämie wird in den meisten Labors ein Harnsäurewert über 420 µmol/l definiert. Das Löslichkeitsprodukt liegt aber bei 360 µmol/l, d.h. bei höheren Werten beginnt die Harnsäure auszufallen. Deshalb wird bei der harnsäuresenkenden Behandlung ein Wert unter 360 µmol/l angepeilt.

Klinik und Diagnose

Die akute Gichtarthritis ist meist eine perakut auftretende Monarthritis (mit starken Schmerzen, Rötung und Schwellung), die bevorzugt an der unteren Extremität auftritt. Je typischer die Klinik, desto wahrscheinlicher ist die Diagnose. Allerdings müssen differentialdiagnostisch stets ein Infekt oder eine Pseudogicht (Chondrokalzinose) in Erwägung gezogen werden. Goldstandard für die sichere Diagnose bleibt weiterhin der mikroskopische Nachweis von Uratkristallen im Gelenkpunktat (Abb. 1.) (oder Gewebe) oder von Uratablagerungen im hochauflösenden Ultraschall (Abb. 2.) oder allenfalls Dual-Energy-CT (beide bildgebenden Methoden sind sehr spezifisch, erfordern aber eine gewisse Menge an Uratablagerung für den Nachweis, und können somit gerade im Frühstadium auch falsch negativ sein).
Die Bestimmung der Serumharnsäure ist im Anfall diagnostisch weniger hilfreich (sie kann sogar tiefer sein als ausserhalb eines Anfalles), hingegen ist sie wichtig für die Steuerung der harnsäuresenkenden Basistherapie. Erhöhte Entzündungszeichen (CRP, BSR) und eine Leukozytose passen gut zu einer akuten Gichtentzündung, sind aber natürlich nicht spezifisch dafür.

Behandlung

Behandlung der akuten Gicht

Nebst lokaler Kühlung möglichst rasch potente entzündungshemmende Medikamente, d.h. nicht-steroidale Antirheumatika (falls keine Kontraindikation besteht) oder Steroide systemisch oder (besser) intraartikulär (falls kein Infektverdacht besteht) oder Colchicin (in der CH allerdings nicht offiziell zugelassen). In besonderen Fällen kann ausnahmsweise in Zusammenarbeit mit einem Rheumatologen off-label ein Interleukin-1-Hemmer subkutan eingesetzt werden.

Basisbehandlung der Hyperurikämie

Nicht-medikamentöse Massnahmen (Lifestyle) sollen bei jedem Patienten empfohlen werden. Bezüglich Ernährung ist bei Übergewicht eine Reduktionsdiät sehr hilfreich (die Harnsäure und das Gichtrisiko steigen mit dem BMI linear an). Weiter bei allen Patienten Einschränkung des Konsums von tierischem Eiweiss zu Gunsten von mehr Milchproteinen und möglichst Verzicht auf fruktosehaltige Süssgetränke, Fruchtsäfte und Bier. Zum allgemeinen Management eines Patienten mit Hyperurikämie gehört auch das Beachten der meist assoziierten kardiovaskulären Risikofaktoren.
Eine medikamentöse (d.h. harnsäuresenkende) Basisbehandlung soll je nach Situation schon nach dem ersten Gichtanfall erwogen werden, ist aber sicher indiziert bei mehreren Anfällen pro Jahr, bei gleichzeitiger Niereninsuffizienz oder wenn bereits Tophi bestehen oder Urat-Nierensteine. Die Behandlung wird nach Abklingen des akuten Schubes eingeleitet und soll zu einer zuverlässigen Senkung der Harnsäure < 360 µmol/l (beim Vorliegen von Tophi, bereits Gelenkdestruktionen oder häufigen Attacken < 300 µmol/l) führen. Dementsprechend wird die Dosierung schrittweise gesteigert und die Harnsäure regelmässig überprüft bis zum Erreichen des Zielwertes («treat to target»). Zu beachten (und dem Patienten zu erklären!) sind die Tatsachen, dass es einerseits beim Beginn der Harnsäuresenkung nochmals zu akuten Gichtanfällen kommen kann (deshalb entweder begleitende Anfallsprophylaxe mit niedrig dosiert NSAR, Steroiden, z.B. 5 mg Spiricort, oder 0,5 mg Colchicin für die ersten Wochen oder zumindest Reservemedikamente für die Anfallsbehandlung verschreiben!) und dass andererseits auch bei korrekter Basisbehandlung eine vollständige Anfallsfreiheit erst nach vielen Monaten erwartet werden kann. Das Risiko von Nebenwirkungen ist geringer, wenn die Harnsäuresenker einschleichend dosiert und schrittweise erhöht werden («start low and go slow»). Medikamente der ersten Wahl bleiben die Xanthinoxidase-Hemmer Allopurinol oder Febuxostat. Letzteres ist in der CH nur kassenzulässig, wenn unter Allopurinol Nebenwirkungen auftreten, eine Kontraindikation dafür besteht oder die Wirkung ungenügend ist. Bei normaler Nierenfunktion wird eine Startdosis von 100 mg Allopurinol empfohlen mit schrittweiser Dosissteigerung um 100 mg z.B. alle 4 Wochen bis Erreichen des Harnsäure-Zielwertes. Falls erforderlich kann Allopurinol ohne Probleme bis auf 600 mg/Tag dosiert werden. Bei eingeschränkter Nierenfunktion muss die Startdosis der Kreatinin-Clearance angepasst werden. Oft erfolgt bei diesen Patienten aus Angst vor Nebenwirkungen keine oder nur eine ungenügende Harnsäuresenkung; aber sowohl die klinische Erfahrung wie auch zunehmend die wissenschaftlichen Daten zeigen, dass durch eine adäquate Harnsäuresenkung nicht selten die Nierenfunktion besser wird bzw. sich die Progression der Niereninsuffizienz verlangsamt.
Führt Allopurinol zu Nebenwirkungen oder ist die Wirkung ungenügend, kann Febuxostat eingesetzt werden, ebenfalls einschleichend dosiert mit vorerst 40 mg/d, dann Steigerung auf 80 mg/d. Im Gegensatz zu Allopurinol ist bei Niereninsuffizienz keine Dosisanpassung notwendig. Hingegen soll Febuxostat bei Patienten mit ischämischer Herzkrankheit vorsichtig eingesetzt werden.
Eine dritte Möglichkeit ist die Gabe von Urikosurika (nur bei normaler Nierenfunktion!), entweder Probenecid (cave Interaktionen) oder Lesinurad (nur in Kombination mit Allopurinol).
Wie bei allen medikamentösen Langzeitbehandlungen sind für eine möglichst optimale Compliance und Therapieadhärenz eine gute Information des Patienten ebenso entscheidend wie regelmässige Kontrollen. Idealerweise kennt der Gichtpatient seinen Harnsäurewert (und den Zielwert) ebenso wie jeder Diabetiker sein HbA1C.

Calciumpyrophosphat-Ablagerungs-Erkrankung («Chondrokalzinose», «Pseudogicht»)

Mit zunehmendem Alter steigt die Prävalenz von Ablagerungen von Calcium-Pyrophosphat-Kristallen im hyalinen und faserigen Knorpel (sogenannte Chondrokalzinose). Die genauen Ursachen und Mechanismen dieser sog. primären Chondrokalzinose sind weiterhin unbekannt. Epidemiologisch sind Frauen etwas häufiger betroffen; beschrieben sind auch familiäre Häufungen. Bereits bei jüngeren Patienten (d.h. vor 50-jährig) kann eine Ablagerung von Calciumpyrophosphat-Kristallen auftreten bei bestimmten Stoffwechselerkrankungen (z.B. Hämochromatose, Hypomagnesiämie, Hyperparathyreoidismus – sog. sekundäre Chondrokalzinose).

Klinik und Diagnose

Diese Kristallablagerungserkrankung gilt auch als «Chamäleon» der Rheumatologie, da sie sich ganz verschiedenartig äussern kann:

  • asymptomatischer Röntgenbefund («Chondrokalzinose»)
  • akute Arthritis («Pseudogicht») (Abb. 3.)
  • progrediente Arthrose an Gelenken, die nicht primär von Arthrose befallen werden (typisch: Handwurzel, MCP, Schulter, Knie, Hüfte); Meniskusläsionen
  • rasch progrediente destruktive Arthropathie (v.a. Hüftgelenk, Schultergelenk)
  • chronisch verlaufende Oligo-Polyarthritis («Pseudo-rheumatoide Arthritis»)
  • Polymyalgie-artig
  • Crowned-dens-Syndrom («Pseudomeningitis» zufolge Kalkeinlagerungen in den atlantoaxialen Bändern)

Nebst dem jeweiligen klinischen Bild gehört zur Diagnose auch hier der mikroskopische Nachweis von Calciumpyrophosphatkristallen in der Gelenkflüssigkeit oder der pathognomonischen Knorpel-Verkalkungen im konventionellen Röntgen (Abb. 4.), hochauflösenden Ultraschall (oder Computertomogramm beim Crowned-dens).
Beim Auftreten einer Chondrokalzinose vor 50-jährig soll eine sekundäre Form erwogen und nach den entsprechenden Grunderkrankungen gesucht werden.

Behandlung

Für die Behandlung der akuten Arthritis («Pseudogicht») gelten dieselben Prinzipien wie bei der Gichtarthritis. Eine eigentliche Basistherapie (oder Kausalbehandlung) steht hingegen nicht zur Verfügung. Bei häufigen Attacken kann Colchicin versucht werden oder allenfalls eine Magnesium-Supplementation. Bei mehr chronisch verlaufender Oligo- bis Polyarthritis soll eine Basisbehandlung mit Methotrexat versucht werden.

Dr. med. Andreas Krebs

Rheuma- und Osteoporose-Zentrum Kloten
Kalchengasse 7
8302 Kloten

andreaskrebs@hin.ch

Der Autor hat in Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.

  • Goldstandard der Diagnose bleibt der mikroskopische Kristallnachweis. Moderne Bildgebung kann helfen, da sehr spezifisch, allerdings nur beschränkt sensitiv
  • Harnsäure-senkende Basistherapie mit Allopurinol bzw. (bei Nebenwirkungen oder Kontraindikation) mit Febuxostat. Einschleichend beginnen und konsequente, schrittweise Dosissteigerung bis Harnsäure-Zielwert von 360µmol/l bzw. 300µmol/l erreicht ist (treat-to-target)
  • Nicht-medikamentöse Massnahmen und Co-Morbiditäten nicht vergessen
  • Häufige Ursache einer akuten Monarthritis beim alten Patienten ist die Chondrokalzinose. Ein konventionelles Röntgenbild hilft oft diagnostisch weiter.

Beim Autor

Wann muss der Nephrologe beigezogen werden?

Dieser Artikel bietet einen Überblick über das Erkennen von renalen Risikopatienten, die einer fachärztlich nephrologischen Mitbetreuung bedürfen, und zeigt deren Ziele und Vorteile auf.

Die chronische Niereninsuffizienz (CKD) ist eine chronisch-progressive Krankheit, die mit steigendem Alter und Zunahme der sogenannten Zivilisationskrankheiten wie Diabetes mellitus, Adipositas und arterieller Hypertonie stetig an Häufigkeit zunimmt (1 - 5, 12).
2016 lag die CKD-Prävalenz in der Schweiz bei 10.4 %, bei Personen über 60 Jahre sogar bei 25.4 % (1). Damit ist insgesamt ca. 1 von 10 erwachsenen Personen in der Schweiz von der chronischen Niereninsuffizienz betroffen.

CKD (chronische Niereninsuffizienz) und AKI (akute Nierenschädigung)

2012 wurden durch KDIGO (kidney disease: improving global outcome) und 2014 durch NICE (national institute of health and care excellence) internationale Guidelines zur Beurteilung und Behandlung der CKD und AKI resp. die Definition der CKD und auch des AKI entworfen (7, 8, 14).
Eine chronische Niereninsuffizienz besteht, wenn eine eingeschränkte Nierenfunktion (eGFR < 60 ml/min/1.73 m2) oder -struktur (z.B. Albuminurie > 30 mg/d) länger als 3 Monate besteht (7, 8). Die chronische Niereninsuffizienz wird gemäss glomerulärer Filtrationsrate in 5 resp. 6 Stadien eingeteilt und nach Schweregrad der Albuminurie in 3 Stadien (Tab. 1) (7, 8). Gemessen wird die Albuminurie als uACR = Albumin-Kreatinin/Ratio im Spoturin. Die uACR im Spoturin (in mg/mmol) multipliziert mit 10 ergibt in etwa die Albuminausscheidung pro Tag, da ein gesunder Mensch durchschnittlich 10 mmol Kreatinin pro Tag ausscheidet.
Um die chronische Niereninsuffizienz zu klassifizieren, sollte man die Ätiologie angeben (sofern diese bekannt ist), z.B. chronische Niereninsuffizienz KDIGO G3a A2 bei diabetischer Nephropathie oder membranöse Nephropathie G1 A3 (7, 8, 10). Ein fixiertes GFR-Level (< 60 ml/min/1.73 m2) zur Definition einer CKD führt v.a. bei älteren Menschen (> 65 Jahre) zu einer Überdiagnose der CKD, sodass bei diesen Patienten die Schwelle der CKD bei einer GFR < 45 ml/min/1.73 m2 angesetzt werden sollte (15).
Eine akute Nierenschädigung wird definiert als Anstieg des Serumkreatinins > 26.5 µmol/l innerhalb 48 h oder Anstieg des Basis-Kreatinins um > 1.5 innerhalb der letzten 7 Tage oder Abnahme der Urin-Ausscheidung < 0.5 ml/kg Körpergewicht pro Stunde für 6 h (14). Die akute Nierenschädigung wird in 3 Stadien eingeteilt je nach Anstieg des Kreatinins resp. Abnahme der Urinausscheidung (Tab. 2) (14).

Überweisungskriterien zur fachärztlichen Beurteilung:

Die (Früh)Erkennung und Prävention von Nierenkrankheiten liegt im Wesentlichen im Fokus der hausärztlichen Versorgung. Es ist wichtig, Patienten mit Risikofaktoren (z.B. Diabetes mellitus, hereditäre Nierenkrankheiten usw.) zu erkennen und diese bezüglich Nierenkrankheiten abzuklären (2, 7 - 12), da ein routinemässiges Abklären der Allgemeinbevölkerung nicht empfohlen wird.
Je schwerer die Nierenfunktionseinschränkung resp. Albuminurie desto häufiger sollten die Retentionswerte kontrolliert werden (Tab. 3) (7 - 13).
Wenn eine Nierenkrankheit vorliegt, stellt sich häufig die Frage: soll dieser Patient dem Nephrologen zugewiesen werden? Hierzu gibt es von allen renalen Fachgesellschaften als auch von KDIGO/NICE Empfehlung (7, 8) (Tab. 3 und Abb. 1).

Die Überweisungskriterien (Abb. 1) sind:
1) eGFR< 30 ml/min/1.73 m2
2) uACR > 300 mg/d in 2 verschiedenen Bestimmungen
3) eGFR-Verlust > 25 % resp. > 5-10 ml/min/1.73m2 pro Jahr
4) akute Nierenschädigung
5) glomeruläre Mikrohämaturie in 2 verschiedenen Bestimmungen
6) genetische Nierenkrankheiten (z.B. Alport-Syndrom oder ADPKD)
7) strukturelle Nierenveränderungen (z.B. Hufeisenniere oder Zystennieren)
8) rezidivierende Nephrolithiasis (zur Steinmetaphylaxie)
9) therapierefraktäre Hypertonie (> 4 Antihypertensivas)
10) schwere Elektrolytstörungen (z.B. metabolische Azidose oder Hyperkaliämie).

Ziele der fachärztlichen Beurteilung:

Nicht jeder „nierenkranke“ Patient muss von einem Nephrologen (mit)betreut werden, der Grundversorger kann viele der laborchemischen und klinischen Kontrollen in der hausärztlichen Praxis durchführen (2).
Die Vorteile/Ziele einer zeitgerechten Zuweisung zum Nephrologen sind vielfältig, einerseits als Hilfe in der Diagnosestellung resp. Findung der Ätiologie und andererseits in dem Erkennen und Behandeln der sekundären renalen Folgekrankheiten.
Die Mehrzahl der CKD ist durch Diabetes mellitus und arterielle Hypertonie bedingt (10) und bedürfen meistens keiner weiteren Abklärung (z.B. Nierenbiopsie) jedoch sind bei einigen Nierenkrankheiten wie z.B. schwere Proteinurie oder glomerulärer Mikrohämaturie eine Nierenbiopsie zur Klärung der Ätiologie nötig, um eine zielgerichtete/spezifische Therapie einzuleiten.
Die renalen Folgekrankheiten sollten rechtzeitig erkannt und behandelt werden. Die renale Anämie sollte ab einem Hämoglobin < 100 g/l behandelt werden. Primär sollte der Eisenstatus optimiert werden (Ferritin ≥ 300-500 µg/l, Transferrinsättigung ≥ 30 %), persistiert weiterhin ein Hb < 100 g/l sollte mit einem Erythropoietinpräparat begonnen werden. Ebenso sollte die metabolische Azidose ab einem Bicarbonat < 20 mmol/l mit oralem Bicarbonat therapiert werden, da die Azidosekorrektur die CKD-Progression verlangsamt. Die Elektrolytstörungen (Hyperkaliämie u/o -phosphatämie) sollten primär mittels Ernährungsumstellung resp. Diät optimiert werden, sollte dies nicht gelingen (Kalium permanent > 5.5 mmol/l resp. Phosphat > 1.5 mmol/l) sollte mit einem Kaliumbinder resp. Phosphatbinder begonnen werden.
Die Ernährungsberatung stellt in der Behandlung von Nierenkrankheiten einen wichtigen Pfeiler dar. Besonders in den höheren CKD-Stadien droht die Malnutrition, sodass häufig eine erhöhte Kalorien- und Proteinzufuhr (z.B. mittels Proteindrinks) gewährleistet werden muss.
Der sekundäre Hyperparathyreoidismus ist auch eine wichtige renale Folgekrankheit – aufgrund der geringeren renalen Bildung des Cholecalciferols muss dieses ersetzt werden. Primär mit 25-OH Vitamin D, bei unzureichender Korrektur des Parathormons und des Calciums kommen dann aktive Vitamin D-Supplemente (Cholecalciferol) sowie Calcimimetika zum Einsatz.
Ebenfalls kontrolliert der Nephrologe die bereits verschriebenen Medikamente und passt diese wenn nötig der Nierenfunktion an, potentiell nephrotoxische Medikamente (NSAR) werden abgesetzt und nephroprotektive Medikamente (wie z.B. ACE-Hemmer oder Sartan) sollten begonnen werden (2, 7, 8, 10, 12).
Ein weiterer Vorteil der fachärztlichen Zuweisung ist das frühzeitige Planen und Vorbereiten eines Nierenersatzverfahrens (Peritonealdialyse, Hämodialyse und Transplantation) mit zeitgerechter Anlage einer arterio-venösen Dialysefistel, sodass nicht notfallmässig ein Hämodialysekatheter mit erhöhter Infektgefahr eingelegt werden muss (5 – 7, 11, 12).
Erwiesenermassen sind Patienten, die vom Facharzt betreut werden, weniger lange im Spital, es können auch Hospitalisationen verhindert werden und die Kosten sind ebenfalls tiefer (1, 6, 7, 9, 13).
Ziel aller obengenannten Massnahmen sollte sein, die Progression der Krankheit zu verhindern resp. zu verzögern (2, 7,  13).

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

Dr. med. Priska Schneider

Nephrologie
Spital Zollikerberg
Trichtenhauserstrasse 20
8125 Zollikerberg

priska.schneider@spitalzollikerberg.ch

Dr. med. Jörg Bleisch

Nephrologie
Spital Zollikerberg
Trichtenhauserstrasse 20
8125 Zollikerberg

Die Autoren haben im Zusammenhang mit diesem Beitrag keine Interessenskonflikte zu deklarieren.

  • KDIGO und NICE haben Guidelines für die Definition CKD sowie AKI gestaltet und auch Guidelines für die Behandlung von renalen Folgekrankheiten entwickelt (https://kdigo.org/guidelines/).
  • Eine CKD liegt vor, wenn eine eingeschränkte Nierenfunktion und/oder -struktur länger als 3 Monate andauert (eGFR < 60  ml/ min/1.73 m2 u/o uACR > 30 mg/d) (Tab. 1). Je nach Schweregrad der Niereninsuffizienz u/o der Albuminurie sollte die Häufigkeit der Konsultationen angepasst
    werden, s. Tabelle 3 (7, 8).
  • Eine akute Nierenschädigung wird definiert als Anstieg des Serumkreatinins > 26.5 µmol/l innerhalb 48 h u/o Abnahme der Urinproduktion < 0.5 ml/kg Körpergewicht/h für mind. 6 h (Tab. 2) (14).
  • Besonders bei älteren Patienten (> 65 Jahre) sollte die Schwelle zur CKD nicht bei einer eGFR < 60 ml/min/1.73 m2 angesetzt werden, sondern vielmehr bei einer eGFR < 45 ml/min/1.73 m2 (15).
  • Nicht jeder «nierenkranke» Patient muss dem Nephrologen zugewiesen werden. Der Grundversorger sollte Risikopatienten erkennen (z.B. schwere Albuminurie oder hereditäre Nierenkrankheiten) und diese dem Facharzt zuweisen (Abb. 1).
  • Ziele der fachärztlichen (Mit)Betreuung sind: Erkennen und Behandeln der renalen Folgekrankheiten (z.B. renale Anämie, metabolische Azidose usw.) sowie wenn nötig weiterführende Diagnostik zur Klärung der Ätiologie einzuleiten (Nierenbiopsie), Anpassung der Medikation an die Nierenfunktion, Vermeiden von Nephrotoxinen, das Planen und Durchführen von Nierenersatzverfahren und v.a. die Krankheitsprogression zu verhindern resp. zu verlangsamen.

1. Valentina Forni Ogna, Adam Ogna, Belen Ponte et al.; Prevalence and determinants of chronic kidney disease in the Swiss population. Swiss Med Wkly. 2016;146:w14313
2. Annekathrin Haase, Sylvia Stracke, Jean-Francois Chenot et al.; Nephrologists perspectives on ambulatory care of patients with non-dialysis chronic kidney disease-a qualitative study. Health Soc Care Community 2019; 27:e438-e448
3. Nathan R. Hill, Samuel T. Fatoba, Jason L. Oke et al.; Global Prevalence of Chronic Kidney Disease– A Systematic Review and Meta-Analysis. PLOS ONE 2016 Jul 6;11(7):e0158765
4. Katharina Brück, Vianda S. Stel, Giovanni Gambaro et al.; CKD Prevalence Varies across the European General Population. J Am Soc Nephrol 27, 2016: 2135-2147
5. Steven Fishbane, Azzour D. Hazzan, Candice Halinski et al.; Challenges and opportunities in late-stage chronic kidney disease. Clin Kidney J 2015; 8:54-60
6. Micah R. Chan, MD, MPH, Aaron T. Dall, MD, Kathlyn E. Fletcher, MD, MA et al.; Outcomes in Patients with Chronic Kidney Disease Referred Late to Nephrologists: A Meta-analysis. The American Journal of Medicine 2007; 120:1063-1070
7. Kidney Disease: Improving Global Outcomes (KDIGO) Work Group; KDIGO 2012 clinical practice guideline for the evaluation and management of chronic kidney disease. Kidney Int Suppl 2013;3:1-150.
8. NICE – National Institute of Health and Care Excellence. Chronic kidney disease in adults: assessment and management; NICE guideline 2015
9. Gesine F C Weckmann, Sylvia Stracke, Annekathrin Haase et al.; Diagnosis and management of non-dialysis chronic kidney disease in ambulatory care: a systematic review of clinical practice guidelines. BMC Nephrology 2018; 19:258
10. Alexander R. Rosenkranz et al.; Chronische Niereninsuffizienz. ÖÄZ 11/2015; 21:22-30
11. Teresa K. Chen, MD, MHS; Daphne H. Knicely, MD; Morgan E. Grams, MD, PhD et al.; Chronic Kidney Disease Diagnosis and Management A Review. JAMA October 1, 2019 Volume 322, Number 13.
12. Allan K. Grill MD CCFP(COE) MPH FCFP Scott Brimble MD MSc FRCPC et al.; Approach to the detection and management of chronic kidney disease What primary care providers need to know. Canadian Family Physician/Le Médecin de famille canadien 10/2018; 64: 728-735
13. Jui-Hsin Chen, MS, Yi-Wen Chiu, MD, Shang-Jyh Hwang, MD et al.; Effect of nephrology referrals and multidisciplinary care programs on renal replacement and medical costs on patients with advanced chronic kidney disease. Medicine 2019; 98:33(e16808)
14. Kidney Disease: Improving Global Outcomes (KDIGO) Work Group; KDIGO 2012 clinical practice guideline for acute kidney injury. Kidney Int Suppl 2012;2:1-138.
15. Aleksandar Denic, Richard J. Glassock and Andrew D. Rule; Structural and Functional Changes With the Aging Kidney. Advances in Chronic Kidney Disease 2016, 23:1,19-28

Älter werden ist nichts für Feiglinge

Wir werden nicht nur betagter, sondern altern auch immer mehr bei guter Gesundheit. Das Älterwerden lässt sich damit als eine Chance und Herausforderung sehen.

Älter werden ist nichts für Feiglinge», soll einst die bekannte US-Filmschauspielerin Mae West gesagt haben, die selbst hochbetagt im Alter von 87 Jahren starb. Nicht dass Jugendzeit und Erwachsenenphase ohne Herausforderungen wären. Trotzdem scheint «the Seniority» für viele ein übermächtig wirkender Gegner zu sein, dem man mangels Muts so lange wie möglich nicht entgegentreten will.

Bessere Gesundheit

Wer heute in der Schweiz 80 Jahre alt ist, ist im Durchschnitt biologisch-medizinisch in deutlich besserem Gesundheitszustand als Gleichaltrige vor 20 Jahren. Bei Personen mit Geburtsjahrgang 1950 werden voraussichtlich 5,3 Prozent der Männer und 9,5 Prozent der Frauen 100 Jahre alt. Von der Generation 2013 werden wahrscheinlich 17,6 Prozent der Männer und 23,9 Prozent der Frauen ihren 100. Geburtstag feiern können. Diese vielfach bei guter Gesundheit erlebte Hochaltrigkeit gründet nach heutiger Annahme auf einem gesunden Lebensstil mit ausgewogener Ernährung, regelmässiger körperlicher und geistiger Aktivität und einer konsequenten Kontrolle vaskulärer Risikofaktoren.
Tatsächlich erfährt heute vor allem die Forschung im Bereich des gesunden Alterns einen eigentlichen Höhenflug. Die bis anhin grösste von der EU finanzierte europäische Multizenter-Altersstudie «DO-HEALTH» zum Altern bei guter Gesundheit mit über 2100 Teilnehmern wurde kürzlich abgeschlossen. Die in wenigen Monaten erscheinende Publikation der Resultate wird zeigen, inwieweit ein einfaches Bewegungsprogramm und die Einnahme von Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren die Gesundheit von zu Hause lebenden, über 70-jährigen Senioren beeinflussen können.
Bereits erwiesen ist, dass eine proteinreiche Ernährung im Alter die Muskelmasse und -kraft erhalten lässt – was viel Potenzial für die Mobilität im Alter verspricht, im Alltag aber nicht ganz einfach umzusetzen ist. Schliesslich ist auch wissenschaftlich gesichert, dass die Gangsicherheit und die kognitive Fitness durch Aktivitäten wie Rhythmik, Tanz oder Tai Chi signifikant verbessert werden: Das Sturzrisiko der in einer Studie untersuchten im Mittel 75-jährigen Studienteilnehmer sank um rund die Hälfte, und die kognitiv-motorische Multitasking-Fähigkeit erhöhte sich.

Fortschritte in der Altersmedizin

Zu Recht wird immer wieder diskutiert, ob in unserer Gesundheitsversorgung die medizinischen Bedürfnisse älterer Patienten mit akuten spitalbedürftigen Erkrankungen adäquat befriedigt werden. Hier liegt es meist an den Hausärzten, zu entscheiden, ob die Akuterkrankung eines älteren Patienten mittels klassischer Organmedizin behandelt werden kann oder ob eine spezifisch altersmedizinische Hospitalisation notwendig ist.
Die akute Altersmedizin in der Schweiz ist eine Weiterentwicklung der allgemeinen Inneren Medizin mit Schwerpunkt-Zusatzausbildung in Geriatrie. Sie hat sich in den letzten Jahren massiv entwickelt und kann im schweizerischen Gesundheitssystem gleichzeitig zur akut-internistischen Behandlung intensive physiotherapeutische und frührehabilitative Massnahmen anbieten. Das ermöglicht bei drohender Schwächung durch die Akutkrankheit den grösstmöglichen Erhalt der funktionellen Unabhängigkeit älterer Patienten. Altersmedizinische Lehrinhalte sind im Medizinstudium in der Schweiz seit über zehn Jahren im universitären Lernzielkatalog enthalten und werden hier an allen Universitäten gelehrt.
Besonders interessant: Junge und angehende Ärzte und Ärztinnen sehen immer häufiger ihren Schwerpunkt in der Altersmedizin – die Kurve steigt seit Jahren exponentiell nach oben. In der Schweiz haben wir mittlerweile einen Versorgungsdeckungsgrad erreicht, der höher ist als in den USA. Angesichts der demografischen Entwicklung bleibt zu hoffen, dass dieser Trend anhält.

Komplexe Forschung

Entsprechend den multiplen Dimensionen der späten Lebensphase hat die moderne Forschung rund ums Alter unzählige Facetten. Das Alter wird zum Gegenstand biologischer, medizinischer, juristischer, philosophischer, ethischer, sozial-, wirtschafts-, politik- und kulturwissenschaftlicher Betrachtung. Angesichts der aktuellen demografischen Veränderungen werden die Forschungsaktivitäten weiter stark zunehmen.
Die medizinisch-klinische Forschung an älteren, häufig mehrfach kranken und funktionell eingeschränkten Patienten ist äusserst komplex. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass solche Patienten bei Medikamentenstudien immer noch systematisch ausgeschlossen werden. Als zu schwierig interpretierbar sowie auch zu risiko- und folgenreich werden mögliche Komplikationen eingeschätzt. Trotzdem kommen die gleichen Medikamente nach ihrer Zulassung auch bei der ausgeschlossenen Patientengruppe zum Einsatz.
Die Heterogenität im Gesundheitszustand vieler älterer Menschen macht es schwierig, auf wichtige klinische Forschungsfragen verlässliche, für die Klinik umsetzbare Antworten zu finden. Moderne altersmedizinische Forschung behilft sich deshalb für die Homogenisierung älterer Studienpopulationen immer mehr mit einer sogenannten «Frailty»-Klassifizierung. Hier werden ältere Menschen unabhängig von der Anzahl Diagnosen aufgrund ihres Gebrechlichkeitsgrads und ihrer vorhandenen funktionellen Reserven (auch: Stressresistenz) eingeteilt. Der Gebrechlichkeitsgrad orientiert sich an verschiedenen Gesundheitsdimensionen und lässt eine Einteilung in «fit», im Übergang zu «frail» und «frail» zu. Der Vorteil eines Studiendesigns mit definiertem «Frailty»-Grad ist evident: Studienresultate lassen sich damit später viel verlässlicher und einfacher in der Klinik umsetzen.
So forciert die älter werdende Gesellschaft den Fortschritt in der altersmedizinischen Lehre und Forschung – was wiederum den älteren Menschen zugute kommt. Sie werden nicht nur betagter, sondern altern auch immer mehr bei guter Gesundheit. Daraus sollten auch die von Mae West erwähnten Feiglinge Mut schöpfen. Denn das Älterwerden ist bekanntlich die einzige Möglichkeit, länger zu leben.
Zum Auftakt von 2020 wünsche ich allen Leserinnen und Lesern des Geriatrie Forums von Herzen alles Gute – und viel Vergnügen bei der Lektüre des nachfolgenden altersmedizinischen Fortbildungsbeitrages zu Konstipation im Alter von Mathias Schlögel in Zürich.

Prof. Dr. med. Reto W. Kressig, Basel

Prof. Dr. med. Reto W. Kressig

Ärztlicher Direktor & Klinischer Professor für Geriatrie
Universitäre Altersmedizin FELIX PLATTER & Universität Basel
Burgfelderstrasse 101
4002 Basel

RetoW.Kressig@felixplatter.ch

Obstipation im Alter

Die Obstipation ist bei älteren Menschen aufgrund ballaststoffarmer Ernährung, ungenügender Hydrierung, mangelnder Bewegung, Begleiterkrankungen und der Verwendung von Medikamenten mit obstipierender Nebenwirkung ein häufiges und leider oft unterschätztes Problem. Das Ziel dieses Artikels ist zum einen die Repetition von allbekanntem Wissen, zum anderen soll er Denkanstösse geben, um bisherige Haltungen, Verhaltens- und Vorgehensweisen zu reflektieren.

Die mit ca. 70% häufigste Form ist die chronisch funktionelle Obstipation, welche mit den 2016 veröffentlichten ROM-IV-Kriterien diagnostiziert werden kann (Tab. 1) (1, 2). Diese bilden den internationalen Goldstandard, werden aber wegen ihrer Komplexität nur selten systematisch angewandt. Im Alltag sind die Kriterien jedoch als offene Fragen eine wichtige Hilfestellung, um den pathophysiologischen Mechanismus der Obstipation beim Patienten besser zu verstehen. Die mit ca. 20-30% zweithäufigste Ursache der Obstipation ist die Defäkationsstörung bzw. Stuhlentleerungsstörung. Im weiteren Verlauf liegt das Hauptaugenmerk auf der chronisch funktionellen Obstipation.

Anamnese

Das Thema der Obstipation ist im Alter oftmals mit Scham behaftet, sodass einer adäquaten Kommunikation ein besonderer Stellenwert zukommt. Eine Reflexion über die vielfältigen Asymmetrien in der Kommunikation mit älteren Patienten kann dabei helfen, deren kommunikative Bedürfnisse besser zu erkennen (Experte − Laie; gesund − krank, selbständig − abhängig, kognitiv gesund − kognitiv beeinträchtigt, jung − alt). Folgende Besonderheiten sind bei der Anamneseerhebung älterer Patienten u.a. zu beachten (3):

  • Auch bei voller Kooperation erwähnen ältere Patienten oftmals Symptome nicht, weil sie glauben, diese seien Teil des normalen Alterungsprozesses (Tab. 2).
  • Erkrankungen können sich bei Älteren lediglich in Form von funktionellem Abbau äussern, so dass diagnostische Standardfragen teilweise weniger funktionieren.

Es kann zum Beispiel sein, dass Patienten mit Obstipation auf die Frage nach Begleiterscheinungen nicht über Schmerzen, Nausea oder Erbrechen berichten, dass sie aber, wenn sie nach Veränderungen und Schwierigkeiten bei der Ausführung der grundlegenden Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL) (4) oder der instrumentellen ADL (IADL) (5) befragt werden, erzählen, dass sie aufgrund von zunehmenden Bauchschmerzen nicht mehr Spazierengehen.
Bei kognitiv gesunden älteren Patienten sollte neben der Stuhlfrequenz und -konsistenz auch geklärt werden, ob sich der Patient anstrengen muss oder ob er perineale Manöver (z.B. Druck auf das Perineum, Gesässbereich oder die rekto-vaginale Wand) beim Stuhlgang anwendet. Ausserdem sollte die Zufriedenheit nach dem Stuhlgang, die Häufigkeit und Dauer der Verwendung von Abführmitteln oder Einläufen sowie das Vorkommen und die Menge von Blutbeimengungen im Stuhl eruiert werden. Fragen nach bekannten Ursachen einschliesslich früheren abdominalen Operationen und Symptomen von metabolischen (z.B. Hypothyreoidismus, Diabetes mellitus) und neurologischen (z.B. Parkinson-Krankheit, multiple Sklerose, Rückenmarkverletzung) Erkrankungen, der Verwendung verschreibungspflichtiger (v.a. Anticholinergika und Opioide) und rezeptfreier Arzneimittel sowie Fragen zu Ernährungsgewohnheiten und Mobilisation runden das Anamnesegespräch ab. Im Umgang mit dementen Patienten können auffällige Verhaltensweisen oder Symptome wie Unruhe, Aggression und/oder sozialer Rückzug atypische Anzeichen von Schmerzen im Rahmen einer möglichen Obstipation sein (3). Die American Geriatric Society hat 2002 eine Leitlinie der verhaltensbezogenen Schmerzindikatoren herausgegeben, welche vor allem für die Schmerzbeurteilung bei kognitiv eingeschränkten Personen angewendet werden kann, wobei ein breites Spektrum verbaler und nonverbaler sowie verhaltensbezogener Kriterien abgedeckt werden (Tab. 3) (6).

Zusammenarbeit mit Angehörigen und anderen medizinischen Fachpersonen

Insbesondere bei hochbetagten oder kognitiv beeinträchtigten Patienten ist eine enge Zusammenarbeit sowie eine gute Kommunikation mit den Angehörigen und den beteiligten medizinischen Fachpersonen eine wichtige Voraussetzung für die Anamnese bzw. den Behandlungserfolg. Im Sinne der Befunderhebung können v.a. pflegende Angehörige und die zuständigen professionellen Pflegepersonen (v.a. auch Spitex oder stationär tätige Pflegepersonen inklusive Pflegedokumentation) wichtige Hinweise geben. Informationen zur Ernährungssituation werden nicht nur von Ärzten erhoben, sondern oft sind Krankenpflegekräfte die Ersten, die sich um Fragen der Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr kümmern. Erfahrungsgemäss kommt nämlich rasch eine Fülle an diagnostisch und therapeutisch essentiellen Informationen zusammen, wenn viele Augen aus unterschiedlichen Disziplinen sie wahrnehmen (3).

Körperliche Untersuchung

Es wird eine Ganzkörperuntersuchung mit Konzentration auf Zeichen einer Systemkrankheit inkl. Fieber und Kachexie durchgeführt. Abdominale Massen sollten durch Palpation festgestellt werden. Eine rektale Untersuchung sollte nicht nur zur Feststellung von Fissuren, Stenosen, Blut oder Massen (einschliesslich Koteinklemmung) erfolgen, sondern auch zur Beurteilung des analen Ruhetonus oder der perinealen Senkung während der simulierten Stuhlentleerung und der rektalen Sensibilität.

Warnhinweise

Bestimmte Befunde begründen den Verdacht auf eine ernstere Ursache der chronischen Verstopfung:

  • aufgetriebener, tympanitischer Bauch
  • Erbrechen
  • Blut im Stuhl
  • Gewichtsverlust
  • schwere Verstopfung, die erst kürzlich aufgetreten ist bzw. sich verschlimmert bei älteren Patienten.

Stufenweise Abklärung

Die Obstipation mit einer klaren Ursache (z.B. Medikamente, Bettruhe) kann symptomatisch ohne weitere Untersuchungen behandelt werden. Die meisten Patienten ohne klare Ätiologie erfordern eine Laboruntersuchung (Untersuchung des Blutbildes, TSH, Nüchternglukose, Elektrolyte und Kalzium) sowie eine allfällige Koloskopie. Weitere Untersuchungen bleiben in der Regel Patienten mit pathologischen Ergebnissen der oben diskutierten Tests vorbehalten oder jenen, die nicht auf eine symptomatische Behandlung ansprechen (7, 8).
Allgemeinmassnahmen wie das Absetzen der verursachenden Medikamente (einige können notwendig sein!), die Steigerung der Ballaststoffzufuhr, ausreichend Flüssigkeit bzw. Bewegung bilden die Basis der Behandlung der chronischen Obstipation (Tab. 4). Als Stufe 1-Medikament empfiehlt sich ein Ballaststoff (Kleie, Flohsamen), wobei man dabei nicht vergessen werden darf, dass dies eine ausreichende Trinkmenge voraussetzt, da nur so der gewünschte Quelleffekt entstehen kann. Ein Versuch mit einer kurzen Anwendung osmotischer Abführmittel stellt die 2. Stufe dar. Osmotische Substanzen enthalten schwer resorbierbare polyvalente Ionen (z.B. Magnesium, Phosphat, Sulfat), Polymere (z.B. Polyethylenglycol z.B. Macrogol: 1. Wahl) oder Kohlenhydrate (z.B. Lactulose, Sorbit; 2. Wahl) die im Darm verbleiben, somit den intraluminalen osmotischen Druck erhöhen und auf diese Weise Wasser ins Intestinum ziehen. Das entsprechend zunehmende Volumen des Darminhalts stimuliert die Peristaltik. Die Ursache für die Opioid-induzierte Obstipation liegt in der Bindung der Medikamente an enterische μ-Opioidrezeptoren, die den Darmtonus und die Kontraktilität verringern und die Absorption von Dickdarmflüssigkeit erhöhen. Betroffen sind dabei je nach Setting zwischen 41% bis 94% der Opioidkonsumenten (9). Ende des vergangenen Jahres publizierte die «American Gastroenterological Association” Richtlinien für die medikamentöse Therapie der Opioid-induzierten Obstipation (10). Traditionelle Abführmittel wie Stuhlweichmacher und osmotische, Stimulantien und Gleitmittel werden als Erstbehandlung von Opioid-induzierter Obstipation (starke Empfehlung; mässige Evidenz) empfohlen. Die peripher wirksamen μ-Opioid-Rezeptorantagonisten (PAMORAs) wie Naldemedin (hohe Evidenz) oder Naloxegol (moderate Evidenz) sollten angewendet werden, wenn trotz der Therapie mit ≥ 2 traditionellen Laxanzien eine moderate bzw. schwere Obstipation weiterhin besteht. Entscheidend an diesem Therapieansatz ist, dass diese die Ursachen der Opioid-induzierten Obstipation, nämlich die periphere μ-Opioidrezeptor-Aktivierung mit der daraus resultierenden Hemmung der Darmmotorik und -sekretion angreifen, gleichzeitig jedoch nicht die analgetische Wirkung der Opioide im ZNS beeinträchtigen, also die Blut-Hirn-Schranke nicht in pharmakologisch relevantem Ausmass passieren (9 – 11).

Dr. med. Mathias Schlögl, MPH, EMBA HSG

Department für Innere Medizin
Abteilung für Akutgeriatrie, Geriatrische Rehabilitation & Langzeitpflege
5017 Barmelweid

Der Autor hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.

  • Die Therapie sollte stufenweise erfolgen, eine Kombinationstherapie von oralen und rektalen Präparaten ist oft sinnvoll.
  • Auch bei voller Kooperation erwähnen ältere Patienten oftmals Symptome nicht, weil sie glauben, diese seien Teil des normalen Alterungsprozesses.
  • Eine gründliche Anamnese sowie die Zusammenarbeit mit Angehörigen und anderen medizinischen Fachpersonen bildet die Grundlage für den Therapieerfolg.

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Update – Depression im Alter

Depressionen zeigen im Alter zwar einige typische Charakteristika, werden aber nach den gleichen Kriterien wie bei Jüngeren diagnostiziert. Organische Ursachen und insbesondere bei ausgeprägten kognitiven Störungen sollte eine Demenz ausgeschlossen werden. Auch im Alter sollten depressive Patienten in Abhängigkeit vom Schweregrad der Erkrankung gleichzeitig mit individuellen psychosozialen Interventionen sowie einer psychotherapeutischen und einer psychopharmakologischen Therapie behandelt werden.

Depressionen sind mit einer Prävalenz von 5 bis 10% die häufigsten psychischen Störungen bei über 65-Jährigen (1). Eine Altersdepression wird nach den ICD-10 (2) oder DSM-5-Kriterien (3) diagnostiziert. Zusätzlich werden oft psychometrische Verfahren wie die Geriatrische Depressionsskala angewendet (4). Häufig leiden Patienten mit chronischen körperlichen Erkrankungen unter depressiven Störungen. So können zerebrovaskuläre Schädigungen, chronische Entzündungen oder auch altersbedingte hormonelle und immunologische Veränderungen die Integrität frontostriataler Kreisläufe sowie der Amygdala und des Hippocampus beeinträchtigen und so die Vulnerabilität für Depressionen erhöhen (5). Darüber hinaus sind spezifische psychosoziale Belastungen im Alter, wie z.B. soziale Isolation, Risikofaktoren für eine Depression (6). Vegetative Symptome und Beeinträchtigungen der exekutiven Funktionen, der Aufmerksamkeit, der Informationsverarbeitung, der psychomotorische Geschwindigkeit und des Arbeitsgedächtnisses sind üblich. Insbesondere subkortikale vaskuläre Veränderungen sind in der Pathophysiologie der Altersdepression bedeutsam (7): es existiert das Konzept einer durch entsprechende magnetresonanztomographischer Befunde definierten vaskulären Depression (8-11). Das Suizidrisiko ist bei älteren Menschen, insbesondere bei älteren Männern, deutlich höher als in der Allgemeinbevölkerung (12). Insgesamt weist die Altersdepression charakteristische Merkmale auf, die sie von depressiven Störungen im jüngeren Lebensalter unterscheidet (13). So scheinen subsyndromale, weniger stark ausgeprägte depressive Zustandsbilder im Alter häufiger zu sein als bei jüngeren Menschen (14). Dies kann dazu führen, dass die Störung bei Älteren verkannt und als Teil des Alterungsprozesses betrachtet wird. Eine subsyndromale depressive Störung ist im Alter möglicherweise mehr mit somatischen Beschwerden und weniger mit psychiatrischen Komorbiditäten assoziiert als bei jüngeren Patienten (15).

Diagnostik und Komorbidität

Insbesondere bei erstmaligen depressiven Störungen im Alter müssen hirnorganische oder andere somatische Ursachen differenzialdiagnostisch abgeklärt werden. Als Basis-Labordiagnostik wird die Bestimmung einer Routine-Hämatologie und Blutchemie (Elektrolyte, Calcium, Glucose, Leber- und Nierenfunktionsparameter), von Vitamin B12 sowie eine Abklärung der Schilddrüsenfunktion empfohlen. Darüber hinaus sollte eine strukturelle kranielle Bildgebung, wenn möglich eine Magnetresonanztomografie erfolgen. Bei entsprechenden Verdachtsdiagnosen sind weitere laborchemische, liquoranalytische und apparative Untersuchungen indiziert (1).

Abgrenzung von einer Demenz

Da Altersdepressionen häufig mit kognitiven Beeinträchtigungen verbunden sind und Demenzen mit depressiven Symptomen einhergehen können, ist eine oft nicht einfache differentialdiagnostische Abgrenzung beider Syndrome erforderlich. Insbesondere dann, wenn deutliche kognitive Störungen bei älteren Depressiven auftreten, sollten sie genau überwacht, und gegebenenfalls durch weitere Diagnostik und Verlaufsbeobachtung eine dementielle Entwicklung ausgeschlossen werden (16). Olin und Kollegen (17, 18) haben Kriterien vorgeschlagen, um schwere Depressionen und Depressionen bei der Alzheimerschen Erkrankung (AD) zu unterscheiden. Dementsprechend kann eine Depression aufgrund von AD diagnostiziert werden, wenn alle Kriterien der Demenz vom Alzheimer-Typ erfüllt sind und drei (oder mehr) typische depressive Symptome während derselben zweiwöchigen Periode beobachtet wurden. Mindestens eines der Symptome sollte entweder eine depressive Stimmung oder ein verminderter positiver Affekt sein. Die Symptome sind oft weniger schwerwiegend und durchgängig als bei schweren Depressionen. Sie bestehen oft nicht länger als sechs Monate (19). Alter bei Auftreten, Schwere und Verlauf der kognitiven Veränderung, subjektive Gedächtnisstörungen und typische Schlaf-Wach-Rhythmus-Störungen können bei der Differentialdiagnose helfen.
AD ist eine klinische Entität, die typischerweise durch ein progressives amnestisches Syndrom mit zusätzlichem Auftreten weiterer Störungen von Kognition und Verhalten gekennzeichnet ist (20). Dieses amnestische Syndrom des Hippocampus-Typs ist durch eine Enkodierschwäche (Probleme bei der Einspeicherung von mentalen Inhalten) gekennzeichnet (21). Dies führt zu einer Verschlechterung des freien Abrufs, die nicht durch Abrufhilfen verbessert werden kann (22).
Bei einer depressiven Störung gibt es kein echtes Speicherdefizit; es können vielmehr Aufmerksamkeitsprobleme beobachtet werden, die die Enkodier- oder Abrufstrategien beeinträchtigen (23). Daher kann die Differentialdiagnose zwischen AD und einer reinen depressiven Störung verbessert werden, indem neuropsychologische Untersuchungsverfahren verwendet werden, die Enkodierung mit semantischen Hinweisen und eine Abruferleichterung mit denselben Hinweisen verbinden (24,25). Eine Verbesserung des Abrufs bei wiederholter Exposition und Fazilitation findet sich in der Regel bei Depressionen, während eine flache Lernkurve trotz wiederholter Exposition, ein schnelles Vergessen, die fehlende Wirksamkeit von Abrufhinweisen und Intrusionen typisch für AD sind.

Biomarker zur Unterscheidung von Depression und AD

Während es für Depressionen keine etablierten fluiden Biomarker gibt, wurden drei relevante Biomarker im Liquor bei AD gefunden: Gesamt-Tau (T-Tau, ein Marker, der die kortikale axonale Degeneration widerspiegelt), Phospho-Tau (P-Tau, ein Marker, der die Tau-Phosphorylierung und die AD-typischen pathologischen neurofibrillären Bündel widerspiegelt), und die 42 Aminosäuren lange Form von Amyloidβ (Aβ1-42, ein Marker der Plaque-Pathologie) (26). Diese Biomarker können verwendet werden, um zu untersuchen, ob Patienten mit depressiven Symptomen AD-pathologische Veränderungen aufweisen. Depression an sich führen nicht zu einem AD-ähnlichen Biomarkermuster im Liquor, d.h. zu erhöhten T-Tau- und P-Tau-Konzentrationen und reduzierten Spiegeln von Aβ1-42 (27), obwohl geringfügig verringerte Aβ1-42-Konzentrationen bei reinen Depressionen berichtet wurden (28). Ein positives AD-Biomarkermuster ist zu etwa 90% spezifisch für die AD-Neuropathologie, schliesst jedoch eine Komorbidität von AD und Depression nicht aus (29).
Eine Quantifizierung der Hippocampus-Atrophie in magnetresonanztomografischen Untersuchungen (MRI) und der Läsionen der weissen Substanz des Gehirns können helfen, um eine Altersdepression von einer Demenz zu unterscheiden. Rezidivierende depressive Episoden können aber auch zu einer Hippocampus-Atrophie führen, während eine hohe Anzahl von Läsionen der weissen Substanz ein häufiger Risikofaktor für spät beginnende Depressionen und vaskuläre Demenzen ist (30,31).
Studien, die das Ausmass der Hippocampusatrophie bei Altersdepression und AD vergleichen, zeigen typischerweise eine deutlich ausgeprägtere Atrophie bei AD (89). Der cinguläre Kortex und der Precuneus scheinen am besten geeignet, AD von einer Depression zu unterscheiden (32).

Depression und Komorbidität

Depressionen sind häufige komorbide Erkrankungen bei bis zu 25 % der Patienten mit Morbus Parkinson (33), und es besteht eine grosse Sensitivität hinsichtlich blutdrucksenkender und motorischer Nebenwirkungen bei antidepressiver Therapie (34).
Eine hohe Komorbidität zwischen Depression und Abhängigkeitserkrankungen findet sich vor allem bei älteren Personen (35). Dabei ist insbesondere das gemeinsame Auftreten von einer depressiven Störung und einer Alkoholabhängigkeit mit einem hohen Suizidrisiko assoziiert (36). Auch die Komorbidität von Depression und Benzodiazepinabhängigkeit ist im Alter hoch (37), was nicht selten auf eine ungerechtfertigte Verordnung von Benzodiazepinen anstelle von Antidepressiva zurückzuführen ist.
Zwischen Depression im Alter und kardiovaskulären Erkrankungen besteht ein enger Zusammenhang. Kardiovaskuläre Ereignisse erhöhen das Risiko für Depressionen, und eine Depression ist wiederum ein Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen. Das Risiko für ischämische Herzerkrankungen ist um das 1,5- bis 2-Fache erhöht. Umgekehrt zeigen ca. 20 % der Patienten nach einem Myokardinfarkt eine Depression, was wiederum die Mortalität bei diesen Betroffenen um das 3,5-Fache in den ersten sechs Monaten nach dem Ereignis erhöht (38).
Eine Depression erhöht auch das Risiko für Diabetes mellitus, Adipositas und Hypertension (39). Dabei ist der Zusammenhang zwischen der Depression und dem metabolischen Syndrom bidirektional.
Seit Langem sind Medikamente als iatrogene Ursachen für Depressionen bekannt. Insbesondere bei non-selektiven Betablockern, systemisch wirkenden Kortikosteroiden, Kalziumantagonisten und Benzodiazepinen sind Assoziationen mit Depressionen beschrieben (40).

Behandlung

Auch im Alter sollten depressive Patienten in Abhängigkeit vom Schweregrad der Erkrankung gleichzeitig mit individuellen psychosozialen Interventionen sowie einer psychotherapeutischen und einer psychopharmakologischen Therapie behandelt werden.
Psychosoziale Interventionen zielen darauf ab, die depressiven Symptome zu vermindern, das Suizidrisiko zu reduzieren, die sozialen Kontakte aufrecht zu erhalten und das Gefühl der Selbstwirksamkeit zu verbessern. So scheinen angeleitete Selbsthilfe, Psychoedukation, Problemlösetraining, physische Aktivierung, Rekreationstherapie (befriedigende Freizeitgestaltung), Entspannungsverfahren, Verbesserung der sozialen Kompetenz, Ergotherapie sowie künstlerische Therapien (Musik-, Kunst-, Bewegungs- und Tanztherapie) hilfreich zu sein (41).

Psychotherapie

Spezifische Psychotherapieverfahren sind auch bei Depression im Alter wirksam (42). Die bei der psychotherapeutischen Behandlung von Depressionen in früheren Lebensphasen etablierten Verfahren und Techniken können prinzipiell für ältere Menschen übernommen, müssen jedoch grundsätzlich vor deren Einsatz auf notwendige Anpassungen überprüft werden. Entsprechend verschieben sich bei den Voraussetzungen einer Alterspsychotherapie die Anforderung an Elastizität und Flexibilität von Seiten des Patienten auf diejenige des Therapeuten und dessen therapeutischen Verfahrens. Die notwendigen Modifikationen können therapieschulübergreifend dargestellt werden, so dass für die Alterspsychotherapie eine theoretisch begründete Annährung der psychotherapeutischen Schulen konstatiert werden kann: mit einer erhöhten Zielorientierung sowie einer nicht-neutralen therapeutischen Haltung auf Seiten psychodynamischer Verfahren und einer verminderten Veränderungsorientierung sowie Integration einsichtsorientierter und akzeptanzfördernder Techniken auf Seiten der kognitiven Verhaltenstherapie. Entsprechend können integrative Psychotherapieverfahren, wie insbesondere die Interpersonelle Psychotherapie (IPT), sehr gut die Anforderungen der Alterspsychotherapie erfüllen. Vor diesem Hintergrund stellt die Erschliessung weiterer integrativer und evidenzbasierter Verfahren einen zentralen Schritt dar, ältere depressive Patienten noch besser in die psychotherapeutische Versorgung zu integrieren (43).

Psychopharmakologische Therapie

Auch bei Patienten in höherem Lebensalter mit mittelschweren bis schweren Depressionen ist der Einsatz von Antidepressiva indiziert, auch wenn ihre Effektstärke mit zunehmendem Alter möglicherweise abnimmt (44,45).
Selektive Serotonin Re-Uptake-Inhibitoren (SSRIs) zeigen bei älteren Personen eine gute Wirksamkeit (46). Als unerwünschte Wirkung ist insbesondere das Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH) zu beachten. Für Citalopram und Escitalopram wurde eine Verlängerung der QTc-Zeit beschrieben und eine Dosisbegrenzung sowie eine Kontraindikation bei Kombination mit potentiell QTc-zeitverlängernden Medikamenten festgelegt. Sertralin scheint innerhalb der Klasse der SSRIs das günstigste Nutzen/Risiko-Profil zu haben.
Bei älteren Patienten gibt es sowohl für den selektiven Serotonin- und Noradrenalin-Re-UptakeInhibitor (SNRI) Duloxetin (47,48) als auch für Venlafaxin (49, 50) gute Wirksamkeitsnachweise. Beide scheinen kognitive Störungen und Schmerz positiv zu beeinflussen (51). Zu beachten sind Miktionsstörungen und bei Venlafaxin ein möglicher blutdrucksteigernder Effekt.
Auch Moclobemid zeigte in mehreren Studien bei älteren Patienten eine gute antidepressive Wirksamkeit mit positivem Einfluss auf kognitive Störungen (52). Aufgrund der pharmakodynamischen Medikamenteninteraktion ist eine Kombination mit serotonergen Antidepressiva kontraindiziert.
Die Wirksamkeit von Bupropion wurde in zwei placebokontrollierten Studien und einer Vergleichsstudie mit Paroxetin bei älteren Patienten nachgewiesen. Auch hier scheint es einen positiven Einfluss auf kognitive Störungen zu geben. (53). Zu beachten ist eine Krampfschwellen-senkende Wirkung, weshalb die Substanz bei Epilepsie kontraindiziert ist.
Auch Mirtazapin ist bei älteren Patienten wirksam (54). Günstig scheint der Einfluss auf den Schlaf und eine Schmerzsymptomatik zu sein. Zu beachten sind die Induktion eines Restless-Legs-Syndroms und eine Gewichtszunahme. Trazodon hat bei älteren Patienten sowohl in placebokontrollierten Studien als auch in Vergleichsstudien seine Wirksamkeit, insbesondere auch mit positivem Einfluss auf Schlaf und Kognition, gezeigt (55). Es besteht ein leicht erhöhtes Risiko für kardiale Reizleitungsstörungen.
Für Agomelatin existieren bis zum Alter von 75 Jahren eine placebokontrollierte Studie mit positivem Wirksamkeitsnachweis und diverse offene klinische Studien (56). Es scheint einen positiven Einfluss auf Schlaf und Kognition zu geben. Wichtig ist die Kontrolle der Leberwerte (57).
Vortioxetin ist ein kürzlich zugelassenes, multimodales Antidepressivum, das in einer placebokontrollierten, randomisierten Studie bei älteren Depressiven im Vergleich zu Placebo eine signifikant überlegene Wirkung und im Vergleich mit einer Vergleichssubstanz eine äquivalente Wirkung zeigte (47). Speziell positive Effekte auf die Kognition wurden nachgewiesen.
Bei jüngeren Patienten sind Johanniskrautextrakte für die Behandlung leichter und mittelschwerer Depressionen zugelassen. Für ältere Patienten gibt es keine Studiendaten. Wegen des Interaktionspotenzials (Induktion von CYP450 und P-Glykoprotein), sollte es insbesondere bei älteren, polypharmazierten Patienten vorsichtig eingesetzt werden (1).
Obwohl die Wirksamkeit von tri- und tetrazyklischen Antidepressiva auch bei älteren Patienten gut belegt ist (58), sollten sie aufgrund ihrer unerwünschten Wirkungen (anticholinerge, orthostatische und kardiovaskuläre Effekte) bei älteren Patienten nicht als Mittel der ersten Wahl eingesetzt werden.

Spezialisierte Therapien

Bei Therapieresistenz sollte ein Spezialarzt hinzugezogen werden. Dosiserhöhung oder Substanzwechsel: Es sollte zunächst eine Dosiserhöhung mit Bestimmung der Plasmaspiegel erfolgen. Zudem kann durch die Bestimmung des ABCB1-Genotyps die pharmakokinetische Situation an der Blut-Hirn-Schranke in die Therapieplanung einbezogen werden. Ungefähr siebzig Prozent aller erhältlichen Antidepressiva werden durch P-Glykoproteine (P-gp), sogenannte Transportermoleküle, an der Blut-Hirn-Schranke, am Übergang ins Hirngewebe gehindert. Der genetische Bauplan des P-Glykoproteins ist im ABCB1-Gen verankert, das beim Menschen in unterschiedlichen Varianten vorliegt. Je nach ABCB1-Genotyp dringt ein Antidepressivum leichter oder schwerer ins Hirngewebe ein. Der Testbefund enthält Informationen darüber, ob ein Antidepressivum in ausreichender Menge ins Hirngewebe eindringen kann (59). Wenn diese Massnahmen keinen Erfolg zeigen, sollte entweder ein Wechsel des Antidepressivums, eine Kombination zweier Antidepressiva oder eine Augmentationsbehandlung erfolgen. Wegen der häufigen Polypharmazie bei älteren Patienten erscheint ein Substanzwechsel am sinnvollsten (60). Falls Kombinationen in Erwägung gezogen werden, ist aufgrund der Evidenzlage bei jüngeren Patienten eine Kombination von SSRIs oder SNRIs mit Mirtazapin oder Bupropion sinnvoll (61). Eine Kombination eines Antidepressivums mit einem Antipsychotikum wird bei einer Depression mit psychotischen Symptomen empfohlen.
Zur Augmentation eignen sich Lithium sowie atypische Antipsychotika (Quetiapin, Aripiprazol, Olanzapin) zusätzlich zum Antidepressivum (62, 63). Eine grössere Zahl an Studien bei älteren Patienten zeigt Vorteile der Lithium-Augmentation im Vergleich zum Einsatz von Antipsychotika. Antipsychotika lassen sich jedoch leichter eindosieren, und es müssen keine Blutspiegelkontrollen erfolgen. Bei der Lithium-Augmentation bei älteren Patienten kann ein Blutspiegel von 0,4 mmol/l ausreichend sein (bei Rezidivprophylaxe 0,4– 0,6 mmol/l). Wenn nach vier Wochen bei Spiegeln im therapeutischen Bereich kein Ansprechen zu beobachten ist, sollte ein Wechsel der Strategie erfolgen. Ist die Augmentation erfolgreich, sollte die Kombinationsbehandlung mindestens ein Jahr fortgeführt werden (64). Generell gelten schwere Nierenfunktionsstörungen und schwere Herz- und Kreislaufkrankheiten, sowie Störungen des Natriumhaushalts als Kontraindikationen für eine Lithium-Augmentation. Bei Gabe von atypischen Antipsychotika sind mögliche anticholinerge Wirkungen zu beachten, da sich dadurch kognitive Leistungen verschlechtern und Delirien, v.a. bei komorbider Demenz, begünstigt werden.
Schlafentzug ist auch bei älteren Patienten mit Depression eine gut wirksame und nebenwirkungsarme Behandlung, deren Effekt bei ca. 60 % der Patienten rasch einsetzt (65, 66). Nach der Erholungsnacht mit Schlaf haben die meisten Patienten jedoch einen Rückfall in die Depression, weshalb eine Kombination mit Antidepressiva in der Regel empfohlen wird.
Auch Lichttherapie bei der Behandlung von saisonalen Depressionen scheint bei älteren Patienten wirksam zu sein (67).
Die Elektrokonvulsionstherapie (EKT) ist auch im Alter wirksam (68). Sie wird vor allem bei therapieresistenten Depressionen eingesetzt. Allerdings kommt es bei EKT häufig zu Rückfällen, weshalb meist eine begleitende Antidepressiva-Pharmakotherapie erfolgen muss (69). Amnesien können bei älteren Personen stärker sein. (70). Auch die repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS) scheint bei älteren Patienten wirksam zu sein (71).
Die Europäische Kommission hat Esketamin zugelassen, und eine Zulassung in der Schweiz wird für dieses Jahr erwartet. Die als Nasenspray entwickelte Arznei ist in Kombination mit einem SSRI oder SNRI indiziert bei Erwachsenen mit therapieresistenter Major Depression (TRD). Eine TRD liegt vor, wenn Patienten in der aktuellen mittelgradigen bis schweren depressiven Episode auf mindestens zwei unterschiedliche Therapien mit Antidepressiva nicht angesprochen haben. In einer Studie bei über 65-jährigen zeigte die zusätzliche Gabe der Substanz keine Überlegenheit gegenüber Placebo bei den primären Endpunkten. In nachträglichen Analysen fanden sich positive Effekte bei den 65 – 74-jährigen und bei den Patienten, die vor dem 55. Lebensjahr erstmals an einer Depression erkrankt waren. Dies deutet auf die ätiologische Heterogenität von Depressionen im Alter, insbesondere mit einem höheren Anteil von hirnorganischen Faktoren, hin, die bei der Behandlung (und auch bei der Studienplanung) berücksichtigt werden müssen (72).

Prof. Dr. med. Thomas Leyhe †

Alterspsychiatrie, Universitäre Altersmedizin Felix Platter
Burgfelderstrasse 101
4055 Basel
thomas.leyhe@felixplatter.ch
und Zentrum für Alterspsychiatrie
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel
Wilhelm Klein-Strasse 27
4002 Basel

Der Autor hat in Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.

  • Depressionen sind die häufigsten psychischen Störungen im Alter.
  • Insbesondere organische Ursachen sollten durch gezielte Zusatzdiagnostik ausgeschlossen werden.
  • Bei ausgeprägten kognitiven Störungen muss differentialdiagnostisch eine Demenzerkrankung in Erwägung gezogen werden.
  • Auch im Alter sollten depressive Patienten in Abhängigkeit vom Schweregrad der Erkrankung gleichzeitig mit individuellen psychosozialen Interventionen sowie einer psychotherapeutischen und einer psychopharmakologischen Therapie behandelt werden.

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