Kontrazeption in der Adoleszenz

Am traditionellen 22. Kongress für praktische Gynäkologie und Geburtshilfe in Näfels widmete sich Frau Dr. med. Nina Manz, Triemlispital Zürich, dem Thema Kontrazeption in der Adoleszenz.
Der heranwachsende Mensch macht in der Adoleszenz wichtige psychische und physische Entwicklungsprozesse durch u.a. die Entwicklung der Geschlechtsreife. Diese Phase umfasst die Pubertät und dauert ungefähr vom 10-20-Lebensjahr, gemäss Wikipedia. In der frühen Adoleszenz besteht ein egozentrischer Umgang mit Sexualität, in der mittleren Adoleszenz folgen erste romantische und beginnende monogame Beziehungen, während die späte Adoleszenz mit emotionaler Reife, Verantwortungsbewusstsein einhergeht, so die Referentin.

Das Verhütungsverhalten von Jugendlichen

Gemäss einer Studie des BZgA (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, eine deutsche Bundesbehörde) aus dem Jahre 2015 zum Verhütungsverhalten, ersten sexuellen Erfahrungen und Aufklärung ergibt sich, dass 6% der weniger als 14-Jährigen sexuelle Aktivitäten haben!! (die Jungen: 2-3 Jahre später). Bei den 17-Jährigen haben mehr als 50% sexuelle Erfahrungen und bei den 19-Jährigen hatten 90% «das erste Mal». Die These, dass Jugendliche immer früher sexuell aktiv werden, bewahrheitet sich nicht. Was die Verhütung betrifft, verwendeten 1980 20% der Mädchen keine Verhütung beim ersten Mal. Im Jahr 2015 waren es noch 8%. Aus den Schweizer Zahlen aus «Fact Sheet Sucht.ch» 2016 (1) geht hervor, dass 80% der 14-25-Jährigen Mädchen und 82% der Jungen ein Kondom beim «ersten Mal» benutzten. Aber 1/5 der Jugendlichen weist keinen Schutz durch Kondom auf.

Geschlechtsverkehr und Verhütung bei den Jugendlichen in der Schweiz gemäss Fact Sheet

Im internationalen Vergleich sind die Zahlen in der Schweiz niedrig: Zw. 15-19 Jahren: 3,3/1000 Jugendliche. Zum Vergleich sind es 16/1000 Jugendliche in Deutschland und 84/1000 Jugendliche in USA (Zahlen vom Schweizer Bundesamt für Statistik, Via Meldung an den Kantonsarzt und Profamilia).

Formen der Kontrazeption – alles geht ausser Sterilisation

Diese umfassen die Barrieremethode (Kondom, Femidom), die hormonelle Kontrazeption (komb. vs rein Gestagen), IUDs (Kupfer vs. LNG-haltige), Notfallkontrazeption (Norlevo vs. Ulipristalacetat). Das Kondom hat einen besonderen Stellenwert: Es ist das einzige Kontrazeptivum mit Schutz gegen sexuell übertragene Krankheiten, es ist nebenwirkungsfrei und es ermöglicht die «Vaterschaftsverhütung». CAVE Nachteile: es weist einen schlechten Pearl Index auf wegen Anwendungsfehlern und es besteht das Problem der Latexallergie.

Kontrazeption durch hormonelle Methoden

Kombinationen von Östrogen/Gestagen: – Komb. (östrogen/gestagen), Ovulationshemmer: – «Pille», – Mikropille (20 vs. 30μg EE), – Langzyklus, – Patch, – Ring.
Rein Gestagen haltige Methode: – «Pille», – Minipille (LNG vs. Desogestrel), – Depot (s.c. vs. i.m.) (Medroxyprogesteronacetat), – Implantat subdermal (Etonogestrel).

Die Vorteile der kombinierten Ovulationshemmer sind:

Zusatznutzen aufgrund der Kombination Östrogen/Gestagen und bei Verwendung eines Gestagens mit spez. Wirkung, z.B. antiandrogen wirkendes Gestagen zur Verbesserung des Hautbildes,
Zyklusabhängige Beschwerden werden vermindert (Dysmenorrhoe, Hypermenorrhoe), Hoher Pearl Index bes. im Langzyklus, Günstiger Einfluss bei Anämie und/oder Blutungsneigung, Senkung des Risikos für Ovarialkarzinom. Der wichtigste Nachteil der Kombinationspräparate ist das seltene Thromboserisiko (Jugendliche <18 Jahre mit LNG-haltigen Kombinationspillen: <1:1’000 Frauenjahre). Die Kontraindikationen müssen beachtet werden (Migräne, Nikotin, positive thromboembolische FA) und die WHO-Klassifikation «Elegibility criteria forcontraception»: Spotting, Gewichtszunahme durch Appetitzunahme, Kopfschmerzen, unzureichende Compliance/Adhärenz (generell ist die Adhärenz bei chronischer Medikamenteneinnahme schlecht, bei der Kontrazeption unregelmässige Einnahme bis zu 70%), unzureichende Zunahme der Knochendichte.

Die Vorteile der rein gestagenhaltigen Kontrazeption sind:

Sie sind auch bei Kontraindikation gegen Östrogene einsetzbar (z.B. Migräne mit Aura), sie sind vorteilhaft bei Dys- u. Hypermenorrhoe und sie haben einen guten Pearl Index.
Die Nachteile der rein gestagenhaltigen Kontrazeption sind schlechte Zykluskontrolle, keine positive Wirkung auf die Haut, Gewichtssteigerung unklar (evtl. bei Medroxyprogesteronacetat) und möglicherweise negative Wirkung auf die Psyche.
Die WHO-Medical Elegibility Criteria, CDC bedeuten:

  • Kategorie 1: keine Einschränkungen (A always usable)
  • Kategorie 2: Vorteil überwiegt (B broadly usable)
  • Kategorie 3: Nachteil überwiegt meist (C counseling/caution)
  • Kategorie 4: absolut kontraindiziert, Aufklärung bei Anwendung (Do not use)
  • www.who.int/reproductivehealth/publications/family…/Ex…/en/

Kontrazeption mit IUDs

Die IUDs gehören zur long acting reversible contraception (LARC). Sie sind 100% reversibel. Es gibt keine Complianceprobleme. Die IUDs haben einen optimalen Pearl-Index. Sie sind kostengünstig (bei Langzeitanwendung) und sicher auch bei Adoleszentinnen und Nullipara einsetzbar. Es wird eine leicht erhöhte Rate an Dislokationen festgestellt. Die Zervixdysplasie stellt keine Kontraindikation dar und es gibt keine höheren Raten für pelvic inflammatory disease und EUG. Wenn allerdings unter einem IUD einer Schwangerschaft eintritt, muss aktiv eine EUG ausgeschlossen werden. Die Cu-haltigen (> 300 mm2) und die LNG-haltigen gelten im klinischen Alltag als gleich sicher. Kupfer PI 0,2-1 Mona Lisa Cu380 enthält 380 mm2.

(ML Cu375S mit 29,4×19,5 mm, ML Cu380Mini 30×24 mm)

  • Levonogestrel PI 0,1-0,2 Jaydess 13,5 mg, Kayleena 19,5 mg (30×29 mm) Mirena 52mg (32×32 mm)
  • Rahmenlose IUD PI 0,2-1 Gynefix, IUB
    Bei Jugendlichen nicht empfohlen: IUB: da Expulsionsrate hoch, Gynefix: unnötige «Invasivität», Mindestdicke des Myometrium muss 10mm sein.
  • Gold PI 0,3-0,7 Goldluna®: kein klarer Vorteil zu Cu-IUD, Preishöher.
    Für alle IUDs gilt: Einlage erst nach Geschlechtsverkehr, Cavumlänge mit transvaginalem Ultraschall und Hysterometer bestimmen.

Notfallkontrazeption

Norlevo® (Levonogestrel 1,5 mg) bis nach 72 h einsetzbar.
Ella-One® (Ulipristalacetat 30 mg) bis nach 120 h einsetzbar.
Ella-One® = Progesteronrezeptormodulator: verschiebt die Ovulation, beeinträchtigt die Tubenmotilität, führt zu asynchroner Endometriumproliferation.
Achtung: Nach Ella-One®-Einnahme die KOH-Einnahme während 5 Tagen pausieren. Auch der Progesteroneffekt der KOH wird durch Ella-One® gehemmt: Zusätzlich 14 Tage Kondom, keine Teratogenität, Mehrfachanwendung in einem Zyklus möglich (ist allerdings nicht empfohlen).

Besondere Aspekte in der Adoleszenz

Knochendichte

«Peak bone mass»: bis zum 25.-30. LJ kommt es zum Wachstum und Dichtezuwachs des Knochens.
Positiver Einfluss auf «peak bone mass»:
Östrogen, Ca-reiche Ernährung, Vitamin D, belastende Bewegung
Negativer Einfluss auf «peak bone mass»:
Depot Gestagene und Mikropillen (<20 mg), Nikotin, tiefer BMI
Bei KOH-Einnahme wird die eigene Östrogenproduktion gehemmt, daher bei unter 18 Jahren möglichst 30µg EE (z.B. Mikrogyn 30®).

Krebsrisiko und hormonhaltige Antikonzeption

Mamma-Karzinom: leicht erhöht bei hormonhaltigen AK (nicht CU-IUD). Eine retrospektive Cohortenstudie im NEJM März 2018 bei insgesamt 19,6 Millionen Frauenjahre ergab ein höheres Risiko für BC bei Frauen, welche zurzeit oder kürzlich hormonale Empfängnisverhütung verwendet hatten, im Vergleich zu Frauen, welche niemals hormonelle Verhütungsmethoden angewandt haben. Je länger die Anwendung desto höher das Risiko, jedoch insgesamt war die absolute Erhöhung des Risikos sehr niedrig (2). Ein zusätzlicher Fall von Mamma-Ca auf 7690 Frauen, die ein Jahr hormonell verhütet haben. Beim Ovarial-Karzinom ergibt sich eine Risikoreduktion im 2-stelligen Prozentbereich bei KOH (3), beim Endometrium-Karzinom eine Risikoreduktion bei KOH und Gestagenen/IUD und beim Zervix-Karzinom eine leichte Risikoerhöhung bei KOH (HPV-assoziiert).

Kontrazeption in Spezialsituationen: Epilepsie

Die geschätzte Prävalenz der Epilepsie beträgt 0,3-0,7%. 50% der Schwangerschaften von Frauen mit Epilepsie sind ungeplant. Schwangerschaften bei Epilepsie sind Risikoschwangerschaften (Hypertonie, Präeklampsie, small for gest. age, Frühgeburtlichkeit…). Nur 7% der Frauen mit Epilepsie erhalten eine ausreichende Beratung über Antikonzeption. Grundsätzlich sind alle Methoden der Kontrazeption möglich.
CAVE: Hormonelle Kontrazeption u. Antiepileptika: Bidirektionale Arzneimittelinteraktion (Enzyminduktion über CYP450, Uridin-Diphosphat-Glucuronosyltransferase) (4). Hormonelle Antikonzeptiva senken den Antiepileptika-Spiegel (Anfallsdurchbruch). Dabei sind Senkungen bis zu 60% möglich. Der Effekt kommt vom EE. Gestagen wirkt nicht auf die Spiegel von Antiepileptika. Auf der anderen Seite senken Antiepileptika den Spiegel der hormonellen Antikonzeptiva (Versagen der AK). Es wird daher eine rein gestagenhaltige Kontrazeption empfohlen, falls KOH: Langzyklus, Spiegelkontrolle.
Effekt von Hormonen auf Epilepsie: Östrogene wirken prokonvulsiv, Gestagene antikonvulsiv. Zu KOH gibt es keine Studien, trotz >50 Jahre Gebrauch von KOH.

Weitere Spezialsituationen sind Anorexie und Adipositas

Die Anorexie ist eine schwere chron. psychiatrische Erkrankung. Sie ist gekennzeichnet durch starkes Untergewicht (15% unter erwartetem Normalgewicht), signifikanten Gewichtsverlust, selbst herbeigeführt, Körperschemastörungen, umfassende hormonelle Funktionsstörungen (z.B. Amenorrhoe, verzögerte Pubertät, Osteoporose), Häufigkeit 0,2-1% (Frauen zw. 15-25LJ), peak 14-15 LJ. Häufig psychiatr. Komorbiditäten (Depression, Angst-Zwang).
Alle Methoden der Kontrazeption sind möglich (ausser Depot-Gestagen), KOH nur bei sexuell aktiven Mädchen, nicht als Therapie (häufig schlechte Compliance) sonst Hormontherapie mit Estradiol (günstig auf Knochen) (5).
Von Adipositas spricht man ab einem Übergewicht mit BMI > 30 kg/ m2. Sie führt zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen und erhöht das Risiko von Folgeerkrankungen, wie das metabolische Syndrom.
Es wird unterschieden zwischen milder Adipositas (30-35 kg/m2), mittlerer Adipositas (35-40 kg/m2), schwerer Adipositas (> 40 kg/m2).
Alle Methoden der Kontrazeption sind möglich. Mittlere und schwere Adipositas gelten allerdings bei den KOH als relative KI. Speziell zu beachten sind bei KOH: keine weiteren KI, positive Wirkung bei PCOS, Akne, Hirsutismus, bei zusätzlicher unbehandelter Hypertonie: KI für KOH, Patch: unsicher ab > 90 kg, Desogestrel und Medroxyprogesteronacetat sicher, Implanonwechsel schon nach 24 Monaten. CAVE: Thromboserisiko steigt bei Adipositas (24fach ab BMI > 30) (5).

Fazit

Die Referentin schloss ihre Ausführungen mit der folgenden Take Home Message ab.

  • Adoleszentinnen befinden sich in einer sensiblen Lebensphase
  • Aspekte wie Risikoverhalten, Adhärenz u. Compliance bei medikamentöser Therapie und Bedarf nach hoher Sicherheit müssen berücksichtigt werden
  • Es steht eine grosse Palette von sicheren Kontrazeptiva zur Auswahl mit wenigen Einschränkungen (z.B. Grösse des Uterus bei IUD, Effekt auf Knochendichte bei jungen Adoleszentinnen)
  • Adoleszentinnen mit chron. Erkrankungen (z.B. Epilepsie, Anorexie) benötigen im besonderen Mass eingehende Beratung und Aufklärung bezüglich Kontrazeption

Quelle: 22. Kongress für praktische Gynäkologie und Geburtshilfe, Näfels 2019, 7. Nov. bis 8. Nov.

Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

1. K1. Archimi, A ., Windlin, B ., & Delgrande Jordan, M. (2016).
2. Nachtigall, L et al. Contemporary Horm onal Contraception and the Risk of Breast Cancer. NEJM, 2018. 378: 1265
3. La Vecchia, C et al.Ovarian cancer: epidemiology and risk factors. Eur J Cancer Prev. 2017; 26:55-62
4. Arne Reimers Contraception for women with epilepsy: counseling, choices, and concerns. J Contracept. 2016; 7: 69–7
5. Thomas Römer, Gunther Göretzlehner, Kontrazeption m it OC, P roblemsituationen

Gynäkologische Infektionen Teil 3

Mitarbeiter der Klinik für Gynäkologie und der Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene des Universitätsspitals Zürich führten unter dem Vorsitz von Prof. Dr. med. Daniel Fink, Direktor der Klinik für Gynäkologie am 4.4.2019 ein Symposium über gynäkologische Infektionen durch. Über die entsprechenden Vorträge wurde in der «info@gynäkologie» berichtet: Teil 1 erschien in gyn_3-19, S. 28-30, Teil 2 in gyn_4-19, S. 26-28. Der nachfolgende Beitrag stellt den Abschluss dieser Berichterstattung dar.

Neuere Entwicklungen zur Therapie vaginaler Infektionen

Die Vorteile von topischen Therapien sind: Mindestens ebenso wirksam wie systemische Therapien, weniger Nebenwirkungen. vorteilhafter bezüglich Resistenzen.

Dr. G. P. Ghisu

Herausforderungen sind: niedrige vaginale Retention und niedrige Akzeptanz. Neue Formulierungen versprechen eine verbesserte Wirksamkeit, so Dr. med. Gian-Piero Ghisu, Oberarzt meV Klinik für Gynäkologie, USZ.
Der Referent besprach zunächst Strategien zur Beeinflussung der Galenik etablierter Substanzen. Die Wirksamkeit eines Präparates wird durch die Trägersubstanz bzw. durch die angewendete Substanz definiert. Diese umfassen: Polyacrylate, bioadhäsive Systeme, Filme, Thermogele, Milchsäure + Vitamin C, Antiseptika + Desinfektiva, neue und wieder entdeckte Wirkstoffe, essentielle Öle, Prä- und Probiotica.
Zu den neuen und wieder aufgegriffenen «alten» Wirkstoffen zählen die Kombination von AmB + Flucytosin in Aquagel als Träger: Die Substanzen weisen eine synergistische Wirkung gegen Nicht-Candida-Pilzinfektionen auf. Lidocain + Nitroglycerin: fungizider Effekt (in vitro). Antidepressiva Sertralin und Fluoxetin: Fungizide Wirkung auf Candida spp. (in vitro). Gentianaviolett: Wirksamkeit bei rezidivierenden VVC gesichert.
Pflanzliche Therapien: Alternative Therapien sind gerade bei Rezidiven und Resistenzen nützlich. Für «natürliche» Produkte besteht im Allgemeinen eine höhere Akzeptanz. Verschiedene pflanzliche Extrakte weisen eine beträchtliche in vitro-Aktivität gegen die häufigsten Pathogene vaginaler Infektionen auf. Essentielle Öle geniessen dabei besondere Aufmerksamkeit. Der Referent nennt Teebaumöl aus Maleleuca spp. Es wirkt gegen Candida, Gardnerellen und Trichonomaden, alteriert dabei die Milchsäurebakterien wenig. Schon der Extrakt wirkt gegen Candida, in Kombination mit Imitrazol entsteht ein synergistischer Effekt.
Prä- und Probiotica: Probiotika sind lebende Organismen, die in adäquaten Mengen verabreicht, vorteilhafte Effekte auf die Gesundheit bewirken. Pharmabiotik ist ein neuerer Begriff, der zusätzlich tote Zellen, zelluläre Metaboliten, aber auch Moleküle, z.B. Hormone umfasst. Es wird also auch die Immunantwort auf die verabreichte Substanz berücksichtigt. Prä- und Probiotika bewirken bei BV und AV die Wiederherstellung eines sauren Milieus und der Vaginalflora. Bei VVC ist die Wiederherstellung des sauren Milieus eher sekundär. Hier ist vor allem die Hemmung des Pilzwachstums und der Adhäsion von Candida an Epithelzellen sowie die Modulation lokaler immunologischer Reaktionen wichtig.
Probiotica sind für die Behandlung der akuten Infektion kein Ersatz für die etablierten Substanzen, können aber eine wichtige Rolle zur Prävention von Rezidiven spielen.

Fazit

Trotz der hohen Prävalenz der vaginalen Infektionen sind die Behandlungsstrategien eher traditionell.
Limitierungen bestehen in Bezug auf Wirksamkeit und Akzeptanz.
Ein grosses Interesse geniesst die Erforschung neuer Trägersubstanzen, nur wenige haben aber Marktreife erlangt.

Als Hauptziele werden verfolgt:

  • Kontrollierte Abgabe des Wirkstoffs
  • Verminderung der Toxizität
  • Verbesserung der Verteilung und Retention im Vaginaltrakt

Mukoadhäsive Formulierungen, Micro- und Nanotechnologie-basierte Ansätze sind noch nicht ausgereift.
Substanzen, die für andere Indikationen eingesetzt werden, könnten sich für die Behandlung vaginaler Indikationen eignen.
Desinfektionsmittel und Pflanzenextrakte als alternative Therapie umgehen das Problem der Resistenzentwicklung.
Probiotica könnten die Rekolonisierung der vaginalen Flora unterstützen.
Evidenz für nicht traditionelle Behandlungsmöglichkeiten ist praktisch fehlend.

Quelle: Symposium «Gynäkologische Infektionen», organisiert durch die Klinik für Gynäkologie am Universitätsspital Zürich, 04.02.2019.

Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

Ballonangioplastie der Lungenarterien

Chronisch Thromobembolische Pulmonale Hypertension (CTEPH) ist eine seltene, aber prognostisch bedeutsame Erkrankung, die durch eine ungenügende Auflösung von Thromboembolien in den Lungenarterien entsteht. Obwohl die pulmonale Endarteriektomie die kurative Therapie der Wahl darstellt, werden wenigstens die Hälfte aller CTEPH-Patienten nicht operiert oder leiden nach einer Operation weiterhin an Lungenhochdruck. Für diese Patienten steht ein neues interventionelles Therapieverfahren, die Ballonangioplastie der Lungenarterien (BPA), zur Verfügung. Registerdaten zeigen eine hämodynamische und symptomatische Verbesserung mit einer 30-Tages-Mortalität von unter 2%.

L’ hypertension pulmonaire thromboembolique chronique (CTEPH) est une maladie rare mais d’ importance pronostique causée par une résolution insuffisante de thromboembolies dans les artères pulmonaires. Bien que l’ endartériectomie pulmonaire soit le traitement curatif de choix, au moins la moitié des patients avec CTEPH ne subissent pas de chirurgie ou continuent de souffrir d’  hypertension pulmonaire après la chirurgie. Une nouvelle thérapie interventionnelle, l’ angioplastie par ballonnet des artères pulmonaires (BPA), est disponible pour ces patients. Les données du registre montrent une amélioration hémodynamique et symptomatique avec un taux de mortalité à 30 jours inférieur à 2 %.

Epidemiologie und Pathophysiologie

Die CTEPH ist eine relativ seltene, aber potentiell lebensbedrohliche Erkrankung der pulmonalen arteriellen Gefässe und ist Teil der Gruppe 4 der WHO Klassifikation für pulmonale Hypertension. CTEPH ist die Folge von Thromboembolien der Lungenarterien, die sich nicht auflösen und in fibröses Material umwandeln, was zu einer chronischen Obliteration der Pulmonalarterien führt. Dies führt schlussendlich auch zu einem Remodelling der Mikrozirkulation, was wiederum den pulmonalen Hypertonus verstärkt. Die Hypertension ist also bedingt durch die fibrotische Verlegung der Gefässe und durch eine beeinträchtigte Mikrozirkulation. Die Inzidenz nach akuter Lungenembolie ist schwierig zu erfassen und schwankt je nach Studie zwischen 0.1-9.1%, was nahelegt, dass der direkte Übergang von einer symptomatischen akuten Lungenembolie zu einer CTEPH selten passiert und nicht vorauszusagen ist (1).

Klinik und Diagnostik

Es gibt keine verlässlichen CTEPH spezifischen Symptome, die es erlauben, die Erkrankung von anderen Formen der pulmonalen Hypertension zu unterscheiden. Die Diagnostik gestaltet sich selbst an spezialisierten Zentren schwierig mit durchschnittlicher Dauer von 14 Monaten zwischen Symptombeginn und Diagnose. Nicht alle CTEPH-Patienten berichten in ihrer Vorgeschichte über eine LE. Die wichtigsten prädisponierenden Faktoren für eine CTEPH sind in absteigender Reihenfolge ventrikulo-atriale Shunts oder Schrittmachersonden, Zustand nach Splenektomie, grosse und rezidivierende venöse Thrombose- Ereignisse, Hypothyreose mit Hormonersatz, entzündliche Darmerkrankungen, und Karzinome (2).
Die diagnostischen Kriterien umfassen eine invasiv bestätigte pulmonale Hypertension mit einem pulmonalen Mitteldruck (mPAP) von >20mmHg und einem Wedge Druck ≤15mmHg, segmentale Perfusionsdefizite bei erhaltener Ventilation im V/Q Szintigramm (Abbildung 1 C) sowie eine CT (Abbildung 1 A, B) oder invasive Angiographie mit den typischen vaskulären Läsionen einer CTEPH. Dazu gehören ringförmige Stenosen, Webs, hochgradige oder chronische Verschlüsse und Tortuositäten. Diese Veränderungen sind teilweise schwierig zu erkennen mittels CT oder der nicht selektiven Pulmonalisangiographie, weswegen diese Verfahren alleine nicht zum Auschluss einer CTEPH genügen. Vorteilhaft ist die Anwendung des Dual Energy CT (Abbildung 1 D), welche sowohl Anatomie als auch Perfusion darstellt und/oder die Anwendung der selektiven Angiographie einzelner Pulmonalarterien. Symptomatische Patienten nach akuter LE mit einem Perfusionsdefizit auf dem V/Q scan > 3 Monate nach LE sollten am PH-Zentrum abgeklärt werden. Das Screening für CTEPH bei asymptomatischen Risiko Patienten ist gemäss den neusten ESC-Richtlinien eine Klasse IIb, C Indikation (3).

Chirurgie und BPA

Die Therapie der Wahl bei der symptomatischen CTEPH ist die pulmonale Endarterektomie. Der Eingriff bedingt eine tiefe Hypothermie mit Kreislaufstillstand. Die Mortalität der chirurgischen BPA ist ca. 5% und an sehr erfahrenen Zentren weniger. Die Operabilität sollte von einem interdisziplinären Team beurteilt werden. Die Thromben sollten der Chirurgie zugänglich sein, d.h. im Hauptstamm, lobär und segmental, und es sollten keine prohibitiven Komorbiditäten vorhanden sein und keine sonstigen Limitationen, die das Risiko-Nutzen-Verhältnis relevant einschränkten (z.B. Gebrechlichkeit). Gemäss dem europäischen CTEPH Register waren von 679 untersuchten Patienten 36.5% als nicht operabel eingestuft und von den operablen Patienten wiederum wurden 14% nie operiert. Mit der Operation wird meistens eine Normalisierung des mPAP und Symptomfreiheit erreicht, der Therapieansatz ist also durchaus kurativ. In 17-31% kommt es allerdings zu einer nicht ausreichenden Drucksenkung wegen inkompletter Entfernung der Obstruktionen, Reperfusionsödem oder schwerer sekundärer Mikrovaskulopathie.
Zusammenfassend werden also fast 50% der CTEPH-Patienten keiner Operation unterzogen (4), und weitere 20% haben weiterhin einen Lungenhochdruck. Als Alternative für diese Patienten hat sich in der letzten Dekade die Ballonangioplastie der Lungenarterien etabliert, für welche die aktuellen PH Richtlinien eine Klasse IIb, C Indikation vorsehen, da die Technik aus Japan kommend in Europa erst gerade Fuss fasst. Welche Patienten am besten von einer BPA profitieren, bleibt derzeit unklar.

Entwicklung der BPA

Die erste BPA wurde 1988 in Leiden, Holland bei einem 30-Jährigen mit CTEPH erfolgreich durchgeführt mit einer mPAP Senkung von 46 auf 35 mmHg (5).
Eine erste 18 Patienten umfassende Serie wurde an der Harvard Medical School in Boston zwischen 1994 und 1999 behandelt (6). Hinsichtlich Effizienz war die BPA nach durchschnittlich nur 2.6 Interventionen in insgesamt 6 Segmenten erfolgreich (mPAP Senkung von 43 auf 34 mmHg), allerdings traten Reperfusionsödeme in 61% auf, was in 17% eine mechanische Ventilation bedingte und die Mortalität war mit 5.7% deutlich zu hoch. Die Sicherheitsbedenken verhinderten eine Entwicklung der Therapie längerfristig. Erst eine modifizierte Form der BPA entwickelt in Okayama, Japan hat der Methode neuen Aufwind gegeben und die aktuelle Entwicklung weltweit erst ermöglicht. Die japanischen Ärzte haben pro Sitzung weniger Segmente behandelt und die Ballondilatation äusserst vorsichtig durchgeführt (kleine Durchmesser, tiefe Inflationsdrucke), und keine Stents verwendet. Ein Vorgehen, dass sich wesentlich von der perkutanen Koronarintervention unterscheidet, bei welcher das Credo «the bigger the better» gilt und an welcher sich die Aerzte in Boston orientiert hatten (6). Eine erste Serie aus Okayama umfasste 68 Patienten, welche nach insgesamt 255 Sessionen (durchschnittlich 4 pro Patient) mit 2-3 Segmenten pro Sitzung untersucht wurden. Das mittlere Alter betrug 62 Jahre, und 78% waren Frauen. Der mPAP wurde von 45 auf 24mmHg (p < 0.019) reduziert und das Herzzeitvolumen von 2.2 auf 3.2 l/min (p = 0.02) gesteigert. Perforationen kamen in 2% vor, eine mechanische Beatmung war in 5.9% der Patienten notwendig und eine ECMO bei 2.9%. Die Sterblichkeit betrug nur 1.5%, womit wesentliche Fortschritte sowohl in der Effizienz als auch der Sicherheit demonstriert wurden. Zurzeit findet BPA weltweit an verschiedenen ausgewählten Zentren Anwendung und es gibt > 10 Register mit Daten von > 600 Patienten. Eine Übersicht über die Patientencharakteristika und die erreichte Widerstandssenkung sowie die Mortalität sind in Tabelle 2 aufgeführt. Zusammengefasst lässt sich eine Widerstandssenkung um 50% erreichen, bei einer periprozeduralen Mortalität von durchschnittlich 1.8%.

Durchführung

Das prinzipielle Setup der Ballonangioplastie-Eingriffe ist vergleichbar mit der perkutanen Koronarbehandlung. Die Anatomie ist allerdings wesentlich komplexer, da anstelle von 3 Gefässen 20 Segmentarterien zu intubieren sind und je nach Befund behandelt werden müssen. Der Zugang ist femoral venös unter Lokalanästhesie. Der Biox sollte während der Intervention > 95% sein, O2-Gabe ist also erforderlich. Die Therapie wird unter fortgeführter Antikoagulation durchgeführt (INR Ziel 2-2.5) und die periprozedurale Antikoagulation erfolgt mit niedrigen Heparindosen (2000 IE pro Stunde). Für die Durchführung der BPA verwendet man einen koronaren 6F Führungskatheter, gestützt durch einen kürzeren 8F Katheter, den man im Pulmonalishauptstamm positioniert (mother-in-child Technik). Für die Sondierung der Stenosen oder Verschlüsse werden Koronardrähte verwendet (0.6 g bis 12 g). Die Kontrastmittelapplikation erfolgt über Handinjektion. Die BPA sollte in den Lungensegmenten mit der schlechtesten Perfusion gemäss Szintigraphie beginnen. Ein gutes primäres Ziel stellt der rechte Unterlappen dar, wegen seiner Grösse und dem relativ grossen Blutfluss. Nach distaler Positionierung des Koronardrahts erfolgt die Ballondilatation mit konventionellen Koronarballonen. Deren Effekt ist in Abbildung 2 illustriert. Bei Patienten mit einem pulmonalen Mitteldruck > 40 mmHg sollten die Ballondiameter vorsichtig gewählt werden (2.0 mm) und die Inflationsdrucke sollten 6-8 bar nicht übersteigen, um das Risiko eines Gefässschadens mit konsekutivem Reperfusionsödem zu verringern. In Folgesitzungen oder bei einem Mitteldruck unter 40 mmHg erfolgt die Ballon Diameterwahl grosszügiger, mit dem Ziel, die Rest-Stenose < 50% zu halten (typischerweise Diameter zwischen 4-7 mm) und einen guten venösen Rückfluss zu ermöglichen. Ungleich der Koronarintervention werden praktisch nie Stents verwendet, da diese einerseits zu viele Komplikationen verursachen (6) und in der Regel gar nicht benötigt werden, da Recoil und Thrombose eine untergeordnete Bedeutung haben. Die wesentlichen Schritte der Intervention werden meist in tiefer Inspiration durchgeführt, weswegen die Patienten fähig sein sollten, Atemmanöver verlässlich auszuführen. Auch die Anzahl der behandelten Segmente pro Sitzung hängt vom mPAP ab. Während bei einem mPAP > 40 nicht mehr als 2-3 Läsionen angegangen werden sollten, sind bei tieferen Läsionen einzig das Kontrastmittel, die Bestrahlungszeit und die Ermüdung des Patienten die limitierenden Faktoren.

Komplikationen

Während der BPA können in ca. 1-2% Lungenblutung auftreten bedingt durch Drahtperforation der distalen Äste oder Perforation bei zu grossen Ballonen. Bereits sehr kleine Blutungen, die angiographisch nicht zwingend erkennbar sind, führen zu Husten (mit oder ohne Hämoptoe), womit dieser ein wichtiges Kriterium darstellt, die Intervention zu pausieren. Im Nachgang der Intervention (24-72h) ist das Reperfusionsödem (RPO) die gefürchtetste Komplikation, die durch vaskuläre Schäden (Kontrastapplikation, Führungsdraht) und Cytokinbedingte Inflammation entsteht. In den rezentesten Registern ist die Auftretenswahrscheinlichkeit ca. 5%. Das Risiko für RPO ist bei einem mPAP >40mmHg erhöht. Das RPI kann zu einem ARDS mit Notwendigkeit einer mechanischen Ventilation oder ECMO führen.

Nachsorge

Die Patienten sollten wegen den akuten Komplikationsgefahren wie Blutung oder Reperfusionsödem während mindestens 12h auf einer IMC kardiopulmonal überwacht, bei Risikopatienten während 24-48h. Ein konventionelles Lungenröntgen zwecks Ausschluss von Reperfusionsödem wird routinemässig durchgeführt. Die Entlassung kann bei gutem Verlauf am Folgetag erfolgen. Die Behandlungsintervalle richten sich nach der Nierenfunktion und der applizierten Strahlendosis. Die medikamentöse Therapie beinhaltet eine konventionelle OAK (Klasse I Indikation (3) und meist den guanylate Cyclase Stimulator Riociguat, dem einzigen zugelassenen Medikament für die Behandlung der inoperablen oder persistenten/rezidivierenden CTEPH.

Berner Erfahrung

Seit 2018 wurden am Inselspital 9 Patienten in 41 Sitzungen behandelt ohne relevante Komplikationen (keine Perforation, mechanische Ventilation oder Todesfall). Zwei der Patienten haben ihre Behandlung nach Erreichung eines mPAP < 25 mmHg bereits abgeschlossen. Eine detaillierte Auswertung wird später publiziert werden.

Ausblick

Derzeit bestehen kaum randomisierte Daten, welche die konservative medikamentöse Therapie mit der BPA (mit oder ohne medikamentöse Therapie) vergleichen. Kürzlich wurde die allererste Studie (NCT02634203) vorgestellt, welche die BPA mit medikamentöser Therapie verglichen hat bei inoperablen Patienten. Der Effekt der BPA auf den Lungengefässwiderstand nach 26 Wochen Therapie war signifikant grösser als der durch Riociguat in Höchstdosis (7). Ob die medikamentöse Therapie mit Riociguat nach erfolgreicher BPA sistiert werden kann, bleibt derzeit noch unklar.

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

Prof. Dr. Dr. Lorenz Räber

Leiter Herzkatheterlabor
Universitätsklinik für Kardiologie
Inselspital
Freiburgstrasse 18
3010 Bern

lorenz.raeber@insel.ch

Dr. med. Jacqueline Pichler Hefti

Universitätsklinik für Kardiologie und Interdisziplinäres Zentrum
für pulmonale Hypertonie, Universität Bern, Inselspital,
Freiburgstrasse 18
3010 Bern

Prof. Dr. med. Irene M. Lang

Department Innere Medizin II, Abteilung für Kardiologie, Medizinische
Universität Wien
Währinger Gürtel 18-20
A-1090 Wien, Oesterreich

LR und JPH melden keinerlei Interessenkonflikte in Bezug auf dieses Manuskript. IL erhielt Forschungsgelder von AOPOrphan und Actelion sowie Sprecherhonorare von AOPOrphan, Actelion, Medtronic, Ferrer und Astra Zeneca.

  • Die CTEPH ist eine relativ seltene aber prognostisch bedeutsame Langzeitkomplikation der akuten Lungenembolie, die schwierig zu diagnostizieren ist.
  • Die Goldstandarddiagnostik umfasst Lungen-Perfusions-Szintigraphie, CT Angio und Rechtsherzkatheter mit Angiographie.
  • Die BPA stellt in erfahrener Hand eine sichere Option für CTEPH-
    Patienten dar, die durch ein interdisziplinäres PH-Zentrum als inoperabel eingestuft werden.
  • Die BPA erlaubt eine PVR Reduktion von 60% des Ausgangswerts.
  • Es werden 5-8 Behandlungssitzungen benötigt, um diese Resultate zu erreichen.

Messages à retenir

  • La CTEPH est une complication à long terme relativement rare mais d’ importance pronostique de l’ embolie pulmonaire aiguë qui est difficile à diagnostiquer.
  • L’  étalon ore du diagnostic comprend la scintigraphie de perfusion pulmonaire, l’ angio par tomodensitométrie et le cathéter du cœur droit avec angiographie.
  • La BPA est une option expérimentée et sûre pour les patients avec CTEPH qui sont classés comme inopérables par un centre interdisciplinaire d’  hypertension pulmonaire
  • La BPA permet une réduction du PVR de 60 % par rapport au niveau de référence.
  • 5 à 8 séances de traitement sont nécessaires pour atteindre ces résultats.

1. Coquoz N, et al. Multicentre observational screening survey for the detection of CTEPH following pulmonary embolism. Eur Respir J 2018;51:1702505.
2. Lang I, et al. Balloon pulmonary angioplasty in chronic thromboembolic pulmonary hypertension. Eur Respir Rev. 2017:26:165119.
3. Galiè N, et al. 2015 ESC/ERS Guidelines for the diagnosis and treatment of pulmonary hypertension: The Joint Task Force for the Diagnosis and Treatment of Pulmonary Hypertension of the European Society of Cardiology (ESC) and the
European Respiratory Society (ERS):. Eur Heart J. 2016;37:67-119.
4. Pepke-Zaba J, et al. Chronic thromboembolic pulmonary hypertension (CTEPH): results from an international propspective registry. Circulation 2011;124:1973-1981.
5. Voorburg JA, et al. Balloon angioplasty in the treatment of pulmonary hypertension caused by pulmonary embolism. Chest 1988;94:1249-1253.
6. Feinstein JA, et al. Balloon pulmonary angioplasty for treatment of chronic
thromboembolic pulmonary hypertension. Circulation 2001;103:10-13.
7. Jais X, et al. Late Breaking Clinical Trial Presentation at ERS Madrid, Madrid, Spain on Sept 30, 2019.

Véganisme et risque cardiovasculaire

Le véganisme connaît un intérêt médiatique croissant en prônant un style de vie dépassant un régime exclusivement végétal favorable à la santé pour rejeter toute forme d’ exploitation animale. Basé sur un récent rapport de la Commission fédérale sur l’ alimentation, cet article décrit l’ insuffisance des évidences scientifiques pour recommander ce type de régimes pour la prévention et le traitement des maladies cardiovasculaires ischémiques.

Der Veganismus gewinnt zunehmend an Medieninteresse, indem er sich für einen Lebensstil einsetzt, der über eine ausschliesslich pflanzliche, gesundheitsfördernde Ernährung hinausgeht und alle Formen der Tierausbeutung ablehnt. Basierend auf einem
aktuellen Bericht der Eidgenössischen Ernährungskommission beschreibt dieser Artikel den Mangel an wissenschaftlichen
Erkenntnissen, um solche Diäten zur Prävention und Behandlung ischämischer Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu empfehlen.

Créé en 1944 en Grande-Bretagne, le végétalisme ou véganisme en tant que style de vie prône un régime exclusivement végétal. Au-delà de ce simple choix alimentaire, le véganisme rejette par principes éthiques et philosophiques la légitimité de toute forme d’ exploitation animale. Selon ses adeptes les plus militants, le véganisme constituerait la solution à privilégier, dans le respect des animaux, de l’  environnement, tout en favorisant une alimentation équilibrée comme source de santé et de bien-être pour les humains. Au cours de ces dernières années, l’ activité et les revendications des mouvements véganes ont trouvé un écho de plus en plus large dans les médias, en suscitant débats et incertitudes chez les consommateurs qui montrent un intérêt croissant pour les conséquences sur leur santé de tout ce qu’ ils mangent.
La publication récente du rapport de la Commission fédérale de l’ alimentation intitulé «  Régimes végétaliens: analyse des avantages et des inconvénients sur le plan nutritionnel et pour la santé  »  a servi de base à la rédaction du présent article focalisé sur le risque cardiovasculaire (CV) des régimes véganes et sur les recommandations pour la prévention des maladies cardiovasculaires ischémiques (MCVI) (1).

Caractéristiques des régimes véganes

Par définition, un régime «  végane  »  exclut tout ingrédient d’ origine animale, mais dont le spectre des autres nutriments peut varier. Ce type de régime se différencie donc des autres formes de régimes tels que :
a) «  végétarien  »  ou «  ovo-lacto-végétarien  »  si aucun ingrédient ni auxiliaire technologique d’ origine animale ne sont inclus, à l’ exception du lait, des composants du lait tels que le lactose, des œufs, des composants de l’ œuf et du miel ;
b) «  ovo-végétarien  »  si aucun ingrédient ni auxiliaire technologique d’ origine animale ne sont inclus, à l’ exception des œufs, des composants de l’ œuf et du miel ;
c) «  lacto-végétarien  »  si aucun ingrédient ni auxiliaire technologique d’ origine animale ne sont inclus, à l’ exception du lait, des composants du lait et du miel.
d) «  végétalien  »  si aucun ingrédient d’ origine animale n’ est présent.
La suppression de la viande, du poisson, des œufs et des produits laitiers comporte une perte de macro- et micronutriments nécessitant d’ être remplacés par d’ autres sources alimentaires ou par supplémentation pour s’ assurer d’ une alimentation équilibrée (Tab. 1).
De nombreuses études européennes publiées depuis 2015 ont examiné les régimes véganes et calculé l’ apport des nutriments en s’ appuyant sur des listes d’ aliments spécifiques des pays concernés. En ce qui concerne les macronutriments, les valeurs de consommation moyennes satisfont souvent aux recommandations nutritionnelles générales. Toutefois, leur variabilité est très importante, ce qui peut s’ avérer problématique dans le cas des apports en protéines. Selon le peu d’ études ayant collecté des données sur l’ ingestion de fruits et légumes, il apparaît qu’ en moyenne, l’ apport journalier recommandé (trois portions de légumes et deux portions de fruits) est couvert, mais là encore avec une très grande variabilité de cette consommation. Ces éléments laissent supposer qu’ il n’ y a pas de preuve qu’ un régime végane soit toujours associé à un apport riche en fruits et légumes. C’ est pourquoi, il est difficile de présumer qu’ un régime végétalien procure de facto les avantages de ce mode alimentaire sur la santé. Or, il s’ agit là d’ un des axiomes de la plupart des prises de position en faveur d’ un régime végane (1, 2).
Les données relatives aux micronutriments sont souvent limitées par le manque d’ informations spécifiques concernant les choix alimentaires des sujets d’ études, ainsi que le type et les doses des supplémentations. La plupart des études montrent que la supplémentation en vitamine B12, bien que nécessaire, n’ est que partiellement suivie (50-70  % des participants), ce qui peut occasionner un risque CV accru. Si d’ autres carences sont possibles (vitamine D, calcium, etc.) à l’ inverse, par comparaison aux omnivores, les véganes montrent des apports et un profil sanguin plus riches en micronutriments tels que le magnésium, les vitamines C, B1 et B6, l’ acide folique, les caroténoïdes et les polyphénols, d’ où un potentiel bénéfique pour la santé. En somme, les régimes véganes bien planifiés pourraient couvrir les besoins énergétiques et nutritionnels, mais ils exigent de très bonnes connaissances nutritionnelles, ainsi qu’ une supplémentation basée sur un monitoring sanguin régulier des micronutriments les plus importants.

Prévalence du véganisme, caractéristiques et motivations de ses adeptes

En Europe, il est estimé que 2 à 5  % de la population suivent un régime végétarien, végane inclus. En Suisse, la récente enquête de l’ association Swissveg a fait état de 11 % de végétariens et de 3 % de véganes parmi les 1296 personnes âgées de 15 à 74 ans sondées en 2017. Ces résultats contrastent fortement avec les données de l’ étude menuCH de 2015 comptant 2000 participants adultes, puisque la prévalence des végétariens s’ est chiffrée à 1.77 % et celle des véganes à 0.38  %. Des données plus précises manquent, mais selon les Enquêtes suisses sur la santé, il apparaît qu’ entre 1992 et 2017 la proportion de personnes déclarant ne jamais manger de viande a tout de même triplé, passant de 2 à 6 %.
Les différents sondages montrent, qu’ en Suisse aussi, il s’ agit avant tout de femmes jeunes jouissant d’ un bon niveau de formation et habitant ou travaillant plutôt en ville. Leurs principales motivations de renoncer à la viande correspondent au bien-être des animaux (78 %), ainsi qu’ à des considérations éthiques (60 %) et écologiques (58 %). Mais seuls 35 % d’ entre elles ont invoqué la santé.

Régimes véganes et leur impact sur le risque cardiovasculaire

Privilégiant la consommation de fruits, de légumes, de fibres et d’ hydrates de carbone, l’ apport réduit en graisses et graisses saturées, ainsi que l’ éviction des protéines animales, notamment de viande rouge et de charcuterie, les régimes véganes ont montré, par comparaison aux régimes omnivores, des effets plutôt positifs sur les lipides sanguins, le poids et le contrôle glycémique. Ceci peut présager d’ un impact favorable sur le risque de maladies cardiovasculaires ischémiques (MCVI), de type cardiopathie ischémique (CPI) ou accident cérébrovasculaire (AVC).
Historiquement, Key TJ et al avaient publié en 1999 les résultats d’ une analyse groupée de 5 études prospectives de cohorte faisant état d’ une diminution, toutefois non-significative, des taux de mortalité par CPI (-26  %), ainsi que par AVC (-30 %) chez les personnes véganes par comparaison aux personnes omnivores (3). Largement reportés comme étant favorables, en dépit des limitations méthodologiques majeures, ces données méritent cependant d’ améliorer le niveau d’ évidence scientifique en faveur du véganisme. Or, la revue de littérature scientifique établie jusqu’ en 2018 ne recense malheureusement aucune étude d’ intervention de type RCT, ce qui permettrait de valider adéquatement le bénéfice des diètes véganes sur le risque de MCVI. De fait, l’ essentiel des connaissances actuelles repose sur des études observationnelles.
A ce jour, nous ne disposons malheureusement d’ aucune étude observationnelle ayant cherché à déterminer si les régimes véganes pourraient être associés à une incidence réduite d’ un premier évènement CV, qu’ il s’ agisse d’ une CPI ou d’ un AVC. Bien que l’ opinion générale, voire même certaines prises de position, accordent volontiers des vertus bénéfiques aux régimes véganes, des recherches plus approfondies s’ imposent clairement afin de prouver les avantages potentiels de tels régimes pour la prévention ou le traitement des MCVI (2). En revanche, le risque de mortalité CV associé spécifiquement aux régimes véganes a pu être analysé dans les trois études mentionnées dans le tableau 2 (4-5). Se basant sur les données de «  l’ Adventist Health Study-2 » , une grande étude prospective de cohorte réalisée auprès de 73 308 membres de la communauté adventiste nord-américaine, dont 5 548 véganes et 35 359 omnivores, Orlich MJ et al ont rapporté des résultats contradictoires au terme des 5.6 ans de suivi (4). Alors qu’ ils ont observé une réduction statistiquement significative du taux de mortalité CV globale (-42 %) et coronarienne (-55 %) chez les hommes, ce fut l’ inverse chez les femmes au vu d’ une augmentation non significative de ces risques atteignant respectivement + 18 % et + 39 %.
Ces données contrastent fortement avec les résultats d’ Appleby PN et al découlant des 2 études de cohortes prospectives « l’ Oxford Vegetarian Study » et « l’ EPIC-Oxford Cohort Study »  (5). Poolées pour cette analyse, ces 2 cohortes totalisèrent 60 310 personnes recrutées au sein de la population de Grande Bretagne, dont 2 258 exclusivement véganes et 18  431 omnivores suivis pendant 15 ans ou plus. Globalement, le risque de mortalité coronarienne fut légèrement réduit (-10 %) chez les véganes par comparaison aux omnivores, alors que le risque fut nettement accru, mais de manière non significative, tant pour la mortalité par AVC (+ 61 %) que par mortalité CV globale (+ 21 %).
Ces études de cohorte comportent toutes trois diverses limitations méthodologiques qui affaiblissent le niveau d’ évidence en faveur des bénéfices, voire des désavantages liés aux régimes véganes sur le risque CV.
En conclusion, les données scientifiques acquises à ce jour demeurent trop incertaines pour préconiser les régimes véganes tant à titre de prévention que de traitement des MCVI. C’ est sans doute une des raisons principales au fait que de tels régimes n’ ont pas été inclus dans les recommandations alimentaires pour la prévention des MCVI édictées par les Sociétés suisses, européennes américaines de cardiologie.

Deuxième impression de l’article paru dans «la gazette médicale» 02_2019

Pr Roger Darioli

Président de la Fondation Suisse Nutrition Santé
5, chemin des Fleurs
1007 Lausanne

roger.darioli@unisante.ch

L’ auteur n’ a aucun lien d’ intérêt financier, ni de connivence avec les mouvements véganes, les défenseurs de la cause
animale ou les producteurs de viande, pas plus qu’ avec l’ industrie alimentaire. De plus, cet article a été rédigé en toute indépendance, sans aucune contribution financière. De même, le rapport du groupe d’ expert de la Commission fédérale de l’ alimentation a été rédigé en toute indépendance sur la base des connaissances scientifiques publiées entre 2007 et 2018.

  • Der 1944 in Grossbritannien gegründete Vegetalismus oder Veganismus als Lebensweise befürwortet eine ausschliesslich pflanzliche Ernährung, die als Quelle der Gesundheit für den Menschen gilt und alle Formen der Tierausbeutung aus ethischen und philosophischen Gründen ablehnt.
  • Die Vermeidung von Fleisch, Fisch, Eiern und Milchprodukten bedeutet den Verlust von Makro- und Mikronährstoffen, die durch andere Lebensmittelquellen und Ergänzungsmittel ersetzt werden müssen, um das Risiko von gesundheitsschädigenden Ernährungsmängeln zu vermeiden, die insbesondere das Herzkreislaufsystem betreffen.
  • Bis heute haben wir keine wissenschaftliche Publikation, die den Einfluss einer veganen Ernährung auf die primäre Prävention von kardiovaskulären Krankheiten untersucht hat. Nur das kardiovaskuläre Mortalitätsrisiko wurde in drei prospektiven Kohortenstudien analysiert, die zu gegenläufigen Ergebnissen zwischen Nutzen und Risiko führten. Aufgrund des Fehlens ausreichender wissenschaftlicher Erkenntnisse ist Veganismus nicht in den Ernährungsempfehlungen zur Prävention und Behandlung von kardiovaskulären Erkrankungen enthalten.

Messages à retenir

  • Créé en 1944 en Grande-Bretagne, le végétalisme ou véganisme en tant que style de vie prône un régime exclusivement végétal considéré comme source de santé pour les humains, en rejetant toute forme d’ exploitation animale par principes éthiques et philosophiques.
  • La suppression de la viande, du poisson, des oeufs et des produits laitiers comporte une perte de macro- et micronutriments nécessitant d’ être remplacés par d’ autres sources alimentaires et par supplémentation pour prévenir le risque de carences nutritionnelles préjudiciables à la santé, notamment cardiovasculaire.
  • A ce jour nous ne disposons d’ aucune publication scientifique ayant évalué l’ influence d’ un régime végane sur la prévention primaire des MCVI. Seul le risque de mortalité CV a été analysé dans trois études prospectives de cohorte qui ont produit des résultats opposés entre bénéfices et risques. Vu l’ absence d’ évidence scientifique suffisante, le véganisme ne figure pas dans les recommandations alimentaires pour la prévention et le traitement des MVCI.

1. Rapport du Groupe d’experts de la Commission fédérale de l’alimentation. Régimes végétaliens: analyse des avantages et des inconvénients sur le plan nutritionnel et pour la santé (2018).
2. Melina V, Craig W, Levin S.l. Position of the Academy of Nutrition and Dietetics: Vegetarian Diets. J Acad Nutr Diet. 2016;116:1970-80.
3. Key TJ, Fraser GE, Thorogood M Appleby PN, Beral V, Reeves G, Burr ML, Chang-Claude J, Frentzel-Beyme R, Kuzma JW, Mann J, McPherson K.Mortality in vegetarians and nonvegetarians: detailed findings from a collaborative analysis of 5 prospective studies. Am J Clin Nutr 1999; 70, 516S–524S.
4. Orlich MJ, Singh PN, Sabaté J, Jaceldo-Siegl K, et al. Vegetarian dietary patterns and mortality in Adventist Health Study 2. JAMA Intern Med. 2013;173:1230-38.
5. Appleby PN, Crowe FL, Bradbury KE et al. Mortality in vegetarians and comparable nonvegetarians in the United Kingdom. Am J Clin Nutr. 2016;103:218-30.

Neues zur arrhythmogenen Kardiomyopathie

Prof. F. Duru

Am 26. und 27.9.2019 fand im Hotel Belvoir, Rüschlikon, zum 4. Mal das «Zurich Symposium on Arrhythmogenic Cardiomyopathies» unter der Leitung von Prof. Dr. med. Firat Duru und Prof. Dr. med. Corinna Brunckhorst, Universitätsspital Zürich, statt. Das Symposium ist eine wichtige Fortbildungsaktivität des Zurich Arrhythmogenic Right Ventricular Cardiomyopathy (ARVC) Programms des Herzzentrums der Universität Zürich. Das Hauptaugenmerk des Zürcher ARVC-Programms ist, vermehrtes Bewusstsein für diese herausfordernde Krankheit zu schaffen.

Der erste Tag des Symposiums war der Diagnose und Therapie der arrhythmogenen Kardiomyopathien (ACM) mit State-of-the-art-Update-Sessionen gewidmet. Der Tag wurde mit der Verleihung der ARVC-Preise abgeschlossen. Der zweite Tag umfasste Sessionen, die die Sicht des Spezialisten wiedergaben, sowie einen Überblick über die Welt der arrhythmogenen Kardiomyopathien. Das Symposium wurde mit einem Wrap-up und einer Session über Guidelines abgeschlossen.

Prof. C.Brunckhorst

Der Einladung von Prof. Corinna Brunckhorst und Prof. Fiat Duru waren viele international renommierte Spezialisten auf dem Gebiet der Kardiomyopathien gefolgt.
Der folgende Beitrag ist der Diagnose und Therapie von ACM gewidmet.

Arrhythmogene Kardiomyopathien – derzeitige Herausforderungen in der Diagnose

Prof. R. N. W. Hauser

Zu den derzeitigen Herausforderungen gehören Über- und Unterdiagnose von ACM. Überdiagnose, d.h. Cor adiposum und andere irrtümlicherweise als ACM unter Einsatz der kardialen Magnetresonanz (CMR) und der LGE CMR interpretierte Zustände. Überdiagnosen können auch aufgrund der EKG-Parameter entstehen (Epsilonwellen, Athleten) oder durch nicht-pathogene Varianten sowie durch ACM-Phänokopien, stellte Prof. Dr. Richard N. W. Hauer, Utrecht, fest.
Unterdiagnose kann entstehen durch Unkenntnis von linksventrikulärer oder rechtsventrikulärer Subtricuspid-Beteiligung oder wegen des Mangels an Kriterien im frühen Krankheitsstadium und bei jungen Personen.

Differenzialdiagnose von phänotypischen ACM-Varianten

Die arrhythmogene rechtsventrikuläre Dysplasie ist eine genetisch determinierte Kardiomyopathie, die charakterisiert ist durch den progressiven Ersatz des rechtsventrikulären Myokards durch Fett und fibröses Gewebe und ventrikuläre Arrhythmien rechtsventrikulären Ursprungs. Eine linksdominierte Form von ARVD führte dazu, dass sich einige Experten auf die Krankheit als «arrhythmogene Kardiomyopathie» beziehen, so Prof. Dr. Hugh Calkins, Baltimore.

Prof. H. Calkins

Der Referent betonte, dass nichts sicher ist ausser dem Wechsel. Wir befinden uns am Beginn einer neuen Ära der «arrhythmogenen Kardiomyopathie». Dieser weitgefasste Begriff wird es Patienten ermöglichen, für eine systematische genetische und klinische Untersuchung in unsere Kliniken zu kommen. Dieser Ansatz zur Evaluation und zum Management wird die Pflege der Patienten verbessern, wird Leben retten und die Weichen für die nächste Phase unserer Forschung stellen. Unsere Aufgabe als AVRC-Forschungsgemeinschaft ist es, die Führung bei der Definition von Patientenuntergruppen festzulegen, um die notwendigen Voraussetzungen für Forschung und Patientenversorgung zu schaffen. «Wir beherrschen ARVC weitgehend, ALVC ist in Reichweite und ich würde den Begriff nicht spezifisches ACM als Definition für alle anderen vorschlagen. Weiter würde ich vorschlagen, dass wir die Patienten als mit familiärer ACM oder mit nicht familiärer Form von ACM kategorisieren», so der Referent.

Die Rolle des Imaging in der Diagnose der arrhythmogenen Kardiomyopathie

Hat der Patient eine arrhythmogene Kardiomyopathie? Es gibt 3 mögliche Szenarien: Der Patient präsentiert sich mit einer arrhythmogenen Kardiomyopathie, es handelt sich um einen Zufallsbefund (EKG) oder um ein Familienscreening. Bilder des Herzens werden zur Bestätigung eines Verdachts auf arrhythmogene Kardiomyopathie gemacht oder um Phänokopien auszuschliessen, so Prof. Dr. Perry Elliot, London.

Prof. P. Elliot

Der Referent fasst die folgenden Lehren zusammen:
Der Kontext ist der Schlüssel zur Diagnose. Der Familienphänotyp ist wichtig. Die sklavische Einhaltung von Cut-offs sollte vermieden werden. Die Narbe (insbesondere LV) ist wirklich wichtig. Flexibilität beim Verständnis von Phänotypen. «Zuckende» Herzen mit strukturellen Abnormitäten.

Genetische Testung zur Diagnose und Risikostratifizierung von ACM

Warum genetische Testung? Zur Diagnose? Zum Bevölkerungsscreening für Lebensstilberatung? Als Werkzeug für ein Familienscreening? Zur Risikovorhersage? Dies waren die eingangs ans Publikum gestellten Fragen von Prof. Dr. J. Peter von Tintelen, Amsterdam.

Prof. J. P. von Tintelen

Die Guidelines stimmen darin überein, dass die genetische Testung bei Indexpatienten nützlich / empfohlen / indiziert ist. Macht es bei Familienmitgliedern Sinn, die Genetik in die diagnostischen Kriterien einzuschliessen? Der genetische Test ist ein Wahrscheinlichkeitstest, kein binärer Test. Das Ergebnis hängt von der Varianteninterpretation und vom Phänotyp ab. Der Referent zitiert eine Arbeit (Clin Genet 2019, in press) in der eine Reevaluation von genetischen Varianten, die vorher mit arrhythmogener rechtsventrikulärer Kardiomyopathie unter Einschluss von bevölkerungsbasierten Kohorten und von Proteomik-Daten assoziiert waren. Bei ungefähr 10% der Patienten, von denen vorher berichtet wurde, dass sie ARVC verursachen, war es unwahrscheinlich, dass sie mit hoch penetrantem monogenem ARVC assoziiert waren.
Genetische Tests für die Diagnose: In der Diagnostik dient der genetische Test der Bestätigung des Index-Patienten (Phänotyp gesteuert, relevante Gene).
Das Resultat des genetischen Tests sollte nicht Teil der klinischen Kriterien sein (klinische Merkmale bestimmen die Interpretation von Varianten; das Verhältnis Signal zu Rauschen; Expertise).
Genetik und Risikostratifizierung: Starke Genotypen sind TMEM43, PLN, FLNC, RBM20, BAG3, multiple (möglicherweise) pathogene Varianten: starke Phänotypen. LV-Dysfunktion: DSP, nicht desmosomale Gene.

Arrhythmogene (rechtsventrikuläre Kardiomyopathie – die Rolle der medikamentösen Therapie

James Taylor war ein berühmter englischer Cricketspieler, der sich im Alter von nur 25 Jahren nach der Diagnose einer ventrikulären Tachykardie zurückzog. Erhielt einen ICD, berichtete Frau Dr. Larissa Fabritz, Birmingham. Die ESC Guidelines empfehlen Patienten mit ARVC, kompetitiven Sport zu vermeiden (I/C).

Dr. L. Fabritz

Die Rolle der medizinischen Therapie: Medizinische Kunst ist die regelmässige medizinische Überprüfung durch multidisziplinäre Expertenteams. Medikation (allein, zusätzlich zu ICD, Ablation) umfasst symptomatische Behandlung, medizinische Therapie zur Prävention einer Krankheitsprogression, so die Referentin. James Taylor berichtete von den Shocks durch den ICD: «Wie wenn man von einem Cricket-Ball in voller Geschwindigkeit auf der Brust getroffen wird und seinen Finger in eine elektrische Steckdose steckt.»
Zur Wirksamkeit von anti-arrhythmischen Medikamenten bei ARVC sind nur wenig systematische Daten verfügbar. Die Auswirkung der medizinischen Therapie auf die Mortalität ist nicht bekannt. Die ESC-Guidelines empfehlen Betablocker bis auf die maximale Dosis auftitriert als First-Line-Therapie zur Verbesserung der Symptome (I/C).
Die Referentin fasste ihre Überlegungen zur medizinischen Behandlung von Patienten mit ARVC wie folgt zusammen:
Die Behandlung benötigt Verbesserung. Eine engere und verbreitertere Zusammenarbeit in multidisziplinären Teams ist erforderlich. Eine Zusammenarbeit zur Erforschung der Wirksamkeit der symptomatischen Behandlung und zur Verhütung der Krankheitsprogression sowie zum besseren Verständnis der Pathomechanismen ist unabdingbar.

Indikationen für ICD bei arrhythmogener rechtsventrikulärer Dysplasie

Plötzlicher Herztod (SCD) und ARVD/C sind Krankheiten, die mit starken Arrhythmien einhergehen. Es existiert eine verdeckte Phase mit hohem SCD-Risiko. Jüngere Patienten mit ARCD/C erleiden einen SCD. Belastungssynkopen bei jungen Patienten mit ARVD/C sind höchstwahrscheinlich auf abgebrochenen SCD zurückzuführen. MMVT ist bei älteren Patienten häufig, so Prof. Dr. Harikrishna Tandri, Baltimore.

Prof. H. Tandri

Die ICD-Therapie ist zur Sekundärprävention geeignet. Die Patienten müssen die Kriterien der Task Force erfüllen (Patienten mit reanimiertem SCD und Patienten mit dokumentierter synkopaler ventrikulärer Tachykardie).
Die Herausforderungen im Management sind Patienten ohne vorgängige VT/VF, die aufgrund des genetischen Mutationsstatus oder aufgrund der Familienanamnese diagnostiziert wurden, Patienten mit Synkopen ohne dokumentierte Arrhythmien, mit VT/VF während EP-Untersuchung , mit signifikanter PVC/NSVT-Last oder solche mit schwerer struktureller Krankheit.
Prädiktoren für eine ICD-Therapie sind Synkope (23% Ereignisrate nach 48h), stärkster Prädiktor für Vorhofflimmern, NSVT und PVC sind mit ventrikulärer Tachykardie assoziiert, die Familienanamnese alleine trägt zu niedrigem Risiko bei. Die Elektrophysiologie sagt keine künftigen Ereignisse voraus, so der Referent.
Subkutaner ICD: Attraktive Option für die Primärprävention, >75% der Ereignisse sind tempokontrollierbar, Die Grösse ist immer noch ein Problem, ein prospektives Register ist am Laufen.
Was verursacht ventrikuläre Tachykardie bei ARVD/C?
Eine Synkope ist stark mit Arrhythmie assoziiert. ASVT sagt ICD-Therapie voraus, Familiengeschichte für SCD, SAECG sind wahrscheinlich nicht nützlich; Familienmitglieder, die die Kriterien ohne Familienkriterien erfüllen, haben ein höheres Risiko; die Rolle des Genotyps und elektro-anatomisches Mapping sind nicht verfügbar, so die Folgerungen des Referenten.

Was verursacht VT ARVD/C?
Frühes ARVC
o Hohe Prävalenz von schneller ventrikulärer Tachykardie in der verdeckten Phase
o Beginn während Bewegung
o Betablocker sind sehr wirksam

Indikationen für VT-Ablation bei ARVD/C sind wiederkehrende ICD-Shocks, Nebenwirkungen der medikamentösen Therapie, fortwährende VT, häufige vorzeitige ventrikuläre Kontraktionen mit Symptomen.

VT-Ablation: Erkrankung ist epikardial, Arrhythmien sind Katecholamin-sensitiv, multiple VT sind zu erwarten, VT-Lokationen vorhersagbar. Es kann mehr als ein Eingriff notwendig sein. Betablocker als Langzeittherapie.
Fazit: Katheterablation reduziert Arrhythmielast. Das Substrat ist epikardial. Wiederauftreten ist nicht unüblich (ca. 40% nach 4 Jahren). ALVC hat geringere Erfolgsraten. Primäre substratbasierte Ablation in spezialisierten Zentren ist der empfohlene Therapieansatz.

Massnahmen zur Verhinderung der Krankheitsprogres-sion – die Bedeutung sportlicher Aktivität auf ACM

A(RV)C ist die führende Ursache für SCD bei jungen kompetitiven Athleten. Die Inzidenz des plötzlichen kardiovaskulären Todes bei jungen Leistungssportlern ist in der Region Venetien in Italien seit der Einführung eines landesweiten systematischen Screenings deutlich zurückgegangen, so Prof. Dr. Domenico Corrado, Padua. Die Verringerung der Sterblichkeit war überwiegend auf eine geringere Inzidenz des plötzlichen Todes durch Kardiomyopathien zurückzuführen, die mit der zunehmenden Identifikation von Athleten mit Kardiomyopathien bei der Vorbereitung des Screenings einherging (Corrado D et al. JAMA 2006;296:1593-1603).

Prof. D. Corrado

Sportliche Aktivität hat einen Einfluss auf ARV/C, wie der Referent zeigte. Körperliche Aktivität erhöht die rechtsventrikuläre Vergrösserung, dagegen findet keine Änderung der LV- oder LA-Grösse oder -Funktion statt. Genelusive, nicht-familiäre ARVD/C ist mit körperlicher Aktivität sehr hoher Intensität verbunden, was darauf hindeutet, dass Bewegung eine unverhältnismässige Rolle in der Pathogenese dieser Fälle spielt. Da Bewegung die Herzstruktur negativ verändert und Herzrhythmusstörungen fördert, ist eine Bewegungseinschränkung gerechtfertigt, so der Referent.
In einem Rattenmodell wurde eine Myokardfibrose nach längerem intensivem Bewegungstraining dokumentiert, zusammen mit Veränderungen der Herzkammerfunktion und erhöhter Arrhythmie-Induktivität. Diese Ergebnisse stützen die Annahme, dass ein langfristig kraftvolles Ausdauertraining in einigen Fällen ein nachteiliges Remodelling fördern und ein Substrat für Herzrhythmusstörungen bilden kann.
Bei Athleten mit RV-Dilatation/Dysfunktion und VA sind Mutationen in den desmosomalen Genen prävalent. Plakophilin-2-Mutationen sind die hauptsächlichen Determinanten der familiären ARVD/C. Sport und gesunde Genträger: Sportbedingte phänotypische Expression und/oder Progression der Krankheit.
Sport- und gesunde Genträger:

  • Sportbedingte phänotypische Expression und/oder Krankheitsverlauf
  • Phänotyp der spät einsetzenden Erkrankung (2.-4. Lebensjahrzehnt): Jugendliche, die eine Desmosom-Genmutation tragen, können noch zu jung sein, um den Krankheits-Phänotyp zum Zeitpunkt der PPS zu zeigen (Falschnegative)
  • Herzkammerflimmern kann auftreten, bevor der Phänotyp auftritt (desmosomale gendefektbedingte Reduktion des Natriumstroms).

Wie mit Herzinsuffizienz bei ACM umgehen?

Die pharmakologischen Optionen zur Behandlung der ARVD/C bestehen aus arrhythmischen Wirkstoffen, Betablockern und Herzinsuffizienz-Medikamenten, so Prof. Dr. Dr. h.c. Frank Ruschitzka, Zürich.

Prof. F. Ruschitzka

Der Referent stützte sich dabei auf ein Consensus-Statement einer Internationalen Task Force. Für ARVC/D-Patienten, die eine rechts- oder links-seitige Herzinsuffizienz entwickeln, ist die Standardbehandlung mit ACE-Inhibitoren, ARBs, Betablockern und Diuretika empfohlen (Klasse-I-Empfehlung). Für ARVC/D-Patienten mit asymptomatischer RV- und/oder LV-Dysfunktion kann eine Behandlung mit ACE-Inhibitoren oder ARBs in Betracht gezogen werden (IIb). Betablocker sind empfohlen bei ARVC/D Patienten mit wiederkehrenden VT, geeigneten Therapien oder unangemessenen ICD-Interventionen infolge von Sinustachykardie, SVT oder AFib/Flattern mit hoher ventrikulärer Rate (Klasse I). Betablocker sollten bei allen Patienten mit ARVD/C, unabhängig von Arrhythmien, in Betracht gezogen werden (Klasse IIa). Die prophylaktische Gabe von Betablockern bei gesunden Genträgern ist nicht empfohlen (Klasse III), so die Guidelines.
Die Herzinsuffizienz ist häufig und bei Patienten mit ARVD/C nicht ausreichend erkannt.
Der Referent zeigte die Entwicklung der Behandlung der Herzinsuffizienz über die Jahre von den palliativen über die neurohormonalen Medikamente zu den Devices und ARNI bis zu den SGLT-Inhibitoren, die als Antidiabetika entwickelt wurden, sich aber bei Herzkranken als effektiv erwiesen und auch bei ARVD/C eine rationale Bedeutung haben. Sie reduzieren das interstitielle Ödem, die Vorlast, Nachlast, sowie LV und Wandstress. Sie verbessern die Nierenfunktion und die kardiovaskuläre Physiologie, verhindern den Natrium-Wasserstoffaustausch verbessern die Bioenergie sowie die Natriurese.

Der Zürcher ARVC Forschungspreis

Der mit CHF 30 000 dotierte, von der Georg und Bertha Schwyzer-Winiker Stiftung, der Baugartenstiftung und Dr. Hans-Peter Wild gestiftete Preis für die Grundlagenforschung ging an Frau Dr. med. Marina Cerrone für die Arbeit «Disruption of Ca2+, Homeostasis and Connexin 43 Hemichannel Function in the Right Ventricle Preceds Overt Arrhythmogenic Cardiomyopathy in Plakophilin-2-Deficient Mice», publiziert in Circulation 2019. Die Preisübergabe erfolgte durch den Nobelpreisträger Prof. Rolf Zinkernagel, Zürich.
Der Preis für Klinische Forschung ging an Dr. med. Ling Chen für die Arbeit mit dem Titel «A novel genotype-based clinicopathology classification of arrhythmogenic cardiomyopathy provides novel insights into diseae progression», publiziert im European Heart Journal 2019. Die Würdigung erfolgte durch Prof. Frank Ruschitzka.

Den krönenden Abschluss fand der der Arrhythmie gewidmete Nachmittag mit den Rhythmen der Musici Volanti, die das Publikum mit ihrem variantenreichen Programm verzauberten.

Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

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Schlechte Erreichung der Lipidzielwerte bei Patienten mit symptomatischer peripherer Arterienerkrankung

Internationale Richtlinien betrachten periphere Arterienerkrankung (PAD) als einen mit sehr hohem kardiovaskulärem (CV) Risiko assoziierten Zustand (1-3). Es hat sich gezeigt, dass Patienten mit PAD sogar ein höheres Risiko für CV-Ereignisse haben als Patienten mit koronarer Herzkrankheit (4-7). Der Grund dafür ist möglicherweise die Dyslipidämie und der erhöhte Entzündungszustand der Erkrankung, wie die Erhöhung des C reaktiven Proteins (CRP), welche bei PAD ausgeprägter ist als bei koronaren Patienten, andeutet. (8,9). In den Leitlinien wird eine strikte Risikofaktorenkontrolle empfohlen. Diese umfasst unter anderem die Kontrolle des LDL-Cholesterins. In randomisierten klinischen Studien erwiesen sich Statine als wirksam in der Senkung kardiovaskulärer Ereignisse auch bei Patienten mit PAD (10, 11). Es hat sich aber gezeigt, dass die Adhärenz zur Statintherapie im Allgemeinen mangelhaft ist, trotz des gut dokumentierten Nutzens dieser Therapie. Im Gegensatz zur Literatur über Patienten mit CAD gibt es nur wenig klinische Daten über die Einhaltung einer lipidsenkenden Therapie (LLT) und das Erreichen der Zielwerte bei Patienten mit PAD.
Deshalb war das Ziel einer an einem universitären Zentrum durchgeführten grossen Beobachtungsstudie die Definition der Behandlungspraktiken bei aufeinander folgenden, nicht ausgewählten Patienten mit symptomatischer PAD, die sich einer Revaskularisierung der unteren Extremitäten unterzogen hatten (12). Dabei wurden die Trends bei der Erreichung der LDL-C-Zielwerte über die Zeit und das Verhältnis zu kardiovaskulären Mortalitätsraten bewertet.
1109 Patienten mit chronischer, symptomatischer PAD (Fontaine II, III oder IV), die an einem tertiären universitären Zentrum für eine endovaskuläre Revaskularisierung der unteren Extremitäten vorgesehen waren, wurden in die Studie eingeschlossen.

Lipidsenkende Therapie

Ungefähr zwei Drittel der Patienten (69.3%) erhielten Statine. Die am häufigsten verschriebenen Statine waren Atorvastatin (52.3%) und Rosuvastatin (23.5%). Die mittlere Statindosis normalisiert auf 40mg Simvastatin (13) betrug 52mg pro Tag. Über die Zeit nahm die lipidsenkende Therapie von 59% im Jahr 2010 auf 81% im Jahr 2017 zu. Obschon eine signifikante Verbesserung der LDL-Cholesterinwerte von 2010 bis 2017 (Mittelwert 2.85mmol/l vs. 2.07mmol/l) stattfand, blieb die Zielwerterreichung bescheiden. Nur 295 (27%) der Patienten wiesen die von den Richtlinien empfohlenen Werte unter 1.8mmol/l auf, während 504 Patienten (45.4%) Werte über 2.6mmol/l hatten, davon lagen 37% sogar über 3.5mmol/l. Die meisten Patienten (73.4%) wiesen nicht die von den Richtlinien empfohlenen Ziel-Werte auf.
Über die Zeit zeichnete sich aber eine konsistente Abnahme der LDL-Cholesterinwerte ab, die besonders deutlich nach Einführung einer Lipidklinik im Jahre 2016 war. Trotzdem waren in den Jahren 2016 und 2017 immer noch nur 42% bzw. 45% unterhalb des Zielwerts von 1.8mmol/l.
Die Rate an Statinintoleranz war in dieser Studie erstaunlich gering mit nur 1.8%, was im Hinblick auf Literaturdaten erstaunlich ist. Vermutlich handelt es sich bei der untersuchten Kohorte mit symptomatischer PAD um Patienten, die ihre Muskelschmerzen eher der zugrunde liegenden Krankheit zuschrieben als der Statintherapie.

Überlebensdaten

Neben der Erfassung der lipidsenkenden Therapien und der Zielwerterreichung war die Untersuchung der Auswirkungen auf die kardiovaskuläre Mortalität ein weiteres Studienziel. Es zeigte sich dabei, dass mit Statin behandelte Patienten eine signifikant niedrige kardiovaskuläre Mortalität aufwiesen als solche, die nicht mit einem Statin behandelt wurden (4% vs. 11%, p<0.01).

Fazit

Die Studie vermittelt ein zeitgemässes Real-World-Bild des derzeitigen Standes der lipidsenkenden Therapie bei Patienten mit symptomatischer peripherer arterieller Krankheit. Es geht daraus hervor, dass eine Verbesserung der Risikofaktorkontrolle möglich, aber derzeit ungenügend ist. Anreize für eine bessere Lipidkontrolle sollten sich auf Patienten mit peripherer arterieller Krankheit konzentrieren

Quelle: Dopheide JF et al.Poor attainment of lipid targets in patients with symptomatic peripheral artery disease. J Clin Lipidol 2018; 12:711-717

Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

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3. Gerhard-Herman MD et al. 2016 AHA/ACC Guideline on the Management of Patients With Lower Extremity Peripheral Artery Disease: Executive Summary. A Report of the American College of Cardiology/American Heart Association Task Force on Clinical Practice Guidelines. Circulation. 2017;135:e86–e725.
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