Prävention broncho-pulmonaler Infektionen

Die meisten Atemwegsinfektionen in der nasskalten Jahreszeit bei Gesunden sind virale Infekte (u.a. Rhino- und RS Viren). Antibiotika-Gabe darum nur bei nachgewiesenem bakteriellem Infekt (Pneumonie, hohes CRP). Ein zu früher Einsatz von Antibiotika fördert Resistenzen und schädigt die bakterielle Normalflora.

Die allgemeinen Massnahmen zur Vermeidung solcher Infekte sind in der Tab. 1 zusammengefasst. Bei Kranken und älteren Personen werden zusätzliche Massnahmen gemäss Tab. 2 empfohlen. Der Sinn von Behandlungen zur Stimulierung des Immunsystems zur Vorbeugung von winterlichen Atemwegsinfekten wurde kontrovers beurteilt.
Eine kürzlich publizierte Studie (1) hat den gegenwärtigen Stand des Wissens zusammengestellt (Tab. 4.)
Nur bei stark vermehrter Infekt-Anfälligkeit (Tab. 3) und hospitalisierten Patienten mit Pneumonie / Bronchitis werden Sputum-Kontrollen mit Resistenzprüfung durchgeführt resp. wird ein schneller Ausschluss einer bakteriellen Infektion angestrebt! Blutbild, CRP. Möglichst resistenzgerechte Antibiose!

Dr. med. Jürg Barandun

LungenZentrum Hirslanden
Witellikerstrasse 40
8032 Zürich

Der Autor hat in Zusammenhang mit dem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.

1. Germann, M et al: Immunstimulation zur Prävention und Therapie von akuten Luftwegsinfektionen: Primary and Hospital Care-Allg. Innere Medizin 2019;19:345-349

Hot Topics rund ums Impfen

Hygiene, antimikrobielle Medikamente und Impfungen haben seit dem Jahre 1900 zu einem massiven Rückgang der Sterblichkeit an Infektionen geführt. Der Schutz durch Impfungen gilt nicht nur dem Individuum, sondern auch der gesamten Bevölkerung. Zum Schutz von immunsupprimierten Patienten gehört auch die Impfung der diese umgebenden Personen (u.a. Influenza). Dieses Thema stiess an der SGAIM Herbsttagung auf grosses Interesse der Zuhörer.

Prof. Dr. med. Anneliese Zinkernagel

Von den 10 Haupt-Todesursachen im Jahre 2019 waren 6 infektiologische Themen: Globale Influenza Pandemie, antimikrobielle Resistenz, Ebola und andere hochgefährliche Krankheitserreger, Impfzögern, Dengue-Fieber und HIV, stellte Prof. Dr. med. Annelies Zinkernagel, Zürich fest.
Hygiene, antimikrobielle Medikamente und Impfungen haben seit dem Jahre 1900 zu einem massiven Rückgang der Sterblichkeit infolge von Infektionen geführt. Der Schutz durch Impfungen gilt nicht nur dem Individuum, sondern auch der gesamten Bevölkerung. Zum Schutz immunsupprimierter Patienten gehört u.a. auch die Impfung gegen Influenza der sie umgebenden Personen.

Schweizer Impfplan 2019:

4 Empfehlungskategorien
1. Routineimpfungen: alle Personen in der Schweiz
Unerlässlich für die individuelle und die öffentliche Gesundheit
DTPa, Hib, IPV, MMR, HB und dT
2. Empfohlene ergänzende Impfungen: optimaler individueller Schutz

3. Empfohlene Impfungen für Risikogruppen: spezifischer Schutz für Personen mit besonderen Risiken

  • Beruflich Exponierte: HB, Varizellen, Zeckenencephalitis, Tollwut
  • Reisende: Gelbfieber, HA, Meningokokken, Tollwut
  • Patienten mit besonderem Risiko für invasive Infektionen und Komplikationen

4. Impfungen ohne Empfehlungen

Patienten mit besonderem Risiko für invasive Infektionen

Physiologisch: Schwangerschaft, Altersextreme: Frühgeborene und Senioren
(+ bekapselte Bakterien: Kinder < 2 Jahre, siehe Impfplan)
Pathologisch Angeborene oder erworbene Immundefekte, medikamentöse Immunsuppression (Onkologika, Transplantationen, Immunsuppressiva – Biologicals)
Asplenie (anatomisch oder funktionell)
Chronische Erkrankungen mit erhöhtem Risiko für invasive oder kompliziert verlaufende Infektionen. Der Impfschutz von Risikopersonen ist nur begrenzt möglich: deshalb zusätzlich Cocoon Strategy, d.h.
Eltern/Partner: Influenza, Varizellen, MMR, Pertussis
Kinder/Geschwister: Influenza, Varizellen, MMR, dTPa, Hib, PCV13
Gesundheitspersonal: Varizellen, Influenza, MMR, Pertussis
Der Schweizerische Impfplan 2018 ist in der Tabelle 1 wiedergegeben.

Schweizerischer Impfplan 2019: Kostenübernahme / Indikationen

  • Routineimpfungen – alle Personen in der Schweiz
    wird von obligatorischer Krankenversicherung übernommen (abzüglich Selbstbehalt und Franchise)
  • SUVA übernimmt die Kosten für eine dTpa-Impfung bei post-expositioneller Impfung nach Unfall
    HPV-Impfung: Basisimpfung von Mädchen und jungen Frauen wird ohne Kostenfolge und von der Franchise befreit übernommen. Ergänzende

Impfungen gegen HPV werden im Rahmen von kantonalen Programmen für Frauen im Alter von 20-26 Jahren und Jungen/Männern im Alter von 11-26 Jahren von der OKP und von der Franchise befreit übernommen, sofern die erste Impfung des Impfschemas vor dem 27. Geburtstag gegeben wird.
Ergänzende Impfung gegen Meningokokken: Seit dem 1. März 2019 werden die Kosten für die ergänzende Impfung der Meningokokken-Serogruppen A, C, W, Y im Rahmen der zugelassenen Altersfenster durch die obligatorische Krankenversicherung übernommen (abzüglich Selbstbehalt und Franchise).

  • Kinder im Alter von 2 Jahren: 1 Dosis (Nachholimpfung bis zum 5. Geburtstag)
  • Jugendliche im Alter von 11-15 Jahren: 1 Dosis (Nachholimpfung bis zum 20. Geburtstag)

FSME: Die Kosten für die FSME-Impfung bei Personen, die in Gebieten mit Impfempfehlung wohnen oder sich zeitweise dort aufhalten (ohne untere Zeitlimite für den Aufenthalt), werden bei ärztlicher Verordnung durch die obligatorische Krankenversicherung bzw. bei beruflicher Exposition durch den Arbeitgeber vergütet.
Herpes Zoster: Die empfohlene ergänzende Impfung gegen Herpes Zoster wird durch die OKP nicht vergütet.

Hepatitis-A-Impfung

für Personen mit erhöhtem Expositions- oder Komplikationsrisiko – zur primären Prävention ab dem Alter von 1 Jahr bei folgenden Personen indiziert:
1. Personen mit einer chronischen Lebererkrankung
2. Reisende in Ländern mit mittlerer und hoher Endemizität
3. Kinder aus Ländern mit mittlerer bis hoher Endemizität, die in der Schweiz leben und für einen vorübergehenden Aufenthalt in ihr Herkunftsland reisen.
4. Drogenkonsumierende
5. Männer mit sexuellen Kontakten zu Männern
6. Personen mit engem beruflichen Kontakt zu Drogenkonsumierenden
7. Personen mit engem beruflichem Kontakt zu Personen aus Ländern mit hoher Endemizität
8. Kanalisationsarbeiter und Angestellte in Kläranlagen
9. Laborpersonal, das mit Hepatitis-A-Viren arbeitet
Die Kosten der Impfung werden im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung bei allen oben angeführten Personen mit erhöhtem Hepatitis-A-Risiko übernommen (inkl. postexpositioneller Impfung innert 7 Tagen). Dies gilt nicht für Reisende oder berufliche Indikation.

Impfung gegen humane Papillomaviren (HPV)

(Auch Knaben impfen).
Alle Mädchen + Knaben 11-14 Jahre, 2 Dosen: 0,6 Monate
Mädchen, Frauen + Knaben, Männer 15 bis 25 Jahre, 3 Dosen, Schema 0 – 1-2 – 6 Monate
Impfstoff 4-valent( Gardasil®): alle.
Ab 2019 ersetzt durch Gardasil® 9.
Natürliche HPV-Infektion: Serokonversion bei 54-60% der Frauen, bei 7-10% der Männer. Niedrige Antikörpertiter. Partielle Protektion gegen Reinfektion bei Frauen, keine Protektion bei Männern, aber beinahe 100% Serokonversion nach HPV-Impfung bei beiden Geschlechtern.

Warum sind Impfstoffe «besser» als die Natur?

Bei der natürlichen Infektion entsteht keine Virämie, schlechter Zugang des Virus zu den Lymphknoten.
Die HPV-Vakzinen werden intramuskulär appliziert, schneller Zugang der Virus-ähnlichen Partikel zu den Blutgefässen und den lokalen Lymphknoten. Virus-ähnliche Partikel sind sehr immunogen, weisen viele neutralisierende Epitope auf (mehr als das native Virion), induzieren gute T-Helferzellantwort für B-Zellen, sind wichtig für robuste Antikörper und B-Memory-Zellantwort. Der markante Rückgang der genitalen Warzen bei Frauen in Australien zwischen 2000 und 2011 ist vermutlich auf das HPV-Impfprogramm zurückzuführen. In Grossbritannien wurde auch bei den zervikalen intraepithelialen Neoplasien ein Rückgang als Folge der HPV-Impfung festgestellt.
Die Neuerungen bei der HPV-Impfung im Impfplan 2019 umfassen den Ersatz des bivalenten durch den quadrivalenten Impfstoff (Gardasil®9); dadurch entsteht zusätzlicher Schutz gegen 5 onkogene HPV-Typen. Das Impfschema bleibt unverändert für Mädchen und Jungen, keine Nachholimpfungen. Voraussetzung für Kostenübernahme durch OKP ist die Impfung im Rahmen der kantonalen HPV-Impfprogramme.

Meningokokken

Invasive Meningokokken-Infektionen in der Schweiz, Inzidenz nach Serogruppen 2008-2017:
15% sind asymptomatische Träger; 2008 B: 28%, C: 28%, W 2%; 2017: B 18%, C 16%, W 42%,Y 20%.

Neue Impfempfehlungen 2018 für Meningokokken:

Bisherige Empfehlungen gegen invasive Meningokokken-Erkrankungen (IME):
12-15 Monate: 1 Dosis MCV-C; catch up bis zum 5. Geburtstag
11-15 Jahre: 1 Dosis MCV-C; catch up bis zum 20. Geburtstag
Risikogruppenempfehlung (Risiko einer invasiven Infektion bzw. Expositionsrisiko)
2-11 Monate 3 Dosen MCV-C; Booster MCV-ACWY alle 5 Jahre bei fortbestehendem Risiko
≥12 Monate: 2 Dosen MCV-ACWY (Immundefizienz)
1 Dosis MCV-ACWY (Exposition, z.B. Reisen, Arbeit im Labor)
Booster alle 5 Jahre bei fortbestehendem Risiko
Rekruten 1 Dosis MCV-C
Aktualisierte Empfehlungen gegen IME
Ergänzende Impfempfehlung (gesunde Individuen ohne Risiko)
24 Monate: 1 Dosis MCV ACWY catch-up bis zum 5. Geburtstag
11-15 Jahre : 1 Dosis MCV-ACWY; catch-up bis zum 20. Geburtstag
Risikoempfehlung (Risiko einer invasiven Infektion bzw. Expositionsrisiko)
2-11 Monate: 4 Dosen MCV-ACWY (2 – 3 – 4 – 12 Monate). Booster alle 5 Jahre bei fortbestehendem Risiko.
≥ 12 Monate: 2 Dosen MCV-ACWY (Immundefizienz, Intervall 4-8 Wochen)
1 Dosis MCV-ACWY (Exposition, z.B. Reise, Arbeit im Labor)
Booster alle 5 Jahre bei fortbestehendem Risiko
Rekruten: 1 Dosis MCV-ACWY

Masernimpfung: der Zeitpunkt spielt eine Rolle

Das Masern-Virus ist einer der am stärksten ansteckenden Krankheitserreger des Menschen. In einer 100% anfälligen Population führt ein einziger Fall von Masern zu 12 bis 18 sekundären Fällen, im Durchschnitt. Die Impfung ist deshalb von zentraler Bedeutung bei der Bekämpfung dieser Krankheit. Der Nestschutz gegen Masern besteht während den ersten 6 Monaten. Die Impfungen erfolgen im Alter von 13 und 25 Monaten. 61% der ½- bis 2-Jährigen und 49% der ½- bis 3-Jährigen sind also nicht geschützt. Schutz durch 2 dokumentierte MMR-Impfungen, Impfstatus kontrollieren, Impflücken schliessen (alle jünger als 1963). Die Empfehlung durch den Arzt spielt eine Schlüsselrolle!

Schweizer Impfplan 2019: Booster

Polio: Weiterhin wird alle 10 Jahre eine IPV-Auffrischimpfung für Personen mit Kontakt zu zirkulierenden Polioviren empfohlen (z.B. Reisende, Laborpersonal).
Diphtherie und Tetanus: Auffrischimpfungen bei Erwachsenen von 25-64 Jahren mit zuvor vollständiger Grundimmunisierung in einem Intervall von 20 Jahren. Bei Immuninsuffizienz und > 65 Jahren beträgt das Intervall zwischen den dT-Impungen 10 Jahre.
FSME: Die Impfung wird allen Erwachsenen und Kindern (im Allgemeinen ab 6 Jahren) empfohlen, die in einem schon bekannten Gebit mit FSME-Impfempfehlung wohnen oder sich zeitweise dort aufhalten.
Impfschema: 3 Dosen zu den Zeitpunkten 0, 1und 6 Monate für FSME-Immun CC®; 0, 1 und 10 Monate für Encepur®. Auffrischimpfungen alle 10 Jahre empfohlen, die Notwendigkeit von häufigeren Auffrischimpfungen ist nicht belegt.

Quelle: SGAIM-Herbstkongress, St. Gallen, 20.09.2019

Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

Chiesa San Bernardo

Wie lässt sich erklären, dass sich hoch über Monte Carasso auf 800 Metern Höhe und verloren im Wald eine kleine Kirche findet, deren Innenwände mit Fresken des späten Mittelalters, der Renaissance sowie des Barocks geschmückt sind? Es ist heute nicht mehr augenfällig, aber die Piano di Magadino war bis zur grossen Gewässerkorrektur im Bereich des Unterlaufs des Ticino, die Ende des 19. Jahrhunderts begonnen wurde, eine von Malaria und regelmässigen Überflutungen heimgesuchte Sumpflandschaft. Während der Hochwasserkatastrophe von 1868 dehnte sich der Lago Maggiore noch bis nach Giubiasco aus. Zudem bildete sich hinter dem Schwemmkegel von Sementina und Monte Carasso ein weiterer See, der bis weit hinter Bellinzona in die Riviera reichte. Damals waren allein in der kaum besiedelten Piano di Magadino fast 450 Gebäude von der Flut betroffen, heute wären es, ohne die getroffenen Schutzmassnahmen rund 4000 Gebäude (1).
Aus diesen Gründen beschränkte sich zu früheren Zeiten das Siedlungsgebiet im Bereich der Piano di Magadino auf erhöhte Lagen am Rande der Ebene und zogen sich die Dörfer so weit die nach Süden ausgerichteten Talhänge hinauf, als dies die Landwirtschaft erlaubte. In der Siedlung Curzútt, zu der die Kirche San Bernardo gehört und die heute den Charakter eines Maiensässes hat, lebten ursprünglich über das ganze Jahr zwischen 700 bis 900 Personen. In den umliegenden Wäldern sind die zahlreichen Terrassen und Ruinen für das aufmerksame Auge noch immer gut zu erkennen.

Abb. 1 Chiesa San Bernardo

Die zwischen dem 11. und 12. Jahrhundert entstandene Kirche ist San Bernardo geweiht und erfuhr bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts mehrere Um- und Anbauten (Abb. 1). Die ältesten Fresken, wie die Madonna del latte und der Christophorus an der südlichen Aussenwand stammen aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, die Darstellungen an der ursprünglichen Nordwand mit der Anbetung der drei Könige, der Kreuzigungsszene und dem Monatszyklus darunter aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Die Fresken, die nach der Kirchenerweiterung in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts entstanden, werden der berühmten Malerdynastie der Seregnesi aus Lugano zugeschrieben. Dazu gehört auch die bewegende Darstellung des letzten Abendmahls. Die jüngsten Fresken aus der Renaissance und dem Barock entstanden im Bereich der letzten Umbauten, also in der San Nicolao gewidmeten Kapelle auf der Südseite sowie im Chor im Osten (Abb. 2) (2).

Abb. 2 Ausschnitte der Freskenzyklen an der Südwand (diese Seite) und an der Nordwand (nächste Seite oben) von San Bernardo

In Erwartung dieser Bilderpracht fällt der stotzige und treppenreiche, dafür kurze Aufstieg nach Curzútt leicht. Wir starten in Monte Carasso beim ehemaligen Kloster der Augustinerinnen, das in der Mitte des letzten Jahrhunderts geschlossen wurde und danach langsam zerfiel. In den 80er Jahren wurden die Klostergebäude vom Architekten Luigi Snozzi zu einem modernen kommunalen Zentrum umgestaltet. Diese Neuinterpretation des traditonellen dörflichen Rahmens fand weit über die Landesgrenzen hinaus Anerkennung und wurde 1993 mit dem Wakker- und Prince of Wales-Preis ausgezeichnet. Neben dem Eingang der Kirche prangt neben anderen Fresken eine mächtige Darstellung des Christophorus. Die Legende besagt: Wer am Morgen dem Christophorus begegnet, der kann über den Tag eines sicheren Geleits gewiss sein. Wir wenden uns gegen Norden, überschreiten die Kantonsstrasse und folgen der Gasse in Richtung der von weitem sichtbaren, auf einem Felsen über dem Dorf stehenden Kirche SS. Trinita. Dort beginnt der alte befestigte Bergweg nach Curzútt und San Bernardo hinauf. Am Fuss des Kirchfelsens stossen wir auf die mächtige Talsprerre, die früher die gesamte Ebene bis hinüber zu den drei grossen Festungen von Bellinzona gegen Süden abriegelte. Wir folgen dem alten Saumweg nach San Bernardo bis zu den letzten Reben beim Weiler Lòri und überqueren dabei dreimal ein Fahrsträsschen. Beim Wasserreservoir biegen wir nach Osten ab und steigen über Tizott zum Corte di Fondo, also zum unteren Teil von Curzútt auf. Hier besteht die Möglichkeit zur Einkehr im Ristorante Ostello Curzútt, das in vorbildlich renovierten alten Häusern auch die Möglichkeit zum Übernachten in Vier- und Achtbettzimmern anbietet.
Der weitere Weg führt uns in Kürze gegen Westen zur Kirche San Bernardo. Der Schlüssel für die Kirche kann ausserhalb der Öffnungszeiten im Ristorante Curzútt bezogen werden. Bergwärts der Kirche stehen das alte Pfarr- und Beinhaus. Für Friedhöfe wurde in früheren Zeiten nur wenig Boden geopfert, weshalb regelmässig alte Gräber für neue aufgelöst werden mussten. Die Knochen der Toten wurden in Beinhäusern untergebracht, im vorliegenden Fall in der darunter liegenden Grabkammer, die mit einer runden Steinplatte geöffnet werden kann.
Nach dem Bilderreigen der Kirche erwartet uns der mässige Aufstieg durch jungen Wald zum sogenannten Ponte tibetano, eine neu konstruierte Hängebrücke, die das Valle di Sementina in luftigen 180 Metern Höhe überspannt (Abb. 3).

Abb.3 Ponte tibetano,
eine moderne und sichere Stahlkonstruktion

Auf der gegenüberliegenden Talseite erreichen wir die Ruinen von Selvatico und nach kurzem Anstieg die Hangschulter der Monti di Bassi. Hier zweigt talwärts der steile und erneut mit Treppen gespickte Pfad nach Sementina ab. Über dem Dorf stossen wir erneut auf Festungswerke der ehemaligen Talsperre und einen der Fortini della fame, die General Dufour als Infanteriewerke vor allem östlich von Camorino am Eingang des Valle Morobbia errichten liess. Sie heissen Hungertürme, weil ihr Bau zur Beschäftigung der darbenden Bevölkerung und zur Vermeidung weiterer Auswanderungswellen genutzt wurde. Die Brücke über die Sementina bringt uns nach Monte Carasso und den Ausgangspunkt unserer an Eindrücken reichen Rundwanderung zurück (Abb. 4).

Prof. Dr. med. dent. Christian E. Besimo

Riedstrasse 9
6430 Schwyz

christian.besimo@bluewin.ch

1. Brönnimann S et al.: Das Hochwasser, das die Schweiz veränderte. Ursachen, Folgen und Lehren für die Zukunft. Geographica Bernensia, G94, Geographisches Institut der Universität Bern 2018.
2. La chiesa di San Bernardo a Monte Carasso. www.parrochia-monte carasso.ch/documents/prospettoChiesaSanBernardo.pdf.

Olaparib bei BRCA1-mutiertem metastasierendem Pankreaskarzinom

Golan T et al. Maintenance olaparib for germline BRCA1-mutated metastatic pancreatic cancer. N Engl J Med 2019; 381: 317

Zusammenfassung: die Phase III-Studie rekrutierte Patienten mit konstitutioneller BRCA1-Mutation und metastasiertem Pankreaskarzinom, die auf eine palliative Erstlinientherapie mit einer platinhaltigen Chemotherapie angesprochen hatten. Eine Erhaltungstherapie mit Olaparib (à 600 mg täglich) erzielte eine Verbesserung des progressionsfreien Überlebens PFS im Vergleich zum Kontrollarm (7.4 Monate versus 3.8 Monate). Gesamtüberleben und Lebensqualität zeigten keine Verbesserung.

Tumor-DNA als Marker für Rezidivrisiko beim Kolon-CA

Tie J et al. Circulating Tumor DNA Analyses as Markers of Recurrence Risk and Benefit of Adjuvant Therapy for Stage III Colon Cancer. JAMA Oncol. doi:10.1001/jamaoncol.2019.3616

Zusammenfassung: bei Patienten mit Stadium III Kolonkarzinom wurde nach Chirurgie und nach Abschluss der adjuvanten Chemotherapie quantitativ zirkulierende Tumor-DNA im Serum bestimmt. Patienten, die nach Chirurgie bzw. nach Chemotherapie immer noch zirkulierende Tumor-DNA aufwiesen, hatten gemessen am rückfallfreien Intervall eine deutlich schlechtere Prognose.

Wirkung von Komödienfilmen bei postoperativen Tumorpatienten

Saritas S et al. The effect of comedy films on postoperative pain and anxiety in surgical oncology patients. Complement Med Res 2019; 26: 231.

Zusammenfassung: In dieser kleinen randomisierten Studie wurden türkische Tumorpatienten, die einem chirurgischen Eingriff unterzogen worden waren, randomisiert in eine Gruppe, die sich kurze lustige Videos aus alten türkischen Komödien ansehen durfte, und in eine Gruppe, die diese Gelegenheit nicht erhielt. Der primäre Endpunkt war Lebensqualität, gemessen mit postoperativen Schmerz-Skalen und anderen «assessment tools». Die Video-Gruppe schnitt dabei etwas besser ab.

Konzepte und Grundlagen der personalisierten Krebsmedizin

Yurkovich JT et al. A systems approach to clinical oncology uses deep phenotyping to deliver personalised care. Nat Rev Clin Oncol 2019. doi: 10.1038/s41571-019-0273-6.

Zusammenfassung: Die Integration des «molecular profiling» von Krebsgewebe mit tiefem, longitudinalem Profiling des physiologischen Zustands eines Individuums («tiefe Phänotypisierung») ist der Schlüssel zum Verständnis der Prävention, der Initiierung, der Progression und des Ansprechens auf die Behandlung von Krebs. Systembiologische Ansätze können einen beispiellosen Fundus an Daten für die Früherkennung von Krankheitsverläufen, die Vorhersage von therapeutischen Reaktionen und klinischen Ergebnissen sowie für das Design personalisierter Behandlungen liefern.

Prof. em. Dr. med. Martin Fey

Bern

martin.fey@insel.ch

Beratungsmandat bei Nestlé Health Sciences, Epalinges, Aktien von Novartis, Roche und Johnson & Johnson

Pegyliertes Interferon alfa-2a

Pegyliertes Interferon alfa-2a bei Patienten mit Polyzythaemia vera oder Essentieller Thrombo-zythaemie, welche gegenüber einer Therapie mit Hydroxyurea resistent oder intolerant sind

Quelle: Yacoub A et al. Pegylated interferon alfa-2a for polycythemia vera or essential thrombocythemia resistant or intolerant to hydroxyurea. Blood 2019;134:1498-1509.

Hintergrund

Frühere Studien haben hohe Ansprechraten bei der Therapie mit rekombinantem Interferon (rIFN-α) bei Patienten mit essentieller Thrombozythämie (ET) und Polycythaemia vera (PV) ergeben. Zur weiteren Definition der Rolle von rIFN-α wurde die Wirkung von pegyliertem-rIFN-α2a (PEG) bei ET- und PV-Patienten, die zuvor mit Hydroxyharnstoff (HU) behandelt wurden, untersucht.

Methoden

Die Myeloproliferative Disorders Research Consortium (MPD-RC)-111 Studie war eine von Wissenschaftlern initiierte, internationale, multizentrische Phase-2-Studie, welche die Wirkung der PEG-Therapie bei Patienten mit Hochrisiko-ET oder PV, die entweder HU-refraktär oder intolerant waren, evaluierte. Die Endpunkte waren das Erreichen einer vollständigen (CR) und partiellen (PR) hämatologischen Remission.

Resultate

Die Studie umfasste 65 Patienten mit ET und 50 Patienten mit PV. Die Gesamtansprechraten (ORRs; CR/PR) nach 12 Monaten lagen bei 69,2% (43,1% und 26,2%) bei ET-Patienten und 60% (22% und 38%) bei PV-Patienten. Die CR-Raten waren höher bei CALR-mutierten ET-Patienten (56,5% vs. 28,0%; P 5.01), verglichen mit denen bei Patienten ohne CALR-Mutation. Die mediane absolute Reduktion der JAK2V617F-Allelfraktion lag bei 26% (-84% bis 47%) bei Patienten, die eine CR erreichten, gegenüber 14% (-18% bis 56%) bei Patienten mit PR oder fehlendem Ansprechen. Die Therapie ging mit einer signifikanten Inzidenz von Nebenwirkungen (AEs) einher; die meisten waren kontrollierbar und der Abbruch der PEG-Therapie im Zusammenhang mit AEs erfolgte nur bei 13,9% der Patienten.

Schlussfolgerungen

Die Autoren kamen zum Schluss, dass PEG eine wirksame Therapie für Patienten mit ET oder PV ist, die zuvor refraktär und/oder intolerant gegenüber HU waren. Diese Studie wurde unter www.clinicaltrials.gov als #NCT0125259856 registriert.

Gilteritinib oder Chemotherapie bei rezidivierter oder refraktärer FLT3-mutierter akuter myeloischer Leukämie

Quelle: Perl AE et al. Gilteritinib or chemotherapy for relapsed or refractory FLT3-mutated AML. New Engl J Med 2019381 :1728-1740

Hintergrund

Patienten mit rezidivierter oder refraktärer akuter myeloischer Leukämie (AML) mit Mutationen im FMS-ähnlichen Tyrosinkinase-3-Gen (FLT3) sprechen selten auf eine Salvage-Chemotherapie an. Gilteritinib ist ein oral wirksamer, selektiver FLT3-Inhibitor mit Einzelwirkstoffaktivität bei rezidivierter oder refraktärer FLT3-mutierter AML.

Methoden

In einer Phase-3-Studie erhielten Erwachsene mit rezidivierter oder refraktärer FLT3-mutierter AML randomisiert im Verhältnis 2:1 entweder Gilteritinib (bei einer Dosis von 120 mg pro Tag) oder Chemotherapie. Die beiden primären Endpunkte waren das Gesamtüberleben und der Anteil der Patienten, die eine vollständige Remission mit vollständiger oder partieller hämatologischer Regeneration erreichten. Sekundäre Endpunkte umfassten das ereignisfreie Überleben (Freiheit von Therapieversagen (i.e. Rückfall oder fehlende Remission) oder Tod) und der Prozentsatz der Patienten, die eine vollständige Remission erreichten.

Resultate

Von 371 Patienten wurden 247 in die Gilteritinib-Gruppe und 124 in die Chemotherapie-Gruppe randomisiert. Das mediane Gesamtüberleben in der Gilteritinib-Gruppe war signifikant länger als in der Chemotherapie-Gruppe (9,3 Monate vs. 5,6 Monate; Hazard Ratio für Tod 0,64; 95% Konfidenzintervall (KI) 0,40 bis 0,83; p < 0,001). Das mediane ereignisfreie Überleben betrug 2,8 Monate in der Gilteritinib-Gruppe und 0,7 Monate in der Chemotherapie-Gruppe (Hazard Ratio für Therapieversagen oder Tod 0,79; 95% KI 0,58 bis 1,09). Der Prozentsatz der Patienten, die eine vollständige Remission mit vollständiger oder partieller hämatologischer Regeneration erreichten, betrug 34,0% in der Gilteritinib-Gruppe und 15,3% in der Chemotherapie-Gruppe (Risikodifferenz 18,6 Prozentpunkte; 95% KI 9,8 bis 27,4); 21,1% bzw. 10,5% erreichten eine komplette Remission (Risikodifferenz 10,6 Prozentpunkte; 95% KI 2,8 bis 18,4). In einer an die Therapiedauer angepassten Analyse traten in der Gilteritinib-Gruppe weniger häufig unerwünschte Ereignisse vom Grad 3 oder höher auf und schwerwiegende Nebenwirkungen erfolgten weniger häufig in der Gilteritinib-Gruppe als in der Chemotherapie-Gruppe; die häufigsten Nebenwirkungen Grad 3 oder höher waren in der Gilteritinib-Gruppe fieberhafte Neutropenie (45,9%), Anämie (40,7%) und Thrombozytopenie (22,8%).

Schlussfolgerungen

Die Gilteritinib-Therapie führte zu einem signifikant längeren Überleben und einer höheren Remissionsrate als die Salvage-Chemotherapie bei Patienten mit rezidivierter oder refraktärer FLT3-mutierter AML (finanziert von Astellas Pharma; ADMIRAL Clinical Trials gov number, NCT02421939).

Prof. Dr. med.Markus G. Manz

Zentrum für Hämatologie und Onkologie
UniversitätsSpital Zürich

PD Dr. med. Alexandre Theocharides

Zentrum für Hämatologie und Onkologie
UniversitätsSpital Zürich

Alexandre.Theocharides@usz.ch

Karzinosarkome des weiblichen Genitaltrakts (MMMT)

Karzinosarkome / MMMT des weiblichen Geschlechtstrakts sind, ähnlich wie Endometriumkarzinome hochmaligne biphasische Tumoren mit mesodermalen sowie epithelialen Komponenten und haben eine schlechte Prognose, wobei die erfolgte Therapie ausschlaggebend ist. Wegen ihres seltenen Vorkommens fehlen bisher grosse epidemiologische Studien. Die Autoren diskutieren die verschiedenen Therapiemöglichkeiten und fassen die Literatur zur Systemtherapie zusammen, mit Einbezug der Daten ihrer retrospektiven Kohortenstudie.

Les carcinosarcomes  /MMMT de l’appareil reproductif féminin sont, comme les carcinomes endométriaux, des tumeurs biphasiques hautement malignes avec des composantes mésodermiques et épithéliales et ont un mauvais pronostic, le traitement effectué étant déterminant. En raison de leur rareté, les grandes études épidémiologiques font encore défaut. Les auteurs discutent des différentes options thérapeutiques et résument la documentation sur la thérapie systémique,
y compris les données de leur étude de cohorte rétrospective.

Karzinosarkome/MMMT des weiblichen Genitaltraktes sind hochmaligne biphasische Tumoren, die sowohl maligne mesodermale als auch epitheliale Komponenten besitzen (1). Typischerweise besteht die Histologie der Metastasen meist aus karzinosarkomatösen Elementen (2, 3, 4). Aufgrund der Rarität der MMMT, gibt es keine grossen epidemiologischen Studien. In Analogie zum Endometriumkarzinom wurde das MMMT des Corpus uteri entsprechend dem aggressiven Typ II Karzinom des Endometriumkarzinoms subsumiert. Generell ist die Prognose bei MMMT des Corpus uteri nicht gut, mit einem medianen Überleben von 21 Monaten aufgrund des fortgeschrittenen Stadiums in 35% der MMMT, bei denen der Tumor zum Diagnosezeitpunkt nicht auf den Uterus begrenzt ist (5, 6). Allerdings ist hierbei die erfolgte Therapie wichtig und ausschlaggebend, d.h. eine gynäkologisch-onkologisch durchgeführte Hysterektomie, Adnexektomie und mindestens pelvine Lymphonodektomie (11). Im Falle einer metastasierten Erkrankung jedoch braucht es die komplette zytoreduktive Operation (siehe auch Abb. 1-3). Das 5-Jahres-Überleben bei MMMT des Corpus uteri beträgt 59% im FIGO Stadium I-II, 22% im Stadium III und 9% im Stadium IV (7). Ein Problem dabei ist das Auftreten von möglichen okkulten Metastasen im Bauchraum, die dann zum Rezidiv führen (8-10). Die Zytoreduktion kann auch in den metastasierten Stadien zu einer deutlichen Verbesserung der Prognose führen (12).

«Mutational Landscape» des MMMT

Eine kürzlich publizierte Studie untersuchte die «Mutational Landsacpe» des MMMT und verglich dies mit dem epithelialen Ovarialkarzinom. Hierbei wurden 110 MMMT des Ovars (MMMT-O), 141 MMMT des Corpus uteri (MMMT-U) und 1587 Ovarialkarzinome (OC) aller Histotypen miteinander verglichen. Eine p53 Mutation war die am Häufigsten nachzuweisende (76.4% in MMMT-O, 68.8% in MMMT-E und 69% in OC)(20). Genetische Veränderungen in den PI3K/AKT/mTOR und MAPK Pathways waren ähnlich häufig vorhanden bei den MMMT des Ovars und Ovarialkarzinomen, aber weniger häufig bei MMMT des Corpus uteri (p<0.001). Bei den Ovarialkarzinomen bestand die grösste Chance eine BRCA1 Mutation nachzuweisen (20% und 9-18% bei den MMMT). Kein Unterschied bestand bei RB, NOTCH, Angiogenese und FGFR Pathways, währenddessen Östrogen- sowie Androgenrezeptoren weniger häufig bei den MMMT exprimiert waren als beim Ovarialkarzinom. Dies hat sicher therapeutische Konsequenz, da Ovarialkarzinome mehr und mehr mit Aromatasehemmern behandelt werden.

Systemtherapie beim MMMT

Der prognostische Benefit der Chemotherapie bei den MMMT des Corpus uteri wurde bewiesen. Die wichtigsten Substanzen sind: Cisplatin, Carboplatin, Ifosfamid, Anthrazykline und Paclitaxel (13, 14, 15). Eine Cochrane-Analyse an 579 Patientinnen verglich adjuvante Radiotherapie mit Kombinations-Chemotherapie (mit Ifosfamid und Paclitaxel versus Ifosfamid allein) in rezidivierten Stadien III/IV MMMT. Die Autoren fanden hierbei ein verbessertes Überleben in den Kombinations-Chemotherapie Armen, so dass man einer Kombinations-Chemotherapie vor Radiotherapie den Vorzug geben sollte (13, 16, 17, 18). Beim MMMT-U hat sich in Analogie zum Endometriumkarzinom die Systemtherapie mit 6 Zyklen Carboplatin/Paclitaxel (qw3) durchgesetzt. Hierzu gibt es allerdings prospektiv randomisierte Daten gegen ein Platin/Anthracyline-haltiges Schema (11, 15). Viele Therapieansätze wurden von Studien zum Endometrium- oder Ovarialkarzinom exploriert, was die Biologie der Erkankung nicht immer widerspiegelt (21). Tabelle 1 gibt eine Übersicht über die wichtigsten Systemtherapiestudien für das MMMT.

«Quo vadis» Anthracyline?

Wir haben selbst eine grosse Kohorte an MMMT des Corpus uteri und Ovars am Gynecological Cancer Centre im Royal Hospital for Women retrospektiv analysiert, bestehend aus Patientinnen mit Carboplatin/Anthrazyklinen, Carboplatin/Ifosfamid oder Carboplatin/Paclitaxel. Zusätzlich haben wir NGS- und IHC-Analysen durchgeführt (41 und unpublizierte Daten). Unsere Daten zeigen, dass jede Kombination ohne Paclitaxel besser ist als die Kombination Carboplatin/Paclitaxel.
Am ASCO 2019 hat Matthew Powell die GOG261-Studie vorgestellt (42). Hierbei wurden Patientinnen mit FIGO-Stadium I-IV persistierendem oder rezidiviertem MMMT des Corpus uteri in 2 Arme randomisiert: im ersten Arm erhielten die Patientinnen Ifosfamid und Paclitaxel, im zweiten Arm erhielten sie Carboplatin und Paclitaxel. Die Resultate zeigten eine bessere Verträglichkeit in der Kombination von Carboplatin und Paclitaxel bei identischem Outcome, was das Gesamtüberleben und die Rezidivrate betrifft. Diese Studie führt zu einer Änderung unseres Standards bei Patientinnen mit persistierendem oder rezidiviertem MMMT des Corpus uteri. Was die Studie vermissen lässt, ist ein experimenteller Arm, der die Rolle der Anthracyline prospektiv untersucht.

Literatur zur Systemtherapie (Tabelle 1)

Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Studien mit Systemtherapie beim MMMT. Insgesamt wurden 1214 Patientinnen in verschiedene Studien eingeschlossen, davon waren aber nur 21.5% MMMT des Ovars. Cisplatin-basierte Chemotherapie wurde in den meisten adjuvanten Studien untersucht (67%).

Zielgerichtete Therapie und personalisierte Therapien

Da MMMT insgesamt sehr selten sind, gibt es noch wenige Daten zur «targeted Therapy». Eine Studie mit VEGF-gerichteter Therapie, eine zu Pazopanib (nur in MMMT des Corpus uteri) und einer mit Aflibercept (in allen MMMT) zeigte leider nur einen minimalen Effekt in der Gruppe der MMMT. (22, 23).
Auch neuere Ansätze aus der Immuntherapie werden zur Zeit geprüft. Aus dem TGCA-Atlas geht hervor, dass rund 3.5% der uterinen Karzinosarkome eine hohe Mikrosatelliteninstabilität haben und damit eine Immuntherapie mit einem Checkpointinhibtor vielversprechend ist (40). Behandlungsstrategien für MMMT unabhängig vom Organ sollten zukünftig auf die Driver-Mutationen p53 oder KRAS/PI3KCA ausgerichtet werden und so Studienmedikationen zielgerichtet auf den genetischen Ursprung ausgerichtet verabreicht werden. Hierfür benötigt es jedoch grosse kollaborative Studien mit vorgeschalteter molekularer Untersuchung.

Prof. Dr. med. Viola Heinzelmann-Schwarz

Leiterin Frauenklinik & Gynäkologisches Tumorzentrum
Chefärztin Gynäkologie/Gyn. Onkologie
Frauenklinik
Universitätsspital Basel
Spitalstrasse 21
4031 Basel

viola.heinzelmann@usb.ch

PD Dr. med. Marcus Vetter

Zentrum Onkologie und Hämatologie
Tumorzentrum Baselland
Kantonsspital Baselland
Rheinstrasse 26
4410 Liestal
Schweiz

marcus.vetter@ksbl.ch

Die Autoren haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.

  • Die Behandlung des MMMT bleibt eine Herausfordernung.
  • Wie beim Ovarialkarzinom braucht es ein optimales zytoreduktives Vorgehen bzw. Staging.
  • Bezüglich der Systemtherapie sind die Bücher noch nicht geschlossen, eigene Daten weisen einen Vorteil einer platin-/anthracylin-haltigen Chemotherapie auf.
  • Personalisierte Ansätze sind in der Erprobung. Bei der geringen Zahl an Patientinnen werden diese Tumore meist in Basket-Studien oder Endometriumkarzinom/Ovarilakarzinom-Studien behandelt.

Messages à retenir

  • Le traitement des carcinosarcomes / MMMT demeure un défi.
  • Comme pour le cancer de l’ovaire, une procédure cytoreductrice optimale resp. un Staging est nécessaire.
  • En ce qui concerne la thérapie systémique, les livres ne sont pas encore fermés, nos propres données montrent un avantage de la chimiothérapie contenant du platine et de l’anthracyline.
  • Des approches personnalisées sont en cours d’expérimentation. Etant donné le petit nombre de patientes, ces tumeurs sont généralement traitées dans le cadre d’études de panier ou d’études de carcinome endométrial / ovarien.

1. Kernochan LE, Garcia RL. Carcinosarcomas (malignant mixed Müllerian tumor) of the uterus: advances in elucidation of biologic and clinical characteristics. J. Natl. Compr. Canc. Netw. 2009; 7(5):550–6; quiz 557.
2. Silverberg SG, Major FJ, Blessing JA et al. Carcinosarcoma (malignant mixed mesodermal tumor) of the uterus. A Gynecologic Oncology Group pathologic study of 203 cases. Int. J. Gynecol. Pathol. 1990; 9(1):1–19.
3. McCluggage WG. Uterine carcinosarcomas (malignant mixed Mullerian tumors) are metaplastic carcinomas. Int. J. Gynecol. Cancer ; 12(6):687–90.
4. Gorai I, Yanagibashi T, Taki A et al. Uterine carcinosarcoma is derived from a single stem cell: an in vitro study. Int. J. cancer 1997; 72(5):821–7.
5. Gadducci A, Sartori E, Landoni F et al. The prognostic relevance of histological type in uterine sarcomas: a Cooperation Task Force (CTF) multivariate analysis of 249 cases. Eur. J. Gynaecol. Oncol. 2002; 23(4):295–9.
6. Livi L, Andreopoulou E, Shah N et al. Treatment of uterine sarcoma at the Royal Marsden Hospital from 1974 to 1998. Clin. Oncol. (R. Coll. Radiol). 2004; 16(4):261–8.
7. Gonzalez Bosquet J, Terstriep SA, Cliby WA et al. The impact of multi-modal therapy on survival for uterine carcinosarcomas. Gynecol. Oncol. 2010; 116(3):419–23.
8. Yamada SD, Burger RA, Brewster WR et al. Pathologic variables and adjuvant therapy as predictors of recurrence and survival for patients with surgically evaluated carcinosarcoma of the uterus. Cancer 2000; 88(12):2782–6.
9. Manolitsas TP, Wain G V, Williams KE et al. Multimodality therapy for patients with clinical Stage I and II malignant mixed Müllerian tumors of the uterus. Cancer 2001; 91(8):1437–43.
10. Vorgias G, Fotiou S. The role of lymphadenectomy in uterine carcinosarcomas (malignant mixed mullerian tumours): a critical literature review. Arch. Gynecol. Obstet. 2010; 282(6):659–64.
11. NCCN. Uterine Neoplasms. Pract. Guidel. Oncol. 2001:1–48.
12. Tanner EJ, Leitao MM, Garg K et al. The role of cytoreductive surgery for newly diagnosed advanced-stage uterine carcinosarcoma. Gynecol. Oncol. 2011; 123(3):548–52.
13. Sutton G, Brunetto VL, Kilgore L et al. A phase III trial of ifosfamide with or without cisplatin in carcinosarcoma of the uterus: A Gynecologic Oncology Group Study. Gynecol. Oncol. 2000; 79(2):147–53.
14. Sutton G, Kauderer J, Carson LF et al. Adjuvant ifosfamide and cisplatin in patients with completely resected stage I or II carcinosarcomas (mixed mesodermal tumors) of the uterus: a Gynecologic Oncology Group study. Gynecol. Oncol. 2005; 96(3):630–4.
15. Berton-Rigaud D, Devouassoux-Shisheboran M, Ledermann JA et al. Gynecologic Cancer InterGroup (GCIG) consensus review for uterine and ovarian carcinosarcoma. Int. J. Gynecol. Cancer 2014; 24(9 Suppl 3):S55-60.
16. Wolfson AH, Brady MF, Rocereto T et al. A gynecologic oncology group randomized phase III trial of whole abdominal irradiation (WAI) vs. cisplatin-ifosfamide and mesna (CIM) as post-surgical therapy in stage I-IV carcinosarcoma (CS) of the uterus. Gynecol. Oncol. 2007; 107(2):177–85.
17. Homesley HD, Filiaci V, Gibbons SK et al. A randomized phase III trial in advanced endometrial carcinoma of surgery and volume directed radiation followed by cisplatin and doxorubicin with or without paclitaxel: A Gynecologic Oncology Group study. Gynecol. Oncol. 2009; 112(3):543–552.
18. Galaal K, van der Heijden E, Godfrey K et al. Adjuvant radiotherapy and/or chemotherapy after surgery for uterine carcinosarcoma. Cochrane database Syst. Rev. 2013; (2):CD006812.
19. Schott AF, Perou CM, Hayes DF. Genome Medicine in Cancer: What’s in a Name? Cancer Res. 2015; 75(10):1930–5.
20. Mahdi H, Xiu J, Reddy SK DR. Ovarian carcinosarcoma share similar molecular profile as ovarian serous carcinoma but not endometrial carcinosarcoma. J Clin Oncol 33 2015 2015.
21. Cantrell LA, Blank S V, Duska LR. Uterine carcinosarcoma: A review of the literature. Gynecol. Oncol. 2015; 137(3):581–8.
22. Campos SM, Brady WE, Moxley KM et al. A phase II evaluation of pazopanib in the treatment of recurrent or persistent carcinosarcoma of the uterus: a gynecologic oncology group study. Gynecol. Oncol. 2014; 133(3):537–41.
23. Mackay HJ, Buckanovich RJ, Hirte H et al. A phase II study single agent of aflibercept (VEGF Trap) in patients with recurrent or metastatic gynecologic carcinosarcomas and uterine leiomyosarcoma. A trial of the Princess Margaret Hospital, Chicago and California Cancer Phase II Consortia. Gynecol. Oncol. 2012; 125(1):136–40.
24. Fowler JM, Blessing JA, Burger RA, Malfetano JH. Phase II evaluation of oral trimetrexate in mixed mesodermal tumors of the uterus: a gynecologic oncology group study. Gynecol. Oncol. 2002; 85(2):311–4.
25. Duska LR, Garrett A, Eltabbakh GH et al. Paclitaxel and platinum chemotherapy for malignant mixed müllerian tumors of the ovary. Gynecol. Oncol. 2002; 85(3):459–63.
26. Tate Thigpen J, Blessing JA, DeGeest K et al. Cisplatin as initial chemotherapy in ovarian carcinosarcomas: a Gynecologic Oncology Group study. Gynecol. Oncol. 2004; 93(2):336–9.
27. Miller DS, Blessing JA, Schilder J et al. Phase II evaluation of topotecan in carcinosarcoma of the uterus: a Gynecologic Oncology Group study. Gynecol. Oncol. 2005; 98(2):217–21.
28. Homesley HD, Filiaci V, Markman M et al. Phase III trial of ifosfamide with or without paclitaxel in advanced uterine carcinosarcoma: a Gynecologic Oncology Group Study. J. Clin. Oncol. 2007; 25(5):526–31.
29. Leiser AL, Chi DS, Ishill NM, Tew WP. Carcinosarcoma of the ovary treated with platinum and taxane: the memorial Sloan-Kettering Cancer Center experience. Gynecol. Oncol. 2007; 105(3):657–61.
30. Makker V, Abu-Rustum NR, Alektiar KM et al. A retrospective assessment of outcomes of chemotherapy-based versus radiation-only adjuvant treatment for completely resected stage I-IV uterine carcinosarcoma. Gynecol. Oncol. 2008; 111(2):249–54.
31. Signorelli M, Chiappa V, Minig L et al. Platinum, anthracycline, and alkylating agent-based chemotherapy for ovarian carcinosarcoma. Int. J. Gynecol. Cancer 2009; 19(6):1142–6.
32. Hoskins PJ, Le N, Ellard S et al. Carboplatin plus paclitaxel for advanced or recurrent uterine malignant mixed mullerian tumors. The British Columbia Cancer Agency experience. Gynecol. Oncol. 2008; 108(1):58–62.
33. Miller BE, Blessing JA, Stehman FB et al. A phase II evaluation of weekly gemcitabine and docetaxel for second-line treatment of recurrent carcinosarcoma of the uterus: a gynecologic oncology group study. Gynecol. Oncol. 2010; 118(2):139–44.
34. Lacour RA, Euscher E, Atkinson EN et al. A phase II trial of paclitaxel and carboplatin in women with advanced or recurrent uterine carcinosarcoma. Int. J. Gynecol. Cancer 2011; 21(3):517–22.
35. Einstein MH, Klobocista M, Hou JY et al. Phase II trial of adjuvant pelvic radiation “sandwiched” between ifosfamide or ifosfamide plus cisplatin in women with uterine carcinosarcoma. Gynecol. Oncol. 2012; 124(1):26–30.
36. Aghajanian C, Sill MW, Secord AA et al. Iniparib plus paclitaxel and carboplatin as initial treatment of advanced or recurrent uterine carcinosarcoma: a Gynecologic Oncology Group Study. Gynecol. Oncol. 2012; 126(3):424–7.
37. Lorusso D, Martinelli F, Mancini M et al. Carboplatin-Paclitaxel versus Cisplatin-Ifosfamide in the treatment of uterine carcinosarcoma: a retrospective cohort study. Int. J. Gynecol. Cancer 2014; 24(7):1256–61.
38. Otsuki A, Watanabe Y, Nomura H et al. Paclitaxel and carboplatin in patients with completely or optimally resected carcinosarcoma of the uterus: a phase II trial by the Japanese Uterine Sarcoma Group and the Tohoku Gynecologic Cancer Unit. Int. J. Gynecol. Cancer 2015; 25(1):92–7.
39. Vandenput I, Trovik J, Vergote I et al. The role of adjuvant chemotherapy in surgical stages I-II serous and clear cell carcinomas and carcinosarcoma of the endometrium: a collaborative study. Int. J. Gynecol. Cancer 2011; 21(2):332–6.
40. Bonneville R, Krook MA, Kautto EA, Miya J, Wing MR, Chen HZ, Reeser JW, Yu L, Roychowdhury S. Landscape of Microsatellite Instability Across 39 Cancer Types. JCO Precis Oncol. 2017;2017. doi: 10.1200/PO.17.00073. Epub 2017 Oct 3
41. Heinzelmann-Schwarz VA et. al. J Clin Oncol 37, 2017 (suppl; abstr 5563) and Heinzelmann-Schwarz VA, Kind A, Vetter Met al. Should MMMT still be treated with adjuvant taxane-based combination chemotherapy? JCRCO 2019 (accepted)
42. Powell MA et. al., J Clin Oncol 37, 2019 (suppl; abstr 5500)