Halbjahrestagung der SAKK

Am 22./23. November fand in Zürich die traditionelle Halbjahrestagung der SAKK statt. Der folgende Beitrag beschränkt sich auf die Berichterstattung der beiden Arbeitsgruppen Lungenkarzinome und Sarkome:

Arbeitsgruppe Sarkome (präsidiert durch PD Dr. med. Christian Rothermundt, St. Gallen)

SAKK-Studie 17/16: Lurbinectidin as second oder third line palliative chemotherapy in malignant pleural mesothelioma (MPM): a multi-center, single-arm phase II trial (Metaxas Y, Früh M et al.)

Dr. Michael Mark

Die Studie wurden von Dr. med. Michael Mark, Chur, vorgestellt.
Man schätzt, dass die Inzidenz des MPM in den kommenden Jahren zunehmen wird. Platin-Pemetrexed (+/- Bevacizumab) ist die Erstlinien-Standardtherapie. Es gibt keine Standard-Zweitlinien-Therapie (meistens Vinorelbin oder Gemcitabin). Das mediane PFS lag unter 2-3 Monaten, das mediane OS unter 9 Monaten. Eine Vielzahl von Studien schlug fehl und es gab keinen wirklichen Fortschritt in der Zweitlinien-Therapie seit 2005. Es existiert daher ein hoher therapeutischer Bedarf für diese Situation.
Die Studie wurde am ESMO 2019 vorgestellt. Sie schloss Patienten mit histologisch oder zytologisch bestätigtem MPM ein, die unter Platin-Pemetrexed-Therapie progredierten. Eine zusätzliche Immunotherapielinie ergab ECOG 0-1, Knochenmark und Chemie waren adäquat. Ausschlusskriterien waren mehr als eine Chemotherapielinie, ZNS-Erkrankung, vorheriges Malignom vom Grad ≥2, unerwünschte Nebenwirkungen unter vorheriger Therapie.
Die Studie zeigte Aktivität von Lurbinectidin bei progressivem MPM. Das mediane PFS betrug 4.1 Monate, das mediane OS 11.1 Monate. Die Toxizität was akzeptabel. Lurbinectidin wirkt unabhängig von Histologie und früherer Immuntherapie – sowohl Patienten mit «slow» als auch «fast» Progression unter Platin-Pemetrexed profitieren von Lurbinectidin. Die Daten unterstützen die Evaluation von Lurbinectidin in einer randomisierten Phase-III-Studie.

ETOP-PROMISE-meso Trial (Popat S, Curioni-Fontecedro A et al.)
A multicentre randomized phase III trial comparing pembrolizumab vs. single agent chemotherapy for advanced pre-treated malignant pleural msothelioma (MPM): results from the European Thoracic Oncology Platform (ETOP 9-15) PROMISE-meso trial

PD Dr. med. Alessandra Curioni-Fontecedro

Die Studie wurde von Frau PD Dr. med. Alessandra Curioni-Fontecedro, Zürich, vorgestellt.
ETOP-PROMISE-meso ist die erste randomisierte Studie, die die Wirksamkeit von Pembrolizumab vs. «single agent» Chemotherapie bei MPM-Patienten, die nach vorgängiger Platin-basierter Chemotherapie progredierten. Die Studie verfehlte ihren primären Endpunkt, Verbesserung des PFS mit Pembrolizumab im Vergleich zu «single drug» Chemotherapie bei PD L-1 unselektierten Patienten. Das mediane PFS unterschied sich nicht zwischen Pembrolizumab und Chemotherapie. Trotz Korrektur für Crossover ergab sich kein OS-Nutzen. Pembrolizumab ging aber mit einem signifikant besseren ORR einher. Das Sicherheitsprofil von Pembrolizumab entsprach früheren Erfahrungen.

Arbeitsgruppe Lungentumore (präsidiert durch PD Dr. med. Martin Früh, St. Gallen)

SAKK-Studie 19/18: Fibroblast growth factor receptor (FGRFR) inhibitor rogaratinib in patients with advanced pretreated squamous-cell non small-cell lung cancer (SQCLC) overexpressing FGFR mRNA

Dr. med. Alfredo Addeo

Die Studie wurde von Dr. med. Alfredo Addeo, Genf, dem koordinierenden Untersucher, vorgestellt.
Es handelt sich um eine Single-arm, multizentrische Phase-II-Studie, die Rogaratinib bei Patienten mit einem vorbehandelten metastasierten Plattenepithelkarzinom der Lunge und Vorliegen einer EGFR-Überexpression untersucht. Primärer Endpunkt war PFS nach 6 Monaten, sekundäre Endpunkte waren OR nach RECIST v1.1, PFS, OS, unerwünschte Ereignisse. Die Studie wurde am
29. Juni 2019 gestartet, Ende der Einschlussphase ist das 2. Quartal 2021.

ETOP 13-18 BEAT meso

Dr. med. Amina Scherz

BEAT-meso ist eine multizentrische randomisierte Phase-III-Studie, in welcher die Kombination von Atezolizumab plus Bevacizumab und Standard-Chemotherapie im Vergleich zu Bevacizumab und Standard-Chemotherapie als Primärtherapie bei fortgeschrittenen malignen Pleura-Mesotheliomen untersucht wird. Die Studie wurde von Frau Dr. med. Amina Scherz, Bern, vorgestellt.
Die Studie wird in insgesamt 45 Zentren in 8 verschiedenen Ländern durchgeführt. Die Schweiz partizipiert mit 9 Zentren. Der erste Patient wurde am 30. April eingeschlossen, das Studienende ist für April 2022 geplant.

ETOP 12-17 ALERT-lung.
ALERT-lung: ALEctinib for the treatment of pretreated RET-rearranged advanced non-small cell lung cancer

ETOP 12-17 ist eine Einzelarm-Phase-II-Studie, die die Wirkung von Alectinib bei der Behandlung von vorbehandeltem RET-re-arrangiertem fortgeschrittenem NSCLC untersucht.

Prof. Dr. med. Matthias Guckenberger

Die Studie wurde von Prof. Dr. med. Matthias Guckenberger, Zürich, präsentiert.
Das RET-Gen kodiert für einen Transmembranrezeptor mit Tyrosinkinaseaktivität. Es ist an der Zellproliferation, der Migration, der Differenzierung und der neuronalen Navigation beteiligt. RET-Umlagerungen treten bei 1% bis 2% der Patienten mit Adenokarzinom auf. Alectinib ist ein hochselektiver ALK-Hemmer der nächsten Generation, der in präklinischen Studien und Frühphasenstudien eine starke Anti-Tumor-Aktivität bei RET-rearrangiertem NSCLC gezeigt hat. Ziel dieser Studie ist es, die Aktivität von Alectinib als Zweitlinienbehandlung von vorbehandeltem RET-rearrangiertem fortgeschrittenem NSCLC zu bewerten.
Primärer Endpunkt: Bestes Gesamtansprechen (OR = CR oder PR) nach Beurteilung des Untersuchers. Sekundäre Endpunkte: Bestes Gesamtansprechen gemäss unabhängigem Review, Krankheitskontrolle nach 24 Wochen PFS, OS. Den Vorsitz der Studie haben Prof Dr. med. Enriqueta Felip, Barcelona, und Prof. Dr. med. Jürgen Wolf, Köln.

EORTC-HALT

Zielgerichtete Therapie mit oder ohne dosisintensivierter Strahlentherapie für oligo-progrediente Krankheitsprogression bei onkogenabhängigem Lungentumor. Diese Studie wurde schon früher präsentiert, hielt Prof. Guckenberger fest.

Quelle: SAKK Halbjahresversammlung, Zürich, 21.-22. November 2019

Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

ESMO 2019: Gastrointestinale Malignitäten

Der diesjährige ESMO-Kongress war ein Feuerwerk an spannenden neuen Daten. Dabei wurde eine Vielzahl von interessanten und lang erwarteten Daten über gastrointestinale Malignome präsentiert. Hier stellen wir Ihnen drei hochrelevante Studien vor.

Hepatozelluläres Karzinom – CheckMate-459

Bei fortgeschrittenem hepatozellulärem Karzinom bestehen die Erstlinienbehandlungsoptionen in der VEGF-gerichteten Tyrosinkinase-Inhibition (TKI) mit Sorafenib oder Lenvatinib (1). Die Immuncheckpoint-Blockade zeigte in einer Phase I/II-Studie vielversprechende Ergebnisse (2). Allerdings wurden Immuntherapie und TKI-Therapie nie in einer Phase-III-Studie verglichen, was das Ziel der CheckMate 459-Studie war (LBA38_PR, Ann. Oncol. 2019;30: suppl 5). 743 Patienten mit bisher unbehandeltem, fortgeschrittenem HCC wurden randomisiert auf Nivolumab oder Sorafenib. Leider zeigte sich der primäre Endpunkt Gesamtüberleben (OS) nicht signifikant unterschiedlich (16,4 vs. 14,7; HR  0,95; p = 0,075). Für Nivolumab wurde eine objektive Ansprechrate (ORR) von 15% gegenüber 7% mit Sorafenib beobachtet. Bei Patienten mit PD-L1-positiven Tumoren (≥ 1%) stieg die ORR auf 28% (20 Patienten) mit Nivoumab gegenüber 9% in der Sorafenib-Gruppe. Die Analyse von Sicherheit und Lebensqualität favorisierte ebenfalls die Nivolumab-Gruppe mit der bekannt niedrigen Grad 3/4-Toxizitätsrate. Obwohl das Gesamtüberleben gegenüber Sorafenib nicht überlegen war, zeigte Nivolumab klinisch bedeutende Ansprechraten und Langzeitüberleben mit einem günstigen Sicherheitsprofil. Wegen der späteren Trennung der Überlebenskurven, Nivolumab begünstigend, sollten die endgültigen OS-Ergebnisse nach langem Follow-up bewertet werden. Zwischenzeitlich wurden die Ergebnisse der IMbrave 150-Studie (Atezolizumab/Bevazizumab vs. Sorafenib; Phase III) in einer Pressemitteilung veröffentlicht, in der der IO-Arm als überlegen bezüglich OS und PFS bezeichnet wurde (3).

Lokal fortgeschrittenes Pankreaskarzinom – NEOLAP

Die Mehrheit der Patienten mit neu diagnostiziertem, duktalem Adenokarzinom des Pankreas (PDAC) befindet sich in einem lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Stadium. Die Konversion von Patienten mit inoperablem, lokal fortgeschrittenem PDAC, die eine intensive Induktionstherapie erhielten, hat gezeigt, dass diese das Gesamtüberleben verbessert. Die deutsche, multizentrische, Phase II NEOLAP-Studie (#6710) verglich die Induktionschemotherapie mit Gemcitabin/Nab-Paclitaxel (G/nP) mit der sequentiellen Therapie mit G/nP und FOLFIRINOX. 168 Patienten mit lokal fortgeschrittenem PDAC wurden randomisiert auf 4 Zyklen G/nP vs. 2 Zyklen G/nP und 4 Zyklen FOLFIRINOX, gefolgt in beiden Armen von Resektion und 3 weiteren Zyklen G/nP. Aufgrund der geringen Stichprobengrösse wurde weder in der Resektionsrate (primärer Endpunkt; 45,0 vs. 30,6%, p =v0,135) noch bei OS und PFS (sekundäre Endpunkte) ein signifikanter Unterschied festgestellt. Der 15%ige Unterschied in der Resektionsrate führt jedoch zu einem klinisch bedeutsamen Nutzen der intensiven Induktionstherapie mit G/nP gefolgt von FOLFIRINOX. Darüber hinaus war das Studiendesign dieser kleinen randomisierten Studie leider suboptimal; eine Randomisierung der Induktionschemotherapie mit FOLFIRINOX vs. G/nP wäre sinnvoller gewesen. Insgesamt scheint FOLFIRINOX bei lokal fortgeschrittenem PDAC als Induktionschemotherapie aktiver zu sein. Tatsächlich haben grosse Kohortenstudien in diesem Zusammenhang Resektionsraten von bis zu 60% gezeigt (4).

Metastasierendes kolorektales Karzinom (mCRC) – BEACON

Das BRAF V600E mutierte mCRC stellt einen sehr aggressiven Phänotyp mit schlechter Prognose bei etwa 10% der mCRC-Patienten dar (5). Es besteht daher ein hoher Bedarf an einer zielgerichteten Therapie nach Scheitern der Erstlinienchemotherapie. Die BEACON-Studie (Phase 3, # LBA32) verglich zwei gezielte Therapieschemata bestehend aus Encorafenib, Binimetinib und Cetuximab (Triplet) oder Encorafenib und Cetuximab (Doublet) gegenüber der Standardchemotherapie plus Cetuximab. 665 zuvor behandelte mCRC-Patienten wurden eingeschlossen. Beide zielgerichteten Chemotherapie-Behandlungsarme zeigten signifikante Verbesserungen bei ORR (primärer Endpunkt; 35% (Triplet) und 29% (Doublet) vs. 7%, p< 0,0001) und Gesamtüberleben (9,0 (Triplet), 8,4 (Doublet) vs. 5,4 Monate, HR 0,52, p< 0,001). Ein Vergleich zwischen den beiden TKI-Armen war bei dieser frühen Zwischenanalyse nicht möglich. Alle drei Arme erwiesen sich als sicher mit tolerierbaren Raten von Grad 3-Toxizität, die im Triplet-Arm jedoch höher waren als im Doublet-Arm. Aufgrund dieser positiven Ergebnisse sollte die gezielte Doublet- oder Triplet-Therapie als neuer Behandlungsstandard in der beschriebenen Patientengruppe angesehen werden.

1. Vogel A et al. Hepatocellular carcinoma. ESMO Clinical Practice Guidelines for diagnosis, treament and follow-up. Ann. Oncol 2019;30:871-873
2. El.Khouairy AB et al. Nivolumab in patientd with advanced hepatocellular carcinoma (CeckMate 040); an open-labled, non-comparative, phase 1/2 dose escalation and expansion trial Lancet 2017; 389: 2492-2502
3. Ltd, H—L. Media Realease: Roche’s tecentriq in combination with avastin increased overall survival and progression-free survival in people with unresectable hepatocellular carcinoma (2019)
4. Hackert T et al. Locally advnced pancreatic cancer: Neoadjuvant therapy with folfirinox. Results in resectability in 60% oft he patients. Ann Surg. 2016;264: 457-463.
5. Tran B et al Impact of BRAF mutation and microsatellite instability on the pattern of metastatic spread and prognosis in metastatic cororectal cancer. Cancer 2011;117:4623-4632

Highlights ESMO 2019: Lungenkarzinom und Mesotheliom

CheckMate-227 Studie (1,2)

Die Phase-III-Studie CheckMate-227 hat Patienten mit metastasiertem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) ohne vorherige Behandlung eingeschlossen. Part 1 der CheckMate-227-Studie bestand aus 2 Kohorten: Patienten mit einer PD-L1-Expression von ≥1% (Part 1a) sowie solche mit einer PD- L1 Expression von < 1% (Part 1b). In Part 1a wurden die Patienten 1:1:1 in die folgenden Therapiearme randomisiert: Nivolumab plus niedrig dosiertes Ipilimumab (1mg/kg 6-wöchentlich), Nivolumab-Monotherapie (3 mg/ kg 2-wöchentlich) oder eine platinbasierte Chemotherapie. In Part 1b wurden die Patienten 1:1:1 einem Arm mit Nivolumab plus Ipilimumab, einer Chemotherapie oder einer kombinierten Immuno-Chemotherapie mit Nivolumab plus Chemotherapie zugeordnet. Die beiden unabhängigen primären Endpunkte der Studie verglichen Nivolumab plus Ipilimumab mit Chemotherapie im Hinblick auf das progressionsfreie Überleben in der Population mit hoher Tumormutationslast (TMB ≥ 10 Mutationen pro Megabase) (diese Ergebnisse wurden bereits publiziert (3)) und das Gesamtüberleben in der Population mit einer PD-L1 Expression von ≥ 1%. Am diesjährigen ESMO Kongress wurde nun der letztgenannte Endpunkt vorgestellt. In der Population mit einer PD-L1 Expression von ≥ 1% konnte ein signifikant verlängertes medianes Überleben mit Nivolumab und Ipilimumab gegenüber der Chemotherapie gezeigt werden (17,1 vs. 14,9 Monate; HR 0,79; 95% CI, 0,65-0,96; p = 0,007). Das mediane Überleben einer alleinigen Nivolumab-Therapie betrug 15,7 Monate. In der PD-L1 negativen Kohorte (Part 1b) steigerte die Kombination von Nivolumab und Ipilimumab das mediane Überleben von 12,2 Monaten (Chemotherapie) auf 17,2 Monate. In einer explorativen Subgruppenanalyse wurde der prädiktive Wert der Tumormutationslast auf die Immuntherapie (Nivolumab plus Ipilimumab) gegenüber der Chemotherapie untersucht. Interessanterweise zeigte sich die Tumormutationslast (cut-off ≥10 Mutationen pro Megabase) als kein guter prädiktiver Faktor.

Fazit: Nivolumab plus Ipilimumab ist eine neue Erstlinientherapie-Option für das metastasierte nicht-kleinzellige Lungenkarzinom. Der Stellenwert dieser Therapie im Kontext der kombinierten Immuno-Chemotherapie muss jedoch noch definiert werden.

FLAURA Studie (4)

In die Phase-III-FLAURA Studie wurden Patienten mit einem lokal fortgeschrittenen oder metastasierten NSCLC mit einer sensibilisierenden EGFR-Mutation (Exon 19 Deletion oder L858R Mutation) eingeschlossen. Patienten wurden 1:1 in einen Osimertinib-Arm oder einen Standard-Therapie-Arm (Erlotinib oder Gefitinib) randomisiert. Ein Cross-Over vom Standard-Therapie- in den Osimertinib-Arm war bei Progression und Nachweis einer T790M Mutation erlaubt. Als primärer Endpunkt der Studie wurde das Progressions-freie Überleben (PFS) definiert. Wie bereits publiziert (5) wurde das mediane PFS mit Osimertinib gegenüber der Vergleichsgruppe signifikant verbessert (Mediane PFS 18,9 vs. 10,2 Monate). Auch das Ansprechen (80% vs. 76%) und die mediane Ansprechzeit (17,2 vs. 8,5 Monate) waren in der Osimertinib-Gruppe deutlich höher. Am diesjährigen ESMO Kongress wurden nun die Daten zum Gesamtüberleben (OS) präsentiert. Das mittlere OS im Osimertinib-Arm betrug 38,6 Monate im Vergleich zu 31,8 Monaten im Standard-Therapie-Arm (HR 0,799; 95% CI, 0,647-0,997; p = 0,0462). Die Zeit bis zur Zweitlinien-Therapie wurde mit Osimertinib signifikant verlängert (25,4 vs. 13,7 Monate). Ein Cross-Over zu Osimertinib erfolgte bei 30% der Patienten. 30% aller Patienten in beiden Behandlungsarmen erhielten keine weiteren Anti-Tumor Therapien nach Progression.

Fazit: Osimertinib ist die neue Erstlinien-Therapie der Wahl für Patienten mit einem metastasierten NSCLC mit einer sensibilisierenden EGFR-Mutation.

PROMISE-meso Studie (6)

Die Phase-III-Studie PROMISE-meso hat Patienten mit einem malignen Pleuramesotheliom und einem Rezidiv nach einer platinbasierten Chemotherapie eingeschlossen. Die Patienten wurden im Verhältnis 1:1 randomisiert und erhielten den PD-1 Inhibitor Pembrolizumab oder eine Chemotherapie der Wahl (Gemcitabine, Vinorelbine). Ein Cross-Over vom Chemotherapie- auf den Immuntherapie-Arm war erlaubt. Das PFS als primärer Endpunkt der Studie wurde verfehlt. Das mediane PFS mit Pembrolizumab betrug 2,5 Monate, verglichen mit 3,4 Monaten im Chemotherapie-Arm. Auch im OS zeigte sich kein signifikanter Unterschied (Medianes OS 10,7 mit Pembrolizumab vs. 11,7 Monate mit Chemotherapie). Es zeigte sich zwar eine höhere Ansprechrate unter Pembrolizumab (22% vs. 6%), diese liess sich aber leider nicht in ein verlängertes Therapieansprechen übersetzen (4,6 Monate vs. 11,2 Monate).

Fazit: Die Pembrolizumab-Monotherapie ist der Standard-Chemotherapie in der zweiten Therapielinie nicht überlegen.

Dank: Mein Dank gilt der SAKK, die mir die Teilnahme an der Young Oncology Academy ermöglicht hat. Ein spezieller Dank gebührt Prof. Miklos Pless und PD Dr. Sacha Rothschild für ihre Unterstützung und das Feedback während des Förderungsprogrammes.

1. Peters S, Ramalingam S, Paz-Ares L, et al. Nivolumab + low-dose ipilimumab versus platinum- doublet chemotherapy as first-line treatment for advanced non-small cell lung cancer: CheckMate- 227 part 1 final analysis. Presented at 2019 ESMO Congress. Abstract LBA4.
2. Hellmann MD, Paz-Ares L, Carbo RB, et al. Nivolumab plus ipilimumab in advanced non–small- cell lung cancer [published online September 28, 2019]. N Eng J Med. doi: 10.1056/NEJMoa1910231.
3. Hellmann MD, Ciuleanu T-E, Pluzanski A, et al. Nivolumab plus ipilimumab in lung cancer with a high tumor mutational burden. N Engl J Med 2018; 378: 2093–2104.
4. Ramalingam SS, Gray JE, Ohe Y, et al. Osimertinib vs comparator EGFR-TKI as first-line treatment for EGFRm advanced NSCLC (FLAURA): Final overall survival analysis. Presented at 2019 ESMO Congress. Abstract LBA5_PR.
5. Soria J-C, Ohe Y, Vansteenkiste J, et al. Osimertinib in untreated EGFR-mutated advanced non– small-cell lung cancer. N Engl J Med. 2018; 378:113-125.
6. Popat S, Cunoni-Fontecedro A, Polydoropoulou V, et al. A multicenter randomized phase III trial comparing pembrolizumab (P) vs single agent chemotherapy (CT) for advanced pre-treated malignant pleural mesothelioma (MPM)—results from the European Thoracic Oncology Platform (ETOP 9-15) PROMISE-meso trial. Presented at 2019 ESMO Congress. Abstract LBA91.

ESMO 2019: Urogenitale Tumore 2019

Auf dem diesjährigen Jahreskongress der ESMO wurden viele interessante Studienergebnisse aus dem Bereich der urogenitalen Onkologie vorgestellt. Wir stellen hier vier Studien vor, die für die tägliche Praxis wichtig sind.
In der RADICALS-Studie wurde die Wirkung der adjuvanten Strahlentherapie mit derjenigen der frühen Salvage-Strahlentherapie nach radikaler Prostatektomie untersucht. Der primäre Endpunkt – das Metastasen-freie Überleben – wurde zwar noch nicht erreicht, die Ergebnisse zum biochemischen Rezidiv-freien Überleben wurden aber bereits vorgestellt. Patienten nach radikaler Prostatektomie (mit mindestens einem der folgenden Kriterien: pT3/4, Gleason Score 7-10, präoperatives PSA ≥ 10 ng/ml und/oder positiver Resektionsrand) mit einem postoperativen PSA-Abfall auf ≤ 0.2 ng/ml wurden zur adjuvanten oder frühen Salvage-Strahlentherapie (verabreicht bei konsekutivem PSA-Anstieg und PSA > 0.1 ng/ml) randomisiert. Von 1 396 rekrutierten Patienten hatte die Mehrheit ein lokal fortgeschrittenes Tumorstadium (pT3/4: 75%) und/oder einen positiven Resektionsrand (R1: 63%). Nach einer medianen Beobachtungszeit von 5 Jahren wurde zwischen den beiden Studienarmen hinsichtlich des biochemischen Rezidiv-freien Überlebens kein Unterschied festgestellt (Hazard Ratio [HR]: 1.1 [95%-CI: 0.81-1.49]; p = 0.56). Im Salvage-Therapie Arm benötigten 63% der Patienten keine Bestrahlung. Diese vorläufigen Ergebnisse der RADICALS-Studie untermauern das Konzept einer frühen Salvage-Strahlentherapie, mit dem > 60% der Patienten eine Strahlentherapie erspart bleibt.
Die CARD Studie verglich in der Drittlinientherapie des metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinoms (mCRPC) die Behandlung mit Cabazitaxel gegenüber einer Therapie mit einem der neuartigen Hormontherapien (NHA: Abirateron oder Enzaltumid) (1). Patienten mit mCRPC, die mit Docetaxel vorbehandelt wurden und innerhalb von 12 Monaten unter einem NHA einen Progress zeigten, wurden zur Behandlung mit Cabazitaxel (n = 129) oder dem zuvor nicht verabreichten NHA (n = 126) randomisiert. Sowohl in der Cabazitaxel wie auch in der NHA-Gruppe wurden viele ältere Patienten eingeschlossen (medianes Alter ≥ 75 Jahre bei 35% respektive 27% der Patienten) und die Tumorprogressionsart war in 67% respektive 71% klinisch mit Schmerzen. Der primäre Endpunkt des radiologischen Progression-freien Überlebens zeigte sich in der Cabazitaxel-Gruppe mit einem Median von 8 Monaten (95%-CI: 5.7-9.2) im Vergleich zu 3.7 Monaten (95%-CI: 2.8-5.1) in der NHA-Gruppe deutlich und statistisch signifikant verbessert (HR: 0.54 [95%-CI: 0.40-0.73]; p< 0,0001). Das mediane Gesamtüberleben (OS) konnte mit Cabazitaxel mit 13.6 vs. 11.0 Monaten im NHA-Arm ebenfalls statistisch signifikant verbessert werden (HR: 0.64 [95%-CI: 0.46-0.89]; p = 0,0078). Die Resultate der CARD-Studie sind somit practice changing und machen Cabazitaxel bei mCRPC-Patienten, welche nach Docetaxel und innerhalb von 12 Monaten unter einem NHA einen Progress aufweisen, zum neuen Drittlinienstandard.
In einer Phase II-Studie wurde bei mCRPC-Patienten mit Aberrationen im DNA-Reparaturmechanismusapparat bereits die Wirksamkeit einer PARP-Inhibitor Therapie aufgezeigt (2). Aufbauend auf dieser Vorkenntnis wurde in der Studie PROFOUND bei mCRPC-Patienten mit Aberrationen des homologen Rekombinationsreparaturmechanismus (HRR), welche unter der NHA-Therapie einen Progress aufwiesen, die Wirksamkeit des PARP-Inhibitors Olaparib mit derjenigen eines weiteren NHA verglichen. Die 632 rekrutierten Patienten wurden anhand der vorhandenen Genaberrationen in die Kohorte A (Veränderungen in BRCA1, BRCA2 oder ATM; n = 245) und Kohorte B (ein anderes Gen des HRR betroffen; n = 142) eingeteilt. Patienten aus beiden Kohorten wurden 2:1 zur Therapie mit Olaparib oder einem NHA (Abirateron oder Enzalutamid; Wahl des behandelnden Arztes) randomisiert. Alle Patienten waren mit einem NHA vorbehandelt, wobei 19% sowohl bereits Abirateron als auch Enzalutamid erhalten hatten. Zudem waren 65% mit Docetaxel, Cabazitaxel oder beidem vorbehandelt. In der Kohorte A wurde der primäre Endpunkt des radiologischen progressionsfreien Überlebens (rPFS) durch Olaparib mehr als verdoppelt (HR: 0.34 [95%-CI: 0.25-0.47]; p< 0,0001). Dieser rPFS-Vorteil kam bei Patienten der Kohorte A mit einer BRCA2-Mutation am stärksten zum Tragen. PROFOUND ist die erste positive Biomarker-selektierte Phase-III-Studie beim mCRPC und untermauert die Testung von HRR-Aberrationen bei Patienten, die unter einem NHA einen Progress aufweisen, um ein Ansprechen auf den PARP-Inhibitor Olaparib vorauszusagen.
In der Studie IMvigor130 wurden 1’213 Patienten mit einem lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Urothelkarzinom, welche für eine Platin-haltige Chemotherapie qualifizieren, aber noch keine Behandlung erhalten hatten, zum Goldstandard einer Platin/Gemcitabin-Chemotherapie, einer Monotherapie mit dem anti-PD-L1-Inhibitor Atezolizumab oder der Kombination von Platin/Gemcitabin und Atezolizuamb randomisiert. Nennenswerterweise erhielt ein beträchtlicher Anteil der Patienten Carboplatin anstelle von Cisplatin, obwohl deutlich mehr Patienten entsprechend den Galsky-Kriterien für Cisplatin qualifiziert hätten. Es ist unklar, welche Auswirkungen dieser Umstand auf die Studienergebnisse hat. Der primäre Endpunkt eines besseren PFS für die Kombinationsbehandlung vs. Chemotherapie war positiv (HR: 0.82 [95%-CI: 0.70-0.96]). In einer Interimsanalyse zeigte sich das OS für die Kombinationstherapie vs. Chemotherapie mit 16.0 vs. 13.4 Monaten numerisch verbessert, überschritt aber nicht die vordefinierte statistische Schwelle. Es wird eine längere Beobachtungszeit benötigt, um eine Aussage bezüglich eines möglichen Überlebensvorteils der Kombinationstherapie von Platin-haltiger Chemotherapie und Atezolizumab gegenüber dem jetzigen Goldstandard einer Platin-haltigen Chemotherapie machen zu können.

1. deWit R et al. Cabazitaxel versus abiraterone or enzalutamid in metastatix prostate cancer. N Engl J Med NEJMoa1911206(2019).doi:10.1056/NEJMoa1911206
2. Mateo H et al DNA repair defects and olarib in metastatic prostate cancer N Engl J Me 2015;373:1697-170

Highlights EHA 2019: Multiples Myelom

Die Behandlung des rezidivierten und refraktären multiplen Myeloms ist eine Herausforderung. Der EHA-Kongress 2019 bot mehrere Highlights zu diesem Thema. Im Folgenden werden 3 Studien zusammengefasst.

COLUMBA Trial: Intravenous versus subcutaneous administration of daratumumab

Daratumumab, ein monoklonaler Antikörper gegen CD38, bewies seine Wirksamkeit beim multiplen Myelom über alle Therapielinien hinweg. Ähnlich wie beim Anti-CD20-Antikörper Rituximab dauert die intravenöse Verabreichung jedoch mehrere Stunden, insbesondere die erste Infusion dauert im Durchschnitt sieben Stunden (1). Eine subkutane Infusion hingegen benötigt nur 3-5 Minuten.
Die von Dr. Maria Victoria Mateos, aus Salamanca, vorgestellte Columba-Studie ist eine randomisierte Phase-III-Studie, die die intravenöse (IV) versus subkutane (SC) Verabreichung von Daratumumab bei Patienten mit rezidiviertem und/oder refraktärem multiplem Myelom (R/R MM) verglich (2). 522 Patienten mit R/R MM und ≥ 3 vorausgegangen Therapielinien wurden eingeschlossen und 1:1 randomisiert: Sie erhielten entweder Daratumumab SC (1800 mg) oder Daratumumab IV (16 mg/kg). Die Gesamtansprechrate (ORR) sowie die Talspiegel der Medikamente, als die beiden primären Endpunkte, waren zwischen der subkutanen und intravenösen Verabreichung von Daratumumab vergleichbar (41,1% vs. 37,1% ORR und Talspiegel dara-SC/dara-IV: 107,93%).
Darüber hinaus war das Sicherheitsprofil zwischen den beiden Verabreichungsarten ähnlich. Daratumumab SC war sogar mit einer signifikant niedrigeren Rate an Infusionsreaktionen verbunden (12,7% für SC gegenüber 34,5 % für IV; p < 0,0001).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die subkutane Verabreichung von Daratumumab sowohl sicher als auch effektiv ist und aufgrund der kürzeren Verabreichungszeit von den Patienten und dem Gesundheitspersonal als angenehmer empfunden wird.

The ICARIA-MM trial: Isatuximab plus pomalidomide and dexamethasone a new therapy option in patients with R/R MM?

Die von Dr. Paul Richardson vom Dana-Farber Cancer Institute, Boston, vorgestellte ICARIA-MM-Studie untersuchte Isatuximab, einen weiteren monoklonalen Anti-CD38-Antikörper (3). Die Funktion von Isatuximab ist in vielerlei Hinsicht ähnlich wie diejenige von Daratumumab. Isatuximab hat jedoch eine geringere komplementabhängige Zytotoxizität als Daratumumab. Daher führt Isatuximab möglicherweise zu weniger Infusionsreaktionen und hat eine kürzere Infusionszeit als Daratumumab.
In der ICARIA-Studie, einer internationalen Phase-III-Studie, wurden 307 Patienten mit R/R-MM und ≥ 2 vorausgegangen Therapielinien eingeschlossen und erhielten entweder Isatuximab in Kombination mit Pomalidomid und Dexamethason (Isa-Pd) oder eine alleinige Behandlung mit Pomalidomid und Dexamethason (Pd) (4).
Das mediane progressionsfreie Überleben war signifikant höher in der Patientengruppe, die Isa-Pd erhielt (11,53 Monate für den Isa-Pd-Arm gegenüber 6,47 für den Pd-Arm, (95% CI 0,44-0,81), P = 0,001). Im Einklang mit diesen Ergebnissen war auch die Gesamtansprechrate (ORR) mit 60,4% im Isa-Pd-Arm signifikant höher als mit 35,3% im Pd-Arm.
Das Sicherheitsprofil war beherrschbar trotz einer höheren Neutropenie- und Infektionsrate in der Kohorte mit Isatuximab. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Isatuximab in Kombination mit Pomalidomid und Dexamethason eine neue Therapieoption bei R/R MM darstellt.
Fragen bleiben jedoch offen: Ist Isatuximab noch wirksam bei Myelompatienten, die auf Daratumumab und/oder Elotuzumab nicht ansprachen? Kann Isatuximab nach einer Behandlung mit Daratumumab verabreicht werden? Diesbezüglich bräuchte es weitere Studien.
Bezüglich Pomalidomid ist aktuell für Patienten mit R/R MM in der Schweiz die SAKK 39/16-Studie, OptiPOM, verfügbar, die ein alternatives Dosierungsschema von Pomalidomid prüft.

AMG 420, an Anti-BCMA Bispecific T-Cell Engager (BITE®) Immunotherapie

Das B-Zell-Maturationsantigen (BCMA) ist ein Zelloberflächenrezeptor, der zur Superfamilie der Tumornekrosefaktorrezeptoren (TNFR) gehört und fast ausschliesslich auf Plasmazellen und Plasmablasten exprimiert wird (5). In den letzten Jahren wurden mehrere Immuntherapien gegen BCMA entwickelt, wie zum Beispiel BCMA CAR-T oder BCMA-BiTE®. BCMA-BiTE® bindet an CD3 auf T-Zellen sowie am BCMA auf Plasmazellen.
Auf der EHA Tagung präsentierte Prof. Dr. Max Topp aus Würzburg, die Ergebnisse einer First-in-Human Phase I Dosisfindungsstudie mit dem anti-BCMA BiTE® AMG 420. Primäre Endpunkte waren die dosislimitierende Toxizität (DLT) sowie die maximale verträgliche Dosis (MTD) (6).
AMG 420 wurde über eine kontinuierliche Infusion in 6-Wochen-Zyklen über 5 Zyklen, bis zur Krankheitsprogression(PD), oder bis zur nicht kontrollierbaren Toxizität verabreicht. Die DLT wurde bei drei von 42 Patienten und in zwei Fällen bei einer Dosis von 800 ug/d beobachtet. Die maximal verträgliche Dosis betrug somit 400 ug/d.
Insgesamt sprachen 13 von 42 Patienten auf die Behandlung an. Die höchste Ansprechrate von 70% wurde bei einer Dosis von 400 ug/d erreicht (7 von 10 Patienten). Daher ist die empfohlene Dosis für weitere Untersuchungen 400 ug/d.

1. DARZALEX® (Daratumumab)-Injektion, zur intravenösen Anwendung[Beipackzettel]. Horsham, PA:: Janssen Biotech, Inc.; 2019
2. Mateos M-V. et al., COLUMBA-Studie, mündliche Präsentation EHA 2019, Abstract S823
3. Richardson PG et al, Isatuximab plus Pomalidomid/Dexamethason versus Pomalidomid/Dexamethason bei schubförmig/refraktärem Multiplem Myelom: ICARIA Phase-III-Studiendesign, Future Oncol. 2018 Mai;14(11):1035-1047
4. Richardson PG et al., ICARIA-MM-Studie, mündliche Präsentation EHA 2019, Abstract S824
5. Yu-Tzu Tai & Kenneth C Anderson (2019), B cell maturation antigen (BCMA)-based immunotherapy for multiple myeloma, Expert Opin Biol Ther. 2019 Jul 11:1-14
6. Topp M et al., Oral presentation EHA 2019, Abstract S825

Highlights ESTRO 2019: Therapeutische Implikationen

Die European Society of Radiation Oncology (ESTRO) wurde 1980 gegründet. Im Jahr 2019 wurde der 38. Jahreskongress mit mehr als 6000 Teilnehmern aus 100 Ländern durchgeführt. Im Folgenden werden 3 Studien vorgestellt, die sich auf die Wirksamkeit der Kombination verschiedener Medikamente als Zielmoleküle mit Strahlung, die Verbesserung der Lebensqualität der Patienten konzentrieren oder die Behandlungszeit verkürzen.

Hypofraktionierte vs. konventionelle Strahlentherapie bei Prostatakrebs: 7 Jahre Ergebnisse des HYPRO trial. Abstract OC-0272. Prof. L. Incrocci (1), Rotterdam

Die Studie basiert auf der Verbesserung der Wirksamkeit der Behandlung von Prostatakrebs mit moderater hypofraktionierte Strahlentherapie (HF). Die Verwendung des linear-quadratischen Modells deutet darauf hin, dass das HF-Schema weniger toxisch und bei Prostatakrebs effektiver ist. HYPRO ist eine randomisierte Phase-III-Studie, die bei 804 Patienten die Überlegenheit der hypofraktionierten (HF) gegenüber der konventionell fraktionierten (CF) Strahlentherapie für Patienten mit lokalisiertem Prostatakrebs in der mittleren und in der Hochrisikogruppe untersucht und nach einer 7-jährigen Nachbeobachtung aktualisiert wurde. Die Patienten wurden randomisiert zu HF (64,6Gy, in 19 fr) oder CF (78Gy in 39 fr). Der primäre Endpunkt war das rezidivfreie Überleben (RFS) nach 7 Jahren. Die Ergebnisse zeigen ein RFS 71,7% (95% CI 66,4-76,4) für HF gegenüber 67,6% (95% CI 62-72,5) für CF (p = 0,52). Die lokale RFS-Subanalyse zeigte eine signifikante Interaktion zwischen Behandlungsarm und dem Gleason-Score ≥ 8. Der HF-Therapiearm zeigte keine überlegene Tumorkontrolle. Unserer Meinung nach hat sich nun in mehreren RCTs-Studien gezeigt, dass moderate HF ähnliche Ergebnisse bei der Prostata-Krebskontrolle erzielt mit einer ähnlicher Inzidenz und Schweregrad von Spättoxizitäten verglichen mit einer konventionellen Fraktionierung. In Anbetracht der kürzeren Behandlungszeit für die Patienten und den niedrigeren Kosten (falls individuelle Strahlentherapiesitzungen verrechnet werden) der Behandlung können beide Optionen als mindestens gleichwertig betrachtet werden.

Stereotaktische Strahlentherapie (SRT) für oligoprogressive NSCLC: klinische Szenarien, die das Überleben beeinflussen. Zusammenfassung OC-0059. Dr. S. Kroeze, Zürich

Die TOaSTT Studie ist eine DEGRO initiierte Multicenter Register Studie. Sie untersuchte das Outcome bei 108 SRT Patienten mit 192 Läsionen die in 16 Zentren behandelt wurden. OS, PFS, LC und die Zeit bis zum Wechsel einer Systemtherapie nach SRT wurden analysiert. Eine gleichzeitige Behandlung von SRT und Medikamenten erfolgte zu 60% mit ALK- oder EGFR-TKI, zu 31% PD-L1/PD-1-Inhibitoren und zu 8% mit Bevacizumab. Die Patienten wurden in 3 Gruppen unterteilt: SRT von ≤ 5 Metastasen ohne zusätzliche Tumormanifestationen, SRT mit ≤ 5 progressiven Metastasen und kontrollierter Tumorerkrankung (aller anderen Metastasen) und SRT von ≤ 5 Metastasen mit gemischter oder unkontrollierter Tumorerkrankung. Die Ergebnisse zeigen, dass die LC nach SRT in allen 3 Gruppen sehr gut war und die Behandlung gut toleriert wurde (kaum Grad 3/4 Toxizitäten). Mit diesen ermutigenden Ergebnissen braucht es nun dringend prospektive Studien (2).

Darmmikrobiota SCFAs modulieren die Präsentation und Wirkung von dendritischen Zellantigenen in der Strahlen-therapie. Zusammenfassung SP-0331. Prof. A. Facciabene, Philadelphia

Die Rolle von Mikrobiota bei der Immunmodulation kann die Reaktion auf eine Strahlenbehandlung, die die spezifische T-Zell-Subpopulation fördert, beeinträchtigen (3). In dieser Studie wurde Vancomycin verwendet, um diesen Einfluss zu untersuchen. Die Autoren beschreiben, dass Vancomycin die RT-induzierte Anti-Tumor-Immunantwort und Tumorwachstumshemmung in einem Melanom- und Lungentumormodell verstärkt. Die Synergie zwischen Vancomycin-RT war abhängig von der TAA (Tumor-assoziierte Antigene) Kreuzpräsentation zu zytolytischen CD8+ T-Zellen und von IFN-g. Die Vancomycin-Behandlung erhöht die allgemeine und spezifische T-Zell-Infiltration im Tumor. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die passagere Verminderung/Eliminierung von vancomycinempfindlichen Bakterien die Anti-Tumor-Aktivität von RT erhöht, was relevante klinische Auswirkungen haben könnte. Meiner Meinung nach ist die Schlussfolgerung aus dieser Arbeit, dass Inhibitoren von SCFA möglicherweise in Kombination mit Strahlung als Radiosensibilisatoren wirken können.

1. De Vries KC et al. Hyprofractionated versus conventionally fractionated radiotherapy for patients with intermediate- or high-risk, localized, prostate cancer: 7-year outcomes from the randomized, multi-centre, open-label, phase 3 HYPRO trial. Int J Radiat Oncol Biol Phys. 2019 Oct 5.
2. Kroeze SGC et al. Toxicity of concurrent stereotactic radiotherapy and targeted therapies or immunotherapy: a systematic review. Cancer Treat Rev. 2017 Feb;53:25-3
3. Heather M. McGee et al. Targeting the Tumor Microenvironment in Radiation Oncology: Proceedings from the 2018 ASTRO-AACR Research Workshop. Clinical Cancer Research 2019 Feb; 25(10)