Karzinosarkome des weiblichen Genitaltrakts (MMMT)

Karzinosarkome / MMMT des weiblichen Geschlechtstrakts sind, ähnlich wie Endometriumkarzinome hochmaligne biphasische Tumoren mit mesodermalen sowie epithelialen Komponenten und haben eine schlechte Prognose, wobei die erfolgte Therapie ausschlaggebend ist. Wegen ihres seltenen Vorkommens fehlen bisher grosse epidemiologische Studien. Die Autoren diskutieren die verschiedenen Therapiemöglichkeiten und fassen die Literatur zur Systemtherapie zusammen, mit Einbezug der Daten ihrer retrospektiven Kohortenstudie.

Les carcinosarcomes  /MMMT de l’appareil reproductif féminin sont, comme les carcinomes endométriaux, des tumeurs biphasiques hautement malignes avec des composantes mésodermiques et épithéliales et ont un mauvais pronostic, le traitement effectué étant déterminant. En raison de leur rareté, les grandes études épidémiologiques font encore défaut. Les auteurs discutent des différentes options thérapeutiques et résument la documentation sur la thérapie systémique, y compris les données de leur étude de cohorte rétrospective.

Karzinosarkome/MMMT des weiblichen Genitaltraktes sind hochmaligne biphasische Tumoren, die sowohl maligne mesodermale als auch epitheliale Komponenten besitzen (1). Typischerweise besteht die Histologie der Metastasen meist aus karzinosarkomatösen Elementen (2, 3, 4). Aufgrund der Rarität der MMMT, gibt es keine grossen epidemiologischen Studien. In Analogie zum Endometriumkarzinom wurde das MMMT des Corpus uteri entsprechend dem aggressiven Typ II Karzinom des Endometriumkarzinoms subsumiert. Generell ist die Prognose bei MMMT des Corpus uteri nicht gut, mit einem medianen Überleben von 21 Monaten aufgrund des fortgeschrittenen Stadiums in 35% der MMMT, bei denen der Tumor zum Diagnosezeitpunkt nicht auf den Uterus begrenzt ist (5, 6). Allerdings ist hierbei die erfolgte Therapie wichtig und ausschlaggebend, d.h. eine gynäkologisch-onkologisch durchgeführte Hysterektomie, Adnexektomie und mindestens pelvine Lymphonodektomie (11). Im Falle einer metastasierten Erkrankung jedoch braucht es die komplette zytoreduktive Operation (siehe auch Abb. 1-3). Das 5-Jahres-Überleben bei MMMT des Corpus uteri beträgt 59% im FIGO Stadium I-II, 22% im Stadium III und 9% im Stadium IV (7). Ein Problem dabei ist das Auftreten von möglichen okkulten Metastasen im Bauchraum, die dann zum Rezidiv führen (8-10). Die Zytoreduktion kann auch in den metastasierten Stadien zu einer deutlichen Verbesserung der Prognose führen (12).

«Mutational Landscape» des MMMT

Eine kürzlich publizierte Studie untersuchte die «Mutational Landsacpe» des MMMT und verglich dies mit dem epithelialen Ovarialkarzinom. Hierbei wurden 110 MMMT des Ovars (MMMT-O), 141 MMMT des Corpus uteri (MMMT-U) und 1587 Ovarialkarzinome (OC) aller Histotypen miteinander verglichen. Eine p53 Mutation war die am Häufigsten nachzuweisende (76.4% in MMMT-O, 68.8% in MMMT-E und 69% in OC)(20). Genetische Veränderungen in den PI3K/AKT/mTOR und MAPK Pathways waren ähnlich häufig vorhanden bei den MMMT des Ovars und Ovarialkarzinomen, aber weniger häufig bei MMMT des Corpus uteri (p<0.001). Bei den Ovarialkarzinomen bestand die grösste Chance eine BRCA1 Mutation nachzuweisen (20% und 9-18% bei den MMMT). Kein Unterschied bestand bei RB, NOTCH, Angiogenese und FGFR Pathways, währenddessen Östrogen- sowie Androgenrezeptoren weniger häufig bei den MMMT exprimiert waren als beim Ovarialkarzinom. Dies hat sicher therapeutische Konsequenz, da Ovarialkarzinome mehr und mehr mit Aromatasehemmern behandelt werden.

Systemtherapie beim MMMT

Der prognostische Benefit der Chemotherapie bei den MMMT des Corpus uteri wurde bewiesen. Die wichtigsten Substanzen sind: Cisplatin, Carboplatin, Ifosfamid, Anthrazykline und Paclitaxel (13, 14, 15). Eine Cochrane-Analyse an 579 Patientinnen verglich adjuvante Radiotherapie mit Kombinations-Chemotherapie (mit Ifosfamid und Paclitaxel versus Ifosfamid allein) in rezidivierten Stadien III/IV MMMT. Die Autoren fanden hierbei ein verbessertes Überleben in den Kombinations-Chemotherapie Armen, so dass man einer Kombinations-Chemotherapie vor Radiotherapie den Vorzug geben sollte (13, 16, 17, 18). Beim MMMT-U hat sich in Analogie zum Endometriumkarzinom die Systemtherapie mit 6 Zyklen Carboplatin/Paclitaxel (qw3) durchgesetzt. Hierzu gibt es allerdings prospektiv randomisierte Daten gegen ein Platin/Anthracyline-haltiges Schema (11, 15). Viele Therapieansätze wurden von Studien zum Endometrium- oder Ovarialkarzinom exploriert, was die Biologie der Erkankung nicht immer widerspiegelt (21). Tabelle 1 gibt eine Übersicht über die wichtigsten Systemtherapiestudien für das MMMT.

«Quo vadis» Anthracyline?

Wir haben selbst eine grosse Kohorte an MMMT des Corpus uteri und Ovars am Gynecological Cancer Centre im Royal Hospital for Women retrospektiv analysiert, bestehend aus Patientinnen mit Carboplatin/Anthrazyklinen, Carboplatin/Ifosfamid oder Carboplatin/Paclitaxel. Zusätzlich haben wir NGS- und IHC-Analysen durchgeführt (41 und unpublizierte Daten). Unsere Daten zeigen, dass jede Kombination ohne Paclitaxel besser ist als die Kombination Carboplatin/Paclitaxel.
Am ASCO 2019 hat Matthew Powell die GOG261-Studie vorgestellt (42). Hierbei wurden Patientinnen mit FIGO-Stadium I-IV persistierendem oder rezidiviertem MMMT des Corpus uteri in 2 Arme randomisiert: im ersten Arm erhielten die Patientinnen Ifosfamid und Paclitaxel, im zweiten Arm erhielten sie Carboplatin und Paclitaxel. Die Resultate zeigten eine bessere Verträglichkeit in der Kombination von Carboplatin und Paclitaxel bei identischem Outcome, was das Gesamtüberleben und die Rezidivrate betrifft. Diese Studie führt zu einer Änderung unseres Standards bei Patientinnen mit persistierendem oder rezidiviertem MMMT des Corpus uteri. Was die Studie vermissen lässt, ist ein experimenteller Arm, der die Rolle der Anthracyline prospektiv untersucht.

Literatur zur Systemtherapie (Tabelle 1)

Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Studien mit Systemtherapie beim MMMT. Insgesamt wurden 1214 Patientinnen in verschiedene Studien eingeschlossen, davon waren aber nur 21.5% MMMT des Ovars. Cisplatin-basierte Chemotherapie wurde in den meisten adjuvanten Studien untersucht (67%).

Zielgerichtete Therapie und personalisierte Therapien

Da MMMT insgesamt sehr selten sind, gibt es noch wenige Daten zur «targeted Therapy». Eine Studie mit VEGF-gerichteter Therapie, eine zu Pazopanib (nur in MMMT des Corpus uteri) und einer mit Aflibercept (in allen MMMT) zeigte leider nur einen minimalen Effekt in der Gruppe der MMMT. (22, 23).
Auch neuere Ansätze aus der Immuntherapie werden zur Zeit geprüft. Aus dem TGCA-Atlas geht hervor, dass rund 3.5% der uterinen Karzinosarkome eine hohe Mikrosatelliteninstabilität haben und damit eine Immuntherapie mit einem Checkpointinhibtor vielversprechend ist (40). Behandlungsstrategien für MMMT unabhängig vom Organ sollten zukünftig auf die Driver-Mutationen p53 oder KRAS/PI3KCA ausgerichtet werden und so Studienmedikationen zielgerichtet auf den genetischen Ursprung ausgerichtet verabreicht werden. Hierfür benötigt es jedoch grosse kollaborative Studien mit vorgeschalteter molekularer Untersuchung.

Prof. Dr. med. Viola Heinzelmann-Schwarz

Leiterin Frauenklinik & Gynäkologisches Tumorzentrum
Chefärztin Gynäkologie/Gyn. Onkologie
Frauenklinik
Universitätsspital Basel
Spitalstrasse 21
4031 Basel

viola.heinzelmann@usb.ch

PD Dr. med. Marcus Vetter

Zentrum Onkologie und Hämatologie
Tumorzentrum Baselland
Kantonsspital Baselland
Rheinstrasse 26
4410 Liestal
Schweiz

marcus.vetter@ksbl.ch

Die Autoren haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.

  • Die Behandlung des MMMT bleibt eine Herausfordernung.
  • Wie beim Ovarialkarzinom braucht es ein optimales zytoreduktives Vorgehen bzw. Staging.
  • Bezüglich der Systemtherapie sind die Bücher noch nicht geschlossen, eigene Daten weisen einen Vorteil einer platin-/anthracylin-haltigen Chemotherapie auf.
  • Personalisierte Ansätze sind in der Erprobung. Bei der geringen Zahl an Patientinnen werden diese Tumore meist in Basket-Studien oder Endometriumkarzinom/Ovarilakarzinom-Studien behandelt.

Messages à retenir

  • Le traitement des carcinosarcomes / MMMT demeure un défi.
  • Comme pour le cancer de l’ovaire, une procédure cytoreductrice optimale resp. un Staging est nécessaire.
  • En ce qui concerne la thérapie systémique, les livres ne sont pas encore fermés, nos propres données montrent un avantage de la chimiothérapie contenant du platine et de l’anthracyline.
  • Des approches personnalisées sont en cours d’expérimentation. Etant donné le petit nombre de patientes, ces tumeurs sont généralement traitées dans le cadre d’études de panier ou d’études de carcinome endométrial / ovarien.

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41. Heinzelmann-Schwarz VA et. al. J Clin Oncol 37, 2017 (suppl; abstr 5563) and Heinzelmann-Schwarz VA, Kind A, Vetter Met al. Should MMMT still be treated with adjuvant taxane-based combination chemotherapy? JCRCO 2019 (accepted)
42. Powell MA et. al., J Clin Oncol 37, 2019 (suppl; abstr 5500)

Implémenter le Patient Blood Management

Le Patient Blood Management est un concept basé sur l’ évidence scientifique qui vise de manière préventive à diminuer la transfusion de produits sanguins labiles pour améliorer la sécurité et le devenir de nos patients. Il a fait ses preuves aussi sur le plan financier avec une réduction importante des coûts pour les hôpitaux. Il apparaît actuellement comme un standard qui devrait être implémenté à l’ échelle mondiale, proposant la prise en charge optimale concernant la gestion de la masse sanguine des patients.

Das Patient Blood Management ist ein wissenschaftlich fundiertes Konzept, das darauf abzielt, die Transfusion von labilen Blutprodukten präventiv zu reduzieren, um die Sicherheit und Zukunft der Patienten zu verbessern. Es hat sich auch finanziell mit einer deutlichen Kostensenkung für Krankenhäuser bewährt. Es erscheint derzeit als ein Standard, der weltweit umgesetzt werden sollte und ein optimales Management der Patientenblut-Gesamtmasse bietet.

Basé sur la définition, le Patient Blood Management est une approche multidisciplinaire et s’ adresse à chaque individu chez qui une perte sanguine significative associée à la transfusion de produit sanguin est attendue.
Le Patient Blood Management est basé sur trois piliers (cf. fig. 1) : le traitement préopératoire de l’ anémie et du déficit en fer, la réduction péri-opératoire des pertes sanguines et l’ optimisation de la tolérance à l’  anémie, incluant le recours à des seuils transfusionnels restrictifs.
A l’ heure de la « Smarter medicine », une initiative lancée en 2014 en Suisse, qui prône l’ idée que « plus n’ est pas toujours plus » afin de soigner moins pour soigner mieux par une médecine plus intelligente, le Patient Blood Management doit devenir un standard dans tous nos hôpitaux.
Chaque spécialité de la médecine est concernée et nous observons une réelle prise de conscience de l’ importance d’ un tel programme parmi les différentes sociétés savantes, notamment en Gynécologie-Obstétricale, comme en témoigne la publication récente d’ une déclaration de consensus de la NATA à ce sujet pour la prise en charge de l’ hémorragie du post-partum (1).

En effet, bien que le programme de Patient Blood Management est plus connue dans la phase péri-opératoire, particulièrement en cas de procédures chirurgicales électives majeures, ses concepts peuvent être appliqués à n’ importe quelle procédure résultant en un saignement excessif nécessitant l’ administration de produits sanguins labiles.
Althoff et al (2) ont présenté une méta-analyse sur des études qui ont évalués l’ impact de l’ implémentation d’ au moins une mesure du Patient Blood Management dans chacun des 3 piliers. Les résultats sont impressionnants (tab. 1).

On pourrait se demander pourquoi, étant donné l’ impact si positif en terme de sécurité et d’ efficacité, chaque hôpital ne propose pas un Programme de Patient Blood Management comme un standard de pratique. Probablement, que les cliniciens sont accablés par les innombrables mesures décrites dans le cadre d’ un tel programme (3). Il est cependant possible de débuter avec 7 mesures dans la phase initiale puis de développer le programme progressivement selon la taille de l’ hôpital et le temps mis à disposition au responsable du Patient Blood Management dans la structure hospitalière, personne clé et qui doit être définie dès le départ (4).

Les 7 mesures initiales proposées sont :
1. Le traitement de l’ anémie préopératoire (cf. fig. 2)
2. Des techniques d’ épargne sanguine chirurgicale avec une hémostase méticuleuse
3. L’ usage du cell-saver
4. L’ usage de l’ acide tranexamique
5. Une prise en charge de la coagulation ciblée et individualisée incluant un monitoring « point of care » de la coagulation et l’ usage de concentrés de facteurs de la coagulation
6. Le traitement de l’ anémie post-opératoire avec du fer intraveineux
7. Des seuils transfusionnels restrictifs

Pour aider les cliniciens dans cette démarche, l’ Union Européenne et la « National Blood Authority of Australia » ont rédigés des guides d’ implémentation (5, 6).
De plus il est crucial de pouvoir agir sur la base de données. Cela signifie qu’ une récolte informatisée et systématique des données doit pouvoir être obtenue concernant l’ anémie préopératoire, les pertes sanguines peropératoires, les transfusions et les complications postopératoires, ainsi que la durée de séjour et les coûts hospitaliers. Il faudrait pouvoir effectuer une récolte de données bien avant le lancement du programme de Patient Blood Management, pour avoir une ligne de base afin d’ observer l’ évolution et d’ avoir une référence, permettant également d’ effectuer une comparaison avec d’ autres hôpitaux. Ces données permettront également de convaincre les médecins impliqués et d’ améliorer l’ adhérence au programme. Cela permettra également de convaincre les chirurgiens afin d’ étendre le programme à toutes les disciplines chirurgicales, à commencer par la chirurgie orthopédique élective, où il est aisé de programmer bien à l’ avance une opération pour une prothèse de hanche ou de genou et par conséquent, de mettre en place un traitement de l’ anémie préopératoire (cf. fig. 2). Finalement, ces données auront le pouvoir de convaincre les directeurs médicaux de l’ importance d’ un tel programme et de les inciter à allouer suffisamment de ressources pour son implémentation.
Le potentiel du Patient Blood Management est extrêmement grand. Les patients traités dans des centres n’ ayant pas encore implémentés le Patient Blood Management pourront nettement bénéficier des mesures listées dans le tableau 1.
Il est a noté également un aspect important du Patient Blood Management, à savoir l’ impact financier positif avec une réduction des coûts liés aux produits sanguins dans son implémentation en Australie (7) ou en Suisse (8), par exemple. A cela s’ associe également une réduction des coûts liés aux activités hospitalières engendrés par la transfusion, une part importante à prendre en compte pour les hôpitaux.
De plus, le patient blood management initialement implémenté en chirurgie, et un concept de prise en charge parfaitement applicable et profitable aux patients des différentes spécialisations de la médecine interne, incluant l’ oncologie (9).
Un autre domaine ô combien important dans lequel le Patient Blood Management a toute son importance, est représenté par l’ hémorragie du post-partum, une des urgences obstétricales les plus importantes. Bien qu’ au cours des dernières décennies, le taux de mortalité lié à l’ hémorragie du post-partum a clairement diminué dans les pays développés, cela reste une cause majeure de mortalité dans le reste du monde (10). En dépit des avancées thérapeutiques faites dans sa prise en charge, l’ hémorragie massive du post-partum reste mortelle et un des plus grands défis pour les obstétriciens et gynécologues.
Muñoz et collaborateurs (1) ont publié une déclaration de consensus sur la prévention et le traitement de l’ hémorragie du post-partum durant l’ année 2019. La force de ce rapport émane du fait que les recommandations proposées sont le fruit d’ une collaboration de sociétés les plus importantes du domaine, à savoir « the Network for the Advencement of Patient Blood Management, Haemostasis and Thrombosis (NATA), « the International Federation of Gynaecology and Obstetrics (FIGO) », « the European Board and College of Obstetrics and Gynaecology (EBCOG) », and « the European Society of Anesthesiology (ESA) ». C’ est également une approche multidisciplinaire développée par des cliniciens experts dans le domaine de la gestion complexe de l’ hémorragie du post-partum (c’ est-à-dire obstétriciens, anesthésistes, hématologues, spécialistes en médecine transfusionnelle).
Cette publication paraît un outil indispensable pour la pratique clinique quotidienne dans le domaine de l’ hémorragie obstétricale et il est recommandé à chaque unité obstétricale d’ implémenter des mesures efficaces et basées sur les preuves scientifiques pour la prise en charge des complications obstétricales sévères (cf. fig. 3).

Dr Guénolé Addor

SMIA, FMH Anesthésiologie
Coordinateur du Patient Blood Management CHUV
Rue du Bugnon 46
1011 Lausanne

Guenole.Addor@chuv.ch

L’ auteur ne déclare aucun conflit d’ intérêts en relation avec cet article.

  • Das Patient Blood Management hat sich sowohl in Bezug auf Sicherheit und Effizienz in der Patientenversorgung als auch in finanzieller Hinsicht bewährt und führt zu einer deutlichen Kostensenkung für Krankenhäuser, welche die vom Patient Blood Management empfohlenen Massnahmen umgesetzt haben.
  • Die Patientensicherheit steht auch im Vordergrund mit neuen Empfehlungen für das Management von postpartalen Blutungen, die auf den Prinzipien der evidenzbasierten Medizin beruhen.
  • Dieses Programm wird in allen Fachgebieten von der Chirurgie bis zur Medizin ausgebaut und entwickelt sich derzeit zu einem Standard, der weltweit umgesetzt werden sollte, um ein optimales Management im Hinblick auf das Patientenblutmassenmanagement zu gewährleisten.

Messages à retenir

  • Le Patient Blood Management a fait ses preuves tant sur le plan de la sécurité et de l’ efficacité pour la prise en charge des patients, mais également sur le plan financier avec une réduction importante des coûts pour les hôpitaux qui ont mis en place les mesures prônées par le Patient Blood Management.
  • La sécurité des patients est également mise au premier plan avec les nouvelles recommandations dans le domaine de la prise en charge de l’ hémorragie du post-partum, selon les principes de la médecine basée sur les preuves.
  • Ce programme prend de l’ ampleur dans toutes les spécialités de la chirurgie à la médecine, et il apparaît actuellement comme un standard qui devrait être implémenté à l’ échelle mondiale afin de proposer la prise en charge optimale en termes de gestion de la masse sanguine des patients.

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Das Mikrobiom

Die intestinale Mikrobiota ist in den letzten Jahren in den Fokus des wissenschaftlichen wie öffentlichen Interesses gerückt. Die Zahl der Publikationen zum Thema und der Spekulationen über therapeutische Möglichkeiten hat exponentiell zugenommen. In diesem Artikel werden die aktuellen Einsichten zum Thema der Mikrobiota zusammengefasst, um Ärzten eine fundierte und kritische Beratung ihrer Patienten zu ermöglichen.

Die intestinale Mikrobiota, das «Mikrobiom» oder die «Darmflora», ist in den letzten Jahren in den Fokus des wissenschaftlichen wie öffentlichen Interesses gerückt. Hierzu haben zwei Entwicklungen beigetragen. Zum einen konnte gezeigt werden, dass die «Transplantation» von gesunder Spender-Mikrobiota, als sogenannte Stuhltransplantation oder Fecal Microbiota Transplantation (FMT) bei der rezidivierenden Clostridien-Kolitis eine sehr hohe Heilungsrate (> 90%) aufweist, die man mit Antibiotika Therapien nicht annähernd erreicht. Als Folge dieser Ergebnisse wurde die Wertigkeit der FMT auch bei anderen Erkrankungen getestet. Firmen, die FMT und «Spenderstuhl» anbieten, werden vielfach gegründet. Die Federal Drug Administration der USA (FDA) hat die FMT als Behandlungsmethode für die rezidivierende Clostridien Kolitis (nach anfänglichen Bedenken) anerkannt. Weltweit wurden inzwischen Tausende FMTs mit sehr gutem Erfolg in der genannten Indikation durchgeführt.
Zum anderen wurde durch neue Verfahren und Techniken zur Sequenzierung der bakteriellen DNA aus dem Stuhl und anschliessende bioinformatische Analysemethoden Zusammenhänge zwischen einer ganzen Reihe verschiedener Erkrankungen und der Zusammensetzung der Darm-Mikrobiota hergestellt (oder besser Assoziationen, da fast nie Kausalzusammenhänge gezeigt werden konnten). Diese Erkenntnisse haben zum einen dazu geführt, dass nun eine Vielzahl von Anbietern in einem unkontrollierten Markt Stuhl-Mikrobiota Analysen als diagnostischen Test anbieten. Diese Firmen liefern nicht nur eine (oft scheinbare und zweifelhafte) quantitative Auswertung, sie geben gleichzeitig Empfehlungen für therapeutische Interventionen, zumeist Ernährungsinterventionen oder Therapien mit Probiotika – allerdings weitestgehend ohne genügende Evidenz. Probiotische Interventionen sind bei der Colitis ulcerosa und der Vorbeugung antibiotika-assoziierter Durchfälle sinnvoll und mit guter Evidenz belegt, nicht jedoch beim Morbus Crohn und vielen anderen Erkrankungen. Ob der Einsatz bei einer «Dysbalance der Mikrobiota» oder «Dysbiose» sinnvoll ist, muss als fraglich gelten.
Daher ist es sinnvoll, die aktuellen Einsichten zum Thema der Mikrobiota noch einmal zusammenzufassen, um für Patienten eine fundierte und kritische Beratung zu ermöglichen.

Mikrobiota und Mikrobiom – einige Fakten

Die normale Darm-Mikrobiota des Menschen besteht aus einigen wenigen eukaryotischen Pilzen, Viren und einigen Archaeen, die vorwiegend den unteren Darmtrakt besiedeln (1). Der mit Abstand auffälligste, häufigste und zugleich bisher am besten erforschte Bestandteil der normalen Mikrobiota sind jedoch die Bakterien (2). Bis zu 100 Billionen (1014) Mikroorganismen pro Mensch besiedeln den Darm und machen etwa 2 kg des Körpergewichts aus. Sie repräsentieren mindestens 300-1000 verschiedene Arten (3).
Interessanterweise kann derzeit niemand genau definieren, wie viele Bakterienarten tatsächlich in einer Darm-Mikrobiota-Probe vertreten sind. Dies hängt von dem mathematischen Algorithmus ab, der für die Analyse verwendet wird, und von dem Grenzwert für die Ähnlichkeit der 16S-RNA-Sequenz (normalerweise wird eine Sequenzidentität von 97% gewählt, um verschiedene «Arten» abzugrenzen und eine sogenannte operative taxonomische Einheit (OTU) zu definieren (4)). Das Wissen über die mikrobielle Zusammensetzung des Darminhaltes hat durch die Verwendung kultur-
unabhängiger Analysemethoden (der Grossteil der Mikroben war lange Zeit nicht kultivierbar) erheblich zugenommen.
Bei kulturunabhängigen Analyse-Methoden werden hauptsächlich Variationen von Genen (meist der 16sRNA) sequenziert, die einerseits bei allen Bakterien gemeinsam sind und in der Evolution stark konserviert wurden, andererseits jedoch mit speziesspezifischen Unterschieden behaftet sind (5-8). Kulturunabhängige Methoden wie die Pyro-Sequenzierung erlauben eine genauere Untersuchung der mikrobiellen Zusammensetzung unter standardisierten Methoden der Probengewinnung. Noch ist wenig darüber bekannt, wie die komplexe Zusammensetzung der Darm-Mikrobiota durch Umweltfaktoren wie Ernährung, Medikamentenkonsum, Lebensweise, Toxine, das Alter und Geschlecht des Wirtes, der geographische Lebensraum, das Ausmass der regelmässigen körperlichen Bewegung, das Klima und andere exogene Faktoren wie Rauchen moduliert wird (9, 10).
Neben Umwelteinflüssen sind genetische Einflüsse von Bedeutung und eine Anpassung zwischen der genetischen Struktur des Wirts und der mikrobiellen Komposition konnte gezeigt werden (11-15). Die Metaboliten des Wirtes und der Darmbakterien reagieren und interagieren miteinander, sodass ein Gleichgewicht entsteht (16).
Generell sollte man, wenn man die Gesamtheit der Mikroben meint, von der Mikrobiota sprechen. Der Terminus «Mikrobiom» meint eigentlich nur die Gene also das Genom der Mikrobiota, deren Erbinformationen. Allerdings fokussieren fast alle bisherigen Analysenmethoden auf die genetische Information über Sequenzieren. Das bedeutet gleichzeitig, dass unsere Informationen über die Funktionen der Mikrobiota sehr mangelhaft sind. Wenn wir nur das Mikrobiom kennen, wissen wir nichts über dessen Metaboliten, das Metabolom. Die selbe Bakterien Spezies kann jedoch in unterschiedlichen Ökosystemen (sogenannten «Konsortien») sehr unterschiedliche Funktionen erfüllen. Das metabolische Profil verschiedener Bakterienspezies hängt von deren Umgebung und der Funktion anderer Spezies in der Umgebung ab. Die reine DNA Sequenzierung sagt uns daher sehr wenig über die Funktion oder die Pathologie aus. Daher bleiben Begriffe wie «Dysbiose» auch sehr vage und eine Dysbiose könnte funktionell sogar günstig sein.

Darm-Erkrankungen mit einer Veränderung des Mikrobioms

Die Zusammensetzung der Mikrobiota ist bei einer Reihe von Darmerkrankungen verändert, wie in den letzten Jahren gezeigt werden konnte. Hierzu zählen unter anderem die chronisch entzündliche Darmerkrankung (IBD) (17-19), Zöliakie (20-22) oder verschiedene Lebererkrankungen (23-26).
Die «Dysbiose» bei IBD scheint am ausgeprägtesten zu sein, wenn die Entzündung aktiv ist (27-31). Reproduzierbar scheint bei Morbus Crohn eine relative Verminderung von Faecalibacterium prausnitzii und von Roseburia hominis zu sein, die beide Butyrat produzieren (29, 32-34). Eine solche Dysbiose wurde interessanterweise auch bei gesunden Verwandten von Morbus Crohn-Patienten gefunden (33). Bei Patienten der Swiss IBD Cohort Study (SIBDCS) fanden sich Störungen für die Familien der Lachnospiraceae und Ruminococcaceae, die typischerweise kurzkettige Fettsäuren produzieren (35). Diese Veränderungen kennzeichneten besonders Patienten mit häufigen Relapsen und schlechter Therapieantwort auf die Behandlung mit Anti-TNF-α-Antikörpern (35). Bei Patienten mit IBD, die eine Diät einhielten, fanden sich eher depressive Symptome und eine Veränderung der Darm-Mikrobiota (36).
Bei IBD kann generell eine «Reduktion der Vielfalt» («reduced diversity») der Mikrobiota beobachtet werden (31, 37-39) und eine «vielfältigere» Mikrobiota wird in der Regel als vorteilhaft angesehen. Bei Patienten mit IBD findet sich auch eine verminderte Expression von Mucinen im Dickdarm (40). Dies führt dazu, dass die dysbiotische Mikrobiota näher an die Zellen der Darmschleimhaut vordringen kann (41, 42-45).
Die Transplantation fäkaler Mikrobiota, FMT als ein Versuch, die gestörte mikrobielle Zusammensetzung und Vielfalt zu therapieren, wird bei IBD kontrovers diskutiert. Während bei Morbus Crohn wohl kein Nutzen belegt ist und entsprechende Studien negativ sind, zeigt sich bei Colitis ulcerosa in Meta-Analysen ein signifikanter therapeutischer Nutzen einer FMT (46-50). Allerdings wirken nur wenige Spender optimal (51). Daher wird nun in den meisten Studien der Stuhl von bis zu sieben Spendern für eine FMT kombiniert und eine wiederholte Therapie mit bis zu 40 Einläufen mit der Bakteriensuspension verabreicht (52). Auch wenn in einigen Studien ein signifikanter Nutzen bei Colitis ulcerosa gezeigt werden konnte, ist das Resultat (27% Remission versus 8% mit Placebo) bezogen auf den grossen Aufwand ein doch eher enttäuschendes Ergebnis (52). Nicht zu vergessen – eine Transplantation einer hohen Zahl von Keimen ist auch mit potenziellen Risiken verbunden, wie ein erster dokumentierter Todesfall durch eine Infektion mit einem multiresistenten Keim übertragen durch eine FMT eindrücklich vor Augen führt. Die mikrobielle Vielfalt nahm mit der FMT im Stuhl zu und hielt an (53).
Probiotische Therapien haben sich bei Colitis ulcerosa als mässig wirksam erwiesen. Nur die Therapie mit E. coli Nissle zur Erhaltung der Entzündungsfreiheit (Remissionserhaltung) ist in den internationalen Behandlungsempfehlungen enthalten (54, 55).
Die potenzielle Rolle der Darm-Mikrobiota bei der Pathogenese des Reizdarmsyndroms (irritable bowel syndrome, IBS) wird ebenfalls diskutiert und u.A. durch eine kontrollierte positive Studie mit Rifaximin, einem nicht resorbierbaren Derivat von Rifamycin, nahegelegt (56). Zudem gibt es verschiedene Studien, die eine «Dysbiose» bei IBS-Patienten im Vergleich zu Gesunden bestätigen konnten (57). Neben therapeutischen Möglichkeiten eröffnen diese Einsichten natürlich auch ein diagnostisches Potenzial (charakteristische mikrobielle «Fingerabdrücke» zur Identifikation und Charakterisierung von IBS (58)). In einer Studie mit Patienten mit mittelschwerem IBS-D oder IBS-M zeigten 65% der Probanden mit FMT gegenüber 43% Placebo Patienten nach 3 Monaten ein klinisches Ansprechen (p = 0,049) (59). In Meta-Analysen lässt sich jedoch kein sicherer Effekt bestätigen (60).
Die Darm-Mikrobiota und deren Zusammensetzung scheint auch eine wichtige Rolle für die Entwicklung von Darmkrebs (Colorectal Cancer, CRC) zu spielen (61-65). Es wird vermutet, dass Bestandteile der Darmbakterien oder Metabolite «genotoxischen» Stress induzieren, der genetische und epigenetische Veränderungen in den Darmepithelzellen verursacht und schliesslich zur unkontrollierten Proliferation führt (66, 67). Es wurden deutliche Veränderungen der Mikrobiota bei Darmkrebs, wie z. B. eine Zunahme der Fusobacterium-Sequenzen, beschrieben (68, 69). In einem Tiermodell für Darmkrebs konnte gezeigt werden, dass die alleinige Kolonisation mit dem kommensalen Bakterium E. coli NC101 das invasive CRC fördert (70).

Rheumatologische und kardiovaskuläre Erkrankungen mit einer Veränderung der Mikrobiota

Die intestinale Mikrobiota ist bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (71-73) und anderen rheumatologischen Erkrankungen verändert.
Die Darm-Mikrobiota spielt ausserdem möglicherweise eine wichtige Rolle für die Entwicklung verschiedener Herzkrankheiten (74). Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen – insbesondere bei Frauen – scheinen ein höheres Risiko für koronare Herzerkrankungen und zerebrovaskuläre Ereignisse zu haben (75), obwohl weniger «klassische» Risikofaktoren vorkommen, was auf zusätzliche Verbindungen zwischen Darm und Herz-Kreislauf-System hinweist. Eine beeinträchtigte Darmbarrierefunktion, gefolgt von einer bakteriellen Translokation und dem Vorhandensein bakterieller Produkte im Kreislauf, kann zu Arteriosklerose und chronischer Herzinsuffizienz führen, wie jüngste Daten belegen (74, 76-78).

Erkrankungen des Zentralnervensystems und das Mikrobiom: Die «Gut-Brain Achse»

Die bidirektionale Kommunikation zwischen dem Gehirn und dem Magen-Darm-Trakt, die sogenannte «Gut-Brain Axis» oder «Gehirn-Darm-Achse», basiert auf einem komplexen System, das den Nervus vagus, aber auch endokrine, immun- und humorale Verbindungen sowie den Einfluss der Darm-Mikrobiota beinhaltet (79). So wird einerseits die gastrointestinale Homöostase reguliert. Andererseits scheinen dadurch emotionale und kognitive Bereiche des Gehirns mit Darmfunktionen verbunden zu sein (80). Die Gehirn-Darm-Achse wird als therapeutisches Target für psychiatrische Erkrankungen wie Depressionen (81) und posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) (82) diskutiert.
Eine Veränderung der Zusammensetzung der menschlichen Mikrobiota wurde bei einem Mausmodell für Depressionen (83) sowie bei Patienten mit depressiven Symptomen (84, 85) gefunden. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass Depressionen mit einer Reihe von Verhaltensänderungen wie Nahrungsaufnahme, Ernährung und körperlicher Aktivität einhergehen, die die Zusammensetzung der Darm-Mikrobiota beeinflussen können. Zudem finden sich charakteristische Veränderungen des Mikrobioms bei Autismus (86-88). Eine Interventionstherapie mittels FMT konnte bei Patienten mit Autismus die Symptome verbessern (89).
Eine gezielte Mikrobiota-Behandlung könnte zu Verbesserungen der emotionalen Symptome von Patienten führen, die an Depressionen oder Angstzuständen leiden. Es gibt Hinweise darauf, dass Probiotika (90-92) einen Einfluss auf die Aktivität des Nervus vagus haben. Dieser Effekt ist jedoch individuell sehr variabel.
Beim Menschen könnten Probiotika mit entzündungshemmender Wirkung, aufgrund ihrer antidepressiven und anxiolytischen Wirkung nützlich sein, um Patienten mit psychiatrischen Störungen zu behandeln (85, 93-95). Unterschiede in der Zusammensetzung der Darm-Mikrobiota bei Patienten mit Depressionen im Vergleich zu gesunden Personen wurden nachgewiesen (96) und kürzlich wieder bestätigt (97, 98).

Endokrine Erkrankungen und die Rolle der Darm-Mikrobiota

Die Darm-Mikrobiota spielt nach jüngeren Erkenntnisse auch eine wichtige Rolle in der Pathogenese von Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes (99, 100, 101-107) metabolisches Syndrom (108-110) oder Nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH) (111, 112).
Interessanterweise hat sich gezeigt, dass der adipöse Phänotyp bei Mäusen durch eine FMT übertragbar ist (113-115). Einer aus fetten Mäusen extrahierten und auf magere Mäuse übertragenen Mikrobiota folgte eine signifikante Gewichtszunahme bei den mageren Mäusen. Eine ähnliche Gewichtszunahme wurde auch in Einzelfällen bei Menschen nach einer FMT von Übergewichtigen berichtet (116, 117). Leider funktioniert dies nicht in die entgegengesetzte Richtung (114, 115). Dennoch wird die Veränderung der Darm-Mikrobiota bereits als zukünftige Behandlungsstrategie für Adipositas diskutiert. Vorläufige Daten aus einer kleineren Studie am Menschen, die sich eher auf die Insulinresistenz als auf das Körpergewicht konzentrierte, legten jedoch nur eine sehr bescheidene Wirkung nahe (118).

Zweitabdruck aus «der informierte Arzt» 10-2019

Prof. Dr. med. Dr. phil. Gerhard Rogler

Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie
UniversitätsSpital Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zürich

gerhard.rogler@usz.ch

PD Dr. med. Luc Biedermann

Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie
UniversitätsSpital Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zürich

Die Autoren haben in Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.

  • Wir haben erst begonnen, die Bedeutung unserer Darm-Mikrobiota für unsere Gesundheit und die Pathophysiologie einer Vielzahl von Erkrankungen zu verstehen.
  • Eine Reihe von Erkrankungen wurde mit einem «Ungleichgewicht» oder einer «Dysbiose» der mikrobiellen Zusammensetzung der Darm-Mikrobiota in Verbindung gebracht, wie z. B. IBD, rheumatoide Erkrankungen, maligne Erkrankungen wie das CRC, metabolisches Syndrom und sogar psychiatrische Erkrankungen.
  • Bisher sind diese Ergebnisse leider häufig deskriptiv, was den Mangel eines kausal-funktionellen Verständnisses widerspiegelt. Ein eben solch tieferes Verständnis der Wechselwirkungen wird allerdings notwendig sein, um endlich den Weg zu neuen und gerichteten Therapeutika zur Behandlung dieser chronischen Krankheiten zu ebnen.
  • Ein vielversprechender Hinweis darauf, dass in Zukunft Mikrobiota Therapien möglich sein könnten, ist der klinische Erfolg der FMT für rezidivierende Cl. difficile Kolitis. Aus offensichtlichen Gründen erfordern andere Krankheiten spezifischere Ansätze.
  • Es wird wichtig sein, derzeit weder übertriebene Erwartungen zu wecken noch unausgewogene oder enthusiastische Versprechungen zu machen.
  • Der Stuhl-Dysbiose Test oder das Darm-Mikrobiota Monitoring, die Analyse der Mikrobiota Zusammensetzung im Stuhl wird derzeit von über 200 Labors in Europa angeboten. Medizinisch sind diese Tests bedeutungslos.
  • Die Mechanismen, über welche die Darm-Mikrobiota zu Gesundheit und Krankheit beiträgt, müssen genauer untersucht werden.

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Sex and Gender in Medicine

Brauchen Frauen und Männer jeweils andere Medizin? Gibt es Unterschiede zwischen Frauen und Männern in den Krankheitsleitsymptomen oder der Wirkung von Therapien und Medikamenten? Diese Fragen wurden am Symposium über «Sex and Gender in Medicine» diskutiert, das am 15. November in Zürich stattfand.

Das Thema ist noch nicht ganz Mainstream, stellte die Direktorin Frau Prof. Dr. med. Beck-Schimmer, Direktorin Universitäre Medizin, Zürich, einleitend fest. Eine neue Sichtweise auf die Behandlung von Frauen und Männern ist heute angezeigt.

Die Referentin zitierte den französisch-kubanischen Maler und Dichter Francis Picabia: «Unser Kopf ist rund damit das Denken die Richtung wechseln kann».
Durch das Symposium führte in interaktiver und dynamischer Manier Frau Conny Czymoch.
Conny Czymoch, Journalistin und international tätige Moderatorin

Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Interaktion zwischen Herz und Gehirn

Die Anzahl der vaskulären Todesfälle bei Frauen übertreffen heute diejenigen der Männer. 40% der kardiovaskulären Todesfälle werden bei Männern registriert im Vergleich zu 49% bei Frauen, so Frau Prof. Dr. med. Catherine Gebhard, Zürich.

Kardiovaskuläre Risikofaktoren haben eine höhere Prävalenz und eine grössere klinische Bedeutung bei jungen Frauen im Vergleich zu Männern und/oder älteren Frauen und nach einem Herzinfarkt sind Frauen mehr gestresst als Männer. Die Nervenbelastung bei kardiovaskulärer Erkrankung unterscheidet sich bei Männern und Frauen. Bei Frauen wird eine stärkere Reaktion beobachtet, was darauf hindeutet, dass Frauen disproportional anfällig für die negativen psychischen Auswirkungen chronischer Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind. Die hochregulierte Aktivität der Amygdala ist mit einem erhöhten Entzündungszustand bei weiblichen Patienten verbunden. Ein Fokus auf Entzündungsmarker und Belastungsindikatoren könnte die Ergebnisse bei Frauen mit koronarer Herzkrankheit verbessern.
Zukünftige Studien werden die klinische Bedeutung der neuronalen Bildgebung bei der Phänotypisierung von Patienten mit Risiko für künftige kardiale Ereignisse bewerten müssen, so die Perspektiven der Referentin.

Gibt es nur den «kleinen Unterschied» zwischen Mädchen und Knaben?

Zunächst erinnerte Prof. em. Dr. med.-David Nadal, Zürich, mit dem kleinen Unterschied an Alice Schwartzer vor 40 Jahren.
Der Referent zeigte den genetischen Unterschied zwischen Mädchen und Knaben, die Geschlechts-Chromosomen XX vs. XY, und stellte fest, dass eigentlich die Knaben das schwache Geschlecht darstellen. Er erwähnte den Dresscode mit blau und rosa und das Lied von Herbert Grönemeyer: «Männer führen Kriege Männer sind schon als Baby blau».

Die Unterschiede in Sterblichkeit und Morbidität bei Zwillingen mit unterschiedlichem Sex untermauern, dass Männer eigentlich das schwache Geschlecht darstellen, zumindest medizinisch.
So zeigen sie vermehrte kongenitale Abnormalitäten, höhere neonatale Mortalität vermehrte Häufigkeit von Atemstörungssyndromen. In der Frühkindlichen Entwicklung gibt es geringe Unterschiede in der Feinmotorik, im Sprechen.
Mädchen reden in der Regel einige Wochen früher als Knaben, haben einen grösseren Wortschatz und eignen sich Mamas Mimik und Gestik früher an als Knaben. Bei der Kraftanwendung sind allerdings Knaben früher als Mädchen.
Gender-Stereotypien beeinflussen das Verhalten. So werden hochrangige intellektuelle Fähigkeiten (Brillanz, Genialität, etc.) mehr mit Männern als mit Frauen in Verbindung gebracht. Diese Stereotypien entmutigen Frauen bei der Suche nach prestigeträchtigen Karrieren.
Mädchen und Knaben können – sei es als Neugeborene, Kleinkinder, Schulkinder oder Jugendliche – medizinisch nicht unbedingt über den gleichen Kamm geschoren werden.
Für eine menschenwürdige Medizin braucht es epidemiologische, diagnostische und therapeutische Forschung und Lehre, welche den alters-, sex- und gender-bedingten Unterschieden Rechnung tragen, so die Schlussfolgerungen des Referenten.

Geschlechtsunterschiede und -ähnlichkeiten aus der Perspektive der Neuropsychologie

Die Kernthesen sind: Geschlechtsspezifisches Verhalten wird determiniert durch geschlechtsspezifische Gehirne (Anatomie & Neurophysiologie), Testosteron und Östrogenkonzentration etc. und Genetik, so Prof. Dr. rer. nat. Lutz Jänke, Zürich.

Der Referent erinnerte an das Buch von Allan und Barbara Pease, Warum Männer immer Sex wollen und Frauen von der Liebe träumen. Er nannte die Gebiete, bei denen Frauen im Vorteil und solche, bei denen Männer im Vorteil sind.
Um die Unterschiede mathematisch zu erfassen, definierte er die Effektstärke als Unterschied = (Leistung Männer – Leistung Frauen) / Streuung. Er wies auf die verschiedenen Effektstärken hin, die von 0.9 (Verträglichkeit: Offenheit für Erfahrung) zugunsten von Frauen bis 2.0 für Werfen und Geschwindigkeit zugunsten von Männern reicht. Die durchschnittlichen Effektgrössen zeigen 88% Überlappungen zwischen Männern und Frauen, also praktisch keinen Unterschied. Das für Frauen vielgenannte Multitasking zeigt eine Effektgrösse von weniger als 0.1 (sogar zugunsten von Männern). Der Referent schloss mit dem Zitat von Janet Shibley Hyde «Männer und Frauen sind in den meisten (nicht allen!) psychologischen Funktionen ähnlich bzw. identisch!» (Janet Shibley Hyde. The gender similarities hypothesis. Amer. Psyhologist 2005;60:581-592).

Was ist Gender-Medizin und wie kann sie im klinischen Alltag umgesetzt werden?


Menschen werden weiblich oder männlich geboren, aber lernen Mädchen oder Buben zu sein, welche zu Frauen oder Männern heranwachsen, so Frau Univ. Prof. Dr. Alexandra Kautzky-Willer, Wien.
Ein Mann oder eine Frau zu sein, hat einen signifikanten Einfluss auf die Gesundheit, sagt die WHO.

Die Definition von Sex und Gender

Ein Drittel (6500) der untersuchten Gene in Männern und Frauen werden unterschiedlich exprimiert. Gene, welche vor allem in einem Geschlecht aktiv sind, spielen womöglich eine zentrale Rolle in der Evolution und Gesundheit.
Beispiele für geschlechtsspezifisch stärker exprimierte Gene sind bei Männern der Haarwuchs (in der Haut), der Muskelaufbau, Gene in der Brust (vermutlich um die Laktation zu unterdrücken). Bei Frauen sind es die Fettspeicher, Gene in der Leber, die den Metabolismus von Medikamenten beeinflussen, sowie unterschiedliche Gene des Zuckerstoffwechsels.

Gendermedizin: Verhalten und gesundheitliche Belastungen

Frauen nehmen häufiger an Vorsorgeuntersuchungen teil und haben insgesamt mehr medizinische Konsultationen. Männer schätzen dagegen Bewegung eher als gesundheitsfördernd ein. Ernährung spielt wiederum im Gesundheitskonzept von Frauen eine zentrale Rolle.
Rauchen und Alkoholkonsum waren früher männlich dominiert und sind NOCH für einen wesentlichen Teil des Gender-Gaps in der Lebenserwartung verantwortlich.

Pathologische Geschlechter-Unterschiede des Stoffwechsels und Energiehaushalts

Frauen zeigen öfter gestörte Glukosetoleranz und später Diabetes, mehr Adipositas, häufiger auch Depressionen, höheres Risiko für Komplikationen (Herz, Hirn u.a.). Diätetische Hauptrisikofaktoren für Mortalität sind wenig Vollkorn bei Frauen und hoher Salzkonsum bei Männern. Männer weisen eine höhere Mortalität wegen ungesünderer Ernährungsgewohnheiten auf.

Gendermedizin und Medikamente

Frauen sind in klinischen Studien generell unterrepräsentiert, sie zeigen mehr Nebenwirkungen bei ACE-Hemmern, β-Blockern, Ca-Antagonisten, Statinen und mehr Blutungen unter antithrombotischer Therapie. Frauen zeigen eine 10-20% grössere Wahrscheinlichkeit für fehlende Therapieadhärenz. Die Ursachen können geringeres Bewusstsein für kardiovaskuläre Erkrankungen oder mehr Nebenwirkungen sein. Unterschiede wurden auch bei der Behandlung von Patientinnen durch weibliche gegenüber männlichen Ärzten festgestellt. Die Mortalitäts- und Wiederaufnahme-Raten von Patientinnen waren bei Internistinnen geringer als bei Internisten.
Die Referentin schloss mit dem Zitat von Rosa Meyreder, 1905: «Die beiden Geschlechter stehen in einer zu engen Verbindung, sind von einander zu abhängig, als dass Zustände, die das eine treffen, das andere nicht berühren sollten.»

Sex- und Gender-Unterschiede bei Alzheimer-Krankheit – Update des Women’s Brain Project

Frauen weisen im Mittel mehr Neurotismus (vermehrte Ängstlichkeit, niedrigere Stresstoleranz) auf als Männer. Dies mag zu einem höheren Mass an Ängstlichkeit beitragen, von dem Frauen auf Googleghost berichten, und zu der geringeren Anzahl von Frauen in hochbelasteten Berufen, stellte Dr. Maria Teresa Ferretti, Zürich, fest.

35% des Risikos für Alzheimer-Krankheit sind modifizierbar. Sex und Gender beeinflussen die modifizierbaren Risikofaktoren. Spezifisch weibliche potentielle Risikofaktoren sind frühe Menopause, hypertensive Komplikationen während der Schwangerschaft, Schwangerschaften, und Migräne. Bei Frauen wird eine schnellere Krankheitsprogression festgestellt. Es gibt aber auch geschlechtsbedingte Unterschiede bei den Biomarkern für Alzheimer-Krankheit. So zeigen Frauen eine vermehrte Tau-vermittelte metabolische Dysfunktion im Vergleich zu Männern.
Die Referentin rief zum Handeln von der «One size fits all medicine» zur Precision Medicine auf. Dies bedeutet Sex-sensitive Präventionskampagnen, Frühdiagnose, Behandlung sowohl bei präklinischem Studiendesign als auch in der präklinischen Forschung.
Das Women’s Brain Project hat 4 Hauptarbeitsabläufe: W51: präklinische Wissenschaft, W52: Medikamententwicklung, W53: Neue Technologien, W54: Soziale Determinanten der Gesundheits- und Politikwissenschaft.

Geschlecht als biologische Variable in der Grundlagen- und präklinischen Forschung

Das Geschlecht ist eine wichtige biologische Variable in der medizinischen Forschung, stellte Prof. Dr. rer. nat. Thorsten Buch, Zürich, einleitend fest. In der Präklinik kommen oft nur männliche Tiere zum Einsatz. Sind die Geschlechter in der biomedizinischen Forschung gleich?

In der Zellkultur nehmen weibliche Neurone Dopamine zweimal so schnell auf wie männliche Neurone. Weibliche Neurone und Nierenzellen sind empfindlicher gegenüber Chemikalien, die den Zelltod auslösen. Weibliche Leberzellen haben mehr CYP3A-Protein, welches wichtig für den Abbau der Hälfte aller Medikamente ist. Beim Schmerz brauchen männliche Mäuse Mikroglia für mechanisches Schmerzempfinden, weibliche Mäuse brauchen dagegen T-Lymphozyten.
Von 71 Forschungsarbeiten mit Mäusen oder Ratten, die in der Zeitschrift Pain im Jahre 2015 publiziert wurden, waren 56 nur mit Männchen, nur 6 mit Weibchen, 6 Studien erwähnten das Geschlecht überhaupt nicht. Viele Forscher benutzen Männchen statt Weibchen. Die Gründe sind eine mögliche Variabilität aufgrund schwankender Hormonspiegel, die Befürchtung, dass die Gutachter der Studien fordern könnten, dass jede Phase des Östruszyklus zu wiederholen sei. Zudem glauben viele Forscher, dass die Stichprobengrösse verdoppelt werden müsste, was die Kosten für Experimente erheblich erhöht. De vero weisen weibliche Tiere eine geringere Variabilität auf als männliche Tiere, wie der Referent zeigte.

Warum brauchen wir Gendermedizin?

Handlungsfelder an der Universität sind Gender in Klinik, Therapie und Prävention, Gender in der Forschung, Gender in der Lehre, stellte Frau Prof. Dr. med. Vera Regitz-Zagrosek, Berlin, z.Z. Anna Fischer Dückelmann Gastprofessorin an der Universität Zürich, fest. Die Referentin bezog sich insbesondere auf die kardiovaskuläre Forschung.

Junge Frauen zeigen weltweit eine erhöhte Sterblichkeit nach Bypass-Operation. Das klassische Bild der koronaren Herzerkrankung ist ein älterer rauchender Mann. Herzerkrankungen sind aber heute der «Killer Nr. 1» bei Frauen. Männer zeigen die klassischen Erkrankungen der grossen Koronargefässe. Frauen weisen Plaqueerosionen, Spasmen, Dissektionen, Erkrankungen der kleinen Gefässe auf. Sie haben ein grosses Spektrum an Beschwerden und zeigen ein unterschiedliches Ansprechen auf Therapien.
Geschlechterunterschiede gibt es auch bei psychischer Gesundheit/Krankheit. Frauen leiden häufiger an psychischen Krankheiten wie Angsterkrankungen, versuchtem Suizid. Männer zeigen antisoziale Persönlichkeitsstörung, Sucht und vollendeten Suizid. Endokrine und muskuloskelettale Erkrankungen sind bei Frauen häufiger als bei Männern. Die Osteoporose gilt als Frauenerkrankung. Bei Männern wird sie unterschätzt und ist unterdiagnostiziert.
Frauen sind auch bei der COPD überrepräsentiert. Sie weisen die Symptome in jüngerem Alter auf als Männer und bei geringerer Tabakexposition.
Die Prävalenz von kardiometabolischen Störungen bei Frauen und Männern hat weltweit zugenommen und ist mit einem Anstieg von Adipositas und Fettleibigkeit, damit verbundenen Konzentrationen anderer kardiometabolischer Risikofaktoren wie Bluthochdruck, beeinträchtigter Glukosemetabolismus und Dyslipidämie verbunden. Die Referentin ruft zu den folgenden Handlungsfeldern an der Universität auf:
Geschlechtsunterschiede sollen bei allen Erkrankungen und in der Arzneimitteltherapie systematisch aufgearbeitet werden. In der Forschung müssen Geschlechter-Unterschiede in Tiermodellen berücksichtigt werden.

Quelle: Kickoff Symposium «Sex and Gender in Medicine», Universitäres Zentrum Zürich, 15.11.2019.

Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

Psychiatrische Erkrankungen in der Schwangerschaft und im Wochenbett

Am traditionellen 22. Kongress für praktische Gynäkologie und Geburtshilfe in Näfels widmete sich Frau Dr. phil. Kathrin Degen, St. Gallen, den psychiatrischen Erkrankungen in der Schwangerschaft und im Wochenbett.

Peripartale Depression

Peripartale Depressionen lassen sich unterteilen in antepartale Depression (Schwangerschaftsdepression) und postpartale Depression. Die antepartale Depression tritt mit einer Prävalenz von 10-12% auf. Fünfzig Prozent der postpartalen Depressionen beginnen bereits in der Schwangerschaft, wie die Referentin ausführte.

Dr. phil. Kathrin Degen

Die postpartalen Depressionen kommen mit einer Prävalenz von 10 bis 15% vor, bei Einschluss der minoren Depressionen und depressiven Anpassungsstörungen kommt man auf eine Prävalenz bis 19%. Dazu kommt ein gehäuftes Auftreten von Angstsymptomatik und Panikattacken. Ein Jahr nach Geburt sind ca. 30% der Betroffenen immer noch depressiv. Die Rückfallrate für spätere peripartale und nichtperipartale Depressionen beträgt ca. 40%.
Die Depressionen können innerhalb von vier (DSM-5) bis sechs (ICD-10) Wochen nach Entbindung auftreten. Im klinischen Kontext ist eine Ausweitung auf 5 bis sogar 12 Monate sinnvoll. Tritt eine depressive Verstimmung mit frühem postpartalen Beginn auf, deutet dies mit hoher Wahrscheinlichkeit auf hormonelle Auslöser hin.
Es können verschiedene Typen der postpartalen Depression unterschieden werden, stellte die Referentin fest: Beim «Insuffizienztyp» ist eine depressive Verstimmung mit Versagens- und Schuldgefühlen im Vordergrund. Beim «Zwangstyp» treten neben einer depressiven Verstimmung Zwangssymptome auf und beim «Paniktyp» ist die depressive Verstimmung begleitet vom meist erstmaligen Auftreten von Panikattacken. (1, 2)

Postpartum-Psychosen

Die Behandlungsprävalenzen betragen zwischen 0,1 und 0,2%. Meistens erfolgt ein abrupter Beginn mit kurzer Latenz nach Entbindung. Es besteht eine erhöhte Suizid- und Infantizidgefahr. Diese treten meistens im Rahmen einer bipolaren Erkrankung auf. Die isolierten Postpartum-Psychosen sind deutlich seltener. Vermutet wird eine erhöhte Vulnerabilität für endokrinologische und immunologische Veränderungen als Auslöser. (1)

Posttraumatische Belastungsstörungen

Geburtstraumata mit Vollbild einer posttraumatischen Belastungsstörung kommen in 2% vor. Das subjektive Erleben der Geburt ist dabei entscheidender als ein objektiver medizinischer Geburtsverlauf, so die Referentin. Traumatisch erlebte Entbindungen mit daraus folgender posttraumatischer Belastungsstörung treten zehnmal häufiger auf als die postpartale Psychose.
Frauen mit Vortraumatisierung sind besonders gefährdet, eine posttraumatische Belastungsstörung zu entwickeln. Peritraumatische Dissoziation während der Entbindung ist ein relevanter Prädiktor für die Entwicklung einer posttraumatischen Belastungsstörung. Sexueller Missbrauch in der Kindheit ist ausserdem mit einem vielfach erhöhten Risiko einer postpartalen posttraumatischen Belastungsstörung assoziiert, weshalb eine sorgfältige Anamnese diesbezüglich im Vorfeld der Geburt zentral ist. (1, 2)

Zwangsstörungen

Eine antepartale Zwangssymptomatik kommt in 2.1% vor, eine postpartale Zwangssymptomatik in 2.4%. Häufige Inhalte der Zwänge sind Kontamination oder Gefährdung des Kindes. Im Gegensatz zu Zwangsgedanken beim «Zwangstyp» der postpartalen Depression werden die Zwangsgedanken ich-fremder erlebt. Aggressive Zwangsgedanken sind jedoch selten mit Handlungsumsetzung verbunden. (1)

Angststörungen

Es besteht keine erhöhte Prävalenz für Angststörungen in der Peripartalzeit. Die Komorbidität mit postpartaler Depression mit ungünstigem Einfluss auf den Verlauf ist jedoch hoch. Die isolierte Panikstörung wird nur diagnostiziert, wenn Panik das zentrale Symptom ist und depressive Verstimmung lediglich eine Begleiterscheinung darstellt. (1, 2)

Vulnerabilität

Vorbestehende psychische Erkrankungen sind ein wichtiger prädiktiver Faktor für das Auftreten einer peripartalen psychischen Episode. Postpartale Depressionen mit kurzer Latenz nach Entbindung (bis vier Wochen) sind assoziiert mit einer in der Vorgeschichte bestehenden prämenstruellen dysphorischen Störung und einer familiären Vorbelastung mit postpartalen Depressionen. Es besteht zudem ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer bipolaren Erkrankung.
Frauen mit anamnestisch gehäuften depressiven Episoden und Rückfällen (auch ausserhalb der Peripartalzeit) haben hohe Rückfallraten in der Schwangerschaft bei Absetzen der Medikation.
Risikofaktoren für eine postpartale Psychose sind insbesondere frühere bipolare Episoden oder schwere frühere postpartale Episoden.
Das Rückfallrisiko bei einer bipolaren Störung ist in der Schwangerschaft bei Absetzen der Medikation deutlich erhöht. (1)

Auswirkungen auf fetale und kindliche Entwicklung

Bei unterschiedlichen Störungsbildern zeigen sich erhöhte Frühgeburtenraten, geringes Geburtsgewicht, ein erhöhtes Risiko für Fehl- und Totgeburten sowie plötzlicher Kindstod. Als korrelierende Faktoren müssen ungünstige Umweltfaktoren (z.B. Substanzgebrauch, schlechte Ernährung und häusliche Gewalt) berücksichtigt werden.
Peripartale psychische Störungen erhöhen das Risiko für emotionale, kindliche Probleme.
Depressive Symptomatik, welche nach der Postpartalzeit anhält, wirkt sich zudem ungünstig auf die kindliche kognitive Entwicklung aus.
Ein erhöhtes Risiko für Bindungsstörungen besteht bei schweren postpartalen depressiven Episoden.
Ante- und postpartale Angsterkrankungen scheinen insbesondere das Risiko für ADHS und Störungen des Sozialverhaltens zu erhöhen. (1)

Diagnostische Klassifikation

Peripartale Störungen sollen im ICD-10 unter der entsprechenden Hauptkategorie klassifiziert werden (F1-F6). Die Zuordnung der aktuellen Episode zur Peripartalphase erfolgt über den Zusatz O99.3 (Psychische Krankheiten sowie Krankheiten des Nervensystems, die Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett komplizieren).
Kategorie F53 (Psychische oder Verhaltensstörungen im Wochenbett, anderenorts nicht klassifiziert) stellt lediglich eine Restkategorie für Störungen dar, welche nicht die Kriterien einer anderen Störung erfüllen und deren Beginn innerhalb der ersten sechs Wochen nach Entbindung liegt. (1)

Quelle: 22. Kongress für praktische Gynäkologie und Geburtshilfe, Näfels, 7.-8. November 2019

Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

1. Kühner, C. Psychiatrische Erkrankungen in Schwangerschaft und Stillzeit: Häufigkeit, Verlauf und klinische Diagnostik. In: Der Nervenarzt 2016; 87: 926–936.
2. Rohde, Anke; Dorn, Almut (2007): Gynäkologische Psychosomatik und Gynäkopsychiatrie. Das Lehrbuch. Stuttgart New York: Schattauer.

Die Diagnose von Osteoporose bei Statintherapie ist abhängig von der Dosis

Die Beziehung zwischen Statintherapie und Osteoporose ist bisher nicht vollständig geklärt. Frühere Studien haben darauf hingedeutet, dass Osteoporose bei Statinbehandlung unterrepräsentiert ist (1-3). Eine neue Studie hat nun gezeigt, dass die Diagnose der Osteoporose bei Statinbehandlung dosisabhängig ist (4).

Statine spielen eine entscheidende Rolle bei der Behandlung der Hypercholesterinämie, was sie zu einem der häufig verwendeten Medikamente macht. Die aktuellen Richtlinien für die Behandlung der Hypercholesterinämie bei Hochrisikopatienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen (CVD) oder Diabetes empfehlen, den Cholesterinspiegel so niedrig wie möglich zu halten (5). Aufgrund dieser grossen Anzahl von Patienten unter Statintherapie ist die Forschung über den Zusammenhang zwischen Statinverbrauch und Osteoporoserisiko von grosser Bedeutung. Insbesondere sind die zugrundeliegenden pathophysiologischen Mechanismen eines möglichen osteoprotektiven Schutzes der Statine noch nicht vollständig etabliert (3, 6, 7).
Obwohl viele Beobachtungsstudien positive Auswirkungen der Statinbehandlung auf die Knochendichte und/oder Frakturen berichten, sind die bestehenden Daten nicht ausreichend, um die Einnahme von Statinen zur Prophylaxe von Osteoporose zu unterstützen. Dies ist hauptsächlich auf die Heterogenität der Daten über die Wirkung der Statintherapie auf den Knochen, die Knochenbildungsfaktoren, die Knochendichte bei Frauen, die Knochendichte insgesamt und das Frakturrisiko (3) zurückzuführen sowie auf den Mangel an Daten bezüglich der Beziehung zwischen verschiedenen Arten und Dosierungen von Statinen und der Diagnose von Osteoporose.
In der vorliegenden Studie wurde die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen aller Oesterreicher von 2006 bis 2007 dazu verwendet, alle mit einem Statin behandelten Patienten zu identifizieren und die täglichen Dosen von 6 verschiedenen Statinen zu berechnen. Mit Hilfe der multiplen logistischen Regression wurde für jede Statistik einzeln das dosisabhängige Risiko für Osteoporose analysiert.
In der Gesamtpopulation war die Statinbehandlung mit einer Überrepräsentation der Osteoporose-Diagnose im Vergleich zur Kontrollpopulation vertreten. Dabei stellte die Dosis einen wesentlichen Risikofaktor dar. Bei niedriger Statindosierung (0-10 mg) zeigte sich dagegen eine Unterrepräsentation von Osteoporose.
Das Risiko für Osteoporose stieg unter der Einnahme von Atorva-statin und Rosuvastatin ab einer Einnahme von 20 mg täglich an. Unter Simvastatin wurde dieser Effekt ab einer Dosis von 40 mg beobachtet. Die Odds Ratio lag bei Atorvastatin bei 1,78 (95% CI 1,41 bis 2,23; p < 0.001), die für Rosuvastatin sogar bei 2,04 (95% CI 1,31 bis 3,18; p < 0.01), und eine Einnahme von mindestens 40 mg Simvastatin ergab eine Odds Ratio von 1,64 (95% CI 1,31 bis 2,07; p < 0.01).

Fazit

Die Resultate zeigen, dass die Diagnose einer Osteoporose bei mit Statin behandeltem Patienten dosisabhängig ist. Bei niedriger Dosierung ist sie unterrepräsentiert, bei hoher Dosierung überrepräsentiert.
Für die klinische Praxis bedeutet dies, dass Patienten mit hohem Risiko für Osteoporose unter Hochdosis-Statinbehandlung häufiger überwacht werden sollten.

Dr. med. Urs N. Dürst

Zelglistrasse 17
8127 Forch

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