Hospiz St. Gallen

Es hat noch nie so viele, so alte und so gesunde Menschen gegeben wie aktuell bei uns. Dem entsprechend werden Sterben und Tod im Alltag ausgeblendet. «What do you think about dying?» «I am against it» so Woody Allen. Dennoch: Bei guter Gesundheit befragt, möchten die meisten Menschen zu Hause sterben. Tatsächlich sterben aber 4 von 5 Personen in Spitälern oder Pflegeheimen. Mit einer Palliativstation am Kantonsspital, dem palliativen Brückendienst zur Unterstützung der Sterbenden zu Hause und der palliativen Grundversorgung ambulant und in Pflegheimen ist der Kanton St. Gallen für die Sterbephase gut gerüstet. Ein Hospiz für medizinisch und/oder psychosozial sehr komplexe Sterbende, die weder zu Hause, noch im Akutspital, noch im Pflegeheim betreut werden können, hat bisher gefehlt. Nach langjähriger Vorbereitung wurde das Hospiz St. Gallen im Februar 2018 eröffnet und hat sich seither bewährt.

Jamais auparavant il n’   y a eu autant de personnes aussi âgées et en aussi bonne santé qu’ aujourd’ hui. En conséquence, mourir et la mort s’ évanouissent dans la vie de tous les jours. «Que penses-tu de la mort ?» «Je suis contre» selon Woody Allen. Néanmoins : Lorsqu’ on leur demande tant qu’ ils sont en bonne santé, la plupart des gens veulent mourir à la maison. En fait, 4 personnes sur 5 meurent dans les hôpitaux ou les EMS. Avec un service de soins palliatifs à l’ hôpital cantonal, le service de soins palliatifs à domicile et les soins palliatifs de base en ambulatoire et dans les EMS, le canton de Saint-Gall est bien équipé pour la phase terminale. Jusqu’ à présent, il manquait un hospice pour les mourants très complexes sur le plan médical et/ou psycho-social qui ne peuvent être soignés ni chez eux, ni dans un hôpital ni dans un EMS. Après de nombreuses années de préparation, l’ Hospice de Saint-Gall a ouvert ses portes en février 2018 et a fait ses preuves depuis lors.

Die Medizin hat in den letzten 50 Jahren enorm grosse Fortschritte gemacht. Es ist heute zum Beispiel möglich, über eine periphere Arterie die Aortenklappe zu ersetzen ohne den Brustkorb zu eröffnen, bisher nur palliativ behandelbare Krebskrankheiten können geheilt, versagende Organe können mit voller Funktion ersetzt werden und bei Bedarf ist praktisch jedes angeschlagene Gelenk ersetzbar. Diese als faktisch unbegrenzt wahr genommenen Möglichkeiten führen dazu, trotz medizinischer und ökonomischer Grenzen den Tod als nicht existent oder zumindest immer weit weg, hinaus schiebbar, zu betrachten. Ewiges Leben und ewige Jugend werden angestrebt. Aus diesem Grund werden oft in aussichtslosen Situationen in Kollusion von Arzt und Patient kurative Massnahmen ergriffen, die nicht mehr Sinn machen. «Defining the Point of no return», also den Zeitpunkt des Übergangs von kurativer zu palliativer Betreuung zu bestimmen ist immer wieder schwierig (1). Zum Zeitpunkt des Hospizeintritts müsste der Wunsch nach ewigem Leben eigentlich im Hintergrund sein, die Frage taucht aber trotz allem hie und da wieder auf. Auch wenn jemand am Sterben ist, muss er weiterleben, bis er stirbt.
Die ungeahnten medizinischen Möglichkeiten haben nicht nur Fantasien von unbegrenztem Leben und Gesundheit hervorgerufen. Es ist tatsächlich auch so, dass der Zeitpunkt des Todes durch das Einsetzen oder Weglassen von therapeutischen Massnahmen z.T. substantiell verschoben werden kann. Das Horaz zugeschriebene römische Sprichwort «Mors certa, hora incerta», also dass der Tod uns allen sicher ist, der Zeitpunkt aber unbestimmt, hatte wegen der geringen medizinischen Möglichkeiten vor 50 Jahren durchaus seine Gültigkeit: Der Tod und Sterben wurden als gegeben erachtet und damals öffentlich wenig diskutiert. Auch in der direkten Beziehung zum Patienten war der Tod kein Thema. Heutzutage ist der Tod trotz aller Unsterblichkeitsbemühungen immer noch für alle Menschen sicher, aber die Todesstunde kann mitbestimmt werden, z.B. durch Verzicht auf medizinische Massnahmen oder selbstbestimmt (2). Obwohl die meisten Menschen, wenn bei guter Gesundheit befragt, am liebsten zuhause sterben möchten, versterben in der Schweiz 4 von 5 Personen in Institutionen. Möglicherweise hat das unter anderem auch mit dem Wunsch zu tun die Todesstunde möglichst lange hinauszuzögern.

Die Hospizbewegung

Der Begriff Hospiz stammt vom lateinischen «hospitium» für Gasthaus, Herberge und Gastfreundschaft. In der römischen Antike stand hospitium für zeitweiliges Obdach und Bewirtung von Fremden. Unter den Bezeichnungen Hospice, Hôtel Dieu, Hospital entstanden im Mittelalter die in christlicher Tradition von Klöstern errichteten Hospize, vor allem entlang der grossen Pilgerwege zur kostenlosen Beherbergung und Pflege der Gläubigen, sowie zur Betreuung von Armen, Waisen, mittellosen Gebärenden, Leprakranken und Sterbenden. Letztere machten nur einen kleinen Teil

der Gäste aus. Im Gegensatz zu heute war der Tod im Mittelalter allgegenwärtig (Kindsbettfieber, Seuchen, Kriege), was eine spezielle Einrichtung für das Sterben absurd erscheinen lässt.

«To a patient, who makes inquires which, if faithfully answered might prove fatal to him, it would be a gross and and unfeeling wrong to tell the truth.» (Thomas Percival, Medical Ethics 1803)

Bis in die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts wurden Patienten und ihre Angehörige nicht über ihre unheilbaren Krankheiten aufgeklärt, Sterben und Tod wurden ausgeblendet, Sterbende nur marginal betreut oder ganz allein gelassen. Die Glarner Ärztin Elisabeth Kübler-Ross hat in den USA als erste das Tabu der Verschwiegenheit durchbrochen und sich ans Bett von Sterbenden gesetzt, ihnen zugehört, ihre Anliegen aufgenommen und sie in den Tod begleitet (On Death and Dying, 1969) (3). Diese Pionierleistung hat die Entwicklung der heutigen Form der Institution Hospiz erst ermöglicht.
Dame Cicely Saunders, Krankenschwester, Sozialarbeiterin und Ärztin hat 1967 das St Christopher Hospice in London eröffnet. Es ist das erste moderne Hospiz mit der Zielsetzung Schwerstkranken ein Sterben in Würde zu ermöglichen. Die Grundprinzipien der Palliative Care, nämlich Zuwendung durch ein interprofessionelles Team und Symptomlinderung wurden von Cicely Saunders wesentlich mitentwickelt und etabliert. Wenig vertraut mit diesen Entwicklungen habe ich damals als junger Assistenzarzt mit Staunen von der «Brompton mixture» für die Schmerzbehandlung erfahren. Sie enthält Morphin oder Heroin, Cocain, Cannabis, Gin und Chloroform und ist heute obsolet, war aber der erste Schritt zu einer ernsthaften, differenzierten und effizienten Schmerzbehandlung (4).
Die weitere Entwicklung, Einrichtung und Verbreitung von Hospizen sind in verschiedenen Ländern ganz unterschiedlich (5). Im Gegensatz zu Deutschland mit einer langjährigen, vorwiegend christlichen Tradition, gibt es in der Schweiz nur wenige Hospize. 16 unterschiedlich konzipierte und funktionierende Institutionen sind im Dachverband Hospize Schweiz zusammengeschlossen.

Der lange Weg zum Hospiz St. Gallen

Ausgangslage: Palliative Care, die Behandlung, Betreuung und Begleitung von unheilbar kranken und sterbenden Menschen haben im Kanton St. Gallen einen hohen Stellenwert und eine lange Tradition. 1991, vor mehr als 20 Jahren, wurde am Kantonsspital St. Gallen auf Initiative von Prof. Hansjörg Senn eine der ersten Palliativstationen in der Schweiz aufgebaut und eröffnet. Von jeher besteht aber bei vielen Menschen der Wunsch zu Hause zu sterben. Konsequenterweise wurde als weiterer wichtiger Schritt vor 10 Jahren der palliative Brückendienst mit Hilfe der Krebsliga Ostschweiz entwickelt. Um eine Betreuung von Sterbenden zu Hause zu ermöglichen, stehen, wenn nötig, der Spitex und den betreuenden Hausärzten rund um die Uhr in Palliative Care speziell ausgebildete Pflegende und Ärzte zur Verfügung. Zusätzlich können die Freiwilligen des Hospiz-Dienstes St. Gallen eingesetzt werden. Auch in Spitälern und geriatrischen Pflegeinstitutionen hat Ausbildung und Praxis von Palliative Care an Wichtigkeit gewonnen. Grundsätzlich ist die palliative Grundversorgung im Kanton gewährleistet.

Problemstellung: Während der Arbeit im Brückendienst in den letzten 10 Jahren haben die Pflegenden jedoch immer wieder eine entscheidende Versorgungslücke festgestellt. Bei Sterbenden, vor allem auch jüngeren Menschen mit kleinen Kindern, mit komplexen pflegerischen und medizinischen Problemen oder schwieriger psychosozialer Situation, kommt es vor, dass Angehörige und Betreuende zu Hause trotz all den genannten Hilfestellungen überfordert sind. Es stellt sich akut die Frage «Wo kann der Patient betreut werden, wenn es zu Hause nicht mehr geht?». Das Akutspital kann den Patienten für längere Zeit nicht aufnehmen und ist von seiner Struktur her auch nicht der richtige Ort. Bei grossem Betreuungsaufwand über 24 Stunden sind die Pflegeinstitutionen nach eigenen Angaben oft nicht geeignet und überfordert. Zudem möchten jüngere Menschen ihre letzte Zeit, wenn möglich nicht im Heim verbringen. Das Problem wurde offensichtlich: Für diese speziellen Situationen ist ein spezielles Angebot nötig. Fehlt dieses Angebot kommt es in der ohnehin schwierigen Situation zu belastenden Irrwegen mit Dekompensation von Betroffenen und Betreuenden und unsinniger Einweisung in die Notfallstation als einzig mögliche und teure Sofortmassnahme.

Problemlösung: Es braucht eine Langzeitinstitution mit der Qualität und den Möglichkeiten des Akutbetriebs, es braucht ein Hospiz mit spezialisierter Palliative Care (zum Unterschied von allgemeiner und spezialisierter Palliative Care siehe Abb. 1), und das war damals in St. Gallen nicht vorhanden. Das nächstgelegene Hospiz war das Lighthouse in Zürich, das wegen fehlender Nähe zum Familiennetz nicht in Frage kam. Um diesem Missstand beizukommen, haben in den letzten zehn Jahren drei Pflegefachleute der St. Galler Palliative Care unter Beizug eines Ökonomen neben ihrer Arbeit unbezahlt ein ausgereiftes Projekt zur Realisierung eines Hospizes erarbeitet. Der Bedarf in St. Gallen und angrenzenden Gebieten wurde sorgfältig abgeschätzt und liegt bei 10 bis 12 Betten mit Aufenthaltsdauer von ca. 3 Wochen und etwa 60 Bewohnenden pro Jahr. Im Hospiz soll die Atmosphäre so sein wie zu Hause und gleichzeitig eine intensive pflegerische, ärztliche, und nach Bedarf spirituelle, psychologische und soziale Betreuung mit Einbezug der Angehörigen über 24 Stunden möglich sein (Tab. 1) (6). Mit der Gründung des Vereins «Freunde stationäres Hospiz St. Gallen» wurde eine Basis für Öffentlichkeitsarbeit und das Fundraising geschaffen und schliesslich in langjähriger Fronarbeit ermöglicht, dass das Hospiz St. Gallen im Februar 2018 eröffnet werden konnte (Tab. 2).

Pflegen im Hospiz, eine herausfordernde Aufgabe

«Wie kann man nur in einem Sterbehospiz arbeiten? Nur sterben, sterben, Tag und Nacht, schrecklich!», so die Bemerkung eines Bekannten beim Besuch des Hospizes. In medizinisch aussichtslosen Situationen hören wir Ärzte oft sagen: «Jetzt können wir nichts mehr für Sie tun!». Wer im Hospiz arbeitet wird gewahr, dass wir sehr viel tun können, um den Bewohnenden das Leben bis zum Schluss zu erleichtern und ihnen mit den Angehörigen auf dem Weg zum Ende beizustehen. Aber wir müssen uns auf die Sterbenden einlassen können. Die Grundlage für die Betreuung ist die Beziehung. Beziehung mit Menschen in Grenzsituationen ist heikel. Im Hospiz ist die Grenzsituation des Sterbens Alltag. Fragen der Kommunikation, von Nähe und Distanz, von Betroffenheit, Mitgefühl und Abgrenzung stehen bewusst oder unbewusst ständig im Raum. Diese emotionale Spannung zu handhaben ist tatsächlich eine Herausforderung, auch wenn durch die Alltäglichkeit der Grenzsituation eine gewisse Gewöhnung und dadurch Entspannung entsteht. Zuwendung und «da sein» ist der wichtigste Pfeiler für die Betreuung Sterbender. Der zweite zentrale Aspekt ist die Symptomkontrolle. Eine effektive und effiziente Milderung der Symptome kann oft den Zugang du den Bewohnenden erst ermöglichen. Die Palliative Wissenschaft hat uns sehr gute Methoden und Richtlinien zur Beherrschung von Symptomen wie Schmerz, Atemnot, Angst, Asthenie, Übelkeit, Erbrechen und anderen erarbeitet. Auch wenn die Richtlinien sehr hilfreich sind, gibt es doch bei jedem Sterbenden individuelle Aspekte. Diese zu erkennen und entsprechend zu berücksichtigen ist eine anspruchsvolle Aufgabe der Pflege und kann für Sterbende und Betreuende sehr befriedigend sein. Das Erreichen von kleinen Zielen charakterisiert die Hospizarbeit und wirkt Angst und Frustration entgegen. Auch wenn das für Aussenstehendende schwer nachvollziehbar ist, kann eine gelungene Sterbebegleitung durchaus als eine gut gelöste schwierige Aufgabe erlebt werden und mit grosser Befriedigung einhergehen.
Um im Hospiz pflegen zu können sind eine klare Führung und regelmässige Supervisionen im Team unverzichtbar. Als Voraussetzung ist zudem Ausbildung in (spezialisierter) Palliative Care sowohl für Pflegende als auch für Freiwillige eine Notwendigkeit.

Das erste Jahr

Im Alltag im Hospiz stehen im Gegensatz zu manchen kurativen medizinischen Institutionen tatsächlich Sterbende und ihre Angehörigen im Mittelpunkt. Die Pflegenden verbringen die meiste Zeit mit den Bewohnenden. Der administrative Aufwand ist gering. Das macht die Arbeit im Hospiz attraktiv. Die Rekrutierung von Pflegenden und Freiwilligen gestaltete sich entsprechend einfach und im ersten Jahr ist das Team unter Führung der Pflegedienstleitung stabil und tragfähig geworden.
Die zu Beginn schlechte Auslastung der 7 Betten um 40% hat sich mit optimierten Abläufen und besserer Vernetzung mit den Zuweisern bei 70% stabilisiert. Von insgesamt 66, vorwiegend krebskranken Bewohnenden mit Durchschnittsalter 69, waren 57 Sterbefälle, die sich durchschnittlich während 19 Tage im Hospiz aufhielten. Die spontanen Rückmeldungen von Angehörigen und Bewohnenden waren zu einem grossen Teil ausgezeichnet.

Finanzierung und Fundraising

Die Finanzierung gestaltet sich schwierig. Auch nachdem der Kantonsrat im Nachtrag zum Gesundheitsgesetz vom 20. November 2018 Palliative Care inklusiv Hospize zur öffentlichen Aufgabe erklärt hat, sind die Beiträge von Gemeinden, Kantonen und Krankenkassen bei weitem nicht kostendeckend. Wie aus Abb. 2 ersichtlich kostet ein Pflegetag rund 850 Franken, mit dem Hauptanteil von 80% für das (Pflege)personal. Das muss so sein, denn im Gegensatz zum Pflegeheim braucht es im Hospiz über 24 Stunden intensive Pflege. Das Pflegeheim ist mit rund 400 Franken wesentlich günstiger. Im Vergleich zur Spitalabteilung mit 1 500 bis 2 000 Franken und einer Intensivstation mit 3 500 bis 5   000 Franken pro Tag ist das Hospiz dennoch relativ kostengünstig. Auf der Einnahmenseite berappen Bewohner, Krankenkassen, Restfinanzierer und Kanton rund 550 Franken, die restlichen rund 300 Franken muss das Hospiz durch Spenden beschaffen. Dieser Spendenbedarf macht je nach Auslastung rund eine halbe Million Franken pro Jahr.
Das Fundraising ist neben dem Führen des Betriebes das anstrengendste Hauptproblem. Im Jahr 2013 haben wir den Verein Hospiz St. Gallen gegründet, dessen Mitglieder uns stetig materiell und mental unterstützen und wir halten sie mit einem Newsletter auf dem Laufenden. Vor 10 Jahren hatten das breite Publikum und zum Teil auch Professionelle im Gesundheitsbereich keine Vorstellung von Sinn und Zweck eines Hospizes. Durch unsere wiederholten Aktionen und Vorträge in verschiedensten Bevölkerungsgruppierungen und Vereinen hat sich das verändert. Das Hospiz ist in St. Gallen und in der Ostschweiz ein Begriff. Den Hauptanteil für unsere Betriebsvorbereitung (Projektierung, Investitionen usw.) haben wir von Stiftungen erhalten. Stiftungen unterstützen gerne etwas im Aufbau, machen Anschubfinanzierungen. Seit 1 ½ Jahren sind wir ein laufender Betrieb und brauchen Mittel zur Finanzierung der ungedeckten Kosten. Das ist kaum attraktiv für eine Stiftung. Kurzfristig ist dank aufwändigen Fundraising Bemühungen die Finanzierung gesichert. Auf der anderen Seite ist das Führen eines Hospizes eine öffentliche Aufgabe und klarer Bestandteil der Palliativen Versorgung des Kantons. Zudem verhindert es häufig, belastende und teure Irrwege von Sterbenden und spart Kosten ein. Damit das Hospiz überleben kann, wünschen wir uns für die Zukunft eine substantielle Beteiligung der öffentlichen Hand.

Prof. Dr. med. Christoph Hürny

Obere Felsenstrasse 15
9000 St. Gallen

christoph.huerny@hospizstgallen.ch

Der Autor hat in Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.

  • Mit der Palliativstation am Kantonsspital, dem palliativen Brückendienst zur Unterstützung der Sterbenden zu Hause und der palliativen Grundversorgung ambulant und in Pflegheimen ist der Kanton St. Gallen für die Sterbephase gut gerüstet. Die Versorgungslücke für medizinisch und/oder psychosozial sehr komplexe Sterbende, die weder zu Hause noch im Akutspital noch im Pflegeheim betreut werden können, wurde mit der Eröffnung des Hospiz St. Gallen im Februar 2018 geschlossen.
  • Grundlage für die Begleitung und Betreuung im Hospiz ist die intensive Zuwendung zum Sterbenden durch das interdisziplinäre Team unter dem Lead der Pflege, die effiziente und effektive Symptomkontrolle zur Erhaltung von möglichst viel Lebensqualität in einer wohnlichen Umgebung, der Einbezug der Angehörigen und deren Betreuung nach dem Tod. Im Sinne des Solidaritätsgedankens sind immer auch Freiwillige beteiligt.
  • In der Schweiz gibt es im Vergleich zu anderen, westlichen Ländern wie Deutschland nur wenig Hospize. Sie sind im Dachverband Hospize Schweiz zusammengeschlossen. Struktur, Funktion und Finanzierung der einzelnen Institutionen sind aber ganz unterschiedlich. In den meisten Fällen tragen wie in St. Gallen öffentliche Hand und Krankenkassen nur einen geringen Teil der Kosten. Der Hauptanteil muss mit Spenden und durch den Bewohner bezahlt werden. Da das Hospiz im Gesundheitsgesetz als öffentliche Aufgabe definiert ist, muss sich das in Zukunft ändern.

Messages à retenir

  • Avec le service de soins palliatifs de l’ Hôpital cantonal, le service de pont palliatif pour les personnes mourantes à domicile et les soins palliatifs de base en ambulatoire et dans les EMS, le canton de Saint-Gall est bien équipé pour la phase de mort. L’ ouverture de l’ Hospice de Saint-Gall en février 2018 a permis de combler les lacunes dans la prise en charge médicale et/ou psychosociale des mourants très complexes qui ne peuvent être soignés ni chez eux ni dans un hôpital spécialisé dans les cas de soins actifs ni dans une maison de repos.
  • La base du soutien et des soins dans l’ hospice est la prise en charge intensive des mourants par l’ équipe interdisciplinaire sous la direction du personnel soignant, le contrôle efficace et efficient des symptômes pour maintenir la meilleure qualité de vie possible dans un environnement familial, l’ implication des proches et leurs suivis après le décès. Dans un esprit de solidarité, les bénévoles sont toujours impliqués.
  • Comparée à d’ autres pays occidentaux comme l’ Allemagne, la Suisse compte peu d’ hospices. Ils sont réunis au sein de l’ Association des hospices Suisses. Toutefois, la structure, le fonctionnement et le financement des différentes institutions varient considérablement. Dans la plupart des cas, comme à Saint-Gall, les pouvoirs publics et les caisses maladie ne prennent en charge qu’ une petite partie des coûts. La partie principale doit être payée par des dons et par le résident. Puisque l’ hospice est défini dans la loi sur la santé comme une tâche publique, cela doit changer à l’ avenir.

1. Hürny C. Palliative care in high-tech medicine: defining the point of no return. Support Care Cancer 1994; 2: 3-4.
2. Zimmermann M, Felder St, Streckeisen U, Tag B. Das Lebensende in der Schweiz. Individuelle und gesellschaftliche Perspektiven. Basel:Schwabe-Verlag,2019
3. Kübler-Ross E, Interviews mit Sterbenden.6.Auflage.Stuttgart-Berlin; Kreuzverlag Gmbh,1969
4. Student JC. Das Hospizbuch. 4. Auflage, Freiburg: Lambertus Verlag,1999
5. Heller A. Die Geschichte der Hospizbewegung in Deutschland. Ludwigsburg: Der Hospiz Verlag, 2012
6. Student JC. Sterben, Tod und Trauer-Handbuch für Begleitende, 3. Auflage, Freiburg: Herder, 2008

Bewegungsprogramm zur Reduktion von Nebenwirkungen einer Aromataseinhibitor-Therapie

Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Klinische Krebsforschung (SAKK) stellt in dieser Ausgabe eine Studie vor. Die SAKK ist eine Non-Profit-Organi­sation, die klinische Studien in der Onkologie durchführt. Bei Interesse für die hier vorgestellte Studie oder falls Sie eine Patientin oder einen Patienten zuweisen möchten, kontaktieren Sie bitte den Studienverantwortlichen (Coordinating Investigator) oder den Studienkoordinator (Clinical Project Manager).

Bewegungsprogramm zur Reduktion von Nebenwirkungen einer Aromataseinhibitor-Therapie bei Patientinnen mit frühem Brustkrebs

Eine adjuvante antihormonelle Therapie ist bei Frauen mit hormonrezeptor-positivem Brustkrebs die Standardbehandlung zur Reduktion des Rezidivrisikos. Bei Frauen nach den Wechseljahren sind sogenannte Aromataseinhibitoren (AI) die effektivste Form der antihormonellen Behandlung. Diese Therapie geht aber häufig mit Nebenwirkungen einher, was nicht nur die Lebensqualität sehr beeinträchtigen, sondern auch zu einem vorzeitigen Abbruch der Behandlung führen kann. Muskel- und Gelenksschmerzen und -steifigkeit werden am häufigsten als Nebenwirkung der Therapie beklagt, und die Inzidenz beträgt bis zu 50%. Bisherige Studien belegen, dass körperliche Aktivität (Bewegung) dazu beitragen kann, bereits aufgetretene Muskel und-Gelenksschmerzen, die unter der AI-Therapie aufgetreten sind, deutlich zu reduzieren.
Die Studie SAKK 95/17 untersucht randomisiert, welchen präventiven Effekt ein zu Beginn der AI-Therapie implementiertes, einfaches Bewegungsprogramm auf das Auftreten von Nebenwirkungen, insbesondere die Inzidenz von Muskel- und Gelenksschmerzen, hat. Eine erfolgreiche Umsetzung des Bewegungsprogramms könnte damit dazu beitragen, den Patientinnen die Therapie mit AI zu erleichtern, die Therapietreue zu verbessern und den Lebensstil in Bezug auf körperliche Aktivität nachhaltig positiv zu verändern.
Insgesamt sollen 350 Patientinnen mit lokalisiertem Mammakarzinom aus 32 Zentren in der gesamten Schweiz nach erfolgter Tumoroperation und vor Beginn der AI-Therapie in die Studie eingeschlossen und nach dem Zufallsprinzip entweder der Bewegungs- oder der Kontrollgruppe zugeteilt werden. Die Teilnehmerinnen des Interventionsarms werden motiviert, während 24 Wochen ein Bewegungsprogramm mit zügigem ununterbrochenem Gehen (5 x pro Woche 30 Minuten im Freien) zu absolvieren. Die Patientinnen der Kontrollgruppen erhalten hingegen nur allgemeine Empfehlungen zu den positiven Effekten eines aktiven Lebensstils mit 150 Minuten Bewegung pro Woche, jedoch ohne konkrete Hinweise, wie dies erreicht werden soll. Alle Teilnehmerinnen tragen während 24 Wochen einen Aktivitätstracker («Fitnessarmband») am Handgelenk. Die Behandlungsgruppe erhält über das Display eine Rückmeldung über die erreichte tägliche Aktivität und dokumentiert diese in einem Tagebuch, bei der Kontrollgruppe hingegen zeigt der Aktivitätstracker diese Daten nicht an. Alle drei Wochen ist eine Studienvisite anberaumt, bei der bei allen Patientinnen die Daten vom Aktivitätstracker heruntergeladen, Angaben aus dem Tagebuch übernommen, und vor Ort Fragebögen ausgefüllt werden müssen. Die eigentliche Interventionsphase dauert 24 Wochen, die Studiendauer beträgt einschliesslich Nachbeobachtung insgesamt 2 Jahre. In der Nachbeobachtung wird zum einen ein möglicher Effekt der Intervention auf den Lebensstil hinsichtlich Bewegung, sowie Nebenwirkungen einschliesslich Muskel- und Gelenksschmerzen untersucht, und zum anderen werden Daten zum Krankheitsstatus und zur Therapie-Compliance erhoben.

Kommentar zur Studie SAKK 95/17

Bewegung ist gesund! Gerade auch für Patientinnen unter AI-Therapie, die häufig mit Muskel-und Gelenksschmerzen zu kämpfen haben. Wenn unter einer AI-Therapie aufgetretene Muskel-und Gelenksschmerzen durch 150 Minuten Aktivität pro Woche reduziert werden können, ist anzunehmen, dass das Auftreten dieser Nebenwirkung durch ein präventives Bewegungsprogramm verringert werden kann. Wir denken, dass 5 x 30 Minuten pro Woche zügiges und ununterbrochenes Gehen im Freien im Alltag realisierbar ist und hoffen, dass das Bewegungsprogramm den Lebensstil auch auf längere Sicht positiv beeinflussen kann. Deshalb erwarten wir einen nachhaltigen präventiven Effekt auf das Auftreten von Nebenwirkungen und eine geringere Abbruchrate der AI-Therapie. Unsere Studie ist sehr nahe an den Patientinnen dran! Die relevanten Endpunkte erheben wir mittels «patient reported outcomes», und wir möchten betroffenen Frauen zukünftig Möglichkeiten aufzeigen, wie sie selbst den Weg durch ihre Therapie positiv beeinflussen können.

Studienname: A 24 weeks activity program in patients with early breast cancer receiving aromatase inhibitor therapy. A multicenter randomized phase III trial.

Coordinating Investigators:

PD Dr. med. Friedemann Honecker, friedemann.honecker@zetup.ch, Tumor- und Brustzentrum ZeTuP, St. Gallen, MSc Nicolette Hoefnagels, nicolette.hoefnagels@zetup.ch, Tumor- und Brustzentrum ZeTuP, St. Gallen.

Clinical Project Manager:
Dr. Daniele Oberti, daniele.oberti@sakk.ch, SAKK Bern

Teilnehmende Zentren: Hirslandenklinik Aarau; Kantonsspital Aarau; Kantonsspital Baden; Brustzentrum Basel – Praxis Thorn; Caba Zentrum für Onkologie, Psychologie und Bewegung, Basel; Universitätsspital Basel; EOC – Istituto Oncologico della Svizzera Italiana, Bellinzona; Inselspital, Bern; Kantonsspital Graubünden; Spital Thurgau – Kantonsspital Frauenfeld; Centre du sein Fribourg/ Brustzentrum Freiburg; Clinique de Genolier; Centre du Sein de Genève; Hirslandenklinik St. Anna, Luzern; Luzerner Kantonsspital, Luzern; Spital Männedorf; Network – Hôpital Neuchâtelois; Kantonsspital Olten – Solothurner Spitäler; ZeTuP Rapperswil-Jona; Rundum Onkologie am Bahnhofpark, Sargans; Bürgerspital Solothurn – Solothurner Spitäler; Kantonsspital St. Gallen; Tumor- und Brustzentrum ZeTuP, St. Gallen; Spital STS AG Thun; Network –
Hôpitaux du Valais; Kantonsspital Winterthur; Brustzentrum (Seefeld), Zürich; UniversitätsSpital Zürich

Diese Studie wird unterstützt von: Stiftung Krebsforschung Schweiz, Rising Tide Foundation for Clinical Cancer Research, De Laszlo Foundation London und Ned Foundation Vaduz, Klara und Erwin Roth-Frei Stiftung

Prof. Dr. med. Roger von Moos

Direktor Tumor- und Forschungszentrum
Kantonsspital Graubünden
7000 Chur

tumorzentrum@ksgr.ch

Rückblick und Ausblick Krebspolitik

Am 1. Dezember endet die 50. Legislatur des eidgenössischen Parlaments (2015-2019). Das Ende einer Legislatur bietet Gelegenheit, einen Blick zurück wie auch in die Zukunft zu werfen. Die grösste Errungenschaft der letzten vier Jahre ist aus onkologischer Perspektive das Krebsregistrierungsgesetz.

Bis im Juni 2019 hat die Bundesversammlung in dieser Legislatur 123 Bundesgesetze verabschiedet, etwas weniger als in den vorgängigen Legislaturperioden (1). Im gleichen Zeitraum haben die Schweizer Stimmbürger/-innen über 16 Volksinitiativen abgestimmt – sie wurden allesamt abgelehnt (2). Aus gesundheitspolitischer Sicht waren die letzten vier Jahre geprägt von der Frage über die Kosten und Finanzierung im Gesundheitswesen. Weil die Krankenkassen-Prämien stetig steigen, sucht die Politik eifrig nach wirkungsvollen Massnahmen zur Kostendämpfung. Diese Diskussionen werden in der 51. Legislatur fortgeführt.

Kostendämpfung zur Entlastung der OKP

Ende 2016 hat das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) eine Expertengruppe (geleitet von alt Ständerätin Verena Diener) beauftragt, nationale und internationale Erfahrungen zur Steuerung des Mengenwachstums auszuwerten und möglichst rasch umsetzbare kostendämpfende Massnahmen zur Entlastung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) vorzuschlagen. Gestützt auf diese Empfehlungen hat der Bundesrat im März 2018 ein Kostendämpfungsprogramm verabschiedet, welches laufende und neue Massnahmen umfasst. Es nimmt alle Akteure des Gesundheitswesens in die Verantwortung. Die neuen Massnahmen sollen in zwei Paketen bis Herbst 2018 bzw. Ende 2019 geprüft und umgesetzt werden. Das erste Paket – das insgesamt neun Massnahmen mit Anpassungen im Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) sowie der Sozialversicherungsgesetze umfasst – hat der Bundesrat im August 2019 zuhanden des Parlaments verabschiedet. Ein Schwerpunkt liegt auf dem Experimentierartikel, der innovative und kostendämpfende Pilotprojekte ausserhalb des «normalen» Rahmens des KVG ermöglichen soll. Der Nationalrat wird sich damit als Erstrat Anfang 2020 befassen. Im nächsten Jahr soll ein zweites Paket folgen. Ziel dieses Pakets ist es, die Kosten bei allen Akteuren transparent und so das Gesundheitssystem effizienter zu machen sowie die koordinierte Versorgung zu stärken (3). In diesem Kontext sind auch die Kostenbremse-Initiative der CVP (4) sowie die Prämien-Entlastungs-Initiative der SP (5) zu sehen.

Nationales Krebsregister

Aus onkologischer Sicht ist insbesondere das neue Krebsregistrierungsgesetz (KRG) sowie dessen wirkungsvolle Umsetzung in der Praxis von grosser Bedeutung. Die landesweite und einheitliche Erfassung aller Krebserkrankungen ist eine unentbehrliche Grundlage, um die zukünftige Krebsversorgung der Schweizer Bevölkerung optimal zu planen. Dank den registrierten Daten können die Ursachen der Krankheit besser verstanden, präventive Massnahmen gezielter geplant und Rückschlüsse auf bestmögliche Therapien gezogen werden. Das Parlament hat im März 2016 das neue Gesetz und der Bundesrat im April 2018 die entsprechende Verordnung (KRV) mit den Bestimmungen für die Umsetzung verabschiedet. Gesetz und Verordnung treten Anfang 2020 in Kraft, ab dem 1. Januar werden alle Krebsfälle in der Schweiz einheitlich erfasst (6).

Schutz vor nichtionisierender Strahlung

In der Sommersession 2017 hat das Parlament das Bundesgesetz über den Schutz vor Gefährdungen durch nichtionisierende Strahlung und Schall (NISSG) verabschiedet. Mit diesem neuen Gesetz soll die Bevölkerung besser vor Gesundheitsschäden geschützt werden, die durch nichtionisierende Strahlung wie Laserpointer, Medizinlasern und Solarien entstehen können. Der Handlungsbedarf bei starken Laserpointern war in den Räten unbestritten. Für Diskussionen im Nationalrat sorgten weiterführende Massnahmen betreffend Behandlungen mit Produkten, die sehr hohe Belastungen verursachen. Diese dürfen nur noch durch Personen vorgenommen werden, die nachweislich über genügend Sachkunde verfügen. Zudem wird kontrolliert, ob Anbieter von Solarien die Benutzer/-innen genügend über die Gefahren informieren und die Sicherheitsvorgaben der Hersteller einhalten (7).

Genetische Untersuchungen beim Menschen

Das Gesetz über genetische Untersuchungen beim Menschen (GUMG) regelt unter anderem Untersuchungen zur Abklärung von Erbkrankheiten. Um Missbräuchen vorzubeugen und den Schutz der Persönlichkeit zu gewährleisten wurde das Gesetz umfassend revidiert. Ein Aspekt war aus Sicht von Krebsbetroffenen äusserst heikel: Bisher durften Versicherungsanbieter für keine Versicherung nach genetischen Daten aus früheren präsymptomatischen Untersuchungen fragen noch solche Daten verwerten. Die vorberatende Kommission wollte diesen Schutz bei privaten Versicherungen streichen. Der Nationalrat lehnte dies ab, weil er erkannte, dass ein erhöhtes familiäres oder ein aufgrund anderweitiger genetischer Veränderungen mittels Gentest festgestelltes erhöhtes Risiko für eine (Krebs-)Erkrankung noch keine Diagnose bedeutet – und nicht zu einer Diskriminierung beim Zugang zu Versicherungsleistungen führen darf. Im Juni 2018 hat das Parlament das revidierte GUMG verabschiedet, die Inkraftsetzung des Gesetzes und seiner Verordnungen, die noch überarbeitet werden, ist im Verlauf des Jahres 2021 vorgesehen (8).

Schutz der Kinder und Jugendlichen vor den schädlichen Folgen des Tabakkonsums

Im Bereich der Prävention tat sich das Parlament auch in dieser Legislatur grundsätzlich schwer. Allerdings müssen die Anforderungen an Tabakprodukte nach der Revision des Lebensmittelrechts in einem neuen Gesetz geregelt werden. Der Bundesrat schlug in seinem Entwurf von November 2015 neben dem schweizweiten Verkaufsverbot von Tabakwaren an Minderjährige auch strengere Regelung im Bereich Werbung und Sponsoring für Tabakprodukte vor. Das Parlament war allerdings der Meinung, dass die freie Marktwirtschaft höher zu gewichten sei als die Prävention und wies die Vorlage an den Bundesrat zurück. Dieser schickte die überarbeite Vorlage im November 2018 wieder ins Parlament.
Weil das Parlament keinen Willen zeigte, ein Tabakproduktegesetz (TabPG) mit wirkungsvollem Jugendschutz zu schaffen, hat die Krebsliga Schweiz gemeinsam mit zahlreichen weiteren Gesundheitsorganisationen im März 2018 die Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» lanciert. Ziel der Volksinitiative ist, dass Kinder und Jugendliche in ihrer gesunden Entwicklung bestmöglich unterstützt und gefördert werden und deshalb Werbung für Tabakprodukte, die sie erreicht, verboten wird. Die grosse Mehrheit der Raucher/-innen beginnt nämlich unter 18 Jahren mit dem Konsum und Tabakwerbung hat nachweislich einen grossen Einfluss auf diese Altersgruppe. Im September 2019 konnte die Volksinitiative mit über 100 000 Unterschriften eingereicht werden – nur ein paar Tage, bevor der Ständerat den neuen Entwurf beraten hat. Und dieser will nun die Schrauben im Umgang mit Tabakprodukten doch anziehen mit der Erfüllung der Mindestanforderungen der Rahmenkonvention der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Eindämmung des Tabakgebrauchs. Damit könnte diese von der Schweiz endlich ratifiziert werden. Der Nationalrat wird die Vorlage in der neuen Legislatur beraten (9).

Bessere Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung

Die Arbeit von betreuenden Angehörigen ist ein wichtiger Beitrag für die Gesellschaft und deckt einen erheblichen Teil der Gesundheitsversorgung ab. Um erwerbstätige Personen, die gleichzeitig Angehörige betreuen, zu entlasten hat der Bundesrat die Botschaft zum Bundesgesetz über die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung zuhanden des Parlaments verabschiedet. Dieser umfasst unter anderem den Anspruch auf kurzzeitige Arbeitsabwesenheiten inkl. Lohnfortzahlung für die Betreuung von Familienangehörigen sowie ein Betreuungsurlaub für Eltern von schwer erkrankten oder verunfallten Kindern mit Entschädigung durch die Erwerbsersatzordnung. Der Nationalrat hat erfreulicherweise im September 2019 mehrheitlich dem bundesrätlichen Vorschlag zugestimmt. Stimmt der Ständerat in der neuen Legislatur ebenfalls zu, ist dies ist ein wichtiger – aber erst ein erster – Schritt in die richtige Richtung (10).

Einheitliche Finanzierung der Leistungen im ambulanten und stationären Bereich

Die Leistungen im stationären und ambulanten Bereich werden derzeit unterschiedlich finanziert, was zu Fehlanreizen führt. Leistungen im ambulanten Bereich werden vollständig von den Krankenkassen bezahlt und damit über Prämien finanziert. Leistungen im stationären Bereich werden zu mindestens 55 Prozent von den Kantonen und damit aus Steuergeldern finanziert, den Rest bezahlen die Krankenkassen. Die Gesundheitskommission hat nun einen Gesetzesentwurf erarbeitet, wonach die Krankenkassen und die Kantone Behandlungen einheitlich finanzieren, unabhängig davon ob diese ambulant oder stationär durchgeführt werden. Der Bundesrat befürwortet grundsätzlich die einheitliche Finanzierung, gleichzeitig fordert er, dass die Anliegen der Kantone bei der Reform stärker berücksichtigt werden. Der Nationalrat ging allerdings in der Herbstsession 2019 auf Konfrontationskurs mit den Kantonen. Streitpunkte waren die Rolle der Krankenkassen, der Einbezug der Langzeitpflege, Beiträge für Privatspitäler sowie Steuerungsmöglichkeiten für die Kantone im ambulanten Bereich. Die Kantone drohen mit dem Referendum, sollten die Räte die Vorlage nicht nachbessern. Der Ständerat wird sich in der neuen Legislatur dazu äussern (11).

Wünsche für die 51. Legislatur

Mit einer neuen Legislatur gehen Herausforderungen und gleichzeitig Chancen einher. Die Wahlen 2019 – mit den Gewinnern Grüne und Grünliberale – bringen für Schweizer Verhältnisse grosse Änderung der Machtverteilung im Parlament. Die Mehrheitsverhältnisse in den beiden Räten, den Kommissionen und Delegationen verschieben sich. Aber auch in der 51. Legislatur gilt: Mehrheiten müssen über Parteigrenzen hinweg geschmiedet werden. Mit grosser Spannung erwarten wir, welche Köpfe die Gesundheits- und Sozialpolitik der nächsten vier Jahre prägen werden.
Zugangs- und Chancengerechtigkeit zur bestmöglichen Behandlung und Versorgung ist für Krebsbetroffene das zentralste Anliegen. Die Zahl der Menschen, die mit Krebs leben, steigt aufgrund des demografischen Wandels und der verbesserten diagnostischen Verfahren sowie neuen erfolgreichen Therapiemöglichkeiten. Im Jahr 2030 wird es in der Schweiz laut Hochrechnungen etwa eine halbe Million sogenannte «Cancer Survivors» geben. Damit steht unser solidarisches Gesundheitssystem vor grossen Herausforderungen. Seitens Krebsliga ist deshalb zu wünschen, dass die dringendsten heute angepackt werden, beispielsweise der gefährdete Zugang durch die hohen Preise neuer Krebstherapien, die steigende Zahl der Off-Label-Fälle und deren Vergütungsregelung, die Förderung der integrierten Versorgung und der Nachsorge sowie wirkungsvolle Massnahmen gegen das Armutsrisiko Krebs.

Franziska Lenz

Leiterin Politik und Public Affairs Krebsliga Schweiz

1. siehe auch Statistiken zur 50. Legislatur der Parlamentsdienste Stand: August 2019 (https://www.parlament.ch/de/über-das-parlament/fakten-und-zahlen/bilanz-50-legislatur)
2. siehe auch Artikel der Aargauer Zeitung von Sven Altermatt « Fünfjährige Durststrecke: Volksinitiativen haben derzeit keine Chancen» vom 27. Mai 2019 (https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/fuenfjaehrige-durstrecke-volksinitiativen-haben-derzeit-keine-chancen-134535264)
3. siehe auch Website des BAG: Krankenversicherung Kostendämpfung (https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/versicherungen/krankenversicherung/kostendaempfung-kv.html) sowie Curia Vista 19.046 (https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20190046)
4. siehe auch Website der Initiative «Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen» (https://www.cvp.ch/de/kampagnen/initiative-fuer-tiefere-praemien-kostenbremse-im-gesundheitswesen)
5. siehe auch Website der Initiative «Maximal 10 % des Einkommens für die Krankenkassenprämien» (https://bezahlbare-praemien.ch)
6. siehe auch Website des BAG: Gesetzgebung Krebsregistrierung (https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/gesetze-und-bewilligungen/gesetzgebung/gesetzgebung-mensch-gesundheit/gesetzgebung-krebsregistrierung.html) sowie Curia Vista 14.074 (https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20140074)
7. siehe auch Curia Vista 15.084 (https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20150084)
8. siehe auch Website des BAG: Revision Gesetz über genetische Untersuchungen beim Menschen (https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/medizin-und-forschung/genetische-untersuchungen/aktuelle-rechtsetzungsprojekte1.html) sowie Curia Vista 17.048 (https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20170048)
9. siehe auch Curia Vista 15.075 (https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20150075)
10. siehe auch Curia Vista 19.027 (https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20190027)
11. siehe auch Curia Vista 09.528 (https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20090528)

Qualität: ein Schwerpunkt der NSK – 2019 ein Thema im Parlament

Qualität ist ein Schwerpunktthema der Nationalen Strategie gegen Krebs (NSK), das sich in fast allen Projekten spiegelt und explizit in zwei Projekten im Lead der SGMO und der KLS fokussiert wird. «Stärkung von Qualität und Wirtschaftlichkeit» hiess die Vorlage zum KVG (Art. 58), die in der Sommersession vom Parlament nach einer mehr als zehnjährigen Vorgeschichte entschieden wurde. In diesem Artikel soll zu beidem kurz informiert werden.

Bei der Klärung der Schwerpunkte der NSK für die Phase 2017 – 2020 war es klar, dass das Thema Qualität eine zentrale Rolle spielen muss. Denn es ist ein Thema, das die Fachleute, die Krebspatientinnen und Krebspatienten behandeln und betreuen, tagtäglich betrifft, dies auch aus dem Blickwinkel der Fehlerkultur und Patientensicherheit. Onkologische Organzentren und Krebszentren sowie Spitäler sind bezüglich Qualitätssicherung gefordert und sind bereit, die entsprechenden Kosten zu tragen. Es ist aber auch ein deklariertes politisches Ziel des Bundesrates in «Gesundheit 2020» und zeigt sich in der Qualitätsstrategie des Bundes mit folgender Vision:
«Der Bund will eine hohe Qualität in der ambulanten und stationären Gesundheitsversorgung zu angemessenen und für die ganze Bevölkerung tragbaren Kosten. Der Bund übernimmt in der Qualitätssicherung die führende Rolle und sorgt für eine klare und eindeutige Rollenverteilung, welche die Zuständigkeiten, Verantwortungsbereiche und die Koordination zwischen den Akteuren (Bund – Kantone – Versicherer – Leistungserbringer – Patienten – andere) regelt».
Aus der Vision wurden folgende Ziele abgeleitet:

  • Die Qualität im Schweizerischen Gesundheitswesen wird laufend, nachhaltig und nachweislich verbessert.
  • Die Massnahmen zur Steigerung der Qualität folgen einem institutionalisierten, vom Bund vorgegebenen Prozedere.
  • Der Bund formuliert qualitätspolitische Ziele, die sich auf die explizite Setzung von Schwerpunkten und Prioritäten für eine bestimmte Periode fokussieren.
  • Der Bund sorgt dafür, dass für die nachhaltige Umsetzung der Qualitätsstrategie die erforderlichen Mittel bereitgestellt und Strukturen geschaffen werden.

Diese Grundüberlegungen zur Qualitätsstrategie, die in mehreren Anläufen immer wieder neu ausgerichtet wurden, wurden der «Vorlage Stärkung von Qualität und Wirtschaftlichkeit» zu Grunde gelegt und bestimmen Artikel 58 KVG, der voraussichtlich am 1.1.2021 in Kraft treten wird.
Dieser Artikel hält fest, dass der Bundesrat nach Anhörung der interessierten Organisationen jeweils für 4 Jahre Qualitätsentwicklungsziele festlegt. Er sieht eine Eidgenössische Qualitätskommission vor, welche aus der Optik der Umsetzung der bundesrätlichen Qualitätsziele tätig wird. Dabei übernimmt die Kommission neben ihrer beratenden Funktion auch die Unterstützung von nationalen und regionalen Projekten und finanziert systematische Studien. Der Betrieb und die Aufgaben der Eidgenössischen Qualitätskommission werden von Bund, Kantonen und Versicherern finanziert. Hier könnte sich gerade für die Onkologie in der Entwicklung von Projekten zur Qualitätssicherung vernetzter Versorgung von Krebspatientinnen und -patienten Chancen ergeben.
Der Artikel 58 KVG bestimmt weiter, dass zwischen Leistungserbringern und Versicherern Qualitätsverträge abgeschlossen und dem Bundesrat zur Genehmigung vorgelegt werden müssen. Qualitätsverträge müssen die Qualitätsmessung, Massnahmen zur Qualitätsentwicklung, deren Veröffentlichung, das Zusammenwirken bei Verbesserungsmassnahmen regeln. Diese Qualitätsverträge sind verbindlich. Können sich Verbände von Leistungserbringern und Versicherern nicht auf einen Qualitätsvertrag einigen, legt der Bundesrat diesen fest. Vertragsverletzungen werden sanktioniert. (https://www.admin.ch/opc/de/federal-gazette/2019/4469.pdf)
Wie sich nun die Fachgesellschaften als Träger der fachlichen Qualitätsdiskussion und Verantwortungsträger für die fachliche Qualitätsentwicklung in diesen Mechanismus einbringen können, muss unbedingt mit dem Berufsverband FMH / SAQM geklärt werden.
Fakt ist, dass es wichtig sein wird, pro Fachgesellschaft eine eigene Qualitätsstrategie zu haben und diese auch zu verbriefen.
Es ist zu betonen, dass wir hier bisher von Qualität im Sinne des KVG aus einer Pflichtleistungsoptik sprechen, die Qualität im Gesundheitssystem wird jedoch noch durch viele andere Faktoren und Gesetze bestimmt. Aus der Optik der Kompetenzen der Fachleute spielt hier das Medizinalberufegesetz, Gesundheitsberufegesetz, Psychologieberufegesetz und das Berufsbildungsgesetz eine Rolle. Fällt die Optik auf die Heilmittel (also Arzneimittel und Medizinprodukte), so gelten die Vorgaben in der Heilmittelgesetzgebung.

Qualität – wie hat die NSK das Thema aufgenommen?

Der primäre Ansatz war Bemühung um Transparenz. Der Bericht «Onkologische Qualitätssicherung in der Schweiz» versucht, eine Übersicht über den Stand der Qualitätssicherung der Onkologie in der Schweiz zu schaffen. Sie finden den von der Krebsliga Schweiz in Auftrag gegebenen Bericht von Hermann Amstad auf der Homepage der NSK (https://www.nsk-krebsstrategie.ch/wp-content/uploads/2019/02/Bericht-Onkologische-Qualit%c3%a4tssicherung.pdf). Weiter gingen die Arbeiten in zwei Richtungen: Eine Arbeitsgruppe unter Leitung von Hermann Amstad nahm im Auftrag der KLS das Thema «Qualitätssicherung im onkologischen Netzwerk» auf. Die Gruppe fokussierte im Konzept den Ansatz von Minimalstandards zur Qualitätssicherung im onkologischen Netzwerk. Als erstes musste bestimmt werden, was unter einem onkologischen Netzwerk zu verstehen ist. Erst dann konnten Kriterien für die Prozess- und Strukturqualität im Netzwerk formuliert werden. Aktuell ist dieses Konzept samt Minimalstandards in einer fachlichen Vernehmlassung. Die Projektgruppe wird die Rückmeldungen sammeln und das Konzept entsprechend anpassen, das Ende Jahr dem Oncosuisse-Board vorgelegt wird. Das definitive Konzept wird veröffentlicht werden.
In der zweiten Richtung verfolgte man im Auftrag der SGMO das Thema «Qualitätssicherung, Qualitätsentwicklung mit dem Fokus Outcome» und organisierte dazu einen Roundtable. Präsentationen und Unterlagen dazu finden sich auf der Homepage der NSK (https://www.nsk-krebsstrategie.ch/). Ziel der Veranstaltung war es auf die Tatsache einzugehen, dass für die Qualitätsmessung in der Behandlung von Krebs zunehmend Erkenntnisse, Erfahrungen und Beobachtungen der Patienten und Patientinnen unerlässlich sind und zwar als Outcomes, die messbar und vergleichbar sind. Hier drängt sich die Diskussion der Anwendung von PROMs (Patient-Reported-Outcome-Messungen) und allenfalls PREMs auf. Prof. Isabelle Peytremann-Bridevaux führte mit einem wissenschaftlichen Vortrag in das Thema ein. Sie lieferte die Definition von PROs, PROMs und PREMs und deren Anwendungsgebiete und stellte in einer Übersicht die aktuelle empirische Evidenz aus systematischen Reviews vor. Nach den darauffolgenden Einschätzungen von Dr. Tanja Volm zur Ergebnis- und Outcomequalität in Zusammenhang mit PROMs und deren Anwendungsgebieten wurde die Brücke zur internationalen ICHOM-Initiative geschlagen, wie diese am Universitätsspital Basel angewendet wird. Der ärztliche Direktor, Prof. Christoph A. Meier, erläuterte warum er sich auf ICHOM, «International Consortium for Health Outcomes Measurement», stützt. Das Ziel dieser Non-Profit-Organisation besteht darin, Behandlungsergebnisse von Patienten standardisiert zu messen und setzt die Ideen von M. Porter und E.Teissberg zu value-based-care um. ICHOM wird seit 2017 auch von der OECD propagiert und unterstützt. Prof. Meier sieht darin den Weg, mit international anerkannten Standards, die eine Outcomemessung und eine internationale Vergleichbarkeit erlauben, den Behandlungserfolg beim Patienten abzuholen und damit in eine eigentliche Qualitätsentwicklung zu kommen. Die konkrete Anwendung und den Mehrwert dieser Standards wurde vom Chefarzt Brustchirurgie am Universitätsspital Basel, Prof. Walter Weber, vorgestellt. Interessant waren die schriftlichen Rückmeldungen der Teilnehmenden, Vertreter von Krebszentren an Universitätsspitälern, kantonalen und regionalen sowie öffentlichen und privaten Spitälern, als auch Vertreter der KLS, der SAQM/FMH, des BAG und der GDK.
Die grosse Mehrheit der Teilnehmenden beantwortete die Frage, ob für sie die Anwendung von PROMs in der Schweiz ein Muss sei mit einem klaren Ja. Dies bezugnehmend auf die Wichtigkeit der Ganzheitlichkeit von Qualitätsmessung und mit Hinweis auf die Wichtigkeit, den Patienten ins Zentrum zu stellen. Grundsätzlich wurde von der Mehrheit der Teilnehmenden gutgeheissen, dass man sich – mit Blick auf die Vergleichbarkeit – an internationalen Standards orientieren oder diese anwenden sollte. Verschiedentlich wurde festgehalten, dass es notwendig sei, nationale Standards anzuwenden, um die hiesigen Gegebenheiten adäquat aufnehmen zu können. So oder so wurde jedoch auf die Wichtigkeit der Anwendung von validierten und/oder abgestimmten Standards hingewiesen. Praktisch alle Rückmeldungen gingen in die Richtung, dass PROMs in Zukunft andere Qualitätssicherungs- und Qualitätsentwicklungsmassnahmen ergänzen sollten und voraussichtlich auch werden. Ein Ersetzen bestehender Qualitätssicherungsmassnahmen mit einer strikten Fokussierung auf PROMS wurde jedoch als zu wenig umfassend erachtet. Einig war man sich darüber, dass ein koordiniertes Vorantreiben der Implementierung von PROMs wünschbar wäre. Wer hier jedoch den Lead übernehmen sollte, blieb ungeklärt. Im Rahmen der NSK wird das Thema im Frühling 2020 wieder aufgenommen und dabei werden hoffentlich auch die Diskussionen in der Romandie im Cycle COLLOQUES du DESS 2019 Unisanté einfliessen. (https://www.iumsp.ch/fr/node/9711)

Dr. jur. Catherine Gasser

Co-Gesamtprojektleiterin NSK

catherine.gasser@krebsliga.ch

Aktuelle Nachrichten aus der Welt des Lymphoms

Vom 18. bis 22. Juni 2019 nahmen mehr als 3700 Kliniker, Pathologen und Forscher aus 90 Ländern weltweit an der
15. Internationalen Konferenz über bösartige Lymphome (ICML) in Lugano teil und hatten die Gelegenheit, die neuesten Fortschritte im Management von lymphatischen Malignomen zu präsentieren und zu diskutieren.

Einsatz der «liquid biopsy» beim Lymphom

Am Tag vor der offiziellen Eröffnung der Sitzung nahm eine begrenzte Anzahl von Klinikern und Forschern an einem geschlossenen Workshop über den Einsatz von Liquid Biopsies beim Lymphom teil. Der Titel des Workshops lautete «Überführung der Liquid Biopsy in das Management von Lymphompatienten: Entwicklung für die klinische Forschung und Empfehlungen für die klinische Praxis». Bei der Liquid Biopsy handelt es sich um die Probenahme und Analyse von nicht-festem biologischem Gewebe. Sie bietet die Möglichkeit, verschiedene Neoplasien zu diagnostizieren und zu überwachen, mit dem zusätzlichen Vorteil, dass sie weitgehend nicht-invasiv und sensitiv ist. Die aus den ersten Studien gewonnenen Daten sind ermutigend, und es werden zukünftige Studien erwartet, um die Rolle der Liquid Biopsy in der klinischen Praxis zu bestätigen und personalisierte Behandlungsansätze für Lymphompatienten zu unterstützen. Der Workshop wurde gemeinsam von Dr. Davide Rossi, Bellinzona, Dr. Wyndham Wilson, Bethesda, USA und Dr. Emanuele Zucca, Bellinzona, geleitet und in Zusammenarbeit mit der American Association for Cancer (AACR) und der European School of Oncology (ESO) sowie mit Unterstützung der Leukemia & Lymphoma Society (LLS) organisiert.
Der wissenschaftliche Inhalt der 15. ICML ist von extrem hoher Qualität. Mehr als 500 Abstracts mit Daten über neue Medikamente und neue Behandlungsmethoden wurden für die wissenschaftlichen Sitzungen eingereicht, was es schwierig macht, die besten Abstracts für die mündlichen Präsentationen auszuwählen.

CAR-T-Zelltherapie

Das wahrscheinlich attraktivste Thema, das in diesem Jahr diskutiert wurde, waren die aufkommenden Daten von chimären Antigenrezeptor CAR-T-Zellen, wie die 12 Vorträge und eine spezielle Sitzung zeigten. Die CAR-T-Zelltherapie, die in der Infusion von autologen T-Lymphozyten besteht, die dazu bestimmt sind, Tumorzellen selektiv zu erkennen und abzutöten, ist ein neuer Ansatz gegen Krebs, und die Erfahrung mit dieser Therapie beim Lymphom wächst mit Hunderten von Patienten, die inzwischen erfolgreich behandelt wurden.
Dementsprechend wurde die Henry Kaplan Memorial Lecture in Verbindung mit der Vergabe des San Salvatore Award von Dr. Carl June, Philadelphia, USA gehalten, der «CAR-T-Zellen der nächsten Generation für Lymphome und darüber hinaus» diskutierte und den Prozess der Entwicklung dieser Technologie, den aktuellen Stand der Technik und Zukunftsperspektiven beschrieb. Aktuelle und zukünftige molekulare Ziele, Toxizität und deren Management sowie mögliche Assoziationen mit anderen Medikamenten wurden ausführlich diskutiert.

Präzisionsmedizin beim B-Zell-Lymphom

Ein weiteres diskutiertes Thema war die Präzisionsmedizin beim B-Zell-Lymphom. Das Konzept der Präzisionsmedizin ist bei der ICML nicht neu, aber in diesem Jahr wurde erneut die brillante Arbeit mehrerer Forscher vorgestellt. Bemerkenswert ist, dass Dr. Ari Melnick, New York, die von der AACR geförderte Gianni Bonadonna Memorial Lecture hielt, deren Thema die epigenetische Präzisions-Therapie für das B-Zell-Lymphom war, die als Adjuvans für Immuntherapien verwendet wird, indem die Fähigkeit der T-Zellen, Lymphomzellen zu erkennen, wiederhergestellt wird.
Während der gemeinsamen Sitzung von AACR und ICML hielt Dr. Ankur Singh, New York, einen Vortrag über die Designer-Organoide zur Modellierung von Epigenetik, Signalgebung und Therapien beim Lymphom und diskutierte die Entdeckungen, die durch Designer-Lymphoidorganoide und On-Chip-Technologien ermöglicht werden, um die kritischen Signalwege zu verstehen, die sich als neue therapeutische Ziele beim Lymphom abzeichnen.

Das diffuse grosszellige B-Zell-Lymphom

Die Plenarsitzung war weitgehend dem diffusen grosszelligen B-Zell-Lymphom (DLBC) gewidmet. Das DLBCL wird derzeit mit dem R-CHOP Chemo-Immuntherapieschema behandelt, und mehrere klinische Studien mit neuen Medikamenten konnten das Behandlungsergebnis gegenüber R-CHOP weiterhin nicht verbessern.
Die Ergebnisse zweier wichtiger klinischer Studien, bei denen die Zugabe des immunmodulatorischen Wirkstoffs Lenalidomid zur Standard-R-CHOP-Chemotherapie bei naiven DLBCL-Patienten untersucht wurde, wurden in diesem Jahr vorgestellt. Die von Prof. Umberto Vitolo, Turin, vorgestellte ROBUST Phase-III-Studie mit aktiviertem B-Zell (ABC) DLBCL zeigte keinen Nutzen durch die Zugabe von Lenalidomid, während Dr. Grzegorz S. Nowakowski, Rochester, USA andrerseits Ergebnisse der randomisierten Phase-II-Studie mit ECOG-ACRIN1412 in nicht selektiertem DLBCL (einschliesslich ABC und Keimzentrum-B (GCB)) präsentierte, die eine Verbesserung des progressionsfreien Überlebens (PFS) im experimentellen Arm zeigte. Die Diskussionen, die darauf abzielten, die verschiedenen Ergebnisse der beiden Studien zu erklären, waren sehr interessant und konzentrierten sich hauptsächlich auf die Einbeziehung der verschiedenen Patienten (ABC vs. DLBCL), die unterschiedliche Dosis an Lenalidomid, die in den beiden Studien verwendet wurde, und die unterschiedliche Zeit bis zum Beginn der Therapie (mit einem möglichen Selektionsbias) zwischen den beiden Studien. Der gemeinsame Eindruck nach den Diskussionen war, dass R-CHOP immer noch die Standard-Erstlinien-Therapie für DLBCL-Patienten ist, aus diesen beiden Studien jedoch wichtige Informationen gewonnen wurden, die für die Gestaltung zukünftiger klinischer Studien verwendet werden können.
Neben den beiden klinischen Studien konzentrierte sich eine Arbeit von Dr. Christopher Rushton, Burnaby, Kanada, ebenfalls auf DLBCL und insbesondere auf die genetischen Defekte bei Patienten mit DLBCL, die gegen eine Standardchemotherapie resistent sind. Die Autoren beschrieben Mutationen in spezifischen Genen (TP53, IL4R, HVCN1, RB1 und MS4A1). Dieses Wissen kann helfen, die molekularen Mechanismen zu verstehen, die zum Versagen von Standardtherapien führen.

Resultate zu niedrig gradigen Lymphomen

Im Bereich der niedrig gradigen Lymphome wurden Ergebnisse verschiedener chemotherapiefreier Kombinationen vorgestellt und auch Daten von neuartigen monoklonalen Antikörpern (einschliesslich anti-CD19, anti-CD40), bispezifischen Antikörpern, neuen Antikörper-Medikamentenkonjugaten und BTK- und PI3K-Inhibitoren der zweiten Generation. Zusätzlich zu den Daten bei niedrig gradigen Lymphomen präsentierte Dr. Jason Westin, Houston, interessante Ergebnisse mit der Kombination von Rituximab, Lenalidomid und Ibrutinib vor der Kombination mit Chemotherapie für Patienten mit neu diagnostiziertem DLBCL und führte ein neues Konzept der chemotherapiefreien Behandlung bei Patienten mit aggressiven Lymphomen ein.

Was kann gegen die hohen Medikamentenkosten getan werden?

Ein weiterer Höhepunkt der diesjährigen Sitzung war die brillante Präsentation von Dr. S. Vincent Rajkumar, Rochester, zu einem speziellen Vortrag mit dem Titel «The high cost of cancer drugs: what can we do?». Das Problem der sehr hohen Kosten, die mit vielen neuen Medikamenten verbunden sind, wurde sehr gut dargestellt, zusammen mit einigen Ideen, die eine nachhaltigere Medikamentenentwicklung in der Zukunft ermöglichen könnten.
Insgesamt hatte die 15. ICML einen enormen Erfolg, der einmal mehr beweist, dass es sich um eine der wichtigsten Konferenzen über lymphatische Malignome handelt. Die 16. ICML, die vom 15. bis 19. Juni 2021 wiederum in der schönen Stadt Lugano stattfinden wird, fällt mit dem 40-jährigen Jubiläum seit der ersten Veranstaltung im Jahr 1981 zusammen.

Quelle: 15. ICM, Lugano, 18.-22. Juni 2019

PD Dr. Anastasios Stathis

Istituto Oncologico della Svizzera Italiana (IOSI)
Ospedale Regionale di Bellinzona e Valli
Via Ospedale
6501 Bellinzona

Anastasios.Stathis@eoc.ch

Dr. med. Guido Ghilardi

Istituto Oncologico della Svizzera Italiana (IOSI)
Ospedale Regionale di Bellinzona e Valli
Via Ospedale
6501 Bellinzona

Dr. med. Davide Facchinelli

Istituto Oncologico della Svizzera Italiana (IOSI)
Ospedale Regionale di Bellinzona e Valli
Via Ospedale
6501 Bellinzona

Erstlinientherapie älterer Patienten mit akuter myeloischer Leukämie

Welche Faktoren sollten bei älteren Patienten mit akute myeloischer Leukämie (AML) bei der Wahl der Erstlinientherapie berücksichtig werden? Welche Optionen stehen für sie überhaupt zur Verfügung und was befindet sich noch in klinischen Studien? Antworten auf diese Fragen gab Prof. Dr. med. Gerwin Huls, Groningen/NL.

Die Wahl der am besten für einen älteren AML-Patienten geeigneten Therapiestrategie wird durch verschiedene patientenbezogene Faktoren beeinflusst. Einer der wichtigsten Punkte in diesem Zusammenhang stellt dar, ob ein älterer Patient überhaupt fit genug ist, um eine intensive Chemotherapie zu tolerieren. «Ganz generell bei Krebserkrankungen spielen in dieser Hinsicht die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit, der Ernährungszustand, Komorbiditäten und eine damit allenfalls einhergehende Polymedikation, sozio-ökonomische Parameter und die emotionale Gesundheit eine Rolle», erklärte Prof. Huls, Groningen/NL. Spezifisch für Patienten mit AML hätten Untersuchungen für folgende Parameter eine Relevanz nachgewiesen: Alter, ECOG Performance Status, Einschränkungen in den Aktivitäten des täglichen Lebens, den Hematopoietic Cell Transplantation-specific Comorbidity Index (HCT-CI > 3), kognitive Einschränkungen (modified Mini-Mental-Status Examination (3MS) Score < 77) sowie eine eingeschränkte körperliche Leistung (Short Physical Performance Battery (SPPB) Score < 9). «Für alle diese Faktoren konnte gezeigt werden, dass sie prädiktiv für ein Ansprechen auf eine intensive Therapie bzw. das Überleben sind», fügte der Redner an.

Relevante krankheitsbezogene Faktoren

Neben patientenbezogenen Faktoren beeinflussen in zweiter Linie auch krankheitsbezogene Faktoren die Wahl der Therapie. «AML stellt bei älteren Patienten eine andere Erkrankung dar als bei jüngeren», sagte Prof. Huls. So würden ältere Patienten unter anderem häufiger eine ungünstige Zytogenetik und eine höhere Inzidenz an Multisubstanz-Resistenzen aufweisen. Auch die Inzidenz einer sekundären AML sei bei älteren Patienten höher als bei jüngeren. Einige Studie konnten jedoch zeigen, dass auch Patienten mit ungünstiger Zytogenetik von bestimmten Therapieansätzen profitieren können. So fanden Welch et al., dass Patienten mit einem ungünstigen zytogenetischen Profil und/oder einer T53-Mutation besser auf Decitabin (20 mg/m2, monatlich für 10 aufeinanderfolgende Tage) ansprachen als solche mit einem intermediären oder günstigen zytogenetischen Profil und solche ohne T53-Mutation (1). Keiner dieser Risikofaktoren war mit einem schlechteren Gesamtüberleben (OS) assoziiert als es Patienten mit einem intermediären zytogenetischen Risikoprofil erreichten. Pollyea et al. stellten fest, dass Enasidenib bei älteren AML-Patienten mit IDH2-Mutationen zu einer Gesamtansprechrate (ORR) von 30,8% führte und 18% der Patienten ein komplettes Ansprechen (CR) erreichten (2). Nach einem medianen Follow-up von 8,4 Monaten war das mediane OS bei den Respondern noch nicht erreicht.

Mehrere Optionen besser als beste Supportivtherapie

Bereits 1989 konnte nachgewiesen werden, dass eine intensive Chemotherapie bei älteren Patienten zu einem besseren Überleben führt als die beste Supportivtherapie (BSC) (3). «Interessant war, dass Patienten mit einer intensiven Chemotherapie weniger Tage im Spital verbrachten als die Patienten der Vergleichsgruppe», ergänzte der Redner. Mittlerweile haben sich weitere Optionen, so z.B. die hypomethylierenden Substanzen Decitabin und Azacitidin, aber auch niedrig dosiertes Cytarabin und Gemtuzumab Ozogamicin gegenüber einer BSC als überlegen erwiesen (Tab. 1) (3-8). Azacitidin hat zudem in einer retrospektiven Analyse ein gleich gutes Resultat hinsichtlich OS erreicht wie eine intensive Chemotherapie, sich jedoch als besser verträglich gezeigt (9). In der laufenden prospektiven Studie EORTC AML-21 wird Decitabin (10 Tage) mit einer konventionellen Chemotherapie verglichen. «Das Design dieser Studie sieht auch eine Transplantation vor, d.h. es sollen so viele Patienten wie möglich transplantiert werden. Je nachdem wie das Resultat ausfallen wird, könnte diese Studie die gängige Praxis entscheidend verändern», so Prof. Huls.
Verschiedene weitere neue Ansätze werden aktuell ebenfalls in Studien untersucht, so z.B. Azacitidin + /V- Venetoclax und LDAC + / - Venetoclax. Die Studie HOVON135/SAKK 30/15 evaluiert die Behandlung mit Decitabin im Vergleich zu Decitabin plus Ibrutinib bei Patienten > 66 Jahren, die sich nicht für eine intensive Chemotherapie eignen (HCT-CI > 3). Abschliessend meinte Prof. Huls: «Wir können bei älteren AML-Patienten nicht einfach eine bestimmte Therapie als Standard einsetzen. Der Allgemeinzustand sowie die molekularen Charakteristiken der Erkrankung und die Präferenz der Patienten sollten uns bei der individuellen Wahl der am besten geeigneten Therapie leiten.»

Fazit:

  • Eine Behandlung sollte bei (fast) allen älteren AML-Patienten in Betracht gezogen werden.
  • Eine intensive Chemotherapie, tief dosiertes Cytarabin, Gemtuzumab Ozogamicin und hypomethylierende Substanzen haben sich in Studien gegenüber einer besten Supportivtherapie als überlegen erwiesen.
  • Eine intensive Therapie ist zu bevorzugen, mit Ausnahme von:
    o nicht fitten Patienten (z.B. HCT-CI > 3, SPPB < 9, 3MS <v77)
    o Patienten mit ungünstigem Risiko (z.B. ungünstige Zytogenetik, TP53-Mutation)
  • Bei Patienten mit komplettem Ansprechen sollte eine allogene Stammzelltransplantation in Betracht gezogen werden.
  • Verschiedene neue Optionen werden aktuell in Studien untersucht.
Dr. Therese Schwender

1. Welch JS et al. TP53 and Decitabine in Acute Myeloid Leukemia and Myelodysplastic Syndromes. N Engl J Med 2016;375:2023-2036.
2. Pollyea DA et al. Enasidenib, an inhibitor of mutant IDH2 proteins, induces durable remissions in older patients with newly diagnosed acute myeloid leukemia. Leukemia. 2019 Apr 9. doi: 10.1038/s41375-019-0472-2. (Epub ahead of print)
3. Löwenberg B et al. On the value of intensive remission-induction chemotherapy in elderly patients of 65+ years with acute myeloid leukemia: a randomized phase III study of the European Organization for Research and Treatment of Cancer Leukemia Group. J Clin Oncol1989;7:1268-74.
4. Burnett AK et al. A comparison of low-dose cytarabine and hydroxyurea with or without all-trans retinoic acid for acute myeloid leukemia and high-risk myelodysplastic syndrome in patients not considered fit for intensive treatment. Cancer 2007;109:1114-24.
5. Amadori S et al. Gemtuzumab Ozogamicin Versus Best Supportive Care in Older Patients With Newly Diagnosed Acute Myeloid Leukemia Unsuitable for Intensive Chemotherapy: Results of the Randomized Phase III EORTC-GIMEMA AML-19 Trial. J Clin Oncol 2016;34:972-9.
6. Fenaux P et al. Azacitidine prolongs overall survival compared with conventional care regimens in elderly patients with low bone marrow blast count acute myeloid leukemia. J Clin Oncol 2010;28:562-9.
7. Dombret H et al. International phase 3 study of azacitidine vs conventional care regimens in older patients with newly diagnosed AML with >30% blasts. Blood. 2015;126:291-9.
8. Kantarjian HM et al. Multicenter, randomized, open-label, phase III trial of decitabine versus patient choice, with physician advice, of either supportive care or low-dose cytarabine for the treatment of older patients with newly diagnosed acute myeloid leukemia. J Clin Oncol 2012;30:2670-7.
9. van der Helm LH et al. Azacitidine might be beneficial in a subgroup of older AML patients compared to intensive chemotherapy: a single centre retrospective study of 227 consecutive patients. J Hematol Oncol. 2013;6:29.