Fitness korreliert mit Verbesserung des Risikofaktorprofils

Auch in den soeben freigegebenen Schweizer Richtlinien zur Behandlung des Diabetes Typ 2 sind Änderungen des Lifestyles als Basis jeglicher Therapie empfohlen. Von Patientenseite kommt jedoch oft die Frage, ob das auch sinnvoll sei.

Um die Frage zu klären, ob eine Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen Trainingsumfang und Abbruch der Behandlung mit glukosesenkenden Medikamenten bei gut behandelten Patienten mit Typ-2-Diabetes von weniger als 10 Jahren Dauer bestehe, wurde in Dänemark eine sekundäre Analyse einer randomisierten, kontrollierten, bewegungsbasierten Lifestyle-Interventionsstudie vorgenommen. Patienten mit nicht-insulinabhängigem Typ-2-Diabetes wurden randomisiert einer intensiven Lifestyle-Intervention (A, n=61) oder einer Standardbehandlung (B, n=31) zugeordnet. Beide Gruppen erhielten Lifestyleberatung und eine zielgerichtete medizinische Therapie. Zusätzlich erhielt Gruppe A ein beaufsichtigtes Training und individuelle Ernährungsberatung.
Die medianen Trainingszeiten lagen bei 178, 296 und 380 Min. pro Woche und waren mit einer höheren Wahrscheinlichkeit verbunden, dass die Behandlung mit glukosesenkenden Medikamenten unterbrochen werden konnte, mit entsprechenden Quotenverhältnissen von 12.1 resp. 30.2 und 34.4, jeweils im Vergleich zur Standardbehandlung. Die kardiovaskulären Risikofaktoren wie der Gehalt an HbA1c, Fitness, 2-Stunden-Glukosespiegel und Triglyzeridspiegel waren im Vergleich zur Gruppe B im mittleren und oberen, nicht aber im unteren Tertil signifikant verbessert.
Damit wird einmal mehr belegt, dass Churchill nicht recht hat: Sport ist nicht nur nicht ungesund, sondern gerade bei Diabetes von ausschlaggebender Bedeutung, indem nicht nur das Risikofaktorprofil verbessert wird, sondern oft auch eine derartige Verbesserung der Stoffwechsellage erreicht werden kann, dass bei einem relevanten Prozentsatz die antidiabetische Medikation abgesetzt werden konnte. Dies allerdings nur bei einem Trainingsvolumen ab rund 290 Minuten pro Woche. Die ärztliche Kunst besteht darin, bisherige Bewegungsmuffel mit Lifestyle-Empfehlungen nicht abzuschrecken und gleichzeitig mit Empathie, aber konsequent, zum gesundheitlich notwendigen Trainingsvolumen zu führen.

Quelle: Dose-Response Effects of Exercise on Glucose-Lowering Medications for Type 2 Diabetes: A Secondary Analysis of a Randomized Clinical Trial. MacDonald CS et al: Mayo Clin Proc. 2020 Jan 29. doi: 10.1016/j.mayocp.2019.09.005. [Epub ahead of print]

Dr. med. Hans-Kaspar Schulthess

Facharzt FMF Innere Medizin und Gastroenterologie
Neuhausstrasse 18
8044 Zürich

Schulthess_hk@swissonline.ch

Highlights in der Radio-Onkologie

PET-gesteuerte Behandlung des Hodgkin Lymphoms im Frühstadium

Endergebnisse der internationalen, randomisierten Phase III-Studie HD16 der GHSG

In dieser Phase III Studie wurden 1.150 Patienten mit Hodgkin-Lymphom im Frühstadium randomisiert, die sich einer Behandlung mit Standard-Adriamycin/Bleomycin/Vinblastin/Dacarbazin (ABVD) über 2 Zyklen mit anschliessender FDG-PET-Untersuchung unterzogen. Im Standard-Arm wurden 20 Gy-Involved-Field-Radiotherapie (IFRT) appliziert, während im experimentellen Arm die IFRT nur bei Patienten mit PET-positiven Restbefunden nach 2 Zyklen ABVD durchgeführt wurde. Die mittlere Nachbeobachtungszeit betrug 47 Monate. Bei Patienten mit PET-negativer Erkrankung nach zwei Zyklen ABVD (PET-2) betrug das progressionsfreie 5-Jahres-Überleben (PFS) 93,4 % (90,4-96,5%) mit sequentieller Chemo- und Radiotherapie und 86,1% (81,4-90,9%) nur mit Chemotherapie (Hazard Ratio 1,78; 95% Konfidenzintervall 1,02-3,12). Die PFS-Differenz resultiert in erster Linie aus einem signifikanten Anstieg der In-Feld-Rezidivraten (2,1 vs. 8,7%, p = 0,0003), wobei es keinen Unterschied bei den Out-of-Field-Rezidiven gibt. Die Fünf-Jahres-Gesamtüberlebensrate betrug 98,1% mit kombinierter Behandlung vs. 98,4% nur mit Chemotherapie. In der kombinierten Behandlungsgruppe betrug die 5-Jahres-PFS 93,2% bei PET-Negativität vs. 88,1% bei PET-Positivität. Bei Verwendung des Deauville-Scores 4 für PET-Positität war dieser Unterschied bei der 5-Jahres-PFS mit 93,1% gegenüber 80,1% noch ausgeprägter.

Schlussfolgerung: Bei einem Hodgkin Lymphom im Frühstadium verbessert RT das PFS nach 2 Zyklen ABVD, auch wenn die PET negativ ist. Eine positive PET nach 2 Zyklen ABVD ist ein Risikofaktor für ein schlechteres PFS, selbst bei 20 Gy Konsolidierungs-RT, insbesondere bei einem Deauville-Score von 4. In einer zwischenzeitlich erschienenen Vollpublikation der Studie (Fuchs M et al, JCO 2019) empfiehlt die Studiengruppe daher explizit, dass die konsolidierende Strahlentherapie als Standardbehandlung bei den Patienten, die nach 2 Zyklen ABVD ein Ansprechen im PET zeigen, beibehalten wird.

Körperstereotaxie im Vergleich zur externen Standardbestrahlung bei lokaler Metastasierung der Wirbelsäule

Ergebnisse der Phase III der NRG Oncology/RTOG 0631

In dieser Phase III NRG Oncology/RTOG Studie wurden 339 Patienten mit Wirbelsäulenmetastasen 2:1 zu einer stereotaktischen Körperbestrahlung (SBRT, 16 oder 18 Gy in 1 Fraktion) gegenüber einer konventionellen Strahlentherapie (RT, 8 Gy in 1 Fraktion) randomisiert. Der primäre Endpunkt war die Schmerzkontrolle, definiert als eine 3-Punkt-Verbesserung auf der numerischen Schmerzskala (0-10). Die 3-Monatsveränderung des Schmerzscores unterschied sich nicht zwischen den Armen (-3,00 bei SBRT gegenüber -3,83 bei konventioneller RT). Ausserdem wurde kein Unterschied in der Ansprechrate der Schmerzreduktion nach 3 Monaten beobachtet (40,3% bei SBRT vs. 57,9% bei konventioneller RT, p = 0,99).

Schlussfolgerung: Die SBRT der Wirbelsäule konnte im Vergleich zur konventionellen RT die Schmerzreduktion aus Patientensicht nach 1, 3 und 6 Monaten bei Patienten mit lokalisierten Wirbelsäulenmetastasen nicht verbessern.

Zwei Jahre Anti-Androgen-Behandlung erhöht die Sterblichkeit bei Männern, die eine frühe Salvage-Strahlentherapie erhalten

Eine Sekundäranalyse der randomisierten Phase III-Studie NRG/RTOG 9601

Diese Phase III NRG Onkology-Studie randomisierte 760 Patienten mit Prostatakrebs nach radikaler Prostatektomie mit biochemischem Rezidiv (post-op PSA 0,2-4,0 ng/mL und mit initial entweder pT2-Stadium mit positiven chirurgischen Rändern oder pT3), die dann eine Salvage-RT (64,8 Gy/36 Fraktionen) plus 150 mg Bicalutamid täglich gegen Placebo für 24 Monate erhielten. Diese Sekundäranalyse zeigte einen signifikanten Gesamtüberlebensvorteil (OS) für Bicalutamid bei Männern mit PSA > 1,5 ng/mL (Hazard Ratio [HR] 0,45; 0,25-0,81), jedoch nicht für PSA 0,2-1,5 ng/mL (HR 0,87; 0,66-1,16). Männer mit PSA ≤ 0.6 ng/mL hatten eine erhöhte anderweitige Mortalität durch Bicalutamid (HR 1,94; 1,17 - 3,20). Im Bicalutamid-Arm gab es erhöhte kardiale Ereignisse des Grades 3-5 (p = 0,04).

Schlussfolgerung: PSA ist sowohl prognostisch als auch prädiktiv für den Nutzen einer Hormontherapie mit Salvage RT. Eine langfristige Androgenentzugstherapie verbessert das OS bei Patienten, die eine frühzeitige Salvage-RT mit PSA < 1.5 ng/mL erhielten, nicht und kann die Mortalität anderer Ursachen erhöhen.

Eine Phase III Multi-Center randomisierte Studie zum Vergleich von Adjuvanter versus Früh-Salvage Strahlentherapie nach radikaler Prostatektomie

Ergebnisse der TROG 08.03 und ANZUP-Studie «RAVES»

Diese Phase III Studie randomisierte 333 Patienten mit extraprostatischer Extension (EPE), Samenblaseninvasion (SVI) oder positiven Rändern und PSA < 0,10 ng/mL zur adjuvanten Strahlentherapie (RT) innerhalb von 6 Monaten nach radikaler Prostatektomie im Vergleich zur Salvage RT, die bei einem Anstieg des PSA ≥ 0.20 ng/mL durchgeführt wurde. Die Behandlung bestand aus 64 Gy/32 Fraktionen auf das Prostatabett, mit oder ohne Androgenentzugs-Therapie. Primäres Ziel war es, eine 10%ige Unterlegenheit in der Freiheit von biochemischem Versagen (FFBF) im Salvage-RT-Arm auszuschliessen. Die Rekrutierung wurde aufgrund der geringen Anzahl von Ereignissen vorzeitig beendet. Es wurde kein Unterschied zwischen 8-yr FFBF für adjuvante RT und Salvage RT (79% vs. 76%; NS) festgestellt. ~50% der Männer erhielten aufgrund des steigenden PSA-Wertes eine Salvage RT. Die Grad ≥2 genito-urinäre (GU) Toxizitätsrate war im RT-Arm des Salvage-RT-Armes geringer (Odds Ratio 0,34; p = 0,002). Es gab keinen Unterschied bezüglich Grad ≥ 2 gastrointestinaler Toxizität.

Schlussfolgerung: Das Konzept der Salvage RT verschont die Hälfte der Männer nach radikaler Prostatektomie vor einer RT und ist mit einer geringeren GU-Toxizität verbunden.

Randomisierte Beobachtungsstudie der Phase II versus stereotaktische Ablativbestrahlung bei oligometastatischem Prostatakrebs (ORIOLE)

Primäre Ergebnisse

In dieser Phase II-Studie wurden 54 Patienten mit rezidivierendem, hormonsensitivem oligometastatischem (1-3 Stellen) Prostatakrebs für eine stereotaktische Körperbestrahlungstherapie (SBRT) versus Beobachtung randomisiert. Primärer Endpunkt war die Progression nach 6 Monaten. Bei der SBRT wurde eine signifikant geringere Progression nach 6 Monaten festgestellt, 19% gegenüber 61% in der Beobachtungsgruppe. Alle 35 Patienten in der SBRT-Gruppe hatten eine verblindete PMSA-PET-CT zu Beginn und nach 6 Monaten. Patienten, die eine vollständige Konsolidierung der PET-positiven Läsionen hatten, entwickelten nach 6 Monaten weniger wahrscheinlich neue Metastasen (16% vs. 63% p = 0,006) und hatten ein signifikant längeres progressionsfreies Überleben (PFS, nicht erreicht vs. 11,8 Monate, p = 0,003) sowie ein verbessertes fernmetastasenfreies Überleben (29 vs. 6 Monate, p = 0,0008).

Schlussfolgerung: SBRT der Metastasen bei Patienten mit oligometastatischem, hormonsensitivem Prostatakrebs ist mit einem verbesserten PFS verbunden.

Strahlentherapie versus Trans-Oral-Roboterchirurgie bei oropharyngealem Plattenepithelkarzinom

Ergebnisse einer randomisierten Studie

In dieser Phase II Studie wurden 68 Patienten mit T1-T2, N0-N2 (≤ 4 cm, keine extrakapsuläre Ausbreitung in der Bildgebung) Oropharynx-Plattenepithelkarzinom (OPSCC) randomisiert in einen Arm mit trans-oraler Roboterchirurgie (TORS) versus definitive Radiotherapie (bei T1-2N0) respektive definitive Radiochemotherapie (bei T1-2N1-2). Die Bestrahlungsdosis betrug 70 Gy/35 Fraktionen), als Chemotherapie wurde Cisplatin gegeben. Die Patienten wurden nach dem p16-Status stratifiziert. Der primäre Endpunkt der Studie war die Lebensqualität beim Schlucken nach 1  Jahr (Beurteilung gemäss dem MD Anderson Dysphagie Inventory MDADI). Die mittlere Nachbeobachtungszeit betrug 27 Monate. Der Bestrahlungsarm zeigte eine statistisch signifikante Verbesserung der MDADI-Scores nach 1 Jahr (p = 0,04), erfüllte jedoch nicht die vorgegebene Definition einer klinisch sinnvollen Veränderung (d.h. 10-Punkte-Verbesserung des MDADI). In Subset-Analysen wurde keine Untergruppe identifiziert, die TORS begünstigt. Es gab einen TORS-bedingten Blutungstod.

Schlussfolgerung: Die Toxizitätsmuster unterschieden sich zwischen den Gruppen. Patienten mit OPSCC sollten über beide Behandlungsoptionen informiert werden.

Internationale randomisierte kontrollierte Phase-III-Studie PACE-B

Patienten-berichtete akute Toxizität, bei der die stereo-taktische Körperbestrahlung mit konventionell fraktionierter oder mässig hypofraktionierter Strahlentherapie bei lokalisiertem Prostatakrebs verglichen wurde

In dieser Phase III non-inferiority Studie wurden 874 Patienten mit Prostatakrebs mit niedrigem und mittlerem Risiko (Gleason-Score 4 + 3 ausgeschlossen) randomisiert in einen Arm konventionelle (78 Gy in 39 Fraktionen) oder mässig hypofraktionierte (62 Gy in 20 Fraktionen) Strahlentherapie versus stereotaktische Körperbestrahlung (SBRT, 36.25 Gy in 5 Fraktionen über 1-2 Wochen). Primärer Endpunkt: Freiheit von biochemischem oder klinischem Versagen (bereits publiziert). Co-Primärer Endpunkt: Rate akuter Grad 2 oder schwerere genito-urinäre/gastrointestinale (GU/GI) Toxizität (Patienten-berichtet). Es gab keinen Unterschied zwischen den Armen hinsichtlich der Toxizität-Raten des Grades 2 oder mehr (GI oder GU).

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse von PACE-B zeigten keine signifikanten Unterschiede in den wichtigsten patientenberichteten Endpunktmassen, was darauf hindeutet, dass SBRT weder die GI- noch die akute GU-Toxizität erhöht.

Klinische Phase III Studie NRG Oncology/NSABP B39-RTOG 0413

Kosmetische Ergebnisse der Post-Lumpektomie-Bestrahlung der ganzen Brust (WBI) gegenüber der Bestrahlung der partiellen Brust (PBI)

In dieser Phase III NRG Oncology/NSABP-RTOG-Studie wurden Frauen mit Brustkrebs im Frühstadium nach Lumpektomie in Teilbrustbestrahlung gegenüber einer Vollbrustbestrahlung randomisiert. Bereits zuvor publiziert wurden die 10 Jahres lokalen Kontroll-Daten, die einen Unterschied von weniger als 1% bei den Brust-Rezidivraten zeigten. In der vorliegenden Teilstudie zur Lebensqualität (900 analysierbare Patientinnen) wurden die kosmetischen Ergebnisse zwischen den Armen von Patientinnen, Ärzten und der zentralen Übersichtsarbeit verglichen. Die von den Patientinnen bewerteten kosmetischen Ergebnisse waren gleichwertig. Bei der Bewertung durch den Arzt waren die anfänglichen Ergebnisse gleichwertig, während die Bestrahlung einer Teilbrust nach 3 Jahren zu schlechteren kosmetischen Ergebnissen führte. Bei der verblindeten zentralen Überprüfung wurde nach 3 Jahren kein Unterschied in den kosmetischen Ergebnissen festgestellt.

Schlussfolgerung: Während die kosmetischen Ergebnisse der Teilbrustbestrahlung aus Ärzte-Sicht schlechter waren als die der Vollbrustbestrahlung, zeigte die Patientinnen-Beurteilung und der verblindete Review kosmetisch gleichwertige Resultate.

Prof. Dr. med. Daniel M. Aebersold

Inselspital
Universitätsspital Bern
Universitätsklinik für Radio-Onkologie
Freiburgstrasse
3010 Bern

Melanom, Urogenital-Tumoren, Mammakarzinom, GIST im 2019

Melanom

Die Entwicklung zur Behandlung des Melanoms war dieses Jahr eher evolutiv als revolutionär. Neue Kombinationen wie z.B. die Kombination von Cobimetinib mit Atezolizumab gegenüber Pembrolizumab (IMSpire170) alleine vermochte in einer randomisierten Phase III Studie keinen Benefit zu verzeichnen (1). Dies obwohl das Rationale (Erhöhung der Lymphozyten Infiltration des Tumors durch den MEK Inhibitor) eigentlich überzeugend war.
Dem gegenüber standen Langzeit-Daten zur Immuntherapie und TKI Therapie beim Melanom. Bei der Immuntherapie (Checkmate 067) wurden die 5 Jahres Überlebensdaten gezeigt (2)
Dabei wurden Zahlen erreicht, von denen wir früher nicht mal geträumt haben. Patienten mit Nivolumab erreichten ein Gesamtüberleben nach 5 Jahren von 46%, bei der Kombination mit Nivolumab plus Ipililumab waren es 60%. Leider gibt uns diese Studie keine klare Antwort, inwiefern die Kombination der PD1 Monotherapie überlegen ist und welche Subgruppen möglicherweise am meisten profitieren. Wäre diese Studie von einer kooperativen Gruppe designt worden, wäre dies vermutlich nicht «passiert».
Daneben wurden auch die Daten zum 5 Jahres progressionsfreien Überleben für Dabrafenib plus Tramentinib gezeigt (3).
Interessant hierbei ist vor allem, dass Patienten mit Low Risk Erkrankung (LDH normal und <3 Befallstationen) ein 5 Jahres PFS von 31% erreichen, derweil Patienten mit LDH hoch ein 2 Jahres PFS von 14% und ein 5 Jahres PFS von 8% erreichen. Leider wissen wir, dass Patienten mit hoher LDH leider auch auf Immuntherapien deutlich schlechter ansprechen als mit LDH normal. Für diese Patienten Population, die etwa 50% aller Patienten mit metastasiertem Melanom ausmachen, ist bis heute leider nur sehr wenig bis nichts erreicht worden.
Zuletzt finde ich auch noch die Studie der australischen Gruppe um Owen et al. bemerkenswert (4). Diese Gruppe hat eine retrospektive Outcome Analyse ihrer Patienten, die mit PD1 AK adjuvant behandelt wurden publiziert. Dabei legte sie den Fokus auf die Patienten mit Rezidiv und analysierte deren Outcome. Es wurde festgestellt, dass 71% der Patienten während der Immuntherapie rezidivierten, 29% nach Ende der adjuvanten Therapie. Von den Patienten, die nach Therapie-Ende rezidivierten, hatten 18% der Patienten die Therapie aufgrund von Toxizität frühzeitig abgebrochen.
43% der Patienten hatten ihr Rezidiv lokoregionär und 57% der Patienten hatten Fernmetastasen. Patienten mit lokoregionärem Rezidiv wurden meist erneut in kurativer Absicht reseziert. In 40% der Fälle erhielten diese Patienten zusätzlich eine andere Therapie wie Radiotherapie, erneut PD1 AK oder BRAF plus MEK Inhibtion. Insgesamt haben von den so behandelten Patienten 56% ein erneutes Rezidiv gemacht.
Patienten mit initialem Fernrezidiv oder sekundärem Fernrezidiv nach initialem lokoregionären Rezidiv wurden bezgl. ihrer Therapie und Outcome untersucht. Dabei konnte beobachtet werden, dass Patienten, die unter PD1 AK Therapie rezidiviert waren, meist die Immunkombination IPI plus NIVO (24% Response Rate) resp. die TKI Kombination MEK plus BRAF (78% Response Rate) erhielten. Der erneute Einsatz von PD1 AK alleine ergab keinen Nutzen (0% RR). Trotz zweiter Resektion kommt es häufig zu einem weiteren meist auch Fernrezidiv. Ob dabei eine sekundär adjuvante Therapie irgendeinen Stellenwert hat, ist bis dato völlig unklar.

Urogenital-Tumoren

Prostatakarzinom

Trotz grossen Fortschritten bei der Behandlung des Prostatakarzinoms sind viele Fragen zur Sequenz der verschiedenen Medikamente und der «best use of» nach wie vor unklar. Einen Puzzle-Stein zum verbesserten Verständnis einer solchen Frage wurde noch im Dezember im New England Journal of Medicine (5) publiziert. Hierbei ging es darum herauszufinden, ob nach einer Vorbehandlung mit Docetaxel und einem Rezidiv innert 12 Monaten unter Abiraterone oder Enzalutamid erneut eine Chemotherapie, diesmal mit Cabazitaxel oder dem alternativen Androgen-Blocker, durchgeführt werden soll. Dabei stellte sich klar heraus, dass die Behandlung mit Cabazitaxel überlegen ist bezgl. progressionsfreiem Überleben (4.4 versus 2.7 Monate; HR 0.52), dem Gesamtüberleben (13.6 versus 11.0 Monate; HR 0.64) sowie diversen anderen Endpunkten (Abb. 2). Cabazitaxel darf somit als Standardtherapie in dieser Situation gelten.
Darüber hinaus hat die Biomarker gesteuerte Therapie beim Prostatakarzinom nun erstmals erfolgreich Einzug gehalten (6). Im Rahmen einer randomisierten Placebo kontrollierten Phase II Studie wurden Patienten in der Kohorte A mit einer HRR Genmutation (ATM, BRCA1 und 2) auf Olaparib versus einem Androgen Rezeptor Inhibitor allein (Abiraterone bzw. Enzalutatmide) randomisiert. Dabei betrug das PFS für den Olaparib 7.39 Monate versus 3.55 Monate im Placebo-Arm. Die PFS Rate nach 12 Monaten war 28% versus 9%. Die Interim OS Daten zeigten 18.5 Monate für den Olaparib-Arm versus 15.1 Monate bei ARI allein. In der Kohorte B ohne Mutationen waren die Zahlen wenig beeindruckend.
Diese Therapie stellt somit bei Patienten mit Mutationen ein vielversprechendes Therapiekonzept dar und ist hoffentlich nur der Anfang der zielgerichteten Therapie beim Prostatakarzinom.

Blasenkarzinom

Auch beim Blasenkarzinom sind im Jahr 2019 relevante Daten publiziert worden. Im Rahmen der IMvigor-130 Studie (7) wurden Patienten mit fortgeschrittenem muskelinvasiven und metastasiertem Blasenkarzinom randomisiert auf Chemotherapie allein (Platin/Gemc) versus Chemo plus Atezolizumab versus Atezolizumab allein in der First line. Dabei zeigte sich der primäre Endpunkt PFS positiv (Chemo 6.3 Monate, Chemo/Immuno 8.2 Monate), aber noch kein statistisch signifikanter OS Benefit. Hier muss noch etwas abgewartet werden, bevor die Praxis bei Patienten mit Mutationen geändert werden kann.

Nierenzellkarzinom

In einer Phase III Studie wurden 861 nicht vorbehandelte Patienten mit metastasiertem nicht vorbehandelten klarzelligen Nierenzellkarzinom auf eine Behandlung mit Axatinib plus Pembrolizumab gegenüber Sunitinib randomisiert (8). Nach 12 Monaten waren im Axatinib/Pembro Arm 89.9% der Patienten am Leben, mit Sunitinib waren es 78.3%. Das PFS wurde ebenfalls verbessert (15.1 versus 11.1 Monate).
Ebenfalls verbessert wurde die Response Rate, so dass die Kombinationstherapie aus Axatinib und Pembrolizumab als neuer Standard in dieser Indikation gelten darf. Da die CR Rate numerisch mit Ipililumab und Nivolumab eher noch höher ist und auch das Toxizitätsprofil vorteilhaft ist, würde ich bei intermediate und high Risk die Immunkombination und bei Niedrig Risiko eher die TKI/Immunkombination einsetzen. Selbstverständlich ist bei der Wahl der Behandlung die individuelle Situation des Patienten zu berücksichtigen.

Mammakarzinom

KEYNOTE-522

Die Studie Keynote-522 (9) ist eine Phase III Studie, welche beim neoadjuvant behandelten TNBC die zusätzliche Gabe von Pembrolizumab prüft. Die pCR-Raten von fast 65% (gegenüber 51%) sind eindrücklich. Interessanterweise konnte der Benefit unabhängig des PD-L1 Status in den Subgruppen gezeigt werden. Auch die frühen EFS-Daten sind vielversprechend. Ein längeres Follow-up ist sicher noch notwendig, doch hat die zusätzliche Gabe von Pembrolizumab in dieser Indikation das Potential zu einem neuen Therapiestandard.

MONALEESA-7

Die CDK4/6-Inhibitoren haben in der Behandlung des hormonrezeptorpositiven metastasierten Mammakarzinoms eine eindrückliche Verbesserung des PFS gezeigt (10). Dies wurde auch in der Monaleesa-7 Studie bestätigt, welche den Effekt nun auch bei prämenopausalen Patientinnen zeigte (Abb. 3). Die endokrine Therapie in Kombination mit Ribociclib verbesserte das PFS von 13 auf 23.8 Monate (HR 0.55). Am ASCO in diesem Jahr wurden nun auch die OS-Daten präsentiert, welche ebenfalls positiv sind mit einer Verbesserung des OS nach 42 Monaten von 46% auf 70.2% (HR 0.71).

DESTINY-Breast01

Trastuzumab Deruxtecan ist ein sogenanntes «Antibody-drug conjugate». Die Behandlung des metastasierten, HER2 positiven Mammakarzinoms nach Versagen von Trastuzumab, Pertuzumab und T-DM1 gestaltet sich schwierig. In San Antonio wurde eine Phase II-Studie präsentiert, welche Trastuzumab Deruxtecan prüfte (11). Mit einer ORR von 60.9% und einer DCR von 97.3% waren die Resultate eindrücklich. Das mediane PFS in dieser Phase II-Studie mit vorbehandelten Patientinnen betrug 16.4 Monate. Zu erwähnen ist das Auftreten einer interstitiellen Pneumopathie in 13% der Fälle mit vier Todesfällen (2.2%). Die FDA-Zulassung ist bereits erfolgt. Mit Spannung erwarten wir die Phase III-Daten dieser neuen Substanz.

Gastrointestinale Tumoren

Kolorektale Tumoren

Im Bereich Kolorektalkarzinome wurden dieses Jahr wenig «practice changing» Ergebnisse publiziert. Erwähnenswert ist die Beacon Studie bei Patienten mit BRAF V600E Mutationen, welche nach 1 oder 2 Chemotherapie Linien in drei Arme randomsiert wurden: 1. Encorafenib, Binimetinib und Cetuximab, versus Encorafenib plus Cetuximab versus FOLFIRI und Cetuximab resp.
Irinotecan und Cetuximab. Dabei war das OS für die Triplet Therapie 9,0 Monate, für den Chemoarm 5.4 Monate. Der Doublet Arm erreichte ein OS von 8.4 Monaten. Somit kann die Triplet Kombination nach Chemo Vorbehandlung nun als Standard gelten (12). Nachdem bei Patienten mit MSI kolorektalem Karzinom überzeugende Daten schon länger vorliegen, ist nun auch die Kassenpflichtigkeit für Nivolumab gegeben. Für die Kombination Nivolumab und Ipilimumab liegt die Swissmedic-Zulassung ebenfalls vor, die Kassenpflicht ist noch ausstehend. Somit wird der klinische Alltag betreffend Kostenübernahme für MSI high CRC-Patienten deutlich vereinfacht.

Nicht-kolorektale Tumoren

Im Bereich non CRC gibt es nach langer Durststrecke einige Lichtblicke.

  • Hepatozelluläres Karzinom
    Beim HCC konnte nach über 10 Jahren erstmals eine Therapie in der 1. Linie einen Überlebensvorteil gegenüber der Standardtherapie mit Sorafenib zeigen. Am ESMO ASIA wurden die Daten der IMbrave150 (13) gezeigt, bei der die Kombination von Atezolizumab mit Bevacizumab überzeugen mit Überlebensvorteil, besserem progressionsfreien Überleben und besserer Lebensqualität und wird sich wohl als neuer Standard in der 1. Linie durchsetzen.
  • Cholangiokarzinom (CCC)
    Auch hier gibt es neue Hoffnungsträger. Hier sticht die ClarIDHy Studie (14) heraus. Trotz tiefer Inzidenz ist dank internationaler Zusammenarbeit gelungen, eine randomisierte Phase III Studie durchzuführen und den Investigatoren gebührt hierfür grosser Respekt. Es wurden Patienten mit IDH1 positiven (somit fast ausschliesslich intrahepatischen) CCC nach Vorbehandlung mit einem IDH 1 Inhibitor Ivosidenib behandelt mit eindrücklicher Verbesserung des PFS (HR 0.37) und des adjustierten OS (HR 0.46).
    Ebenfalls profunde Arbeit hat die Studiengruppe der FIGHT 202 Studie (15) geleistet. In akribischer Kleinarbeit wurden beim CCC die verschiedenen FGFR Alterationen analysiert und deren Korrelation zu Klinik und Ansprechen auf eine zielgerichtete Therapie beschrieben. In dieser nicht randomisierten Phase II Studie konnten eindrückliche Ansprechraten, PFS und OS Daten für FGFR2 Fusion/Rearrangement unter Behandlung mit dem FGFR Inhibitor Pemigatinib gezeigt werden.
  • Magen/GEJ Karzinom
    Beim metastasierten Magen/GEJ Karzinom wurden zunächst enttäuschende Daten der KEYNOTE 062 Studie (16) präsentiert. Der Vergleich des Chemoarms mit dem Kombinationsarm Chemo plus Pembrolizumab führte zu keiner Verbesserung des OS. Die später gezeigten Subgruppenanalysen relativieren jedoch deutlich. Insbesondere die MSI high Patienten profitieren deutlich von der Zugabe des PDL-1 Inhibitors. Klarer ist das Bild beim Vergleich Immuntherapie versus Chemo, nebst den MSH-high Tumoren konnten auch die CPS>10 mit verbesserten OS profitieren (Abb. 4).
  • Pankreaskarzinom
    Auch beim metastasierten Pankreaskarzinom ergab sich mit der POLO Studie (17) für die gBRCA1+2 mutierten Patienten eine vorsichtige Euphorie. Nach platinhaltiger Chemotherapie konnte mit einer Olaparib Erhaltungstherapie das PFS deutlich verlängert werden. Leider zeigte sich bei der ersten gezeigten Analyse keinerlei OS Benefit.
    Meiner Meinung nach ist die Chance äusserst gering, dass hier noch eine Differenz zustande kommt. Angesichts der Situation, dass 2. und 3. Linientherapien nur einen sehr geringen Einfluss auf den Krankheitsverlauf haben, scheint mir die Interpretation, dass der Effekt von Olaparib durch weitere Therapielinien ausgeschaltet wird, abwegig. Sollte es also nicht gelingen, noch eine Subruppe zu zeigen mit OS Benefit, ist die weitere Verwendung dieses Moleküls in diesem Setting nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt.
  • Plattenepithelkarzinom
    Nicht zuletzt gibt es gute Neuigkeiten für Patienten mit metastasiertem Plattenepithelkarzinom des Ösophagus: Die ATTRACTION-03 Studie (18) konnte im second line setting einen numerisch moderaten aber statistisch signifikanten Überlebensvorteil von Nivolumab versus Chemotherapie zeigen bei deutlich geringerer Toxizität.

Insgesamt konnten also in verschiedenen Bereichen der GI-Tumoren Fortschritte erreicht werden und auch hier werden molekulare Marker zunehmend wichtiger. Häufig ungelöst ist nach wie vor die Frage bzgl. Selektion bei Immuntherapien. Hier erhoffe ich mir in der Zukunft mit einem Immuno Score ein besseres Instrument zur Selektion von Patienten in die Hände zu bekommen. Das Ziel sollte es sein, Patienten, die keinen Benefit einer solchen Therapie haben, identifizieren zu können und damit auch die Verabreichung dieser meist kostspieligen Therapien zu vermeiden.

Prof. Dr. med. Roger von Moos

Direktor Tumor- und Forschungszentrum
Kantonsspital Graubünden
7000 Chur

tumorzentrum@ksgr.ch

1. A.M. Arance et al. Combination treatment with cobimetinib (C) and atezolizumab (A) vs pembrolizumab (P) in previously untreated patients (pts) with BRAFV600 wild type (wt) advanced melanoma: Primary analysis from the phase III IMspire170 trial. ESMO Annual Congress 2019, LBA69.
2. Larkin et al. Five-Year Survival with Combined Nivolumab and Ipilimumab in Advanced Melanoma. NEJM 2019 Oct 17;381(16):1535-1546. doi: 10.1056/NEJMoa1910836. Epub 2019 Sep 28.
3. Robert C et al. Five-Year Outcomes with Dabrafenib plus Trametinib in Metastatic Melanoma. NEJM 2019 Aug 15;381(7):626-636. doi: 10.1056/NEJMoa1904059. Epub 2019 Jun 4.
4. Owen CN et al. A multicenter analysis of melanoma recurrence following adjuvant anti-PD1 therapy. J Clin Oncol ASCO Abstract 9502.
5. de Wit R et al. Cabazitaxel versus Abiraterone or Enzalutamide in Metastatic Prostate Cancer. NEJM 2019;381:2506-2518. doi: 10.1056/NEJMoa1911206. Epub 2019 Sep 30.
6. Hussain M et al. Phase III study of olaparib vs enzalutamide or abiraterone for metastastic castration resistant prostate cancer with homologous recombination repair gene alterations. ESMO Annual Congress, 2019, LBA12_PR.
7. Grande E et al. Imvigor 130: a phase III study of atezolizumab with or without platinum-based chemotherapy in previously untreated metastatic urothelial carcinoma. ESMO 2019 Annual Congress LBA14_PR
8. Rini B et al. Pembrolizumab plus Axitinib versus Sunitinib for Advanced Renal-Cell Carcinoma. NEJM 2019;380:1116-1127
9. Schmid P, Cortes J, Dent R, et al. KEYNOTE-522: Phase 3 study of pembrolizumab + chemotherapy vs placebo + chemotherapy as neoadjuvant treatment, followed by pembrolizumab vs placebo as adjuvant treatment for early-stage high-risk triple-negative breast cancer. ESMO Annual Congress 2019, LBA8_PR
10. Im SA, Lu YS, Bardia A, et al: Overall survival with ribociclib plus endocrine therapy in breast cancer. NEJM 2019 ;381:307-316. doi: 10.1056/NEJMoa1903765. Epub 2019 Jun 4.
11. Modi S, Saura C, Yamashita T, et al. Trastuzumab Deruxtecan in Previously Treated HER2-Positive Breast Cancer. NEJM; Published online 11 December 2019. DOI: 10.1056/NEJMoa1914510
12. Kopetz S. Encorafenib, Binimetinib, and Cetuximab in BRAF V600E-Mutated Colorectal Cancer. NEJM 2019 Oct 24;381(17):1632-1643.
doi: 10.1056/NEJMoa1908075. Epub 2019 Sep 30.
13. Cheng AL et al. – IMbrave150: Efficacy and safety results from a ph III study evaluating atezolizumab (atezo) + bevacizumab (bev) vs sorafenib (Sor) as first treatment (tx) for patients (pts) with unresectable hepatocellular carcinoma (HCC)ESMO Annual Conference 2019, LBA3
14. Abou-Alfa G.K. et al. ClarIDHy: A global, phase 3, randomized, double-blind study of ivosidenib (IVO) vs placebo in patients with advanced cholangiocarcinoma (CC) with an isocitrate dehydrogenase 1 (IDH1) mutation Annals of Oncol. 2019;30 (suppl_5:v851-v934
15. Shitara K, Van Cutsem E, Bang Y-J, et al. Pembrolizumab With or Without Chemotherapy vs Chemotherapy in Patients With Advanced G/GEJ Cancer (GC) Including Outcomes According to Microsatellite Instability-High (MSI-H) Status in KEYNOTE-062.ESMO Annual Conference 2019, LBA44
16. Van Cutsem E et al. Health-Related Quality of Life (HRQoL) Impact of Pembrolizumab (P) Versus Chemotherapy (C) as First-Line (1L) Treatment in PD-L1–Positive Advanced Gastric or Gastroesophageal Junction (G/GEJ) Adenocarcinoma.ESMO Annual Conference 2019, LBA45
17. Golan T et al: Maintenance olaparib for germline BRCA-mutated metastatic pancreatic cancer. NEJM 381:317-327, 2019.
18. Kato K, et al. Nivolumab versus chemotherapy in patients with advanced oesophageal squamous cell carcinoma refractory or intolerant to previous chemotherapy (ATTRACTION-3): a multicentre, randomised, open-label, phase 3 trial. Lancet Oncol 2019; DOI: 10.1016/S1470-2045(19)30626-6.

Rückblick und Highlights in der Hämatologie

In der Hämatologie erleben wir äusserst spannende Zeiten mit grossem Erkenntnisgewinn aber auch Fortschritten in der Behandlung benigner und maligner Erkrankungen des Blutsystems. Diese Zusammenfassung ist z.T. subjektiv gefärbt und in der erlaubten Kürze sicher nicht vollständig. Ebenso liegt es in der Natur der Sache, dass nicht alles was hier besprochen wird, sich auch langfristig durchsetzen wird.

Sichelzellanämie

Die Sichelzellanämie ist eine schwere, angeborene vaso-okkludierende Erkrankung, welche in unseren Breiten wegen der Migration zunehmend an Bedeutung gewinnt. Die Bedeutung dieser Krankheit ist weltweit immens, bei uns ist sie selten, wo Malaria auftritt, wegen dadurch bedingtem Selektionsdruck, häufig. Zunehmend sind nun die Notfallstationen mit den Problemen der Schmerzkrisen und dem sog. acute chest syndrom sowie die Hämatologien mit dem Langzeitmanagement dieser Patienten konfrontiert. Seit der Einführung von Hydroxyurea in den 90er Jahren und L-Glutamin (1) in den USA 2017, beides formell in der CH nicht zugelassen bzw. nicht für diese Indikation registriert, sind nun neue interessante Entwicklungen hinzugekommen. L-Glutamin in pharmakologischen (sehr teuren) Dosen vermindert oxidativen Stress in den Erythrozyten und dadurch die Häufigkeit schmerzhafter Krisen. Crizanlizumab ist ein monoklonaler anti-P Selektin Antikörper (wird alle 4 Wochen i.v. infundiert), er blockiert das Adhäsionsmolekül P Selektin an Endothelien und Thrombozyten und reduzierte in einer randomisierten Studie die Zahl der Schmerzkrisen (2). Crizanlizumab ist letztes Jahr von der FDA zugelassen worden. Voxelotor, eine oral täglich einzunehmende Substanz, stabilisiert oxygeniertes Hämoglobin und reduziert dadurch die Polymerisierung von Hämoglobin und somit die Sichelzellbildung. In einer grossen randomisierten Studie erhöht sich unter Voxeletor (FDA Zulassung 2019) im Vergleich zu Placebo das Hämoglobin von Sichelzellpatienten (3). Nach Jahren ohne Fortschritte, in denen nur supportive Massnahmen wie Transfusionssupport oder Blutaustausch (zur Verdünnung des Sichelzellhämoglobins), Hydroxyurea und für eine kleine Minderheit mit sehr schwerem Verlauf, die allogene Stammzelltransplantation zur Verfügung standen, gibt es nun neue Substanzen, deren bestmöglicher Einsatz, möglicherweise in Kombination, untersucht werden muss, um die schweren vasookklusionsbedingten Organtoxizitäten und den frühen Tod dieser Patienten zu verhindern. Mittelfristig sind auch mit Spannung die Langzeitresultate verschiedener Gentherapien zu erwarten. Diesbezüglich gibt es verschiedenste Ansätze, wie man den Krankheitsverlauf beeinflussen könnte.

Hämophilie

Im Bereich der Hämostasiologie sind die Fortschritte auf dem Gebiet der Hämophiliebehandlung bemerkenswert. In den letzten Jahren haben sich zunehmend Faktoren VIII und IX mit verlängerter Halbwertszeit durchgesetzt, welche vor allem in der prophylaktischen Situation eine weniger häufige Infusion benötigen. Diese Strategie ist beim Faktor IX erfolgreicher als bei FVIII. FVIII ist ein viel grösseres Molekül und benötigt das von Willebrand Protein als Transportvehikel und als Schutz vor Degradation. Demzufolge ist die Verlängerung der Halbwertszeit des Faktors VIII über die des von Willebrand Faktors hinaus schwieriger umzusetzen. Jedoch werden aktuell weiter veränderte FVIII-Moleküle, die dies durchbrechen mögen, aktiv geprüft. Emicizumab ist ein subkutan zu verabreichender bispezifischer monoklonaler Antikörper der an Faktor IXa und Faktor X bindet und somit FVIII überbrückt (4). Hier sei eine Arbeit zitiert, welche zeigt, dass unter wöchentlicher oder zweiwöchentlicher s.c. Applikation, die Blutungsrate im Vergleich zu Plazebo auf einen Drittel gesenkt werden konnte. Eine rezente Publikation beschreibt die Fortsetzung der Erfolge der Gentherapie bei der Hämophilie A (5). Gentherapie bei Hämophilie A ist komplizierter als bei Hämophilie B wegen der Grösse des Gens und der Verpackungskapazität der verwendeten viralen Vektoren (Adeno-assoziierte Viren). Anders als bei den Malignomen (siehe unten, CAR-T) werden hier keine Retroviren verwendet. Die hier besprochene Arbeit zeigt bei 15 Patienten langdauernde (2-3 Jahre) Expression von Faktor VIII, im tiefen Bereich. Patienten mit schwerer Hämophilie A werden dadurch zu Patienten mit milder Hämophilie, eine gewichtige Verbesserung der Sicherheit und Lebensqualität. Viele Patienten machen eine Adenovirus Hepatitis durch, welche mit Kortikoiden kontrolliert werden kann. Interessante Entwicklungen bei der Hämophilie B (FIX) ist die Gentherapie mit einer über-funktionierenden Variante des Faktors IX (FIX-Padua), dadurch wird die FIX Funktion trotz tieferer Expression annähernd normalisiert (6). Die Fortschritte im Bereich der Hämophiliebehandlung verlaufen rasant von Faktoren aus Plasma gereinigt, über gentechnisch hergestellte Faktoren, zu Faktoren mit verlängerter Halbwertszeit und Non-Faktor Strategien bis zur Gentherapie. Bis anhin sind die Zahlen der mit Gentherapie behandelter Patienten gering, es scheint aber, dass dies die Zukunft für viele schwere Hämophilie Patienten sein kann.

Zelluläre Therapien; CAR-T

Auf dem Gebiet der malignen Hämatologie sind sicher die zellulären Therapien aufsehenerregend. Die Anwendung von chimären Antigenrezeptor genmodifizierten T-Zellen sind 2019 in der Schweiz eingeführt und eine Zahl von Patienten mit diffus grosszelligem B-Zell-Lymphom (DLBCL) und mit ALL sind behandelt worden. In den USA und China sind weit grössere Zahlen von Patienten so therapiert, mehrere Registerstudien haben Daten zu Hunderten von Patienten mit DLBCL und ALL präsentiert, welche die Eindrücke der Phase 2 Studien betreffend Wirksamkeit und Toxizität grossenteils bestätigen; erste Guidelines sind publiziert (7). Zugelassen sind die Produkte CD19 spezifische CAR-T bei rezidivierten/refraktären grosszelligen Lymphomen (inkl. primär mediastinalem) und bei der akuten lymphatischen Leukämie des jungen Patienten (< 25 Jahre). Die Abbildung (Abb. 1) zeigt eine T-Zelle mit einem CD19 bindenden CAR (B), und gegenüber eine nicht transfizierte T-Zelle, die mit dem T-Zell Rezeptor ein vom HLA präsentiertes Antigen erkennt (A). Interessant sind die Anwendungen in weiteren Lymphomentitäten, z.B. Follikuläres Lymphom (8) oder Mantelzell Lymphom. CD19 wird ja auf allen B-Lymphozyten exprimiert ausser auf den terminal differenzierten Plasmazellen. Eine unübersichtliche Fülle an neuen Entwicklungen wird präsentiert, hier als Beispiel die kombinierte Anwendung von CD19 und CD22 CAR-T bei Lymphomen und der ALL (9). Diese Strategie soll es den Tumorzellen erschweren, Rückfälle unter Downregulierung der Antigenexpression (sog. antigen escape) zu verursachen. Ob diese Strategie erfolgreich sein wird, werden erst vergleichende Studien zeigen können. Hierzu ein interessantes tierexperimentelles Abstract vom ASH 2019 (10) bei Myelom CAR-T mit einer dualen Strategie gegen BCMA (B-cell maturation Antigen) und GPRC5D: Die Wahl der Antigene soll hier keine Rolle spielen; sondern vielmehr die Beobachtung, dass eine Mischung von 2 CAR-T, die je ein Antigen adressieren (CAR-Pool) oder die Expression der 2 CAR, separat in der gleichen Zelle, oder die Expression eines Doppel-CARs mit unterschiedlicher Verknüpfung nicht identische Resultate ergeben sondern im Tierversuch mit einem Myelommodell sehr unterschiedliche Überlebensdaten liefern. CAR-T gegen BCMA bei Myelompatienten werden wahrscheinlich als nächstes in die Klinik eingeführt. Nicht zu vergessen zu diesem Zeitpunkt: bisher sind erst Phase II Studien zu CAR-T publiziert, keine Studien, die CAR-T mit anderen Behandlungsstrategien vergleichen (insbesondere ein Direktvergleich mit einer autologen Transplantation). Dies wird nachgeholt werden. Da die CAR-T Therapien erhebliche Toxizitäten aufweisen (cytokine release Syndrom, ZNS Toxizitäten, Hämophagozytose Syndrom) und ihre Wirkung verlieren können, ist deren Überlegenheit gegen herkömmliche Therapien noch nicht bewiesen. Eine weitere Herausforderung sind die Kosten solcher innovativen Therapien.

Lymphome

Auf Seiten der Lymphome gehört sicher die Publikation der Echelon-2 Studie, welche die Wertigkeit von Brentuximab Vedotin bei CD30 exprimierenden T-Zell Lymphomen aufzeigte mit einem längeren PFS von 48 im Vergleich zu 21 Monaten (Brentuximab-CHP vs. CHOP) zu den wichtigen Ereignissen. Nach Jahren der Stagnation in der Behandlung der T-Zell Lymphome bei gleichzeitig spektakulären Fortschritten bei den B-Zell Lymphomen ist dies ein wichtiger Schritt vorwärts (11). Brentuximab ist ein Monomethylauristatin E, einem Mikrotubulus Hemmer konjugierter Antikörper, dieselbe Konjugation gibt es auch als Polatuzumab vedotin mit einem Anti CD79b Antikörper verknüpft. Hier sei eine Studie zitiert bei rezidivierten/refraktären DLBCL in der Polatuzumab, Bendamustin, Rituximab, der Kombination Bendamustin Rituximab in PFS aber auch Gesamtüberleben klar überlegen war (12).

Plasmazell Myelom

Auf dem Gebiet des Plasmazellmyeloms sind die Entwicklung von Zweit- und Drittgenerations Immunmodulatoren und Proteasominhibitoren sowie die Verwendung der monoklonalen Antikörper wichtig. Wie bei anderen niedrigmalignen B-Zell Neoplasien gilt für die Behandlungsindikation, dass zugewartet werden soll, solange die Krankheit asymptomatisch ist. Diese Haltung wird durch eine Studie herausgefordert (13), 182 Patienten mit asymptomatischem Myelom wurden mit Lenalidomid behandelt oder beobachtet. Das PFS war nach 3 Jahren 91% vs. 66%. Ob eine solche Studie zur Änderung der Paradigmen zur Behandlungsindikation führen wird, ist unklar, der Unterschied war vorwiegend durch die Untergruppe der «Hochrisiko» - Patienten mit asymptomatischem Myelom bedingt. Risiko ist hier definiert über Knochenmarks-Plasmazellinfiltration (>20%), Höhe des M Proteins (>20g/L), und Ratio der freien Leichtketten (betroffen/nicht betroffen) >20. D.h. bei der frühen Behandlung von asymptomatischem Myelom profitiert vor allem die Gruppe von Patienten, welche dem symptomatischen Myelom am nächsten ist. Beim symptomatischen Myelom sei die CASSIOPEIA Studie (14) welche die heute nicht mehr so übliche Dreierkombination VTD vs. VTD-Daratumumab in der Erstlinienbehandlung bei Patienten, die auch eine autologe Stammzelltransplantation erhielten, verglich. Die Kombination mit dem CD38 Antikörper erreichte eine komplette Remissionsrate von 64% vs. 44%. Das Risiko für Tod oder Krankheitsprogress war halbiert. Die Einordnung dieser Daten ist heute sicher noch schwierig. Wahrscheinlich werden in Zukunft monoklonale Antikörper Teil der Erstlinienbehandlung werden. Neue Substanzen werden in grossem Masse vorwiegend bei rezidivierten / refraktären Patienten getestet, hier als Beispiel Selinexor (15) ein nuklearer Exportin1 Blocker, der bei über 100 dreifach refraktären Patienten (Imide, Proteasominhibitoren, Antikörper), bei einem Viertel der Patienten zu einem mindesten partiellen Ansprechen geführt hat. Die Einordnung solcher Substanzen ist auf Grund der Datenlage natürlich schwierig.

Chronische Lymphatische Leukämie

Auch in der CLL überschlagen sich die Ereignisse, Bruton und andere Kinase Inhibitoren werden zunehmend in der ersten Behandlungs-Linie verwendet werden. Die E1912 Studie konnte erstmals einen Überlebensvorteil für Ibrutinib im Vergleich zu Chemoimmuntherapie (FCR) in der Erstlinientherapie zeigen (16). Ibrutinib kombiniert mit dem BCL2 Inhibitor Venetoxlax führt zu tiefen Remissionen. Die Bedeutung der Negativität für minimale Resterkrankung wird intensiv diskutiert. In einer Studie mit meist älteren Patienten mit Hochrisiko-CLL, > 90% mit: IGHV unmutiert, p53 Aberration oder Chromosom 11q Aberration erreicht die grosse Mehrheit eine komplette Remission und 61% eine komplette Remission ohne minimale Resterkrankung unter der Kombination von Ibrutinib und Venetoclax (17). Nun ist das noch keine Heilung, obwohl bei fast allen lymphoiden Neoplasien die Tiefe der Remission mit der Remissionsdauer korreliert. Die Untersuchung langfristiger Remissionen bei der CLL wird wegen der langen Dauer schwierig, die Studienendpunkte müssen diskutiert werden. Progressionsfreies Überleben, Zeit bis zur Zweitlinienbehandlung und möglicherweise die Tiefe der Remission werden verwendet, weil das Gesamtüberleben dekadenlange Beobachtungszeiten erfordert. In einer weiteren publizierten Studie aus dem letzten Jahr (18) wurde bei über 400 Patienten Venetoclax in Kombination mit dem anti CD20 Antikörper Obinotuzumab mit Chlorambucil + Obinotuzumab in der Erstlinienbehandlung verglichen mit einem PFS von 88% vs. 64% nach 2 Jahren.

Akute Leukämien

Bei der akuten lymphatischen Leukämie (ALL) wurden in einer eindrücklichen Studie mit über 200 Patienten unter 30 Jahren, mit rezidiverter B-ALL nach einer Induktionschemotherapie eine Randomisation durchgeführt für weitere Zyklen Chemotherapie oder der Dauerinfusion mit dem bispezifischen (CD3 /  CD19) Antikörper Blinatumomab. Diese bispezifischen Antikörper sollen T-Zellen des Patienten an die lymphatischen Blasten binden und so immunotherapeutisch wirksam werden. Im Blinatumomab Arm konnten signifikant mehr Patienten anschliessend stammzell-transplantiert werden. Das Gesamtüberleben nach 2 Jahren war 79% vs. 59% im Blinatumomab vs. Standardtherapie Arm bei gleichzeitig geringerer Nebenwirkungsrate (19). Die meisten Entwicklungen bei der ALL gehen in Richtung erweiterter Immuntherapie oder zelluläre Therapien (siehe oben). Bei der akuten myeloischen Leukämie (AML) gibt es derart viele Entwicklungen, dass diese hier nicht alle besprochen werden können: dazu gehören, optimierte Verwendung von hypomethylierenden Substanzen, neue zielgerichtete Substanzen, IDH1 und IDH2 Antagonisten, FLT3 Hemmer und unspezifischere Therapien wie der bcl2 Inhibitor Venetoclax oder der Hedgehog Inhibitor Glasdegib. In einer Studie verbessert Decitabine Erhaltungstherapie nach Induktionschemotherapie versus keine Therapie das PFS und das Gesamtüberleben, wenn auch in relativ geringem Umfang (20). Noch interessanter, die Studie mit Erhaltungstherapie mit oralem Azacytidine, placebokontrolliert, mit einem medianen Überlebensvorteil von 25 vs. 15 Monaten (21) mit fast 500 randomisierten Patienten. Gezielte Therapien wie der IDH1 Antagonist Enasidenib wurden in einer Studie getestet mit einer kompletten Remissionsrate von 58% unter der Kombination Enasidenib + Azacytidine versus 12% mit Azazytidine alleine (22). Interessante Studien sind auch mit dem bcl2 Inhibitor Venetoclax unterwegs, z.T. in Kombination mit niedrig dosierter Chemotherapie oder in Kombination mit Standard Induktionstherapien bei jüngeren Patienten (23). Es laufen auch Studien mit Mehrfachkombinationen, von zielgerichteten Substanzen mit hypomethylierenden Medikamenten und z.B. dem bcl2 Inhibitor. Es konnte gezeigt werden, dass leukämische Blasten Resistenzen entwickeln z.B. gegen FLT3 Kinaseinhibitoren. Durch Mehrfachkombinationen können möglicherweise solche Resistenzbildungen unterdrückt werden. Zuletzt sei hier die Wiederauferstehung von Gentuzumab Ozogamicin (GO) vermeldet, einem konjugierten Anti-CD33 Antikörper, der bei Core Binding Factor (CBF) AML (d.h. den genetischen Aberrationen vom Typ (t8:21) und (inv16)) besonders wirksam zu sein scheint, mit einer deutlich verbesserten PFS nach FLAG-GO vs. der Kombinationschemotherapie FLAG-Idarubicin von 87% vs. 68% nach 5 Jahren (24). Die CBF AML haben eine starke CD33 Expression, was möglicherweise diese Daten erklärt. Zuvor war GO wegen vermeintlicher Unwirksamkeit vom Handel zurückgezogen worden, jetzt wird es wieder eingeführt.
In der vorgegebenen Kürze ist es leider nicht möglich, weitere Aspekte und wichtige Krankheitsbilder wie die myeloproliferativen Neoplasien, die myelodysplastischen Syndrome und weitere chronische Leukämien zu besprechen. Es soll dem Leser aber der Eindruck vermittelt werden, dass die Zahl der Neuerungen immens ist und dass die Registrierungen in der Schweiz mit der Entwicklung nicht unbedingt Schritt halten können. Nicht zu reden vom Einschluss in die Spezialitätenliste, welche ja erst die geregelte Vergütung dieser fortschrittlichen Therapiekonzepte ermöglichen wird.

Prof. Dr. med. Jakob R. Passweg
Prof. Dr. med. Dimitrios Tsakiris
PD Dr. med. Andreas Holbro
PD Dr. med. Dominik Heim
PD Dr. med. Jörg Halter
Klinik Hämatologie, Universitätsspital Basel
Spitalstrasse 21, 4031 Basel
Jakob.Passweg@usb.ch

Prof. Dr. med. Jakob R. Passweg

Klinik für Hämatologie
Hämatologische Diagnostik Labormedizin
Universitätsspital Basel und Blutspendezentrum beider Basel SRK
Petersgraben 4
4031 Basel

1. Niihara Y, Miller ST, Kanter J, et al A Phase 3 Trial of l-Glutamine in Sickle Cell Disease. N Engl J Med. 2018 Jul 19;379(3):226-235
2. Ataga KI, Kutlar A, Kanter J, Crizanlizumab for the Prevention of Pain Crises in Sickle Cell Disease. N Engl J Med. 2017 Feb 2;376(5):429-439.
3. Vichinsky E, Hoppe CC, Ataga KI, et al. A Phase 3 Randomized Trial of Voxelotor in Sickle Cell Disease. N Engl J Med. 2019 Aug 8;381(6):509-519
4. Mahlangu J, Oldenburg J, Paz-Priel I et al. Emicizumab Prophylaxis in Patients Who Have Hemophilia A without Inhibitors. N Engl J Med. 2018 Aug 30;379(9):811-822
5. Pasi KJ, Rangarajan S, Mitchell N, et al. Multiyear Follow-up of AAV5-hFVIII-SQ Gene Therapy for Hemophilia A. N Engl J Med. 2020 Jan 2;382(1):29-40
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7. Jain T, Bar M, Kansagra AJ, et al. Use of Chimeric Antigen Receptor T Cell Therapy in Clinical Practice for Relapsed/Refractory Aggressive B Cell Non-Hodgkin Lymphoma: An Expert Panel Opinion from the American Society for Transplantation and Cellular Therapy. Biol Blood Marrow Transplant. 2019 Dec;25(12):2305-2321.
8. Hirayama AV, Gauthier J, Hay KA, et al. High rate of durable complete remission in follicular lymphoma after CD19 CAR-T cell immunotherapy. Blood. 2019 Aug 15;134(7):636-640
9. Wang N, Hu X, Cao W, et al. Efficacy and safety of CAR19/22 T-cell cocktail therapy in patients with refractory/relapsed B-cell malignancies. Blood. 2020 Jan 2;135(1):17-27
10. Fernandez de Larrea C et al. Optimal Dual-Targeted CAR Construct Simultaneously Targeting Bcma and GPRC5D Prevents Bcma-Escape Driven Relapse in Multiple Myeloma. American Society of Hematology Abstracts 2019
11. Horwitz S, O’Connor OA, Pro B, Brentuximab vedotin with chemotherapy for CD30-positive peripheral T-cell lymphoma (ECHELON-2): a global, double-blind, randomised, phase 3 trial.Lancet. 2019 Jan 19;393(10168):229-240.
12. Sehn LH, Herrera AF, Flowers CR et al. Polatuzumab Vedotin in Relapsed or Refractory Diffuse Large B-Cell Lymphoma. J Clin Oncol. 2019 Nov 6: [Epub ahead of print]
13. Lonial S, Jacobus S, Fonseca R, Randomized Trial of Lenalidomide Versus Observation in Smoldering Multiple Myeloma. J Clin Oncol. 2019 [Epub ahead of print]
14. Moreau P, Attal M, Hulin C, et al. Bortezomib, thalidomide, and dexamethasone with or without daratumumab before and after autologous stem-cell transplantation for newly diagnosed multiple myeloma (CASSIOPEIA): a randomised, open-label, phase 3 study. Lancet. 2019 Jul 6;394(10192):29-38.
15. Chari A, Vogl DT, Gavriatopoulou M et al. Oral Selinexor-Dexamethasone for Triple-Class Refractory Multiple Myeloma. N Engl J Med. 2019 Aug 22;381(8):727-738
16. Shanafelt TD, Wang XV, Kay NE, et al. Ibrutinib-rituximab or chemoimmunotherapy for chronic lymphocytic leukemia. N Engl J Med. 2019; 381(5):432-443.
17. Jain N, Keating M, Thompson P, et al. Ibrutinib and Venetoclax for First-Line Treatment of CLL. N Engl J Med. 2019 May 30;380(22):2095-2103
18. Fischer K, Al-Sawaf O, Bahlo J, et al. Venetoclax and Obinutuzumab in Patients with CLL and Coexisting Conditions. N Engl J Med. 2019 Jun 6;380(23):2225-2236
19. Brown PA et al. A Randomized Phase 3 Trial of Blinatumomab Vs. Chemotherapy As Post-Reinduction Therapy in High and Intermediate Risk (HR/IR) First Relapse of B-Acute Lymphoblastic Leukemia (B-ALL) in Children and Adolescents/Young Adults (AYAs) Demonstrates Superior Efficacy and Tolerability of Blinatumomab: A Report from Children’s Oncology Group Study AALL1331. American Society of Hematology 2019 abstracts
20. Foran JM et al. Maintenance Decitabine (DAC) Improves Disease-Free (DFS) and Overall Survival (OS) after Intensive Therapy for Acute Myeloid Leukemia (AML) in Older Adults, Particularly in FLT3-ITD-Negative Patients: ECOG-ACRIN (E-A) E2906 Randomized Study. American Society of Hematology 2019 abstracts
21. Wei A et al. The QUAZAR AML-001 Maintenance Trial: Results of a Phase III International, Randomized, Double-Blind, Placebo-Controlled Study of CC-486 (Oral Formulation of Azacitidine) in Patients with Acute Myeloid Leukemia (AML) in First Remission American Society of Hematology 2019 abstracts
22. diNardo CF et al. Enasidenib Plus Azacitidine Significantly Improves Complete Remission and Overall Response Compared with Azacitidine Alone in Patients with Newly Diagnosed Acute Myeloid Leukemia (AML) with Isocitrate Dehydrogenase 2 (IDH2) Mutations: Interim Phase II Results from an Ongoing, Randomized Study. American Society of Hematology 2019 abstracts
23. Aboudalle I et al. A Phase Ib/II Study of the BCL-2 Inhibitor Venetoclax in Combination with Standard Intensive AML Induction/Consolidation Therapy with FLAG-IDA in Patients with Newly Diagnosed or Relapsed/Refractory AML American Society of Hematology 2019 abstracts
24. Borthakur GM et al. Fludarabine, Cytarabine, G-CSF and Gemtuzumab Ozogamicin (FLAG-GO) Regimen Results in Better Molecular Response and Relapse-Free Survival in Core Binding Factor Acute Myeloid Leukemia Than FLAG and Idarubicin (FLAG-Ida) American Society of Hematology 2019 abstracts

Patienten mit metastasiertem Weichteilsarkom

Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Klinische Krebsforschung (SAKK) stellt in dieser Ausgabe eine Studie vor. Die SAKK ist eine Non-Profit-Organi­sation, die klinische Studien in der Onkologie durchführt. Bei Interesse für die hier vorgestellte Studie oder falls Sie eine Patientin oder einen Patienten zuweisen möchten, kontaktieren Sie bitte den Studienverantwortlichen (Coordinating Investigator) oder den Studienkoordinator (Clinical Project Manager).

PazoQoL Quality of life in patients with non-adipocyte soft tissue sarcoma under palliative chemotherapy or pazopanib – a randomized, controlled trial

Bei Patienten mit einem fortgeschrittenen oder metastasierten Weichteilsarkom gibt es verschiedene Optionen für eine Zweit- oder Drittlinientherapie. Keine dieser Therapien bietet gegenüber den anderen Möglichkeiten einen klaren Vorteil bezüglich Gesamtüberleben. Umso mehr stehen bei diesen Patienten die persönlichen Bedürfnisse und die Lebensqualität im Vordergrund, wenn der Entscheid für eine Behandlung ansteht – vor allem in der palliativen Situation. Therapie-Nebenwirkungen wie Fatigue, Übelkeit oder Appetitlosigkeit können die Lebensqualität stark einschränken.
Die Studie namens «PazoQoL Quality of life in patients with non-adipocyte soft tissue sarcoma under palliative chemotherapy or pazopanib – a randomized, controlled trial» untersucht die Lebensqualität bei Patienten mit einem fortgeschrittenen oder metastasierten Weichteilsarkom unter einer konventionellen Chemotherapie versus unter einer Therapie mit Pazopanib. Da bekannt ist, dass Ärzte das Ausmass und die Relevanz von Nebenwirkungen oft anders einschätzen als Patienten, erfassen die Teilnehmenden in dieser Studie ihre Lebensqualität selbst.
Die 150 Studienteilnehmenden werden in zwei Gruppen randomisiert. Die Patienten der einen Gruppe erhalten eine Standard-Chemotherapie gemäss Vorschlag des behandelnden Arztes (z.B. mit Anthracyclinen, Gemcitabin etc.). Die Patienten der anderen Gruppe nehmen täglich 800 mg Pazopanib (Votrient®) ein, ein Medikament, das in der Schweiz zur Therapie von fortgeschrittenen Weichteilsarkomen in der zweiten Linie mit Ausnahme der Liposarkome zugelassen ist. In den ersten neun Wochen erfasst jeder Patient acht Mal seine Lebensqualität mittels standardisierten Fragebögen – vier Mal füllen die Patienten einen Fragebogen selbstständig zuhause auf einem Tablet aus, vier Mal erfolgt die Erfassung im Rahmen eines Kontrolltermins beim Arzt. Anschliessend folgt die Nachbeobachtungs-Phase, die maximal zwei Jahre dauert: Alle zwölf Wochen gehen die Patienten zur Kontrolle zum Arzt und füllen dort nochmals einen Fragebogen zur Lebensqualität aus.

Studiendesign: Siehe Abbildung 1

Studienname: PazoQoL Quality of life in patients with non-adipocyte soft tissue sarcoma under palliative chemotherapy or pazopanib – a randomized, controlled trial.

Teilnehmende Zentren: Universitätsspital Basel, Kantonsspital Graubünden, Luzerner Kantonsspital.

Coordinating Investigator: Dr. med. Silvia Hofer, Luzerner Kantonsspital, silvia.hofer@luks.ch

Clinical Project Managers: Dr. Stefanie Seiler, SAKK Bern, stefanie.seiler@sakk.ch
Diese Studie wird unterstützt von GWT-TUD GmbH Dresden und Forschungsvereinbarungen mit folgenden Institutionen: Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI), Stiftung Krebsforschung Schweiz und Krebsliga Schweiz.

Dr. med. Silvia Hofer

Kommentar zur Studie von Coordinating Investigator Dr. med. Silvia Hofer: Die PazoQol Studie ist seit Juni 2019 in der Schweiz offen, zwei erste Patienten konnten bisher erfolgreich randomisiert werden.
Der Studienplan und die notwendigen Untersuchungen sind nicht mit grösserem Aufwand für das Studienteam verbunden, die Patienten beschreiben die Dokumentation als nicht belastend.

Prof. Dr. med. Roger von Moos

Direktor Tumor- und Forschungszentrum
Kantonsspital Graubünden
7000 Chur

tumorzentrum@ksgr.ch

Will CARs bite the BITEs?

Der diesjährige IO-ESMO-Kongress in Genf begann mit einem Primer, der von der SITC (Society for Immunotherapy of Cancer) und der ESMO gemeinsam organisiert wurde.

Von den Referenten wurde ein sehr guter Überblick über die grundlegenden Mechanismen des Immunsystems sowie dessen Interaktion mit malignen Tumoren gegeben. Bezogen auf die Checkpointblockade wurde aber auch nochmals klar darauf hingewiesen, dass wir nach ca. 10 Jahren der klinischen Anwendung immer noch nicht wissen, wie der Wirkmechanismus im einzelnen Patienten von statten geht. Ausserdem können das Ansprechen und Nicht-Ansprechen nicht vorhergesehen werden. Beide Phänomene lassen sich bis jetzt nicht messen, da nach wie vor die entsprechenden Marker fehlen. Es war beeindruckend zu sehen, wie einig sich alle anwesenden Referenten in Bezug auf das Nicht-Wissen waren.

Diskussion CD19-gerichteter Therapien

Ich war als Referent eingeladen, zum Thema bispezifische Antikörper und chimäre Antigenrezeptoren den Wissensstand zusammenzufassen. Dieses ist eine etwas dankbarere Aufgabe, als die Erklärung der Checkpointblockade, da der mechanistische Ansatz hier doch deutlicher zu erkennen ist. Einschränkend muss aber für diesen therapeutischen Ansatz erwähnt werden, dass bis jetzt nur konklusive klinische Daten für den Einsatz gegen das Zielantigen CD19 vorliegen. Weitere Antigene, vor allem auch bei soliden Tumoren, werden zwar getestet, aber die ersten Ergebnisse sind deutlich weniger beeindruckend als die gegen CD19. Somit hatte ich mich während meines Vortrages aus edukativen Überlegungen auf die Diskussion CD19-gerichteter Therapien fokussiert.
Zunächst hatte ich die strukturellen Unterschiede zwischen bispezifischen Antikörpern und chimären Antigenrezeptoren erklärt, wobei ich bei den bispezifischen Antikörpern exemplarisch auf die BITE (Bi-specific T-cell engager) Technologie eingegangen bin. Ziel beider therapeutischer Ansätze ist die Formation einer artifiziellen immunologischen Synapse zwischen T-Zellen und Tumorzellen, um den T-Zellen die Möglichkeit zu geben, die Tumorzellen abzutöten. Die BITEs sind Antikörper, die aufgrund ihres Designs zwei Strukturen erkennen und binden können. So bindet der klinisch zugelassene und in klinischen Studien getestete Antikörper Blinatumomab an CD19 und CD3 und stellt somit eine Art Brücke zwischen der Tumorzelle (CD19 positiv) und T-Zelle (CD3 positiv) her. Dieses führt dann zur Ausformung der immunologischen Synapse. Chimäre Antigen Rezeptoren (CARs) sind synthetische Rezeptoren, die aus einem Antigen-bindenden Fragment und Signaldomänen bestehen, die T-Zellen aktivieren können. Um diese Rezeptoren zum Einsatz zu bringen, muss die genetische Information der Rezeptoren mittels Gentransfer ausserhalb des Körpers in die T-Zellen des jeweiligen Patienten eingebracht werden. Dieses ist ein technisch und logistisch sehr aufwendiges Verfahren. Derzeit sind zwei gegen CD19 gerichtete CARs in der Schweiz zugelassen und kommerziell erhältlich (Axicabtagene Ciloleucel und Tisagenlecleucel). T-Zellen, die den CAR exprimieren, werden dann mittels einer autologen Transfusion dem Patienten zurückgegeben und können CD19 positive Tumorzellen erkennen und abtöten.

Studienlandschaft

Im Weiteren hatte ich die aktuelle Studienlandschaft diskutiert. Drei grössere Studien konnten klar die Wirksamkeit 3 unterschiedlicher gegen CD19 gerichteter CARs bei Patienten mit rezidivierter ALL und rezidivierten aggressiven Lymphomen demonstrieren (N Engl J Med 2019; 380:45-56, N Engl J Med 2018; 378:449-459, N Engl J Med 2017; 377:2531-2544). In allen Studien tauchten die bekannten Nebenwirkungen einer Therapie gegen CD19 mittels CARs auf. Es ist in 15% der Patienten zu einem höhergradigen Cytokine Release Syndrom und in 25% der Patienten zu höhergradigen neurotoxischen Nebenwirkungen gekommen. Das Cytokine Release Syndrom kann effizient mit Tocilizumab behandelt, die Neurotoxizität mit Steroiden kontrolliert werden. Es zeigt sich, dass die Nebenwirkungen immer besser verstanden und behandelt werden können, so dass diese der weiteren Verbreitung der Therapie in keinster Form im Wege stehen. Als Ausblick auf die CAR Therapie bin ich auf BCMA (B-cell maturation antigen) spezifische CARs eingegangen. Das BCMA Antigen wird auf Myelomzellen exprimiert und ist somit eine attraktive therapeutische Zielstruktur für diese Erkrankung. Eine klinische Studie konnte ein Ansprechen in 85% aller Patienten aufzeigen (N Engl J Med 2019; 380:1726-1737). Um die ersten Schritte und die hiermit verbundenen Probleme bei soliden Tumoren zu demonstrieren, habe ich unsere eigene CAR T-Zell Studie beim malignen Pleuramesotheliom vorgestellt. Hier liegen bis jetzt nur publizierte Daten des ersten Patienten vor (Clin Cancer Res. 2018 Aug 15;24(16):3981-3993, BMC Cancer. 2012 Dec 22;12:615). Das Zielantigen dieser Studie war FAP (Fibroblasten-Aktivierungs-Protein). Ein solches Antigen wird nicht nur in malignen Tumoren exprimiert, sondern auch in entzündeten Geweben. Somit können leicht unkontrollierte Nebenwirkungen entstehen. Dieses Konstrukt könnte sogar eines Tages als Therapie gegen chronisch entzündliche Erkrankungen eingesetzt werden (N Engl J Med 2019; 381:2475-2476), was darauf hinweist wie komplex die biologischen Effekte sein können. Da es hier sehr viel Unwägbarkeiten gibt, wurde der erste Patient nur mit einer sehr geringen Anzahl FAP-spezifischer CAR tragender T-Zellen behandelt, um eine grundsätzliche Machbarkeit zu zeigen.
Spannend aus meiner Sicht war nun der Vergleich dieser aufwendigen zellulären Therapien gegenüber der BITE Technologie. Blinatumomab ist ein relativ kleines Molekül, das als Dauerinfusion verabreicht werden muss, aber in keinster Form so aufwendig in der Herstellung wie autologe CAR-tragende T-Zellen ist. Es wurde eine Studie bei Patienten mit rezidivierter ALL durchgeführt (N Engl J Med 2017; 376:836-847). Hierbei zeigte sich ein signifikant verlängertes Gesamtüberleben und krankheitsfreies Überleben. Aber im Gegensatz zur CAR Therapie kommen weniger Patienten in eine langfristige Remission, so dass die BITE Technologie eher als Brückentherapie zur allogenen Stammzelltransplantation gesehen wird.
Interessant war die zeitliche Überschneidung des ASH-Meetings in Orlando und dem IO-ESMO Meeting. Passend zu meinem Referat wurden weitere Daten zu bispezifischen Antikörpern präsentiert. Zum Beispiel zeigte der CC-93269 Antikörper im IgG Format, welcher CD3 und BCMA bindet, beim Multiplen Myelom ein Ansprechen von 88%. Diese Daten sind sehr vergleichbar mit denen der publizierten BCMA CARs.

Fazit

Aus meiner Sicht wird sich in den nächsten Jahren eine spannende Konkurrenzsituation zwischen bispezifischen Antikörpern und chimären T-Zellrezeptoren ergeben. Ich denke, dass für die Antikörper die einfachere Herstellung, die leichte Applikation und damit grössere allgemeine Nutzbarkeit sprechen. Die zelluläre Therapie bietet aber eventuell grössere immunologische Manipulationen an, wie zum Beispiel der Gentransfer verschiedener CARs in einer T-Zellpopulation an.

Quelle: ESMO Immuno-Oncology Congress, Genf, 11.-14.12.2019

PD Dr. med. Ulf Petrausch

OnkoZentrum Zürich
Seestrasse 259
8038 Zürich