ALESIA – Alectinib vs. Critozinib bei NSCLC

Zhou C et al. Alectinib versus crizotinib in untreated Asian patients with anaplastic lymphoma kinase positive non-small cell lung cancer (ALESIA): a randomized phase 3 study. Lancet Respir Med 2019; 7: 437-446

Hida T et al. Alectinib versus crizotinib in patients with ALK-positive non-small-cell lung cancer (J-ALEX): an open-label, randomised phase 3 trial. Lancet 2017; 390: 29-39

Uderzo A, Goscinny R.: Une aventure d’Astérix. «Le bouclier Arverne». Dargaud Editeur 1995.

Zusammenfassung: Nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom (NSCLC) mit somatischen Mutationen im ALK-Gen wird erfolgreich mit Crizotinib behandelt, einem spezifischen ALK-Inhibitor. Ein ALK-Tyrosin-Kinase-Inhibitor der nächsten Generation, Alectinib, zeitigte bei ALK-positivem NSCLC in einer Phase 3 Studie als Erstlinientherapie Vorteile gegenüber Crizotinib (ALEX-Studie; NEJM 2017). Das Medikament wurde dank der ALEX-Studie in den USA und in Europa für diese Indikation registriert. Die Patienten, die in die ALEX-Studie rekrutiert wurden, stammten aus allen 5 Kontinenten. Japaner waren (offenbar wegen Toxizitätsbedenken) mit einer niedrigeren Alectinib-Dosis behandelt worden (2 x 300 mg täglich; Hida et al. 2017) als standfeste Texaner, Schweizer oder Latinos (2 x 600 mg täglich). Grund dafür war, dass in Japan Natrium-Lauryl-Sulfat (eine galenische Komponente in den Alectinib Kapseln) nur in einer beschränkten Menge eingenommen werden darf, während der Rest der Welt keine derartige Einschränkung kennt. Die vorliegende Studie, die (weshalb?) gar keine Zentren in Japan einschloss, bestätigt, dass Alectinib in einer täglichen Dosis von 2 x 600 mg auch bei asiatischen Patienten besser wirkt als Crizotinib und (besser) verträglich ist.

Harter P et al. A randomised trial of lymphadenectomy in patients with advanced ovarian neoplasms. N Engl J Med 2019; 380: 822-832.

Lymphadenektomie beim Ovarialkarzinom – Einfluss auf PFS und OS

Zusammenfassung: anlässlich der chirurgischen Resektion eines Primärtumors wird routinemässig oft eine regionäre Lymphadenektomie vorgenommen, so beim Mammakarzinom, beim Melanom, beim Ovarialkarzinom und bei anderen Neoplasien. Unbestreitbar ergibt dieser bisweilen langwierige und manchmal komplikationsträchtige Zusatzeingriff postoperativ ein genaueres Tumorstadium dank der histologischen Aufarbeitung der Lymphknoten. Ob jedoch eine Lymphadenektomie per se einen therapeutischen Wert hat, ist in vielen Fällen, so auch beim Ovarialkarzinom, unklar. Nun legt eine deutsche klinische Studiengruppe eine randomisierte Studie zu dieser Frage vor bei Frauen mit Stadium IIB-IV Ovarialkarzinom. War die makroskopisch radikale Resektion aller Tumorherde erfolgt, und schien der Nodalstatus intraoperativ makroskopisch negativ, so legte man intraoperativ per Randomisation fest, ob die regionären Lymphknoten entfernt werden sollten oder nicht. Die Studie war im «superiority design» geplant – die Lymphadenektomie hätte zu einem höheren 3-Jahres-Überleben (HR 0.7) führen sollen. Der Eingriff hatte keinen Einfluss auf progressionsfreies und Gesamtüberleben (HR 1.06), führte aber zu mehr Komplikationen.

Und schliesslich ein Short Message Service (SMS) an die Leser fürs Notizbuch in der onkologischen Poliklinik:

Khorana AA et al.: Rivaroxaban for thromboprophylaxis in high-risk ambulatory patients with cancer. N Engl J Med 2019; 380: 720.

Khorana AA et al: Development and validation of a predictive model for chemotherapy-associated thrombosis. Blood 2008; 111: 4902.

Thromboprophylaxe bei ambulanten Tumorpatienten mit hohem Risiko?

Zusammenfassung: Krebspatienten weisen ein erhöhtes Thromboembolie-Risiko auf, teils wegen tumorbedingter Thrombophilie, teils wegen der Therapie. Die meisten Daten zur Frage des Nutzens einer prophylaktischen Antikoagulation liegen für stationäre Behandlung vor, unter anderem bei der postoperativen Betreuung bettlägeriger Tumorpatienten.
Auch ambulante Patienten mit diversen Tumoren mögen ein erhöhtes Thrombo-Embolie-Risiko haben; eine flächendeckende primäre prophylaktische Antikoagulation hat sich bisher nicht eingebürgert. Die sog. CASSINI-Studie ist demnach von praktischem Interesse, indem sie in einer ambulanten Hochrisiko-Population von Tumorpatienten ohne Nachweis einer erfolgten Thromboembolie den Nutzen einer prophylaktischen oralen Antikoagulation mit 10 mg Rivaroxaban täglich über 180 Tage im Vergleich zu einer Placebo-Kontrolle getestet hat. Der verwendete Khorana Risiko-Score für Thromboembolien bei Tumorpatienten ist wohl kaum allgemein gebräuchlich – er muss aus dem Supplement-Material und aus dem Referenzpapier ausgegraben werden. Da sich jedoch kein Vorteil zu Gunsten einer Antikoagulation für ambulante Patienten ergab, nicht einmal für die selektionierte Hochrisiko-Gruppe, ist die Kenntnis des Khorana-Score in der Praxis entbehrlich (Tab 1).

Prof. em. Dr. med. Martin Fey

Bern

martin.fey@insel.ch

Beratungsmandat bei Nestlé Health Sciences, Epalinges. Aktien bei Novartis Roche und Johnson&Johnson

Ibrutinib und Venetoclax zur First-Line Behandlung von CLL

Quelle: Jain N et al. Ibrutinib and Venetoclax for First-Line Treatment of CLL. N Engl J Med 2019;380:2095-103.

Ibrutinib, ein Inhibitor der Bruton-Tyrosinkinase, und Venetoclax, ein Inhibitor des B-Zell-Lymphom 2 Proteins, sind für Patienten mit chronischer lymphatischer Leukämie (CLL) zugelassen.
Präklinische Untersuchungen haben eine potenziell synergistische Wirkung bei der Kombination beider Substanzen gezeigt.
In einer Investigator-initiierten Phase-2-Studie wurden bisher unbehandelte Hochrisikopatienten und ältere Patienten mit CLL mit einer Kombination von Ibrutinib und Venetoclax behandelt. Alle Patienten hatten mindestens eines der folgenden Merkmale: Chromosom 17p-Deletion, mutiertes TP53, Chromosom 11q Deletion, nicht mutiertes IGHV, oder ein Alter von 65 Jahren oder älter. Die Patienten erhielten eine Monotherapie mit Ibrutinib (420 mg einmal täglich) über 3 Zyklen, gefolgt von der Zugabe von Venetoclax (wöchentliche Dosiseskalation auf 400 mg einmal täglich). Die kombinierte Therapie wurde für 24 Zyklen durchgeführt.
Das Ansprechen wurde nach den Kriterien des International Workshop on Chronic Lymphocytic Leukemia 2008 beurteilt. Die minimale Resterkrankung wurde mittels Mehrfarben-Durchflusszytometrie im Knochenmark analyisert (Empfindlichkeit, 10-4).
Insgesamt wurden 80 Patienten behandelt. Das mittlere Alter betrug 65 Jahre (Range, 26 bis 83). Insgesamt 30% der Patienten waren 70 Jahre alt oder älter. 92% der Patienten wiesen ein unmutiertes IGHV, eine TP53 Aberration oder eine Chromosom 11q Deletion auf. Mit der kombinierten Behandlung nahm der Anteil der Patienten, die eine komplette Remission erreichten (mit oder ohne normalem Blutbild) und eine Remission mit nicht nachweisbarer minimaler Restkrankheit über die Jahre zu.
Nach 12 Zyklen mit kombinierter Behandlung hatten 88% der Patienten eine komplette Remission oder eine komplette Remission mit inkompletter Regeneration des Blutbildes, und 61% hatten eine Remission mit nicht nachweisbarer minimaler Resterkrankung. Das Ansprechen wurde bei älteren Patienten und allen Hochrisiko-Subgruppen nachgewiesen. Drei Patienten wiesen im Labor ein Tumorlyse-Syndrom auf. Das Nebenwirkungsprofil war vergleichbar mit dem Nebenwirkungsprofil von Ibrutinib und Venetoclax.
Die Kombination von Venetoclax und Ibrutinib war in dieser Studie ein wirksames orales Regime zur Behandlung von Hochrisikopatienten und älteren Patienten mit CLL.

Quelle: Noopur Raje et al. Anti-BCMA CAR T-Cell Therapy bb2121 in Relapsed or Refractory Multiple Myeloma. N Engl J Med 2019;380:1726-37.

Anti-BCMA CAR T-Cell Therapie mit bb2121 bei rezidiviertem oder refraktärem Multiplem Myelom

Präklinische Studien deuten darauf hin, dass bb2121, eine chimäre (CAR) T-Zellenantigenrezeptor-Therapie, die das B-Zell-Matura-tionsantigen (BCMA) als Ziel hat, Potenzial für die Behandlung des Multiplen Myeloms hat.
In der vorliegenden Phase-1-Studie bei Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem Plasmazellmyelom, wurde bb2121 als eine einmalige Infusion von 50×106, 150 × 106, 150 × 106, 450 × 106 verabreicht oder 800 × 106 CAR-positive (CAR + ) T-Zellen in der Dosiseskalationsphase und 150 × 106 bis 450 ×106 CAR+ T-Zellen in der Expansionsphase verabreicht. Die Patienten hatten mindestens drei frühere Therapielinien, einschliesslich eines Proteasom-Inhibitors und eines Immunmodulators erhalten oder waren gegenüber beiden Wirkstoffklassen refraktär. Der primäre Endpunkt war die Sicherheit.
Es wird über die Ergebnisse der ersten 33 aufeinanderfolgenden Patienten, die eine bb2121-Infusion erhielten, berichtet. Der Daten-Stichtag lag 6,2 Monate nach dem letzten Infusionsdatum. Hämatologische Nebenwirkungen waren die häufigsten Grad 3 Ereignisse oder höher, einschliesslich Neutropenie (bei 85% der Patienten), Leukopenie (bei 58%), Anämie (bei 45%) und Thrombozytopenie (bei 45%). Insgesamt 25 Patienten (76%) hatten ein Zytokin-Freisetzungssyndrom, von Grad 1 oder 2 bei 23 Patienten (70%) und Grad 3 bei 2 Patienten (6%). Neurologische Nebenwirkungen traten bei 14 Patienten (42%) auf und waren bei 13 Patienten (39%) von Grad 1 oder 2. Ein Patient (3%) hatte eine reversible neurologisch toxische Nebenwirkung Grad 4. Die objektive Ansprechrate betrug 85%, darunter waren 15 Patienten (45%) mit einer kompletten Remission. Sechs der 15 Patienten, die eine komplette Remission erreichten, erlitten ein Rezidiv. Das medi-
ane progressionsfreie Überleben war 11,8 Monate (95% Konfidenzintervall, 6,2 bis 17,8). Alle 16 Patienten, die ein Ansprechen zeigten (partielle Remission oder besser) und die auf minimale Resterkrankung (MRD) untersucht werden konnten, hatten einen MRD-negativen Status (≤ 10-4 nukleierte Zellen). CAR-T-Zellenexpansion war mit Ansprechen verbunden, und CAR-T-Zellen persistierten bis zu einem Jahr nach der Infusion.
Zusammenfassend wird über das initiale Toxizitätsprofil einer BCMA-gerichteten zellulären Immuntherapie für Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem Plasmazellmyelom berichtet. Antitumoraktivität wurde dokumentiert.

Prof. Dr. med.Markus G. Manz

Zentrum für Hämatologie und Onkologie
UniversitätsSpital Zürich

PD Dr. med. Alexandre Theocharides

Zentrum für Hämatologie und Onkologie
UniversitätsSpital Zürich

Alexandre.Theocharides@usz.ch

Immun- und Radiotherapie beim Melanom

Jedes Jahr erkranken in der Schweiz rund 2700 Menschen an einem Melanom. Dies entspricht ungefähr 7% aller Krebserkrankungen und macht das Melanom zur fünfthäufigsten Krebsart. Die UV-Strahlung mit Ihrer DNA-schädigenden Wirkung gilt als eine der Hauptursachen für die Melanom-Entstehung und der optimale Sonnenschutz gilt als die wichtigste präventive Massnahme. Die Früherkennung ist wegen der Neigung zur Metastasierung ein wichtiges Instrument um die Prognose günstig zu beeinflussen. In den fortgeschrittenen Tumorstadien und bei nodalem Befall kommen neben der Chirurgie die Immuntherapie oder die Radiotherapie als weitere Massnahmen zur Verbesserung der Tumorkontrolle in Frage.

Chaque année, environ 2700 personnes en Suisse développent un mélanome. Cela correspond à environ 7 % de tous les cancers et fait du mélanome le cinquième type de cancer le plus fréquent. Le rayonnement UV avec son effet néfaste pour l’ADN est considéré comme l’ une des principales causes du mélanome et une protection solaire optimale est considérée comme la mesure préventive la plus importante. En raison de sa tendance aux métastases, la détection précoce est un instrument important pour influencer positivement le pronostic. Aux stades avancés de la tumeur et en cas d’infestation nodale, l’ immunothérapie ou la radiothérapie peuvent être considérées comme des mesures supplémentaires pour améliorer le contrôle de la tumeur en plus de la chirurgie.

The melanoma is completely excised whenever possible, with the extent of the operation on breslow tumor thickness (in millimeters), mitotic rate, and possible ulceration. Surgical repair should be done within two weeks of the suspected diagnosis. A previous trial biopsy performed without deteriorating the prognosis compared to primary total excision. The melanoma in situ is located at a safety distance of 0.5 cm. If the invasion depth of Breslow is <1 mm, the recommended safety distance is 1 cm, for Breslow ≥ 1 mm or> 0.8 mm with ulceration, the safety margins are 1 cm (<2 mm) and 2 cm (> 2 mm) Sentinel lymph node biopsy (SLNB) comes from an invasion depth after Breslow ≥ 1 mm or> 0.8 mm with ulceration into consideration and should be performed at a center with experience. If there is an invasion depth of Breslow> 4 mm or status after lymph node metastases, a staging examination should be performed before the SLNB using PET-CT or whole-body CT. If not distant metastases are present, the excision with 2 cm distance and the SLNB is recommended. If distant metastases are present, it is advisable to evaluate the patients for systemic therapy (immunotherapy) (1). If not distant metastases are present, the excision with 2 cm distance and the SLNB is recommended. If distant metastases are present, it is advisable to evaluate the patients for systemic therapy (immunotherapy) (1).If not distant metastases are present, the excision with 2 cm distance and the SLNB is recommended. If distant metastases are present, it is advisable to evaluate the patients for systemic therapy (immunotherapy) (1).

The role of radiotherapy in the treatment of melanoma

Since the successful application of immunotherapy, the role of radiotherapy in melanoma has improved over the last few years to improve both local and regional tumor control. Despite the success of immunotherapy, radiotherapy in selected situations is justified in the multidisciplinary treatment of affected patients.
Als alleinige Therapie anstelle der Chirurgie kommt die Bestrahlung beim Lentigo-maligna-Melanom (LMM) in Frage. Die Patientengruppe mit LMM sind in der Regel in fortgeschrittenem Lebensalter und präsentieren sich nicht selten mit grossflächigem Befall im Gesichtsbereich. Die Radiotherapie führt in dieser Population bezogen auf das kosmetische und funktionelle Resultat oft zu besseren Ergebnissen als die primäre Exzision bei vergleichbarer lokaler Tumorkontrolle (2, 3). Das LMM wird je nach Grösse und Lokalisation mit einer hypofraktionierten Radiotherapie über wenige Wochen behandelt, was dem Patientenkomfort Rechnung trägt.
Eine spezielle Stellung nimmt das uveale Melanom ein. In enger Zusammenarbeit mit der Ophthalmologie erfolgt die primäre Radiotherapie mit Protonen an hierfür spezialisierten Zentren, was den organ-erhaltenden Ansatz erlaubt (4, 5).
Bei Patientinnen und Patienten, welche sich mit einem lymphogen metastasierendem Melanom präsentieren, wird die Radiotherapie als adjuvante Massnahme nach kompletter regionärer Lymphadenektomie zur Verbesserung der regionären Tumorkontrolle angewendet. Die randomisierte Phase 3 Studie der Trans-Tasman Radiation Oncology Group (TROG) untersuchte den Stellenwert der postoperativen moderat hypofraktionierten Radiotherapie (48 Gy in 20 Sitzungen) der betroffenen regionären Lymphknotenstationen und konnte zeigen, dass diejenigen Patientinnen und Patienten mit hohem Rezidivrisiko (Befall von mindestens 1 Lymphknoten parotideal, mindestens 2 Lymphknoten zervikal oder axillär und mindestens 3 Lymphknoten inguinal oder Grösse des Lymphknotens ≥ 3 cm zervikal und ≥ 4 cm axillär oder inguinal) von einer adjuvanten Radiotherapie profitierten. Nach einer medianen Beobachtungszeit von 6 Jahren zeigten Patientinnen und Patienten in der Radiotherapiegruppe (n = 109) gegenüber der Beobachtungsgruppe (n = 108) signifikant weniger Erstrezidive in den regionären Lymphknoten als auch Rezidive im gesamten Beobachtungszeitraum (18% versus 33%). Bezogen auf die isolierten Rezidive in den regionären Lymphknotenstationen war der Unterschied mit 8.3% versus 23% noch deutlicher. Mit Blick auf die Fernmetastasierung, dem rezidivfreien Überleben oder Gesamtüberleben ergaben sich keine Unterschiede. Im Radiotherapiearm kam es zu häufigeren, jedoch geringgradig ausgeprägten subkutanen Fibrosierungen sowie Lymphödemen der unteren Extremitäten nach Therapie im Inguinalbereich (15% versus 7.7%) was die Lebensqualität beeinträchtigte (6-8). Aufgrund dieser Ergebnisse kann bei ausgewählten Patientinnen und Patienten mit lymphogen metastasierendem Melanom und einem hohen regionären Rezidivrisiko eine adjuvante Radiotherapie in Betracht gezogen werden, wenn auch der Preis eine höhere Morbidität darstellt (9) und die Studie in der Ära vor der zielgerichteten und immunologischen Therapie geplant und durchgeführt wurde.
Obwohl das Melanom als ein wenig radio-sensitiver Tumor gilt zeigt der Blick in die aktuelle Literatur, dass die Kombination der Radiotherapie mit der Immuntherapie synergistisch zu wirken scheint und neue Therapieansätze erlauben mit vielversprechenden Resultaten aus vorwiegend noch Phase 1 Studien (10). Die Kombination von Radiotherapie und dem CTLA-4 Inhibitor Ipilimumab führt beim fortgeschrittenen Melanom zu einem sogenannten apskopalen Effekt mit Verstärkung der anti-tumor Immunantwort und Regression von Metastasen auch ausserhalb des Radiotherapiefeldes und entfernt vom primären Tumorherd. Koller et al. zeigte in einer retrospektiv durchgeführten Analyse bei 101 Patienten, dass die Kombination Ipilimumab/Radiotherapie (n=70) sowohl das Gesamtüberleben (19 Monate versus 10 Monate) als auch das Progressions-freie Überleben (5 Monate versus 3 Monate) günstig beeinflusste ohne Erhöhung der Toxizität (11). Dieser synergistische Effekt wird noch verstärkt mit der Anwendung neuer Radiotherapietechniken wie der stereotaktischen ablativen Radiotherapie mit hohen Einzeldosen pro Fraktion, was zu vermehrten letalen DNA-Strangbrüchen in der Tumorzelle mit Zelltod sowie Schädigung der Tumorgefässversorgung führt. Dies wiederum verstärkt die Immunantwort aufgrund der erhöhten Freisetzung von Tumor-Antigenen (Cancer-Immune Cycle (12)) und macht die Kombination der Radiotherapie mit der Immuntherapie sehr vielversprechend (13, 14). Bevor die Kombinationstherapien mit Radiotherapie und Immuntherapie im klinischen Alltag zur Anwendung kommen, müssen die Resultate der laufenden klinischen Studien abgewartet werden und Patientinnen und Patienten sollten zur Zeit nur innerhalb von Protokollen behandelt werden, um die Sicherheit der Kombinationsbehandlungen zu überprüfen und mehr über die möglichen Nebenwirkungen zu erfahren, gerade auch bei Patientinnen und Patienten mit Hirnmetastasen, wo eine rege Forschungsaktivität herrscht (15-17).
Eine weiterhin bedeutende Rolle hat die Radiotherapie in der Behandlung von symptomatischen Hirnmetastasen, welche beim Melanom gehäuft vorkommen(18). Hier sind vor allem die Fortschritte der stereotaktischen Radiotherapie, als Einzelfraktion (Radiochirurgie) oder über wenige Sitzungen, mit Verlassen der Ganzhirnbestrahlung zugunsten der verbesserten Lebensqualität der Betroffenen. Diese hochpräzise Radiotherapie hat die Behandlung von Hirnmetastasen revolutioniert hinsichtlich der verbesserten lokalen Tumorkontrolle als auch der besseren Verträglichkeit für die betroffenen Patientinnen und Patienten gegenüber der Ganzhirnbestrahlung (19-21).

Die Rolle der Immuntherapie in der Behandlung des Melanoms bei ZNS Metastasen

(Literatur beim Verfasser)
Der Fokus wird auf die Rolle der Immuntherapie bei Hirnmetastasen gelegt. Das Hirn ist natürlicherweise von der Blut Hirnschranke geschützt. Nach einer Metastasierung ist diese Blut Hirnschranke gestört. Derweil in der Ära der Chemotherapie beim Melanom die alleinige Radiotherapie die Standard Behandlung darstellte hat sich im Zeitalter der Immun- und Molekulartherapien sehr vieles geändert. Leider war es auch bei der Entwicklung dieser Therapien so, dass Patienten nicht in grossen randomisierten Phase III Studien eingeschlossen wurden, sondern dass die Datenlage hauptsächlich auf Phase I und Phase II Studien beruht. Bei BRAF mutierten Patienten mit Hirnmetastasen konnten durch den Einsatz von BRAF und MEK Inhibitoren in Kombination oder auch Immuntherapie hervorragende Ansprechraten gezeigt werden, so dass diese Therapie als erste Wahl zu gelten hat, vor allem in der Patientengruppe mit asymptomatischen Metastasen, die im Zeitalter des ZNS MRI Screenings immer häufiger wird. Bei allen wild-type Patienten geht die Diskussion in Richtung Immuntherapie oder lokale Behandlungen wie Chirurgie und/oder Radiotherapie. Im Rahmen von nicht randomisierten Studien konnte gezeigt werden, dass Patienten welche von Seiten der Hirnmetastasen asymptomatisch waren und keine Steroide benötigten eine deutlich höhere Disease-control Rate hatten als Patienten mit Symptomen und Steroiden (24 vs 10%). Dennoch sind sowohl Überleben als auch Ansprechrate mit Ipilimumab (5 respektive 10%) allein gering. In einer 3 Arm Studie, bei welcher Patienten mit asymptomatischen Hirnmetastasen randomisiert wurden in eine Behandlung mit Nivolumab allein versus die Kombination mit Ipilimumab plus Nivolumab zeigten sich bei der Kombination deutlich höhere Response Raten (20 vs 46%). Im dritten Arm wurden Patienten mit symptomatischen Hirnmetastasen und Steroiden mit Nivolumab behandelt, dabei zeigte sich nur in 1/16 Patienten ein partielles Ansprechen.
Die Resultate zur Kombination bestätigten sich eindrücklich in einer jüngst im NEJM publizierten Studie mit 101 Patienten. Die Response Rate war 54%, 26% der Patienten erreichten eine komplette Remission. 64% der Patienten waren nach 6 Monaten progressionsfrei. Aufgrund dieser Daten ist bei Patienten mit asymptomatischen Hirnmetastasen die Systemtherapie gegenüber der Radiotherapie zu bevorzugen und eine Radiotherapie erst in der Rezidiv Situation oder bei neuen Symptomen in Erwägung zu ziehen.
Direkte Vergleichs-Studien zu BRAF und MEK Inhibition bei Hirnmetastasen gibt es nicht. Es konnte einzig gezeigt werden (COMBI MB) dass Dabrafenib und Trametinib bei Hirnmetastasen ähnlich gute Response Raten wie bei systemischen Metastasen zeigten (58%), derweil aber das PFS bei Hirnmetastasen deutlich kürzer war als bei systemischen Metastasen (5.6 respektive 10.2 Monate).
Die Kombination von Radiotherapie und Immuntherapie (Ipilimumab) zeigte in retrospektiven Untersuchungen keine erhöhte Toxizität. Zwei Arbeiten zeigten eine Verbesserung des Gesamtüberlebens, eine dritte Arbeit bestätigte dies nicht. Allen drei Arbeiten ist zu eigen, dass es kleine Fallserien waren.
Die Kombination mit BRAF Inhibitoren und Radiotherapie waren von zusätzlichen Toxizitäten begleitet. Vor allem bei Ganzhirnbestrahlungen zeigte sich eine Hauttoxizität, bei stereotaktischer Radiotherapie eine erhöhte Rate von Radionekrosen (22 vs 11%). Somit ist eine Kombinationstherapie prinzipiell möglich, eine sequentielle Therapie sollte aber bevorzugt werden.
Bei Patienten mit symptomatischen Hirnmetastasen ist nach wie vor die lokale Therapie (Chirurgie respektive Radiotherapie) zu bevorzugen. Bei asymptomatischen Patienten sollte bei nicht vorbehandelten Patienten zuerst eine Systemtherapie erfolgen insbesondere dann, wenn extrazerebral eine relevante Tumormasse zu verzeichnen ist. Ob bei BRAF mutierten Patienten eine Immun- oder Target Therapie zu bevorzugen ist bleibt aktuell noch unklar. Bei BRAF wild-type sollte möglichst eine Kombinationstherapie mit Ipilimumab und Nivolumab angestrebt werden, falls dies nicht möglich scheint eine Behandlung mit Nivolumab oder Pembrolizumab, da die PD1 AK deutlich effektiver zu sein scheinen als Ipilimumab alleine.

Prof. Dr. med. Roger von Moos

Direktor Tumor- und Forschungszentrum
Kantonsspital Graubünden
7000 Chur

tumorzentrum@ksgr.ch

Prof. Dr. med. Daniel R. Zwahlen

Klinik für Radio-Onkologie
Kantonsspital Winterthur
Brauerstrasse 15
8401 Winterthur

daniel.zwahlen@ksw.ch

Die Autoren haben keinen Interessenskonflikt im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.

  • Als alleinige Therapie anstelle der Chirurgie kommt die Bestrahlung beim Lentigo-maligna-Melanom (LMM) in Frage.
  • Bei ausgewählten Patientinnen und Patienten, welche sich mit einem lymphogen metastasierendem Melanom präsentieren, wird die Radiotherapie als adjuvante Massnahme nach kompletter regionärer Lymphadenektomie zur Verbesserung der regionären Tumorkontrolle angewendet.
  • Die Systemtherapien mit TKI oder Immuntherapie stellen den Standard des metastasierten Melanoms dar. Bei ungenügender lokaler Tumorkontrolle durch die Systemtherapie kommt die Radiotherapie zum Tragen.
  • Der apskopale Effekt durch die Radiotherapie zur Verstärkung der Immunotherapie ist zum aktuellen Zeitpunkt in seiner klinischen
    Relevanz noch unklar.
  • Bei asymptomatischen Hirnmetastasen sollte initial eine Systemtherapie erwogen werden. Je nach Mutationsstatus kann dies eine Immun- oder TKI Therapie sein.
  • Bei symptomatischen Hirnmetastasen insbesondere, wenn Steroide wegen des Hirnödems notwendig sind sollten primär lokale Therapien wie Operation und/oder Radiotherapie erwogen werden. Dabei nimmt die stereotaktische RT einen immer grösseren Raum gegenüber der Ganzhirnbestrahlung ein und sollte wenn immer möglich bevorzugt werden.
  • Patientinnen und Patienten mit lokal fortgeschrittenem und metastasiertem Melanom sollen am Tumorboard besprochen werden. Dies garantiert eine optimierte Therapieempfehlung und die Möglichkeit der Studienteilnahme.

Messages à retenir

  • Le traitement du mélanome de maligna de lentigo par radiothérapie peut être considéré comme la seule thérapie au lieu de la chirurgie.
  • Chez certains patients présentant un mélanome métastatique lymphogène, la radiothérapie est utilisée comme mesure adjuvante après une lymphadénectomie régionale complète pour améliorer le contrôle
    régional des tumeurs.
  • Les thérapies systémiques avec inhibiteur de tyrosine kinase ou immunothérapie représentent le standard du mélanome métastatique. En cas de contrôle local insuffisant de la tumeur par la thérapie systémique, la radiothérapie est utilisée.
  • L’ effet apscopal de la radiothérapie pour améliorer l’ immunothérapie n’est actuellement pas clair dans sa pertinence clinique.
  • Dans les métastases cérébrales asymptomatiques, il faut d’ abord
    envisager une thérapie systémique. Selon le statut mutationnel, il peut s’agir d’un traitement immunitaire ou d’ un traitement par inhibiteur de tyrosine kinase.
  • Dans les métastases cérébrales symptomatiques, surtout lorsque des stéroïdes sont nécessaires en raison d’ un œdème cérébral, il faut
    envisager principalement des traitements locaux comme la chirurgie
    et/ou la radiothérapie. La tomodensitométrie stéréotaxique devient de plus en plus importante par rapport au rayonnement du cerveau entier et devrait être préférée dans la mesure du possible.

1. Dummer, R., et al., The updated Swiss guidelines 2016 for the treatment and follow-up of cutaneous melanoma. Swiss Med Wkly, 2016. 146: p. w14279.
2. Barker, C.A. and N.Y. Lee, Radiation therapy for cutaneous melanoma. Dermatol Clin, 2012. 30(3): p. 525-33.
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16. Nguyen, S.M., et al., Stereotactic Radiosurgery and Ipilimumab Versus Stereotactic Radiosurgery Alone in Melanoma Brain Metastases. Cureus, 2017. 9(7): p. e1511.
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19. Aoyama, H., et al., Stereotactic Radiosurgery With or Without Whole-Brain Radiotherapy for Brain Metastases: Secondary Analysis of the JROSG 99-1 Randomized Clinical Trial. JAMA Oncol, 2015. 1 (4): p. 457-64.
Brown, PD, et al., Effect of Radiosurgery Alone Vs. Radiosurgery Using Whole Brain Radiation Therapy on Cognitive Function in Patients With 1 to 3 Brain Metastases: A Randomized Clinical Trial. JAMA, 2016. 316 (4): p. 401-409.
21. Yamamoto, M., et al., Stereotactic radiosurgery for patients with brain metastases – authors’ reply. Lancet Oncol, 2014. 15 (7): p. E248.

Tumormutationsprofilierung

Moderne Sequenziertechnologien (Next Generation Sequencing, NGS) ermöglichen eine umfassende genetische Analyse von Tumorzellen (Tumormutationsprofilierung). Veränderungen im Tumorzellgenom werden als Biomarker in der Präzisionsonkologie verwendet. Der nachfolgende Beitrag beschreibt Anwendungen der Tumormutationsprofilierung in der klinischen Diagnostik von onkologischen Erkrankungen.

Les technologies modernes de séquençage (Next Generation Sequencing, NGS) permettent une analyse génétique complète des cellules tumorales (profil de mutation tumorale). Les modifications du génome des cellules tumorales sont utilisées comme biomarqueurs en oncologie de précision. L’article suivant décrit les applications du profilage des mutations tumorales dans le diagnostic clinique des maladies oncologiques.

The tumor mutation profile is the totality of aberrations in the genome of a tumor. Recently, the pan-cancer atlas was published, which describes a comprehensive characterization of 33 tumor entities at the DNA and RNA levels (1). Acquired somatic mutations are key mechanisms in the development of solid tumors and haemato-oncological diseases (2). In addition to simple sequence variants, structural and numerical gene changes are differentiated.
In clinical tumor diagnostics, the focus is on the analysis of tumor-associated genes in which mutations with diagnostic, prognostic and / or predictive significance can occur (3).

Methodological aspects

For mutational profiling of tumors, high-throughput sequencing (NGS) is used, which allows parallel analysis of numerous target regions at the DNA and RNA levels (Figure 1) (4). In clinical applications, especially panels of up to several hundred tumor-associated genes are being analyzed. Mutation detection is performed by comparing the sequencing results with the corresponding sections of a human reference genome (hg19, GRCh38). For the description of sequence variants, a standardized nomenclature of HGVS is available (5). By means of suitable bioinformatics instruments NGS can also be used to detect numerical and structural changes.
Mutational profiling can be performed on paraffin-embedded tissue samples, cytological specimens, bone marrow aspirates, and tumor cells in blood samples (especially leukemias / lymphomas). Before DNA / RNA extraction, sufficient tumor cell content of the sample material must be ensured or a targeted tumor cell enrichment performed.

Assessment of the clinical relevance of a mutation

Die Pathogenität einer somatischen Mutation kann analog zu Keimbahnveränderungen klassifiziert werden (6). Bedeutsamer ist die Beurteilung der Actionability einer Mutation. Eine Mutation wird als actionable bezeichnet, falls sie ein Ansprechen oder eine Resistenz auf eine zugelassene oder experimentelle Therapie voraussagt bzw. als diagnostischer und/oder prognostischer Marker verwendet werden kann (Tab. 1) (7). Informationen zur Actionability einer Mutation finden sich in öffentlich zugänglichen Online Datenbanken (MyCancerGenome.org, PersonalizedCancerTherapy.org, Oncokb.org) (8). Kürzlich wurde im Rahmen eines AMP/ASCO/CAP Konsensus eine Evidenz-basierte Kategorisierung von somatischen Varianten/Mutationen in Hinblick auf ihre diagnostische, prognostische und/oder therapeutische Bedeutung vorgeschlagen (Tab. 2) (9).

Tumorklassifikation und Risikostratifizierung

Aktuelle Klassifikationssysteme verwenden vor allem phänotypische Merkmale zur Tumoreinteilung. Bei der Definition und Namensgebung von Tumorentitäten werden jedoch zunehmend auch genotypische Merkmale der Tumorzellen berücksichtigt. Beispiele finden sich in den aktuellen WHO Klassifikationen der ZNS Tumore, Leukämien/Lymphome und Weichgewebstumore. Die Mutationsprofilierung bietet sich an, wenn ein Tumor gleichzeitig auf Veränderungen in mehreren Genen untersucht werden muss, um eine abschliessende diagnostische und/oder prognostische Einordnung zur erreichen.

Identifikation von Patienten für etablierte zielgerichtete Therapien

Bei Tumortypen, bei denen mehrere klinisch relevante Mutationen vorliegen können, werden durch eine parallele Testung auf verschiedene genomische Aberrationen Effizienzgewinne und eine kürzere Bearbeitungszeit im Vergleich zu einer sequenziellen Einzelgentestung erzielt. So lassen sich histologisch gleichartige nicht-kleinzellige Lungenkarzinome (NSCLC) durch den Nachweis von charakteristischen Treibermutationen in molekulare Subtypen unterteilen, für die spezifische zielgerichtete Therapien verfügbar sind (10, 11). Durch eine Mutationsprofilierung können neben Veränderungen in den EGFR und ALK Genen auch seltene Treibermutationen (BRAF, HER2, MET, RET, NTRK1/2/3) detektiert werden.

Identifikation von Patienten für experimentelle Therapien

Bei onkologischen Therapiestudien mit «Baske» oder «Umbrella» Design erfolgt die Stratifizierung in die verschiedenen experimentellen Behandlungsarme anhand genotypischer Tumormerkmale (12). Das Mutationsscreening mittels zielgerichteter NGS ist ein effizientes Verfahren, Patienten für einen Studieneinschluss zu identifizieren. Die Machbarkeit und der klinische Nutzen einer systematischen Anwendung wird gegenwärtig in mehreren prospektiven Studien (MOSCATO-01, NCI-MPACT, NCI-MATCH, ProfiLER, TAPUR, etc.) unter Verwendung von klinisch relevanten Endpunkten wie Ansprechrate und Überlebenszeit untersucht (Tab. 3).

Identifikation von Patienten für eine Therapie mit Immuncheckpunkt-Inhibitoren

Während bei zielgerichteten Therapien der Nachweis bestimmter Mutationen von Bedeutung ist, so scheint bei Immuncheckpunkt-Inhibitoren die sogenannte Mutationslast eines Tumors (TML) mit dem Therapieansprechen assoziiert zu sein (13). Während die TML initial mittels Gesamt-Exom-Sequenzierung (WES) untersucht wurde, deuten aktuelle Studienergebnisse bei NSCLC darauf hin, dass die TML auch durch Sequenzierung eines kleineren genomischen Fussabdrucks (mindestens 1 Megabase) ermittelt werden kann (14, 15).

Erbliche Tumorprädisposition

Die Tumormutationsprofilierung zielt auf die Identifikation von somatischen Genaberrationen. Ohne vergleichende Untersuchung von Nichttumorgewebe (oder Blutzellen) des gleichen Individuums kann jedoch bei positivem Mutationsnachweis nicht sicher zwischen einer bei der Tumorentstehung erworbenen Mutation und einer Keimbahnmutation unterschieden werden. Hinweise auf das Vorliegen einer Keimbahnmutation ergeben sich aus der Allelfrequenz einer Variante unter Berücksichtigung des Tumorzellgehalts des Probenmaterials. Klinisch relevant sind vor allem Mutationen in den Genen, die mit einer erblichen Tumorprädisposition assoziiert sind (16).

Regulatorische Aspekte

Somatische Mutationsanalysen fallen zukünftig in den Geltungsbereich des revidierten Gesetzes über genetische Untersuchungen beim Menschen (GUMG). Daraus ergeben sich neue regulatorischen Anforderungen auch für die molekulare Tumordiagnostik (Patientenaufklärung/-einwilligung, Vermeidung von Überschussinformation, Informationspflicht bei inzidentellen Ergebnissen, etc.).

Herausforderungen

Die Tumormutationsprofilierung mittels NGS ist mit grossen infrastrukturellen, personellen und organisatorischen Anforderungen verbunden, um kurze Bearbeitungszeiten und eine gleichbleibend hochstehende Ergebnisqualität zu erreichen. Besondere Herausforderungen ergeben sich bezüglich der bioinformatischen Datenanalyse und der Datenspeicherung.
Die Beurteilung der Actionability von Tumorzellmutationen bleibt trotz der Verfügbarkeit von öffentlich zugänglichen Datenbanken und Online-Werkzeugen schwierig. Der Inhalt von Datenbanken entspricht bestenfalls dem Wissensstand zum Zeitpunkt der Abfrage. Mit der Anzahl der untersuchten Genregionen nimmt auch die Zahl der Sequenzvarianten zu, deren funktionelle Signifikanz unbekannt ist (VUS) und deren klinische Validierung als diagnostischer, prognostischer oder prädiktiver Biomarker bislang fehlt.

Schlussfolgerungen und Ausblick

Die Mutationsprofilierung hat sich als nützliches Werkzeug der molekularen Tumordiagnostik etabliert. Hauptanwendung ist die Analyse von Biomarkern für die Diagnostik (Klassifikation), Prognoseabschätzung und Vorhersage eines Therapieansprechens bei onkologischen Erkrankungen. In der Schweiz wird die Tumormutationsprofilierung von mehreren Pathologie-Instituten angeboten. Die angebotenen Genpanel unterscheiden sich hinsichtlich Grösse und Zusammensetzung.
Trotz aller Fortschritte bei der Standardisierung (Nomenklatur, Berichtswesen, etc.) bleibt die direkte interdisziplinäre Interaktion zwischen diagnostisch und therapeutisch ausgerichteten Fachspezialisten unabdingbar, um die klinische Signifikanz molekularer Testergebnisse im Kontext einer individuellen Patientensituation zu bewerten und Therapieempfehlungen im Einzelfall zu entwickeln. Mögliche zukünftige Entwicklungen sind die Mutationsprofilierung zirkulierender Tumor-DNA (ctDNA) und die Einführung der Gesamt-Exom-Sequenzierung (WES) in die klinische Tumordiagnostik.

Prof. Dr. med. Wolfram Jochum

Institut für Pathologie
Kantonsspital St. Gallen
9007 St. Gallen

wolfram.jochum@kssg.ch

Der Autor gibt an, dass für diese Publikation kein Interessenskonflikt vorliegt.

  • Das Mutationsprofil eines Tumors beschreibt die Gesamtheit der genetischen Veränderungen in den Tumorzellen.
  • Zum Nachweis von Mutationen in tumorassoziierten Genen wird im klinischen Kontext vor allem die zielgerichtete Hochdurchsatz-Sequenzierung (NGS) eingesetzt.
  • Hauptanwendungen der Tumormutationsprofilierung sind die Tumorklassifikation, die Risikostratifizierung/Prognoseabschätzung und die Vorhersage eines Ansprechens auf zielgerichtete Therapien und Immuncheckpunkt-Inhibition.

Messages à retenir

  • Le profil de mutation d’une tumeur décrit tous les changements génétiques dans les cellules tumorales.
  • Dans le contexte clinique, le séquençage ciblé à haut débit (NGS) est principalement utilisé pour détecter les mutations des gènes associés aux tumeurs.
  • Les principales applications du profilage des mutations tumorales sont la classification des tumeurs, la stratification des risques/estimation des prévisions et la prédiction de la réponse aux traitements ciblés et l’immunochimie.

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Strahleninduzierte orale Mukositis

Die orale Radiomukositis gehört zu den unerwünschten Nebenwirkungen der Radiotherapie bei Hals-Nasen-Ohren-Tumoren (HNO-Tumoren), welche die Lebensqualität der Patienten für mehrere Wochen beeinträchtigt sowie den Therapieerfolg gefährden kann. Eine adäquate symptomatische Behandlung ist ein wichtiger Bestandteil, um den womöglich lebensbedrohlichen Folgen vorzubeugen.

La radiomucosite buccale est l’un des effets secondaires indésirables de la radiothérapie dans les tumeurs des oreilles, du nez et de la gorge (ORL), qui peut nuire à la qualité de vie des patients pendant plusieurs semaines et compromettre le succès du traitement. Un traitement symptomatique adéquat est un élément important pour prévenir les conséquences potentiellement mortelles.

background

The proportion of ENT tumors in all malignancies is approximately 5%, with squamous cell carcinoma being the most common histological type in more than 90% of all patients (1). The primary curative treatment includes radiotherapy, surgical treatment or a combined procedure. Radiotherapy prevents mutilating surgery through the organ preservation approach of locally advanced tumors. A concomitant chemo or antibody therapy with cetuximab significantly improves prognosis in high-risk situations (absolute survival advantage of 7% after 5 years). However, a non-surgical approach leads to an increase in the incidence of oral mucositis. (1-4). About 75% of ENT tumors are definitely or postoperatively irradiated (4).

pathophysiology

The ionizing radiation in cells in mitosis leads to beach breaks of the DNA and thus to apoptosis. The tumor cells in the head and neck area are highly proliferative and thus particularly sensitive to radiation. However, radiotherapy is not only in the carcinoma cells, but also in the proliferating adjacent normal tissue, especially in the mucous membranes (5, 6). The complex development of oral radiomucositis begins in the submucosal endothelium or adjacent connective tissue layer. In case of intensive attack this leads to a damage of the oral mucous membrane with ulcerations. The risk of local infections to sepsis increases, depending on the extent and duration (2, 5, 7-9).Figure 1 illustrates the five stages of oral mucositis formation (9).

clinic

Die strahleninduzierte Mukositis ist eine stark beeinträchtigende Nebenwirkung bei HNO-Tumoren (10, 11). Das übliche kurative Radiotherapieschema für HNO-Tumore dauert 5 bis 7 Wochen, die Gesamtdosis beträgt rund 70 Gy, wobei häufig ein akzeleriertes Schema bevorzugt wird (2, 12). Im Gegensatz zur normal fraktionierten Radiotherapie (10 Gy pro Woche, in 5 Sitzungen) wird bei der akzelerierten Radiotherapie eine höhere Dosis pro Woche eingestrahlt, was die Behandlungszeit verkürzt. Eine signifikant verbesserte lokale Tumorkontrolle wurde in mehreren randomisierten Studien nachgewiesen (13–15).
Die Radiomukositis tritt in Abhängigkeit von der eingestrahlten Dosis auf und zeigt sich gewöhnlich ab einer kumulierten Dosis von 15 Gy bis 20 Gy beziehungsweise ab der zweiten bis dritten Behandlungswoche. Eine ulzerative Mukositis kann bereits ab einer kumulierten Dosis von 30 Gy beobachtet werden, welche jeden Bereich der Schleimhaut innerhalb des Bestrahlungsgebiets betreffen kann (16, 17). Die Beschwerden können in abnehmender Intensität bis 4 Wochen und länger nach Abschluss der Behandlung persistieren (Abb. 2) (2). Ihre Inzidenz nimmt mit einer konkomitierenden Chemotherapie sowie bei Anwendung einer nicht-konventionellen Fraktionierung signifikant zu (8, 10, 18).
Das klinische Bild, welches oft mit opportunistischen Infektionen sowie Gewichtsverlust vergesellschaftet ist, beinhaltet Erythem, Ulzera, lokale Schmerzen, Blutung, Xerostomie und dadurch Geschmacksstörung. Diese Nebenwirkungen können eine vorübergehende Unterbrechung der Radiotherapie erzwingen, eine Hospitalisation notwendig machen oder sogar zum Tode führen (2, 10, 19, 20). Therapieunterbrüche sind mit einer reduzierten lokalen und regionalen Kontrolle vergesellschaftet. Bei einer Verlängerung der Behandlungszeit wird der Verlust der lokalen Kontrolle auf etwa 1 bis 1,2 % pro Tag geschätzt (21). Deshalb gefährdet eine nicht adäquat behandelte Radiomukositis den Behandlungserfolg und führt auch zu hohen Folgekosten (2, 22). Die Hospitalisierungsrate aufgrund Komplikationen einer oralen Mukositis beträgt allgemein 16% und 32% bei Patienten, die eine nicht-konventionelle Fraktionierung erhalten haben (10).
Das erhöhte Risiko einer Radiomukositis besteht bei jüngeren Patienten aufgrund der schnelleren Zellteilung und -proliferation sowie bei älteren Patienten durch die tiefere Heilungsrate (20, 23). Zu weiteren Risikofaktoren zählen unter anderem eine vorbestehende schlechte Mundhygiene, Rauchen, Alkoholkonsum, Diabetes mellitus und Mangelernährung. Der letztgenannte Faktor verdient –da potenziell reversibel – eine besondere Aufmerksamkeit (18, 20, 22).

Management

Das Management einer oralen Radiomukositis setzt auf Linderung der Beschwerden und Prävention von Komplikationen. Zentral sind eine engmaschige Mundpflege, eine adäquate Analgesie sowie die Behandlung opportunistischer Infektionen. Die Anpassung der Nahrungsaufnahme spielt dabei auch eine wesentliche Rolle und kann die Verabreichung von Nahrungsergänzungsmitteln sowie die Notwendigkeit einer enteralen und ausnahmsweise einer parenteralen Ernährung zur Folge haben.

Mundpflege

Eine regelmässige und sorgfältige Mund- und Zahnpflege gilt als Schlüsselelement bei der Prävention und der symptomatischen Behandlung einer Radiomukositis (10, 17, 19, 20, 24). Lokale Interventionen wie die Mundspülung mit Natriumbicarbonat- oder Salzwasser und der Einsatz von Benzydamin sind wirksame, weitverbreitete Mittel bei der Prävention und Behandlung der oralen Radiomukositis. Zudem soll auf heisses und scharfes Essen, auf Rauchen sowie Alkoholkonsum verzichtet werden (16–18).
Benzydamin ist ein lokal wirkender nicht-steroidaler Entzündungshemmer, dessen Einsatz in der Mundhöhle gut vertragen wird und aufgrund der analgetischen, antiinflamatorischen und antiseptischen Eigenschaften in mehreren Studien dokumentiert ist (22). Die Anwendung führt nicht nur zur signifikanten Verzögerung des Auftretens einer Radiomukositis, sondern zur verbesserten Schmerzlinderung (11, 16–18, 22, 25).
Die Anwendung von pflanzlichen Mitteln beziehungsweise Tees wird seit langem ausgiebig diskutiert. Einige Studien befürworten den Einsatz von Kamillen-Tee als Mundspülung aufgrund der entzündungshemmenden sowie antibakteriellen Wirkung und der damit verbundenen Reduzierung der bakteriellen Last (19, 20, 22, 23). Alternativ kann Salbeitee angewendet werden (26).
Eine Supplementation mit Zink wird mit einem reduzierten Auftreten der Radiomukositis sowie des Analgetikabedarfs vergesellschaftet (17, 19, 20, 27).
Die Anwendung von Honig als Bestandteil des Managements der Radiomukositis wird kontrovers diskutiert. Einerseits enthält Honig mehrere antibakterielle Stoffe. Zusätzlich besitzt Honig analgetische Eigenschaften und die Fähigkeit, die adäquate Epithelisierung zu fördern (23, 27–29). Andererseits begünstigt die Anwendung von Honig das Auftreten von Karies (23).
Die Anwendung von Aloe Vera bzw. Säfte, welche eine anti-oxidative Wirkung besitzen, wurde ebenfalls als Prävention sowie Behandlung der Radiomukositis in einigen Studien empfohlen. Präklinische Studien zeigten, dass Aloe Vera die Wundheilung fördern kann, da die Anwendung zu einer Reduktion der Vasokonstriktion, vermehrter Synthese von Kollagen und einer verbesserten lokalen Sauerstoffversorgung der Wunden führte. Allerdings sind noch zusätzliche Studien notwendig (5).
Tatsächlich zeigte sich in vielen Studien, dass die Art der Mundspülung weniger Einfluss auf die Ausprägung der Mukositis hat, als die Häufigkeit (4-6 mal pro Tag). Nach Abschluss der Radiotherapie soll die Mundpflege solange fortgesetzt und überwacht werden, bis keine sichtbaren Schleimhautläsionen mehr erkennbar sind und sich die Xerostomie normalisiert hat (30).

Analgesie

Die frühzeitige Einleitung der Schmerzmedikation ist zwingend notwendig. Zur Analgesie bei schwachen bis mässigen Schmerzen stehen Nichtopioid-Analgetika zur Verfügung, entsprechend dem WHO-Stufenschema. Es ist darauf zu achten, welche Galenik ein Patient mit Schluckbeschwerden zu sich nehmen kann. Daher ist die Verschreibung von Metamizol-Tropfen in der Praxis aufgrund ihrer einfachen Applizierbarkeit sowie klinisch gutem Ansprechen beliebt. Starke brennende Schmerzen im Mund- und Rachenraum können oft nur durch Opiate gelindert werden. Die Anwendung von Fentanylpflaster ist bei ausgeprägten Schluckschmerzen zu empfehlen (31, 32). Die lokale zusätzliche Anwendung von Anästhetika wie Lidocaine, Dyclonine oder Diphenhydramine kann hilfreich sein (16, 17, 20). Die Infiltration des Tumors in benachbarte Gewebe kann neben viszeralen auch zu neuropathischen Schmerzen führen. Bei nichtausreichendem Ansprechen auf Opiate ist der Einsatz von Gabapentin als Co-Analgetikum eine Option (2).

Infektionen

Bei der oralen Mukositis besteht ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung bakterieller, viraler und pilzartiger Infektionen (33). Die Entwicklung eines Mundsoors in der beeinträchtigten Schleimhaut ist häufig, vor allem bei simultaner strahlensensibilisierender Chemotherapie mit Steroidgabe. Wenn die Speicheldrüsen im bestrahlten Bereich einbezogen sind, gibt es durch die Xerostomie eine progressive Steigerung der oralen Candidabesiedlung (12, 34, 35). Die Behandlung kann mit Fluconazol oder Amphotericin B erfolgen (22). Zur Soorprophylaxe zeigte die Fluconazolgabe (100 mg pro Tag oder 200 mg zweimal wöchentlich mit einem Abstand von mindestens 3 Tagen) eine positive Wirkung (36–38). Die Mundtrockenheit kann durch Speichelersatz abgeschwächt werden (20, 30).

Aussicht: alternative Therapiemöglichkeiten

Die Low-Level-Laser Therapie (LLL-Therapie) wurde in den letzten Jahren in zahlreichen Studien als wirkungsvoll beurteilt. Die LLL-Therapie führt zur Verringerung sowie Neutralisation freier Radikale, was klinisch mit vermehrter Zellteilung, Veränderung der Nerventransmission und Gewebeherstellung verbunden ist. Diese Technik ermöglicht durch die verzögerte Entwicklung der Radiomukositis sowie derer Abschwächung eine ausreichende Schmerzlinderung (1, 17, 19). Ihr Wirkungsmechanismus wurde jedoch mittlerweile bereits in Frage gestellt: in einer 2018 durchgeführten Studie zeigte sich durch die Anwendung der LLL-Thera-pie eine mögliche Beschleunigung des Tumorwachstums (39). Weitere Studien sind notwendig, um hierüber vertiefte Erkenntnisse zu erlangen.
In zahlreichen unterschiedlichen Studien, die bislang durchgeführt wurden, haben sich positive Ereignisse oftmals nur in Bezug auf die aus der Chemotherapie entstehende Mukositis gezeigt. Die Übertragbarkeit der chemotherapeutischen Erkenntnisse auf die Radiotherapie ist nicht in jedem Fall gegeben. Die Anwendung von Kryotherapie, Chlorhexidin und Sucralfat, welche zur Behandlung der durch Chemotherapie bedingten Mukositis geeignet ist, wird bei der Radiomukositis nicht empfohlen (17).

Schlussfolgerung

Die Radiotherapie ist neben der Chirurgie die wichtigste Modalität zur Behandlung von lokalisierten HNO-Tumoren. Neben dem therapeutischen Effekt auf die Tumorzellen kommt es obligat dosisabhängig zu einer Mukositis im Normalgewebe. Die adäquate Prophylaxe und Behandlung spielen eine zentrale Rolle, um die Einbusse an Lebensqualität für die Patienten zu minimieren und die damit verbundenen Komplikationen, welche den Behandlungserfolg insgesamt gefährden, zu verhindern. Eine nicht adäquat behandelte Mukositis führt ausserdem zu Mehrkosten, die es zu verhindern gilt.

Sabine Cardoso Almeida

Klinik für Radio-Onkologie
Kantonspital Winterthur
Brauerstrasse 15
8400 Winterthur

Dr. med. Stefan Brodmann

Klinik für Radio-Onkologie
Kantonspital Winterthur
Brauerstrasse 15
8400 Winterthur

Dr. med. Urs R. Meier

Klinik für Radio-Onkologie
Kantonspital Winterthur
Brauerstrasse 15
8400 Winterthur

Die Autoren geben an, dass für diese Publikation kein Interessenskonflikt vorliegt.

  • Für das Management der Radiomukositis ist eine engmaschige und kontinuierliche Betreuung durch das Ärzte- und Pflegeteam ent-
    scheidend.
  • Ein allgemeiner Konsens besteht betreffend der zentralen Bedeutung der Mundpflege, wobei deren konsequente Durchführung entscheidender ist als die Wahl der eingesetzten Mittel.
  • Die Mundpflege soll solange fortgesetzt und überwacht werden,
    bis alle sichtbaren Schleimhautläsionen abgeheilt sind.
  • Bei Schmerzen ist eine adäquate Analgesie wesentlich.
  • Eine klinisch nachgewiesene Infektion soll ggf. antimykotisch bzw. antibiotisch rechtzeitig behandelt werden.

Messages à retenir

  • Pour la prise en charge de la radiomucosite, il est essentiel que l’équipe médicale et infirmière prodigue des soins étroits et continus.
  • Il existe un consensus général sur l’importance centrale des soins bucco-dentaires, dont l’application cohérente est plus importante que le choix des moyens utilisés.
  • Les soins bucco-dentaires doivent être poursuivis et surveillés jusqu’à ce que toutes les lésions visibles des muqueuses soient guéries.
  • Une analgésie adéquate est essentielle en cas de douleurs.
  • Une infection cliniquement prouvée doit être traitée avec des antimucosiques ou des antibiotiques en temps utile.

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Ein essentielles Medikament der WHO

Rituximab, als 1997 weltweit erster zugelassener monoklonaler Antikörper der Onkologie, ist auch nach 20 Jahren ein Top-Blockbuster. Ein Rückblick zeigt, dass die Prognose der Lymphom Patienten sich durch Rituximab enorm verbessert hat und auch die erhöhte Heilungsrate bei Patienten mit aggressiven Formen von B-Zell Lymphomen sich langfristig bestätigt. Rituximab hat über die Onkologie hinaus neue Indikationen gefunden. Die Sicherheit von Rituximab ist gut und langfristig belastende Nebenwirkungen sind gering. Rituximab hat die 100 Mia $ Umsatzgrenze erreicht und zählt heute zu den essentiellen Medikamenten der WHO.

Le rituximab, le premier anticorps monoclonal approuvé au monde pour l’oncologie en 1997, est toujours un blockbuster de premier plan après 20 ans. Une revue montre que le pronostic des patients atteints d’un lymphome s’est considérablement amélioré avec le rituximab et que l’ augmentation du taux de guérison chez les patients atteints de formes agressives de lymphome à cellules B est confirmé à long terme. Le rituximab a trouvé de nouvelles indications au-delà de l’oncologie. La sûreté du rituximab est bonne et les effets indésirables à long terme sont faibles. Le rituximab a atteint la barre des 100 milliards de dollars et est maintenant l’un des médicaments essentiels de l’OMS.

The development and use of rituximab (Mabthera®) (R) has become one of the most successful chapters in the recent history of modern oncology hematology. R was the first monoclonal antibody ever approved by the FDA in 1997 for oncological therapy. Already in 1998 Swissmedic followed with the same indication approval. She focused on the treatment of pretreated follicular non-Hodgkin’s lymphoma expressing CD20.

R as chimeric mouse-human monoclonal antibody (mAb, IgG1kappa) of 1328 amino acids with a molecular weight of 144,544 daltons was developed by Lee Nadler, who also first described the antigen CD20, at the Dana-Farber Cancer Institute (1). CD20 is a glycosylated transmembrane phosphoprotein on the surface of mature B lymphocytes and is particularly strongly expressed in> 95% of B cell neoplasias. CD20 is not secreted or repelled by the cell surface and thus does not circulate in the blood. Also, no natural ligand for CD20 is known. The CD20 antigen is encoded in humans by the MS4A1 gene. Since neither the early B-progenitor cells nor the very mature B-cells express substantially CD20, hardly any long-term side effects are to be expected. Nadler and his team were also the first which documented as early as 1980 that a clinically demonstrable positive effect on the malignant B lymphocytes could be achieved with an antibody directed against CD20 (Ab 89). He also documented for the first time that a treatment-refractory patient with a “diffusely poorly differentiated lymphocytic lymphoma” also benefited temporarily clinically.

Wirkmechanismus

Bis heute wissen wir nicht abschliessend wie R seine klinische Wirkung entfaltet. Die meisten Daten zum Wirkmechanismus stammen aus in-vitro Versuchen. Die chimärische Natur von R hat den Vorteil gegenüber monoklonalen Maus-Antikörpern, dass die Immunogenizität stark reduziert ist und somit wiederholte Anwendungen ermöglicht werden und dass R humanes Komplement C1q binden kann und durch die Komplementfixation (CDC) und Antikörper vermittelte zelluläre Toxizität (ADCC) die Tumorzellen effizienter zerstören kann. Letztere wird heute als der wesentliche Wirkmechanismus von R betrachtet. Nach der Bindung von R an CD20 wird der Komplex in der Zellmembran nach innen verschoben als Cholestrol- und Sphingolipid-reiche sog. Lipid-rafts, welche in der intrazellulären Signalauslösung die wesentliche Rolle spielen Wir haben es somit mit einer komplexen Pharmakodynamik mit einem breiten Wirkspektrum zu tun und dies ist schematisch zusammenfassend in Abb. 1 dargestellt (2).
Eine direkte Dosis-Wirkungsbeziehung ist bekannt und der Entscheid die Dosis bei 375mg/m2 festzulegen war 1997 rein pragmatischer Natur. Zum Zeitpunkt der Erstzulassung war die Produktion von R für den Markt zu knapp und die Dosis wurde deshalb so gewählt, dass damit gerade eine gute klinische Aktivität beim follikulären NHL erzielt werden konnte, ohne dass die Dosis-Wirkungskurve optimal ausgelotet wurde. Es wurde zu Recht postuliert, dass je nach Tumor-Volumen und Expressionsstärke von CD20 die Dosis besser individuell angepasst sein sollte. Bis heute ist leider diese weitere Optimierung der besten individuellen Einzel-Dosis nicht weiterverfolgt worden und lediglich bei der ersten Dosis zur Behandlung von CLL Patienten mit 500mg/m2 wird die sonst generell übliche Dosis von 375mg/m2 überschritten. Es wird weiter postuliert, dass die in der Klinik beobachteten synergistischen Effekte mit den meisten bisher etablierten Zytostatika, neben den immunologischen Effekte von R, auch auf einer Sensibilisierung für die zytostatischen und zytotoxischen Effekte in Kombinationstherapien beruhen. Ein eigentlicher Rituximab-Resistenzmechanismus konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Beim seltenen erworbenen Verlust von CD20 auf vorher sensiblen CD20+ Lymphomen ist die konsekutive klinische «Resistenz» eine logische unmittelbare Konsequenz. Inwieweit auch Komplement-Resistenz Proteine oder Fc-Rezeptor Polymorphismen für die Resistenzentwicklung eine Rolle spielen bleibt umstritten (3). Auch die Variation der Zusammensetzung der erwähnten Lipid-Rafts, welche bei malignen B-Zellen besonders häufig beobachtet wird und sehr dynamisch ist, wird als möglicher Mechanismus für eine R-Resistenz postuliert. Ein klinisch brauchbarer prädiktiver Bluttest, der mit dem Therapieerfolg von R zuverlässig korreliert, konnte bisher leider nicht identifiziert werden.

Abb. 2: Herstellung von Rituximab (6)

Produktion

Rituximab wird industriel in grossen Mengen in Inkubationstanks aus Zellkulturen von genetisch modifizierten ovariellen Hamster-Zell-linien (OHC) hergestellt. Danach wird das Isolat in mehreren Schritten durch komplexe speziell dafür geeignete Filter weitestgehend gereinigt, um möglichst alle Fremd-Bestandteile zu entfernen (Abb. 2) (6). Es ist deshalb wichtig zu wissen, dass nie alle Chargen total identisch sein können und somit auch die Verträglichkeit variieren kann. In der Praxis hat sich jedoch die Zuverlässigkeit der Produkte mit diesem Herstellungsprozess bewährt und auch Lieferunterbrüche sind kein Problem mehr.

Sicherheit

Vor allem bei der Erstexposition mit Rituximab kommt es bei bis zu 50 % der Patienten zu teils ausgeprägten Nebenwirkungen durch ein Cytokin-release Syndrom mit Fieber, Schüttelfrost, Atembeschwerden und Exanthemen. Durch prophylaktische Massnahmen (Steroide, Antihistaminika und NSAR) lassen sich diese Nebenwirkungen reduzieren und im weiteren Verlauf der Behandlung bessern sich die Nebenwirkungen meist. Wenn vor und bei der Erstgabe die Kontraindikationen, die obligaten Sicherheitsmassnahmen sowie die notwendige Überwachung sorgfältig befolgt werden und eine übertriebene Hyperhydrierung vermieden wird kann bei den meisten Patienten die Therapie standardmässig weiter verabreicht werden. Viele initial geäusserten Befürchtungen wie anhaltende Immunsuppression, gehäufte schwere opportunistische Effekte und sekundäre Neoplasien sowie das häufige Auftreten von Anti-R- Antikörpern konnten bisher in keinem für diese Therapien und Krankheiten erwarteten Ausmass dokumentiert werden. Auch die Befürchtung, dass die häufig notwendigen konkommitierenden Steroidgaben die Wirkung von R neutralisieren könnte, wurde in klinischen Studien entkräftet. Das Auftreten eines Tumorlyse-Syndroms ist selten und meist beherrschbar, wenn die entsprechenden bekannten prophylaktischen und therapeutischen Massnahmen erfolgen. Noch unklar ist inwieweit eine progressive multifokale Leukoenzephalopathie (PML) als Folge einer R Therapie auftreten kann. Die PML ist eine schwerwiegende opportunistische Virusinfektion des Gehirns, die bei Patienten mit Immunschwäche durch das JC-Virus ausgelöst wird und oft tödlich verläuft. Vorsicht ist insbesondere auch geboten bei schwer immungeschwächten vorbehandelten Patienten die wegen Rheumatoider Arthritis, Granulomatose mit Polyangiitis und mikroskopischer Polyangiitis R erhalten.
Es kann heute gesagt werden, dass die Verträglichkeit und Sicherheit von R als Monotherapie und in Kombination in damit geübten Händen angesichts der ausgeprägten therapeutischen Wirkung als gut bezeichnet werden darf.

Therapie Resultate

Das kurative Potential von R in Kombination mit Chemotherapie wie zb. R-CHOP ist ein Meilenstein der Onkologie für die Behandlung der Patienten mit aggressivem B-Zell Non-Hodgkin Lymphom. Bei Patienten mit fortgeschrittenem aggressivem Non-Hodgkin Lymphom aller Altersgruppen sind die Resultate eindrücklich und diese Therapie ist heute weltweit die Standardtherapie geworden. Die beiden ersten Landmark-Studien dazu für jüngere Patienten (MINT-Studie: (3). Figur 3) und ältere (GELA-Studie (4), Figur 4) wurden wiederholt publiziert nach längeren Beobachtungszeiten und belegen eindrücklich die deutlich erhöhte Heilungsrate durch die Zugabe von Rituximab zur bisherigen Chemotherapie.
Bei der Behandlung aller indolenten Lymphome ist R ebenfalls eine Standardtherapie, häufig in Kombination mit Chemotherapie aber auch als Monotherapie. Hier kommt die Erhaltungstherapie mit 2-3monatlichen Gaben von R-Infusionen nach einer erfolgreichen Induktionsphase während meist 2 Jahren zur Anwendung, um das PFS und die Zeit bis zur nächsten Behandlung deutlich hinauszuzögern. Die Gesamtprognose der Patienten hat sich damit deutlich um mehrere Jahre verbessert und zunehmend ist die Diagnose eines indolenten Lymphoms bei älteren Menschen nicht mehr Lebenszeit verkürzend. Da eine absolute R-Resistenz selten ist kommt R sowohl in der Primärtherapie wie auch in den Folgetherapien wiederholt zum Einsatz. Die nuklearmedizinische R-basierte Radioimmuntherapie mit Zevalin und Bexxar (USA) haben eine zwar etwas höhere CR-Rate als R allein gezeigt und waren ähnlich wirksam wie eine 6-8-monatige R-haltige Induktionstherapie. Sie haben sich aber letztlich auch aus logistischen Gründen nicht durchgesetzt.
Heute kann man vereinfachend sagen, dass fast alle Patienten mit CD20 positiven B-Zell Malignomen von einer R-haltigen Therapie klinisch wesentlich profitieren und dadurch die Prognose wie durch kein anderes Therapeutikum bisher wesentlich verbessert werden konnte (5). Als Konsequenz davon ist R auf der WHO-Liste der «Essential Medicines» gelandet und hat als erstes Medikament überhaupt die 100 Milliarden US $ Umsatzgrenze erreicht.

Abb. 3: Mediane rezidiv-freie Überlebenszeit )nach (3)

Rituximab und die nächsten 20 Jahre

In den letzten Jahren sind neue anti-CD20 Antikörper auf den Markt gekommen wie Ofatumumab mit einer anderen Bindungsstelle am CD20 als R und Obinutuzumab, modifiziert am Fc-Teil von R und einer zusätzlichen Gylcosylierung. Beide sind zudem voll humanisierte monoklonale Antikörper. Auch verschiedene Biosimilars haben die Zulassung erreicht und kämpfen um ihren Marktanteil. R ist zwischenzeitlich neu adaptiert auch für eine subkutane Applikation erhältlich. Weitere anti-CD20 monoklonale Antikörper wie Veltuzumab und Ocrelizumab sind unterwegs. Bispezifische Antikörper gegen CD20/CD3 zeigen ebenfalls wesentliche Aktivität. Trotzdem, R und seine Biosimilars dürften noch lange im Rennen bleiben wegen der weltweiten langfristigen Vertrautheit mit diesem Antikörper und den hervorragenden immer wieder bestätigten klinischen Daten. Auch in Kombinationstherapien gerade mit den neu zugelassenen hochwirksamen vorab oralen Medikamenten wird R noch lange der beste, da lange bewährte Partner bleiben.
Es sind immer noch offene Fragen zu beantworten wie zB die Optimierung der Einzel-Dosis, die Dauer der optimalen Erhaltungstherapien, die Frage nach einem prädiktiven Marker.
Aus heutiger Sicht würde man sich natürlich wünschen, dass wir schon vor 25 Jahren die Option gehabt hätten eine «tissue-agnostic» Zulassung zu erwirken. Dies hätte enorm viel Aufwand, Zeit und auch Leben sparen können, wenn die Indikation der Zulassung von R damals simpel «CD-20+ B-Zell-Lymphome» gelautet hätte.

Abb. 4: Gesamtüberleben nach 10 Jahren von Patienten, die mit CHOP und R-CHOP behandelt wurden (nach (4). Das mediane OS betrug 3.5 Jahre (95% CI: 2.2-5.5) im CHOP Arm und 8.4 Jahre (95% CI 5.4 bis nicht erreicht) m R-CHOP Arm (p<0.0001)
Prof. em. Dr. med.Thomas Cerny

Rosengartenstrasse 1d
9000 St. Gallen

thomas.cerny@kssg.ch

Der Autor hat keinen Interessenskonflikt im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.

  • Rituximab, bzw die gegen CD20 gerichtete passive Immuntherapie bei Patienten mit B-Zell Lymphomen, kann nach 20 Jahren weltweiter Erfahrung als eine der erfolgreichsten Errungenschaften der modernen Onkologie betrachtet werden.
  • Die Prognose der meisten Patienten wurde damit um Jahre verbessert und die Heilungsrate auch älterer Patienten mit aggressiven Lymphomen hat sich deutlich verbessert.
  • Rituximab, seine Biosimilars und weitere CD20 gerichtete Therapien sind heute die Basis der modernen Lymphom-Therapie und werden vorab in Kombinationen auch in Zukunft unverzichtbar bleiben.

Messages à retenir

  • Le rituximab, ou l’ immunothérapie passive dirigée contre le CD20 chez les patients atteints d’un lymphome à cellules B, peut être considéré comme l’ une des plus grandes réussites de l’oncologie moderne après 20 ans d’expérience mondiale.
  • Le pronostic de la plupart des patients s’ est amélioré d’ années en années et le taux de guérison des patients âgés atteints de lymphomes agressifs s’est considérablement amélioré.
  • Le rituximab, ses biosimilaires et d’ autres thérapies dirigées contre le CD20 sont aujourd’hui à la base de la thérapie moderne du lymphome et resteront indispensables en combinaison dans le futur.

1. Nadler LM et al. Serotherapy of a patient with a monoclonal antibody directed against a human lymphoma-associated antigen.Cancer Res. 1980;40:3147-54
2. Jaglowski SM et al. The clinical application of monoclonal antibodies in chronic lymphocytic leukemia.Blood. 2010;116:3705-14
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