SWISSMEDIC INFO

Public Summary SwissPAR vom 13.06.2023

Opdualag® (Wirkstoffe: Nivolumab, Relatlimab)

Erstzulassung in der Schweiz: 23.12.2022
Arzneimittel (Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung) zur Erstlinienbehandlung von Erwachsenen mit Melanom mit einer PD-L1-Expression unter 1%

Über das Arzneimittel

Das Arzneimittel Opdualag enthält die bei-den monoklonalen Antikörper (immunolo-gisch aktive Proteine) Nivolumab und Relat-limab.
Opdualag wird bei Erwachsenen zur Behandlung von nicht resezierbarem (chirurgisch nicht entfernbar oder metastasiertem (mit Bildung von Krebszellablegern) Melanom mit einer PD-L1-Expression unter 1 % angewendet.

Opdualag wurde im Rahmen des «Project Orbis» zugelassen. Project Orbis ist ein von der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA koordiniertes Programm für vielversprechende Krebsbehandlungen. Es bietet einen Rahmen für die gleichzeitige Einreichung und Prüfung von Krebsmedikamen-ten durch mehrere internationale Partnerbehörden verschiedener Länder. Damit wird das Ziel verfolgt, Patientinnen und Patienten einen schnelleren Zugang zu innovativen Krebsbehandlungen zu ermöglichen. Zurzeit sind die Zulassungsbehörden von Australien (TGA), Brasilien (ANVISA), Israel (MOH), Kanada (HC), Singapur (HSA), Schweiz (Swissmedic) und dem Vereinigten Königreich (MHRA) im Project Orbis vertreten.

Wirkung

Opdualag enthält in einer fixen Kombination den bereits bekannten Wirkstoff Nivolumab (ein sogenannter PD-1-Hemmstoff) und den neuen Wirkstoff Relatlimab, einen LAG-3-Hemmstoff.

PD-1 (programmierter Zelltod-1 / Programmed cell death protein 1) ist ein Rezeptor (Zielstelle) auf Immunzellen. Diese Immunzellen dienen der körpereigenen Ab-wehr. Bei Aktivierung des Rezeptors durch ein PD-L1 (PD-ligand 1) – ein Protein – wird die Immunantwort des Körpers verringert.
Bestimmte Krebszellen können ein solches PD-L1-Oberflächenprotein ausbilden, das dann die Immunantwort des Körpers auf die Tumorzellen vermindert. Die Blockierung der Bindung des PD-L1 an den PD-1 Rezeptor durch einen PD-1 Hemmstoff, wie Nivolumab, führt somit zu einer erhöhten Aktivität des körpereigenen Abwehrsystems gegenüber dem Tumorgewebe.

Die Hemmung von LAG-3 (Lymphocyte activation gene-3) durch Relatlimab bewirkt über einen anderen Mechanismus ebenfalls eine erhöhte Aktivität des köpereigenen Abwehrsystems gegen den Tumor.

Anwendung

Opdualag mit den Wirkstoffen Nivolumab und Relatlimab ist rezeptpflichtig. Opdualag ist als Konzentrat zur Herstellung einer Infusion in einer Durchstechflasche mit 20 ml Konzentrat mit 240 mg Nivolumab und 80 mg Relatlimab erhältlich. Die empfohlene Dosierung von Opdualag (480 mg Nivolumab und 160 mg Relatlimab) wird alle 4 Wochen als Infusion in die Vene über 30 Minuten verabreicht.

Wirksamkeit

Die Wirksamkeit von Opdualag wurde in einer Studie (RELATIVITY-047) mit 714 Patientinnen und Patienten mit zuvor unbehandelten metastasiertem oder nicht resezierbarem Melanom untersucht. 355 Personen erhielten Nivolumab in Kombination mit Relatlimab und 359 Personen erhielten nur Nivolumab (Monotherapie). In beiden Grup-pen wurde die Konzentration an PD-L-1-Protein bestimmt, die das Tumorgewebe bildete. Alle Patientinnen und Patienten wurden bis zum Fortschreiten der Erkrankung oder bis zum Auftreten nicht akzeptabler unerwünschter Wirkungen mit den jeweiligen Therapien behandelt.

Die Wirksamkeit der Therapie wurde an-hand des progressionsfreien Überlebens (PFS1) bestimmt. Nach 12 Monaten war bei 42 % der Patientinnen und Patienten in der Kombinationsgruppe mit einem PD-L1-Wert unter 1 % noch kein PFS-Ereignis eingetreten, verglichen zu 25% in der Nivolumab-Gruppe. Das mediane2 PFS lag bei 6.4 Monaten in der Gruppe mit Nivolumab plus Relatlimab und bei 2.9 Monaten in der Nivolumab-Gruppe.

Das mediane Gesamtüberleben (overall survival, OS)3 war zum Zeitpunkt der Studienauswertung in der Kombinationsgruppe noch nicht erreicht und betrug 27 Monate in der Nivolumab-Gruppe.

Vorsichtsmassnahmen, unerwünschte Wirkungen & Risiken

Opdualag darf bei einer Überempfindlichkeit gegenüber den Wirkstoffen oder einem der Hilfsstoffe nicht angewendet werden.

Die häufigsten beobachteten unerwünschten Wirkungen waren Ermüdung (39 %), Schmerzen des Muskel- und Skelettsystems (28 %), Hautausschlag (22 %), Juckreiz (20 %) und Gliederschmerzen (20 %). Immunvermittelte unerwünschte Wirkungen, wie zum Beispiel entzündliche Veränderungen der Lunge (Pneumonitis), der Leber (Hepatitis) oder des Herzmuskelgewebes (Myokarditis), können auch nach Absetzen der Therapie auftreten, daher sollten die Patientinnen und Patienten weiterhin für mindestens 5 Monate kontinuierlich überwacht werden. Alle Vorsichtsmassnahmen, Risiken und weitere mögliche unerwünschte Wirkungen sind in der Fachinformation aufgeführt.

Begründung des Zulassungsentscheids

Die RELATIVITY-047-Studie zeigte eine Verbesserung des PFS sowie des OS durch die Kombination von Nivolumab und Relatlimab im Vergleich zur Monotherapie mit nur Nivolumab bei Patientinnen und Patienten mit einem zuvor unbehandelten metastasiertem oder nicht resezierbarem Melanom, die eine PD-L1-Expression unter 1% haben.

Unter Berücksichtigung aller Risiken und Vorsichtsmassnahmen und aufgrund der vorliegenden Daten überwiegen die Vorteile von Opdualag die Risiken. Swissmedic hat daher das Arzneimittel Opdualag mit den Wirkstoffen Nivolumab und Relatlimab für die Schweiz zugelassen.

Weitere Informationen zum Arzneimittel

Information für medizinisches Fachpersonal: Fachinformation Opdualag® auf www.swissmedicinfo.ch
Weitere Fragen beantworten Gesundheitsfachpersonen.

1. PFS: Progressionsfreies Überleben (PFS, progression-free survival): Zeitspanne zwischen dem Start einer Behandlung oder einer klinischen Studie und dem Beginn des Fortschreitens der Krankheit oder dem Tod der Patientin oder des Patienten.

2. Median: Der Wert, der genau in der Mitte einer Datenverteilung liegt, nennt sich Median oder Zentralwert. Die eine Hälfte aller Daten ist immer kleiner, die andere grösser als der Median.

3. Gesamtüberleben (OS, overall survival): Das Gesamtüberleben bezeichnet die Zeitspanne zwischen Therapiebeginn und Tod des Patienten bzw. der Patientin.

Der Stand dieser Information entspricht demjenigen des SwissPAR. Neue Erkenntnisse über das zugelassene Arzneimittel fliessen nicht in den Public Summary SwissPAR ein.
In der Schweiz zugelassene Arzneimittel werden von Swissmedic überwacht. Bei neu festgestellten unerwünschten Arzneimittelwirkungen oder anderen sicherheitsrelevanten Signalen leitet Swissmedic die notwendigen Massnahmen ein. Neue Erkenntnisse, welche die Qualität, die Wirkung oder die Sicherheit dieses Medikaments beeinträchtigen könnten, werden von Swissmedic erfasst und publiziert. Bei Bedarf wird die Arzneimittelinformation angepasst.

Benchmarking-Studie 2022: Internationaler Vergleich der Schweizer Zulassungszeiten

Swissmedic und die pharmazeutischen Firmen haben bereits zum 10. Mal die Benchmarking Studie der Durchlaufzeiten für die Zulassung von Humanarzneimitteln durchgeführt. Die Gegenüberstellung der Zulassungszeiten der European Medicines Agency (EMA), der US Food and Drug Administration (FDA) und Swissmedic erlauben es, die Leistung der Swissmedic als kleine, unabhängige Zulassungsbehörde mit den Leistungen der grossen internationalen Referenzbehörden direkt zu vergleichen.

Die Analyse der Durchlaufzeiten für Neuanmeldungen neuer aktiver Substanzen (NA NAS) zeigt in 2022 über alle Verfahren einen leicht höheren Zeitbedarf auf, die medianen Zeiten von Swissmedic liegen jedoch mit der EMA gleich auf. Die Verzögerungen werden auf die erhöhte Ressourcenbelastung in den Pandemiejahren 2020/2021 zurückgeführt, als Gesuche für Arzneimittel zur Bekämpfung oder Prävention der Pandemie zu Lasten anderer innovativer Neuanmeldungen prioritär behandelt wurden.

Die zeitlichen Verzögerungen bei der Zulassung von NA NAS gegenüber EMA und FDA haben sich jedoch verringert: Submission Gap1 und Approval Gap2 haben im Vergleich zum letzten Jahr insgesamt abgenommen. Dies wird in erster Linie auf die internationalen Verfahren im Access Consortium und im Project Orbis sowie die vermehrten befristeten Zulassungen zurückgeführt.

Weitere Trends und Erkenntnisse aus der Studie sind im Executive Summary zusammengefasst:
www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/humanarzneimittel/authorisations/informationen/benchmarking-studie-2022.html

Im Zusammenhang möchte Swissmedic auch auf die jüngste Publikation des Centre for Innovation in Regulatory Science (CIRS) aufmerksam machen: Das R&D Briefing 88 – New drug approvals in six major authorities 2013-2022 (https://cirsci.org) vergleicht die Zulassungszeiten von Swissmedic mit den denjenigen von Europa, Japan, Kanada und Australien und der USA (Figure 1). Beim Vergleich des Executive Summary und dem R&D Briefing 88 von CIRS ist zu beachten, dass die Einschlusskriterien für Gesuche nicht identisch sind, was zu kleineren nummerischen Abweichungen führt.

1. Der Submission Gap ist definiert als die Zeit (Median) zwischen dem Datum der Einreichung bei der Referenzbehörde und dem Datum der Einreichung bei Swissmedic.

2. Der Approval Gap ist definiert als die Zeit (Median) zwischen dem Genehmigungsdatum der Referenzbehörde und dem Genehmigungsdatum von Swissmedic.

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Public Summary SwissPAR vom 26.05.2023

Tecvayli® (Wirkstoff: Teclistamab)

Befristete Zulassung in der Schweiz: 22.12.2022
Arzneimittel (Injektionslösung) zur Viertlinien-Behandlung des rezidivierenden und refraktären multiplen Myeloms bei Erwachsenen

Über das Arzneimittel

Das Arzneimittel Tecvayli mit dem Wirkstoff Teclistamab wird zur Behandlung des multiplen Myeloms («Knochenmarkkrebs») bei Erwachsenen eingesetzt, die mindestens drei vorausgegangene Behandlungsphasen durchlaufen haben, einschliesslich der Behandlung mit Medikamenten der drei Standardtherapieklassen, und deren Erkrankung nach der letzten Behandlungsphase ein Fortschreiten gezeigt hat.

Das multiple Myelom (MM) ist eine seltene Krebsart, welche etwa 1-2 Prozent aller Krebserkrankungen ausmacht. Die Häufigkeit der Neuerkrankungen mit MM nimmt mit dem Alter zu. Zwei Drittel der neuerkrankten Personen sind über 65 Jahre alt. Die Erkrankung ist gekennzeichnet durch eine übermässige Vermehrung der Plasmazellen. Plasmazellen sind eine Unterart der weissen Blutkörperchen, welche im körpereigenen Abwehrsystem (Immunsystem) für die Produktion von Antikörpern verantwortlich sind. Im Rahmen des MM vermehren sich Plasmazellen unkontrolliert im Knochenmark und manchmal auch in anderen Organen. Dies verhindert die normale Bildung von Blutzellen und kann Knochen und andere Organe zerstören bzw. in ihrer Funktion beeinträchtigen.

Tecvayli wurde im Rahmen des «Project Orbis» befristet zugelassen. Project Orbis ist ein von der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA koordiniertes Programm für vielversprechende Krebsbehandlungen. Es bietet einen Rahmen für die gleichzeitige Einreichung und Prüfung von Krebsmedikamenten durch mehrere internationale Partnerbehörden verschiedener Länder. Damit wird das Ziel verfolgt, Patientinnen und Patienten einen schnelleren Zugang zu innovativen Krebsbehandlungen zu ermöglichen. Zurzeit sind die Zulassungsbehörden von Australien (TGA), Brasilien (ANVISA), Israel (MOH), Kanada (HC), Singapur (HSA), Schweiz (Swissmedic) und dem Vereinigten Königreich (MHRA) im Project Orbis vertreten.

Wirkung

Teclistamab ist ein Antikörper (ein immunologisch wirksames Protein), der sowohl an die Tumorzelle über das sogenannte B Cell Maturation Antigen (BCMA) als auch an den CD3 Rezeptor (Bindungsstelle) auf den T-Zellen (Zellen des Immunsystems) bindet. Dadurch bringt Teclistamab die Tumorzellen mit den T-Zellen zusammen. Dies wiederum aktiviert die T-Zellen, die dann die multiplen Myelom-Zellen abtöten können.

Anwendung

Tecvayli mit dem Wirkstoff Teclistamab ist rezeptpflichtig.

Tecvayli ist als Injektionslösung in der Dosis 30 mg gelöst in 3 ml und 153 mg gelöst in 1.7 ml jeweils in einer Durchstechflasche erhältlich. Tecvayli wird unter die Haut gespritzt. Die Dosierung wird schrittweise auf die Behandlungsdosis erhöht.

Die Anwendung von Tecvayli soll nur unter der Anleitung von ärztlichem Personal mit Erfahrung in der intensivmedizinischen Behandlung der möglicherweise auftretenden unerwünschten Wirkungen erfolgen. Zu Beginn der Therapie mit Tecvayli, und bei Bedarf auch im späteren Verlauf der Behandlung, ist eine stationäre Überwachung während mindestens 48 h nach der Gabe notwendig.

Wirksamkeit

Die Wirksamkeit von Tecvayli wurde in einer offenen Studie ohne einen Kontrollarm mit 163 MM-Patientinnen und -Patienten nach mindestens drei vorausgegangenen Behandlungsphasen, einschliesslich der Behandlung mit Medikamenten der drei Standardtherapieklassen, untersucht.

Historisch betrachtet haben Patientinnen und Patienten mit rezidivierendem (wiederkehrendem) oder refraktärem (behandlungsresistentem) MM, die bereits mit den drei Standardtherapieklassen vorbehandelt wurden, einen ungünstigen Krankheitsverlauf (schlechte Prognose). Die Gesamtansprechrate (ORR) (1) lag bei ca. 30 %. Das mediane (2) progressionsfreie Überleben (PFS) (3) lag bei ca. 3 bis 6 Monaten und das gesamte Überleben (OS) bei ca. 6 bis 12 Monaten.

Mit Tecvayli erreichte die Studienpopulation eine ORR von knapp 60%. Aufgrund der zum Zeitpunkt der Zulassung vorliegenden Daten schätzt man das mediane PFS unter Tecvayli auf ca. 10 Monate und das Überleben auf ca. 16 Monate. Allerdings ist die Studie noch nicht abgeschlossen.

Vorsichtsmassnahmen, unerwünschte Wirkungen & Risiken

Tecvayli darf bei einer Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einem der Hilfsstoffe nicht angewendet werden. Zu den häufigsten unerwünschten Wirkungen gehören Zytopenien (4), Infektionen, das Zytokin-Freisetzungssyndrom (CRS) (5) und unerwünschte neurologische Wirkungen. Alle Vorsichtsmassnahmen, Risiken und weitere mögliche unerwünschte Wirkungen sind in der Fachinformation aufgeführt.

Begründung des Zulassungsentscheids

Da es sich beim multiplen Myelom um eine seltene und lebensbedrohende Krankheit handelt, wurde Tecvayli als «Orphan Drug» zugelassen. Mit «Orphan Drug» werden wichtige Arzneimittel für seltene Krankheiten bezeichnet.

Patienten und Patientinnen mit einem rezidivierenden oder refraktären stark vorbehandelten MM haben eine schlechte Prognose. Ein weiterer Behandlungsansatz für diese Personen ist die sogenannte anti-BCMA CAR-T Zell-Therapie. Diese Therapie ist jedoch nicht für alle betroffenen Patientinnen und Patienten einsetzbar. Daher besteht ein grosser Bedarf an neuen Therapiemöglichkeiten.

Die Daten der vorgelegten Studie zeigten eine hohe Ansprechrate unter Tecvayli verglichen zu den historischen Daten. Die Aussagekraft der Ergebnisse zum Überleben ist begrenzt, da die Studiendauer zum Zeitpunkt der Datenbetrachtung noch nicht ausreichend lang war.

Unter Berücksichtigung der Risiken und Vorsichtsmassnahmen und aufgrund der vorliegenden Daten hat Swissmedic das Arzneimittel Tecvayli mit dem Wirkstoff Teclistamab für die Schweiz befristet zugelassen (Art. 9a HMG), da zum Zeitpunkt der Zulassung noch nicht alle klinischen Studien vorliegen oder abgeschlossen waren. Die befristete Zulassung ist zwingend an die zeitgerechte Einreichung der von Swissmedic verlangten Daten gebunden. Nach Erfüllung dieser Zulassungsauflagen kann die befristete Zulassung bei weiterhin positiver Nutzen-Risiko-Beurteilung der Resultate in eine ordentliche Zulassung umgewandelt werden.

Weitere Informationen zum Arzneimittel

Information für medizinisches Fachpersonal: Fachinformation
Tecvayli® auf www.swissmedicinfo.ch
Weitere Fragen beantworten Gesundheitsfachpersonen.

(1) ORR (objective response rate) ist definiert als prozentualer Anteil von Patientinnen und Patienten mit Ansprechen auf die Therapie.

(2) Median: Der Wert, der genau in der Mitte einer Datenverteilung liegt, nennt sich Median oder Zentralwert. Die eine Hälfte aller Daten ist immer kleiner, die andere grösser als der Median.

(3) PFS: Progressionsfreies Überleben (PFS, progression-free survival): Zeitspanne zwischen dem Start einer Behandlung oder einer klinischen Studie und dem Beginn des Fortschreitens der Krankheit oder dem Tod der Patientin oder des Patienten.

(4) Zytopenie: Verminderung der Anzahl der Zellen im Blut.

(5) Zytokin-Freisetzungssyndrom ist eine systemischen Entzündungsreaktion aufgrund massiver Ausschüttung von Zytokinen (Eiweisse), die die weissen Blutkörperchen aktivieren.

Der Stand dieser Information entspricht demjenigen des SwissPAR. Neue Erkenntnisse über das zugelassene Arzneimittel fliessen nicht in den Public Summary SwissPAR ein.
In der Schweiz zugelassene Arzneimittel werden von Swissmedic überwacht. Bei neu festgestellten unerwünschten Arzneimittelwirkungen oder anderen sicherheitsrelevanten Signalen leitet Swissmedic die notwendigen Massnahmen ein. Neue Erkenntnisse, welche die Qualität, die Wirkung oder die Sicherheit dieses Medikaments beeinträchtigen könnten, werden von Swissmedic erfasst und publiziert. Bei Bedarf wird die Arzneimittelinformation angepasst.

Neuzulassungen

SWISSMEDIC INFO

DHPC – Januskinase (JAK)-Inhibitoren / Cibinqo® (Abrocitinib), Olumiant® (Baricitinib), Rinvoq® (Upadacitinib) und Xeljanz® (Tofacitinib)

Erhöhtes Risiko für Malignome, schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse (MACE), schwerwiegende Infektionen, Thrombosen und Gesamtmortalität

Zusammenfassung

In einer grossen, randomisierten Sicherheitsstudie nach Markteinführung mit Xeljanz® (Tofacitinib), einem JAK-Inhibitor, bei RA-Patienten 50 Jahre und älter mit mindestens einem kardiovaskulären Risikofaktor wurde bei Patienten, die mit diesem JAK-Inhibitor behandelt wurden, im Vergleich zu mit Tumornekrosefaktor (TNF)-Inhibitoren behandelten Patienten, Folgendes beobachtet:

  • Ein erhöhtes Risiko für schwerwiegende Infektionen
  • Eine höhere Gesamtmortalitätsrate
  • Eine höhere Rate von Tumorerkrankungen, insbesondere Lungenkrebs, Lymphome und nicht-melanozytärer Hautkrebs (NMSC).
  • Eine erhöhte Inzidenz von schwerwiegenden unerwünschten kardiovaskulären Ereignissen (MACE).
  • Ein erhöhtes Auftreten von Lungenembolien, venösen und arteriellen Thrombosen.

Diese Risiken werden als Klasseneffekte und relevant für alle zugelassenen JAK-Inhibitoren für chronisch-entzündliche
und dermatologische Erkrankungen betrachtet.
Die Arzneimittelinformationen der betroffenen JAK-Inhibitoren wurden wie folgt aktualisiert:

  • Einfügen folgender «Boxed Warning»:

  • In der Rubrik «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen» wurden Empfehlungen für Fachpersonen betreffend Patienten
    über 65 Jahren und Warnhinweise zu Gesamtmortalität, maligne Tumorerkrankungen, MACE und Thrombosen eingefügt.
  • Die JAK-Inhibitoren sollten bei folgenden Patientinnen und Patienten nur eingesetzt werden, wenn keine geeigneten
    Behandlungsalternativen zur Verfügung stehen:

– Patienten über 65 Jahre,
– Patienten, die gegenwärtig rauchen oder früher geraucht haben,
– Patienten mit anderen Risikofaktoren für maligne Erkrankungen,
– Patienten mit anderen kardiovaskulären Risikofaktoren.

  • Verschreibende Ärztinnen bzw. Ärzte sollten die mit der Anwendung von JAK- Inhibitoren verbundenen Risiken
    mit ihren Patienten besprechen.

Detaillierte Informationen auf www.swissmedic.ch

Zulassungen von Humanarzneimitteln mit neuem Wirkstoff und Indikationserweiterungen 2022

47 Humanarzneimittel mit neuen Wirkstoffen zugelassen. Übersicht Neuzulassungen 2022

Im Jahr 2022 hat das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic erneut mehr Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen begutachtet und für den Schweizer Markt zugelassen als in den Vorjahren.

Der gegenüber dem Vorjahr gestiegene Zeitbedarf für die Begutachtungen ist primär auf Gesuche zurückzuführen, welche in den intensiven Pandemiejahren 2020/2021 bei Swissmedic eingereicht, bearbeitet und im 2022 abgeschlossen wurden. Während dieser Zeit wurden Gesuche für Medikamente und Impfstoffe gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 zu Lasten anderer innovativer Neuanmeldungen priorisiert.

Die Übersicht zeigt die Anwendungsgebiete sowie die Art und Dauer der Zulassungsverfahren. Swissmedic beteiligt sich zusätzlich an zwei Benchmarking-Studien zum Vergleich der Zulassungszeiten mit den führenden Partnerbehörden. Die Resultate dazu werden im Lauf des Jahres 2023 publiziert.

Welche Verfahren die Gesuchstellerinnen nutzen, wie lange die Zulassungsprozesse dauerten und für welche Anwendungsgebiete die Arzneimittel zugelassen wurden, erfahren Sie in der folgenden Übersicht:
www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/humanarzneimittel/authorisations/new-medicines/2022-zl-ham-nas.html

DHPC – Imbruvica® (Ibrutinib)

Neuaufnahme von Leitlinien zur Dosisanpassung aufgrund kardialer Toxizitäten sowie Aktualisierung der Leitlinien bei nicht-kardialen Toxizitäten

Die Zulassungsinhaberin informiert:

Zusammenfassung der neu aufgenommenen Leitlinien zur Dosis­anpassung bei kardialen Toxizitäten sowie der Aktualisierung der Leitlinien bei nicht-kardialen Toxiziäten

  • Bei Patienten mit einer Herzinsuffizienz vom Grad 2 ist die Behandlung mit IMBRUVICA® mit einer niedrigeren Dosis fortzusetzen (d.h. die Dosis ist um 140 mg pro Tag zu reduzieren).
  • Bei Patienten mit Herzrhythmusstörungen vom Grad 3 ist eine Nutzen-Risiko-Bewertung durchzuführen und bei Wiederaufnahme der Behandlung mit IMBRUVICA® ist eine niedrigere Dosis anzuwenden (d.h. die Dosis ist um 140 mg pro Tag zu reduzieren).
  • Bei Patienten mit einer Herzinsuffizienz vom Grad 3 oder 4 oder mit Herzrhythmusstörungenvom Grad 4 ist die Behandlung mit IMBRUVICA® beim ersten Auftreten abzubrechen.
  • Bei Patienten mit nicht-kardialen Ereignissen vom Grad 3 oder 4 ist eine Nutzen-RisikoBewertung durchzuführen und bei Wiederaufnahme der Behandlung mit IMBRUVICA® ist dieselbe oder eine niedrigere Dosis anzuwenden (d.h. die Dosis ist um 140 mg pro Tag zu reduzieren).

(www.swissmedic.ch | 16.11.2022)

Blenrep® (Wirkstoff: Belantamab mafodotin)

Befristete Zulassung in der Schweiz: 20.06.2022

Arzneimittel (Pulver) zur Fünftlinien-Behandlung des multiplen Myeloms bei Erwachsenen

Hinweise zur Zulassung

Das Arzneimittel Blenrep enthält den Wirkstoff Belantamab mafodotin und ist ein Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung.
Blenrep wird eingesetzt zur Behandlung des multiplen Myeloms bei Erwachsenen, die bereits mindestens 4 vorangehende Therapien erhalten haben, die nicht ausreichend wirksam waren. Die Krankheit dieser Patientinnen und Patienten ist gegenüber vorangehenden
Therapien refraktär(1) und schreitet unter der zuletzt verabreichten Therapie weiter fort.

Das Multiple Myelom (MM) ist eine seltene Krebsart, welche etwa 1-2 Prozent aller Krebserkrankungen ausmacht. Die Häufigkeit an Neuerkrankungen an MM liegt in der Schweiz bei 9.6 pro 100’000 Einwohnerinnen und Einwohner. Die Erkrankung ist gekennzeichnet durch eine übermässige Vermehrung der Plasmazellen, einer Unterart der weissen Blutkörperchen. Die Plasmazellen vermehren sich unkontrolliert im Knochenmark, was häufig zu einer Schädigung der Knochen führt.

Für die Beurteilung des Zulassungsgesuchs für das Arzneimittel Blenrep hat Swissmedic bei gewissen Aspekten, wie die klinischen Daten, die Bewertungen der europäischen Arzneimittelagentur (EMA), und teilweise auch der amerikanischen Arzneimittelagentur (FDA) sowie die entsprechenden Pro-duktinformationen berücksichtigt.

Da die Bewertung der klinischen Daten auf Grundlage der Beurteilungsberichte der ausländischen Partnerbehörde erfolgte, liegen die Voraussetzungen für einen SwissPAR (Swiss Public Assessment Report) und einen darauf aufbauenden Public Summary SwissPAR nicht vollständig vor. Swissmedic verweist auf die Zulassung der ausländischen Vergleichspräparate.

www.ema.europa.eu / www.fda.gov
Da es sich bei dieser Krankheit um eine seltene und lebensbedrohende Krankheit handelt, wurde Blenrep als «Orphan Drug» zugelassen. Mit «Orphan Drug» werden wichtige Arzneimittel für seltene Krankheiten bezeichnet.

Das Arzneimittel Blenrep wurde in der Schweiz befristet zugelassen (Art. 9a HMG), da zum Zeitpunkt der Zulassung noch nicht alle klinischen Studien vorliegen oder abgeschlossen waren. Die befristete Zulassung ist zwingend an die zeitgerechte Einreichung der von Swissmedic verlangten Daten gebunden. Nach Erfüllung dieser Zulassungsauflagen kann die befristete Zulassung bei positiver Nutzen-Risiko Beurteilung der Resultate in eine ordentliche Zulassung umgewandelt werden.

(1) Refraktär: Refraktär bedeutet in Bezug auf eine Krebserkrankung, dass der Krebs gegenüber der Behandlung resistent ist und sich die Erkrankung trotz Behandlung nicht zurückbildet und sogar weiter fortschreiten kann.

Enhertu® (Wirkstoff: Trastuzumab-Deruxtecan)

Indikationserweiterung in der Schweiz: 30.06.2022
Arzneimittel (Infusion) zur Zweitlinien-Behandlung von inoperablem und/oder metastasiertem HER2-positivem Brustkrebs

Über das Arzneimittel

Enhertu ist ein Krebsmedikament mit dem Wirkstoff Trastuzumab-Deruxtecan und wird als Infusion in die Vene verabreicht.
Mit Enhertu werden Erwachsene mit einem speziellen Brustkrebs behandelt, dem sogenannten HER2-positiven Brustkrebs. HER2 ist die Abkürzung für human epidermal growth factor receptor 2 und bezeichnet Bindungsstellen (Rezeptoren) für Wachstumsfaktoren, die die Krebszelle zur Teilung antreiben. Der zu behandelnde Brustkrebs ist entweder soweit fortgeschritten, dass er nicht entfernbar ist (inoperabel) und/oder er hat bereits gestreut und sich auf andere Körperteile ausgebreitet (metastasiert).

Vor der Behandlung mit Enhertu müssen die Patientinnen und Patienten mindestens zwei medikamentöse Vortherapien für die Behandlung des HER2-positiven Brustkrebses erhalten haben, die nicht ausreichend wirksam waren.

Wirkung

Enhertu enthält den Wirkstoff Trastuzumab–Deruxtecan. Dieser Wirkstoff kombiniert einen Antikörper (ein Protein), der den HER2-Rezeptor auf den Brustkrebszellen erkennt und sich an ihn binden kann, mit einer gegen bösartige Tumore wirksamen Substanz, einem sogenannten Topoisomerase-1-Inhibitor. So wird die DNA der Tumorzellen geschädigt, was zum Absterben der Krebszellen führt.

Anwendung

Enhertu ist rezeptpflichtig und als Einzeldosis-Durchstechflasche mit 100 mg Trastuzumab-Deruxtecan Pulver zugelassen. Das Pulver wird in sterilem Wasser aufgelöst, mit Glukose-Lösung entsprechend verdünnt und über die Vene langsam verabreicht.

Die empfohlene Dosierung beträgt 5.4 mg/kg Körpergewicht einmal alle drei Wochen. Die erste Dosis sollte als 90-minütige Infusion gegeben werden. Wenn die vorausgegangene Infusion gut vertragen wurde, kann die Infusionsdauer auf 30 Minuten verkürzt werden.

Wirksamkeit

Enhertu zeigte in einer einarmigen (1) Studie U201 klinisch relevante Wirksamkeit bei 184 vielfach vorbehandelten Patientinnen mit inoperablem und/oder metastasiertem HER2-positivem Brustkrebs.

Der Anteil der Patientinnen mit einer objektiv festgestellten Tumorverkleinerung (objective response rate, ORR) war mit 61% hoch. Bei über der Hälfte der Patientinnen (57 %) blieb dieser Effekt nach 18 Monaten bestehen.

Vorsichtsmassnahmen, unerwünschte Wirkungen & Risiken

Unter der Therapie mit Enhertu besteht die Gefahr einer Lungen­erkrankung (interstitielle Lungenerkrankung, ILD), welche potentiell tödlich verlaufen kann. Die Patientinnen und Patienten sind hinsichtlich Atemwegssymptomen zu überwachen.

Einige weitere sehr häufige unerwünschte Wirkungen nach Verabreichung von Enhertu sind Infektionen und Erkrankungen der Atemwege, Veränderungen des Blutbildes, Übelkeit, Erschöpfung, Erbrechen, Haarausfall, Verstopfung, verminderter Appetit und Kopfschmerzen.

Alle Vorsichtsmassnahmen, Risiken und weitere mögliche unerwünschte Wirkungen sind in der Fachinformation aufgeführt.

Begründung des Zulassungsentscheids

Der Bedarf nach einer Behandlungsmöglichkeit für bereits massiv vorbehandelte Patientinnen und Patienten mit inoperablem und/oder metastasierendem HER2-positivem Brustkrebs ist sehr hoch. Bei der beschriebenen Studie U201 konnte eine klinisch bedeutsame Ansprechrate beobachtet werden, die höher liegt als von historischen Daten mit bisher zugelassenen Medikamenten erwartet werden kann. Eine kontrollierte Studie (U301) mit einem Vergleichsarm läuft bereits.

Unter Berücksichtigung aller vorliegenden Daten überwiegen die Vorteile von Enhertu die Risiken. Das Arzneimittel Enhertu wurde in der Schweiz befristet zugelassen (Art. 9a HMG), da zum Zeitpunkt der Zulassung noch nicht alle klinischen Studien abgeschlossen waren. Die befristete Zulassung ist zwingend an die zeitgerechte Einreichung der von Swissmedic verlangten Daten gebunden. Nach Erfüllung dieser Zulassungsauflagen kann die befristete Zulassung bei positiver Nutzen-Risiko Beurteilung der Resultate in eine ordentliche Zulassung umgewandelt .

Weitere Informationen zum Arzneimittel

Information für medizinisches Fachpersonal: Fachinformation Enhertu® auf www.swissmedicinfo.ch
Weitere Fragen beantworten Gesundheitsfachpersonen.

(1) Einarmig: die Studie wird ohne Vergleichsgruppe (z.B. mit einem anderen Arzneimittel oder einer Placebo therapierten Gruppe) durchgeführt.

Der Stand dieser Information entspricht demjenigen des SwissPAR. Neue Erkenntnisse über das zugelassene Arzneimittel fliessen nicht in den Public Summary SwissPAR ein.
In der Schweiz zugelassene Arzneimittel werden von Swissmedic überwacht. Bei neu festgestellten unerwünschten Arzneimittelwirkungen oder anderen sicherheitsrelevanten Signalen leitet Swissmedic die notwendigen Massnahmen ein. Neue Erkenntnisse, welche die Qualität, die Wirkung oder die Sicher- heit dieses Medikaments beeinträchtigen könnten, werden von Swissmedic erfasst und publiziert. Bei Bedarf wird die Arzneimittelinformation angepasst.