Vaskuläre Dyspnoe: Pulmonale Hypertonie

Eine 52-jährige Frau, mit seit 2007 bekannter Sklerodermie, welche sich durch typisches Raynaud Phänomen, Sklerodactylie, Teleangiektasien und Störung der Oesophagusmotilität manifestierte, wurde wegen zunehmender Anstrengungsdyspnoe zugewiesen. Klinisch zeigten sich Teleangiektasien am Dekolleté und eine Sklerodactylie. Die Bodyplethysmographie war unauffällig, die CO-Diffusionskapazität war leicht reduziert. Die Sechs-Minuten-Gehstrecke war ebenfalls leicht reduziert (430 Meter) mit Entsättigung von 97 auf 91%. Eine transthorakale Echokardiografie zeigte eine erhöhte maximale Geschwindigkeit der Trikuspidalinsuffizienz von 3,2 m/s, woraus sich ein Druckgradient von 40 mmHg errechnet. Es findet sich ein normaler rechter Ventrikel mit normaler Funktion. Welche Untersuchung ist als nächstes angezeigt? [5].

Einleitung

Die pulmonale Hypertonie (PH) umfasst eine Reihe lebensverkürzenden Erkrankungen, die durch einen erhöhten mittleren pulmonalarteriellen Druck (mPAP) > 20 mmHg gekennzeichnet sind und die unbehandelt zu einer zunehmenden Belastungsdyspnoe, Rechtsherzversagen und Tod führen können (6). Die Erhöhung des mPAP entwickelt sich entweder im Rahmen einer pulmonalen Vaskulopathie (WHO Gruppe 1 und 4, pulmonal-arterielle und chronisch-thromboembolische PH), beide gekennzeichnet durch einen erhöhten pulmonalvaskulären Widerstand (PVR) oder auf dem Boden einer chronischen Linksherzinsuffizienz oder Klappenvitien, gekennzeichnet durch einen erhöhten pulmonal-arteriellen Verschlussdruck (Wedge-Druck oder PAWP) oder bei chronischen Lungenkrankheiten durch die hypoxische pulmonale Vasokonstriktion und Rarefizierung des Lungengefässbettes (7). Bereits am ersten Weltsymposium 1973 in Genf wurde die PH als „während einer Rechtsherzkatheteruntersuchung dokumentierte Erhöhung des mPAP auf mindestens 25 mmHg“ definiert. Diese Definition wurde im Wesentlichen über Jahrzehnte beibehalten, und erst in den im August 2022 neu erschienenen Guidelines der Europäischen Kardiologischen und Respiratorischen Gesellschaft aufgrund neuer Erkenntnisse der normalen Drücke und
Widerstände im Lungenkreislauf auf den Grenzwert mPAP >20 mmHg und PVR >2 WU angepasst (2). Der pulmonalarterielle Druck wird durch das Herzminutenvolumen (cardiac output, CO), den PVR und PAWP beeinflusst. Es ist für die Behandelnden entsprechend wichtig, diese Faktoren zu kennen (8). Aus den gemessenen Grössen kann der PVR einfach berechnet werden:

Hämodynamische Klassifikation

Zur Diagnose und Einteilung der PH ist es angebracht,
zwischen prä- und post-kapillärer PH zu unterscheiden, hierzu dient wie in Tabelle 1 ersichtlich der PAWP und der PVR, welcher sich als mPAP-PAWP/cardiac output (CO) berechnet. Für diese Berechnung braucht es den CO, welcher zwingend mittels direktem Fick, d.h. unter Messung der aktuellen Sauerstoffaufnahme oder mittels Thermodilution erfolgen soll. Der indirekte Fick-Test oder andere nicht-invasive Methoden sind obsolet. Da der PAWP je nach Volumenstatus des Patienten jedoch auch deutlich variieren kann, empfiehlt es sich, für die Unterscheidung prä- und postkapillär auch die klinische Wahrscheinlichkeit mit einzubeziehen. Alter > 70 Jahre, Adipositas, Hypertonie, Dyslipidämie, Diabetes oder Glukose-Intoleranz, Vorhofflimmern, bekannte Kardiopathie, Linksschenkelblock, linksventrikuläre Hypertrophie im EKG oder im TTE, Dilatation des linken Vorhofs sind Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit einer post-kapillären PH stark erhöhen.
Die neue hämodynamische Definition beinhaltet auch die PH unter Belastung. Bei dieser Messung wird die komplette pulmonale Hämodynamik unter Fahrradergometerbelastung mit Stufenprotokoll am Ende jeder 2-3-minütigen Stufe gemessen, empfohlen wird dabei den CO mittels direkter Fick-Methode unter Einbezug des VO2-Messung zu ermitteln (9).
Aus hämodynamischer Sicht kann die pulmonale Hypertonie in 3 Gruppen aufgeteilt werden: prä-kapilläre, isoliert post-kapilläre und kombiniert prä- und post-kapilläre pulmonale Hypertonie (Tabelle 1).
Ein PAWP ≤15 mmHg definiert eine prä-kapilläre PH, ein PAWP > 15 mmHg eine post-kapilläre pulmonale Hypertonie. Ein PVR von > 2 Wood units (WU) ist bereits pathologisch und deutet auf eine Vaskulopathie hin und wird als Grenzwert definiert. Die prä-kapilläre PH zeigt sich mit einem PVR von > 2 WU, die post-kapilläre PH mit einem PVR ≤ 2 WU.

Klinische Klassifikation

Aus dieser hämodynamischen Klassifikation und der entsprechenden Klinik wird die pulmonale Hypertonie in fünf verschiedene Gruppen aufgeteilt (Tabelle 2) (2). Gruppe 1 wird als pulmonal-arterielle Hypertonie (PAH) bezeichnet und gehört zusammen mit der Gruppe 4 chronisch-thromboembolische PH zu den pulmonal-vaskulären Krankheiten, definiert durch eine präkapilläre PH und eine Pathologie in den Pulmonalgefässen. Die PAH kann idiopathisch (IPAH) oder hereditär sein. Bei der IPAH ist insbesondere die Abgrenzung der vasoreaktiven Form wichtig, da diese für Patienten erhebliche therapeutische Konsequenzen hat. Die Vasoreaktivitätstestung mit NO (Nitrogenmonoxid), inhaliertem Iloprost oder Epoprostenol intravenös gehört daher zu jeder diagnostischen Rechtsherzkatheteruntersuchung der PAH. Diverse Drogen und Toxine können eine PAH ebenfalls verursachen. Die PAH ist ebenso mit gewissen Erkrankungen assoziiert, wie Kollagenose (v.a. Sklerodermie), portopulmonale Hypertonie bei einer portalen Hypertonie, HIV-Infektion, kongenitale Herzerkrankungen oder Schistosomiasis. Des Weiteren gehören zu dieser Gruppe die seltenen pulmonale venookklusive Krankheit, die pulmonale kapilläre Hämangiomatose und die persistierende pulmonale Hypertonie den Neugeborenen. Die PAH ist eine seltene Krankheit (Inzidenz 6/Million und Prävalenz 48-55 Fälle/Million) (2). Die idiopathische Form ist der häufigste Subtyp (50-60%), gefolgt von der PAH assoziiert mit einer Kollagenose, kongenitalen Herzerkrankungen und portaler Hypertonie. Insbesondere bei der Sklerodermie kann die Rechtsherzkatheteruntersuchung mit Belastungsprotokoll eine wichtige Hilfe zur Frühdiagnose sein.
Die Gruppe 2 umfasst die PH bei Linksherzerkrankungen mit erhaltener oder reduzierter Ejektionsfraktion oder bei Klappenvitien. Es ist daher meistens eine post-kapilläre PH, seltener eine kombinierte prä- und post-kapilläre PH vorhanden. Die PH Gruppe 2 ist die häufigste Ursache für eine PH (70%) und ist bei Patienten mit Herzinsuffizienz sehr häufig (circa 50%), noch häufiger bei Patienten mit schwerer Erkrankung der Mitralklappen (60-70%) (2).
Die Gruppe 3 ist eine prä-kapilläre PH, die sich bei pulmonalen Erkrankungen und/oder Hypoxämie findet. Eine schwere PH ist bei 1-5% der Patienten mit schwerer COPD und bei 30-50 % der Patienten mit schwerer idiopathischer Lungenfibrose zu finden und verschlechtert die Prognose diesen Krankheiten erheblich (2).
Die vierte Gruppe stellt die chronisch-thromboembolische PH (CTEPH) dar und hat ebenfalls eine prä-kapilläre Ursache. Die Inzidenz und Prävalenz sind in den Registerdaten tief (2-6/Million und 26-38 Fälle/Million). Sie wird jedoch vermutlich deutlich unterschätzt und zeigt im klinischen Alltag dank besserer Erkenntnis und Screening eine kontinuierliche Zunahme (2).
Weitere metabolische, hämatologische oder systemische Erkrankungen (z.B. Sarkoidose, pulmonale Langerhanszell Histiozytose), die eine pulmonale Hypertonie verursachen können gehören zur fünften Gruppe (3), hämodynamisch gesehen können die verursachenden Entitäten prä-, post-kapillär oder kombiniert sein.

Genetische Aspekte

Genetische Aberrationen haben hauptsächlich in der ersten Gruppe der pulmonalen Hypertonie einen hohen Stellenwert. Die Mutation vom Gen BMRP 2 wurde in 75% der familiären, und 25% der sporadischen pulmonal-arteriellen Hypertonie gezeigt (2). Mutationen in den Genen vom transformierenden Wachstumsfaktor Beta (TGF Beta) wurden in Patienten mit pulmonal-arteriellen Hypertonie nachgewiesen. Bezüglich der Gruppe 3 ist interessant festzustellen, dass die Ausprägung der pulmonalen Hypertonie in hypoxämischen COPD-Patienten durch Genpolymorphismus im Serotonin Tansporter Gen (5-HTT) beeinflusst wird (10) (11).

Pathologie

Bei der PAH und sekundär auch bei gewissen anderen PH-Formen weisen die distalen-muskulären Arterien in allen Wandschichten Zellproliferationen auf, welche zur Wandverdichtungen führen. Insbesondere bei den Gefässverzweigungen finden sich zum Teil auch «krebsähnliche» Zellwandwucherungen, die sogenannten plexiformen Läsionen (11). Hierdurch kommt es zu eingeengtem Gefässlumen, Dilatation der vorangehenden Gefässabschnitte und zu einem erhöhten PVR. Pathologisch sind häufig neben den präkapilläre Arteriolen auch Kapillaren sowie die postkapilläre Venolen, so dass heute von einem Kontinuum der PAH bis zur venookklusiven Krankheit ausgeht. Durch eine verminderte BMPR2-Expression in den pulmonalen Endothelzellen verändert sich die lokale Zytokinproduktion. Zum Beispiel, der Spiegel vom Interleukin 17A und Interleukin 6 erhöht sich (16). Durch den Wachstumsfaktor Granulocyte-Macrophage Colony Stimulating Factor (GM-CSF) werden Makrophagen rekrutiert und eine Endotheladhäsion bildet sich. Die Gefässe werden plexiform, ähnlich einer Zwiebel umgebaut. Sie nehmen an Gesamtdurchmesser zu, das Gefässlumen engt sich ein (11). Die plexiformen Läsionen sind um und in der Adventitia, in der Media oder in der Intima lokalisiert. In der Adventitia und im peribronchialen Bindegewebe sind Gefässe des systemischen Kreislaufes, wie die vasa vasorum und die Bronchialarterien eingebettet. Diese Gefässe scheinen durch Mikrogefässanastomosen mit den pulmonalen Arterien zu kommunizieren und eine Shuntfunktion zu erfüllen. Durch die BMPR2-Mutation tritt eine Hypertrophie und Erweiterung der Bronchialarterien und eine Vermehrung dieser bronchialen Mikrogefässen auf. Auch grössere Gefässstrukturen, sogenannte singular millimetric fibrovascular lesions (SiMFis) verbinden die Bronchialarterien und die pulmonalen Arterien und Venen.
Bei der CTEPH finden sich Gefässwandvernarbungen nach stattgehabten, pathologisch nicht abgebauten Thromboembolien oder in-situ Thrombosen. Durch den dadurch erhöhten PAP entwickeln sich sekundär in den Arteriolen ähnliche Veränderungen wie bei der PAH, auch hier können die Veränderungen über die Arteriolen, Kapillaren bis in die Venolen gehen.
Die chronische Hypoxie und auch Hypoxämie spielt insbesondere für Gruppe 3 PH, jedoch auch bei anderen PH-Formen, eine entscheidende Rolle. Die akute pulmonale Vasokonstriktion unter Hypoxie ist ein physiologischer Regulationsmechanismus im pulmonalen Kreislauf, der das Ventilations-/Perfusionsverhältnis optimiert und die suffiziente Oxygenierung des Blutes gewährleistet (12). Aufgrund einer Vermehrung der Hypoxiesensorproteine HIF1 und HIF2 (13) wird eine Vasokonstriktion bei geringer Hypoxie ausgelöst, diese ist gemessen an den aktuell herrschenden Bedingungen verfrüht. Es entsteht ein Teufelskreis.
Auch eine gewisse Maladaptation des Immunsystems trägt zum vaskulären Remodelling bei (13). Ionenkanäle sind von wesentlicher Bedeutung in der Regulierung des Vasotonus (12). Bei einer gestörten Funktion von Kaliumkanälen erhöht sich die intrazelluläre Kaliumkonzentration und kommt eine Vasokonstriktion auf. Die Mutationen von TASK 1 Kaliumkanal (TWIK-related acid-sensitive
potassium channel 1) sind in Patienten mit idiopathischer pulmonalen Hypertonie beschrieben (12).
Durch die Endothelverletzung kommt die glatte Gefässmuskulatur mit Wachstumsfaktoren und Mitogenen des Blutes in Kontakt. Die folgenden drei Signalisationswege sind in der Entstehung wichtig: Prostacyclin, Nitrogenmonoxid/ Cyclic Guanoside Monophosphate und der Endothelin
Pathway. Es entsteht ein Ungleichgewicht zwischen den vasokonstriktiven und proproliferativen Endothelin und den vasodilatativen und antiproliferativen Nitrogenmonoxid und Prostacyclin Signalisationsweg. Die Thrombozyten haben eine wichtige Rolle in der Entstehung der prokoagulatorischen Effekt, da sie Serotonin, Vaskular Endothelial Growth Faktor und Platelet-derived Growth Faktor produzieren (14).

Pathophysiologie

Die rechtsventrikuläre Funktion ist der fundamentale Faktor in der Prognose einer schweren PH. Da die Rechtsherzinsuffizienz sich in der pulmonalen Hypertonie durch die erhöhte Nachlast und das dadurch gestörte ventrikulo-
arterielle Coupling entwickelt, ist das pathophysiologische Verständnis des kardiopulmonalen Systems sehr wichtig (Abbildung 1).
Im Hinblick auf die PH sind der rechte Ventrikel und das pulmonale Gefässystem, insbesondere die kleinen Arterien bis zu den Kapillaren von grosser Bedeutung. Intrinsische Faktoren, die die Rechtsherzfunktion beeinflussen sind die Kontraktilität, die myokardiale Steifigkeit und die Dauer der ventrikulären Relaxation (15). Die intrinsischen Faktoren, sowie die Vor- und Nachlast bestimmen die globale rechtsventrikuläre Funktion. Die intrinsischen Faktoren werden in der Ejektionsfraktion, die Last in Drücke (mittlerer, systolischer, diastolischer) berücksichtigt. Im pulmonalen Kreislauf ist das Load teils permanent, insbesondere in den grossen Gefässen jedoch pulsierend. Da der Herzauswurf und somit der pulmonale Blutfluss unter Belastung sich deutlich erhöhen muss, ist der Fluss in den Pulmonalgefässen und Kapillaren ein sehr dynamischer Prozess, es braucht daher die Möglichkeit der Distension und des Recruitments von nur intermittierend durchbluteten Gefässen. Der Lungenkreislauf verfügt als Niederdrucksystem also über eine sehr hohe Anpassungsfähigkeit in den Kapillaren. Da dies ein dynamischer Prozess ist, werden sie nur intermittierend durchblutet. Falls der Fluss sich leicht zunimmt, erfolgt eine Vermehrung den pulmonalen Kapillaren. Falls es nicht mehr ausreicht, erfolgt deren Ausdehnung. Die Anpassungsfähigkeit, die sogenannte pulmonal-arterielle Compliance. Bei Zunahme des PVRs nimmt die pulmonal-arterielle Compliance ab, ebenso das ventrikulo-arterielle Coupling und es droht die Rechtsherzinsuffizienz. Demzufolge ist die pulmonal-arterielle Compliance grösser bei Patienten mit milder pulmonalvaskulärer Erkrankung, da dort auch die pulmonalvaskuläre Resistenz geringer ist.

Diagnose

Das Hauptsymptom eines Patienten/einer Patientin mit PH ist eine Anstrengungsdyspnoe. Hinzu kommen Fatigue und schnelle Erschöpfung, Dyspnoe beim vorne Beugen (sogenannte Bendopnoe), Thoraxschmerz und Palpitationen. Bei fortgeschrittenem Stadium stehen die Symptome einer Rechtsherzinsuffizienz: Unterschenkelödeme, abdominale Stauung, Aszites, Gewichtszunahme, Synkope im Vordergrund. Selten kann eine Hämoptyse oder Heiserkeit auf-
treten (16).
Im Status sind ein positiver hepatojugulärer Reflux, Unterschenkelödeme, Hepato- oder Splenomegalie oder Herzgeräusche aufgrund der pulmonalen Regurgitation typisch. Ein Elektrokardiogramm kann insbesondere zusammen mit dem BNP für das Screening benutzt werden: Sind beide normal, so ist das Vorliegen einer relevanten pulmonalen Drucksteigerung eher unwahrscheinlich. Ein Routinelabor inklusive Hämatogramm und Chemie mit Leberfunktions- und Schilddrüsenwerte gehört zum diagnostischen Workup. Typisch ist der BNP oder NT-proBNP-Wert aufgrund der Rechtsherzinsuffizienz erhöht. Eine Serologie mit antinuklearem Antikörper soll bei Verdacht auf Sklerodermie durchgeführt werden, sowie ein Hepatitis- und HIV-Screening. Die Lungenfunktionsprüfung zeigt meist normale Volumina – typisch ist jedoch eine leicht bis mittelgradig verminderte CO-Diffusionskapazität.
Die relevanteste Screeninguntersuchung stellt die transthorakale Echokardiographie dar, weist jedoch eine tiefe Sensitivität und Spezifität auf, da sie stark vom Untersucher abhängig ist (3). Mit der Geschwindigkeitsmessung der trikuspidalen Regurgitation kann der systolische pulmonalarterielle Druck abgeschätzt werden. Die Messung der rechtsventrikulären Dimension und Funktion ist ebenfalls wichtig sowie die Suche nach D-Shaping des linken Ventrikels und nach einem Perikarderguss.
Die Echokardiografie zeigt auch die linksventrikuläre Funktion, sowohl systolisch als diastolisch, und kann auf Klappenvitien oder intrakardialen Shunt hinweisen. Mittels Echokardiographie können der PAWP und der CO nur in Annäherungsformeln abgeschätzt werden (2). Beim Vorliegen eines erhöhten systolischen PAH ist eine PH möglich, dieser Wert ist jedoch nicht spezifisch. Es ist eine weitere Abklärung mittels Rechtsherzkatheteruntersuchung wie oben beschrieben empfohlen.
Beim Patienten mit einer idiopathischen, vererbbaren oder Medikament/Toxin induzierten pulmonalen Hypertonie sollte eine Vasoreaktivitätstestung durchgeführt werden. Während der Rechtsherzkatheteruntersuchung wird NO (Nitrogenmonoxid) oder Iloprost inhaliert und die Hämodynamik darunter gemessen. Der Test ist positiv bei Abnahme des mPAP um ≥ 10mmHg und bei einem absoluten mPAP von ≤ 40 mmHg bei konstantem oder steigendem cardiac output. In einem positiven Fall soll eine Therapie mit Kalziumkanalblocker initiiert, und die Messung nach 3-4 Monaten wiederholt werden. Bei Patienten mit anderen ätiologischen Gruppen ist diese Messung nicht empfohlen (16).
Im CT Thorax sind eine Dilatation des rechten Ventrikels und/oder des rechten Vorhofs, eine dilatierte Pulmonalarterie mit einem Durchmesser von mehr als 29 mm und ein erhöhter Quotient des Durchmessers von Pulmonalarterie/Aorta (>1) typisch für eine PH (17). Im CT Thorax können auch andere Lungenkrankheiten erkannt werden, wie Emphysem, Lungenfibrose, Gefässmalformationen, akute oder chronische Lungenembolie. Eine Ventilation-/Perfusion-Szintigraphie oder ein dual-energy CT wird empfohlen, um chronische Lungenembolie als Ursache der PH (CTEPH) zu suchen. Eine Lebersonographie wird bei Verdacht auf portale Hypertonie durchgeführt. Nach gesicherter Diagnosis kann ein kardiopulmonaler Belastungstest (Spiroergometrie) nützlich sein, um die Einschränkung der körperlicheren Belastbarkeit zu objektivieren und damit die Prognose vorherzusagen.

Therapie

Therapie der PAH (Gruppe 1): Nichtspezifische Therapie

Die Rechtsherzinsuffizienz ist assoziiert mit einer Hypervolämie, reduzierter renaler Durchblutung und der Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems. Die Vermeidung und die Therapie der Wasserretention mittels diuretischer Therapie ist zentral bei PAH-Patienten (4). Die häufig eingesetzte Medikamentengruppe ist die Gruppe der Schleifendiuretika, welche gut mit anderen Diuretika, insbesondere Spironolactone kombiniert werden können (18). Die Verabreichungsform ist bei chronischer Rechtsherzbelastung oral (19) und muss eng überwacht werden mit täglicher Gewichtsmessung und regelmässigen Kontrollen der Elektrolyten und der Nierenfunktion. Bei Aszites und Ödem der gastrointestinalen Darmmukosa mit verminderter gastrointestinaler Absorption ist eine intravenöse Gabe von Lasix als Perfusor in der Akutphase angebracht (20).
Die meisten Patienten mit einer PH haben in Ruhe eine leicht reduzierte Blutoxygenierung, welche sich bei Belastung oder im Schlaf deutlich akzentuieren kann. Pathophysiologisch trägt diese Hypoxämie auch über eine verminderte gemischtvenöse Sauerstoffsättigung zusätzlich zur pulmonalen Vasokonstriktion bei und sollte daher wenn möglich mittels Sauerstoffgabe korrigiert werden (18). Randomisierte, kontrollierte Studien haben gezeigt, dass die Sauerstofftherapie bei pulmonal-vaskuläre Patienten die Belastbarkeit in der Fahrradergometrie signifikant verbessert und dass bei Patienten mit nächtlicher Hypoxämie (mittlere Sättigung < 92 %) und belastungsinduzierter Hypoxämie (Desaturation > 3 % < 92 %) eine Sauerstofftherapie über wenige Wochen die Belastbarkeit und Lebensqualität verbesserte (19) (21) (22). In den Guidelines wird die Sauerstofftherapie in Anlehnung an ältere Studien bei COPD-Patienten empfohlen, wenn bei einem PaO2 ≤ 8 kPa, respektive 60 mmHg oder bei einer SpO2 < 92 % (4) (23) (24). Im Falle einer Desaturation während der körperlichen Belastung oder wenn die Symptome dadurch gelindert werden können, kann eine ambulante Sauerstofftherapie in Erwägung gezogen werden.
Die Entscheidung über die Antikoagulationstherapie soll individuell, von Patient zu Patient getroffen werden, da keine robusten Daten vorliegen (25). Antikoaguliert werden sollen alle Patienten mit CTEPH und gewisse Patienten mit IPAH. Bei PAH mit systemischer Sklerose konnte sogar eine Mortalitätserhöhung den antikoagulierten Patienten nachgewiesen werden und ein negativer Effekt der Antikoagulation fand sich auch bei Patienten mit Lungenfibrose (26).
Bei Patienten mit pulmonal-vaskulären Krankheiten (PAH und CTEPH) wie bei fast allen PH-Formen konnte eine Verbesserung der Lebensqualität und der körperlichen Belastbarkeit durch eine sehr gezielte physische Aktivität und/oder Physiotherapieprogramme in Studien gezeigt werden (20). Eine moderate körperliche Aktivität ist daher im Rahmen der Symptome empfehlenswert, sofern sie nicht zur Dyspnoe oder thorakalen Schmerzen führen. Bei dekonditionierten Patienten kann eine überwachte Physiotherapie im stationären Setting empfohlen werden (27).
Aufgrund des chronischen Krankheitsverlaufs und erhöhten Gefahrensituation sollen alle Patienten gegen Influenza, Covid-19 und Pneumococcus geimpft werden (28). Jeden Patienten soll dringlich der Rauchstopp nahegelegt werden. Ein normaler Body Mass Index, sowie eine ausgewogene Diät sind wünschenswert. Viele Patienten brauchen psychologische Unterstützung, um eine Angststörung oder depressive Episode vermeiden zu können (27).

Therapie der PAH (Gruppe 1): Spezifische Therapie

Die spezifische PAH Therapie der PAH und CTEPH soll nur in spezialisierten Zentren eingeleitet werden, dies ist aufgrund der Komplexität der Diagnose und Therapie angebracht. Der Therapieverlauf soll zudem regelmässig mittels geeigneten Tests insbesondere Sechs-Minuten-Gehtest, Funktionsfragebögen, Echokardiografie, Spiroergometrie, ggf. Herz-MRI oder Wiederholung der Rechtsherzkatheteruntersuchung überwacht werden.
Die Vasoreaktivitätstestung wurde vorher schon erwähnt. Bei positivem Resultat werden die Patienten mittels einem Kalziumantagonist (Amlodipin, Nifedipin, Diltiazem, Felodipin) behandelt mit langsamer Auftitrierung bis zu einer höhen Dosis (z.B. Amlodipin Startdosis 5 mg, Zieldosis 15-30 mg/Tag). Eine Reevaluation der Therapieantwort ist nach 3-4 Monaten indiziert, bei fehlender Wirkung muss prompt auf eine spezifische PAH-Therapieoption umgestellt werden.
Bei negativer Vasoreaktivitätstestung oder bei Patienten ohne diesbezügliche Indikation werden PAH-spezifische Therapien eingesetzt.
Die folgenden Substanzen sind für die Therapie der PAH und zum Teil auch für die CTEPH zugelassen und wirken auf die drei pathophysiologischen Pathways: NO-sGC-cGMP Pathway: Phosphodiesterase-5-Hemmer (Sildenafil, Tadalafil, Vardenafil), und Stimulator der löslichen Guanylatcyclase (Riociguat), Endothelin-Pathway: Endothelin-Rezeptor-Antagonisten (Ambrisentan, Bosentan, Macitentan), Prostacyclin-Pathway: Prostacyclin-Analoga (Iloprost, Epoprostenol, Treprostinil) und Prostacyclin-Rezeptor-Agonisten (Selexipag) (29).
Der Algorithmus der zuletzt erschienenen Guidelines (ESC/ERS Guidelines 2022, (2)) unterscheidet Patienten ohne und mit kardiopulmonalen Komorbiditäten. Bei Patienten ohne kardiopulmonale Komorbiditäten wird eine Risikostratifizierung durchgeführt. Wenn der Patient sich in der tiefen oder intermediären Risikogruppe befindet, wird eine orale Doppeltherapie mit Endothelin-Rezeptor Antagonist und Phosphodiesterase-5-Hemmer begonnen. Bei Patienten in hoher Risikogruppe wird diese Therapie zusätzlich mit intravenösen oder subkutanen Prostazyklin-Analoga initiiert.
Regelmässige klinische Kontrollen, Reevaluation des klinischen Ansprechens und Assessment der Risikoklasse sind zentral und sollen alle 3-6 Monate stattfinden. Wenn die Patientin sich in der tiefen Risikoklasse befindet, kann die Therapie unverändert belassen werden. Wenn die Patientin in einer intermediären oder höheren Risikogruppe sich befindet, kann entweder ein Prostazyklin-Rezeptor-Agonist oder ein Switch von Phosphodiesterase-5-Hemmer zum Stimulator der löslichen Guanylatcyclase vorgenommen werden. Bei Patientinnen die sich klinisch verschlechtern, werden intravenöse oder subkutane Prostazyklin Analoga verabreicht.
Die intravenös verabreichten Prostanoide (häufig kommt Treprostinil zum Einsatz) werden durch einen zentral venösen Katheter kontinuierlich appliziert, mit der Hilfe einer Infusionspumpe (28) oder durch die Implantation einer subkutanen Lenus-Pro-Pumpe mit monatlichem Ausfüllen. Die Hauptnebenwirkungen sind Kieferschmerzen,
Diarrhoe, Flush und Gelenkschmerzen. Das subkutane Treprostinil ist eine mögliche Alternativtherapie.
Die Lungentransplantation bedeutet das ultima ratio für Patientinnen mit refraktärer PH. Aufgrund den erreichbaren, effektiven Therapiemöglichkeiten ist die Zahl an Lungentransplantationen mit dieser Indikation reduziert.
In der Risikostratifizierung finden sich klinische Kriterien (Zeichen einer Rechtsherzinsuffizienz, Progression den Symptomen, Synkope, NYHA-Klasse), Kriterien aus Belastungstesten (Gehstrecke während des Sechs-Minuten- Gehtestes, Leistungsfähigkeit in der Spiroergometrie), Laborwerte (BNP, NT-proBNP), echokardiographische Werte (rechtsventrikuläre Funktion, Perikarderguss), MRI-Messungen und hämodynamische Werte. Alle Kriterien wurden aufgrund ihrer prognostischen Werte selektioniert. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass sich die Prognose zwischen den verschiedenen Risikoklassen stark voneinander unterscheidet. Therapieziel muss es deshalb sein, die Patient*Innen in eine tiefere Risikoklasse zu bringen(2).
Die Komorbiditäten, die eine PH verschlechtern können, sollten ebenfalls behandelt werden. Die Begleitung und Betreuung durch spezialisierte Pflegefachpersonen ist bei dieser komplexen Therapien sehr hilfreich und von den Patient*Innen entsprechend positiv erlebt.

Neue Therapiemöglichkeiten

Die bereits erwähnten Mutationen im BMPR2 könnten zukünftig eine gezielte Therapie ermöglichen. Das Präparat Sotatercept soll in diesem Kontext das Gleichgewicht zwischen den wachstumsfördernden Aktivin Pathway und den wachstumshemmenden BMP Pathway wiederherstellen. Eine Phase-2-Studie hat bereits einen positiven, senkenden Effekt auf den pulmonalen vaskulären Widerstand gezeigt (30). Die aktuell laufende STELLAR-Studie (Phase 3) untersucht den Einfluss dieses Effekts auf die Belastungskapazität und Symptome (31).

Zurück zum Vignette-Fall

Die Patientin mit Sklerodermie wurde mittels Rechtsherzkatheter-Untersuchung weiter abgeklärt. Es zeigte sich eine prä-kapilläre PH: mPAP 32 mmHg, PAWP 8 mmHg, CO 3.8 l/min, CI 2.3 l/min/m2, PVR 6.3 WU. Das NT-pro-BNP war leicht erhöht mit 600 ng/L, klinisch mit einer Dyspnoe NYHA Grad II. Die ergänzenden Untersuchungen konnten eine Lungenfibrose, chronische Lungenembolie, HIV und Linksherzkrankheit ausschliessen. Die Patientin befindet sich in der tiefen bis intermediären Risikogruppe. Eine orale Doppeltherapie mit Tadalafil und Macitentan wurde sequentiell begonnen und gut vertragen. Darunter verbesserte sich die Leistungsfähigkeit (Dyspnoe NYHA I, Gehstrecke 500m) und das NT-pro-BNP normalisierte sich (<300ng/L). Damit befindet sich die Patientin in einer tiefen Risikoklasse, die Therapie wird unverändert weitergeführt und Kontrollen finden alle 6 Monaten statt.

Therapie der PH Gruppe 3

Die Therapie soll die Behandlung der zugrundeliegenden pulmonalen Erkrankung erzielen. Ergänzend ist die Indikation einer nicht invasiven oder invasiven Ventilation (CPAP/BiPAP) zu stellen. Je nach individuellem Entscheid kann eine pulmonale Rehabilitation angeboten werden.

Therapie der PH Gruppe 4

Patientinnen mit bewiesener CTEPH brauchen eine lebenslange Antikoagulation. Durch ein multimodales Team soll eine interdisziplinäre Entscheidung über die weitere Therapie erfolgen. Die Operabilität soll beurteilt werden. Falls eine Operation oder eine interventionelle Ballonangioplastie nicht in die Frage kommt, soll die konservative, medikamentöse Therapie unverzüglich eingeleitet werden. Im Falle einer Operationsindikation ist eine pulmonale Endarterektomie der nächste Schritt. Bei trotzdem persistierende PH und Symptomen infolge der konkomittierenden Kleingefässkrankheit bleibt nur die langjährige medikamentöse Therapie mit regelmässigen Nachkontrollen übrig.

Therapie der PH Gruppe 2

Die einzige Therapie ist die optimale, konsequente und multimodale Therapie der Linksherzinsuffizienz. Da die Hypervolämie ein wichtiges Merkmal ist und die Abnahme der rechtsventrikulären Funktion die Prognose der Herzinsuffizienz verschlechtert spielen die Diuretika eine zentrale Rolle. Die Einsetzung den klassischen PH-Medikamente ist nicht durch Evidenz untermauert, daher nicht indiziert und könnte für diese Patienten schädlich sein (2).

Prognose

Die Prognose der PH hängt von der jeweiligen Krankheitsgruppe ab, sie ist aber grundsätzlich eingeschränkt. Die Prognose kann mittels REVEAL score oder der oben beschriebenen Risikoklassifikation abgeschätzt werden (31). Nur
57% der Patienten leben nach 5 Jahren noch (2) (32). Die Mortalität in den USA hat seit 1980 von 5,2 auf 5,4 pro 100000 zugenommen (33).
Die Krankheitsgruppe 1 hat grundsätzlich eine schlechtere Überlebensrate als die anderen Gruppen. Innerhalb der PAH hat die idiopathische Form bessere Überlebenschancen, als die mit anderen Krankheiten assoziierten Formen. Das Eisenmenger Syndrom hat eine vergleichsweise bessere Prognose. Die Gruppe 2 hat ähnliche Prognosedaten wie Patient*Innen der Gruppe 1. Die Gruppe 3 (PH assoziiert mit chronische Lungenerkrankungen) hat eine deutlich reduzierte Prognose im Vergleich zur Gruppe 1 (38 versus 59% 5-Jahres-Überlebensrate). Die Gruppe 4 (chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie) weist die beste Überlebensraten auf, nach 5 Jahren leben 67% der Patienten (34).

Konklusion

Die PH ist eine chronische Erkrankung, die oft spät diagnostiziert wird und unbehandelt eine vergleichsweise hohe Mortalität aufweist. In der Differentialdiagnose der Dyspnoe soll immer an eine PH gedacht werden. Die frühe Abklärung ermöglicht die Verdachtsdiagnose mittels TTE und Verifizierung in der Rechtsherzkatheteruntersuchung. Besonders gefährdete Krankheitsgruppen (z.B. Patient*Innen mit Sklerodermie) sollten regelmässig gescreent werden. Dank breiten Behandlungsoptionen sind die Überlebenschancen unter Therapie deutlich besser. Aufgrund der Komplexität der Erkrankung ist die Behandlung der PAH und der CTPEH in spezialisierten Zentren durchzuführen.

Dr. med. Charlotte Berlier

Klinik Innere Medizin und Pneumologie, Stadtspital Zürich Waid
Tièchestrasse 99
8037 Zürich

Charlotte.Berlier@stadtspital.ch

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Kardiale Dyspnoe

Dyspnoe wird häufig durch eine kardiale Grunderkrankung ausgelöst. Unbehandelt besteht eine schlechte Prognose. Daher sollte bei jedem Verdacht auf eine kardiale Genese oder unklarer Dyspnoe eine kardiologische Abklärung erfolgen und eine spezifische Therapie eingeleitet werden. Dieser Artikel gibt eine praxisorientierte Übersicht über die wichtigsten Abklärungsschritte, Ursachen und Therapieprinzipien.

Einleitung

Das Leitsymptom Dyspnoe ist eine häufige Fragestellung für niedergelassene wie auch Spitalärzte, und die Ursachen unterscheiden sich im ambulanten oder Spitalsetting zum Teil deutlich (1): stehen in der Hausarztpraxis eher infektiöse oder respiratorische Ursachen im Vordergrund, sind in der Notfallmedizin häufiger kardiale Gründe anzutreffen.
Dieser Artikel soll einen praxisrelevanten Überblick über die wichtigsten kardialen Ursachen, die nötigen Abklärungsschritte und die jeweilige Therapie verschaffen.

Anamnese und Status

Hauptsymptom ist eine häufig progrediente Anstrengungsdyspnoe und schnellere Ermüdbarkeit (s. Tabelle 1). In Ruhe können eindeutige pathologische Befunde fehlen. Manche Patienten meiden unbewusst körperliche Belastungen, so dass die Fremdanamnese wichtig ist und allenfalls ein Belastungstest weiterhelfen kann.
Besonderes Augenmerk sollte auf klinische Zeichen der Herzinsuffizienz und die Herz- und Lungenauskultation gelegt werden. Die Vortest-Wahrscheinlichkeit ist erhöht, wenn eine kardiale Grunderkrankung, kardiovaskuläre Risikofaktoren oder ein pathologisches Ruhe-EKG vorliegen. Ebenfalls sollten spezifische Trigger wie eine Arrhythmie, bestimmte körperliche Belastungen und andere Begleitumstände erfragt werden. In den jeweiligen Unterkapiteln wird vertieft auf spezielle Symptome eingegangen.

Diagnostische Abklärungen

Basisabklärung Hausarztpraxis: Anamnese und klinische
Untersuchung, 12-Kanal-EKG mit Rhythmusstreifen, Röntgen Thorax, breites internistisches Basislabor, inkl. NT-pro BNP
Weiterabklärung Kardiologie: Anamnese und klinische Untersuchung, Echokardiographie, ggf. rhythmologische Dia-
gnostik, ggf. Ergometrie/ Spiroergometrie, ggf. nicht-invasive Tests mit Frage nach Ischämie oder morphologischen Fragestellungen (Stress-Echokardiographie, Herz-MRI, Koronar-CT, Myokardszintigraphie), ggf. Rechts-Links-Herzkatheter.

Herzinsuffizienz als Dyspnoe-Ursache

Hintergründe

Zahlreiche medizinische Fortschritte haben zu einer deutlich höheren Lebenserwartung geführt, parallel kommt es jedoch durch die Alterung und Spätfolgen kardiovaskulärer Erkrankungen zu einem zunehmenden Auftreten der (chronischen) Herzinsuffizienz (HI).Akut kann eine HI bei einer hypertensiven Entgleisung, Arrhythmien oder einem Myokardinfarkt und anderen Triggerfaktoren (s. Tabelle 2) auftreten – insbesondere wenn das Herz bereits vorbelastet ist. Die Mortalität ist hoch und steigt mit jeder Hospitalisation. Innerhalb von 5 Jahren sterben 50%
der Betroffenen.

Anamnese und Status

Das Kardinalsymptom Dyspnoe äussert sich in leichteren Fällen nur bei körperlicher Anstrengung, in einem fortgeschrittenen Stadium kommt es zu einer zunehmenden Leistungsintoleranz und schnelleren Ermüdbarkeit, Nykturie sowie paroxysmal auftretender nächtlicher Dyspnoe im Liegen bis hin zu einer Ruhedyspnoe. Häufig bestehen Halsvenenstauung, Beinödeme und Inappetenz (s. Tabelle 1).

Diagnostik

Der Algorithmus der European Society of Cardiology (2, Abbildung 1) sieht bei typischen klinischen Zeichen und Symptomen der HI eine Bestimmung der natriuretischen Peptide vor. Bei tiefen Werten ist eine HI mit hoher Sicherheit ausgeschlossen (NT-pro BNP <125pg/ml oder BNP <35pg/ml). Im anderen Fall sollte mit einer Echokardiographie eine strukturelle Herzkrankheit gesucht werden. Der echokardiographische Phänotyp stellt die Weichen zur weiteren differentialdiagnostischen Abklärung. Die Bestimmung der linksventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF) ist wesentlich zur Festlegung der weiteren Therapie (Abbildung 2). Die Diagnose einer HI mit erhaltener Pumpfunktion kann bei fehlenden Stauungszeichen mithilfe von validierten Scores wie dem H2FPEF-Score (3) (s. Tabelle 3) erleichtert werden.

Therapie

Bei einer Herzinsuffizienz mit reduzierter linksventrikulärer Pumpfunktion (LVEF <40%, HFrEF) besteht die Basistherapie aus vier Medikamenten, die in den jeweiligen Studien zu einer Mortalitätssenkung und Reduktion der Hospitalisationsrate geführt haben: ACE-Hemmer oder Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitoren (ARNI), kardioselektive Betablocker, Mineralokortikoid-Rezeptorantagonisten und Sodium-Glukose-Cotransporter 2 (SGLT2) -Inhibitoren. Im Gegensatz zu früheren Empfehlungen soll heutzutage diese Kombinationstherapie nach spätestens vier Wochen etabliert sein und gemäss Verträglichkeit auf die empfohlenen Zieldosierungen auftitriert werden. Bezüglich der Reihenfolge der Medikamente empfiehlt sich eine individualisierte Herangehensweise, um Nebenwirkungen wie eine symptomatische Hypotonie, zunehmende Niereninsuffizienz oder Elektrolytstörungen zu vermeiden (2). Die Dosierung der Diuretika richtet sich nach dem klinischen Bedarf.
Reversible Ursachen wie ein primäres schwergradiges Klappenvitium sollten interventionell oder chirurgisch beseitigt werden (s. Abschnitt Klappenvitien). Ist eine koronare Herzkrankheit Ursache der HI, hat die chirurgische Myokardrevaskularisation mit optimaler medikamentöser Therapie die aktuell beste Evidenz bezüglich Überleben und Rehospitalisationsrate (4), für eine perkutane Revaskularisation ist dies nicht belegt (5). Für die kardiale (ATTR-) Amyloidose steht mit Tafamidis eine spezifische, jedoch sehr teure Therapie zur Verfügung (6). Bei persistierender Funktionseinschränkung des linken Ventrikels muss zur Vorbeugung des plötzlichen Herztodes durch maligne ventrikuläre Arrhythmien ein implantierbarer Cardioverter-Defibrillator und bei breitem Linksschenkelblock eine kardiale Resynchronisationstherapie mit oder ohne Defibrillator diskutiert werden (2).
Bei einer Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion (LVEF > 50% und strukturelle Herzveränderungen, HFpEF) gibt es neu sehr gute Evidenz für die Klasse der SGLT2-Inhibitoren Dapagliflozin und Empagliflozin bezüglich der Senkung von Mortalität und Hospitalisation (7,8). ACE-Hemmer, Sartane, ARNI und Betablocker sind bei HFpEF ungenügend wirksam (2).

Bei einer Herzinsuffizienz mit einer linksventrikulärePumpfunktion im mittleren Bereich zwischen 40 und 50% (HFmrEF) ist die Studienlage zur Zeit noch spärlich (2). Es gibt jedoch viele Hinweise aus Subanalysen, dass die HFrEF-Therapie wirksam ist. Die aktuelle DELIVER-Studie schloss HFmrEF-Patienten bis zu einer LVEF von 40% ein und zeigte dort den gleichen, konsistenten Benefit von Dapagliflozin wie in anderen Patientengruppen (7). Somit können SGLT2-Hemmer bei allen HI-Patienten bei fehlenden Kontraindikationen eingesetzt werden.

Prognose

NYHA-Stadium, Ausmass der Kontraktionseinschränkung der Ventrikel, begleitende Klappenvitien, Komorbiditäten wie Niereninsuffizienz, ein ungenügender Therapieausbau, Hospitalisationen u.v.m. haben direkten Einfluss auf die Prognose der Patientinnen und Patienten.

Arterielle Hypertonie

Hintergrund

Die arterielle Hypertonie (AH) ist eine heutzutage gut behandelte Volkskrankheit geworden. Dennoch kommt es häufig zu morphologischen Veränderungen des Herzens – einerseits als Frühschaden, wenn der Bluthochdruck zu spät erkannt und therapiert wird und andererseits als Spätfolge insbesondere bei nicht optimal erreichten Zielwerten.
Akut kann eine hypertensive Krise ein Lungenödem durch eine stark erhöhte Nachlast durch arterielle Vasokonstriktion und/oder durch eine Volumenverschiebung aus dem Splanchnikusgebiet auftreten (9). Ebenfalls kann ein ungenügend eingestellter Blutdruck unter körperlicher Belastung exazerbieren und zu Dyspnoe und thorakalem Druckgefühl führen.

Kardiale Spätfolgen der AH sind häufig eine linksventrikuläre Hypertrophie, diastolische Dysfunktion mit der möglichen Konsequenz einer Herzinsuffizienz sowie eine koronare Herzerkrankung und Vorhofflimmern.

Anamnese

Oft haben Patienten keine spezifischen Symptome und die AH wird zufällig entdeckt. Hypertonie-assoziierte Beschwerden sind Kopfschmerzen, Thoraxschmerzen und Dyspnoe. Bei neuentdeckter AH und begleitender Dyspnoe sollte bei fehlender Verbesserung unter optimaler Therapie eine kardiologische Evaluation zur Suche weiterer Dyspnoegründe erfolgen. Bei langjährig bekannter AH sollte die medikamentöse Compliance und die ambulante Blutdruckeinstellung evaluiert werden.

Diagnostik

Blutdruckmessungen in der Arztpraxis oder ambulante Selbstmessungen. Ggf. ambulante 24-Stunden-Blutdruckmessung. 12-Kanal-Ruhe-EKG: linksventrikulären Hypertrophie, Vorhofflimmern, Hinweise auf KHK?
Hypertensive Folgeschäden evaluieren: Nieren, Augen, Neurologie Kardiologische Abklärung als Standortbestimmung oder bei fehlender Verbesserung trotz adäquater Therapie.

Therapie

Die Blutdrucktherapie sollte sich an den aktuellen ESC-Richtlinien (10) und an den Komorbiditäten orientieren.

Koronare Herzkrankheit

Hintergrund

Bei koronarer Herzkrankheit (KHK) entwickeln bis 40% der Patienten eine Herzinsuffizienz. Einerseits akut/subakut im Rahmen eines Myokardinfarktes (kardiogener Schock, Papillarmuskelabriss Mitralklappe) oder chronisch durch eine ischämische Kardiomyopathie oder eine ischämische Mitralklappeninsuffizienz.
Neben fokaler epikardialer Stenosen kann die Myokardperfusion speziell bei Diabetikern oder ausgeprägter Atherosklerose diffus oder auf kapillärer Ebene («small vessel disease») beeinträchtigt sein und zu Dyspnoe und Angina pectoris führen (11).

Anamnese

Kardinalsymptom ist die Angina pectoris, seltener kommt es zu einer Dyspnoe als Angina-pectoris-Äquivalent, bei der häufiger proximale Koronarstenosen zu finden sind (12).
Akut kann Dyspnoe bei einem grossen Myokardinfarkt oder einer Herzinsuffizienz auftreten.

Diagnostik

Bei Dyspnoe unklarer Ätiologie und erhöhtem kardiovaskulären Risikoprofil sollte nach einer kardiologischen Basisabklärung eine myokardiale Ischämie, resp. Koronarstenosen am besten mit einem nicht-invasiven Test wie Stress-Echokardiographie, Herz-MRI, Myokardszintigraphie oder einem Koronar-CT gesucht werden.
Bei bekannter KHK empfiehlt sich eine Echokardiographie zum Ausschluss neuer Wandbewegungsstörungen oder Klappeninsuffizienz sowie zur Bestimmung der linksventrikulären Funktion. Niederschwellig erfolgt ein nicht-invasiver Ischämietest bei fehlender anderer Erklärung der Dyspnoe.
Bei Dyspnoe in Kombination mit Angina pectoris sollte ohne weiteren Test eine Koronarangiographie erfolgen, sonst nur bei Ischämienachweis in der nicht-invasiven Bildgebung. Bei einem Myokardinfarkt mit kardiogenem Schock ist eine Notfall-Koronarangiographie indiziert.

Therapie

Bei symptomatischen Koronarstenosen sollte neben der medikamentösen Therapie eine perkutane transluminale Koronarangioplastie mit Stenteinlage (PTCA) und in ausgewählten Fällen die aortokoronare Bypass-Chirurgie (ACBP) evaluiert werden.
Bei diffuser Koronarsklerose ohne Bypass-fähige Anschlussgefässe oder einer small-vessel-disease steht die pharmakologische Therapie mit Antianginosa im Vordergrund (Betablocker, Kalziumantagonisten)(11).
Falls eine KHK Ursache einer Herzinsuffizienz mit eingeschränkter Pumpfunktion ist, stellt die ACBP zusammen mit einer optimal ausgebauten Herzinsuffizienztherapie die beste Therapieoption bei geeigneten Patienten dar, da trotz anfangs höherer Mortalität in der Operationsgruppe über 10 Jahre ein deutlicher Überlebensvorteil besteht (4).

Klappenvitien

Hintergrund

Die Herzklappen gewährleisten durch ihre Ventilfunktion einen nach vorwärts gerichteten Blutfluss und fördern dabei im Herzzyklus die optimale Füllung und Entleerung der jeweiligen Herzkammern.
Die Aorten- und Pulmonalklappe sind sog. Taschenklappen, die sich abhängig von den Druck- und Flussverhältnissen passiv öffnen und schliessen. Die Aortenklappe ist dem höchsten mechanischen Stress ausgesetzt und hat häufig degenerative Veränderungen bis hin zur Stenose. Bei bikuspiden Aortenklappen geschieht dies deutlich schneller. Durch Degeneration und/oder Dilatation des Aortenannulus kann es zur Insuffizienz kommen.
Die Mitral- und Trikuspidalklappe sind als Segelklappen anatomisch und funktionell komplexer aufgebaut. Die funktionelle Einheit besteht aus Klappensegeln, Annulus und dem subvalvulären Apparat mit Sehnenfäden und Papillarmuskeln. Die Funktionsstörung einer Ebene kann das gesamte Klappengefüge stören und zur Dysfunktion führen.
Prinzipiell wird zwischen primären und sekundären Klappenvitien unterschieden:
Bei primären Vitien führt eine primäre Störung des Herzklappenapparates zur Fehlfunktion der Klappe. Ein klassischer Fall wäre eine akute Herzinsuffizienz wegen eines akuten Sehnenfadenabrisses bei vorbestehendem Mitralklappenprolaps oder eine langsam fortschreitende Aortenklappenstenose.
Sekundäre Vitien entstehen auf dem Boden einer Störung des Herzens selbst (z.B. durch eine Erweiterung des Mitralklappenannulus mit geringerer Koaptationsfläche beider Mitralsegel bei dilatativer Kardiomyopathie).

Anamnese

Typischerweise verursachen Klappenvitien anstrengungsabhängige Symptome, können aber in einem fortgeschrittenen Stadium auch in Ruhe symptomatisch sein und sich als akute Herzinsuffizienz präsentieren. In der Regel kommt es zu einer langsam progredienten Leistungsintoleranz und Dyspnoe. Akute Verschlechterungen treten oft sekundär wie z.B. bei einer Tachyarrhythmie oder Infektion auf.
Klassische Symptome der schweren Aortenklappenstenose sind Schwindel oder Synkope bei körperlicher Anstrengung, Angina pectoris und Herzinsuffizienz. Rechtsherzinsuffizienzzeichen wie Beinödeme, gestaute Halsvenen, Inappetenz durch gastrische und hepatische Stauung sowie Aszites können bei schwerer Trikuspidalklappeninsuffizienz auftreten. Pulmonalklappenvitien sind bei Erwachsenen eher selten relevant.

Diagnostik

Der wegweisende Befund bleibt die klassische Herzauskultation, bei der ein Grossteil relevanter Klappenvitien festgestellt werden kann. Eine schwere Aortenklappenstenose oder Mitralklappeninsuffizienz werden dadurch selten überhört werden. Hingegen können diastolische Geräusche auskultatorisch wenig eindrücklich sein.
Die Lautstärke des Systolikums sagt nichts über den Schweregrad des Klappenvitiums aus.
Niedrigfrequente Herzgeräusche stellen bei fehlenden Symptomen oder klinischen Zeichen einer Herzinsuffizienz meist keine relevante Pathologie dar, wohingegen jedes hochfrequente Systolikum, jedes Diastolikum und jedes Herzgeräusch mit Herzinsuffizienzsymptomen oder Fieber weiter kardiologisch abgeklärt werden sollte.
Mit der (transthorakalen) Echokardiographie können sämtliche Herzvitien zuverlässig erkannt, die Ätiologie geklärt und die Schwere des Vitiums graduiert werden. Wichtige prognostische Zusatzinformationen wie Funktion, Morphologie und Grösse beider Ventrikel, eine pulmonale Hypertonie sowie Hinweise auf eine Stauung (Vena cava inferior, Pleuraergüsse) werden unkompliziert erfasst. Bei spezifischen Fragestellungen oder ungenügender Bildqualität kann die transoesophageale Echokardiographie Licht ins Dunkel bringen.

Therapie

Die Behandlung richtet sich prinzipiell nach den klinischen Beschwerden, Schweregrad und Pathoanatomie des Vitiums und der linksventrikulären Funktion (13).
In der Regel führen erst schwergradige Klappenvitien zu entsprechenden Symptomen.
Sekundäre Faktoren wie eine tachykarde Herzrhythmusstörung (v.a. Vorhofflimmern), eine Anämie oder eine Infektion können auch mittelschwere Vitien symptomatisch werden lassen. Hier sollte zuerst der sekundäre Faktor verbessert und die medikamentöse Therapie optimiert werden, bevor ein Klappeneingriff diskutiert werden sollte.
Bei polymorbiden und betagten Patienten finden sich häufig mehrere Gründe für eine Dyspnoe, so dass es im Einzelfall schwierig werden kann, eine einzige kausale Ursache zu identifizieren. Hier empfiehlt sich eine pragmatische Herangehensweise.
Primäre, symptomatische Klappenvitien müssen in der Regel durch eine Korrektur der Klappenpathologie therapiert werden – d.h. einer Klappenrekonstruktion oder einem -ersatz. Heutzutage steht eine Vielzahl an klassischen herzchirurgischen wie auch interventionellen Verfahren zur Verfügung, deren Einsatz abhängig von Anatomie, Begleiterkrankungen und Lebensalter ist. Über die für die Patienten am besten geeignete Modalität findet in der Regel eine lebhafte Diskussion im gemeinsamem Rapport der Kardiologie und Herzchirurgie statt.
Sekundäre, symptomatische Vitien verbessern sich oft durch eine Behandlung der Grunderkrankung – so kann beispielsweise bei einer Herzinsuffizienz mit sekundärer Mitralklappeninsuffizienz der Schweregrad und die entsprechende Symptomatik deutlich durch einen Ausbau der medikamentösen Herzinsuffizienztherapie – insbesondere durch eine adäquate Diuretikadosierung und Senkung der Nachlast – verbessert werden. Falls dies nicht zum gewünschten Erfolg führt und die Herzerkrankung noch nicht zu weit fortgeschritten ist, bestehen auch hier chirurgische und interventionelle Therapieverfahren zur Verfügung.
Die aktuellen Richtlinien der European Society of Cardiology geben einen guten Überblick über Behandlungsindikationen und Entscheidungsalgorithmen (13).

Prognose

Unbehandelte schwere Klappenvitien mit Symptomen oder einer linksventrikulären Dysfunktion haben eine schlechte Prognose und sollten frühzeitig behandelt werden. Komplexer wird die Situation bei einem schwergradigem Klappenvitium ohne subjektive Beschwerden: abhängig vom Klappenvitium existieren Evidenz-abgestützte Empfehlungen, ab welchen morphologischen oder klinischen Parametern eine Klappenkorrektur erforderlich ist.

Rhythmogene Dyspnoe-Ursachen

Hintergründe

Eine elektrisch koordinierte Kontraktion des Herzmuskels ermöglicht einerseits die optimale Füllung in der Diastole und andererseits die Entleerung der Ventrikel in der Systole. Zusätzlich wird die Herzaktion durch das vegetative Nervensystem und humorale Faktoren reguliert. Tachy- wie auch bradykarde Rhythmusstörungen können diese Abläufe negativ beeinflussen.

Anamnese

Neben dem Auftreten von Herzinsuffizienzsymptomen können Beschwerden wie schnellere Ermüdbarkeit und Leistungsintoleranz sowie Schwindel, Palpitationen oder Synkopen auftreten.

Diagnostik

12-Kanal-Ruhe-EKG als Basis.
Niedrigschwellig Langzeit-EKG (ein-bis-sieben-Tage-EKG, implantierbare Looprekorder mit Untersuchungszeitraum bis 4,5 Jahre; Abfrage Ereignisspeicher Herzschrittmacher oder Defibrillatoren; künstliche Intelligenz in «wearables»). Belastungs-EKG bei Verdacht auf belastungsinduzierte Arrhythmien.

Tachykarde Rhythmusstörungen

Vorhofflimmern

Vorhofflimmern ist die häufigste Arrhythmie im höheren Lebensalter und führt bei dekompensierter Herzinsuffizienz oft zur Hospitalisation.
Jüngere, aktive Menschen spüren meist unmittelbar eine Leistungseinbusse, hingegen haben ältere PatientInnen häufig nur Symptome bei einer ausgeprägter Tachykardie. Knapp 50% der Betroffenen bemerken keinen unregelmässigen Puls. Daher ist die Anamnese alleine zur Diagnosestellung unzuverlässig, sondern sollte immer mit einem 12-Kanal- oder Langzeit-EKG verifiziert werden.
Bei neudiagnostiziertem Vorhofflimmern empfiehlt sich eine kardiologische Abklärung, um eine strukturelle Herzerkrankung zu suchen und eine spezifische Behandlung einleiten zu können. Die Therapie richtet sich prinzipiell nach den Symptomen und der Herzfunktion. Junge und relativ gesunde Patienten profitieren von einer Rhythmuskontrolle, wobei initial eine Elektrokonversion durchgeführt werden kann und niederschwellig eine interventionelle Ablationsstrategie mit Pulmonalvenenisolation (PVI) evaluiert werden sollte (14).
Langdauerndes unbehandeltes tachykardes Vorhofflimmern kann zu einer dilatativen Kardiomyopathie führen («Tachykardiomyopathie»), die bei optimaler pharmakologischer Therapie mit Rhythmuskontrolle reversibel sein kann.
Bei ausgewählten Patienten mit einer Herzinsuffizienz mit eingeschränkter Pumpfunktion kann nach vorheriger medikamentöser Therapieoptimierung eine PVI die Mortalitäts- und Rehospitalisationsrate bis zu 38% senken (15). Ältere Patienten benötigen häufig nur eine gute Herzfrequenzkontrolle, die primär mit einem Betablocker o.ä. erzielt werden kann. Sollte bei Akut-Patienten eine instabile Hämodynamik vorliegen, sind Betablocker kontraindiziert, und es sollte eine Elektrokonversion oder Therapie mit Amiodarone evaluiert werden.
Besteht ein bradykardes Vorhofflimmern oder ein Tachykardie-Bradykardie-Syndrom, kann eine Herzschrittmacherimplantation als Bradykardieschutz und zur Wiederherstellung der Chronotropie nötig werden.
Da ebenfalls das Risiko von cerebralen oder peripheren Embolien erhöht ist, muss bei jedem Patienten ein Screening der Risikofaktoren gemäss CHA2DS2Vasc-Score erfolgen und eine therapeutische Antikoagulation evaluiert werden.

Herzschrittmacher und Dyspnoe

Herzschrittmacher werden bei bradykarden Herzrhythmusstörungen und biventrikuläre Systeme zur kardialen Resynchronisation bei Herzinsuffizienz mit eingeschränkter Pumpfunktion eingesetzt (16).
Bei Auftreten von Dyspnoe sind schrittmacherassoziierte von herzkrankheitbedingten Ursachen abzugrenzen. Fehlfunktionen des Schrittmachersystems müssen ausgeschlossen werden, auch wenn dies selten der Fall ist. Der Speicher des Herzschrittmachers kann Auskunft über neue Arrhythmien wie Vorhofflimmern, dem Ausmass ventrikulärer Extrasystolie oder Kammertachykardien, aber auch den prozentualen Anteil der Schrittmacherstimulation geben. Es empfiehlt sich, die programmierten Parameter zu überprüfen und zu adaptieren. Beispielsweise kann der Schrittmacher bei einer suboptimalen Sensoreinstellung das Herzfrequenzverhalten nicht gemäss Aktivitätsniveau des Patienten steuern. Sind die AV- und andere Intervalle unzureichend programmiert, kann der Schrittmacher in höheren Herzfrequenzbereichen einen 2:1-Block mit entsprechender Halbierung der Herzfrequenz induzieren und entsprechende Symptome auslösen.
Wenn hier keine Ursache zu finden ist, sollte eine Echokardiographie neue Klappenvitien, regionale Wandbewegungsstörungen (als Ausdruck eines zwischenzeitlichen Myokardinfarkts) und eine Verschlechterung der Pumpfunktion ausschliessen. Herkömmliche Schrittmachersysteme induzieren eine unphysiologische rechtsventrikuläre Erregung und können dadurch bei häufiger ventrikulärer Stimulation eine Schrittmacher-induzierte Kardiomyopathie auslösen. Nach einer Optimierung der Schrittmachereinstellungen zur Reduktion der ventrikulären Stimulationsrate und einem Ausbau der Herzinsuffizienztherapie kann bei fehlender Verbesserung in einigen Fällen eine Erweiterung auf ein biventrikuläres Schrittmachersystem nötig werden. Neue Therapieansätze wie eine gezielte Stimulation des Reizleitungssystems (17) könnten diese Problematik verbessern, klärende Studien dazu sind jedoch noch ausstehend.

Bradykarde Rhythmusstörungen und chronotrope Inkompetenz

Kann bei einer körperlichen Belastung die Herzfrequenz und damit das Herzzeitvolumen nicht adäquat gesteigert werden, spricht man von einer chronotropen Inkompetenz.
Ursächlich besteht oft eine Sinusknoten-Dysfunktion («Sick-sinus-Syndrom»), die durch altersabhängige Fibrose und Degeneration des Sinusknotens und der Vorhöfe entsteht.
Nicht selten bestehen begleitend auch tachykarde Rhythmusstörungen wie Vorhofflimmern oder atriale Tachykardien, die eine medikamentöse Frequenzkontrolle nötig machen und daher einen häufigen Grund für eine Herzschrittmacherimplantation als Bradykardieschutz darstellen .
Abzugrenzen davon sind extrinsisch verursachte Bradykardien bei beispielsweise Elektrolytstörungen, Hypothyreose, erhöhtem Vagotonus oder iatrogen unter bradykardisierender Therapie. Hier sollte zuerst die Grundproblematik evaluiert und entsprechend behandelt werden.

 

Dr. med. Tobias Höfflinghaus

Klinik Innere Medizin und Kardiologie
Stadtspital Zürich Waid
Tièchestrasse 99
8037 Zürich

tobias.hoefflinghaus@stadtspital.ch

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Pulmonale Dyspnoe

Eine 59-jährige Patientin stellt sich mit zunehmender Anstrengungsdyspnoe seit einigen Monaten vor, sobald sie schnell gehen oder bergaufsteigen müsse, komme sie schnell ausser Atem. Vor mehr als 10 Jahren sei ein Asthma von ihrem damaligen Hausarzt diagnostiziert worden, Vorbefunde liegen keine vor. Die inhalative Therapie mit einem Kortisonpräparat habe sie nur unregelmässig bei störender Heiserkeit (Beruf: Sängerin) angewendet. Husten, Auswurf und rhinokonjunktivitische Beschwerden werden verneint. Geraucht habe sie gelegentlich, allerdings wird eine regelmässige Passivrauch-Exposition beschrieben. Als Jugendliche habe sie Neurodermitis gehabt, bekannte Allergien: Pollen (Gräser, Hausstaubmilben, Hundepithelien). Lungenfunktionell imponiert eine schwere obstruktive Ventilationsstörung ohne vollständige Reversibilität nach Bronchodilatation.

Einleitung

Dyspnoe ist eines der häufigsten Symptome bei Patienten mit akuten und chronischen Lungenerkrankungen. Aufgrund des subjektiven Charakters der Atembeschwerden kann sich die Diagnosestellung als sehr herausfordernd darstellen, dennoch lässt eine genauere «Sprachanalyse» der Dyspnoe Rückschlüsse auf die zugrundliegende Erkrankung des Atmungsorgans zu (2). Erschwerend kann eine multifaktorielle und überlappende Ätiologie auch mit extrapulmonalen Grunderkrankungen hinzukommen. Ähnlich wie beim Schmerz existieren keine wahren objektiven Messparameter der Dyspnoe: Sowohl Atemnot als auch Schmerz werden nur von derjenigen Person wahrgenommen, die sie empfindet. Das Vorliegen von Atemnot hat sich nicht nur bei chronischen pulmonalen Erkrankungen als Mortalitätsprädiktor erwiesen (3), sondern auch bei hospitalisierten Patienten unabhängig von der zugrundliegenden Erkrankung, je ausgeprägter die Atemnot, desto höher das Mortalitätsrisiko (4). Im Gegensatz zur Dyspnoe zeigten Schmerzen, die bei hospitalisierten Patienten standardisiert erhoben werden, in dieser grossangelegten Studie interessanterweise jedoch keinen Zusammenhang mit einem schlechten Outcome. Meistens liegen Dyspnoe kardiale oder pulmonale Ätiologien zu Grunde. Häufige ursächliche pulmonale Erkrankungen sind neben broncho-pulmonalen Infekten: Asthma bronchiale, chronisch obstruktive Pneumopathie (COPD) und interstitielle Lungenerkrankungen. Das Symptom «Dyspnoe» sollte nicht nur im medizinischen Kontext der pulmonalen Grunderkrankung gewertet werden, sondern ganzheitlich mit seinen Auswirkungen auf die Funktionalität im privaten sowie beruflichen Leben. Folgeerscheinungen wie die Abnahme der körperlichen Aktivität mit konsekutiver Dekonditionierung, Depressionen und Angstzustände sowie eine etwaige Arbeitsunfähigkeit gilt es frühzeitig zu erkennen und im therapeutischen Management zu berücksichtigen.

Definition

Dyspnoe (von altgriechisch δυσ dys ‚schwierig‘ und πνοή pnoe ‚Atmung‘) wird umgangssprachlich auch als Atem- oder Luftnot bezeichnet, ferner werden die Begriffe Atemlosigkeit, Luftnötigkeit, Kurzatmigkeit oder Lufthunger verwendet. In einem Konsensus Statement der American Thoracic Society wurde Dyspnoe als eine «subjektive Wahrnehmung von Atembeschwerden, die sich aus qualitativ unterschiedlichen Empfindungen unterschiedlicher Intensität zusammensetzen» definiert (5). Dabei wurde postuliert, dass dieses subjektive Empfinden «durch das Zusammenspiel mehrerer physiologischer, psychologischer, sozialer und umweltbedingter Faktoren entsteht und sekundäre physiologische und verhaltensbezogene Reaktionen hervorrufen kann». Dyspnoe stellt damit als Sammelbegriff für subjektive, multifaktorielle Atembeschwerden ein komplexes Leitsymptom dar. Zusätzlich besteht eine zeitliche Definition: Akute Dyspnoe entwickelt sich innerhalb von wenigen Minuten bis Stunden, chronische Dyspnoe entsteht über mindestens mehrere Wochen. Des Weiteren muss eine akute Verschlechterung von einer chronischen Dyspnoe («acute-on-chronic») unterschieden werden.

Grundlagen

Pulmonale Dyspnoe kann im Wesentlichen auf Störungen im Gasaustausch und Störungen der Atemmuskelpumpe zurückgeführt werden. Die genaue Pathophysiologie und insbesondere neurophysiologische Zusammenhänge der Dyspnoe sind bis dato nicht abschliessend geklärt, komplexe Interaktionen von multiplen afferenten und efferenten Signalen des zentralen und autonomen Nervensystems führen zu einer Stimulation des zentralen Atemzentrums mit konsekutiver Steigerung der Ventilation sowie resultierenden Atembeschwerden und «Lufthunger» (6). Es wird vermutet, dass Atembeschwerden bei chronischen Lungenerkrankungen durch eine individuelle Anpassung des Grund-Atemmusters durch die zentrale Atemregulation reduziert werden: Patienten mit schwerer obstruktiver Ventilationsstörung atmen tendenziell langsam und tief, wohingegen Patienten mit restriktiven Ventilationsstörungen eine schnelle, flache Atmung aufweisen (7).

Störungen im Gasaustausch

Der pulmonale Gasaustausch findet zwischen den Alveolen und dem Kapillarbett statt und beruht auf einem optimalen Zusammenspiel von Ventilation, Perfusion und Diffusion. Störungen des Gasaustauschs resultieren in einer Hypoxämie (Respiratorische Insuffizienz Typ I, früher Partialinsuffizienz) mit begleitender Normo- oder Hypokapnie. Wichtigste Ursachen sind Verteilungsstörungen mit Ventilations-Perfusions-Inhomogenitäten (z.B. bei obstruktiven Atemwegserkrankungen, Atelektasen), Diffusionsstörungen (z.B. pulmonal-parenchymatöse Erkrankungen, Lungenemphysem) oder pulmonale Rechts-Links-Shunts (z.B. ausgedehnte Pneumonie, Acute Respiratory Distress Syndrom (ARDS), pulmonale AV-Malformationen). CO2 weist eine 25-fach bessere Diffundierbarkeit als O2 auf, daher gibt es keine klinisch relevante diffusionsbedingte CO2-Retention. Sowohl eine Verteilungsstörung als auch eine Diffusionsstörung lassen sich durch Sauerstoffgabe ad hoc verbessern, bei einem signifikanten Rechts-Links-Shunt führt Sauerstoff jedoch nicht zu einer vollständigen Oxygenierung des Bluts. Fortgeschrittene Erkrankungen des Lungenparenchyms führen nicht nur zu einer Verminderung der alveolären Gasaustauschfläche, sondern auch zu einer Abnahme der pulmonalen Perfusion aufgrund einer lokoregionären hypoxischen pulmonalen Vasokonstriktion (Euler-Liljestrand-Reflex). Diese zeigt sich in den frühen Stadien unter Sauerstoffsupplementation noch reversibel, in späteren Stadien zeigt sich keine Vasoreagibilität mehr. Die Verminderung des gesamten Lungengefässquerschnittes führt zu einem Anstieg des pulmonalen Gefässwiderstands (Verweis Kapitel Pulmonale Hypertonie) mit Verstärkung das Ventilations-Perfusions-Mismatches.
Störungen der Atemmuskelpumpe
Die Atemmuskelpumpe ist ein komplexes Konstrukt bestehend aus der Atemmuskulatur, dem knöchernen Thorax, der Pleura und den entsprechenden peripheren Nerven. Störungen der Atemmuskelpumpe können zu einer alveolären Hypoventilation und im weiteren Verlauf zu einem hyperkapnischen Pumpversagen führen (respiratorische Insuffizienz Typ II, früher Globalinsuffizienz). Akute oder anhaltende Gasaustauschstörungen z.B. Ventilationsstörungen können infolge der erhöhten Atemarbeit in ein Atempumpenversagen münden. In Ruhe beträgt der Sauerstoffbedarf der Atemmuskulatur ca. 1-2 % der gesamten Sauerstoffaufnahme (VO2), unter körperlicher Belastung kann dieser bei Gesunden auf bis zu 10% ansteigen, bei Patienten mit fortgeschrittener COPD werden diese Werte aufgrund der erhöhten Atemarbeit bereits in Ruhe überschritten (8). Die Berechnung des arterio-alveolären Gradienten (A-a Gradient) kann zur Differenzierung einer Hypoxämie bei begleitender Hyperkapnie beitragen. Ein normwertiger A-a Gradient liegt bei prädominierender Hypoventilation vor, ein erhöhter Quotient zeigt sich bei Diffusionsstörungen oder Verteilungsstörungen, Normalwerte unter Raumluft können anhand des Alters geschätzt werden (siehe Abb.1) (9). Häufig bestehen allerdings Mischformen einer kombinierten Gasaustauschstörung mit begleitender alveolärer Hypoventilation, ein normwertiger A-a Gradient kann jedoch eine relevante Diffusions- und Verteilungsstörung ausschliessen. Klassische Ursachen, die Störungen der Atemmuskelpumpe bedingen, sind neuromuskuläre Erkrankungen, z.B. Myopathien/Muskeldystrophien und anatomische Deformationen mit Einschränkungen der Atemmechanik, z.B. Kyphoskoliose, Zwerchfellhochstand.

Diagnostik

Anamnese und klinische Untersuchung

Im Rahmen der Erstvorstellung bei Dyspnoe müssen zunächst der Schweregrad und der Verlauf der Symptomatik erhoben werden. In einem ersten Schritt sollte eine potentiell lebensbedrohliche Symptomatik mit drohender respiratorischer Erschöpfung von nicht akut vital gefährdenden Beschwerden unterschieden und bei Bedarf medizinische Sofortmassnahmen eingeleitet werden. Kardiale Ursachen und Lungenarterienembolien müssen differentialdiagnostisch immer bei Dyspnoe, jedoch insbesondere bei akutem Beschwerdebild, in Betracht gezogen werden. In einem zweiten Schritt empfiehlt es sich, die zeitliche Entwicklung zu erfassen: Sind die Atembeschwerden akut oder chronisch? Zeigt sich ein schleichend progredienter oder ein chronischer Verlauf mit aktuell akuter Verschlechterung? Somit kann besser differenziert werden, ob es sich um die Erstmanifestation einer neuen bzw. einer bis dato noch nicht diagnostizierten Erkrankung (z.B. Asthma bronchiale) oder um eine Verschlechterung einer vorbekannten Grunderkrankung handelt (z.B. Infektexazerbation einer interstitiellen oder obstruktiven Pneumopathie). In einem dritten Schritt schliesst sich die ausführliche pulmonale Anamnese an, die «Sprache der Dyspnoe» und respiratorische Begleitsymptome lassen mitunter Rückschlüsse auf die zugrundeliegende Erkrankung zu (siehe Tabelle 2). Zur besseren Einschätzung der Intensität der Dyspnoe können die Borg-Skala (Von 0 keine Beschwerden bis 10 maximale Beschwerden) oder modified medical Research Council (mMRC) Skala (10) eingesetzt werden (siehe Tabelle 1), letztere erleichtert eine semiquantitative Einordnung der Alltagsbeeinträchtigung der Patienten. Anschliessend sollte eine extrapulmonale Systemanamnese mit Erfassung der inhalativen Noxen, Berufs- und Freizeitanamnese, Familienanamnese und die aktuelle Medikation erfasst werden.
Die körperliche Untersuchung und die Erfassung der Vitalparameter (Herzfrequenz, Atemfrequenz, Blutdruck, Puls, periphere Sauerstoffsättigung, Körpertemperatur) stellen einen weiteren wichtigen Baustein der initialen Diagnostik dar. Die subjektive Empfindung «Dyspnoe» kann zusätzlich anhand von klinischen Zeichen objektiviert werden: z.B. Tachypnoe, Sprechdyspnoe, Stridor, paradoxe Atmung, Einsatz der Atemhilfsmuskulatur, Lippenbremse, respiratorische Einziehungen der Interkostalräume. Neben dem kardiopulmonalen Auskultationsbefund tragen Beurteilung der Thoraxkonfiguration, Volumenstatus, Trommelschlegelfinger, Hautkolorit, Gewicht, Hautveränderungen, Gelenkbeschwerden, Schluckbeschwerden, Muskelatrophie wesentlich zur differentialdiagnostischen Einordnung bei (siehe Schema). Dennoch korrelieren die klinischen Befunde häufig nur unzureichend mit der Symptomatik und mit dem Schweregrad der pulmonalen sowie globalen Funktionseinschränkung, sodass weitere Untersuchungen notwendig werden.

 

Basisdiagnostik

Je nach klinischem Bild empfiehlt sich eine Blutentnahme (Anämie als Ursache der Dyspnoe?, Polyglobulie als Hinweis für eine bereits länger andauernde Hypoxämie?, Leukozytose als Hinweis für eine Entzündung?) inkl. Differentialblutbild (Granulozytose als Hinweis für eine bakterielle Entzündung? Lymphozytose als Hinweis für eine virale/autoimmune Entzündung?, Eosinophilie als Hinweis für ein eosinophiles Asthma bronchiale oder eosinophile pulmonale Erkrankung?) sowie des CRP, der Elektrolyte, der Nieren- und Leberfunktionswerte. Zusätzlich können bei klinisch nicht eindeutiger pulmonaler Genese der Beschwerden die Bestimmung des Troponin, des NT-proBNP und die D-Dimere zur weiteren differentialdiagnostischen Aufarbeitung beitragen. Eine aktuelle prospektive Studie konnte beispielsweise aufzeigen, dass bei COPD-Patienten mit einer akuten hospitalisations-bedürftigen respiratorischen Verschlechterung anhand einer systematischen Diagnostik bei bis zu 5% der Fälle eine Lungenarterienembolie diagnostiziert werden konnte, bestand klinisch der Verdacht auf eine Lungenembolie, lag die Prävalenz sogar bei 10% (11).
Im EKG können sich nicht nur Hinweise für eine myokardiale Ischämie oder Linksherzpathologie ergeben, sondern auch indirekte Zeichen einer akuten Rechtsherzbelastung (SIQIII-Typ bei Lungenarterienembolie) oder einer chronischen Rechtsherzbelastung im Sinne eines Cor pulmonale auffällig werden (Sokolow Index, Rechtsschenkelblock,
p Pulmonale, Rechtslagetyp). Grundsätzlich sollte bei jedem Patienten mit Dyspnoe eine konventionelle Röntgen-Thorax-Untersuchung in zwei Ebenen erfolgen, Ausnahmen sind beispielsweise junge Patientinnen mit klassischen Befunden eines Asthmas und gutem Therapieansprechen auf Inhalativa. Bei fehlendem Therapieansprechen oder uneindeutigen Befunden sollte die Diagnose eines Asthmas jedoch immer kritisch hinterfragt und um eine Bilddiagnostik erweitert werden (GINA Guidelines 2022).
Zu einer ersten Standortbestimmung hinsichtlich einer Ventilationsstörung (Obstruktion, Restriktion) eignet sich die Spirometrie. Sie dient zur Erfassung der dynamischen Atemvolumina und des Tiffeneau-Index (Forcierte Einsekunden-Kapazität FEV1/Forcierte Vitalkapazität FVC), zudem kann der Spitzenfluss (Peak Exspiratory Flow, PEF) bestimmt werden (Abb. 2). Die diagnostische Aussagekraft hängt jedoch entscheidend von der Untersuchungsqualität ab, da die Atemmanöver stark mitarbeitsabhängig sind und eine entsprechende Expertise des Untersuchers benötigt wird. In den aktualisierten Leitlinien zu Standardisierung der Spirometrie wurden neben den technischen Kriterien für Akzeptabilität und Reproduzierbarkeit, auch neu Kriterien zur klinischen Verwendbarkeit (Usability) definiert (12). Untersuchungen, die formal die Akzeptabilitätskriterien nicht erfüllen, können sich trotzdem als klinisch brauchbar erweisen. Die Spirometrie ist der Goldstandard zur Diagnose einer obstruktiven Ventilationsstörung, zudem kann der Schweregrad der Obstruktion erhoben und ein Therapieansprechen mittels konsekutiver Messungen beurteilt werden. Der Kurvenverlauf im Fluss-Volumen-Diagramm kann zudem Hinweise für intra- oder extrathorakale Stenosen als weitere Ursache von Dyspnoe ergeben (Abb. 3). Eine restriktive Ventilationsstörung hingegen darf spirometrisch bei verminderten dynamischen Atemvolumina nur vermutet werden. Für die Diagnose einer restriktiven Ventilationsstörung wird die Messung der totalen Lungenkapazität (TLC) gefordert, sollten sich in der Spirometrie Hinweise für eine restriktive oder gemischt restriktive-obstruktive Ventilationsstörung ergeben, wird deswegen eine weiterführende pneumologische Diagnostik mittels Bodyplethysmographie und Messung der Diffusionskapazität empfohlen. Bis dato wurde ein pathologischer Grenzwert anhand fester Prozentangaben bezogen auf den Sollwert definiert. Dabei wurde jedoch die Streubreite der Normalwerte nicht berücksichtigt. Die Lungenfunktionswerte gesunder Probanden weisen eine Normalverteilung auf, mittels Perzentilen kann ein Untersuchungsresultat in Bezug zur statistischen Verteilung des Parameters auf der Normalverteilungskurve gesetzt werden (Abb. 5). Als unterer Grenzwert (Lower Limit of Normal, LLN) wurde die 5. Perzentile definiert, entsprechend 1,645 Standardabweichungen vom Sollmittelwert (= Z-Score) (13). Mit zunehmendem Alter nimmt die natürliche Streuung der Messwerte zu und die LLN entsprechend ab. Fixe Grenzwerte führen damit in höherem Alter zu einer Überdiagnose von Ventilationsstörungen, in jüngerem Alter zu einer Unterdiagnose. Generell gilt es jedoch zu beachten, dass die erhobenen Messparameter immer individuell und im Rahmen des klinischen Kontexts zu werten sind, formal noch normale Werte können für den Einzelnen bereits pathologisch sein. Wichtiger als der Vergleich mit der Normalpopulation, sind somit intraindividuelle Verlaufsmessungen.

Erweiterte Diagnostik

Bildgebung

Bei auffälligem Röntgen-Thorax mit z.B. interstitieller Zeichnungsvermehrung, malignomsuspekten Befunden, unklaren oder persistierenden Infiltraten, Emphysemaspekt oder Mediastinalverbreitung sollte eine Computertomographie des Thorax erfolgen. Bei diskonkordanten Befunden von Klinik und unauffälligem Röntgen-Thorax kann eine CT-Untersuchung eine konventionell-radiologisch nicht detektierte interstitielle Lungenerkrankung aufdecken bzw. Hinweise für eine anderweitige Ursache der Dyspnoe geben z.B. indirekte Zeichen einer pulmonalen Hypertonie. Besteht konventionell röntgenologisch bereits der Verdacht auf eine interstitielle Pneumopathie sollte eine native hoch auflösende (High-Resolution, HR) CT-Thorax-Untersuchung angefordert werden, da eine i.v. Kontrastmittelgabe die Bildmorphologie des Lungenparenchyms verändern und damit z.B. die radiologische Beurteilung von Milchglasinfiltraten (Ground Glass Infiltrate) erschweren kann (14). Bei Verdacht auf ein Malignom ist die Kontrastmittelgabe allerdings zur Einordnung der pulmonalen Raumforderung und Beurteilung der Lymphadenopathie obligat. Sollte sich die Frage nach einer Beteiligung der kleinen Atemwege («Small Airway Disease», z.B. bei Bronchiolitis, Hypersensitivitätspneumonitis) stellen, ist es hilfreich In- und Exspirationsaufnahmen durchführen zu lassen. Ein Vergleich der Bildmorphologie in In- und Exspiration kann gefangene Luft (Air Trapping) bei in Exspiration zunehmend hypodensen Lungenarealen zur Darstellung bringen. Generell gilt, je mehr klinischen Angaben und je dezidierter die Fragestellung an die KollegInnen der Radiologie, desto aussagekräftiger die radiologische Befundung.
Die Thoraxsonographie hat insbesondere «bedside» bei akuter Dyspnoe ihren Stellenwert als schnell verfügbare, nicht-strahlenbelastende und in geübten Händen sehr differenzierte Bildgebung erwiesen. Sie stellt die Methode der Wahl zur Detektion von Pleuraergüssen dar und eignet sich zur Darstellung von Pneumothoraces, pulmonalen Infiltraten, Lungeninfarkten und eines Lungenödems (15). Sonographisch können bereits 5 bis 10 ml Pleuraerguss detektiert werden, wohingegen konventionell radiologisch Ergussmengen erst ab 200 ml dargestellt werden können (16). Beurteilt werden können zusätzlich die Echogenität der pleuralen Flüssigkeit incl. die Darstellung von Septen, angrenzende pleurale Verdickungen. Begleitend kann eine Einschränkung der Zwerchfellbeweglichkeit als weitere Differentialdiagnose von Atembeschwerden erhoben werden. Zudem können als erweiterte Diagnostik bei Atembeschwerden grob orientierend die kardiale Pumpfunktion incl. der Volumenstatus anhand der Darstellung der Vena Cava inferior eingeschätzt sowie ein hämodynamisch relevanter Perikarderguss untersucht werden.

Funktionelle Diagnostik

Die Spiroergometrie eignet sich nicht nur zur Objektivierung der kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit, sondern stellt auch ein hervorragendes Instrument zur Differenzierung hinsichtlich ventilatorischer, pulmonalvaskulärer und kardialer Limitierungen der Leistungsfähigkeit dar.
(Abb. 6, Auszüge der Spiroergometrie der 59-jährigen Patientin (Fallvignette)). Neben der klassischen Leistungsdiagnostik, sind Dyspnoe und Leistungsintoleranz die klassischen Indikationen zur Durchführung einer Spiroergometrie. Zur Beurteilung pulmonaler Grunderkrankungen sind neben der Messung der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max) insbesondere die Messung der Ventilation, der arteriellen Blutgase, der Atemäquivalente und der dynamischen Lungenvolumina unter Belastung relevant. Ferner kann die Diagnose eines Anstrengungsasthmas mittels Spirometrien nach der Belastungsphase gestellt werden (Statement Exercise Induced Asthma). Weitere Indikationen sind die Beurteilung der Operabilität vor pulmonalen Resektionen und die Beurteilung der Ateminvalidität im Rahmen der pneumologischen Arbeits­medizin.

Erweiterte Labordiagnostik

Bei begleitenden Hinweisen für eine rheumatologische Systemerkrankung im Rahmen der Abklärungen der Dyspnoe kann eine erweiterte serologische Diagnostik zur differentialdiagnostischen Einordnung beitragen. Interstitielle Pneumopathien können bereits vor der rheumatologischen Grunderkrankung manifest werden. So wird in der Schweiz, entsprechend den internationalen Leitlinien, bei Erstdiagnose einer ILD sowie erneut im Verlauf bei neuen klinischen Aspekten, die Bestimmung von antinukleären Antikörpern (ANA), Rheumafaktoren (RF), anti-zyklisches citrulliniertes Peptid (anti-ccP) empfohlen. Stellen sich bei Erstdiagnose einer Pneumopathie bereits Hinweise für eine Autoimmunerkrankung, sollte das serologische Screening ausgeweitet werden (17).

Schlafdiagnostik

Schlafbezogene Atemstörungen sind weitere Differentialdiagnosen der Dyspnoe bzw. können diese verstärken. Ergeben sich klinisch, lungenfunktionell und bildmorphologisch keine Hinweise für eine pulmonale Ursache der Dyspnoe, kann die Durchführung einer nächtlichen Pulsoxymetrie oder Polygraphie erwogen werden. Neben der obstruktiven Schlafapnoe gilt es auch eine nächtliche Hypoventilation auszuschliessen, insbesondere bei Nachweis einer Hyperkapnie oder eines erhöhten Bikarbonats
(≥ 27 mmol/l) am Tag nach Ausschluss anderer Ursachen der Hypoventilation (18).

Ausgewählte Krankheitsbilder

 

In den folgenden Abschnitten werden ausgewählte Krankheitsbilder vorgestellt, die sich klassischerweise mit Dyspnoe äussern können. Schwerpunktmässig werden dabei die klinische Präsentation der Dyspnoe sowie deren Ursachen ausgeführt und orientierende Grundzüge der Diagnostik und Therapie dargelegt. Auf Atembeschwerden im Rahmen broncho-pulmonaler Infekte, infolge pulmonaler Malignome oder Atemwegsstenosen wird explizit nicht eingegangen und auf die entsprechende Literatur verwiesen.

Asthma und COPD

Sowohl Asthma als auch COPD können sich primär mit Dyspnoe äussern. Beide Erkrankungen zeichnen sich durch eine Atemwegsobstruktion aus. Dyspnoe bei Asthma variiert definitionsgemäss in Intensität und Häufigkeit, wohingegen sich die Symptomatik bei COPD typischerweise durch eine Persistenz mit Progredienz auszeichnet. Dyspnoe bei COPD wird klassischerweise als Empfindung einer vermehrten Atemarbeit, eines Schweregefühls im Brustkorb, eines Lufthungers oder als Keuchen beschrieben (19). Asthma äussert sich selten mit isolierter Dyspnoe, häufige begleitende respiratorische Symptome sind ein thorakales Engegefühl, Giemen, Husten und die Symptome zeigen häufig eine nächtliche/frühmorgendliche Verschlechterung. Zudem werden meist Auslöser der Atembeschwerden beschrieben (z.B. Allergene, Kälte, Sport, virale Infekte, Stress). Das Alter bei Erstmanifestation und Expositionsanamnese können zusätzlich zur Differenzierung der beiden Erkrankungen beitragen. Die charakteristische variable Atemwegsobstruktion bei Asthma kann im späteren Verlauf der Erkrankung persistieren («fixierte Obstruktion»), insbesondere bei älteren Patienten und Rauchern wird damit eine Unterscheidung zur chronisch obstruktiven Pneumopathie (COPD) erschwert. Ein überlappendes Vorliegen von Asthma und COPD (Asthma-COPD Overlap) zeichnet sich durch eine persistierende Atemwegsobstruktion mit klinischen Merkmalen eines Asthmas und einer COPD aus (siehe Fallvignette). Normale Alterungsprozesse der Atemwege und des Lungenparenchyms weisen einige strukturelle Gemeinsamkeiten mit der COPD auf, eine Abnahme der FEV1 und des Tiffeneau-Index im Alter sind per se nicht pathologisch und sollten immer im klinischen Kontext gewertet werden (siehe Kapitel Basisdiagnostik). Sowohl die Diagnose eines Asthmas als auch der COPD erfordern neben der passenden Klinik den lungenfunktionellen Nachweis einer Atemwegsobstruktion. Zusätzlich wird beim Asthma der Nachweis einer signifikanten lungenfunktionellen Reversibilität in der Spirometrie (FEV1 > 12% und 200 ml) bzw. tägliche Variabilität im Peak-Flow (PEF > 10%) gefordert, eine positive Reversibilitätstestung oder bronchiale Hyperreagibilität schliessen eine COPD jedoch nicht aus. Eine Beteiligung des Lungenparenchyms liegt beim Asthma klassischerweise nicht vor, sodass eine Einschränkung der Diffusionskapazität auf eine COPD mit begleitenden emphysematösen Veränderungen hinweist.
Die Therapie des Asthmas ist primär antiinflammatorisch, wohingegen die Therapie der COPD zunächst auf eine
Bronchodilatation mit Verminderung der gefangenen Luft und Steigerung der inspiratorischen Kapazität abzielt. Doch auch bei Patienten mit COPD kann eine antiinflammatorische Therapie insbesondere bei rezidivierenden Exazerbationen als Korrelat einer chronischen Atemwegsentzündung indiziert sein. Dennoch bestehen noch viele offene Fragen hinsichtlich der optimalen Therapie. Eine individualisierte Therapie, angepasst an die funktionelle Einschränkung, prädominierende Symptomatik, Komorbiditäten sowie Biomarker (z.B. Eosinophilenzahl) wird sich zukünftig bei beiden Erkrankungen noch etablieren müssen.

Interstitielle Pneumopathien

Dyspnoe infolge Lungenparenchymerkrankungen äussert sich primär unter körperlicher Belastung, häufig besteht ein begleitender trockener Husten. Interstitielle Pneumopathien stellen ein sehr heterogenes Krankheitsbild dar. Der zeitliche Verlauf der Atembeschwerden und die Begleitsymptomatik helfen bei der differentialdiagnostischen Einordnung. So wird beispielsweise zwischen akuten (organisierende Pneumonie (OP), akute interstitielle Pneumopathien wie der Respiratorischen Bronchiolitis-ILD (RB-ILD), der desquamativen interstitiellen Pneumopathie (DIP) und der pulmonalen Langerhanshistiozytose kann die Diagnose allein anhand der Raucheranamnese und der CT-graphischen Bildmorphologie gestellt werden. Pulmonale Parenchymveränderungen führen zu einer verminderten Lungen-Compliance mit Einschränkung der inspiratorischen Kapazität und zu einer Einschränkung des alveolo-arteriellen Gasaustauschs, die Veränderungen äussern sich meist zunächst nur unter Belastung. Eine belastungsinduzierte Desaturation im Rahmen eines 6-Minuten-Gehtests kann somit frühzeitige Hinweise für eine interstitielle Pneumopathie geben.
Die Therapie der ILD richtet sich prinzipiell nach der Klassifikation, kausale Therapien bestehen bei den meisten Formen jedoch nicht und neue antifibrotische Therapien sind nur bei ausgewählten Entitäten indiziert. Die korrekte Diagnose ist von zentraler Bedeutung, eine interdisziplinäre Herangehensweise ist dabei erforderlich.

Fazit

Dyspnoe ist eines der häufigsten Symptome bei Lungenerkrankungen, eine genaue Charakterisierung der Atembeschwerden sowie Erhebung der Begleitsymptomatik sind essentiell und wegweisend. Die Spirometrie eignet sich zur initialen Standortbestimmung und Schweregradeinteilung, dabei korreliert der Schweregrad der pulmonalen Funktionseinschränkung häufig nicht mit dem klinischen Bild. Eine erweiterte Diagnostik und insbesondere bildgebende Verfahren helfen bei der differentialdiagnostischen Einordnung. Eine multifaktorielle Genese der Dyspnoe ist häufig. Eine ganzheitliche Therapie zur Erhaltung der körperlichen Aktivität sowie der Funktionalität im Alltag sollte angestrebt werden.
Fallvignette: Im Rahmen der erweiterten Diagnostik zur Abklärung der schweren obstruktiven Ventilationsstörung (Abb. 4) zeigten sich sowohl das Gesamt-IgE als auch die Eosinophilen normwertig, die Diffusionskapazität war leichtgradig eingeschränkt. CT-graphisch kamen Zeichen einer milden chronischen Bronchitis mit leichtgradigem Air-Trapping sowie geringgradigen emphysematischen Veränderungen zur Darstellung. Ein Asthma-COPD-Overlap wurde diagnostiziert und eine inhalative Kombinationstherapie (ICS/LABA + LAMA) begonnen. Im Rahmen einer Spiroergometrie zur Objektivierung der Leistungseinschränkung zeigte sich eine noch leichtgradige Einschränkung der globalen Leistungsfähigkeit bei schwerer atemmechanischer Limitation (maximale Sauerstoffaufnahme 69% v. Soll), zur Verbesserung der Funktionalität wurde eine ambulante pulmonale Rehabilitation initiiert.

 

Dr. med. Laura C. Mayer

Oberärztin
Klinik für Pneumologie, Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zürich

Laura.Mayer@usz.ch

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Prevention, 2022. www.ginasthma.org
Global Strategy for the diagnosis, management, and prevention of chronic
obstructive pulmonary disease, 2022. www.goldcopd.org

Alfred Escher: Unermüdlich bis zum Tod

Die Geschichte Alfred Eschers ist die Geschichte von Triumphen und Pleiten, von Skandalen und Krankheiten. Escher machte Zürich zum wichtigsten Finanzplatz der Schweiz, zum Verkehrsknotenpunkt, zur Bildungsmetropole und zur reichsten und liberalsten Stadt des Landes. Trotz zahlreicher Krankheiten arbeitete Escher mit eisernem Willen bis kurz vor seinem Tod.

Alfred Escher auf einer Radierung um 1860. Bild: Alfred Escher-Stiftung, Zürich

Patient: Alfred Escher
Geboren: 20. Februar 1819, Zürich
Gestorben: 6. Dezember 1882, Zürich

Der Zürcher Alfred Escher war die herausragende wirtschaftspolitische Persönlichkeit in der Schweiz des 19. Jahrhunderts. Eschers Aufstieg in der kantonalen und eidgenössischen Politik war geradezu kometenhaft: Mit 26 Jahren war er zürcherischer Grossrat und Tagsatzungsgesandter, mit 29 Zürcher Regierungsrat, erstmals Präsident des Zürcher Grossen Rates und eines der jüngsten Mitglieder des 1848 gewählten ersten Nationalrates, mit 30 erstmals Regierungsrats- und Nationalratspräsident. Über die ganze Zeit seiner politischen Tätigkeit sass Escher in rund 200 eidgenössischen und zürcherischen Kommissionen, von denen er einen grossen Teil präsidierte. Eschers «Erfolgsjahrzehnt» dauerte von 1848/49 bis in die frühen 1860-er Jahre. In diesem Zeitraum realisierte Escher seine grossen wirtschafts- und kulturpolitischen Gründungen: die Nordostbahn (1852/53), das Eidgenössische Polytechnikum (1854/55, heute ETH Zürich), die Schweizerische Kreditanstalt (1856, heute Credit Suisse), die Schweizerische Lebensversicherungs- und Rentenanstalt (1857, heute Swiss Life). 1871 übernahm Escher trotz bereits stark angegriffener Gesundheit das Direktionspräsidium der Gotthardbahn und leitete operativ das damals grösste Bauprojekt der Welt.

Der Jahrhundertunternehmer und -politiker Alfred Escher wurde zeitlebens von zahlreichen Krankheiten heimgesucht, denen er bis zum Tod mit eisernem Willen die Stirn bot. Als Kind litt er oft an Husten, Fieber und Heiserkeit. 1838/39 erkrankte er als 19-Jähriger an Röteln. In einem Brief schrieb er seinem Schuldkameraden Jakob Escher: «Der Arzt schickte mich… sogleich zu Bette, setzte mir 10 Blut­igel an den Kopf und nun zeigte sich ein Ausschlag, der nach sieben Tagen den höchsten Grad erreichte… Entsetzliches Schwitzen folgte jetzt, das mehrmals 12 Stunden lang in einem Tage mich quälte und Drücken und Reissen auf der Brust… 9 Tage lang ass ich – so zu sagen – nichts.»

Ende 1838 war Alfred Escher zusammen mit Jakob Escher und anderen Studenten aus der Schweiz für ein Auslandssemester in Berlin. Kaum hatte das Wintersemester begonnen, erkrankte er. Sein Zustand war so bedenklich, dass er sein Zimmer von Dezember 1838 bis Ende März 1839 nicht verlassen konnte. Bereits damals zeigte Escher die Symptome, die 1882 als Todesursache bezeichnet wurden: Diabetes und als Folge davon Furunkel sowie potenziell tödliche Karbunkel.

Arbeitsüberlastung und Raubbau am eigenen Körper

Noch im Februar 1855 erklärte Bundespräsident Jonas Furrer, dass sein Freund Alfred Escher «seit langen Jahren keine ernsthafte od. hartnäckige Krankheit zu bestehen» hatte. Bald erkrankte Escher aber ein zweites Mal so schwer, dass die Ärzte erneut das Schlimmste befürchteten.
Escher hatte sich viele Verpflichtungen, Ämter und Grossprojekte aufgebürdet, so dass er überarbeitet, gesundheitlich angeschlagen, nervlich gereizt war und auf Rat seines Arztes das Belvoir nicht mehr verlassen durfte. Nach kurzer Besserung im Frühling 1855 erlitt Escher einen Rückfall und wurde von Gicht und starken Ohrenschmerzen geplagt.

Wiederum rieten ihm Freunde, sich zu schonen und kürzer zu treten. Escher beherzigte die Worte und blieb für einmal der Session in Bern fern. Der Zürcher Regierungsrat bewilligte ihm Urlaub: «Herrn Regierungspräsident Dr. Escher wird der nachgesuchte Urlaub zur Wiederherstellung seiner angegriffenen Gesundheit erteilt.»

Escher fiel es schwer, die Erholungszeit in Baden einzuhalten. Er fühlte sich als «Faulenzer» und «Invalider». Statt zu kuren, verlegte Escher das regierungsrätliche Zentrum nach Baden und reiste zwischendurch nach Zürich, um in seinen Büros oder zu Hause im Belvoir seinen Geschäften nachzugehen.

Kaum ging es ihm im Spätsommer 1855 besser, erlitt er im September erneut einen Rückfall. Er erkrankte laut seinen Ärzten an einem «lebensgefährlichen Nervenfieber». Ein zweites Mal sprang Escher über seinen Schatten und gab den Rücktritt aus dem Zürcher Regierungsrat bekannt.

Eschers Schulkamerad vom Zürcher Obergymnasium Friedrich von Wyss schrieb: «Er war durch starken Blutandrang nach dem Kopf & Geschwüre, die sich bildeten, sehr krank geworden, und da er ganz in unserer Nähe wohnte, waren wir sehr häufig bei ihm, wachten auch, als dies einmal nöthig wurde, des Nachts bei ihm. Den ganzen Winter musste er im Zimmer zubringen und konnte keine Collegien besuchen.»

Auch die Öffentlichkeit beschäftigte Eschers Gesundheitszustand. Der Dichter und Politiker Gottfried Keller schrieb im Oktober 1855 seiner Mutter: Er habe Mitleid mit Escher, «da es traurig ist in solcher Stellung, in solcher Jugend und bei solchem Reichthum abziehen zu müssen».
Aller Unkenrufe zum Trotz besserte sich Eschers Gesundheitszustand wieder. Bereits ein halbes Jahr später lud er sich mit der Gründung und Führung der «Schweizerischen Kreditanstalt» erneut eine zusätzliche schwere Bürde auf.

1860 erkrankte Escher an einem «gastrischen Fieberzustand» erneut. Am 10. Januar 1861 schrieb Escher dem Grossen Stadtrat von Zürich, «dass er durch ärztlichen Rath zur schleunigen Erleichterung der auf ihm beruhenden Geschäftslast behufs Wiederherstellung seiner ernstlich gestörten Gesundheit» die Entlassung aus seinen Ämtern beantragen müsse.

Eschers Gesundheit blieb angegriffen. Er litt wiederum an «nervöse Magenschmerzen». Zudem machten dem Direktionspräsidenten der Gotthardbahn-Gesellschaft ein «Fussübel» zu schaffen. In einem Brief an Bundesrat Emil Welti schrieb er: Der Arzt habe, «um meinem Fussübel ein rasches Ende zu bereiten, die Hälfte des Nagels der kranken Zehe samt Wurzel herausgeschnitten».

Aufgrund der finanziellen und technischen Probleme beim Bau der Gotthardbahn, die 1874/75 gehäuft auftraten, arbeitete Escher vielfach auch in der Nacht. Seine Augen litten mehr und mehr, eine Starerblindung wurde befürchtet und eine Operation unumgänglich.

Die letzten Jahre und der Todeskampf

Zur Krise bei der Gotthardbahn kam nach Mitte der 1870er Jahre gleichzeitig die Krise bei der Nordostbahn. Escher arbeitete, bis er jeweils der Müdigkeit erlag und nahm die Arbeit schon nach kurzem Schlaf wieder auf. Zu den riesigen Herausforderungen kamen auch viele ungerechte und böswillige Angriffe auf Eschers Person. Auf der politischen Bühne und in den Medien wurde er verunglimpft und karikiert. Von 1878 an bis zu seinem Tod litt er immer intensiver an verschiedenen Symptomen und Krankheiten: Unwohlsein, Asthma, Fieber, Nervenüberreizung, Augenleiden, Beschwerden an den Kniegelenken, Diabetes, Furunkel und schliesslich Karbunkel. Im Mai 1882 war Escher nicht in der Lage, der bundesrätlichen Einladung zur Feier der Eröffnung «seiner» Gotthardbahn nachzukommen.

Am Donnerstag, 30. November 1882 begannen die Lippen des Kranken anzuschwellen. Trotzdem empfing er im Belvoir noch Besucher. Am Samstag verschlechterte sich sein Zustand. Stark angeschwollene Oberlippe, in der Nacht zum Sonntag hohes Fieber. Sein ganzer Rücken war eine einzige Wunde voller Eiterbeulen. Sein Zustand wurde von den Ärzten als hoffnungslos bezeichnet und man sah von einer Operation ab. Am Montagmorgen stieg das Fieber weiter. Escher erkannte im Fieberdelirium seine einzige Tochter Lydia nicht mehr und verlor zeitweise das Bewusstsein. Noch dauerte der Todeskampf zwei Tage. Escher starb am Mittwoch, 6. Dezember 1882 gegen 6 Uhr früh.

Jörg Weber

Quellen: Alfred Escher Stiftung, Zürich
Jung, Joseph: Alfred Escher 1819 – 1882 – Aufstieg, Macht, Tragik, NZZ Libro

Nach Monaten, während denen seine Eltern und Bekannten um sein Leben gezittert hatten, konnte Escher seine «vier grauen Wände», seine Studentenbude, endlich verlassen, die ihm nach seinen Worten «fast zum Kerker» geworden waren und in die Schweiz zurückfahren. In der Heimat, bei Vater und Mutter, am Familiensitz Belvoir am Zürichsee, erholte sich Escher in kurzer Zeit.

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

Kongressausgabe ASCO/EHA 2023

Hier finden Sie das PDF der ASCO/EHA-Kongresszeitung

EDITORIAL ASCO

Auch dieses Jahr nahmen wir den Weg nach Chicago an den Kongress der American Society of Clinical Oncology wieder auf uns.
Bereits an der Immigration sah man, dass Corona definitiv als beendet erklärt wurde, die Warteschlange an der Passkontrolle hatte Gotthard ähnliche Verhältnisse angenommen! Auch im Kongress-Gebäude war – im Gegensatz zum vorherigen Jahr – wieder Normalität eingekehrt. Nur die allgegenwärtigen Alkoholspender, die kaum mehr genutzt wurden, und vereinzelte Kongressteilnehmer mit Maske erinnerten an die Pandemie.
Dass die Forschung trotz Pandemie keinen vollständigen Stopp gemacht hat, beweisen die vielen Highlights und zum Teil Resultate vom diesjährigen ASCO, die practice changing sind und über die Sie in unserer Kongresszeitung lesen.
Ferner finden Sie Interviews mit PD Dr. Richard Cathomas, Prof. Reinhard Dummer, Prof. Martin Früh, PD Dr. Michael Mark und Dr. Egle Ramelyte.
Stolz sind wir auch, dass wir vor Ort mit Schweizer Experten ein Video organisieren konnten zu den Themen:
Dr. med. Tämer Philip EI Saadany, Chur, Thema: SAKK 80/19 Raucher Studie, Prof. Dr. med. Martin Früh, St. Gallen & PD Dr. med. Michael Mark, Chur: Thoraxmalignome, Dr. med. Michael Schwitter, Chur: Mammakarzinome, Dr. med. Andreas Müller, Winterthur: Gynäkologische Tumore, Dr. med. Alexander Siebenhüner, Schaffhausen: Obere Gastrointestinaltumore, Prof. Dr. med. et phil. nat. Markus Jörger, St. Gallen: Frühe klinische Studien,
PD Dr. med. Richard Cathomas, Chur: Urogenitalkarzinome.
Die Videos finden Sie hier.

Wir wünschen Ihnen bei der Lektüre viel Vergnügen.
Prof.  Dr. med. Roger von Moos & Eleonore E. Droux

EDITORIAL EHA

Rückblick EHA 2023 Kongress: Die Immuntherapie schreitet voran!

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen

Ich freue mich, Ihnen erneut ein paar Höhepunkte vom diesjährigen Jahreskongress der europäischen Gesellschaft für Hämatologie (EHA) vorstellen zu dürfen. Der Kongress fand in Frankfurt am Main statt und viele Kolleginnen und Kollegen nutzten die Gelegenheit des persönlichen Austausches. Die maligne Hämatologie stellte wie in den Vorjahren ­einen wesentlichen Schwerpunkt dar und greift zunehmend auf die ­zelluläre und humorale Immuntherapie als wesentlichen Eckpfeiler unseres zukünftigen Armamentariums zurück.
Ein gutes Beispiel dafür ist die S1826 Studie (F. Herrera et al., Abstract LBA4), die die Hinzunahme des PD-1-Inhibitors Nivolumab anstelle von Brentuximab Vedotin zur Erstlinien-Chemotherapie bei Kindern und Erwachsenen mit neu diagnostiziertem klassischem Hodgkin-Lymphom (cHL) im Stadium 3 oder 4 getestet hat. Fast 1000 Patienten/innen im Alter > 12 Jahren wurden randomisiert, um 6 Zyklen Nivolumab plus AVD (Doxorubicin, Vinblastin, Dacarbazin) oder Brentuximab-Vedotin plus AVD zu erhalten. Nach 12 Monaten war das progressionsfreie Überleben (PFS) mit Nivolumab-AVD signifikant höher als mit Brentuximab Vedotin-AVD (94% vs. 86%; HR 0,48). Dieser Vorteil war in allen Untergruppen gleich.
Generell ist die Immuntherapie in der Lymphom- und Myelom­behandlung weit fortgeschritten und uns stehen mit bispezifischen Antikörpern als auch CAR T Zellen beide neuen Immuntherapien zur Verfügung. Die CAR T Zelldaten sind derzeit ausgereifter und besondere Beachtung erlangte die CARTITUDE-4 Studie (H. Einsele et al., Abstrakt S100) zur Behandlung von Patienten/innen mit Lenalidomid-refraktärem Multiplem Myelom nach 1 bis 3 vorangegangenen Behandlungslinien. Verglichen wurde die einmalige Ciltacabtagene-Autoleucel-Infusion mit einer Standardbehandlung (Pomalidomid-Bortezomib-Dexamethason oder Daratumumab-Pomalidomid-Dexamethason). Nach 12 Monaten lag die PFS-Rate der CAR T Gruppe bei 75,9% im Vergleich zu 48,6% für die Standardtherapie. Darüber hinaus wies die CAR T Therapie höhere und länger anhaltende Ansprechraten und eine höhere Negativität der minimalen Resterkrankung (MRD) auf.
Als letztes möchte ich gerne der IELSG Studiengruppe ein Kränzchen binden. Sie hat wieder eine Industrie-unabhängige, klinisch relevante Therapieoptimierungsstudie in einer selten Lymphomentität, dem primär mediastinalen B-Zell Lymphom (PMBL), durchgeführt (M. Martelli et al., Abstrakt S101) und belegt, dass eine mediastinale Strahlentherapie bei Patienten/innen, die nach einer Chemoimmuntherapie eine komplette metabolische Remission (CMR) erreicht haben, sicher weggelassen werden kann. Das PFS war mit 96,2% für die Beobachtung vs. 98,5% mit Strahlentherapie nahezu identisch (P = .274) und die Studie unterstützt somit den Verzicht auf eine Strahlentherapie bei PMBL Patienten/innen, die nach einer Chemo­immuntherapie eine CMR erreichen.

Ich hoffe, mit diesen ersten Studien Ihr Interesse geweckt zu haben und wünsche viel Spass beim Lesen!

Prof. Dr. med. Christoph Renner

Highlights of the Annual Meeting of the European Urology Association (EAU) in Milan in March 2023

The 38th annual congress of the European Urology Association (EAU) was held in Milan from March 10th to 13th. The EAU reported over 9,000 on-site registrations and 581 virtual registrations. Over 4,500 abstracts were submitted, and the best selection was presented over the course of the 4-day event. Different types of sessions contributed to an excellent program with an insightful selection of urological guideline updates, and game-changing plenary sessions. Over the years more and more oncological sessions have been implemented since it has been an evolving field with the need for interdisciplinary treatment decisions.

Urological highlights regarding prostate cancer diagnosis

Several note-worth novelties were covered during the meeting. This paragraph of the commentary focuses on two important topics for prostate cancer diagnosis. First, the role of PSMA PET/CT for the diagnosis of prostate cancer and its impact on clinical decision-making. Secondly, the use of artificial intelligence (AI) in interpreting multi-parametric Magnetic Resonance Imaging (mpMRI) and its effects.

A specific session of the congress was dedicated to the indication for prostate cancer biopsy and the additional benefits provided by positron emission tomography (PET), micro-ultrasound, and use of biomarkers. Dr. Philipp Krausewitz presented the study protocol and interim analysis of the DEPROMP trial, which focuses on the detection rate of clinically significant prostate cancer using mpMRI and PSMA-PET/CT fusion biopsy. The researchers hypothesized that PSMA-PET/CT could provide additional value for biopsy-naïve patients. The study aims to include 230 biopsy-naïve men with a high suspicion of prostate cancer based on criteria such as PSA level and suspicious digital rectal examination or ultrasound. Participants undergo both an MRI and a PSMA-PET/CT scan, followed by a fusion biopsy. The primary outcome measure is the incremental benefit of combining PSMA-PET/CT with MRI in influencing medical decision-making. Secondary outcomes include the detection of clinically significant prostate cancer, concordance between pre- and post-operative T-stage, and exploratory biomarker analyses. Preliminary findings from the interim analysis indicate that incorporating PSMA PET/CT-targeted biopsies alongside standard systematic and MR-targeted biopsies led to a 4% higher detection rate of clinically significant prostate cancer and a 2% decrease in the detection of non-significant prostate cancer. Furthermore, the inclusion of PSMA-PET/CT with targeted biopsies influenced therapy decisions in 53% of cases during the interim analysis. However, it is important to note that these results are preliminary, and final results are still awaited.

Additionally, Dr. Maarten de Rooij presented the preliminary findings of the PI-CAI challenge, which aims to evaluate the performance of AI and radiologists in detecting prostate cancer on MRI. The use of MRI prior to prostate biopsies is recommended, but it can lead to overdiagnosis and inter-reader variability. AI has the potential to assist in MRI interpretation, but its application requires robust scientific evidence. The PI-CAI challenge was designed to address these issues and involved a dataset of 10,207 cases from multiple centers. It consisted of two parts: Part 1 focused on developing AI algorithms through the PI-CAI Challenge with Artificial Intelligence Models, similar to clinical trials or “grand challenges.” This phase was hosted on www.grand-challenge.org, enabling the upload and validation of AI algorithms in a fully blinded setting. Part 2 involved the Reader Study with Radiologists, where prostate radiologists worldwide were invited to participate.

The primary endpoint of the study was the comparison between AI and radiologists, while secondary endpoints included AI versus AI and radiologists versus radiologists. The study encompassed a global cohort, with more than 830 individuals, over 60 AI teams, and 290+ AI algorithms submitted from 50+ countries. A total of 81 radiologists from 54 centers across 22 countries participated in the PI-CAI challenge. Preliminary findings showed that the top AI algorithms’ diagnostic performance, when trained on fewer than 2,000 cases, was comparable to that of radiologists reported in the literature. The comparison between AI and radiologists will be reported in the future. Future research should evaluate experience, workflow, image quality, and protocol familiarity.

Oncological highlights regarding systemic treatment options in urogenital cancers

1. The use of the radionuclide therapy 177-Lutetium-PSMA in the neoadjuvant setting in patients with high-risk localized disease planned for radical prostatectomy (RP)

177-Lutetium-PSMA-617 (Lu-PSMA) plus protocol permitted standard of care (SOC) has shown an overall survival benefit in the randomized phase III trial VISION in metastatic castration-resistant prostate cancer (mCRPC) after failure of one androgen-receptor targeted agent (ARTA) and one taxane compared to protocol permitted SOC (mainly second ARTA, corticosteroids or bone targeted agents)(1). Recently it has been approved also by Swissmedic, although logistics and lack of sufficient supply remains an important problem for assuring patient access to the drug. Lu-PSMA is in further evaluation in various clinical trials in monotherapy and in combination also in earlier settings, mainly in metastatic hormone-sensitive disease. An update of the phase I/II trial LuTectomy (2, 3) has been presented in one of the Game Changing sessions at EAU chaired by Prof Silke Gillessen. LuTectomy is a prospective phase I/II study of dosimetry, safety, and potential benefit of upfront [177Lu] Lu-PSMA-617 radioligand therapy prior to radical prostatectomy in men with high-risk localised prostate cancer. Dr Renu Eapen from the Peter McCallum Cancer Center in Melbourne presented the study results. 20 men were included in the trial. Six men had clinical N1 disease, and all patients had a significant uptake of PSMA, which was a clear inclusion criteria. The primary endpoint was dosimetry. Important secondary endpoints were efficacy (biochemical response, pathological response) and safety in this very early setting of Lu-PSMA use. The first cohort of 10 men received 1 cycle of Lu-PSMA, the second cohort received 2 cycles 6 weeks apart. After 6 weeks of end of treatment patients underwent their planned prostatectomy and radical lymph node dissection. The study demonstrated that a significant dose of Lu-PSMA could be delivered to the prostate gland and the PSMA positive LN (median of 36 Gy) and that there were no safety concerns to be noted regarding the following RP. This study gives reason to further proceed with research on Lu-PSMA in this early setting of localized disease. To date the study is for sure not practice changing and further results of larger trials have to be awaited as discussed by Prof Briganti from the Urology Department of the University of San Raffaele in Milan in the session.  Another phase I trial, which included a similar trail population has been presented by Dr. Frumer Israel reporting 14 men receiving 2 or 3 neoadjuvant cycles of 177-Lu-PSMA only two weeks apart at the dose of 7.4 Gbq until one month before RP. (4) The study showed a dose dependent decrease in PSA that reached up to 34% after 3 LuPSMA doses. A decrease of > 50% in PSA predicted downstaging on RP final histology, but these were very small numbers (3/4 patients) and needs further validation.

2. Neoadjuvant chemotherapy (NAC) for muscle invasive bladder cancer (MIBC) – still many unmet needs to select patients who will have greatest benefit.

One of the top-tier and prize-winning abstracts was the abstract A1163 Proteomic profiling of muscle-invasive bladder cancer treated with neoadjuvant chemotherapy presented by Dr Reike from Vancouver, Canada.(5) Pre-NAC tissue was investigated in 107 patients with MIBC who received NAC followed by radical cystectomy (RC). SP3-Clinical Tissue Proteomics (SP*-CTP) were performed. The researchers identified 4 pre-NAC and 2 post-NAC proteomic clusters with distinct biology and survival outcomes that could be included in larger future trials with a prospective design for further validation.

Another abstract discussed in the Best of EAU 2023 session was abstract A0547 (6): Carboplatin induction chemotherapy in clinically lymph node-positive bladder cancer presented by Dr von Deimling. Cisplatin-based neoadjuvant chemotherapy is superior to Carboplatin as shown in various randomized trials and remains the SOC for treatment of MIBC patients fit for Cisplatin.(7, 8) However, for patients with clinical N1 disease unfit for Cisplatin cytoreductive pre-operative chemotherapy might have an impact to reduce the risk of metastasis pre-operatively. The authors showed their data on the use of Carboplatin/Gemcitabine in cN1 MIBC giving rational to consider Carboplatin-based chemotherapy in selected cN1 Cisplatin-unfit patients pre-operatively.

Oncological highlights concerning the best treatment management of patients with localized prostate cancer

During a plenary session on “best management” of prostate cancer patients in the early detection and active surveillance settings, Prof. Freddie Hamdy presented the updated 15-year oncologic outcomes of the PROstate TEsting for Cancer and Treatment (ProtecT) trial, while Prof. Jenny Donovan presented the long-term quality of life (QoL) results (both published at the same time in the New England Journal of Medicine and in its open-access version) (9, 10).

Randomizing 1,643 prostate cancer patients to active monitoring (n=545), radical prostatectomy (n=535) or definitive radiotherapy (n=545), the ProtecT trial was the first randomized clinical trial to report the long-term outcome of different management strategies in men with early staging prostate cancer. With a 15-years median follow-up, survival from clinically localized prostate cancer continued to remain very high (96-97%), irrespective of the treatment approach. Interestingly, the number of patients undergoing radical intervention in the active monitoring group continued to increase, with a 61% of patients initially randomized in the active monitoring arm receiving a definitive treatment. Although prostate cancer-specific survival remained equally high across for the different management strategies, the incidence of metastases, long-term androgen deprivation therapy use, and disease progression rates were all significantly worse in the active monitoring arm. Moreover, using validated QoL questionnaires, the ProtecT trial confirmed that the side effects  of the different treatment strategies continue to impact the QoL of men with prostate cancer on the long-term. Each one of the three approaches is characterized by a specific toxicity profile: urinary leakage was more frequently observed at 12-year follow-up in patients treated with radical prostatectomy, while a worse bowel function was found in patients treated with definitive radiotherapy. The decline rate in sexual function at 12-year was similar between the three arms.

The updated data from ProtecT provide therefore further evidence in supporting prostate cancer screening and treatment especially in men with very long (>15 year) life expectancy. For these patients early identification and treatment of high-risk disease remains crucial. Importantly, the ProtecT data highlight that treatment decisions should balance the benefit in reducing the metastatic burden, long-term use of androgen deprivation, and local progression obtained with radical treatments against their potential impact on sexual, urinary, and bowel functions. Integration of technology advances such as mpMRI, PSMA-PET/CT, genomic classifiers, and other biomarkers are expected in the future to better discriminate and select patients benefitting or not of a specific treatment.

Important contributions from the multidisciplinary team members of the Prostate Center of Southern Switzerland (CPSI), Ente Ospedaliere Cantonale (EOC) in Ticino

Again, this year the specialists of the Prostate Center of Southern Switzerland (CPSI) were invited speakers and chairs at this important meeting and contributed to the great success of it.

Prof Gillessen Charing Plenary Session

Prof. Silke Gillessen, the director of the Oncology Institute of Southern Switzerland (IOSI), was chairing a plenary session with the focus on quality of life and palliative care in uro-oncology with a focus on the management of penile cancer as well as supportive care for bone pain and implementing strategies to offer patient support for their sexuality during androgen-deprivation therapy (ADT).  She also chaired one of the Game-Changing Sessions with the objective of understanding the latest updates on freshly presented prospective studies on prostate cancer, one of those was the one we chose as a highlight in our article (phase I LuTectomy). Further she chaired a thematic session with important topics focusing on clinically meaningful questions on the clinical management of mHSPC.

PD Dr Ursula Vogl in Thematic Session Debate

PD Dr. Ursula Vogl (Clinical Head of the CPSI) had to challenge in a debate the contrary speaker with the pro argument for triplet therapy in mHSPC. The EAU also dedicated a thematic session to a joint session with the Advanced Prostate Cancer Consensus Conference (APCCC) were the president of APCCC Prof Silke Gillessen selected different topics in clinical management of advanced prostate cancer where high-level evidence is missing, opening space for potential research and clinical trials.

Prof Thomas Zilli lecture

Prof Thomas Zilli (Head of the Radiotherapy Department at the IOSI) shared his expertise in a clinical case discussion arguing for a treatment approach with radiotherapy +/- systemic therapy. Prof Gillessen was also holding a lecture in the session of burning questions in oncological urology, shedding light on the current and future role of PSMA- based theranostics in men with advanced prostate cancer.

For the 9th time the European School of Oncology (ESO) held its Observatory with an outlook what will happen in the different fields of prostate cancer in the next 12 months. PD Dr. Ursula Vogl was chairing this session and covering the outlook what will be happening in the next 12 months in the field of medical oncology. The ESO with its main offices in Bellinzona and Milan has also created a Certificate of Advanced Studies (CAS) in prostate cancer in collaboration with the Università della Svizzera Italiana (USI),

Prof Andrea Gallina Lecture

offering a 2-year educational program in the field of prostate cancer. The Scientific Directors PD Dr. Ursula Vogl, Prof. Silke Gillessen, and Prof Andrea Gallina (head of the EOC urology department in Lugano) kicked-off the program at the EAU in Milan with a selected group of international young specialists working in the field of uro-oncology.

Prof Andrea Gallina gave a special lecture on robotic surgery for patients treated with radical cystectomy. He is a world-leading expert in this field and he recently started the program of robotic radical cystectomy in collaboration with his colleague Prof Nicola Fossati at the EOC in Lugano.

PD Dr. med. Ursula Vogl

Oncologia medica
Ente Ospedaliero Cantonale
Viale Officina 3
6500 Bellinzona

Prof. Dr. med.Thomas Zilli

Department of Surgery
Urology Service
Ente Ospedaliere Cantonale (EOC)
Lugano

Dr. med. Nicola Fossati

Facoltà di Scienze Biomediche,
Università della Svizzera Italiana (USI)
Lugano,

 

  1. Sartor O, de Bono J, Chi KN, Fizazi K, Herrmann K, Rahbar K, et al. Lutetium-177-PSMA-617 for Metastatic Castration-Resistant Prostate Cancer. N Engl J Med. 2021;385(12):1091-103.
  2. Dhiantravan N, Violet J, Eapen R, Alghazo O, Scalzo M, Jackson P, et al. Clinical Trial Protocol for LuTectomy: A Single-arm Study of the Dosimetry, Safety, and Potential Benefit of <sup>177</sup>Lu-PSMA-617 Prior to Prostatectomy. European Urology Focus. 2021;7(2):234-7.
  3. O’Brien J, Alghazo O, Buteau JP, Eapen R, Jackson P, Mitchell C, et al. V098 – Salvage radical prostatectomy following 177Lu-PSMA-617 radioligand therapy in men with high-risk localized prostate cancer: Surgical aspects of the LuTectomy study. European Urology. 2023;83:S2010.
  4. Frumer M, Kedar D, Baniel J, Groshar D, Bernstine H, Yakimov M, et al. A1108 – Prostate Specific Antigen response to neoadjuvant Lutetium-177-PSMA treatment in high-risk localized prostate cancer patients. European Urology. 2023;83:S1604.
  5. Contreras-Sanz A, Reike MJ, Negri G, Htoo ZO, Spencer Miko S, Nielsen K, et al. A1163 – Proteomic profiling of muscle invasive bladder cancer treated with neoadjuvant chemotherapy. European Urology. 2023;83:S1678.
  6. von Deimling M, Mertens LS, Van Rhijn BWG, Lotan Y, Spiess PE, Daneshmand S, et al. A0547 – Carboplatin induction chemotherapy in clinically lymph node-positive bladder cancer. European Urology. 2023;83:S781-S2.
  7. Dogliotti L, Cartenì G, Siena S, Bertetto O, Martoni A, Bono A, et al. Gemcitabine plus cisplatin versus gemcitabine plus carboplatin as first-line chemotherapy in advanced transitional cell carcinoma of the urothelium: results of a randomized phase 2 trial. Eur Urol. 2007;52(1):134-41.
  8. Bellmunt J, Ribas A, Eres N, Albanell J, Almanza C, Bermejo B, et al. Carboplatin-based versus cisplatin-based chemotherapy in the treatment of surgically incurable advanced bladder carcinoma. Cancer. 1997;80(10):1966-72.
  9. Hamdy FC, Donovan JL, Lane JA, Metcalfe C, Davis M, Turner EL, et al. Fifteen-Year Outcomes after Monitoring, Surgery, or Radiotherapy for Prostate Cancer. New England Journal of Medicine. 2023;388(17):1547-58.
  10. Donovan JL, Hamdy FC, Lane JA, Young GJ, Metcalfe C, Walsh EI, et al. Patient-Reported Outcomes 12 Years after Localized Prostate Cancer Treatment. NEJM Evidence. 2023;2(4):EVIDoa2300018.