Dyspnoe bei Dekonditionierung und die Rolle der Rehabilitation

Die 63-jährige Patientin wird nach einer schweren COPD-Exazerbation, welche einen Intensivstationsaufenthalt mit nicht-invasiver Beatmung nötig machte, zur ambulanten pulmonalen Rehabilitation zugewiesen. Die Patientin wurde initial mit vermehrter Atemnot und produktivem Husten ins Spital zugewiesen. Vor der Hospitalisation war die alleinstehende, selbstständige Raucherin fähig ihren Haushalt ohne Unterstützung zu führen und konnte allen Aktivitäten des täglichen Lebens nachgehen. Nach einem fünftägigen Aufenthalt auf der Intensivstation mit nicht-invasiver Beatmung sowie Therapie mit systemischen Steroiden und Antibiotika konnte sie mit supplementärem Sauerstoff auf die Bettenstation verlegt werden. Aufgrund persistierender Atemnot und Beinschwäche musste sie am Rollator gehend, nach wenigen Metern eine Pause einlegen. Während der ambulanten pulmonalen Rehabilitation verbesserte sich subjektiv die Dyspnoe und die Sechs-Minuten-Gehstrecke konnte sie von 213 Meter auf 452 Meter mehr als verdoppeln. Was war geschehen? Warum hat sich die Leistungsfähigkeit verbessert und nahm die Atemnot deutlich ab?

Wie funktioniert pulmonale Rehabilitation?

Wie kommt es zu einer Verbesserung der Leistungsfähigkeit und Reduktion der Dyspnoe bei einer Patientin mit schwerer COPD? Was bewirkt die pulmonale Rehabilitation? Liegt es an der Verbesserung des Schlagvolumens des Herzens, dass sich unter dem Training die Leistungsfähigkeit verbessert? Verringert sich die dynamische Überblähung durch das Training? Nimmt mit dem Training die Mitochondriendichte in der Muskulatur oder gar die Dichte der Kapillaren zu? Hat die Patientin weniger Angst und toleriert die Dyspnoe dadurch besser? Es sind komplexe und im Detail noch nicht ganz verstanden Prozesse, welche hier zusammenspielen.
Die Pulmonale Rehabilitation ist eine umfassende Intervention, die auf einer sorgfältigen Patientenauswahl beruht und mehrere, auf den Patienten zugeschnittene Therapieformen umfasst. Die wesentlichen Elemente sind: körperliches Training sowie Schulung und Verhaltensänderungen. Alles mit dem Ziel, den physischen und psychischen Zustand der Patienten mit chronischen Lungenkrankheiten zu verbessern und eine langfristige Änderung des Gesundheitsverhaltenherbeizuführen [1].
In der aktuellen COPD-GOLD-2022-Empfehlung wird die pulmonale Rehabilitation als diejenige therapeutische Massnahme herausgestrichen, welche am wirkungsvollsten die Atemnot bei COPD lindern kann. Neben der Reduktion der Dyspnoe wird auch die Lebensqualität deutlich verbessert (Evidenzlevel 1). Nach wie vor wird aber die pulmonale Rehabilitation, sei es ambulant oder stationär, viel zu wenig angeordnet. Eher wird ein Rezept für Bronchodilatatoren und inhalative Steroide als eine Anmeldung für eine pulmonale Rehabilitation ausgefüllt. Bei chronischen nicht heilbaren Krankheiten wie bei der COPD, sollte primär der Behandlungsfokus auf die Lebensqualität und auf die Bewältigung der Erkrankung im Alltag gelegt werden. Hierfür ist die umfassende Intervention, welche die pulmonale Rehabilitation darstellt, sehr geeignet. Unter Tabelle 1 sind die wesentlichen Elemente der pulmonalen Rehabilitation zusammengefasst.

Pathophysiologie

Die zugrundeliegende Pathophysiologie, warum die Rehabilitation solche eindrücklichen Effekte erreichen kann, beruht auf verschiedenen Effekten.
Das Herzstück der pulmonalen Rehabilitation ist das körperliche Training. Dieses umfasst Ausdauer- und Krafttraining. Warum das körperliche Training eine Verbesserung der Atemnot, der Angst und Depression und der Lebensqualität herbeiführt ist nicht gänzlich verstanden. Das körperliche Training führt trotz der pulmonalen Limitation zu einer Stärkung der Muskulatur, ohne eigentliche Verbesserung der Lungenfunktion. Dies hat zur Folge, dass die Muskulatur mit der gleichen Menge an angebotenem Sauerstoff eine verbesserte und effizientere Leistung erbringen kann. Dies wiederum führt zu einer Reduktion des ventilatorischen Verbrauchs und der Atemarbeit. Es kommt zu einer Reduktion der dynamischen Überblähung, welche normalerweise die Patienten zu einem vorzeitigen Abbruch ihrer Arbeit zwingt, da die Überblähung hauptsächlich für das Empfinden der Dyspnoe verantwortlich ist. Die pulmonale Rehabilitation wirkt aber auch noch über andere, weniger gut verstandene Mechanismen. Körperliches Training führt auch zu einer verminderten Wahrnehmung der Dsypnoe. Es wird auch von einer «Desensibilisierung» der Atemnot gesprochen. Wie dies funktioniert, kann nur vermutet werden. Der antidepressive Effekt eines Trainings kann dazu beitragen, dass die Atemnot besser toleriert wird. Die soziale Interaktion und damit verbundene Ablenkung von der Atemnot, wenn in einer Gruppe trainiert wird, spielt ebenfalls eine mögliche Rolle [2].

Muskeldysfunktion bei COPD

Ein wichtiger Aspekt, warum COPD-Patienten weniger leistungsfähig sind, ist eine Störung der Muskelfunktion. Hiervon ist vor allem die Beinmuskulatur betroffen. Nicht selten berichten die Patienten, dass der limitierende Faktor die Ermüdung der Beine und nicht die Atmung sei. Diverse Studien konnten zeigen, dass die Muskeldysfunktion auf verschiedenen Faktoren beruht. Einerseits kommt es zu einer beschleunigten Muskelatrophie und zu einer Verschiebung der Zusammensetzung der Muskelfasern, welche über den natürlichen Alterungsprozess hinausgehen. Daneben beobachtet man eine verminderte oxydative Kapazität, eine verminderte Kapillarendichte in der Muskulatur und eine verminderte Anzahl von Mitochondrien und deren Funktion. Dies führt zu einer Abnahme von Kraft und Ausdauer. Weiter spielen entzündliche Prozesse, der Sauerstoffmangel, eine gestörte Energiebilanz, der Kortikosteroid-Gebrauch und ein allfälliger Vitamin-D-Mangel eine Rolle bei der Entstehung der Muskeldysfunktion bei COPD-Patienten [3]. Mit dem Trainingsprogramm kann die Muskelfunktion der Beine und auch die Morphologie der Muskulatur deutlich gebessert werden. Nach einem Trainingsprogramm, welches mindestens über einen Zeitraum von acht Wochen geht, verbessert sich nachweislich die Kraft, Ausdauer und die Ermüdbarkeit. Es kommt auch zu einer Zunahme der Muskelquerschnittsfläche im Quadrizeps.
Damit dass körperliche Training auch wirksam ist, muss es genug lang und intensiv durchgeführt werden. Ambulante Therapien umfassen in der Regel 2-3 Einheiten pro Woche, stationär sind es 5 pro Woche. Die einzelnen Einheiten sollten 1-4 Stunden dauern. Trainingseinheiten mit höherer Intensität führen zu höherem Effekt. Da Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen häufig ein intensiveres Training nicht tolerieren, kann mit einem Intervalltraining entgegengewirkt werden, so dass sich die dynamische Überblähung in den Pausen etwas zurückbildet.

Wahrnehmung der Atemnot

Anstrengungsdyspnoe und Leistungsintoleranz beeinflussen die physische Aktivität, die Lebensqualität und am Ende auch das Überleben der Patienten mit COPD. Das unangenehme Empfinden der Atemnot, welche die Patienten zwingt, die Arbeit abzubrechen oder zu verlangsamen hat mit der dynamischen Überblähung zu tun. Mit dem Fortschreiten der Erkrankung kommt es bereits in Ruhe zu einer Reduktion der Inspirationskapazität (IC) beziehungsweise zu einer Erhöhung der Atemmittellage und zu einer Zunahme der Überblähung. Unter Belastung kann bei COPD-Patienten im Gegensatz zu Menschen mit normaler Lungenfunktion das Atemzugvolumen (VT) nicht erhöht werden. Mit zunehmender Belastung kommt es sogar zu einer Abnahme des Atemzugvolumens und zu einer progressiven Abnahme der Inspirationskapazität. Der Punkt, wo das VT näher an die IC herankommt, ist wichtig für die Entstehung der Atemnot. Dem erhöhten inspiratorischen Bedarf, welcher über die neuronalen Afferenzen ans Atemzentrum geleitet werden, kann nicht mit einer adäquaten Antwort durch die Atemmechanik geantwortet werden, so dass es zu einer Dysbalance zwischen den afferenten und efferenten Signalen kommt, welche im Atemzentrum verarbeitet werden. Dies wird auch als neuromuskuläre Dissoziation bezeichnet. Sobald unter Belastung das Atemzugvolumen zirka 70-80% der Inspirationskapazität erreicht hat, kommt es interessanterweise zu einer abrupten Steigerung der Atemnot in intolerable Bereiche und die Patienten müssen die Arbeit abbrechen [4]. Mit einem guten körperlichen Training, Einsatz der Lippenbremse und einer optimalen Bronchodilatation mit inhalativen Medikamenten, kann dieser Punkt verschoben werden, und die Patienten verspüren weniger rasch Atemnot.
Ein weiterer Aspekt, um das unangenehme Gefühl der Atemnot zu nehmen, beziehungsweise damit umzugehen, ist mentales Training. Abgeleitet aus dem Spitzensport wurde mentales Gehtraining erstmals bei der Rehabilitation für Patienten mit pulmonaler Hypertonie eingesetzt und hat sich bewährt [5]. Dabei wird die zu bewältigende Arbeit, zum Beispiel Treppensteigen, zuerst visualisiert und dann in geeignetem Tempo mit geplanten Pausen, die Arbeit ausgeführt. Grössere Studien fehlen noch, um diese Therapieergänzung standardisiert auf die pulmonale Rehabilitation bei Patienten mit COPD bzw. anderen Lungenerkrankungen anwenden zu können. Sie verfolgt aber einen spannenden Ansatz, dass mit Visualisierungstechniken die Angst vor einer Aufgabe und das Empfinden von Atemnot vermindert werden kann.
Zusammenfassend ist die pulmonale Rehabilitation die wirksamste Methode, um nachhaltig die Atemnot, die körperliche Leistungsfähigkeit und die Lebensqualität zu verbessern. Die Mechanismen, welche zur Verbesserung der Atemnot führen sind komplex und noch nicht gänzlich verstanden. Erwiesen ist, dass damit die muskuläre Dysfunktion verbessert, die dynamische Überblähung reduziert und somit das Empfinden des unangenehmen Gefühls der Atemnot reduziert werden kann.

Dr. med. Alexander Turk

Klinik für Innere Medizin
See-Spital
Horgen und Kilchberg

Supportive Therapie und Palliative Konzepte bei Dyspnoe

Die Palliative Care hat das Ziel, Betroffene mit einer fortgeschrittenen, unheilbaren Krankheit symptomatisch zu behandeln. Die Dyspnoe ist eine der häufigsten Beschwerden bei verschiedenen, nicht nur onkologischen, Krankheiten. Die Behandlung dieser Symptome bedarf einer Betrachtung aus verschiedenen Gesichtspunkten. In der Palliative Care wird häufig das bio-psycho-sozio-spirituelle und kulturelle Modell angewendet. Dabei werden verschiedene Dimensionen der Krankheit betrachtet, welche speziell auch im Falle einer Dyspnoe mitinvolviert sind. Die Physiologie der Dyspnoe ist sehr komplex und wird unter anderem durch diverse neuronale als auch pulmonale anatomische Strukturen beeinflusst. Verschiedene sowohl nicht pharmakologische als pharmakologische Behandlungsansätze können zum Rückgang der Dyspnoe führen. Insbesondere eine aktive Physiotherapie sowie Hilfsmittel optimieren die Beschwerden. Von medikamentöser Seite werden hauptsächlich Opioide aber auch Benzodiazepine, Sauerstoff und Butylscopolamin verwendet. Im Falle einer stark fortgeschrittenen Erkrankung kann bei therapierefraktären Beschwerden der Einsatz einer tiefen kontinuierlichen Sedierung zur Symptomlinderung gerechtfertigt sein. Eine erfolgreiche Behandlung der Dyspnoe führt zu einer Verbesserung der Lebensqualität der palliativmedizinischen Patienten.

Einführung

Die Palliative Care ist eine junge medizinische Disziplin, die im Laufe der letzten Jahre an Bedeutung gewonnen hat, weil Patienten mit verschiedenen, nicht heilbaren Krankheiten eine zunehmend lange Überlebenszeit haben. Das Ziel der Palliative Care ist eine Linderung der Beschwerden, die im Zusammenhang mit einer Erkrankung auftreten können. Es handelt sich dabei um eine parallele Behandlung und nicht um eine sequentielle Behandlung, das heisst, die Palliative Care soll frühzeitig zum Zuge kommen, wenn noch onkologische, pneumologische, kardiologische oder andere Therapien laufen. Ein häufiges Missverständnis liegt darin, dass davon ausgegangen wird, dass die Palliative Care lediglich Erkrankte mit einer onkologischen Behandlung betreuen und dass es sich um eine Sterbebegleitung handelt. Sicherlich leiden die Meisten an einer malignen, onkologischen Krankheit, daneben werden jedoch auch Betroffene mit einer pneumologischen, kardiologischen oder neurologischen sowie weiteren Diagnosen behandelt. Neben den häufigsten Symptomen wie Schmerzen und Fatigue, ist die Dyspnoe eines der häufigsten Symptome bei palliativmedizinischen Patienten und vor allem eine der gefürchtetsten Beschwerden.

Definition

Dyspnoe wird definiert als subjektive Erfahrung einer beeinträchtigten Atmung, die akut oder chronisch vorliegen kann.[1] Dabei werden auch Ausdrücke wie Luftnot, thorakale Enge oder Lufthunger beschrieben. Es handelt sich dabei um ein Symptom, welches von der betroffenen Person beschrieben wird, nicht um eine Diagnose. Die Ursache dafür kann sehr unterschiedlich sein.

Klinische Präsentation

Es handelt sich bei der Dyspnoe um ein Symptom, welches sehr häufig in palliativmedizinischen Situationen beobachtet werden kann. Gemäss Definition wird es als subjektives Gefühl beschrieben, es muss jedoch beachtet werden, dass auch objektive Kriterien zur Annahme einer Dyspnoe führen können.[1] Objektive Beobachtungen können eine
beschleunigte Atmung, zyanotische Akren oder auch Ausdruck von Angst und Unruhe sein. Es handelt sich in der Palliative Care, insbesondere bei onkologischen und pneumologischen Patienten, um ein sehr häufiges Symptom. Bei Patienten mit einem Lungentumor konnte bei 75 % die Dyspnoe als vorherrschendes Symptom dokumentiert werden.[2]
Bei Progredienz der Krankheit nimmt die Prävalenz und die Intensität der Dyspnoe zu. Diese wird jedoch auch in anderen palliativmedizinischen Situationen beobachtet wie bei der COPD 95 %[3], der amyotrophen Lateralsklerose oder auch bei einer Herzinsuffizienz 26 %.[4] Es besteht eine sehr große Variabilität des Ausmasses der Symptomatik in Bezug auf das Krankheitsstadium.[5]

Bio-psycho-sozio-spirituelle und kulturelle Ebene

In der Palliativmedizin soll eine Beurteilung der Krankheitssituation nicht nur nach somatischen Gesichtspunkten, sondern umfassend erfolgen. Deshalb wird sehr häufig das bio-psycho-sozio-spirituelle und kulturelle Modell, modifiziert nach Engel, angewendet.[6] Insbesondere bei komplexen, fortgeschrittenen Erkrankungen beklagen die Betroffenen eine Vielzahl von Leiden in verschiedenen Dimensionen. Gerade die Dyspnoe ist ein klassisches Symptom, welches sich in diesen Bereichen äussern kann. Die biologische oder somatische Komponente beschreibt die körperlichen Folgen der Dyspnoe. Diese können häufig verbunden sein mit weiteren Begleitsymptomen wie Fatigue oder auch beeinträchtigte Mobilität.[7] Die psychische Komponente der Dyspnoe ist sehr häufig substantiell für die Patienten und wird beispielsweise durch Angst und Depression ausgedrückt. Weiter werden bei den Betroffenen jedoch auch soziale Beeinträchtigungen beobachtet mit Verlust der Arbeit, sozialer Isolation oder auch finanziellen Fragen. Bei der sozialen Komponente zeigt sich zudem auch die Interaktion mit Angehörigen, denn für diese ist der Anblick der Dyspnoe ebenfalls sehr bedrohlich und hinterlässt offen eine Hilflosigkeit oder Unmöglichkeit der Unterstützung. Die spirituellen Aspekte äussern sich als Fragen der Sinnhaftigkeit oder auch nach dem Lebensende beziehungsweise der irdischen Endlichkeit. Die Entwicklung diverser Beschwerden und deren Copying und Umgang unterscheidet sich in den verschiedenen Kulturen und Religionen substantiell, so dass diese Aspekte in eine palliativmedizinische Beurteilung hineinfliessen müssen. Diese diversen unterschiedlichen Dimensionen führen bei der einzelnen betroffenen Person zu einer unterschiedlichen Krankheitsausprägung und so auch zu einer verminderten Lebensqualität. Die Verbesserung der Lebensqualität ist dann auch das primäre Ziel der Palliative Care.

Ursachen und Abschätzung des Krankheitsstadiums

Das Ziel einer palliativmedizinischen Behandlung ist eine Linderung der Beschwerden der Betroffenen, welche jedoch stets im Kontext der aktuellen Krankheitssituation und des Wunsches des Patienten stehen soll. Aus diesem Grund muss stets eine sorgfältige Evaluation erfolgen wie fortgeschritten die Krankheit ist. Danach soll gegebenenfalls primär eine Suche nach einer behandelbaren Ursache der Dyspnoe erfolgen. Diese kann sehr mannigfaltig sein. Hauptsächlich werden pulmonale, kardiale oder extrathorakale Ursachen gesucht. Je nach Ätiologie wird in einem zweiten Schritt eine Behandlungsoption eruiert und mit dem Patienten und dessen Angehörigen die Möglichkeit einer ursächlichen oder einer rein symptomatischen Behandlung evaluiert. Als Ursache der Dyspnoe können tumorbedingte pulmonale Faktoren wie eine Obstruktion der Atemwege oder auch eine Restriktion durch Pleuraerguss oder Tumor angesehen werden. Andere pulmonale Ursachen können eine Lungenembolie oder auch eine Einflussstauung darstellen. Neben der kardialen und neuromuskulären Ursache muss stets auch eine therapiebedingte Ursache beispielsweise nach Chemo-, Immun- oder Radiotherapie, in Betracht gezogen werden. Des Weiteren können krankheitsassoziierte Beschwerden oder Zustände wie eine Anämie, Ängste, Fieber oder auch Schmerzen zur Dyspnoe führen.
Die Erfassung der Dyspnoe kann nur durch eine subjektive Einschätzung erfolgen. Häufig hat sich dabei eine numerische Skala (NRS) von 0 – 10 bewährt. Diese Erfassung kann eine Beurteilung der Therapie und einen Vergleich von unterschiedlichen Zeitpunkten erlauben. Objektive Parameter wie beispielsweise Sauerstoffsättigung oder Atemfrequenz korrelieren nur schlecht mit der Selbsteinschätzung und sollen deshalb nicht als Mass der Dyspnoe angewendet werden.[8] Die Behandlung richtet sich nach den beschriebenen Beschwerden. Deshalb sollen die Umstände der Dyspnoe genau erfragt werden. Insbesondere das Muster der Dyspnoe mit Vorhandensein episodisch oder dauernd, bei Anstrengung oder in Ruhe oder auch den Begleiterscheinungen wie Angst und depressive Züge.

Pathophysiologie

Die Physiologie und Pathophysiologie der Atmung beziehungsweise der Dyspnoe ist sehr komplex. Es handelt sich um eine unbewusste Handlung und wird vor allem durch Neurone in der Medulla oblongata gesteuert. Dort treffen sich verschiedene Afferenzen von Mechanorezeptoren der Atemmuskulatur, Atemwege, Zwerchfell und Lungenparenchym sowie von Chemorezeptoren in der Aorta und Aa. carotides. Von der Medulla oblongata gehen Efferenzen zu motorischen Neuronen aus. Die Wahrnehmung der Dyspnoe erfolgt im sensorischen Cortex. Das Zusammentreffen von sensorischen und motorischen Informationen führt zur Steigerung der Atemfunktion und so zur Homöostase. Dyspnoe wird exprimiert, wenn der sensorische Cortex ein Ungleichgewicht zwischen Bedarf an Ventilation und der Antwort des Körpers dazu bemerkt.[9] Das Gefühl der Dyspnoe wird dann subjektiv als erhöhte Atemarbeit empfunden.[10]
Palliativmedizinische Behandlungsansätze
In der Palliative Care kann aufgrund der fortgeschrittenen Krankheitssituation häufig lediglich eine symptomatische Behandlung erfolgen. Diese richtet sich dann weniger an der Ursache, sondern versucht das subjektive Leiden zu lindern. Im Folgenden werden verschiedene nicht pharmakologische und pharmakologische symptomatische Behandlungen vorgestellt. Je nachdem ob die Dyspnoe episodisch oder dauernd vorhanden ist, kann die Therapie danach angepasst werden als fixe Medikation oder Behandlung bei Bedarf.

Nicht pharmakologische Therapien

Aktivität

Bewegung fördert die Verbesserung der Dyspnoe. Insbesondere eine aktive Physiotherapie kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Unter Anleitung kann so einerseits eine Atemtherapie instruiert werden, andererseits aber auch eine Steigerung der Mobilität. Ebenso kann eine ergonomische Bewegung und Haltung angelernt werden, die eine Reduktion der Atemarbeit zur Folge hat. Auch konnte durch andere aktive Therapien wie beispielsweise Tanzkurse eine Verbesserung der Dyspnoe und damit verbunden auch eine Steigerung der Lebensqualität dokumentiert werden.[11] Die physiotherapeutische Instruktion zeichnet sich durch eine sehr grosse Bandbreite aus von minimalen Atemübungen bei bettlägerigen Patienten bis zur komplexen Bewegungsinstruktion beispielsweise dem Bewältigen einer Treppe.

Hilfsmittel (Rollator/Gehstock)

Der Einsatz verschiedener Hilfsmittel führt durch eine verbesserte Atemarbeit indirekt zum Rückgang der Dyspnoe. Viele Kranke äussern Bedenken beim Einsatz solcher Hilfsmittel und möchten deren Einsatz vermeiden. Nach probatorischer Anwendung führt die Selbsterfahrung jedoch häufig zum konstanten Einsatz von Gehstock oder Rollator da ein positiver Effekt direkt erfahren wird. Die einfache Entlastung durch einen Sauerstoffbehälter auf Rollen im Gegensatz zum Rucksack mit Sauerstoffbehälter konnte bei Patienten mit einer fortgeschrittenen stabilen COPD mit Sauerstoffgebrauch eine signifikante Verbesserung sowohl von Gehstrecke, Dyspnoe, Fatigue als auch von Sauerstoffsättigung und Reduktion der Herzfrequenz zeigen.[12]

Ventilator

Die Anwendung von Ventilatoren, beispielsweise Handventilatoren, führt bei Dyspnoe verschiedener Ätiologie zu einem Benefit.[13] Es wird davon ausgegangen, dass durch den Luftzug Trigeminusrezeptoren aktiviert werden, die durch zentrale Verschaltung zum zentralen Nervensystem eine Linderung der Dyspnoe bewirken.[14] Sowohl bei Patienten mit einer chronisch obstruktiven Lungenkrankheit (COPD) als auch bei einer durch eine Herzinsuffizienz bedingte Dyspnoe, konnte ein Rückgang der Symptomatik nachgewiesen werden.[15] Eine Verbesserung der Dyspnoe konnte in einer Metaanalyse ebenfalls bei Patienten mit eine malignen, terminalen Tumorerkrankung dokumentiert werden.[16] Der Einsatz eines Ventilators führt zu keinerlei Nebenwirkungen und kann deshalb sicher und bedenkenlos eingesetzt werden.[17]

Andere
Die Bandbreite für weitere Behandlungen der Dyspnoe ist sehr gross. Für die Anwendungen, wie beispielsweise Neuromuskuläre Elektrische Stimulation (NMES) oder auch Akkupunktur und Aromatherapie, ist die Evidenzlage jedoch klein und deshalb wird auf diese nicht näher eingegangen.

Pharmakologische Therapien

Opioide

Das Ziel der Palliativmedizin ist eine Linderung der Dyspnoe auch im Falle einer unklaren beziehungsweise nicht behandelbaren Ursache. In dieser Situation ist der Einsatz von Opioiden die Behandlung der ersten Wahl. Die genaue Wirkungsweise wie Opioide zu einem Rückgang der Dyspnoe führen, ist weiterhin unklar. Es scheint jedoch ein Einbezug von neuronalen Strukturen zur Atemregulation im Hirnstamm, der Amygdala und der Hippocampus vorzuliegen. Es konnte gezeigt werden, dass die analgetische Wirkung der Opioide unabhängig vom Dyspnoe reduzierenden Effekt besteht.[18] Nichtsdestotrotz werden jedoch unabhängig davon die typischen Nebenwirkungen der Opioide beobachtet.[19] Deshalb sollen bei einem Einsatz dieser Substanzklasse die häufigsten Nebenwirkungen wie Nausea und Obstipation beachtet und behandelt werden. Die Atemdepression, als gefürchtete Nebenwirkung einer Opioid-Behandlung wird bei einer korrekten Anwendung mit Beginn mit einer kleinen Dosis sowie einer langsamen Steigerung praktisch nicht beobachtet. Im Falle einer inadäquat hohen Startdosis oder einer zu raschen Dosissteigerung kann eine Atemdepression auftreten.
Bei der Wahl eines Opioid konnten keine signifikanten Vorteile eines bestimmten Wirkstoffes gezeigt werden.[20] Die Verabreichung kann sowohl peroral als auch parenteral erfolgen. Neben der peroralen Einnahme konnte ein Rückgang der Dyspnoe beim Einsatz sowohl von Hydromorphon als auch von Fentanyl dokumentiert werden. Für die Verwendung von vernebelten Opioiden konnten hingegen kein Benefit nachgewiesen werden.[20] In der Palliative Care wird am häufigsten die subkutane, meist als kontinuierliche Gabe bevorzugt, wenn die perorale Einnahme nicht mehr möglich ist. Neben des am längsten bekannten Wirkstoffs Morphin, kann beispielsweise Oxycodon,
Hydromorphon, Methadon oder auch Diamorphin eingesetzt werden.[21] Empfohlen wird eine Gabe von 2,5-5,0 mg Morphin in Tropfenform als schnell wirksame Formel beziehungsweise ein retardiertes Präparat in einer Startdosis von 10 mg zweimal täglich.[22] Die gebräuchlichen Opioide zur Behandlung der episodischen und chronischen Dyspnoe sind in der Tabelle 1 in ihrer üblicher initialen Dosierung aufgelistet.

Sedativa

Der Einsatz von Sedativa, in der Palliative Care, speziell von Benzodiazepinen, stellt eine weitere Komponente der Behandlung der Dyspnoe dar. Die alleinige Anwendung von Benzodiazepinen soll nicht durchgeführt werden, denn diese Substanzgruppe führt per se nicht zu einem Rückgang der Symptomatik. Hingegen kann eine Kombination mit einem Opioid sinnvoll sein, da die Angst als Begleiterscheinung der Dyspnoe behandelt werden kann. Insbesondere in terminalen Situationen wird diese Kombination häufig eingesetzt als additive Behandlung. Benzodiazepine werden sowohl als Perorale als auch Parenterale in der Palliative Care hauptsächlich subkutan eingesetzt. Im Falle einer peroralen Medikation wird meist Lorazepam verwendet, im Falle einer subkutanen Gabe meist Midazolam. Dieses kann sowohl
Bolus weise als auch kontinuierlich verabreicht werden.

Sauerstoff

Der Einsatz von Sauerstoff muss als medikamentöse Massnahme angesehen werden und Sauerstoff soll nicht routinemässig bei jeder Atemnotsituation verwendet werden. Als Voraussetzung eines Einsatzes sollte eine Hypoxämie bestehen. Die Grenze für einen Einsatz muss individuell, im Kontext mit der Grundkrankheit, festgelegt werden. Insbesondere im Falle einer fortgeschrittenen chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) muss an die Gefahr einer CO2-Retention gedacht werden. Bei einer dyspnoeischen Person und einer normalen Sauerstoffsättigung kann, ähnlich wie bei einem Einsatz eines Ventilators, der Luftstrom zu einer Reduktion der Dyspnoe führen. So konnte gezeigt werden, dass der alleinige Einsatz von Luftstrom bei Dyspnoe ohne Hypoxämie zu einer Verbesserung der Beschwerden führt.[23] Damit verbunden können Nebenwirkungen wie beispielsweise trockene Schleimhäute minimiert werden.

Butylscopolamin

Bei fortgeschrittener Krankheitssituation wird bei einem Grossteil der Patienten in den letzten Lebensstunden eine karchelnde Atmung hörbar. Dieser Umstand ist insbesondere für die Angehörigen eine unangenehme, teilweise sehr belastende Situation. Dies wird als Stress für die betroffenen Anwesenden, jedoch weniger für die Patienten angesehen. Trotzdem wird möglichst früh eine prophylaktische Therapie begonnen, damit dieser Zustand verhindert werden kann. Als Ursache für die Symptomatik wird einerseits ein fehlendes Schlucken von Speichel angesehen, andererseits auch eine pulmonale Schleimbildung, die ebenfalls zu einer Ansammlung von Mucus im Rachen führt. Zur Reduzierung dieser Schleimbildung wird eine regelmässige, kontinuierliche Verabreichung von Butylbromid Scopolamin empfohlen.[24] Hingegen wird von einem trachealen Absaugen abgeraten, da dieser Reiz zu einer vermehrten Sekretion führen kann und sich somit konterproduktiv auswirken kann.

Kortikosteroide

Der Einsatz von Kortikosteroiden erfolgt in terminalen Situationen sehr häufig als symptomatische Behandlung verschiedener Symptome. Zur Therapie der Dyspnoe sollen Kortikosteroide insbesondere beim Vorliegen einer Atemwegsobstruktion oder Inflammation angewendet werden.[7] In diesem Fall ist insbesondere die abschwellende und antientzündliche Wirkung der Kortikosteroide gewünscht.

Andere Pharmaka

Der Einsatz von vernebeltem Furosemid wird immer wieder als Option zur Behandlung von Dyspnoe diskutiert. Aktuell gibt es jedoch keine Evidenz dazu, dass dies bei Patienten in terminalen Situationen die Dyspnoe reduziert.
Der Einsatz von Cannabis wird in der Palliative Care für verschiedene Symptome, insbesondere für Schmerzen, Appetitlosigkeit und Nausea diskutiert. Für den Einsatz für die Behandlung der Dyspnoe konnte kein positiver Effekt dokumentiert werden.[25] In Anbetracht des erhöhten Risikos für pulmonale Infekte mit Husten und Sputum Produktion bei einer inhalativen Konsumation von Cannabis, muss eher von einem gegenteiligen Effekt ausgegangen werden.

Einschätzung der Behandlung

Die Dyspnoe ist für Patienten ein sehr unangenehmes, belastendes und bedrohliches Symptom. Durch eine adäquate interprofessionelle Therapie kann jedoch eine zufriedenstellende Verbesserung erreicht werden.[2] Durch verschiedene medikamentöse und nicht medikamentöse Behandlungen soll dieses Symptom angegangen und behandelt werden. Regelmässige Evaluationen helfen, das Therapieziel zu kontrollieren und bei Bedarf die Therapie anzupassen.

Tiefe kontinuierliche Sedierung am Lebensende

Trotz modernster Behandlungsansätze kann auch heute nicht jede Symptomatik zufriedenstellend behandelt werden. Falls die symptomatische Behandlung, wie oben beschrieben, zu einer ungenügenden Linderung führt, wird in der Palliative Care als Ultima Ratio die Möglichkeit einer tiefen kontinuierlichen Sedierung angeboten. Die tiefe kontinuierliche Sedierung wird als eine der anspruchsvollsten Behandlungen in der Palliative Care angesehen. Diese Behandlung betrifft sämtliche Bereiche der bio-psycho-sozio-spirituellen und kulturellen Behandlung und bedarf so einer intensiven Begleitung von Patienten, Angehörigen aber auch des Behandlungsteams. Diese Therapie kommt zum Einsatz, wenn sämtliche Therapien zu einer ungenügenden Linderung führen und die Symptome somit therapierefraktär sind. Sie soll restriktiv eingesetzt werden und bedarf einer genauen Evaluation und Aufklärung der Patienten und Angehörigen. Die Anzahl durchgeführter Sedierungen variiert weltweit stark. In der Schweiz werden auf Palliativstationen ungefähr 17,5 % der sterbenden Patienten sediert.[26] Das Ziel dieser Behandlung ist stets eine Linderung der belastenden Symptome und soll keineswegs zu einer Lebensverkürzung führen. Eine Vielzahl von Symptomen kann Ursache für den Beginn einer tiefen kontinuierlichen Sedierung sein. Neben dem Delir am Lebensende als häufigste Indikation, stellt insbesondere die Dyspnoe einen wichtigen Grund dar für den Beginn dieser Therapie. Die genaue Betrachtung der Krankheiten der sedierten Betroffenen kann einen vermehrten Nachweis von Patienten mit Lungentumoren, chronisch obstruktiver Lungenkrankheiten (COPD) sowie Motoneuronerkrankungen, speziell der amyotrophen Lateralsklerose (ALS) gesehen werden.[27]

Konklusion

Die Dyspnoe ist ein sehr häufiges Symptom im palliativen Setting. Die Anwendung sowohl medikamentöser als auch nicht medikamentöser Behandlungen kann zu einer deutlichen Verbesserung der Beschwerden führen und so zur Optimierung der Lebensqualität von Patienten und Patientinnen mit einer infausten Prognose.

Dr. med. MSc Cristian Camartin

Leiter Palliative Care
Kantonsspital Graubünden
Loëstrasse 170 Chur
7000 Chur

cristian.camartin@ksgr.ch

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Vaskuläre Dyspnoe: Pulmonale Hypertonie

Eine 52-jährige Frau, mit seit 2007 bekannter Sklerodermie, welche sich durch typisches Raynaud Phänomen, Sklerodactylie, Teleangiektasien und Störung der Oesophagusmotilität manifestierte, wurde wegen zunehmender Anstrengungsdyspnoe zugewiesen. Klinisch zeigten sich Teleangiektasien am Dekolleté und eine Sklerodactylie. Die Bodyplethysmographie war unauffällig, die CO-Diffusionskapazität war leicht reduziert. Die Sechs-Minuten-Gehstrecke war ebenfalls leicht reduziert (430 Meter) mit Entsättigung von 97 auf 91%. Eine transthorakale Echokardiografie zeigte eine erhöhte maximale Geschwindigkeit der Trikuspidalinsuffizienz von 3,2 m/s, woraus sich ein Druckgradient von 40 mmHg errechnet. Es findet sich ein normaler rechter Ventrikel mit normaler Funktion. Welche Untersuchung ist als nächstes angezeigt? [5].

Einleitung

Die pulmonale Hypertonie (PH) umfasst eine Reihe lebensverkürzenden Erkrankungen, die durch einen erhöhten mittleren pulmonalarteriellen Druck (mPAP) > 20 mmHg gekennzeichnet sind und die unbehandelt zu einer zunehmenden Belastungsdyspnoe, Rechtsherzversagen und Tod führen können (6). Die Erhöhung des mPAP entwickelt sich entweder im Rahmen einer pulmonalen Vaskulopathie (WHO Gruppe 1 und 4, pulmonal-arterielle und chronisch-thromboembolische PH), beide gekennzeichnet durch einen erhöhten pulmonalvaskulären Widerstand (PVR) oder auf dem Boden einer chronischen Linksherzinsuffizienz oder Klappenvitien, gekennzeichnet durch einen erhöhten pulmonal-arteriellen Verschlussdruck (Wedge-Druck oder PAWP) oder bei chronischen Lungenkrankheiten durch die hypoxische pulmonale Vasokonstriktion und Rarefizierung des Lungengefässbettes (7). Bereits am ersten Weltsymposium 1973 in Genf wurde die PH als „während einer Rechtsherzkatheteruntersuchung dokumentierte Erhöhung des mPAP auf mindestens 25 mmHg“ definiert. Diese Definition wurde im Wesentlichen über Jahrzehnte beibehalten, und erst in den im August 2022 neu erschienenen Guidelines der Europäischen Kardiologischen und Respiratorischen Gesellschaft aufgrund neuer Erkenntnisse der normalen Drücke und
Widerstände im Lungenkreislauf auf den Grenzwert mPAP >20 mmHg und PVR >2 WU angepasst (2). Der pulmonalarterielle Druck wird durch das Herzminutenvolumen (cardiac output, CO), den PVR und PAWP beeinflusst. Es ist für die Behandelnden entsprechend wichtig, diese Faktoren zu kennen (8). Aus den gemessenen Grössen kann der PVR einfach berechnet werden:

Hämodynamische Klassifikation

Zur Diagnose und Einteilung der PH ist es angebracht,
zwischen prä- und post-kapillärer PH zu unterscheiden, hierzu dient wie in Tabelle 1 ersichtlich der PAWP und der PVR, welcher sich als mPAP-PAWP/cardiac output (CO) berechnet. Für diese Berechnung braucht es den CO, welcher zwingend mittels direktem Fick, d.h. unter Messung der aktuellen Sauerstoffaufnahme oder mittels Thermodilution erfolgen soll. Der indirekte Fick-Test oder andere nicht-invasive Methoden sind obsolet. Da der PAWP je nach Volumenstatus des Patienten jedoch auch deutlich variieren kann, empfiehlt es sich, für die Unterscheidung prä- und postkapillär auch die klinische Wahrscheinlichkeit mit einzubeziehen. Alter > 70 Jahre, Adipositas, Hypertonie, Dyslipidämie, Diabetes oder Glukose-Intoleranz, Vorhofflimmern, bekannte Kardiopathie, Linksschenkelblock, linksventrikuläre Hypertrophie im EKG oder im TTE, Dilatation des linken Vorhofs sind Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit einer post-kapillären PH stark erhöhen.
Die neue hämodynamische Definition beinhaltet auch die PH unter Belastung. Bei dieser Messung wird die komplette pulmonale Hämodynamik unter Fahrradergometerbelastung mit Stufenprotokoll am Ende jeder 2-3-minütigen Stufe gemessen, empfohlen wird dabei den CO mittels direkter Fick-Methode unter Einbezug des VO2-Messung zu ermitteln (9).
Aus hämodynamischer Sicht kann die pulmonale Hypertonie in 3 Gruppen aufgeteilt werden: prä-kapilläre, isoliert post-kapilläre und kombiniert prä- und post-kapilläre pulmonale Hypertonie (Tabelle 1).
Ein PAWP ≤15 mmHg definiert eine prä-kapilläre PH, ein PAWP > 15 mmHg eine post-kapilläre pulmonale Hypertonie. Ein PVR von > 2 Wood units (WU) ist bereits pathologisch und deutet auf eine Vaskulopathie hin und wird als Grenzwert definiert. Die prä-kapilläre PH zeigt sich mit einem PVR von > 2 WU, die post-kapilläre PH mit einem PVR ≤ 2 WU.

Klinische Klassifikation

Aus dieser hämodynamischen Klassifikation und der entsprechenden Klinik wird die pulmonale Hypertonie in fünf verschiedene Gruppen aufgeteilt (Tabelle 2) (2). Gruppe 1 wird als pulmonal-arterielle Hypertonie (PAH) bezeichnet und gehört zusammen mit der Gruppe 4 chronisch-thromboembolische PH zu den pulmonal-vaskulären Krankheiten, definiert durch eine präkapilläre PH und eine Pathologie in den Pulmonalgefässen. Die PAH kann idiopathisch (IPAH) oder hereditär sein. Bei der IPAH ist insbesondere die Abgrenzung der vasoreaktiven Form wichtig, da diese für Patienten erhebliche therapeutische Konsequenzen hat. Die Vasoreaktivitätstestung mit NO (Nitrogenmonoxid), inhaliertem Iloprost oder Epoprostenol intravenös gehört daher zu jeder diagnostischen Rechtsherzkatheteruntersuchung der PAH. Diverse Drogen und Toxine können eine PAH ebenfalls verursachen. Die PAH ist ebenso mit gewissen Erkrankungen assoziiert, wie Kollagenose (v.a. Sklerodermie), portopulmonale Hypertonie bei einer portalen Hypertonie, HIV-Infektion, kongenitale Herzerkrankungen oder Schistosomiasis. Des Weiteren gehören zu dieser Gruppe die seltenen pulmonale venookklusive Krankheit, die pulmonale kapilläre Hämangiomatose und die persistierende pulmonale Hypertonie den Neugeborenen. Die PAH ist eine seltene Krankheit (Inzidenz 6/Million und Prävalenz 48-55 Fälle/Million) (2). Die idiopathische Form ist der häufigste Subtyp (50-60%), gefolgt von der PAH assoziiert mit einer Kollagenose, kongenitalen Herzerkrankungen und portaler Hypertonie. Insbesondere bei der Sklerodermie kann die Rechtsherzkatheteruntersuchung mit Belastungsprotokoll eine wichtige Hilfe zur Frühdiagnose sein.
Die Gruppe 2 umfasst die PH bei Linksherzerkrankungen mit erhaltener oder reduzierter Ejektionsfraktion oder bei Klappenvitien. Es ist daher meistens eine post-kapilläre PH, seltener eine kombinierte prä- und post-kapilläre PH vorhanden. Die PH Gruppe 2 ist die häufigste Ursache für eine PH (70%) und ist bei Patienten mit Herzinsuffizienz sehr häufig (circa 50%), noch häufiger bei Patienten mit schwerer Erkrankung der Mitralklappen (60-70%) (2).
Die Gruppe 3 ist eine prä-kapilläre PH, die sich bei pulmonalen Erkrankungen und/oder Hypoxämie findet. Eine schwere PH ist bei 1-5% der Patienten mit schwerer COPD und bei 30-50 % der Patienten mit schwerer idiopathischer Lungenfibrose zu finden und verschlechtert die Prognose diesen Krankheiten erheblich (2).
Die vierte Gruppe stellt die chronisch-thromboembolische PH (CTEPH) dar und hat ebenfalls eine prä-kapilläre Ursache. Die Inzidenz und Prävalenz sind in den Registerdaten tief (2-6/Million und 26-38 Fälle/Million). Sie wird jedoch vermutlich deutlich unterschätzt und zeigt im klinischen Alltag dank besserer Erkenntnis und Screening eine kontinuierliche Zunahme (2).
Weitere metabolische, hämatologische oder systemische Erkrankungen (z.B. Sarkoidose, pulmonale Langerhanszell Histiozytose), die eine pulmonale Hypertonie verursachen können gehören zur fünften Gruppe (3), hämodynamisch gesehen können die verursachenden Entitäten prä-, post-kapillär oder kombiniert sein.

Genetische Aspekte

Genetische Aberrationen haben hauptsächlich in der ersten Gruppe der pulmonalen Hypertonie einen hohen Stellenwert. Die Mutation vom Gen BMRP 2 wurde in 75% der familiären, und 25% der sporadischen pulmonal-arteriellen Hypertonie gezeigt (2). Mutationen in den Genen vom transformierenden Wachstumsfaktor Beta (TGF Beta) wurden in Patienten mit pulmonal-arteriellen Hypertonie nachgewiesen. Bezüglich der Gruppe 3 ist interessant festzustellen, dass die Ausprägung der pulmonalen Hypertonie in hypoxämischen COPD-Patienten durch Genpolymorphismus im Serotonin Tansporter Gen (5-HTT) beeinflusst wird (10) (11).

Pathologie

Bei der PAH und sekundär auch bei gewissen anderen PH-Formen weisen die distalen-muskulären Arterien in allen Wandschichten Zellproliferationen auf, welche zur Wandverdichtungen führen. Insbesondere bei den Gefässverzweigungen finden sich zum Teil auch «krebsähnliche» Zellwandwucherungen, die sogenannten plexiformen Läsionen (11). Hierdurch kommt es zu eingeengtem Gefässlumen, Dilatation der vorangehenden Gefässabschnitte und zu einem erhöhten PVR. Pathologisch sind häufig neben den präkapilläre Arteriolen auch Kapillaren sowie die postkapilläre Venolen, so dass heute von einem Kontinuum der PAH bis zur venookklusiven Krankheit ausgeht. Durch eine verminderte BMPR2-Expression in den pulmonalen Endothelzellen verändert sich die lokale Zytokinproduktion. Zum Beispiel, der Spiegel vom Interleukin 17A und Interleukin 6 erhöht sich (16). Durch den Wachstumsfaktor Granulocyte-Macrophage Colony Stimulating Factor (GM-CSF) werden Makrophagen rekrutiert und eine Endotheladhäsion bildet sich. Die Gefässe werden plexiform, ähnlich einer Zwiebel umgebaut. Sie nehmen an Gesamtdurchmesser zu, das Gefässlumen engt sich ein (11). Die plexiformen Läsionen sind um und in der Adventitia, in der Media oder in der Intima lokalisiert. In der Adventitia und im peribronchialen Bindegewebe sind Gefässe des systemischen Kreislaufes, wie die vasa vasorum und die Bronchialarterien eingebettet. Diese Gefässe scheinen durch Mikrogefässanastomosen mit den pulmonalen Arterien zu kommunizieren und eine Shuntfunktion zu erfüllen. Durch die BMPR2-Mutation tritt eine Hypertrophie und Erweiterung der Bronchialarterien und eine Vermehrung dieser bronchialen Mikrogefässen auf. Auch grössere Gefässstrukturen, sogenannte singular millimetric fibrovascular lesions (SiMFis) verbinden die Bronchialarterien und die pulmonalen Arterien und Venen.
Bei der CTEPH finden sich Gefässwandvernarbungen nach stattgehabten, pathologisch nicht abgebauten Thromboembolien oder in-situ Thrombosen. Durch den dadurch erhöhten PAP entwickeln sich sekundär in den Arteriolen ähnliche Veränderungen wie bei der PAH, auch hier können die Veränderungen über die Arteriolen, Kapillaren bis in die Venolen gehen.
Die chronische Hypoxie und auch Hypoxämie spielt insbesondere für Gruppe 3 PH, jedoch auch bei anderen PH-Formen, eine entscheidende Rolle. Die akute pulmonale Vasokonstriktion unter Hypoxie ist ein physiologischer Regulationsmechanismus im pulmonalen Kreislauf, der das Ventilations-/Perfusionsverhältnis optimiert und die suffiziente Oxygenierung des Blutes gewährleistet (12). Aufgrund einer Vermehrung der Hypoxiesensorproteine HIF1 und HIF2 (13) wird eine Vasokonstriktion bei geringer Hypoxie ausgelöst, diese ist gemessen an den aktuell herrschenden Bedingungen verfrüht. Es entsteht ein Teufelskreis.
Auch eine gewisse Maladaptation des Immunsystems trägt zum vaskulären Remodelling bei (13). Ionenkanäle sind von wesentlicher Bedeutung in der Regulierung des Vasotonus (12). Bei einer gestörten Funktion von Kaliumkanälen erhöht sich die intrazelluläre Kaliumkonzentration und kommt eine Vasokonstriktion auf. Die Mutationen von TASK 1 Kaliumkanal (TWIK-related acid-sensitive
potassium channel 1) sind in Patienten mit idiopathischer pulmonalen Hypertonie beschrieben (12).
Durch die Endothelverletzung kommt die glatte Gefässmuskulatur mit Wachstumsfaktoren und Mitogenen des Blutes in Kontakt. Die folgenden drei Signalisationswege sind in der Entstehung wichtig: Prostacyclin, Nitrogenmonoxid/ Cyclic Guanoside Monophosphate und der Endothelin
Pathway. Es entsteht ein Ungleichgewicht zwischen den vasokonstriktiven und proproliferativen Endothelin und den vasodilatativen und antiproliferativen Nitrogenmonoxid und Prostacyclin Signalisationsweg. Die Thrombozyten haben eine wichtige Rolle in der Entstehung der prokoagulatorischen Effekt, da sie Serotonin, Vaskular Endothelial Growth Faktor und Platelet-derived Growth Faktor produzieren (14).

Pathophysiologie

Die rechtsventrikuläre Funktion ist der fundamentale Faktor in der Prognose einer schweren PH. Da die Rechtsherzinsuffizienz sich in der pulmonalen Hypertonie durch die erhöhte Nachlast und das dadurch gestörte ventrikulo-
arterielle Coupling entwickelt, ist das pathophysiologische Verständnis des kardiopulmonalen Systems sehr wichtig (Abbildung 1).
Im Hinblick auf die PH sind der rechte Ventrikel und das pulmonale Gefässystem, insbesondere die kleinen Arterien bis zu den Kapillaren von grosser Bedeutung. Intrinsische Faktoren, die die Rechtsherzfunktion beeinflussen sind die Kontraktilität, die myokardiale Steifigkeit und die Dauer der ventrikulären Relaxation (15). Die intrinsischen Faktoren, sowie die Vor- und Nachlast bestimmen die globale rechtsventrikuläre Funktion. Die intrinsischen Faktoren werden in der Ejektionsfraktion, die Last in Drücke (mittlerer, systolischer, diastolischer) berücksichtigt. Im pulmonalen Kreislauf ist das Load teils permanent, insbesondere in den grossen Gefässen jedoch pulsierend. Da der Herzauswurf und somit der pulmonale Blutfluss unter Belastung sich deutlich erhöhen muss, ist der Fluss in den Pulmonalgefässen und Kapillaren ein sehr dynamischer Prozess, es braucht daher die Möglichkeit der Distension und des Recruitments von nur intermittierend durchbluteten Gefässen. Der Lungenkreislauf verfügt als Niederdrucksystem also über eine sehr hohe Anpassungsfähigkeit in den Kapillaren. Da dies ein dynamischer Prozess ist, werden sie nur intermittierend durchblutet. Falls der Fluss sich leicht zunimmt, erfolgt eine Vermehrung den pulmonalen Kapillaren. Falls es nicht mehr ausreicht, erfolgt deren Ausdehnung. Die Anpassungsfähigkeit, die sogenannte pulmonal-arterielle Compliance. Bei Zunahme des PVRs nimmt die pulmonal-arterielle Compliance ab, ebenso das ventrikulo-arterielle Coupling und es droht die Rechtsherzinsuffizienz. Demzufolge ist die pulmonal-arterielle Compliance grösser bei Patienten mit milder pulmonalvaskulärer Erkrankung, da dort auch die pulmonalvaskuläre Resistenz geringer ist.

Diagnose

Das Hauptsymptom eines Patienten/einer Patientin mit PH ist eine Anstrengungsdyspnoe. Hinzu kommen Fatigue und schnelle Erschöpfung, Dyspnoe beim vorne Beugen (sogenannte Bendopnoe), Thoraxschmerz und Palpitationen. Bei fortgeschrittenem Stadium stehen die Symptome einer Rechtsherzinsuffizienz: Unterschenkelödeme, abdominale Stauung, Aszites, Gewichtszunahme, Synkope im Vordergrund. Selten kann eine Hämoptyse oder Heiserkeit auf-
treten (16).
Im Status sind ein positiver hepatojugulärer Reflux, Unterschenkelödeme, Hepato- oder Splenomegalie oder Herzgeräusche aufgrund der pulmonalen Regurgitation typisch. Ein Elektrokardiogramm kann insbesondere zusammen mit dem BNP für das Screening benutzt werden: Sind beide normal, so ist das Vorliegen einer relevanten pulmonalen Drucksteigerung eher unwahrscheinlich. Ein Routinelabor inklusive Hämatogramm und Chemie mit Leberfunktions- und Schilddrüsenwerte gehört zum diagnostischen Workup. Typisch ist der BNP oder NT-proBNP-Wert aufgrund der Rechtsherzinsuffizienz erhöht. Eine Serologie mit antinuklearem Antikörper soll bei Verdacht auf Sklerodermie durchgeführt werden, sowie ein Hepatitis- und HIV-Screening. Die Lungenfunktionsprüfung zeigt meist normale Volumina – typisch ist jedoch eine leicht bis mittelgradig verminderte CO-Diffusionskapazität.
Die relevanteste Screeninguntersuchung stellt die transthorakale Echokardiographie dar, weist jedoch eine tiefe Sensitivität und Spezifität auf, da sie stark vom Untersucher abhängig ist (3). Mit der Geschwindigkeitsmessung der trikuspidalen Regurgitation kann der systolische pulmonalarterielle Druck abgeschätzt werden. Die Messung der rechtsventrikulären Dimension und Funktion ist ebenfalls wichtig sowie die Suche nach D-Shaping des linken Ventrikels und nach einem Perikarderguss.
Die Echokardiografie zeigt auch die linksventrikuläre Funktion, sowohl systolisch als diastolisch, und kann auf Klappenvitien oder intrakardialen Shunt hinweisen. Mittels Echokardiographie können der PAWP und der CO nur in Annäherungsformeln abgeschätzt werden (2). Beim Vorliegen eines erhöhten systolischen PAH ist eine PH möglich, dieser Wert ist jedoch nicht spezifisch. Es ist eine weitere Abklärung mittels Rechtsherzkatheteruntersuchung wie oben beschrieben empfohlen.
Beim Patienten mit einer idiopathischen, vererbbaren oder Medikament/Toxin induzierten pulmonalen Hypertonie sollte eine Vasoreaktivitätstestung durchgeführt werden. Während der Rechtsherzkatheteruntersuchung wird NO (Nitrogenmonoxid) oder Iloprost inhaliert und die Hämodynamik darunter gemessen. Der Test ist positiv bei Abnahme des mPAP um ≥ 10mmHg und bei einem absoluten mPAP von ≤ 40 mmHg bei konstantem oder steigendem cardiac output. In einem positiven Fall soll eine Therapie mit Kalziumkanalblocker initiiert, und die Messung nach 3-4 Monaten wiederholt werden. Bei Patienten mit anderen ätiologischen Gruppen ist diese Messung nicht empfohlen (16).
Im CT Thorax sind eine Dilatation des rechten Ventrikels und/oder des rechten Vorhofs, eine dilatierte Pulmonalarterie mit einem Durchmesser von mehr als 29 mm und ein erhöhter Quotient des Durchmessers von Pulmonalarterie/Aorta (>1) typisch für eine PH (17). Im CT Thorax können auch andere Lungenkrankheiten erkannt werden, wie Emphysem, Lungenfibrose, Gefässmalformationen, akute oder chronische Lungenembolie. Eine Ventilation-/Perfusion-Szintigraphie oder ein dual-energy CT wird empfohlen, um chronische Lungenembolie als Ursache der PH (CTEPH) zu suchen. Eine Lebersonographie wird bei Verdacht auf portale Hypertonie durchgeführt. Nach gesicherter Diagnosis kann ein kardiopulmonaler Belastungstest (Spiroergometrie) nützlich sein, um die Einschränkung der körperlicheren Belastbarkeit zu objektivieren und damit die Prognose vorherzusagen.

Therapie

Therapie der PAH (Gruppe 1): Nichtspezifische Therapie

Die Rechtsherzinsuffizienz ist assoziiert mit einer Hypervolämie, reduzierter renaler Durchblutung und der Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems. Die Vermeidung und die Therapie der Wasserretention mittels diuretischer Therapie ist zentral bei PAH-Patienten (4). Die häufig eingesetzte Medikamentengruppe ist die Gruppe der Schleifendiuretika, welche gut mit anderen Diuretika, insbesondere Spironolactone kombiniert werden können (18). Die Verabreichungsform ist bei chronischer Rechtsherzbelastung oral (19) und muss eng überwacht werden mit täglicher Gewichtsmessung und regelmässigen Kontrollen der Elektrolyten und der Nierenfunktion. Bei Aszites und Ödem der gastrointestinalen Darmmukosa mit verminderter gastrointestinaler Absorption ist eine intravenöse Gabe von Lasix als Perfusor in der Akutphase angebracht (20).
Die meisten Patienten mit einer PH haben in Ruhe eine leicht reduzierte Blutoxygenierung, welche sich bei Belastung oder im Schlaf deutlich akzentuieren kann. Pathophysiologisch trägt diese Hypoxämie auch über eine verminderte gemischtvenöse Sauerstoffsättigung zusätzlich zur pulmonalen Vasokonstriktion bei und sollte daher wenn möglich mittels Sauerstoffgabe korrigiert werden (18). Randomisierte, kontrollierte Studien haben gezeigt, dass die Sauerstofftherapie bei pulmonal-vaskuläre Patienten die Belastbarkeit in der Fahrradergometrie signifikant verbessert und dass bei Patienten mit nächtlicher Hypoxämie (mittlere Sättigung < 92 %) und belastungsinduzierter Hypoxämie (Desaturation > 3 % < 92 %) eine Sauerstofftherapie über wenige Wochen die Belastbarkeit und Lebensqualität verbesserte (19) (21) (22). In den Guidelines wird die Sauerstofftherapie in Anlehnung an ältere Studien bei COPD-Patienten empfohlen, wenn bei einem PaO2 ≤ 8 kPa, respektive 60 mmHg oder bei einer SpO2 < 92 % (4) (23) (24). Im Falle einer Desaturation während der körperlichen Belastung oder wenn die Symptome dadurch gelindert werden können, kann eine ambulante Sauerstofftherapie in Erwägung gezogen werden.
Die Entscheidung über die Antikoagulationstherapie soll individuell, von Patient zu Patient getroffen werden, da keine robusten Daten vorliegen (25). Antikoaguliert werden sollen alle Patienten mit CTEPH und gewisse Patienten mit IPAH. Bei PAH mit systemischer Sklerose konnte sogar eine Mortalitätserhöhung den antikoagulierten Patienten nachgewiesen werden und ein negativer Effekt der Antikoagulation fand sich auch bei Patienten mit Lungenfibrose (26).
Bei Patienten mit pulmonal-vaskulären Krankheiten (PAH und CTEPH) wie bei fast allen PH-Formen konnte eine Verbesserung der Lebensqualität und der körperlichen Belastbarkeit durch eine sehr gezielte physische Aktivität und/oder Physiotherapieprogramme in Studien gezeigt werden (20). Eine moderate körperliche Aktivität ist daher im Rahmen der Symptome empfehlenswert, sofern sie nicht zur Dyspnoe oder thorakalen Schmerzen führen. Bei dekonditionierten Patienten kann eine überwachte Physiotherapie im stationären Setting empfohlen werden (27).
Aufgrund des chronischen Krankheitsverlaufs und erhöhten Gefahrensituation sollen alle Patienten gegen Influenza, Covid-19 und Pneumococcus geimpft werden (28). Jeden Patienten soll dringlich der Rauchstopp nahegelegt werden. Ein normaler Body Mass Index, sowie eine ausgewogene Diät sind wünschenswert. Viele Patienten brauchen psychologische Unterstützung, um eine Angststörung oder depressive Episode vermeiden zu können (27).

Therapie der PAH (Gruppe 1): Spezifische Therapie

Die spezifische PAH Therapie der PAH und CTEPH soll nur in spezialisierten Zentren eingeleitet werden, dies ist aufgrund der Komplexität der Diagnose und Therapie angebracht. Der Therapieverlauf soll zudem regelmässig mittels geeigneten Tests insbesondere Sechs-Minuten-Gehtest, Funktionsfragebögen, Echokardiografie, Spiroergometrie, ggf. Herz-MRI oder Wiederholung der Rechtsherzkatheteruntersuchung überwacht werden.
Die Vasoreaktivitätstestung wurde vorher schon erwähnt. Bei positivem Resultat werden die Patienten mittels einem Kalziumantagonist (Amlodipin, Nifedipin, Diltiazem, Felodipin) behandelt mit langsamer Auftitrierung bis zu einer höhen Dosis (z.B. Amlodipin Startdosis 5 mg, Zieldosis 15-30 mg/Tag). Eine Reevaluation der Therapieantwort ist nach 3-4 Monaten indiziert, bei fehlender Wirkung muss prompt auf eine spezifische PAH-Therapieoption umgestellt werden.
Bei negativer Vasoreaktivitätstestung oder bei Patienten ohne diesbezügliche Indikation werden PAH-spezifische Therapien eingesetzt.
Die folgenden Substanzen sind für die Therapie der PAH und zum Teil auch für die CTEPH zugelassen und wirken auf die drei pathophysiologischen Pathways: NO-sGC-cGMP Pathway: Phosphodiesterase-5-Hemmer (Sildenafil, Tadalafil, Vardenafil), und Stimulator der löslichen Guanylatcyclase (Riociguat), Endothelin-Pathway: Endothelin-Rezeptor-Antagonisten (Ambrisentan, Bosentan, Macitentan), Prostacyclin-Pathway: Prostacyclin-Analoga (Iloprost, Epoprostenol, Treprostinil) und Prostacyclin-Rezeptor-Agonisten (Selexipag) (29).
Der Algorithmus der zuletzt erschienenen Guidelines (ESC/ERS Guidelines 2022, (2)) unterscheidet Patienten ohne und mit kardiopulmonalen Komorbiditäten. Bei Patienten ohne kardiopulmonale Komorbiditäten wird eine Risikostratifizierung durchgeführt. Wenn der Patient sich in der tiefen oder intermediären Risikogruppe befindet, wird eine orale Doppeltherapie mit Endothelin-Rezeptor Antagonist und Phosphodiesterase-5-Hemmer begonnen. Bei Patienten in hoher Risikogruppe wird diese Therapie zusätzlich mit intravenösen oder subkutanen Prostazyklin-Analoga initiiert.
Regelmässige klinische Kontrollen, Reevaluation des klinischen Ansprechens und Assessment der Risikoklasse sind zentral und sollen alle 3-6 Monate stattfinden. Wenn die Patientin sich in der tiefen Risikoklasse befindet, kann die Therapie unverändert belassen werden. Wenn die Patientin in einer intermediären oder höheren Risikogruppe sich befindet, kann entweder ein Prostazyklin-Rezeptor-Agonist oder ein Switch von Phosphodiesterase-5-Hemmer zum Stimulator der löslichen Guanylatcyclase vorgenommen werden. Bei Patientinnen die sich klinisch verschlechtern, werden intravenöse oder subkutane Prostazyklin Analoga verabreicht.
Die intravenös verabreichten Prostanoide (häufig kommt Treprostinil zum Einsatz) werden durch einen zentral venösen Katheter kontinuierlich appliziert, mit der Hilfe einer Infusionspumpe (28) oder durch die Implantation einer subkutanen Lenus-Pro-Pumpe mit monatlichem Ausfüllen. Die Hauptnebenwirkungen sind Kieferschmerzen,
Diarrhoe, Flush und Gelenkschmerzen. Das subkutane Treprostinil ist eine mögliche Alternativtherapie.
Die Lungentransplantation bedeutet das ultima ratio für Patientinnen mit refraktärer PH. Aufgrund den erreichbaren, effektiven Therapiemöglichkeiten ist die Zahl an Lungentransplantationen mit dieser Indikation reduziert.
In der Risikostratifizierung finden sich klinische Kriterien (Zeichen einer Rechtsherzinsuffizienz, Progression den Symptomen, Synkope, NYHA-Klasse), Kriterien aus Belastungstesten (Gehstrecke während des Sechs-Minuten- Gehtestes, Leistungsfähigkeit in der Spiroergometrie), Laborwerte (BNP, NT-proBNP), echokardiographische Werte (rechtsventrikuläre Funktion, Perikarderguss), MRI-Messungen und hämodynamische Werte. Alle Kriterien wurden aufgrund ihrer prognostischen Werte selektioniert. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass sich die Prognose zwischen den verschiedenen Risikoklassen stark voneinander unterscheidet. Therapieziel muss es deshalb sein, die Patient*Innen in eine tiefere Risikoklasse zu bringen(2).
Die Komorbiditäten, die eine PH verschlechtern können, sollten ebenfalls behandelt werden. Die Begleitung und Betreuung durch spezialisierte Pflegefachpersonen ist bei dieser komplexen Therapien sehr hilfreich und von den Patient*Innen entsprechend positiv erlebt.

Neue Therapiemöglichkeiten

Die bereits erwähnten Mutationen im BMPR2 könnten zukünftig eine gezielte Therapie ermöglichen. Das Präparat Sotatercept soll in diesem Kontext das Gleichgewicht zwischen den wachstumsfördernden Aktivin Pathway und den wachstumshemmenden BMP Pathway wiederherstellen. Eine Phase-2-Studie hat bereits einen positiven, senkenden Effekt auf den pulmonalen vaskulären Widerstand gezeigt (30). Die aktuell laufende STELLAR-Studie (Phase 3) untersucht den Einfluss dieses Effekts auf die Belastungskapazität und Symptome (31).

Zurück zum Vignette-Fall

Die Patientin mit Sklerodermie wurde mittels Rechtsherzkatheter-Untersuchung weiter abgeklärt. Es zeigte sich eine prä-kapilläre PH: mPAP 32 mmHg, PAWP 8 mmHg, CO 3.8 l/min, CI 2.3 l/min/m2, PVR 6.3 WU. Das NT-pro-BNP war leicht erhöht mit 600 ng/L, klinisch mit einer Dyspnoe NYHA Grad II. Die ergänzenden Untersuchungen konnten eine Lungenfibrose, chronische Lungenembolie, HIV und Linksherzkrankheit ausschliessen. Die Patientin befindet sich in der tiefen bis intermediären Risikogruppe. Eine orale Doppeltherapie mit Tadalafil und Macitentan wurde sequentiell begonnen und gut vertragen. Darunter verbesserte sich die Leistungsfähigkeit (Dyspnoe NYHA I, Gehstrecke 500m) und das NT-pro-BNP normalisierte sich (<300ng/L). Damit befindet sich die Patientin in einer tiefen Risikoklasse, die Therapie wird unverändert weitergeführt und Kontrollen finden alle 6 Monaten statt.

Therapie der PH Gruppe 3

Die Therapie soll die Behandlung der zugrundeliegenden pulmonalen Erkrankung erzielen. Ergänzend ist die Indikation einer nicht invasiven oder invasiven Ventilation (CPAP/BiPAP) zu stellen. Je nach individuellem Entscheid kann eine pulmonale Rehabilitation angeboten werden.

Therapie der PH Gruppe 4

Patientinnen mit bewiesener CTEPH brauchen eine lebenslange Antikoagulation. Durch ein multimodales Team soll eine interdisziplinäre Entscheidung über die weitere Therapie erfolgen. Die Operabilität soll beurteilt werden. Falls eine Operation oder eine interventionelle Ballonangioplastie nicht in die Frage kommt, soll die konservative, medikamentöse Therapie unverzüglich eingeleitet werden. Im Falle einer Operationsindikation ist eine pulmonale Endarterektomie der nächste Schritt. Bei trotzdem persistierende PH und Symptomen infolge der konkomittierenden Kleingefässkrankheit bleibt nur die langjährige medikamentöse Therapie mit regelmässigen Nachkontrollen übrig.

Therapie der PH Gruppe 2

Die einzige Therapie ist die optimale, konsequente und multimodale Therapie der Linksherzinsuffizienz. Da die Hypervolämie ein wichtiges Merkmal ist und die Abnahme der rechtsventrikulären Funktion die Prognose der Herzinsuffizienz verschlechtert spielen die Diuretika eine zentrale Rolle. Die Einsetzung den klassischen PH-Medikamente ist nicht durch Evidenz untermauert, daher nicht indiziert und könnte für diese Patienten schädlich sein (2).

Prognose

Die Prognose der PH hängt von der jeweiligen Krankheitsgruppe ab, sie ist aber grundsätzlich eingeschränkt. Die Prognose kann mittels REVEAL score oder der oben beschriebenen Risikoklassifikation abgeschätzt werden (31). Nur
57% der Patienten leben nach 5 Jahren noch (2) (32). Die Mortalität in den USA hat seit 1980 von 5,2 auf 5,4 pro 100000 zugenommen (33).
Die Krankheitsgruppe 1 hat grundsätzlich eine schlechtere Überlebensrate als die anderen Gruppen. Innerhalb der PAH hat die idiopathische Form bessere Überlebenschancen, als die mit anderen Krankheiten assoziierten Formen. Das Eisenmenger Syndrom hat eine vergleichsweise bessere Prognose. Die Gruppe 2 hat ähnliche Prognosedaten wie Patient*Innen der Gruppe 1. Die Gruppe 3 (PH assoziiert mit chronische Lungenerkrankungen) hat eine deutlich reduzierte Prognose im Vergleich zur Gruppe 1 (38 versus 59% 5-Jahres-Überlebensrate). Die Gruppe 4 (chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie) weist die beste Überlebensraten auf, nach 5 Jahren leben 67% der Patienten (34).

Konklusion

Die PH ist eine chronische Erkrankung, die oft spät diagnostiziert wird und unbehandelt eine vergleichsweise hohe Mortalität aufweist. In der Differentialdiagnose der Dyspnoe soll immer an eine PH gedacht werden. Die frühe Abklärung ermöglicht die Verdachtsdiagnose mittels TTE und Verifizierung in der Rechtsherzkatheteruntersuchung. Besonders gefährdete Krankheitsgruppen (z.B. Patient*Innen mit Sklerodermie) sollten regelmässig gescreent werden. Dank breiten Behandlungsoptionen sind die Überlebenschancen unter Therapie deutlich besser. Aufgrund der Komplexität der Erkrankung ist die Behandlung der PAH und der CTPEH in spezialisierten Zentren durchzuführen.

Dr. med. Charlotte Berlier

Klinik Innere Medizin und Pneumologie, Stadtspital Zürich Waid
Tièchestrasse 99
8037 Zürich

Charlotte.Berlier@stadtspital.ch

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Kardiale Dyspnoe

Dyspnoe wird häufig durch eine kardiale Grunderkrankung ausgelöst. Unbehandelt besteht eine schlechte Prognose. Daher sollte bei jedem Verdacht auf eine kardiale Genese oder unklarer Dyspnoe eine kardiologische Abklärung erfolgen und eine spezifische Therapie eingeleitet werden. Dieser Artikel gibt eine praxisorientierte Übersicht über die wichtigsten Abklärungsschritte, Ursachen und Therapieprinzipien.

Einleitung

Das Leitsymptom Dyspnoe ist eine häufige Fragestellung für niedergelassene wie auch Spitalärzte, und die Ursachen unterscheiden sich im ambulanten oder Spitalsetting zum Teil deutlich (1): stehen in der Hausarztpraxis eher infektiöse oder respiratorische Ursachen im Vordergrund, sind in der Notfallmedizin häufiger kardiale Gründe anzutreffen.
Dieser Artikel soll einen praxisrelevanten Überblick über die wichtigsten kardialen Ursachen, die nötigen Abklärungsschritte und die jeweilige Therapie verschaffen.

Anamnese und Status

Hauptsymptom ist eine häufig progrediente Anstrengungsdyspnoe und schnellere Ermüdbarkeit (s. Tabelle 1). In Ruhe können eindeutige pathologische Befunde fehlen. Manche Patienten meiden unbewusst körperliche Belastungen, so dass die Fremdanamnese wichtig ist und allenfalls ein Belastungstest weiterhelfen kann.
Besonderes Augenmerk sollte auf klinische Zeichen der Herzinsuffizienz und die Herz- und Lungenauskultation gelegt werden. Die Vortest-Wahrscheinlichkeit ist erhöht, wenn eine kardiale Grunderkrankung, kardiovaskuläre Risikofaktoren oder ein pathologisches Ruhe-EKG vorliegen. Ebenfalls sollten spezifische Trigger wie eine Arrhythmie, bestimmte körperliche Belastungen und andere Begleitumstände erfragt werden. In den jeweiligen Unterkapiteln wird vertieft auf spezielle Symptome eingegangen.

Diagnostische Abklärungen

Basisabklärung Hausarztpraxis: Anamnese und klinische
Untersuchung, 12-Kanal-EKG mit Rhythmusstreifen, Röntgen Thorax, breites internistisches Basislabor, inkl. NT-pro BNP
Weiterabklärung Kardiologie: Anamnese und klinische Untersuchung, Echokardiographie, ggf. rhythmologische Dia-
gnostik, ggf. Ergometrie/ Spiroergometrie, ggf. nicht-invasive Tests mit Frage nach Ischämie oder morphologischen Fragestellungen (Stress-Echokardiographie, Herz-MRI, Koronar-CT, Myokardszintigraphie), ggf. Rechts-Links-Herzkatheter.

Herzinsuffizienz als Dyspnoe-Ursache

Hintergründe

Zahlreiche medizinische Fortschritte haben zu einer deutlich höheren Lebenserwartung geführt, parallel kommt es jedoch durch die Alterung und Spätfolgen kardiovaskulärer Erkrankungen zu einem zunehmenden Auftreten der (chronischen) Herzinsuffizienz (HI).Akut kann eine HI bei einer hypertensiven Entgleisung, Arrhythmien oder einem Myokardinfarkt und anderen Triggerfaktoren (s. Tabelle 2) auftreten – insbesondere wenn das Herz bereits vorbelastet ist. Die Mortalität ist hoch und steigt mit jeder Hospitalisation. Innerhalb von 5 Jahren sterben 50%
der Betroffenen.

Anamnese und Status

Das Kardinalsymptom Dyspnoe äussert sich in leichteren Fällen nur bei körperlicher Anstrengung, in einem fortgeschrittenen Stadium kommt es zu einer zunehmenden Leistungsintoleranz und schnelleren Ermüdbarkeit, Nykturie sowie paroxysmal auftretender nächtlicher Dyspnoe im Liegen bis hin zu einer Ruhedyspnoe. Häufig bestehen Halsvenenstauung, Beinödeme und Inappetenz (s. Tabelle 1).

Diagnostik

Der Algorithmus der European Society of Cardiology (2, Abbildung 1) sieht bei typischen klinischen Zeichen und Symptomen der HI eine Bestimmung der natriuretischen Peptide vor. Bei tiefen Werten ist eine HI mit hoher Sicherheit ausgeschlossen (NT-pro BNP <125pg/ml oder BNP <35pg/ml). Im anderen Fall sollte mit einer Echokardiographie eine strukturelle Herzkrankheit gesucht werden. Der echokardiographische Phänotyp stellt die Weichen zur weiteren differentialdiagnostischen Abklärung. Die Bestimmung der linksventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF) ist wesentlich zur Festlegung der weiteren Therapie (Abbildung 2). Die Diagnose einer HI mit erhaltener Pumpfunktion kann bei fehlenden Stauungszeichen mithilfe von validierten Scores wie dem H2FPEF-Score (3) (s. Tabelle 3) erleichtert werden.

Therapie

Bei einer Herzinsuffizienz mit reduzierter linksventrikulärer Pumpfunktion (LVEF <40%, HFrEF) besteht die Basistherapie aus vier Medikamenten, die in den jeweiligen Studien zu einer Mortalitätssenkung und Reduktion der Hospitalisationsrate geführt haben: ACE-Hemmer oder Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitoren (ARNI), kardioselektive Betablocker, Mineralokortikoid-Rezeptorantagonisten und Sodium-Glukose-Cotransporter 2 (SGLT2) -Inhibitoren. Im Gegensatz zu früheren Empfehlungen soll heutzutage diese Kombinationstherapie nach spätestens vier Wochen etabliert sein und gemäss Verträglichkeit auf die empfohlenen Zieldosierungen auftitriert werden. Bezüglich der Reihenfolge der Medikamente empfiehlt sich eine individualisierte Herangehensweise, um Nebenwirkungen wie eine symptomatische Hypotonie, zunehmende Niereninsuffizienz oder Elektrolytstörungen zu vermeiden (2). Die Dosierung der Diuretika richtet sich nach dem klinischen Bedarf.
Reversible Ursachen wie ein primäres schwergradiges Klappenvitium sollten interventionell oder chirurgisch beseitigt werden (s. Abschnitt Klappenvitien). Ist eine koronare Herzkrankheit Ursache der HI, hat die chirurgische Myokardrevaskularisation mit optimaler medikamentöser Therapie die aktuell beste Evidenz bezüglich Überleben und Rehospitalisationsrate (4), für eine perkutane Revaskularisation ist dies nicht belegt (5). Für die kardiale (ATTR-) Amyloidose steht mit Tafamidis eine spezifische, jedoch sehr teure Therapie zur Verfügung (6). Bei persistierender Funktionseinschränkung des linken Ventrikels muss zur Vorbeugung des plötzlichen Herztodes durch maligne ventrikuläre Arrhythmien ein implantierbarer Cardioverter-Defibrillator und bei breitem Linksschenkelblock eine kardiale Resynchronisationstherapie mit oder ohne Defibrillator diskutiert werden (2).
Bei einer Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion (LVEF > 50% und strukturelle Herzveränderungen, HFpEF) gibt es neu sehr gute Evidenz für die Klasse der SGLT2-Inhibitoren Dapagliflozin und Empagliflozin bezüglich der Senkung von Mortalität und Hospitalisation (7,8). ACE-Hemmer, Sartane, ARNI und Betablocker sind bei HFpEF ungenügend wirksam (2).

Bei einer Herzinsuffizienz mit einer linksventrikulärePumpfunktion im mittleren Bereich zwischen 40 und 50% (HFmrEF) ist die Studienlage zur Zeit noch spärlich (2). Es gibt jedoch viele Hinweise aus Subanalysen, dass die HFrEF-Therapie wirksam ist. Die aktuelle DELIVER-Studie schloss HFmrEF-Patienten bis zu einer LVEF von 40% ein und zeigte dort den gleichen, konsistenten Benefit von Dapagliflozin wie in anderen Patientengruppen (7). Somit können SGLT2-Hemmer bei allen HI-Patienten bei fehlenden Kontraindikationen eingesetzt werden.

Prognose

NYHA-Stadium, Ausmass der Kontraktionseinschränkung der Ventrikel, begleitende Klappenvitien, Komorbiditäten wie Niereninsuffizienz, ein ungenügender Therapieausbau, Hospitalisationen u.v.m. haben direkten Einfluss auf die Prognose der Patientinnen und Patienten.

Arterielle Hypertonie

Hintergrund

Die arterielle Hypertonie (AH) ist eine heutzutage gut behandelte Volkskrankheit geworden. Dennoch kommt es häufig zu morphologischen Veränderungen des Herzens – einerseits als Frühschaden, wenn der Bluthochdruck zu spät erkannt und therapiert wird und andererseits als Spätfolge insbesondere bei nicht optimal erreichten Zielwerten.
Akut kann eine hypertensive Krise ein Lungenödem durch eine stark erhöhte Nachlast durch arterielle Vasokonstriktion und/oder durch eine Volumenverschiebung aus dem Splanchnikusgebiet auftreten (9). Ebenfalls kann ein ungenügend eingestellter Blutdruck unter körperlicher Belastung exazerbieren und zu Dyspnoe und thorakalem Druckgefühl führen.

Kardiale Spätfolgen der AH sind häufig eine linksventrikuläre Hypertrophie, diastolische Dysfunktion mit der möglichen Konsequenz einer Herzinsuffizienz sowie eine koronare Herzerkrankung und Vorhofflimmern.

Anamnese

Oft haben Patienten keine spezifischen Symptome und die AH wird zufällig entdeckt. Hypertonie-assoziierte Beschwerden sind Kopfschmerzen, Thoraxschmerzen und Dyspnoe. Bei neuentdeckter AH und begleitender Dyspnoe sollte bei fehlender Verbesserung unter optimaler Therapie eine kardiologische Evaluation zur Suche weiterer Dyspnoegründe erfolgen. Bei langjährig bekannter AH sollte die medikamentöse Compliance und die ambulante Blutdruckeinstellung evaluiert werden.

Diagnostik

Blutdruckmessungen in der Arztpraxis oder ambulante Selbstmessungen. Ggf. ambulante 24-Stunden-Blutdruckmessung. 12-Kanal-Ruhe-EKG: linksventrikulären Hypertrophie, Vorhofflimmern, Hinweise auf KHK?
Hypertensive Folgeschäden evaluieren: Nieren, Augen, Neurologie Kardiologische Abklärung als Standortbestimmung oder bei fehlender Verbesserung trotz adäquater Therapie.

Therapie

Die Blutdrucktherapie sollte sich an den aktuellen ESC-Richtlinien (10) und an den Komorbiditäten orientieren.

Koronare Herzkrankheit

Hintergrund

Bei koronarer Herzkrankheit (KHK) entwickeln bis 40% der Patienten eine Herzinsuffizienz. Einerseits akut/subakut im Rahmen eines Myokardinfarktes (kardiogener Schock, Papillarmuskelabriss Mitralklappe) oder chronisch durch eine ischämische Kardiomyopathie oder eine ischämische Mitralklappeninsuffizienz.
Neben fokaler epikardialer Stenosen kann die Myokardperfusion speziell bei Diabetikern oder ausgeprägter Atherosklerose diffus oder auf kapillärer Ebene («small vessel disease») beeinträchtigt sein und zu Dyspnoe und Angina pectoris führen (11).

Anamnese

Kardinalsymptom ist die Angina pectoris, seltener kommt es zu einer Dyspnoe als Angina-pectoris-Äquivalent, bei der häufiger proximale Koronarstenosen zu finden sind (12).
Akut kann Dyspnoe bei einem grossen Myokardinfarkt oder einer Herzinsuffizienz auftreten.

Diagnostik

Bei Dyspnoe unklarer Ätiologie und erhöhtem kardiovaskulären Risikoprofil sollte nach einer kardiologischen Basisabklärung eine myokardiale Ischämie, resp. Koronarstenosen am besten mit einem nicht-invasiven Test wie Stress-Echokardiographie, Herz-MRI, Myokardszintigraphie oder einem Koronar-CT gesucht werden.
Bei bekannter KHK empfiehlt sich eine Echokardiographie zum Ausschluss neuer Wandbewegungsstörungen oder Klappeninsuffizienz sowie zur Bestimmung der linksventrikulären Funktion. Niederschwellig erfolgt ein nicht-invasiver Ischämietest bei fehlender anderer Erklärung der Dyspnoe.
Bei Dyspnoe in Kombination mit Angina pectoris sollte ohne weiteren Test eine Koronarangiographie erfolgen, sonst nur bei Ischämienachweis in der nicht-invasiven Bildgebung. Bei einem Myokardinfarkt mit kardiogenem Schock ist eine Notfall-Koronarangiographie indiziert.

Therapie

Bei symptomatischen Koronarstenosen sollte neben der medikamentösen Therapie eine perkutane transluminale Koronarangioplastie mit Stenteinlage (PTCA) und in ausgewählten Fällen die aortokoronare Bypass-Chirurgie (ACBP) evaluiert werden.
Bei diffuser Koronarsklerose ohne Bypass-fähige Anschlussgefässe oder einer small-vessel-disease steht die pharmakologische Therapie mit Antianginosa im Vordergrund (Betablocker, Kalziumantagonisten)(11).
Falls eine KHK Ursache einer Herzinsuffizienz mit eingeschränkter Pumpfunktion ist, stellt die ACBP zusammen mit einer optimal ausgebauten Herzinsuffizienztherapie die beste Therapieoption bei geeigneten Patienten dar, da trotz anfangs höherer Mortalität in der Operationsgruppe über 10 Jahre ein deutlicher Überlebensvorteil besteht (4).

Klappenvitien

Hintergrund

Die Herzklappen gewährleisten durch ihre Ventilfunktion einen nach vorwärts gerichteten Blutfluss und fördern dabei im Herzzyklus die optimale Füllung und Entleerung der jeweiligen Herzkammern.
Die Aorten- und Pulmonalklappe sind sog. Taschenklappen, die sich abhängig von den Druck- und Flussverhältnissen passiv öffnen und schliessen. Die Aortenklappe ist dem höchsten mechanischen Stress ausgesetzt und hat häufig degenerative Veränderungen bis hin zur Stenose. Bei bikuspiden Aortenklappen geschieht dies deutlich schneller. Durch Degeneration und/oder Dilatation des Aortenannulus kann es zur Insuffizienz kommen.
Die Mitral- und Trikuspidalklappe sind als Segelklappen anatomisch und funktionell komplexer aufgebaut. Die funktionelle Einheit besteht aus Klappensegeln, Annulus und dem subvalvulären Apparat mit Sehnenfäden und Papillarmuskeln. Die Funktionsstörung einer Ebene kann das gesamte Klappengefüge stören und zur Dysfunktion führen.
Prinzipiell wird zwischen primären und sekundären Klappenvitien unterschieden:
Bei primären Vitien führt eine primäre Störung des Herzklappenapparates zur Fehlfunktion der Klappe. Ein klassischer Fall wäre eine akute Herzinsuffizienz wegen eines akuten Sehnenfadenabrisses bei vorbestehendem Mitralklappenprolaps oder eine langsam fortschreitende Aortenklappenstenose.
Sekundäre Vitien entstehen auf dem Boden einer Störung des Herzens selbst (z.B. durch eine Erweiterung des Mitralklappenannulus mit geringerer Koaptationsfläche beider Mitralsegel bei dilatativer Kardiomyopathie).

Anamnese

Typischerweise verursachen Klappenvitien anstrengungsabhängige Symptome, können aber in einem fortgeschrittenen Stadium auch in Ruhe symptomatisch sein und sich als akute Herzinsuffizienz präsentieren. In der Regel kommt es zu einer langsam progredienten Leistungsintoleranz und Dyspnoe. Akute Verschlechterungen treten oft sekundär wie z.B. bei einer Tachyarrhythmie oder Infektion auf.
Klassische Symptome der schweren Aortenklappenstenose sind Schwindel oder Synkope bei körperlicher Anstrengung, Angina pectoris und Herzinsuffizienz. Rechtsherzinsuffizienzzeichen wie Beinödeme, gestaute Halsvenen, Inappetenz durch gastrische und hepatische Stauung sowie Aszites können bei schwerer Trikuspidalklappeninsuffizienz auftreten. Pulmonalklappenvitien sind bei Erwachsenen eher selten relevant.

Diagnostik

Der wegweisende Befund bleibt die klassische Herzauskultation, bei der ein Grossteil relevanter Klappenvitien festgestellt werden kann. Eine schwere Aortenklappenstenose oder Mitralklappeninsuffizienz werden dadurch selten überhört werden. Hingegen können diastolische Geräusche auskultatorisch wenig eindrücklich sein.
Die Lautstärke des Systolikums sagt nichts über den Schweregrad des Klappenvitiums aus.
Niedrigfrequente Herzgeräusche stellen bei fehlenden Symptomen oder klinischen Zeichen einer Herzinsuffizienz meist keine relevante Pathologie dar, wohingegen jedes hochfrequente Systolikum, jedes Diastolikum und jedes Herzgeräusch mit Herzinsuffizienzsymptomen oder Fieber weiter kardiologisch abgeklärt werden sollte.
Mit der (transthorakalen) Echokardiographie können sämtliche Herzvitien zuverlässig erkannt, die Ätiologie geklärt und die Schwere des Vitiums graduiert werden. Wichtige prognostische Zusatzinformationen wie Funktion, Morphologie und Grösse beider Ventrikel, eine pulmonale Hypertonie sowie Hinweise auf eine Stauung (Vena cava inferior, Pleuraergüsse) werden unkompliziert erfasst. Bei spezifischen Fragestellungen oder ungenügender Bildqualität kann die transoesophageale Echokardiographie Licht ins Dunkel bringen.

Therapie

Die Behandlung richtet sich prinzipiell nach den klinischen Beschwerden, Schweregrad und Pathoanatomie des Vitiums und der linksventrikulären Funktion (13).
In der Regel führen erst schwergradige Klappenvitien zu entsprechenden Symptomen.
Sekundäre Faktoren wie eine tachykarde Herzrhythmusstörung (v.a. Vorhofflimmern), eine Anämie oder eine Infektion können auch mittelschwere Vitien symptomatisch werden lassen. Hier sollte zuerst der sekundäre Faktor verbessert und die medikamentöse Therapie optimiert werden, bevor ein Klappeneingriff diskutiert werden sollte.
Bei polymorbiden und betagten Patienten finden sich häufig mehrere Gründe für eine Dyspnoe, so dass es im Einzelfall schwierig werden kann, eine einzige kausale Ursache zu identifizieren. Hier empfiehlt sich eine pragmatische Herangehensweise.
Primäre, symptomatische Klappenvitien müssen in der Regel durch eine Korrektur der Klappenpathologie therapiert werden – d.h. einer Klappenrekonstruktion oder einem -ersatz. Heutzutage steht eine Vielzahl an klassischen herzchirurgischen wie auch interventionellen Verfahren zur Verfügung, deren Einsatz abhängig von Anatomie, Begleiterkrankungen und Lebensalter ist. Über die für die Patienten am besten geeignete Modalität findet in der Regel eine lebhafte Diskussion im gemeinsamem Rapport der Kardiologie und Herzchirurgie statt.
Sekundäre, symptomatische Vitien verbessern sich oft durch eine Behandlung der Grunderkrankung – so kann beispielsweise bei einer Herzinsuffizienz mit sekundärer Mitralklappeninsuffizienz der Schweregrad und die entsprechende Symptomatik deutlich durch einen Ausbau der medikamentösen Herzinsuffizienztherapie – insbesondere durch eine adäquate Diuretikadosierung und Senkung der Nachlast – verbessert werden. Falls dies nicht zum gewünschten Erfolg führt und die Herzerkrankung noch nicht zu weit fortgeschritten ist, bestehen auch hier chirurgische und interventionelle Therapieverfahren zur Verfügung.
Die aktuellen Richtlinien der European Society of Cardiology geben einen guten Überblick über Behandlungsindikationen und Entscheidungsalgorithmen (13).

Prognose

Unbehandelte schwere Klappenvitien mit Symptomen oder einer linksventrikulären Dysfunktion haben eine schlechte Prognose und sollten frühzeitig behandelt werden. Komplexer wird die Situation bei einem schwergradigem Klappenvitium ohne subjektive Beschwerden: abhängig vom Klappenvitium existieren Evidenz-abgestützte Empfehlungen, ab welchen morphologischen oder klinischen Parametern eine Klappenkorrektur erforderlich ist.

Rhythmogene Dyspnoe-Ursachen

Hintergründe

Eine elektrisch koordinierte Kontraktion des Herzmuskels ermöglicht einerseits die optimale Füllung in der Diastole und andererseits die Entleerung der Ventrikel in der Systole. Zusätzlich wird die Herzaktion durch das vegetative Nervensystem und humorale Faktoren reguliert. Tachy- wie auch bradykarde Rhythmusstörungen können diese Abläufe negativ beeinflussen.

Anamnese

Neben dem Auftreten von Herzinsuffizienzsymptomen können Beschwerden wie schnellere Ermüdbarkeit und Leistungsintoleranz sowie Schwindel, Palpitationen oder Synkopen auftreten.

Diagnostik

12-Kanal-Ruhe-EKG als Basis.
Niedrigschwellig Langzeit-EKG (ein-bis-sieben-Tage-EKG, implantierbare Looprekorder mit Untersuchungszeitraum bis 4,5 Jahre; Abfrage Ereignisspeicher Herzschrittmacher oder Defibrillatoren; künstliche Intelligenz in «wearables»). Belastungs-EKG bei Verdacht auf belastungsinduzierte Arrhythmien.

Tachykarde Rhythmusstörungen

Vorhofflimmern

Vorhofflimmern ist die häufigste Arrhythmie im höheren Lebensalter und führt bei dekompensierter Herzinsuffizienz oft zur Hospitalisation.
Jüngere, aktive Menschen spüren meist unmittelbar eine Leistungseinbusse, hingegen haben ältere PatientInnen häufig nur Symptome bei einer ausgeprägter Tachykardie. Knapp 50% der Betroffenen bemerken keinen unregelmässigen Puls. Daher ist die Anamnese alleine zur Diagnosestellung unzuverlässig, sondern sollte immer mit einem 12-Kanal- oder Langzeit-EKG verifiziert werden.
Bei neudiagnostiziertem Vorhofflimmern empfiehlt sich eine kardiologische Abklärung, um eine strukturelle Herzerkrankung zu suchen und eine spezifische Behandlung einleiten zu können. Die Therapie richtet sich prinzipiell nach den Symptomen und der Herzfunktion. Junge und relativ gesunde Patienten profitieren von einer Rhythmuskontrolle, wobei initial eine Elektrokonversion durchgeführt werden kann und niederschwellig eine interventionelle Ablationsstrategie mit Pulmonalvenenisolation (PVI) evaluiert werden sollte (14).
Langdauerndes unbehandeltes tachykardes Vorhofflimmern kann zu einer dilatativen Kardiomyopathie führen («Tachykardiomyopathie»), die bei optimaler pharmakologischer Therapie mit Rhythmuskontrolle reversibel sein kann.
Bei ausgewählten Patienten mit einer Herzinsuffizienz mit eingeschränkter Pumpfunktion kann nach vorheriger medikamentöser Therapieoptimierung eine PVI die Mortalitäts- und Rehospitalisationsrate bis zu 38% senken (15). Ältere Patienten benötigen häufig nur eine gute Herzfrequenzkontrolle, die primär mit einem Betablocker o.ä. erzielt werden kann. Sollte bei Akut-Patienten eine instabile Hämodynamik vorliegen, sind Betablocker kontraindiziert, und es sollte eine Elektrokonversion oder Therapie mit Amiodarone evaluiert werden.
Besteht ein bradykardes Vorhofflimmern oder ein Tachykardie-Bradykardie-Syndrom, kann eine Herzschrittmacherimplantation als Bradykardieschutz und zur Wiederherstellung der Chronotropie nötig werden.
Da ebenfalls das Risiko von cerebralen oder peripheren Embolien erhöht ist, muss bei jedem Patienten ein Screening der Risikofaktoren gemäss CHA2DS2Vasc-Score erfolgen und eine therapeutische Antikoagulation evaluiert werden.

Herzschrittmacher und Dyspnoe

Herzschrittmacher werden bei bradykarden Herzrhythmusstörungen und biventrikuläre Systeme zur kardialen Resynchronisation bei Herzinsuffizienz mit eingeschränkter Pumpfunktion eingesetzt (16).
Bei Auftreten von Dyspnoe sind schrittmacherassoziierte von herzkrankheitbedingten Ursachen abzugrenzen. Fehlfunktionen des Schrittmachersystems müssen ausgeschlossen werden, auch wenn dies selten der Fall ist. Der Speicher des Herzschrittmachers kann Auskunft über neue Arrhythmien wie Vorhofflimmern, dem Ausmass ventrikulärer Extrasystolie oder Kammertachykardien, aber auch den prozentualen Anteil der Schrittmacherstimulation geben. Es empfiehlt sich, die programmierten Parameter zu überprüfen und zu adaptieren. Beispielsweise kann der Schrittmacher bei einer suboptimalen Sensoreinstellung das Herzfrequenzverhalten nicht gemäss Aktivitätsniveau des Patienten steuern. Sind die AV- und andere Intervalle unzureichend programmiert, kann der Schrittmacher in höheren Herzfrequenzbereichen einen 2:1-Block mit entsprechender Halbierung der Herzfrequenz induzieren und entsprechende Symptome auslösen.
Wenn hier keine Ursache zu finden ist, sollte eine Echokardiographie neue Klappenvitien, regionale Wandbewegungsstörungen (als Ausdruck eines zwischenzeitlichen Myokardinfarkts) und eine Verschlechterung der Pumpfunktion ausschliessen. Herkömmliche Schrittmachersysteme induzieren eine unphysiologische rechtsventrikuläre Erregung und können dadurch bei häufiger ventrikulärer Stimulation eine Schrittmacher-induzierte Kardiomyopathie auslösen. Nach einer Optimierung der Schrittmachereinstellungen zur Reduktion der ventrikulären Stimulationsrate und einem Ausbau der Herzinsuffizienztherapie kann bei fehlender Verbesserung in einigen Fällen eine Erweiterung auf ein biventrikuläres Schrittmachersystem nötig werden. Neue Therapieansätze wie eine gezielte Stimulation des Reizleitungssystems (17) könnten diese Problematik verbessern, klärende Studien dazu sind jedoch noch ausstehend.

Bradykarde Rhythmusstörungen und chronotrope Inkompetenz

Kann bei einer körperlichen Belastung die Herzfrequenz und damit das Herzzeitvolumen nicht adäquat gesteigert werden, spricht man von einer chronotropen Inkompetenz.
Ursächlich besteht oft eine Sinusknoten-Dysfunktion («Sick-sinus-Syndrom»), die durch altersabhängige Fibrose und Degeneration des Sinusknotens und der Vorhöfe entsteht.
Nicht selten bestehen begleitend auch tachykarde Rhythmusstörungen wie Vorhofflimmern oder atriale Tachykardien, die eine medikamentöse Frequenzkontrolle nötig machen und daher einen häufigen Grund für eine Herzschrittmacherimplantation als Bradykardieschutz darstellen .
Abzugrenzen davon sind extrinsisch verursachte Bradykardien bei beispielsweise Elektrolytstörungen, Hypothyreose, erhöhtem Vagotonus oder iatrogen unter bradykardisierender Therapie. Hier sollte zuerst die Grundproblematik evaluiert und entsprechend behandelt werden.

 

Dr. med. Tobias Höfflinghaus

Klinik Innere Medizin und Kardiologie
Stadtspital Zürich Waid
Tièchestrasse 99
8037 Zürich

tobias.hoefflinghaus@stadtspital.ch

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Pulmonale Dyspnoe

Eine 59-jährige Patientin stellt sich mit zunehmender Anstrengungsdyspnoe seit einigen Monaten vor, sobald sie schnell gehen oder bergaufsteigen müsse, komme sie schnell ausser Atem. Vor mehr als 10 Jahren sei ein Asthma von ihrem damaligen Hausarzt diagnostiziert worden, Vorbefunde liegen keine vor. Die inhalative Therapie mit einem Kortisonpräparat habe sie nur unregelmässig bei störender Heiserkeit (Beruf: Sängerin) angewendet. Husten, Auswurf und rhinokonjunktivitische Beschwerden werden verneint. Geraucht habe sie gelegentlich, allerdings wird eine regelmässige Passivrauch-Exposition beschrieben. Als Jugendliche habe sie Neurodermitis gehabt, bekannte Allergien: Pollen (Gräser, Hausstaubmilben, Hundepithelien). Lungenfunktionell imponiert eine schwere obstruktive Ventilationsstörung ohne vollständige Reversibilität nach Bronchodilatation.

Einleitung

Dyspnoe ist eines der häufigsten Symptome bei Patienten mit akuten und chronischen Lungenerkrankungen. Aufgrund des subjektiven Charakters der Atembeschwerden kann sich die Diagnosestellung als sehr herausfordernd darstellen, dennoch lässt eine genauere «Sprachanalyse» der Dyspnoe Rückschlüsse auf die zugrundliegende Erkrankung des Atmungsorgans zu (2). Erschwerend kann eine multifaktorielle und überlappende Ätiologie auch mit extrapulmonalen Grunderkrankungen hinzukommen. Ähnlich wie beim Schmerz existieren keine wahren objektiven Messparameter der Dyspnoe: Sowohl Atemnot als auch Schmerz werden nur von derjenigen Person wahrgenommen, die sie empfindet. Das Vorliegen von Atemnot hat sich nicht nur bei chronischen pulmonalen Erkrankungen als Mortalitätsprädiktor erwiesen (3), sondern auch bei hospitalisierten Patienten unabhängig von der zugrundliegenden Erkrankung, je ausgeprägter die Atemnot, desto höher das Mortalitätsrisiko (4). Im Gegensatz zur Dyspnoe zeigten Schmerzen, die bei hospitalisierten Patienten standardisiert erhoben werden, in dieser grossangelegten Studie interessanterweise jedoch keinen Zusammenhang mit einem schlechten Outcome. Meistens liegen Dyspnoe kardiale oder pulmonale Ätiologien zu Grunde. Häufige ursächliche pulmonale Erkrankungen sind neben broncho-pulmonalen Infekten: Asthma bronchiale, chronisch obstruktive Pneumopathie (COPD) und interstitielle Lungenerkrankungen. Das Symptom «Dyspnoe» sollte nicht nur im medizinischen Kontext der pulmonalen Grunderkrankung gewertet werden, sondern ganzheitlich mit seinen Auswirkungen auf die Funktionalität im privaten sowie beruflichen Leben. Folgeerscheinungen wie die Abnahme der körperlichen Aktivität mit konsekutiver Dekonditionierung, Depressionen und Angstzustände sowie eine etwaige Arbeitsunfähigkeit gilt es frühzeitig zu erkennen und im therapeutischen Management zu berücksichtigen.

Definition

Dyspnoe (von altgriechisch δυσ dys ‚schwierig‘ und πνοή pnoe ‚Atmung‘) wird umgangssprachlich auch als Atem- oder Luftnot bezeichnet, ferner werden die Begriffe Atemlosigkeit, Luftnötigkeit, Kurzatmigkeit oder Lufthunger verwendet. In einem Konsensus Statement der American Thoracic Society wurde Dyspnoe als eine «subjektive Wahrnehmung von Atembeschwerden, die sich aus qualitativ unterschiedlichen Empfindungen unterschiedlicher Intensität zusammensetzen» definiert (5). Dabei wurde postuliert, dass dieses subjektive Empfinden «durch das Zusammenspiel mehrerer physiologischer, psychologischer, sozialer und umweltbedingter Faktoren entsteht und sekundäre physiologische und verhaltensbezogene Reaktionen hervorrufen kann». Dyspnoe stellt damit als Sammelbegriff für subjektive, multifaktorielle Atembeschwerden ein komplexes Leitsymptom dar. Zusätzlich besteht eine zeitliche Definition: Akute Dyspnoe entwickelt sich innerhalb von wenigen Minuten bis Stunden, chronische Dyspnoe entsteht über mindestens mehrere Wochen. Des Weiteren muss eine akute Verschlechterung von einer chronischen Dyspnoe («acute-on-chronic») unterschieden werden.

Grundlagen

Pulmonale Dyspnoe kann im Wesentlichen auf Störungen im Gasaustausch und Störungen der Atemmuskelpumpe zurückgeführt werden. Die genaue Pathophysiologie und insbesondere neurophysiologische Zusammenhänge der Dyspnoe sind bis dato nicht abschliessend geklärt, komplexe Interaktionen von multiplen afferenten und efferenten Signalen des zentralen und autonomen Nervensystems führen zu einer Stimulation des zentralen Atemzentrums mit konsekutiver Steigerung der Ventilation sowie resultierenden Atembeschwerden und «Lufthunger» (6). Es wird vermutet, dass Atembeschwerden bei chronischen Lungenerkrankungen durch eine individuelle Anpassung des Grund-Atemmusters durch die zentrale Atemregulation reduziert werden: Patienten mit schwerer obstruktiver Ventilationsstörung atmen tendenziell langsam und tief, wohingegen Patienten mit restriktiven Ventilationsstörungen eine schnelle, flache Atmung aufweisen (7).

Störungen im Gasaustausch

Der pulmonale Gasaustausch findet zwischen den Alveolen und dem Kapillarbett statt und beruht auf einem optimalen Zusammenspiel von Ventilation, Perfusion und Diffusion. Störungen des Gasaustauschs resultieren in einer Hypoxämie (Respiratorische Insuffizienz Typ I, früher Partialinsuffizienz) mit begleitender Normo- oder Hypokapnie. Wichtigste Ursachen sind Verteilungsstörungen mit Ventilations-Perfusions-Inhomogenitäten (z.B. bei obstruktiven Atemwegserkrankungen, Atelektasen), Diffusionsstörungen (z.B. pulmonal-parenchymatöse Erkrankungen, Lungenemphysem) oder pulmonale Rechts-Links-Shunts (z.B. ausgedehnte Pneumonie, Acute Respiratory Distress Syndrom (ARDS), pulmonale AV-Malformationen). CO2 weist eine 25-fach bessere Diffundierbarkeit als O2 auf, daher gibt es keine klinisch relevante diffusionsbedingte CO2-Retention. Sowohl eine Verteilungsstörung als auch eine Diffusionsstörung lassen sich durch Sauerstoffgabe ad hoc verbessern, bei einem signifikanten Rechts-Links-Shunt führt Sauerstoff jedoch nicht zu einer vollständigen Oxygenierung des Bluts. Fortgeschrittene Erkrankungen des Lungenparenchyms führen nicht nur zu einer Verminderung der alveolären Gasaustauschfläche, sondern auch zu einer Abnahme der pulmonalen Perfusion aufgrund einer lokoregionären hypoxischen pulmonalen Vasokonstriktion (Euler-Liljestrand-Reflex). Diese zeigt sich in den frühen Stadien unter Sauerstoffsupplementation noch reversibel, in späteren Stadien zeigt sich keine Vasoreagibilität mehr. Die Verminderung des gesamten Lungengefässquerschnittes führt zu einem Anstieg des pulmonalen Gefässwiderstands (Verweis Kapitel Pulmonale Hypertonie) mit Verstärkung das Ventilations-Perfusions-Mismatches.
Störungen der Atemmuskelpumpe
Die Atemmuskelpumpe ist ein komplexes Konstrukt bestehend aus der Atemmuskulatur, dem knöchernen Thorax, der Pleura und den entsprechenden peripheren Nerven. Störungen der Atemmuskelpumpe können zu einer alveolären Hypoventilation und im weiteren Verlauf zu einem hyperkapnischen Pumpversagen führen (respiratorische Insuffizienz Typ II, früher Globalinsuffizienz). Akute oder anhaltende Gasaustauschstörungen z.B. Ventilationsstörungen können infolge der erhöhten Atemarbeit in ein Atempumpenversagen münden. In Ruhe beträgt der Sauerstoffbedarf der Atemmuskulatur ca. 1-2 % der gesamten Sauerstoffaufnahme (VO2), unter körperlicher Belastung kann dieser bei Gesunden auf bis zu 10% ansteigen, bei Patienten mit fortgeschrittener COPD werden diese Werte aufgrund der erhöhten Atemarbeit bereits in Ruhe überschritten (8). Die Berechnung des arterio-alveolären Gradienten (A-a Gradient) kann zur Differenzierung einer Hypoxämie bei begleitender Hyperkapnie beitragen. Ein normwertiger A-a Gradient liegt bei prädominierender Hypoventilation vor, ein erhöhter Quotient zeigt sich bei Diffusionsstörungen oder Verteilungsstörungen, Normalwerte unter Raumluft können anhand des Alters geschätzt werden (siehe Abb.1) (9). Häufig bestehen allerdings Mischformen einer kombinierten Gasaustauschstörung mit begleitender alveolärer Hypoventilation, ein normwertiger A-a Gradient kann jedoch eine relevante Diffusions- und Verteilungsstörung ausschliessen. Klassische Ursachen, die Störungen der Atemmuskelpumpe bedingen, sind neuromuskuläre Erkrankungen, z.B. Myopathien/Muskeldystrophien und anatomische Deformationen mit Einschränkungen der Atemmechanik, z.B. Kyphoskoliose, Zwerchfellhochstand.

Diagnostik

Anamnese und klinische Untersuchung

Im Rahmen der Erstvorstellung bei Dyspnoe müssen zunächst der Schweregrad und der Verlauf der Symptomatik erhoben werden. In einem ersten Schritt sollte eine potentiell lebensbedrohliche Symptomatik mit drohender respiratorischer Erschöpfung von nicht akut vital gefährdenden Beschwerden unterschieden und bei Bedarf medizinische Sofortmassnahmen eingeleitet werden. Kardiale Ursachen und Lungenarterienembolien müssen differentialdiagnostisch immer bei Dyspnoe, jedoch insbesondere bei akutem Beschwerdebild, in Betracht gezogen werden. In einem zweiten Schritt empfiehlt es sich, die zeitliche Entwicklung zu erfassen: Sind die Atembeschwerden akut oder chronisch? Zeigt sich ein schleichend progredienter oder ein chronischer Verlauf mit aktuell akuter Verschlechterung? Somit kann besser differenziert werden, ob es sich um die Erstmanifestation einer neuen bzw. einer bis dato noch nicht diagnostizierten Erkrankung (z.B. Asthma bronchiale) oder um eine Verschlechterung einer vorbekannten Grunderkrankung handelt (z.B. Infektexazerbation einer interstitiellen oder obstruktiven Pneumopathie). In einem dritten Schritt schliesst sich die ausführliche pulmonale Anamnese an, die «Sprache der Dyspnoe» und respiratorische Begleitsymptome lassen mitunter Rückschlüsse auf die zugrundeliegende Erkrankung zu (siehe Tabelle 2). Zur besseren Einschätzung der Intensität der Dyspnoe können die Borg-Skala (Von 0 keine Beschwerden bis 10 maximale Beschwerden) oder modified medical Research Council (mMRC) Skala (10) eingesetzt werden (siehe Tabelle 1), letztere erleichtert eine semiquantitative Einordnung der Alltagsbeeinträchtigung der Patienten. Anschliessend sollte eine extrapulmonale Systemanamnese mit Erfassung der inhalativen Noxen, Berufs- und Freizeitanamnese, Familienanamnese und die aktuelle Medikation erfasst werden.
Die körperliche Untersuchung und die Erfassung der Vitalparameter (Herzfrequenz, Atemfrequenz, Blutdruck, Puls, periphere Sauerstoffsättigung, Körpertemperatur) stellen einen weiteren wichtigen Baustein der initialen Diagnostik dar. Die subjektive Empfindung «Dyspnoe» kann zusätzlich anhand von klinischen Zeichen objektiviert werden: z.B. Tachypnoe, Sprechdyspnoe, Stridor, paradoxe Atmung, Einsatz der Atemhilfsmuskulatur, Lippenbremse, respiratorische Einziehungen der Interkostalräume. Neben dem kardiopulmonalen Auskultationsbefund tragen Beurteilung der Thoraxkonfiguration, Volumenstatus, Trommelschlegelfinger, Hautkolorit, Gewicht, Hautveränderungen, Gelenkbeschwerden, Schluckbeschwerden, Muskelatrophie wesentlich zur differentialdiagnostischen Einordnung bei (siehe Schema). Dennoch korrelieren die klinischen Befunde häufig nur unzureichend mit der Symptomatik und mit dem Schweregrad der pulmonalen sowie globalen Funktionseinschränkung, sodass weitere Untersuchungen notwendig werden.

 

Basisdiagnostik

Je nach klinischem Bild empfiehlt sich eine Blutentnahme (Anämie als Ursache der Dyspnoe?, Polyglobulie als Hinweis für eine bereits länger andauernde Hypoxämie?, Leukozytose als Hinweis für eine Entzündung?) inkl. Differentialblutbild (Granulozytose als Hinweis für eine bakterielle Entzündung? Lymphozytose als Hinweis für eine virale/autoimmune Entzündung?, Eosinophilie als Hinweis für ein eosinophiles Asthma bronchiale oder eosinophile pulmonale Erkrankung?) sowie des CRP, der Elektrolyte, der Nieren- und Leberfunktionswerte. Zusätzlich können bei klinisch nicht eindeutiger pulmonaler Genese der Beschwerden die Bestimmung des Troponin, des NT-proBNP und die D-Dimere zur weiteren differentialdiagnostischen Aufarbeitung beitragen. Eine aktuelle prospektive Studie konnte beispielsweise aufzeigen, dass bei COPD-Patienten mit einer akuten hospitalisations-bedürftigen respiratorischen Verschlechterung anhand einer systematischen Diagnostik bei bis zu 5% der Fälle eine Lungenarterienembolie diagnostiziert werden konnte, bestand klinisch der Verdacht auf eine Lungenembolie, lag die Prävalenz sogar bei 10% (11).
Im EKG können sich nicht nur Hinweise für eine myokardiale Ischämie oder Linksherzpathologie ergeben, sondern auch indirekte Zeichen einer akuten Rechtsherzbelastung (SIQIII-Typ bei Lungenarterienembolie) oder einer chronischen Rechtsherzbelastung im Sinne eines Cor pulmonale auffällig werden (Sokolow Index, Rechtsschenkelblock,
p Pulmonale, Rechtslagetyp). Grundsätzlich sollte bei jedem Patienten mit Dyspnoe eine konventionelle Röntgen-Thorax-Untersuchung in zwei Ebenen erfolgen, Ausnahmen sind beispielsweise junge Patientinnen mit klassischen Befunden eines Asthmas und gutem Therapieansprechen auf Inhalativa. Bei fehlendem Therapieansprechen oder uneindeutigen Befunden sollte die Diagnose eines Asthmas jedoch immer kritisch hinterfragt und um eine Bilddiagnostik erweitert werden (GINA Guidelines 2022).
Zu einer ersten Standortbestimmung hinsichtlich einer Ventilationsstörung (Obstruktion, Restriktion) eignet sich die Spirometrie. Sie dient zur Erfassung der dynamischen Atemvolumina und des Tiffeneau-Index (Forcierte Einsekunden-Kapazität FEV1/Forcierte Vitalkapazität FVC), zudem kann der Spitzenfluss (Peak Exspiratory Flow, PEF) bestimmt werden (Abb. 2). Die diagnostische Aussagekraft hängt jedoch entscheidend von der Untersuchungsqualität ab, da die Atemmanöver stark mitarbeitsabhängig sind und eine entsprechende Expertise des Untersuchers benötigt wird. In den aktualisierten Leitlinien zu Standardisierung der Spirometrie wurden neben den technischen Kriterien für Akzeptabilität und Reproduzierbarkeit, auch neu Kriterien zur klinischen Verwendbarkeit (Usability) definiert (12). Untersuchungen, die formal die Akzeptabilitätskriterien nicht erfüllen, können sich trotzdem als klinisch brauchbar erweisen. Die Spirometrie ist der Goldstandard zur Diagnose einer obstruktiven Ventilationsstörung, zudem kann der Schweregrad der Obstruktion erhoben und ein Therapieansprechen mittels konsekutiver Messungen beurteilt werden. Der Kurvenverlauf im Fluss-Volumen-Diagramm kann zudem Hinweise für intra- oder extrathorakale Stenosen als weitere Ursache von Dyspnoe ergeben (Abb. 3). Eine restriktive Ventilationsstörung hingegen darf spirometrisch bei verminderten dynamischen Atemvolumina nur vermutet werden. Für die Diagnose einer restriktiven Ventilationsstörung wird die Messung der totalen Lungenkapazität (TLC) gefordert, sollten sich in der Spirometrie Hinweise für eine restriktive oder gemischt restriktive-obstruktive Ventilationsstörung ergeben, wird deswegen eine weiterführende pneumologische Diagnostik mittels Bodyplethysmographie und Messung der Diffusionskapazität empfohlen. Bis dato wurde ein pathologischer Grenzwert anhand fester Prozentangaben bezogen auf den Sollwert definiert. Dabei wurde jedoch die Streubreite der Normalwerte nicht berücksichtigt. Die Lungenfunktionswerte gesunder Probanden weisen eine Normalverteilung auf, mittels Perzentilen kann ein Untersuchungsresultat in Bezug zur statistischen Verteilung des Parameters auf der Normalverteilungskurve gesetzt werden (Abb. 5). Als unterer Grenzwert (Lower Limit of Normal, LLN) wurde die 5. Perzentile definiert, entsprechend 1,645 Standardabweichungen vom Sollmittelwert (= Z-Score) (13). Mit zunehmendem Alter nimmt die natürliche Streuung der Messwerte zu und die LLN entsprechend ab. Fixe Grenzwerte führen damit in höherem Alter zu einer Überdiagnose von Ventilationsstörungen, in jüngerem Alter zu einer Unterdiagnose. Generell gilt es jedoch zu beachten, dass die erhobenen Messparameter immer individuell und im Rahmen des klinischen Kontexts zu werten sind, formal noch normale Werte können für den Einzelnen bereits pathologisch sein. Wichtiger als der Vergleich mit der Normalpopulation, sind somit intraindividuelle Verlaufsmessungen.

Erweiterte Diagnostik

Bildgebung

Bei auffälligem Röntgen-Thorax mit z.B. interstitieller Zeichnungsvermehrung, malignomsuspekten Befunden, unklaren oder persistierenden Infiltraten, Emphysemaspekt oder Mediastinalverbreitung sollte eine Computertomographie des Thorax erfolgen. Bei diskonkordanten Befunden von Klinik und unauffälligem Röntgen-Thorax kann eine CT-Untersuchung eine konventionell-radiologisch nicht detektierte interstitielle Lungenerkrankung aufdecken bzw. Hinweise für eine anderweitige Ursache der Dyspnoe geben z.B. indirekte Zeichen einer pulmonalen Hypertonie. Besteht konventionell röntgenologisch bereits der Verdacht auf eine interstitielle Pneumopathie sollte eine native hoch auflösende (High-Resolution, HR) CT-Thorax-Untersuchung angefordert werden, da eine i.v. Kontrastmittelgabe die Bildmorphologie des Lungenparenchyms verändern und damit z.B. die radiologische Beurteilung von Milchglasinfiltraten (Ground Glass Infiltrate) erschweren kann (14). Bei Verdacht auf ein Malignom ist die Kontrastmittelgabe allerdings zur Einordnung der pulmonalen Raumforderung und Beurteilung der Lymphadenopathie obligat. Sollte sich die Frage nach einer Beteiligung der kleinen Atemwege («Small Airway Disease», z.B. bei Bronchiolitis, Hypersensitivitätspneumonitis) stellen, ist es hilfreich In- und Exspirationsaufnahmen durchführen zu lassen. Ein Vergleich der Bildmorphologie in In- und Exspiration kann gefangene Luft (Air Trapping) bei in Exspiration zunehmend hypodensen Lungenarealen zur Darstellung bringen. Generell gilt, je mehr klinischen Angaben und je dezidierter die Fragestellung an die KollegInnen der Radiologie, desto aussagekräftiger die radiologische Befundung.
Die Thoraxsonographie hat insbesondere «bedside» bei akuter Dyspnoe ihren Stellenwert als schnell verfügbare, nicht-strahlenbelastende und in geübten Händen sehr differenzierte Bildgebung erwiesen. Sie stellt die Methode der Wahl zur Detektion von Pleuraergüssen dar und eignet sich zur Darstellung von Pneumothoraces, pulmonalen Infiltraten, Lungeninfarkten und eines Lungenödems (15). Sonographisch können bereits 5 bis 10 ml Pleuraerguss detektiert werden, wohingegen konventionell radiologisch Ergussmengen erst ab 200 ml dargestellt werden können (16). Beurteilt werden können zusätzlich die Echogenität der pleuralen Flüssigkeit incl. die Darstellung von Septen, angrenzende pleurale Verdickungen. Begleitend kann eine Einschränkung der Zwerchfellbeweglichkeit als weitere Differentialdiagnose von Atembeschwerden erhoben werden. Zudem können als erweiterte Diagnostik bei Atembeschwerden grob orientierend die kardiale Pumpfunktion incl. der Volumenstatus anhand der Darstellung der Vena Cava inferior eingeschätzt sowie ein hämodynamisch relevanter Perikarderguss untersucht werden.

Funktionelle Diagnostik

Die Spiroergometrie eignet sich nicht nur zur Objektivierung der kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit, sondern stellt auch ein hervorragendes Instrument zur Differenzierung hinsichtlich ventilatorischer, pulmonalvaskulärer und kardialer Limitierungen der Leistungsfähigkeit dar.
(Abb. 6, Auszüge der Spiroergometrie der 59-jährigen Patientin (Fallvignette)). Neben der klassischen Leistungsdiagnostik, sind Dyspnoe und Leistungsintoleranz die klassischen Indikationen zur Durchführung einer Spiroergometrie. Zur Beurteilung pulmonaler Grunderkrankungen sind neben der Messung der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max) insbesondere die Messung der Ventilation, der arteriellen Blutgase, der Atemäquivalente und der dynamischen Lungenvolumina unter Belastung relevant. Ferner kann die Diagnose eines Anstrengungsasthmas mittels Spirometrien nach der Belastungsphase gestellt werden (Statement Exercise Induced Asthma). Weitere Indikationen sind die Beurteilung der Operabilität vor pulmonalen Resektionen und die Beurteilung der Ateminvalidität im Rahmen der pneumologischen Arbeits­medizin.

Erweiterte Labordiagnostik

Bei begleitenden Hinweisen für eine rheumatologische Systemerkrankung im Rahmen der Abklärungen der Dyspnoe kann eine erweiterte serologische Diagnostik zur differentialdiagnostischen Einordnung beitragen. Interstitielle Pneumopathien können bereits vor der rheumatologischen Grunderkrankung manifest werden. So wird in der Schweiz, entsprechend den internationalen Leitlinien, bei Erstdiagnose einer ILD sowie erneut im Verlauf bei neuen klinischen Aspekten, die Bestimmung von antinukleären Antikörpern (ANA), Rheumafaktoren (RF), anti-zyklisches citrulliniertes Peptid (anti-ccP) empfohlen. Stellen sich bei Erstdiagnose einer Pneumopathie bereits Hinweise für eine Autoimmunerkrankung, sollte das serologische Screening ausgeweitet werden (17).

Schlafdiagnostik

Schlafbezogene Atemstörungen sind weitere Differentialdiagnosen der Dyspnoe bzw. können diese verstärken. Ergeben sich klinisch, lungenfunktionell und bildmorphologisch keine Hinweise für eine pulmonale Ursache der Dyspnoe, kann die Durchführung einer nächtlichen Pulsoxymetrie oder Polygraphie erwogen werden. Neben der obstruktiven Schlafapnoe gilt es auch eine nächtliche Hypoventilation auszuschliessen, insbesondere bei Nachweis einer Hyperkapnie oder eines erhöhten Bikarbonats
(≥ 27 mmol/l) am Tag nach Ausschluss anderer Ursachen der Hypoventilation (18).

Ausgewählte Krankheitsbilder

 

In den folgenden Abschnitten werden ausgewählte Krankheitsbilder vorgestellt, die sich klassischerweise mit Dyspnoe äussern können. Schwerpunktmässig werden dabei die klinische Präsentation der Dyspnoe sowie deren Ursachen ausgeführt und orientierende Grundzüge der Diagnostik und Therapie dargelegt. Auf Atembeschwerden im Rahmen broncho-pulmonaler Infekte, infolge pulmonaler Malignome oder Atemwegsstenosen wird explizit nicht eingegangen und auf die entsprechende Literatur verwiesen.

Asthma und COPD

Sowohl Asthma als auch COPD können sich primär mit Dyspnoe äussern. Beide Erkrankungen zeichnen sich durch eine Atemwegsobstruktion aus. Dyspnoe bei Asthma variiert definitionsgemäss in Intensität und Häufigkeit, wohingegen sich die Symptomatik bei COPD typischerweise durch eine Persistenz mit Progredienz auszeichnet. Dyspnoe bei COPD wird klassischerweise als Empfindung einer vermehrten Atemarbeit, eines Schweregefühls im Brustkorb, eines Lufthungers oder als Keuchen beschrieben (19). Asthma äussert sich selten mit isolierter Dyspnoe, häufige begleitende respiratorische Symptome sind ein thorakales Engegefühl, Giemen, Husten und die Symptome zeigen häufig eine nächtliche/frühmorgendliche Verschlechterung. Zudem werden meist Auslöser der Atembeschwerden beschrieben (z.B. Allergene, Kälte, Sport, virale Infekte, Stress). Das Alter bei Erstmanifestation und Expositionsanamnese können zusätzlich zur Differenzierung der beiden Erkrankungen beitragen. Die charakteristische variable Atemwegsobstruktion bei Asthma kann im späteren Verlauf der Erkrankung persistieren («fixierte Obstruktion»), insbesondere bei älteren Patienten und Rauchern wird damit eine Unterscheidung zur chronisch obstruktiven Pneumopathie (COPD) erschwert. Ein überlappendes Vorliegen von Asthma und COPD (Asthma-COPD Overlap) zeichnet sich durch eine persistierende Atemwegsobstruktion mit klinischen Merkmalen eines Asthmas und einer COPD aus (siehe Fallvignette). Normale Alterungsprozesse der Atemwege und des Lungenparenchyms weisen einige strukturelle Gemeinsamkeiten mit der COPD auf, eine Abnahme der FEV1 und des Tiffeneau-Index im Alter sind per se nicht pathologisch und sollten immer im klinischen Kontext gewertet werden (siehe Kapitel Basisdiagnostik). Sowohl die Diagnose eines Asthmas als auch der COPD erfordern neben der passenden Klinik den lungenfunktionellen Nachweis einer Atemwegsobstruktion. Zusätzlich wird beim Asthma der Nachweis einer signifikanten lungenfunktionellen Reversibilität in der Spirometrie (FEV1 > 12% und 200 ml) bzw. tägliche Variabilität im Peak-Flow (PEF > 10%) gefordert, eine positive Reversibilitätstestung oder bronchiale Hyperreagibilität schliessen eine COPD jedoch nicht aus. Eine Beteiligung des Lungenparenchyms liegt beim Asthma klassischerweise nicht vor, sodass eine Einschränkung der Diffusionskapazität auf eine COPD mit begleitenden emphysematösen Veränderungen hinweist.
Die Therapie des Asthmas ist primär antiinflammatorisch, wohingegen die Therapie der COPD zunächst auf eine
Bronchodilatation mit Verminderung der gefangenen Luft und Steigerung der inspiratorischen Kapazität abzielt. Doch auch bei Patienten mit COPD kann eine antiinflammatorische Therapie insbesondere bei rezidivierenden Exazerbationen als Korrelat einer chronischen Atemwegsentzündung indiziert sein. Dennoch bestehen noch viele offene Fragen hinsichtlich der optimalen Therapie. Eine individualisierte Therapie, angepasst an die funktionelle Einschränkung, prädominierende Symptomatik, Komorbiditäten sowie Biomarker (z.B. Eosinophilenzahl) wird sich zukünftig bei beiden Erkrankungen noch etablieren müssen.

Interstitielle Pneumopathien

Dyspnoe infolge Lungenparenchymerkrankungen äussert sich primär unter körperlicher Belastung, häufig besteht ein begleitender trockener Husten. Interstitielle Pneumopathien stellen ein sehr heterogenes Krankheitsbild dar. Der zeitliche Verlauf der Atembeschwerden und die Begleitsymptomatik helfen bei der differentialdiagnostischen Einordnung. So wird beispielsweise zwischen akuten (organisierende Pneumonie (OP), akute interstitielle Pneumopathien wie der Respiratorischen Bronchiolitis-ILD (RB-ILD), der desquamativen interstitiellen Pneumopathie (DIP) und der pulmonalen Langerhanshistiozytose kann die Diagnose allein anhand der Raucheranamnese und der CT-graphischen Bildmorphologie gestellt werden. Pulmonale Parenchymveränderungen führen zu einer verminderten Lungen-Compliance mit Einschränkung der inspiratorischen Kapazität und zu einer Einschränkung des alveolo-arteriellen Gasaustauschs, die Veränderungen äussern sich meist zunächst nur unter Belastung. Eine belastungsinduzierte Desaturation im Rahmen eines 6-Minuten-Gehtests kann somit frühzeitige Hinweise für eine interstitielle Pneumopathie geben.
Die Therapie der ILD richtet sich prinzipiell nach der Klassifikation, kausale Therapien bestehen bei den meisten Formen jedoch nicht und neue antifibrotische Therapien sind nur bei ausgewählten Entitäten indiziert. Die korrekte Diagnose ist von zentraler Bedeutung, eine interdisziplinäre Herangehensweise ist dabei erforderlich.

Fazit

Dyspnoe ist eines der häufigsten Symptome bei Lungenerkrankungen, eine genaue Charakterisierung der Atembeschwerden sowie Erhebung der Begleitsymptomatik sind essentiell und wegweisend. Die Spirometrie eignet sich zur initialen Standortbestimmung und Schweregradeinteilung, dabei korreliert der Schweregrad der pulmonalen Funktionseinschränkung häufig nicht mit dem klinischen Bild. Eine erweiterte Diagnostik und insbesondere bildgebende Verfahren helfen bei der differentialdiagnostischen Einordnung. Eine multifaktorielle Genese der Dyspnoe ist häufig. Eine ganzheitliche Therapie zur Erhaltung der körperlichen Aktivität sowie der Funktionalität im Alltag sollte angestrebt werden.
Fallvignette: Im Rahmen der erweiterten Diagnostik zur Abklärung der schweren obstruktiven Ventilationsstörung (Abb. 4) zeigten sich sowohl das Gesamt-IgE als auch die Eosinophilen normwertig, die Diffusionskapazität war leichtgradig eingeschränkt. CT-graphisch kamen Zeichen einer milden chronischen Bronchitis mit leichtgradigem Air-Trapping sowie geringgradigen emphysematischen Veränderungen zur Darstellung. Ein Asthma-COPD-Overlap wurde diagnostiziert und eine inhalative Kombinationstherapie (ICS/LABA + LAMA) begonnen. Im Rahmen einer Spiroergometrie zur Objektivierung der Leistungseinschränkung zeigte sich eine noch leichtgradige Einschränkung der globalen Leistungsfähigkeit bei schwerer atemmechanischer Limitation (maximale Sauerstoffaufnahme 69% v. Soll), zur Verbesserung der Funktionalität wurde eine ambulante pulmonale Rehabilitation initiiert.

 

Dr. med. Laura C. Mayer

Oberärztin
Klinik für Pneumologie, Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zürich

Laura.Mayer@usz.ch

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Zusätzlich:
Global Initiative for Asthma. Global Strategy for Asthma Management and
Prevention, 2022. www.ginasthma.org
Global Strategy for the diagnosis, management, and prevention of chronic
obstructive pulmonary disease, 2022. www.goldcopd.org

Alfred Escher: Unermüdlich bis zum Tod

Die Geschichte Alfred Eschers ist die Geschichte von Triumphen und Pleiten, von Skandalen und Krankheiten. Escher machte Zürich zum wichtigsten Finanzplatz der Schweiz, zum Verkehrsknotenpunkt, zur Bildungsmetropole und zur reichsten und liberalsten Stadt des Landes. Trotz zahlreicher Krankheiten arbeitete Escher mit eisernem Willen bis kurz vor seinem Tod.

Alfred Escher auf einer Radierung um 1860. Bild: Alfred Escher-Stiftung, Zürich

Patient: Alfred Escher
Geboren: 20. Februar 1819, Zürich
Gestorben: 6. Dezember 1882, Zürich

Der Zürcher Alfred Escher war die herausragende wirtschaftspolitische Persönlichkeit in der Schweiz des 19. Jahrhunderts. Eschers Aufstieg in der kantonalen und eidgenössischen Politik war geradezu kometenhaft: Mit 26 Jahren war er zürcherischer Grossrat und Tagsatzungsgesandter, mit 29 Zürcher Regierungsrat, erstmals Präsident des Zürcher Grossen Rates und eines der jüngsten Mitglieder des 1848 gewählten ersten Nationalrates, mit 30 erstmals Regierungsrats- und Nationalratspräsident. Über die ganze Zeit seiner politischen Tätigkeit sass Escher in rund 200 eidgenössischen und zürcherischen Kommissionen, von denen er einen grossen Teil präsidierte. Eschers «Erfolgsjahrzehnt» dauerte von 1848/49 bis in die frühen 1860-er Jahre. In diesem Zeitraum realisierte Escher seine grossen wirtschafts- und kulturpolitischen Gründungen: die Nordostbahn (1852/53), das Eidgenössische Polytechnikum (1854/55, heute ETH Zürich), die Schweizerische Kreditanstalt (1856, heute Credit Suisse), die Schweizerische Lebensversicherungs- und Rentenanstalt (1857, heute Swiss Life). 1871 übernahm Escher trotz bereits stark angegriffener Gesundheit das Direktionspräsidium der Gotthardbahn und leitete operativ das damals grösste Bauprojekt der Welt.

Der Jahrhundertunternehmer und -politiker Alfred Escher wurde zeitlebens von zahlreichen Krankheiten heimgesucht, denen er bis zum Tod mit eisernem Willen die Stirn bot. Als Kind litt er oft an Husten, Fieber und Heiserkeit. 1838/39 erkrankte er als 19-Jähriger an Röteln. In einem Brief schrieb er seinem Schuldkameraden Jakob Escher: «Der Arzt schickte mich… sogleich zu Bette, setzte mir 10 Blut­igel an den Kopf und nun zeigte sich ein Ausschlag, der nach sieben Tagen den höchsten Grad erreichte… Entsetzliches Schwitzen folgte jetzt, das mehrmals 12 Stunden lang in einem Tage mich quälte und Drücken und Reissen auf der Brust… 9 Tage lang ass ich – so zu sagen – nichts.»

Ende 1838 war Alfred Escher zusammen mit Jakob Escher und anderen Studenten aus der Schweiz für ein Auslandssemester in Berlin. Kaum hatte das Wintersemester begonnen, erkrankte er. Sein Zustand war so bedenklich, dass er sein Zimmer von Dezember 1838 bis Ende März 1839 nicht verlassen konnte. Bereits damals zeigte Escher die Symptome, die 1882 als Todesursache bezeichnet wurden: Diabetes und als Folge davon Furunkel sowie potenziell tödliche Karbunkel.

Arbeitsüberlastung und Raubbau am eigenen Körper

Noch im Februar 1855 erklärte Bundespräsident Jonas Furrer, dass sein Freund Alfred Escher «seit langen Jahren keine ernsthafte od. hartnäckige Krankheit zu bestehen» hatte. Bald erkrankte Escher aber ein zweites Mal so schwer, dass die Ärzte erneut das Schlimmste befürchteten.
Escher hatte sich viele Verpflichtungen, Ämter und Grossprojekte aufgebürdet, so dass er überarbeitet, gesundheitlich angeschlagen, nervlich gereizt war und auf Rat seines Arztes das Belvoir nicht mehr verlassen durfte. Nach kurzer Besserung im Frühling 1855 erlitt Escher einen Rückfall und wurde von Gicht und starken Ohrenschmerzen geplagt.

Wiederum rieten ihm Freunde, sich zu schonen und kürzer zu treten. Escher beherzigte die Worte und blieb für einmal der Session in Bern fern. Der Zürcher Regierungsrat bewilligte ihm Urlaub: «Herrn Regierungspräsident Dr. Escher wird der nachgesuchte Urlaub zur Wiederherstellung seiner angegriffenen Gesundheit erteilt.»

Escher fiel es schwer, die Erholungszeit in Baden einzuhalten. Er fühlte sich als «Faulenzer» und «Invalider». Statt zu kuren, verlegte Escher das regierungsrätliche Zentrum nach Baden und reiste zwischendurch nach Zürich, um in seinen Büros oder zu Hause im Belvoir seinen Geschäften nachzugehen.

Kaum ging es ihm im Spätsommer 1855 besser, erlitt er im September erneut einen Rückfall. Er erkrankte laut seinen Ärzten an einem «lebensgefährlichen Nervenfieber». Ein zweites Mal sprang Escher über seinen Schatten und gab den Rücktritt aus dem Zürcher Regierungsrat bekannt.

Eschers Schulkamerad vom Zürcher Obergymnasium Friedrich von Wyss schrieb: «Er war durch starken Blutandrang nach dem Kopf & Geschwüre, die sich bildeten, sehr krank geworden, und da er ganz in unserer Nähe wohnte, waren wir sehr häufig bei ihm, wachten auch, als dies einmal nöthig wurde, des Nachts bei ihm. Den ganzen Winter musste er im Zimmer zubringen und konnte keine Collegien besuchen.»

Auch die Öffentlichkeit beschäftigte Eschers Gesundheitszustand. Der Dichter und Politiker Gottfried Keller schrieb im Oktober 1855 seiner Mutter: Er habe Mitleid mit Escher, «da es traurig ist in solcher Stellung, in solcher Jugend und bei solchem Reichthum abziehen zu müssen».
Aller Unkenrufe zum Trotz besserte sich Eschers Gesundheitszustand wieder. Bereits ein halbes Jahr später lud er sich mit der Gründung und Führung der «Schweizerischen Kreditanstalt» erneut eine zusätzliche schwere Bürde auf.

1860 erkrankte Escher an einem «gastrischen Fieberzustand» erneut. Am 10. Januar 1861 schrieb Escher dem Grossen Stadtrat von Zürich, «dass er durch ärztlichen Rath zur schleunigen Erleichterung der auf ihm beruhenden Geschäftslast behufs Wiederherstellung seiner ernstlich gestörten Gesundheit» die Entlassung aus seinen Ämtern beantragen müsse.

Eschers Gesundheit blieb angegriffen. Er litt wiederum an «nervöse Magenschmerzen». Zudem machten dem Direktionspräsidenten der Gotthardbahn-Gesellschaft ein «Fussübel» zu schaffen. In einem Brief an Bundesrat Emil Welti schrieb er: Der Arzt habe, «um meinem Fussübel ein rasches Ende zu bereiten, die Hälfte des Nagels der kranken Zehe samt Wurzel herausgeschnitten».

Aufgrund der finanziellen und technischen Probleme beim Bau der Gotthardbahn, die 1874/75 gehäuft auftraten, arbeitete Escher vielfach auch in der Nacht. Seine Augen litten mehr und mehr, eine Starerblindung wurde befürchtet und eine Operation unumgänglich.

Die letzten Jahre und der Todeskampf

Zur Krise bei der Gotthardbahn kam nach Mitte der 1870er Jahre gleichzeitig die Krise bei der Nordostbahn. Escher arbeitete, bis er jeweils der Müdigkeit erlag und nahm die Arbeit schon nach kurzem Schlaf wieder auf. Zu den riesigen Herausforderungen kamen auch viele ungerechte und böswillige Angriffe auf Eschers Person. Auf der politischen Bühne und in den Medien wurde er verunglimpft und karikiert. Von 1878 an bis zu seinem Tod litt er immer intensiver an verschiedenen Symptomen und Krankheiten: Unwohlsein, Asthma, Fieber, Nervenüberreizung, Augenleiden, Beschwerden an den Kniegelenken, Diabetes, Furunkel und schliesslich Karbunkel. Im Mai 1882 war Escher nicht in der Lage, der bundesrätlichen Einladung zur Feier der Eröffnung «seiner» Gotthardbahn nachzukommen.

Am Donnerstag, 30. November 1882 begannen die Lippen des Kranken anzuschwellen. Trotzdem empfing er im Belvoir noch Besucher. Am Samstag verschlechterte sich sein Zustand. Stark angeschwollene Oberlippe, in der Nacht zum Sonntag hohes Fieber. Sein ganzer Rücken war eine einzige Wunde voller Eiterbeulen. Sein Zustand wurde von den Ärzten als hoffnungslos bezeichnet und man sah von einer Operation ab. Am Montagmorgen stieg das Fieber weiter. Escher erkannte im Fieberdelirium seine einzige Tochter Lydia nicht mehr und verlor zeitweise das Bewusstsein. Noch dauerte der Todeskampf zwei Tage. Escher starb am Mittwoch, 6. Dezember 1882 gegen 6 Uhr früh.

Jörg Weber

Quellen: Alfred Escher Stiftung, Zürich
Jung, Joseph: Alfred Escher 1819 – 1882 – Aufstieg, Macht, Tragik, NZZ Libro

Nach Monaten, während denen seine Eltern und Bekannten um sein Leben gezittert hatten, konnte Escher seine «vier grauen Wände», seine Studentenbude, endlich verlassen, die ihm nach seinen Worten «fast zum Kerker» geworden waren und in die Schweiz zurückfahren. In der Heimat, bei Vater und Mutter, am Familiensitz Belvoir am Zürichsee, erholte sich Escher in kurzer Zeit.

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch