Abdominalschmerzen «out of proportion» bei einem jungen, gesunden Patienten

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Grosse retroperitoneale Raumforderung beim jungen Patienten

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Vincent van Gogh: Genie und Wahnsinn

Kreativität und Krankheit: Vincent van Gogh kannte beides. Auf Episoden geistiger Klarheit folgten dramatische ­Höhen und Tiefen, kurze und heftige Krankheitsschübe mit akustischen und optischen Halluzinationen, Depressionen, epileptischen Anfällen und Desorientierung. Zahlreiche Forscher gehen primär von psychischen Erkrankungen aus, andere von somatischen Ursachen. Letztlich bleibt unklar, an welche(n) Erkrankung(en) van Gogh litt.

Patient: Vincent van Gogh
Geboren: 30. März 1853 in Groot-Zundert, Niederlande
Gestorben: 29. Juli 1890 in Auvers-sur-Oise, Frankreich

Ärzte und Psychologen stellten zu Lebzeiten und posthum bei van Gogh verschiedenste Diagnosen seiner Krankheit(en), die im dritten Lebensjahrzehnt einsetzten. Von einer Epilepsie über Schizophrenie bis zur Menière-Erkrankung, von der bipolaren Störung bis hin zu Syphilis wurden diverse Leiden vermutet. Gegen primär psychiatrische Diagnosen sprach, dass die psychotischen Episoden erst spät in van Goghs Leben auftraten und nur relativ kurz anhielten. Zudem lagen Anzeichen für eine organisch bedingte Psychose vor, etwa fokalneurologische Symptome, epileptische Anfälle, Gedächtnisstörungen und optische Halluzinationen. Von den somatischen Differenzialdiagnosen deckten vor allem die Temporallappenepilepsie und die akute intermittierende Porphyrie (AIP) van Goghs psychiatrisch-neurologische Symptome ab. Sein übermässiger Alkoholkonsum hat beide Erkrankungen möglicherweise aggravieren und zu einem Alkoholentzugsdelir führen können.

Stress, Alkohol, Hunger, Tabakkonsum

Van Gogh quälten immer wieder starke Magenschmerzen. Forscher interpretierten diese Beschwerden gemeinsam mit der Psychose und epileptischen Anfällen als mögliche Manifestation einer akut intermittierenden Porphyrie. Häufig manifestiert sich die AIP um das 30. Lebensjahr latent, bis äussere Einflussfaktoren einen und akuten Schub auslösen. Dazu gehören Stress, Alkohol, Hungern und Tabakkonsum. All diese Aspekte trafen auf van Gogh zu: In seinen exzessiven Schaffensphasen konsumierte er während der Arbeit regelmässig Alkohol, vor allem Cognac und Absinth, und ass tagelang fast nichts, um das Geld für Malfarben zu sparen. «Wenn der Sturm in mir zu laut brüllt, trinke ich ein Glas zu viel, um mich zu betäuben», schrieb er seinem Bruder und Vertrauten Theo, der als Kunsthändler in Paris arbeitete, zwei Jahre vor seinem Tod. Auch das Nervengift Alpha-Thujon, das im Absinth enthalten ist, könnte zu AIP-Schüben geführt haben.

Zeitgenossen berichteten, van Gogh habe unter tonischen Spasmen der Hand gelitten und oft abwesend vor sich hin gestarrt. Für die Dauer dieser Episoden habe eine Amnesie bestanden. Van Gogh konnte sich etwa nicht daran erinnern, dass er Gaugin bei seinem Besuch in Arles bedroht oder sich ein Ohr abgeschnitten hatte. Seine Ärzte gingen von einer Epilepsie aus und behandelten ihn mit Kaliumbromid, einem der ersten Antikonvulsiva. Danach soll sich der Zustand des Malers nach eigenen Angaben deutlich gebessert haben. Dennoch setzten die weiterbehandelnden Ärzte das Medikament aus unbekannten Gründen wenig später wieder ab.

«Ich habe nicht weniger als 10 Zähne verloren»

Van Gogh ging regelmässig in Bordelle und war zeitweise mit einer Prostituierten liiert. Daher wurde von einigen Forschern auch eine Neurosyphilis als mögliche Ursache seiner Symptomatik diskutiert; diese konnte sowohl zu epileptischen Anfällen als auch zu psychotischen Störungen führen. Allerdings zeigte van Gogh keine weiteren Lues-IV-Symptome wie Ataxie, Hirnnervenausfälle oder Sensibilitätsstörungen.

– Der Maler galt als starker Raucher. Sich selbst porträtierte er oft mit Pfeife. Seinem Bruder schrieb er in einem seiner vielen Hundert Briefe an ihn, dass er vermehrt rauche, um «den leeren Bauch nicht spüren» zu müssen.

– In van Goghs Familie gab es zahlreiche psychiatrische Erkrankungen. Bei van Goghs Vater und seinen Geschwistern traten neben neurologisch-psychiatrischen Symptomen wie Wahnvorstellungen auch Lähmungserscheinungen auf. Forscher sahen in dieser Familienanamnese Anzeichen für eine autosomal-dominant vererbte AIP.

– Eine Bleivergiftung könnte zu einer Enzephalopathie und starken Bauchschmerzen geführt haben. Die mögliche Giftquelle: die bleihaltigen Ölfarben des Künstlers. Auch Frida Kahlo, Peter Paul Rubens und Michelangelo Caravaggio sollen an einer chronischen Bleivergiftung gelitten haben. Seinem Bruder Theo schrieb van Gogh 1886: «Ich habe nicht weniger als zehn Zähne verloren», was sich wie auch seine Darmkoliken, die Anämie, seine Verwirrtheit und Schlaflosigkeit mit einer chronischen Bleivergiftung erklären liesse. Auch wegen van Goghs Verwirrtheit, Schlaflosigkeit oder Aggressivität gegen Gaugin vermuteten Forscher eine chronische Bleivergiftung. Neben Bauchkoliken, blauschwarzem Zahnfleischsaum und Fallhand wurde eine hypochrome Anämie durch den Verdacht auf eine Bleivergiftung als Ursache vermutet.

– Die Fastenperioden und der Alkoholkonsum könnten auch zu einem chronischen Vitaminmangel geführt haben. Das Fehlen von Vitamin B12 etwa, könnte sich in neuropsychiatrischen Symptomen wie Antriebslosigkeit, gedrückter Stimmung oder einer Psychose manifestiert haben. Neben der erwähnten Anämie finden sich in van Goghs Briefen auch Hinweise auf vegetative Folgeerscheinungen eines möglichen Vitamin-B12-Mangels wie Impotenz. Ein Vitamin-B3-Mangel aufgrund des Alkoholabusus könnte bei van Gogh zu psychischen Auf­fälligkeiten, Desorientierung oder Aggression geführt haben. Ebenfalls iatrogene Ursachen kommen infrage: Digitalis-Intoxikationen könnten bei van Gogh neben Übelkeit und Bauchschmerzen mit einem visuell wahrgenommenen Gelb- und Grünstich einhergegangen sein, wie man ihn von van Goghs berühmten Sonnenblumen kennt. Auch die These, dass der Maler an der erblichen Stoffwechselkrankheit Porphyrie gelitten haben könnte, die einen Einfluss auf die Lichtwahrnehmung des Künstlers hatte, diente einigen Forschern als Erklärung für van Goghs eigenwillige Farbkompositionen.

Höchst produktive Zeit im «Asyl für Geisteskranke»

Vincent van Gogh litt an akustischen Halluzinationen und 1879 wurde erstmals die Theorie vertreten, dass der Künstler an Morbus-Menière-Schwindel gelitten habe. Ein damit einhergehender unerträglicher Tinnitus könnte die Erklärung für van Goghs Attacke in Arles in der Nacht vom 23. Dezember 1888 aufs eigene Ohr sein, an der er, fast verblutet, am nächsten Morgen in seinem Bett gefunden und ins Krankenhaus von Arles eingeliefert wurde.

Nach diesem Vorfall fürchteten sich die Nachbarn van Goghs noch mehr vor dem «Fou roux» und leiteten eine Unterschriften­aktion ein, um ihn einsperren zu lassen. 1889 begab sich van Gogh freiwillig in das «Asyl für Geisteskranke» Saint-Paul-de-Mausole in Saint-Rémy, wo er während eines Jahres behandelt wurde. Es wurde eine der produktivsten Zeiten des Malers überhaupt. Umgeben von riesigen Pinien und grünen Zypressen, entstanden unter vielen anderen Bildern die weltbekannten Grosswerke «Sternennacht» oder «Weizenfeld mit Zypressen». Im Mai 1890 zog er zu seinem Arzt Dr. Paul Gachet nach Auvers-sur-Oise bei Paris. Am 29. Juli 1890 schoss der Künstler auf sich selbst und erlag zwei Tage danach den Verletzungen. Eine Autopsie unterblieb.

Jörg Weber

Quellen:
– Arnold W.: Ein Leben zwischen Kreativität und Krankheit. Birkhäuser Basel/Boston/Berlin, 1993
– Decker G.: Vincent van Gogh – Pilgerreise zur Sonne. Biografie. Matthes & Seitz Berlin, 2009

Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

Risikofaktoren und Behandlung von krebsassoziierten Schlaganfällen

Das Risiko von thromboembolischen Ereignissen wie unter anderem ischämischen Schlaganfällen ist bei Krebspatienten bekanntermassen signifikant erhöht. Eine paraneoplastische Gerinnungsstörung wird bei onkologischen Patienten häufig als primäre Ursache für Schlaganfälle, tiefe Venenthrombosen und Lungenembolien angesehen. Neben dieser paraneoplastischen Thrombusbildung trägt auch das Vorhandensein klassischer kardiovaskulärer Risikofaktoren, die Krebs- und Schlaganfallpatienten gemeinsam haben, erheblich zum Auftreten von Schlaganfällen bei Krebspatienten bei. Bestimmte Chemo-, Hormon- und Immuntherapien sowie Strahlentherapien im Bereich des Halses und des Gehirns erhöhen ebenso das Schlaganfallrisiko bei Krebspatienten. Es ist daher wichtig, die entsprechenden Krebspatienten mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko zu erkennen und entsprechend zu sensibilisieren.

The risk of thromboembolic events is known to be increased in cancer patients. This also applies to cerebrovascular events such as strokes. Paraneoplastic coagulopathy is often regarded as the main cause of strokes and other thromboembolic events (venous thrombosis and pulmonary embolism) in cancer patients. In addition to paraneoplastic coagulopathy, the presence of classic cardiovascular risk factors, which cancer and stroke patients have in common, also contributes significantly to the occurrence of strokes in cancer patients. Certain chemo-, hormone- and immunotherapies and radiotherapy to the neck and brain also increase the risk of stroke in cancer patients. It is therefore crucial to be able to identify and provide care for cancer patients at increased risk of stroke.
Key words: Cancer-associated stroke, Hypercoagulability, Paraneoplastic coagulopathy, Secondary prevention, Anticoagulation therapy

Fallbericht

Eine 68-jährige Patientin wurde mit Verdacht auf einen Schlaganfall mit einer schweren Aphasie, einer leichtgradigen motorischen Hemiparese rechts und einer deutlichen Vernachlässigung (Neglekt) der linken Körperseite in ein Zentrumsspital eingeliefert. Einige Monate zuvor war bei der Patientin ein metastasierendes Bronchialkarzinom diagnostiziert worden. Bildgebende Untersuchungen zeigten das Vorliegen multipler zerebraler Infarkte in verschiedenen zerebralen Versorgungsgebieten, was auf eine proximal-embolische Genese schliessen liess (Abb. 1).
Die laborchemische Untersuchung zeigte eine ausgeprägte Gerinnungsaktivierung mit stark erhöhten D-Dimer-Werten von 9835 µg/L (Referenzbereich <500 µg/L), die nach Ausschluss einer tiefen Beinvenenthrombose und Lungen­embolie auf das Vorliegen einer paraneoplastischen Gerinnungsstörung zurückgeführt wurde. Auch das C-reaktive Protein (CRP) war mit 48 mg/L (Referenzbereich <5 mg/L) signifikant erhöht. In Abwesenheit weiterer Hinweise auf eine Infektion oder systemische Entzündung wurde dieser Anstieg ebenfalls im Kontext der zugrundeliegenden aktiven Krebserkrankung interpretiert. Zusätzlich wurde eine Anämie mit einem Hämoglobinwert von 108 g/L (Norm: 121-154 g/L) festgestellt, die mangels Anzeichen einer akuten Blutung als chronische Anämie gewertet und höchstwahrscheinlich im Zusammenhang mit der Krebserkrankung gesehen wurde.
Im Rahmen der ätiologischen Abklärung des Schlaganfalls konnten keine alternativen Ursachen festgestellt werden. Insbesondere fanden sich keine Hinweise auf eine kardiale Emboliequelle, welche häufig ein ähnliches multiterritoriales Verteilungsmuster der Schlaganfälle aufweist. Der Schlaganfall wurde letztlich ätiologisch der Krebserkrankung zugeschrieben. Als Sekundärprävention wurde nach 6 Tagen eine therapeutische Antikoagulation mit niedrigmolekularem Heparin (Clexane) in voller Dosierung eingeleitet.
Da die tägliche subkutane Injektion für die Patientin unangenehm war, entschied sie sich nach zwei Wochen, selbstständig die Antikoagulation abzusetzen. In der darauffolgenden Konsultation in der hausärztlichen Praxis wurde eine blutverdünnende Therapie mit Eliquis initiiert und diesmal konsequent fortgeführt.

Risikofaktoren für krebsassoziierte
Schlaganfälle

Krebsassoziierte Schlaganfälle werden neben allgemeinen kardiovaskulären Risikofaktoren auch durch spezifische Risikofaktoren beeinflusst, die sowohl mit der Tumor­erkrankung selbst als auch mit den therapeutischen Massnahmen zusammenhängen (Tab. 1).
Dabei treten die Schlaganfälle häufig innerhalb des ersten Monats nach der Krebsdiagnose auf, wobei das Risiko insbesondere in den ersten drei Monaten nach Diagnosestellung signifikant erhöht ist und anschliessend wieder abnimmt (1).

Hyperkoagulabilität und Krebs

Bestimmte Krebserkrankungen wie Lungen-, Pankreas-, Gastrointestinal- und Ovarialkarzinome, insbesondere in lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Stadien, sind eng mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko verbunden. Darüber hinaus weisen vor allem histologische Adenokarzinome eine deutliche Assoziation mit thromboembolischen Ereignissen auf (2–5). Es wird angenommen, dass alle diese spezifischen und fortgeschrittenen Krebsformen zu einer Hyperkoagulabilität führen, indem prothrombotische Elemente (z. B. von Willebrand-Faktor, Tissue Factor, Tumorantigene, zirkulierende Tumorzellen und entzündungsfördernde Zytokine) in den Kreislauf freigesetzt werden (3, 6, 7).
Diese prothrombotischen Prozesse führen zu einer verstärkten Umwandlung von Fibrinogen in Fibrin sowie zu einer erhöhten Thrombinaktivität wodurch die Thrombusbildung begünstigt wird (4, 8–10). D-Dimere, Abbauprodukte von Fibrin, werden daher häufig als Marker für eine Hyperkoagulabilität verwendet und sind bei Krebspatienten mit Schlaganfällen deshalb oft stark erhöht (5). Auch die mikroskopische Zusammensetzung von krebs­assoziierten Thromben weist entsprechend oft einen höheren Fibringehalt auf als bei anderen Schlaganfallursachen (11). Der detaillierte Pathomechanismus der paraneoplastischen Gerinnungsstörungen ist jedoch insgesamt noch zu wenig verstanden und weitere Studien sind notwendig, um konkrete Behandlungsansätze zu entwickeln.

Krebstherapie als Risikofaktor für Schlaganfall

Krebstherapien können das Schlaganfallrisiko erhöhen, da sie prothrombotische Nebenwirkungen haben und die Blutgefässe schädigen können (12–15). Dabei ist auch bei diesem Prozess weitere Forschung zum genauen Verständnis der Pathophysiologie notwendig.

1. Chemotherapie: Gewisse Chemotherapeutika (Cisplatin, Bevacizumab, Thalidomid) können eine prokoagulierende Aktivität oder Erhöhung der Blutviskosität verursachen und erhöhen daher das Risiko eines Schlaganfalls (16). Darüber hinaus sind einige Chemotherapeutika (Doxorubicin, Cyclophosphamid) direkt toxisch für das Gefässendothel, was die lokale Bildung von Thromben fördern kann.
Ebenso können die kardiotoxischen Nebenwirkungen verschiedener Chemotherapien (z.B. Anthrazykline oder Trastuzumab) durch die Entstehung einer akuten und/oder chronischen Kardiomyopathie oder Herzrhythmusstörungen zu Schlaganfällen führen (17).
2. Immuntherapien: Checkpoint-Inhibitoren (z. B. Pembrolizumab, Nivolumab) können durch beschleunigte Zunahme von Atherosklerose thrombotische Ereignisse begünstigen. CAR-T Cell Therapien wurden ebenfalls mit Schlaganfällen assoziiert, aber der Mechanismus ist derzeit noch nicht geklärt (18, 19).

3. Hormontherapien: Bei bestimmten Krebsarten, insbesondere Brust- und Prostatakrebs, werden häufig Hormontherapien eingesetzt. Diese Therapien (z.B. Tamoxifen, Aromatasehemmer [z. B. Anastrozol, Letrozol] und LHRH-Agonisten [z. B. Goserelin, Leuprolid]) stören das hormonelle Gleichgewicht und können dadurch einen prothrombotischen Zustand induzieren.
4. Strahlentherapie: Strahlentherapie bei Tumoren im Kopf-Hals-Bereich kann zur direkten Schädigung der zerebralen Gefässe führen und weiterhin auch atherosklerotische Gefässveränderungen durch Entstehung von Plaques begünstigen. Beide Phänomene erhöhen langfristig das Schlaganfallrisiko.

Kardiovaskuläre Risikofaktoren bei Krebsassoziierten Schlaganfällen

Neben der direkten Wirkung des Tumors und seiner Therapie spielen klassische kardiovaskuläre Risikofaktoren eine erhebliche Rolle bei der Entstehung von Schlaganfällen bei Krebspatienten. Patienten mit Krebs haben häufig eine Reihe zusätzlicher «gemeinsamer» Risikofaktoren mit Schlaganfallpatienten, die das Schlaganfallrisiko weiter erhöhen (20, 21). Hierbei sind vor allem Hyper­lipidämie, arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus, Alkoholkonsum und Nikotinabusus aufzuführen.

Akuttherapeutische Möglichkeiten bei krebsassoziierten Schlaganfällen

Die Behandlung akuter Schlaganfälle bei Krebspatienten stellt eine besondere klinische Herausforderung dar, da die Hyperkoagulabilität und die vorliegenden kardiovaskulären Risikofaktoren dieser Patienten das Risiko von neuen thromboembolischen Ereignissen, Blutungen als auch von peri- und postinterventionellen Komplikationen erhöhen können (4, 13).

Intravenöse Thrombolyse

Studien haben gezeigt, dass die intravenöse Thrombolyse bei Schlaganfallpatienten mit Krebs im Thrombolysezeitfenster sicher durchgeführt werden kann. Krebspatienten zeigten nach einer Thrombolysebehandlung eine Verbesserung der Schlaganfall-Symptome. Allerdings besteht bei diesen Patienten ein erhöhtes Risiko für Nachblutungen, insbesondere bei metastatischen Erkrankungen oder bei fortgeschrittenem Tumorstadium (22, 23). Dabei wurde jedoch kein Unterschied zwischen symptomatischen intrakraniellen Nachblutungen nachgewiesen (24). Zusammenfassend ist die intravenöse Thrombolyse bei Schlaganfallpatienten mit Krebs eine sichere Behandlung, wobei jedoch aufgrund eines erhöhten Nachblutungsrisikos eine sorgfältige Abwägung der Risiken und Nutzen erforderlich ist.

Mechanische Thrombektomie

Im Allgemeinen haben Studien gezeigt, dass die Behandlung mittels mechanischer Thrombektomie von Schlaganfallpatienten mit Krebs sicher ist. Die langfristig
verbleibenden Defizite nach einer mechanischen Thrombektomie bei Schlaganfallpatienten mit Krebs waren
jedoch schlechter als bei Patienten ohne Krebs. Dieser Unterschied scheint aber hauptsächlich auf die Krebserkrankung selbst zurückzuführen zu sein und nicht primär auf das Ergebnis der mechanischen Thrombektomie an sich (25).

Prävention von krebsassoziierten Schlaganfällen

Primäre Prävention bei Krebspatienten zur Vermeidung von Schlaganfällen ist derzeit nicht indiziert (26, 27). Eine kürzlich veröffentlichte Literaturübersicht und eine Metaanalyse zeigten keine Reduktion der arteriellen Thrombosen (einschliesslich Schlaganfälle) bei Krebspatienten unter systemischer Therapie, die zur Primärprävention mit Antikoagulanzien behandelt wurden. Thrombozytenaggregationshemmer spielen eine Rolle bei der Primärprävention von arteriellen Thrombosen bei myelo­proliferativen Erkrankungen, werden aber nicht generell zur Primärprävention von Schlaganfällen empfohlen.

Sekundärprävention von krebsassoziierten Schlaganfällen

Post-hoc-Analysen von randomisierten klinischen Studien haben ergeben, dass es keine signifikanten Unterschiede zwischen direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK) und Aspirin in der Sekundärprävention bei Schlaganfallpatienten mit Krebs gibt (28). Aufgrund der jeweiligen Studiengestaltung sind diese Ergebnisse allerdings nicht ausreichend, um evidenzbasierte Empfehlungen zur Sekundärprävention abzugeben.
Aktuell werden basierend auf der Annahme ihrer Wirksamkeit auf die paraneoplastische Hyperkoagulabilität bei Krebspatienten zumeist DOAKs nach krebsassoziiertem Schlaganfall als Sekundärprävention eingesetzt. Eine Studie hat gezeigt, dass eine Senkung des D-Dimer-Spiegels durch Antikoagulanzien mit einer reduzierten 1-Jahres-Mortalität verbunden ist, was diese Hypothese unterstützt (29, 30).
Die Langzeitdurchführung einer Antikoagulation mit niedermolekularem Heparin hingegen wurde aufgrund der unzureichenden Patienten-Compliance infrage gestellt (31). Die Anwendung von DOAKs gilt als sicher, erfordert jedoch weitere Evidenz (32). Generell ist bei der Wahl der Sekundärprävention das spezifische Blutungsrisiko des individuellen Patienten zu berücksichtigen (33).
Ebenso kommt auch der Behandlung von generellen kardiovaskulären Risikofaktoren eine wichtige Bedeutung zu, um das Schlaganfallrisiko insgesamt zu reduzieren.

Fazit für die ärztliche Praxis

Krebsassoziierte Schlaganfälle sind eine erhebliche Herausforderung in der klinischen Praxis, insbesondere aufgrund der komplexen Wechselwirkungen zwischen Krebserkrankungen und thromboembolischen Ereignissen.
Dabei werden krebsassoziierte Schlaganfälle neben gemeinsamen kardiovaskulären Risikofaktoren auch durch spezifische krebsbedingte Einflüsse verursacht. Besonders Patienten mit fortgeschrittenen oder metastasierten Tumoren weisen ein erhöhtes Schlaganfallrisiko auf. Das Schlaganfallrisiko ist hierbei insbesondere in den ersten Monaten nach der Krebsdiagnose erhöht.
Zudem können bestimmte Krebsbehandlungen prothrombotische Zustände begünstigen. Hinsichtlich der Akutbehandlung gelten sowohl die intravenöse Thrombolyse als auch die mechanische Thrombektomie bei Krebspatienten als sicher durchführbar. Entsprechend ist eine schnelle notfallmässige Vorstellung auf einer Notfallstation beim Auftreten von Schlaganfallsymptomen von entscheidender Bedeutung.
Eine Primärprophylaxe von krebsassoziierten Schlaganfällen ist aktuell nicht indiziert.
Die Wahl der Sekundärprophylaxe in Abwesenheit klarer Richtlinien bleibt oft in der Entscheidung des behandelnden Arztes. Während DOAKs bei vielen Patienten aufgrund der zugrundeliegenden Hyperkoagulation bevorzugt werden, zeigen aktuelle Studien keine klare Überlegenheit gegenüber Thrombozytenaggregationshemmer.

Dr. med. Moritz Kielkopf

Neurologische Klinik, Inselspital
Rosenbühlgasse 25
3010 Bern

moritz.kielkopf@insel.ch

Prof. Dr. med. Hakan Sarikaya

Universitätsklinik für Neurologie
Inselspital Bern
Rosenbühlgasse 25
3010 Bern

Dr. med. Morin Beyeler

Universitätsklinik für Neurologie
Inselspital Bern
Rosenbühlgasse 25
3010 Bern

  • Patienten mit fortgeschrittenen oder metastasierten
    Tumoren haben ein signifikant erhöhtes Risiko für Schlag­anfälle, insbesondere in den ersten drei Monaten nach der Krebs­diagnose. Diese sind oft durch paraneoplastische Gerinnungsstörungen verursacht.
  • Krebsassoziierte Schlaganfälle werden durch prothrombo­tische Mechanismen begünstigt, die von fortgeschrittenen Krebsformen ausgelöst werden, wie die Freisetzung von Tissue Factor und anderen entzündungsfördernden Faktoren. Stark erhöhte D-Dimer-Werte sind ein häufiger Marker für diese Prozesse.
  • Gewisse Chemotherapien, Immuntherapien, Hormon­therapien sowie Strahlentherapie können durch prothrombotische Nebenwirkungen und Gefässschädigungen das Schlaganfallrisiko erhöhen.
  • Sowohl die intravenöse Thrombolyse als auch die mechanische Thrombektomie sind bei krebsassoziierten Schlagan­fällen sicher, erfordern jedoch eine sorgfältige Abwägung der Risiken aufgrund eines erhöhten Blutungsrisikos bei meta­stasierten Tumoren.
  • Während DOAKs häufig zur Sekundärprävention bei krebs­assoziierten Schlaganfällen eingesetzt werden, gibt es keine klaren evidenzbasierten Empfehlungen. Eine individuelle Risiko-Nutzen-Abwägung, einschliesslich des Blutungs­risikos und der Patienten-Compliance, ist entscheidend.

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Die Nerven-Kekse der Hildegard von Bingen. Ein Palmares von psychotropen Eigenschaften

Gewürze spielen in der Hildegard Medizin eine grosse Rolle und werden in vielfältiger Weise auch als Heilmittel eingesetzt. Ein bekanntes Beispiel sind die Nerven-Kekse, die für eine bessere Befindlichkeit sorgen. Die Gewürz-Mischung der Nerven-Kekse enthält Muskat-Nuss, Zimt und Nelken. Muskat-Nuss ist bekannt für die psychoaktiven Inhaltsstoffe Myristicin. Safrol, Elemicin und Eugenol, alles Verbindungen aus der Familie der Allylbenzole. In Tierversuchen wurde gezeigt, dass Allylbenzole zu stickstoff-haltigen Amino-
Ketonen metabolisiert werden, die angeblich für die Psychoaktivität verantwortlich sind.

Im Handbuch der Pharmakognosie von Alexander Tschirch findet sich ein Hinweis auf eine weitere psychotrope Komponente in der Muskatnuss mit unbekannter chemischer Struktur. Mehrere Autoren berichteten über eine opium-ähnliche Wirkung dieses Inhaltsstoffes. Dazu passend wird in neueren Arbeiten der Nachweis von Alkaloiden in der Muskatnuss erbracht. Bei der Herstellung von Nerven-Keksen hat man die Möglichkeit, ein alkaloid-freies Produkt herzustellen, indem man Macis («Muskat-Blüte») oder ätherisches Muskat-Öl anstelle von Muskatnuss verwendet. Muskat-Nuss und Macis enthalten weitere pharmakologisch wirksame Bestandteile in Form der Lignane Licarin und Malabaricon mit Wirkung auf das endocannabinoide System beim Menschen.

Eine weitere Komponente in der Gewürzmischung besteht aus dem ätherischem Öl Eugenol aus den Nelken. Eugenol ist ein Allylbenzol mit bekannter Fisch-Toxizität mit schnellem Wirkungseintritt der Narkose bei der Verwendung, z.B. in der Fisch-Zucht. Eugenol stand am Anfang bei der Entwicklung von Propofol (Disoprivan) als Narkose-Mittel. In Anlehnung an die Propofol-Daten steht eine Beteiligung der GABA-Rezeptoren bei der zentralen Wirkung der Allylbenzole in der Muskatnuss im Vordergrund. Bekanntlich unterliegt Propofol einem ausgeprägten First-Pass-Effekt und ist daher nach peroraler Einnahme wirkungslos. Die Aktivität von Glykoprotein P bestimmt das Ausmass des First-Pass-Effekts und es gibt mehrere Beispiele wo die Hemmung von Glykoprotein P für eine erhöhte systemische Verfügbarkeit von oral verabreichten Substanzen erhöht wird. Wohl das wichtigste Beispiel für diese Hemmung findet sich mit Alkohol. Falls diese Überlegung auch auf die Allylbenzole zutrifft, dann wäre bei den Nerven-Keksen eine erhöhte Wirkung zu erwarten, wenn sie in Kombination mit Alkohol eingenommen werden. Das könnte im Kloster bei Hildegard von Bingen sehr wohl der Fall gewesen sein, weil die Einnahme von Bier wegen der Ungeniessbarkeit von Wasser im Mittelalter weit verbreitet war.

Was die Verwendung von Zimt in der Gewürz-Mischung betrifft, könnte es sich um eine Fehlinterpretation bei der Übersetzung des Begriffs «Cinnamomum» im lateinischen Originaltext handeln. Cinnamomum kann anstatt mit Zimt auch korrekt mit Kampfer übersetzt werden. Der Kampfer und seine Wirkung waren bei der Äbtissin Hildegard von Bingen (1089-1179) gut bekannt. An anderer Stelle berichtet sie, dass die Verwendung von Kampfer die Aufmerksamkeit bei ihren Ordens-Schwestern im Gottesdienst fördert. Daher ist es naheliegend, dass Kampfer anstelle von Zimt bei der Herstellung der Gewürzmischung verwendet werden kann. Eine neue Rezeptur bei der Herstellung der Gewürzmischung unter Verwendung von natürlichem rechtsdrehendem Kampfer wird erwartungsgemäss eine verstärkte Wirkung gegen die Herbst-Melancholie und gegen den Winter-Blues zeigen. Die zusätzliche Verwendung von Zimt gibt der Gewürzmischung eine olfaktorische Note, die für eine weihnächtliche Stimmung sorgt.

Prof. em. Dr. pharm. A. Küpfer
Herzogenbuchsee