Gränzetürli

Ein Bericht von Heinz Staffelbach in der Sonntagsausgabe der Neuen Zürcher Zeitung vom 26. Mai 2019 hat uns dazu motiviert, wie empfohlen an einem drückend heissen Sommertag ein einzigartiges Naturschutzgebiet zwischen Udligenswil und Meggen bei Luzern zu entdecken. Dieses liegt mit seinen Wäldern und Moorgebieten im Bereich von auffälligen Geländerippen, die von Nordosten nach Südwesten verlaufen. Diese wurden während der alpinen Gebirgsbildung aufgeworfen. Die von Süden her dem älteren Gotthard- und Aaremassiv überschobenen Decken pflügten im Norden die im Bereich des heutigen Mittellandes liegenden Molasseschichten vor sich her. Die enormen Kräfte bewirkten, dass die mächtigen Nagelfluhbänke der Rigi nach Norden ausstreichend aufgeworfen wurden, während es westlich von Küssnacht nur noch zu kleinen Aufschiebungen reichte, die die heutige Rippenlandschaft bilden.

Ein Bericht von Heinz Staffelbach in der Sonntagsausgabe der Neuen Zürcher Zeitung vom 26. Mai 2019 hat uns dazu motiviert, wie empfohlen an einem drückend heissen Sommertag ein einzigartiges Naturschutzgebiet zwischen Udligenswil und Meggen bei Luzern zu entdecken. Dieses liegt mit seinen Wäldern und Moorgebieten im Bereich von auffälligen Geländerippen, die von Nordosten nach Südwesten verlaufen. Diese wurden während der alpinen Gebirgsbildung aufgeworfen. Die von Süden her dem älteren Gotthard- und Aaremassiv überschobenen Decken pflügten im Norden die im Bereich des heutigen Mittellandes liegenden Molasseschichten vor sich her. Die enormen Kräfte bewirkten, dass die mächtigen Nagelfluhbänke der Rigi nach Norden ausstreichend aufgeworfen wurden, während es westlich von Küssnacht nur noch zu kleinen Aufschiebungen reichte, die die heutige Rippenlandschaft bilden. Der gewaltige Druck auf die Molasse während der Bildung der Alpen wurde aber quer durch das Mittelland übertragen und führte zur Auffaltung des Juragebirges. Die aufgeschobenen Rippen zwischen Udligenswil und Meggen wurden anschliessend während den Eiszeiten rund geschliffen.

Zwischen den aus harter Nagelfluh bestehenden Rippen liegen wasserundurchlässige Mergelschichten, die zu Mulden ausgewaschen wurden und die Bildung von Mooren ermöglichten.
Wir starten beim Restaurant Frohsinn in Udligenswil, das auch zur Einkehr vor oder nach der Wanderung bestens empfohlen werden kann. Wir wenden uns gegen Süden, queren die Landstrasse und das Tälchen des Würzebachs zum Waldrand hinüber. Von ferne leuchten die Berner Alpen mit Eiger, Mönch und Jungfrau herüber. Im Wald stossen wir auf einen breiten Weg, der noch Reste einer Pflästerung aufweist. Dieser führt uns auf die Ostseite der Rippe, auf der der Undere Wald liegt. Bei der fünften Wegverzweigung wählen wir den nach Südwesten abbiegenden Weg zum Teuffe- und Haseried. Hier wurde noch bis Ende des 2. Weltkrieges Torf gestochen, zur Befeuerung der Eisenwerke in Emmen. Immer in gleicher Richtung, eingeklemmt zwischen zwei Geländerippen erreichen wir durch Wald zuerst das Weiherried und später den Moorsee bei den Häusern von Wagemoos. Hier erwartet uns das muntere Quaken von Fröschen und der herrliche Duft der an besonnter Hauswand hochrankenden Rosen. Bänke laden an diesem wunderbaren Ort zum Rasten ein.
Südwestlich des Sees schwingen wir uns auf die Geländeerhebung im Osten, bevor wir zum Gränzetürli absteigen. Hier erfahren wir auf einer Informationstafel, dass im 18. Jahrhundert die Oberen durch Zollerhebungen an jedem erdenkbaren Ort ihre Einnahmen zu erhöhen versuchten, während die Handeltreibenden und Reisenden dies verständlicherweise zunehmend als eine unerträgliche Schikane empfanden. Entsprechend begannen sie die Zollstationen wo nur immer möglich zu umgehen, so auch zwischen Meggen und Udligenswil. Über das Gränzetürli bestand damals eine solche Route, um schadlos in den Kanton Schwyz oder in umgekehrter Richtung auf Luzerner Gebiet zu gelangen. Gegen Westen erreichen wir leicht ansteigend eine dreifache Wegverzweigung. Wir wählen jene nach rechts, überqueren nach wenigen Metern einen breiten Weg und steigen anschliessend wieder in südwestlicher Richtung ins Tälchen des Foremooses ab.
Nach der Überschreitung der Autostrasse in einer leider unübersichtlichen Kurve finden wir im Süden die Fortsetzung unseres Weges. Dieser erklimmt die Rippe, die das Foremoos nach Süden begrenzt und folgt dieser bis zu einem breiten Waldweg, über den wir die letzte Moorlichtung vor Meggen, das Bächtelemoos erreichen. Entlang des abfliessenden Baches gelangen wir schliesslich zum Waldrand bei der Buchmatt von Meggen, wo sich beim Englischen Friedhof eine Bushaltestelle der Linie 25 Richtung Luzern anbietet. Wer noch etwas weiter gehen und für die Rückfahrt nach
Udligenswil nicht umsteigen möchte, der wendet sich bei den roten Häusern am Waldrand gegen Norden und findet so den Weg zum Würzebach hinunter. Wir entscheiden uns für die Quartierstrasse, die jenseits des Baches in einem Schlag Richtung Osten zur Strasse nach Adligenswil hinauf führt. Dort treffen wir auf die Haltestelle Schädrütihalde der Buslinie 73, die uns nach Udligenswil zurückbringt (Abb. 4). Auf der Rückfahrt und im Trubel der Luzerner Agglomeration erscheint uns die Stille des soeben durchwanderten Naturschutzgebietes wie eine Fata morgana.

Aufgepasst

In dieser Rubrik werden Berg- und Schneeschuhwanderungen vorgestellt, die in der Regel wenig bekannt sind, zu aussergewöhnlichen Orten führen und die Genugtuung einer besonderen persönlichen Leistung bieten, sei es, dass man sich am Abend nach der Arbeit noch zu einer kleinen körperlichen Anstrengung überwindet, bzw. sich in ein oder zwei Tagen abseits breit getretener Wege unvergessliche Naturerlebnisse erschliesst. Zur besseren Beurteilbarkeit des Schwierigkeitsgrades der Tourenvorschläge wird jeweils eine Einschätzung anhand der SAC-Skala für Berg- (B, EB, BG) und für Schneeschuhwanderungen (WT 1–6) gegeben. Die schwierigste Wegstelle, unabhängig von ihrer Länge, bestimmt jeweils die Gesamtbewertung der Route. Letztendlich bleibt aber jeder selbst für die Beurteilung seiner Fähigkeiten und Eignung für die vorgestellte Wanderung verantwortlich. Die Gehzeiten sind Richtwerte und gelten für normal trainierte Wanderer. Sie müssen nicht zwingend mit den Angaben auf Wegweisern übereinstimmen.

Prof. Dr. med. dent. Christian E. Besimo

Riedstrasse 9
6430 Schwyz

christian.besimo@bluewin.ch

Mostelberg – Schwyz

Johann Wolfgang Goethes Übergang auf dem alten Pilgerweg von Einsiedeln nach Schwyz war von einiger Unbill begleitet und zwang den Dichter und Forscher zur Übernachtung in der Herberge auf der unwirtlichen Haggenegg. Der kleine Übergang zwischen dem Alptal und dem Talkessel von Schwyz kann auch heute noch seine Tücken haben bei garstigem Sommer- oder Winterwetter. Als unvergesslich ist mir die nächtliche Überquerung des Passes als Begleitung der Primarschulklasse unserer Tochter Julia geblieben. Zu Beginn waren die Fünftklässler kaum zu bremsen, drei laut schnatternde Schulklassen verliessen den Flecken Schwyz, als wären sie Wothans wilde Schar. Beim kleinen Schulhaus Haggen, das allem Widerstand zum Trotz geschlossen wurde, gab es eine stärkende Suppe. Dennoch hatte ich danach zwei müde Buben an der Hand, die ich mit Erzählen von Geschichten bis zum Pass hochschwatzte, wo sie sich artig bei mir bedankt hatten mit dem Hinweis, den Abstieg ins Tal würden sie nun selber schaffen. Ich bewunderte die Kinder, die eisern bis Einsiedeln durchhielten und erst dort beim Frühstück mehrheitlich den Kopf auf die Tischplatte legten zu einem kurzen Nickerchen, um anschliessend wieder fitt zu sein für die Besichtigung des Klosters. Eine weitere unvergessliche Erinnerung ist an eine Vollmondnacht im Winter geknüpft, in der ich mit Schneeschuhen vom Mostelberg aus nach Schwyz gewandert bin.
Heute wählen wir das Tageslicht und die Luftseilbahn von Sattel auf den Mostelberg, weil dieser Aufstieg wenig bietet. Bei der Bergstation wenden wir uns gegen Südosten Richtung Herrenboden. Wir durchwandern ein Feuchtgebiet, in dem im Frühjahr ungezählte Orchideen blühen. Im Herrenboden lädt das gleichnamige Gasthaus die bereits Durstigen zu einer Stärkung ein. Bis zur Mostelegg im Süden folgen wir dem Natursträsschen. Auf diesem Übergang öffnet sich der weite Blick auf den Talkessel Schwyz bis hin zum Vierwaldstätter See zwischen dem Rigimassiv und Niederbauen, Oberbauenstock sowie Uri Rotstock (Abb. 1).

Hier zweigt gegen Osten auch der Fussweg zur Haggenegg ab, die den Südhang des Hochstuckli quert. Neben dem Gasthaus steht noch die frisch renovierte Kapelle am Pilgerweg, zu Beginn des stotzigen Abstiegs nach Schwyz. Wir folgen diesem nur ein kurzes Stück, bevor wir in südlicher Richtung zum Stockwald und zur Lichtung von Schwändi auf der Westseite des Kleinen Mythen queren (Abb. 2 und 3). Das Quellgebiet des Nietenbachs unterhalb des Haggen liegt in einem nie zur Ruhe kommenden Rutschgebiet mit Verwerfungen und sumpfigen Tümpeln. Es fällt nicht schwer sich vorzustellen, dass dieser Abstieg dem um sein Gepäck besorgten Goethe kaum gefallen hat, bei Regen sowie ausgerüstet mit Schuhwerk und Kleidern, die alles andere als wetter- und trittfest waren.

Unser bequemerer Weg, den wohl auch Goethe vorgezogen hätte, verlässt die Lichtung von Schwändi an ihrer Südwestecke. Er windet sich, gut mit Bruchsteinmauern befestigt, aber kaum begangen in wenigen Kehren durch den Brändliwald zum Bauernhof von Dietental hinunter. Wir meiden dabei das in der ersten Kehre abgehende Forststrässchen, das in den weiter südlich gelegenen Mythenwald am Fuss des Grossen Mythen hinüberquert. Ab Waldrand führt eine asphaltierte Fahrstrasse über das steil am Hang liegende Quartier Loo nach Schwyz hinunter. Bei gemähten Wiesen sind viele kreative Abkürzungen möglich, die wir gerne jedem Einzelnen überlassen.
Am oberen Dorfrand zwischen dem Hinterdorf und der Mangelegg wenden wir uns durch das Einfamlienhausquartier Richtung der Kirche St. Martin von Schwyz und gelangen so zu den Herrenhäusern im Feldli unweit der noch herrschaftlicheren Ital Reding Hofstatt. Diese Herrenhäuser sind beredte historische Zeugen des Reisläuferwesens, an dem Schwyzer Offiziere in fremden Diensten gut verdient haben. Sie verdingten die auf den Höfen überzähligen Männer an die verschiedensten Herrscherhäuser Europas, sodass es nicht selten vorkam, dass sich auf den zahlreichen Schlachtfeldern Vater und Sohn oder Brüder gegenüber standen. Die zu Wohlstand und lokaler Macht gelangten Schwyzer Offiziere stellten auch, neben den anderen Ständen der alten Eidgenossenschaft die Landvögte im Tessin, die nicht nur über die strategisch wichtigen Passwege zu wachen hatten, sondern sich an dem mausarmen Landstrich zusätzlich bereicherten – ein Thema, das man noch heute im Flecken Schwyz besser nicht anspricht. Erst im Rahmen der napoleonischen Kriege vermochte sich das Tessin vom Joch der fremden Herren von jenseits des Gotthards zu befreien.

Unterhalb der Dorfkirche liegt der leider nicht verkehrsfreie Hauptplatz von Schwyz mit dem schmucken Rathaus, auf dessen Westfassade die Schlacht von Morgarten in kräftiger Bildersprache dargestellt ist. Platz und Kirche werden überragt vom mächtigen Klotz des Grossen Mythen, dem Meinrad Inglin in seinem Roman ,Die Welt in Ingoldau‘ den Namen Rothorn gegeben hat. Wer dem Wesen dieses Ortes näher kommen möchte, dem sei dieses Werk bestens zur Lektüre empfohlen. Es hat Inglin seines treffenden Inhalts wegen nicht nur Freunde eingebracht. Westlich des Hauptplatzes liegt der Busbahnhof, wo die Linie 7 nach Sattel abgeht (Abb. 4)

Prof. Dr. med. dent. Christian E. Besimo

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christian.besimo@bluewin.ch

Über die kargen Schrattenfelder am Pragelpass

Für den nächsten Tag ist ausgiebiger Schneefall angesagt und somit heute die letzte Gelegenheit, ohne Ski oder Schneeschuhe zur Silberen am Pragelpass aufzusteigen. Auf der Passhöhe beginnt unser Aufstieg beim Denkmal zum Gedenken an die Übergabe der neuen Fahrstrasse 1974 durch den damaligen Kommandanten des Gebirgsarmeekorps, F. Wille, an die Zivilbehörden. Der schmale Pfad windet sich gegen Osten den steilen Hang des Ruch Tritts und mit einem weiten Schlenker gegen Süden zu den Alphütten von Butzen hinauf. Hier steht der letzte Brunnen bis weit jenseits des Gipfels der Silberen für alle, die bis dahin ihre Wasserflaschen noch nicht aufgefüllt haben.

Gleich oberhalb der Hütten beginnen die Schrattenfelder am Rampferenstöckli, die jeden Tropfen Wasser in der Tiefe der zahllosen Schründe verschwinden lassen (Abb. 2). Die grauen Karren und Schratten, die im Licht- und Schattenspiel der Sonne mit den Wolken immer wieder weiss aufleuchten, narren das Auge, als wären sie ein vor Ewigkeiten zu Stein erstarrter Gletscher. Kein Wunder, dass sich um diese abweisende Felsenwüste ungezählte Sagen und Geschichten ranken. Der Weg ist heute gut markiert im Gegensatz zu früheren Zeiten. Trotzdem wünscht man sich keinen Nebel und schon gar keinen Schneefall, der die Wegzeichen überdecken würde.

Im östlichen Ausläufer der Butzenwand braucht es auch einmal die Hände, um ein paar grössere Stufen zu überwinden. Im Bereich des Ochsenstrichs verlässt der Weg für einen Augenblick die scharfen Schrattenklüfte und führt über Kies zum Gipfelaufschwung, hinter dem endlich das Massiv des Glärnisch mit dem Vrenelisgärtli auftaucht (Abb. 3). Gegen Südosten ragt der Bös Fulen und der Grisset auf, im Süden der Pfannenstock. Im Norden liegen die steilen Wände des Drus- und Forstbergs, gegen Westen reicht der Blick weit über das Muotathal hinaus.

Ein weiter runder Rücken bildet den Gipfel der Silberen, der nach allen Seiten etwa gleich aussieht. Deshalb lohnt es, sich gut zu orientieren, bevor man auf einer anderen Route den Abstieg in Angriff nimmt. Wir wenden uns ziemlich genau nach Süden in Richtung der kargen Weiden der Oberist Twärenenalp. Dort stossen wir erstmals wieder auf Wasser, das aus einer Quelle in einen kleinen Holztrog sprudelt. Beim Geländepunkt 2136 Meter wenden wir uns gegen Westen und folgen dem Pfad über Mittlist und Underist Twärenen zum nächsten Ruch Tritt, der in das kleine Charental hinunterführt. Dort zweigt ein Weg gegen Norden ab, über den man wieder die Butzenalp erreichen könnte. Wir steigen aber weiter gegen Nordwesten ab und lassen die Oberist Hütte im Süden liegen. Im Zingel, wo wir die Ausläufer des Bödmerenwaldes mit seinen teilweise mehrere hundert Jahre alten Fichten erreichen, nehmen wir den in nördlicher Richtung abzweigenden Pfad (Abb. 1). Dieser leitet uns, vorerst leicht ansteigend am Chalberloch vorbei, zum Stafel am Pragelpass zurück (Abb. 4).

Der Ortsname Chalberloch weist auf die vielen abgrundtiefen Schründe und Einsturzdolinen des Silberengebietes hin, in die nicht nur Vieh, sondern auch Menschen gestürzt und für immer verschwunden sind. Es ist und bleibt ein wildes Gebiet, das noch heute den Menschen in seinen Bann zu ziehen vermag, ganz besonders an Tagen wie heute, vor den Wolken des aufkommenden Sturmtiefs.

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Ein vergessener Ort hoch über der Magadinoebene

Die Alpe di Ruscada liegt am bergseitigen Ende der unwegsamen Valle di Cugnasco, einem der wenig beachteten kleinen Täler unmittelbar nördlich der Piano di Magadino. Die Alp ist eingebettet zwischen den Felskreten des Madonetto im Westen und der Cima di Morisciolo im Osten. Gegen Norden begrenzt die Cima dell’Uomo die Alpweiden. Ein kleiner Pass erlaubt den Übergang in die Val della Porta der Valle Verzasca mit den weiten Weiden der Alpe Mognora und der Capanna Borgna, die aus den Häusern des obersten Stafels dieser Alp errichtet wurde. Vor rund 40 Jahren war auch dieser oberste Stafel noch mit Grossvieh bestossen und übernachteten wir dort in der zugigen Alphütte, wärmten uns am offenen Feuer, dessen Rauch zwischen den Steinplatten des Daches und durch die offene Tür abzog. Heute erwarten uns zwei komfortable Selbstversorgerhütten, in denen nicht nur Gas- und Holzherd zur Verfügung stehen, sondern auch eine warme Dusche möglich ist.
Eine Fahrstrasse führt gegen Nordwesten von Cugnasco über Agarone und Monti di Ditto zu den Monti di Motti hinauf. In der Val del Carcale zweigen wir bei der Höhenquote 1028 Meter gegen Südosten ab und erreichen nach kurzer Zeit den Parkplatz bei der Barriere auf den Monti della Motta. So lassen sich die ersten 900 Höhenmeter leicht überwinden. Zu Fuss folgen wir weiter der Fahrstrasse bis zu den Häusern der Monti della Gana. Hier zweigt ein Bergweg gegen Osten ab und schwenkt später gegen Nordosten in die Valle di Cugnasco ein. Talseitige Abzweigungen lassen wir unbeachtet. Immer steiler fallen die Talflanken in die Schlucht, bis der gute Weg eine überhängende Felswand umgeht und schliesslich in östlicher Richtung zu den Alpweiden von Ruscada mit den Corti di fondo, di mezzo und di cima hinüberleitet. Nun lassen wir die letzten Geräusche des hektischen Lebens unten in der Ebene endgültig hinter uns zurück und sind plötzlich von einer tiefen Stille umgeben, die nur noch vom Rauschen des Baches durchbrochen wird. Jetzt im Herbst erstrahlt der Bergwald in den herrlichsten Farben, leuchten die Alpweiden goldgelb (Abb. 1).

Abb. 1: Alpe di Ruscada, Corte di fondo

Beim Corte di mezzo können wir uns noch nicht für ein Bad in einem der grün schimmernden Felsenbecken motivieren und folgen gleich dem Pfad in exakt nördlicher Richtung zum Corte di cima, wo wir Mittagsrast halten. Die aus dem anstehenden Gneis erbauten Alphütten verschmelzen mit den Geröllhalden, die vom Madonetto herunterziehen. Einige kleine und ein grösseres Stallgebäude sind direkt an oder unter Felsblöcke gebaut, eine mächtige
Felsplatte diente als Dach für einen Keller, in dem Milch, Butter und Käse kühl gelagert werden konnten. Das am weitesten talwärts liegende Stallgebäude wurde bergwärts durch eine massive Steinmauer gegen Steinschlag und Lawinen geschützt. Ein Rundgang macht einerseits deutlich, unter welch einfachen Bedingungen die Menschen noch im letzten Jahrhundert die Sommermonate in dieser Abgeschiedenheit verbringen mussten, sich andererseits aber auch auf äusserst geschickte Weise den Gegebenheiten der Natur anzupassen wussten (Abb. 2).

Abb. 2: Alpe di Ruscada, Corte di cima

Immer gegen Norden steigen wir zu dem kleinen Passübergang auf, über den wir später gegen Südwesten die Capanna Borgna erreichen. Vorerst gönnen wir uns allerdings noch ein herbstlich erfrischendes Bad in einem der letzten Wasserbecken des Baches und lassen uns anschliessend in der warmen Sonne trocknen. Auf Borgna treffen wir zwar keine Menschenseele an, werden dafür aber durch eine grosse Herde schwarzer Ziegen der Nera Verzasca-Rasse begrüsst. Diese nehmen sich neugierig unserer glücklicherweise gut verschlossenen Rucksäcke an, während wir den Schalensteinen nachgehen, die auf eine bereits sehr frühe Besiedelung der Valle Verzasca hinweisen. In der Hütte findet sich eine Beschreibung dieser Steine.
Für den Abstieg wählen wir den Pfad, der gegen Süden zur Forcola östlich der Cima di Sassello quert und danach in mehreren langen Kehren zu den Monti di Gana zurückführt. Vorerst beherrscht uns der weite Rundblick vom Pizzo di Vogorno über die Val della Porta bis hin zu den Walliser Alpen, später der Tiefblick auf die Piano di Magadino und den Lago Maggiore (Abb. 3).

Abb. 3: Im Abstieg zur Forcola mit Blick auf die Val della Porta und den Corte di fondo der Alpe Mognora

Wir können uns nicht genug sattsehen am herbstlichen Aufflammen der Farbenpracht, bevor der Winter seinen Einzug halten wird. Entlang der Fahr-strasse zurück zu den Monti della Motta leuchtet hoch über uns die Felszinne des Sassariente im abendlichen Licht und lässt uns den harten Strassenbelag vergessen (Abb. 4).

Abb. 4: Routenverlauf

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Wundervoll wie ein guter Tropfen Wein

Diese Wanderung führt uns in ein Gebiet, das ich mit meinen Eltern schon als kleiner Junge erkundet hatte. Damals war Montana noch ein kleines Feriendorf und die Meinung über die im Bau befindlichen ersten grossen Ferienhäuser sehr gespalten, die in Form überdimensionierter Chalets in die Landschaft gesetzt wurden. Die Frauen auf den Maiensässen trugen noch ihre schwarze Arbeitstracht und strickten, die eine Nadel unter dem Arm eingeklemmt, während sie das Vieh hüteten. Die Alpweiden waren von grossen Herden der stämmigen, schwarzen Eringer Kühe bestossen, das Glockengeläut und Muhen der Tiere weit herum zu hören. Diese Bilder steigen auch heute wieder in mir auf und es ist mir, als würde ich das Rufen der Hirten und das Bellen der Herdenhunde wieder hören. Doch mittlerweile hat sich Vieles im Zeichen des Massentourismus verändert.

 

Wir folgen der Suone, wie die deutsche Bezeichnung dieser Wasserführungen lautet, bis zur Kreuzung mit der Fahrstrasse, die zur Cave de Merdechon hinaufführt. Dort liegt, gleich hinter der nächsten Bodenwelle versteckt, die ganzjährig bewirtete Cabanne de la Tièche, wo wir als erste Gäste des Tages bei heissem Kaffee den Blick über die Alpweiden von Montagne du Sex und Montagne du Plan bis hinauf zu den Faverges schweifen lassen, den Felskamm, der den Glacier de la Plaine Morte nach Süden begrenzt.

Wir verlassen später die Fahrstrasse an der Stelle, wo sie zur Tièche hinunter leitet, und queren auf einem schmalen Pfad zur Steilstufe im Norden hinüber, über die das Gletscherwasser in mehreren Fällen in die Tiefe stürzt. Eine abschüssige Passage ist mit Fixseilen und in die Felsen geschlagene Stufen gut gesichert. Danach erreichen wir den hohen Wasserfall, der über die Wand der Arête de Nusey herunterstürzt (Abb. 1). Über eine kleine Brücke gelangen wir zum Wandfuss und lassen uns die Dusche unter dem herabstürzenden Wasser nicht nehmen. Allerdings müssen wir uns mit dem Sprühwasser begnügen, da die Gewalt der Wassermassen der Hitze der letzten Wochen wegen zu gross ist.
Der Weg wendet sich nun gegen Osten in Richtung des Mont Bonvin, dem grösseren Bruder des Kleineren, zu dem wir unterwegs sind. Oberhalb der Creux de la Tièche zweigt unser Pfad auf genau 2300 Metern Höhe gegen Süden ab. Über die schmale Weide der Alpage de Béveron gewinnen wir schliesslich den Felskopf des Petit Mont Bonvin (Abb. 2). Zum Gipfel gelangt man über eine gegen Norden ausstreichende Verschneidung. Hier ist bei feuchtem Untergrund Vorsicht geboten. Die Aussicht ist atemberaubend. Jenseits des Rhonetales schimmert die schier endlose Reihe der Walliser Viertausender, eine prachtvolle Rundsicht, zu der, getreu dem Namen des kleinen Berges, auf dem wir stehen, ein guter Tropfen Wein gehört (Abb. 3).

Der Abstieg über die weiten Alpweiden von Les Granzettes hinunter zum langen Stallgebäude von Prabaron lässt sich vom Gipfel aus gut planen. Unseren Gelenken zu liebe meiden wir die harten und steinigen Alpsträsschen. Den letzten Abschnitt unserer kleinen Rundwanderung kürzen wir über die stotzige Waldschneise ab, die gegen Osten zur Cave de Colombire hinunter leitet (Abb. 4). Hier hat sich mittlerweile die Masse der Spätaufsteher versammelt und begrüsst uns mit Lärm und Klamauk – wo ist nur das Geläut der Glocken, das Rufen der Hirten geblieben?

Aufgepasst

In dieser Rubrik werden Berg- und Schneeschuhwanderungen vorgestellt, die in der Regel wenig bekannt sind, zu aussergewöhnlichen Orten führen und die Genugtuung einer besonderen persönlichen Leistung bieten, sei es, dass man sich am Abend nach der Arbeit noch zu einer kleinen körperlichen Anstrengung überwindet, bzw. sich in ein oder zwei Tagen abseits breit getretener Wege unvergessliche Naturerlebnisse erschliesst. Zur besseren Beurteilbarkeit des Schwierigkeitsgrades der Tourenvorschläge wird jeweils eine Einschätzung anhand der SAC-Skala für Berg- (B, EB, BG) und für Schneeschuhwanderungen (WT 1–6) gegeben. Die schwierigste Wegstelle, unabhängig von ihrer Länge, bestimmt jeweils die Gesamtbewertung der Route. Letztendlich bleibt aber jeder selbst für die Beurteilung seiner Fähigkeiten und Eignung für die vorgestellte Wanderung verantwortlich. Die Gehzeiten sind Richtwerte und gelten für normal trainierte Wanderer. Sie müssen nicht zwingend mit den Angaben auf Wegweisern übereinstimmen.

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Schneeschuhtour im Winterlicht der Birkenwälder

Diese Schneeschuhtour auf den Monte Bigorio entführt uns in eine glazial geprägte, vom Nordföhn oft umtoste Landschaft mit jungen Birkenwäldern, die die weiten ehemaligen Weide- und Anbauflächen der Capriasca allmählich zurückerobern. Ein Seitenarm des Tessingletschers hat nicht nur die Felsformationen am Monte Ceneri, sondern auch in der Val Capriasca glatt geschliffen und an der Gola di Lago einen glazialen Restsee hinterlassen, der mittlerweile zu einem kleinen Hochmoor verlandet ist. Der Westkamm der Val Capriasca stellte bis zum Ende des Kalten Krieges auch eine militärstrategisch wichtige Geländeformation am Passübergang des Monte Ceneri dar und wurde in den zwei Weltkriegen massiv befestigt, wie wir noch sehen werden.
Wir starten unsere Rundtour gleich beim Parkplatz auf der Passhöhe von Gola di Lago und überschreiten in westlicher Richtung den ersten Rundhöcker mit der Höhenquote 994 Meter. Wir durchqueren das kleine Tälchen jenseits des Hügels, vorbei an einem weiteren Parkplatz zum Nordhang der Cima di Lago hinüber. Über diese Flanke, die häufig dank des angreifenden Nordföhns eine eher wenig tiefe Schneedecke aufweist, gewinnen wir den Gipfel (Abb. 1).

Abb. 1: Im Aufstieg zur Cima di Lago mit Blick auf den Monte Bar und Caval Drossa

Auf der südlich des Gipfels gelegenen Felsformation steht ein Denkmal zu Ehren der Soldaten, die seit 1938 in der Grenzbrigade 9 zum Schutz der südlichen Grenze im Tessin gedient haben. Die Einheiten der Brigade und die Namen ihrer Kommandanten sind aufgeführt. Das Denkmal ist als nach Süden offene Schutzhütte mit schrägem Dach gestaltet, deren hoch aufragende Stütze zugleich als Kamin für eine offene Feuerstelle dient. Erst beim Umgehen des Felskopfes realisieren wir, dass das Denkmal auf dem zentralen Infanterieverteidigungswerk im Bereich von Gola di Lago errichtet worden ist. Es besteht aus zwei Kampfstellungen für Maschinengewehre und einem unterirdischen Unterstand mit Notausgang. Zur Sicherung dieses örtlich wichtigen Infanteriebunkers wurde im gegenüberliegenden Hügel ein Stützwerk mit zwei Maschinengewehrstellungen angelegt. Auch diese Anlage wurde mit einem allerdings kleineren Unterstand versehen. Ein Teil des Infanteriehindernisses aus Stacheldraht ist belassen worden, das das vermutlich auch zur Verminung vorgesehene Vorfeld zusätzlich sicherte.
Auf dem Weiterweg überschreiten wir den Matro di Stinche und umgehen im folgenden Sattel die Umzäunung der gleichnamigen Maiensiedlung gegen Westen (Abb. 2).

Abb. 2: Im Birkenwald zwischen der Cima di Lago und dem Matro di Stinche, im Hintergrund der Monte Tamaro

Wir passieren den Sattel gegen Osten, wenden uns bei den ersten Häusern gleich wieder gegen Süden und steigen über den Nordhang des Monte Bigorio zu dessen lang gezogenem Grat hinauf. Auch hier profitieren wir wieder von der Vorarbeit des Nordwindes und erreichen schon kurz nach der Senke wieder eine dünnere, gut spurbare Schneedecke. Es lohnt sich, den höchsten Punkt des Monte Bigorio zu überschreiten und bis zum Geländepunkt 1167.2 Meter südlich der Hütten von Moschera zu queren, da sich dort der Blick auf das gesamte Umland von Lugano und bei klarer Sicht weit über den Ceresio hinaus bis zum Appenin und den Seealpen öffnet. In der Nähe umgibt uns ein verschneiter Kranz von Bergen, von Ost nach West Caval Drossa, Monte Bar, Cima di Fojorina, Denti della Vecchia, Monte Boglia, Sighignola, Monte Generoso, Monte S. Giorgio und die Krete vom Monte Lema bis zum Tamaro. Gegen Norden erheben sich jenseits des Ceneri die Berge um die Valle Verzasca (Abb. 3).

Abb. 3: Ausblick vom Geländepunkt 1167.2 m auf die Verzascheser Berge

Nach ausgiebiger Rast wenden wir uns gegen Norden und folgen der ersten Geländerippe östlich der Krete des Monte Bigorio in eine Bachrinne, auf deren Nordseite wir den Verbindungsweg von den Monti di Cima nach Stinche erreichen. Diesmal umgehen wir die weitläufige Einfriedung von Stinche gegen Osten und benutzen weiter die Trasse des breiten Weges zurück nach Gola di Lago, wobei sich nördlich eines kleinen Hügels mit Bank ein Schlenker des Pfades abkürzen lässt (Abb. 4). Herrlich ist auch hier, wie bereits auf der gesamten Route, das Spiel des warmen Lichts der tief stehenden Sonne und der Schatten der silbern schimmernden Birkenwälder, an dem wir uns nicht satt zu sehen vermögen. Noch lange klingen in uns die leuchtenden Bilder dieses herrlichen Tages nach.

Abb. 4: Routenverlauf

Aufgepasst

In dieser Rubrik werden Berg- und Schneeschuhwanderungen vorgestellt, die in der Regel wenig bekannt sind, zu aussergewöhnlichen Orten führen und die Genugtuung einer besonderen persönlichen Leistung bieten, sei es, dass man sich am Abend nach der Arbeit noch zu einer kleinen körperlichen Anstrengung überwindet, bzw. sich in ein oder zwei Tagen abseits breit getretener Wege unvergessliche Naturerlebnisse erschliesst. Zur besseren Beurteilbarkeit des Schwierigkeitsgrades der Tourenvorschläge wird jeweils eine Einschätzung anhand der SAC-Skala für Berg- (B, EB, BG) und für Schneeschuhwanderungen (WT 1–6) gegeben. Die schwierigste Wegstelle, unabhängig von ihrer Länge, bestimmt jeweils die Gesamtbewertung der Route. Letztendlich bleibt aber jeder selbst für die Beurteilung seiner Fähigkeiten und Eignung für die vorgestellte Wanderung verantwortlich. Die Gehzeiten sind Richtwerte und gelten für normal trainierte Wanderer. Sie müssen nicht zwingend mit den Angaben auf Wegweisern übereinstimmen.

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