Extraintestinale Manifestationen bei chronisch entzündlichen Darmkrankheiten

Bei chronisch entzündlichen Darmkrankheiten (CED) treten entzündliche Veränderungen nicht nur im Gastrointestinaltrakt auf, sondern es können auch verschiedene andere Organsysteme mit betroffen sein. Ein Befall ausserhalb des Gastrointestinaltraktes wird extraintestinale Manifestation (EIM) genannt und macht die CED zu einer Systemkrankheit. Die häufigsten EIM beinhalten muskuloskeletale, ophthalmologische, dermatologische und hepatobiliäre Erkrankungen. Es können prinzipiell jedoch alle Organsysteme betroffen sein. Diese tragen signifikant zur Morbidität von Patienten mit CED bei und schränken die Lebensqualität deutlich ein. Die Betreuung sollte aufgrund der Vielfalt der betroffenen Organsysteme durch ein interdisziplinäres Team erfolgen. Ein frühes Erkennen von EIM ermöglicht eine gezielte Therapie und verringert die Gesamtmorbidität der betroffenen Patienten. Wichtig ist die Tatsache, dass solche EIM bei bis zu 25% aller CED-Patienten vor dem Auftreten des ersten Schubes auftreten können. Deshalb sollten insbesondere Hausärzte, aber auch alle anderen Ärzte inklusive Dermatologen, Ophthalmologen und auch Rheumatologen bei EIM und gleichzeitigem Auftreten von Darmsymptomen an diese mögliche Assoziation denken.

Einleitung

Chronisch entzündliche Darmkrankheiten (CED) beinhalten die beiden Hauptkrankheiten Morbus Crohn und die Colitis ulcerosa. Die CED manifestiert sich normalerweise zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr, sie kann aber einerseits bei sehr jungen Patienten als auch im späteren Alter auftreten (1). Die Colitis ulcerosa ist etwas häufiger als der Morbus Crohn. Sowohl der Morbus Crohn als auch die Colitis ulcerosa treten in Nordeuropa und Nordamerika deutlich häufiger auf als in anderen Regionen der Welt. Beide Krankheiten werden jedoch auch zunehmend in Regionen wie Asien und Afrika diagnostiziert. Der Morbus Crohn und die Colitis ulcerosa haben viele Gemeinsamkeiten, sie unterscheiden sich aber auch in wesentlichen Punkten: einerseits kann die Entzündung beim Morbus Crohn im gesamten Gastrointestinaltrakt angetroffen werden (jedoch bevorzugt am Übergang vom terminalen Ileum zum Zökum). Zudem ist die Entzündung transmuraler Natur und teilweise mit Granulomen in der Histologie assoziiert. Diese Granulome sind zwar pathognomonisch, werden aber eher selten in Biopsien gefunden. Deshalb ist die Diagnosestellung für den Pathologen immer wieder eine Herausforderung. Für die Diagnose eines Morbus Crohn werden verschiedene Faktoren zusammengezogen wie die Klinik, die Lokalisation der Entzündung (dargestellt in Endoskopien oder in Bildgebungen), die Histologie und das Labor (2). Demgegenüber ist die Entzündung bei der Colitis ulcerosa auf die Mukosa des Dickdarmes beschränkt und weist eine vom Rektum ausgehende kontinuierliche Ausbreitung nach proximal aus. Man unterscheidet drei Formen der Colitis ulcerosa, nämlich die Proktitis, die linksseitige Kolitis und die Pankolitis (3).
Bei den CED können neben dem Gastrointestinaltraktes auch andere Organsysteme befallen sein. Diese Manifestationen werden dann extraintestinale Manifestation (EIM) genannt und macht die CED zu einer Systemkrankheit. Die häufigsten EIM beinhalten rheumatologische (zum Beispiel axiale Arthropathie, periphere Arthropathie), ophthalmologische (Uveitis, Episkleritis), dermatologische (Erythema nodosum und Pyoderma gangraenosum) und hepato-biliäre Erkrankungen (primär sklerosierende Cholangitis). Es können prinzipiell jedoch alle Organsysteme betroffen sein. Die extraintestinalen Manifestationen werden bei 6 – 47% der Patienten mit chronisch entzündlichen Darmkrankheiten beschrieben. Das Auftreten von extraintestinalen Manifestationen kann wesentlich zur Morbidität und Mortalität bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmkrankheiten beitragen (4-7). Eine Zusammenfassung der wichtigsten extraintestinalen Manifestationen, der Prävalenz und der (lokalen) Therapien findet sich in Tabelle 1.
Die Diagnose von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa wird in der Schweiz leider immer noch viel zu spät gestellt. In einer in der Schweiz durchgeführten Studie – der sogenannten „Schweizerischen IBD Kohortenstudie“ – wurde die diagnostische Verzögerung bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa-Patienten untersucht (8). Im Durchschnitt vergehen zwischen dem Auftreten der ersten Symptome bis zur Diagnose der Krankheit bei Morbus Crohn 9 Monate und bei der Colitis ulcerosa 4 Monate. Die Diagnose der Colitis ulcerosa erfolgt schneller, da diese sich initial häufiger mit dem Alarmsymptom Blut im Stuhl präsentiert. Morbus Crohn-Patienten auf der anderen Seite klagen eher über abdominale Schmerzen und Durchfälle. Die verzögerte Diagnosestellung kann aber auch sehr lang sein. Bei einem Viertel der Patienten mit Morbus Crohn dauert es über 24 Monate bis zur Diagnose und bei einem Viertel der Colitis ulcerosa-Patienten mehr als 12 Monate. Die verzögerte Diagnosestellung kann relevant sein. In einer Studie der Schweizerischen IBD-Kohorte konnte nämlich gezeigt werden, dass bei Patienten mit einer verzögerten Diagnosestellung häufiger Komplikationen im weiteren Verlauf auftreten können (9). Diese diagnostische Verzögerung von chronisch entzündlichen Darmkrankheiten ist auch deshalb wichtig, weil sich teilweise vor der Diagnose der chronisch entzündlichen Darmkrankheit bereits bei Patienten extraintestinale Manifestationen zeigen können (Abbildung 1). So können bei einem Viertel der Patienten bereits mehrere extraintestinale Manifestationen auftreten, bevor die Diagnose der chronisch entzündlichen Darmkrankheit gestellt wird (10). Deshalb ist es wichtig, dass bei Auftreten solcher Manifestationen in der hausärztlichen aber auch in der dermatologischen, ophthalmologischen und rheumatologischen Praxis an die Differenzialdiagnosen eines Morbus Crohn oder einer Colitis ulcerosa gedacht wird. Dies insbesondere bei gleichzeitigem Auftreten von Durchfällen oder abdominellen Schmerzen mit der extraintestinalen Manifestation.

Extraintestinale Manifestationen und Komplikationen

Typische CED-assoziierte extraintestinale Manifestationen befallen vor allem die Gelenke, die Augen, die Haut oder die Leber. Diese können entweder parallel zur Darmentzündung verlaufen (z. Bsp. periphere Arthritis, Erythema nodosum, orale Aphten) oder aber unabhängig davon (Pyoderma gangraenosum, Uveitis, Spondylarthropathien und primär sklerosierende Cholangitis). Vergleiche hierzu auch Abbildung 2 (EIM FACTS sheet). Weitere seltenere extraintestinale Manifestationen beinhalten nicht CED-spezifische autoimmune Krankheiten wie z. Bsp. Schilddrüsenkrankheiten, hämolytische Anämie, Vitiligo und insulinabhängiger Diabetes mellitus, welche bei CED-Patienten gehäuft vorkommen. Es können aber auch Komplikationen von chronisch entzündlichen Darmkrankheiten auftreten wie z. Bsp. Osteopathien, Nephrolithiasis oder thromboembolische Ereignisse. Diese werden nicht zu den klassischen EIMs gezählt. Die meisten Patienten mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, welche an einer solchen extraintestinalen Manifestation leiden, zeigen einen extensiven Befall des Kolons und haben häufig auch eine positive Familienanamnese für chronisch entzündliche Darmkrankheiten. Im Folgenden werden die typischen EIM behandelt.

Rheumatologische extraintestinale Manifestationen bei chronisch entzündlichen Darmkrankheiten

Wie vorgängig erwähnt, werden verschiedene rheumatolo­gi­sche extraintestinale Manifestationen bei Patienten mit chro­n­isch entzündlichen Darmkrankheiten beschrieben. Die Euro­pä­ische Morbus Crohn und Colitis ulcerosa Vereinigung (ECCO) hat hierzu soeben eine neue Guideline veröffentlicht (11).
Arthritis und Arthropathie
Es werden die i) nicht-axiale und die ii) axiale Arthritis unterschieden.
Nicht-axiale Arthritis: Die Diagnose einer mit chronisch entzündlichen Darmkrankheit-assoziierten nicht axialen Arthritis und Arthropathie ist eine klinische Diagnose, die sich auf charakteristische Eigenschaften stützt nach Ausschluss anderer spezifischer Formen der Arthritis. Eine Einteilung wurde durch die Oxfordgruppe vorgeschlagen, die jedoch nicht immer den im klinischen Alltag widerspiegelt (12). Die Unterscheidung wird durch die Unterschiede der genetischen Dispositionen gestützt. Der Typ I ist eine akute, selbstlimitierende (Dauer <10 Wochen), pauciarticuläre (<5 Gelenke betreffend) Arthropathie der grossen Gelenke. Die betroffenen Gelenke entsprechen vor allem die Gewicht-tragenden Gelenke einschliesslich Knöchel, Knie, Hüfte, Handgelenke, Ellenbogen und Schultern. In der klinischen Untersuchung präsentieren sich schmerzhafte empfindliche geschwollene Gelenke. Solange keine alternative Diagnose vermutet wird, ist eine Aspiration von Gelenksflüssigkeit nicht notwendig. Als Differenzialdiagnose kommen unter anderem Osteoarthritis, septische Arthritis, Pyrophosphatarthropathie, eine gleichzeitige rheumatoide Arthritis oder gelegentlich Gicht infrage. Wenn nur ein Hüftgelenk betroffen ist, sollte die Steroid-induzierte Osteonekrose differenzialdiagnostisch in Erwägung gezogen werden.
Der Typ II hingegen ist eine polyartikuläre Arthropathie und betrifft die kleinen Gelenke. Die Symptome können für Monate bis Jahre persistieren. Während der Typ I im Rahmen der Aktivität der CED auftritt, ist der Typ II größtenteils unabhängig von der zugrunde liegenden CED (12). Die Prävalenz der nicht-axialen Typ II Arthritis beträgt 2-4% bei Patienten mit CED. Häufig sind die kleinen Gelenke beider Hände im Sinne einer symmetrischen Arthropathie befallen. Die Schmerzen sind in der Regel nicht proportional zu den Zeichen der Arthritis. Sie besteht im Allgemeinen für Monate oder Jahre und steht nicht im Zusammenhang mit Aktivität der chronisch entzündlichen Darmerkrankung. Sie kann nach einer Kolektomie bestehen bleiben und auch nach einer Ileopouchanastomose beginnen. Als Differenzialdiagnose kommen die Osteoarthritis aber auch Nebenwirkungen der Therapie wie der Steroid-induzierte Pseudorheumatismus, welcher nach einem Absetzen nach langjähriger Steroidtherapie häufig auftritt, (Mesalazin, Azathioprin-induzierte Arthropathien oder ein durch Infliximab hervorgerufenes Lupus-ähnliches Syndrom) infrage.
Axiale Arthritis: Zu der axialen Arthritis werden die Sakroiliitis und die ankylosierende Spondylitis gezählt. Beide Krankheiten treten bei 2 bis 6% der Patienten mit CED auf (13). Die axiale Arthritis tritt häufiger bei Morbus Crohn Patienten auf. Zudem sind Frauen und Patienten mit einer Kolonbeteiligung häufiger betroffen (4, 12, 14). Die axiale Arthritis wird mittels konventioneller rheumatologischer Diagnostik gestellt und wird durch charakteristische radiologische Veränderungen gestützt, wobei die Magnetresonanztomographie am sensitivsten ist. Obwohl HLA-B27 bei der Colitis ulcerosa und Morbus Crohn-assoziierten axialen Arthritis überrepräsentiert ist, hat es keinen diagnostischen Wert.
Sacroiliitis: Eine asymptomatische Sacroiliitis ist bei bis zu 50% der IBD-Patienten radiologisch nachweisbar. Eine symptomatische Sacroiliitis ist durch Gesässschmerzen nach längerem Sitzen oder Liegen, die sich bei Bewegung verbes­sern, gekennzeichnet. Hinweisend können bei der klinischen Untersuchung Schmerzen bei beidseitigem Druck auf das Becken sein.
Ankylosierende Spondylitis: Gemäss den modifizierten Rom-Kriterien ist die ankylosierende Spondylitis durch chronisch entzündliche Rückenschmerzen (in der Nacht und in Ruhe gebessert durch Bewegung), Morgensteifigkeit, eingeschränkte Flexion der Wirbelsäule und in späteren Stadien eine reduzierte Ausdehnung des Thorax gekennzeichnet. Meist treten diese Symptome vor dem 30. Lebensjahr auf. Konventionelle radiologische Aufnahmen sind in frühen Stadien der Erkrankung meist unauffällig. Spinale computertomographische Aufnahmen sind sensitiver als konventionelle Röntgenaufnahmen. Der Goldstandard ist jedoch die Magnetresonanztomographie, in welcher entzündliche Veränderungen nachgewiesen werden können, noch bevor Knochenläsionen auftreten. In fortgeschrittenen Stadien können Blockwirbel, randständige Syndesmophyten und Knochenproliferationen mit Ankylos auftreten. Durch diese Veränderungen entsteht dann die sogenannte „Bambuswirbelsäule“. Eine Assoziation mit HLA-B27 ist bei bis zu 75% der Patienten mit axialer Arthritis nachweisbar. Diese Assoziation ist jedoch nicht so häufig wie bei Patienten mit ankylosierender Spondylitis ohne zugrundeliegende chronisch entzündliche Darmerkrankung. HLA-B27 positive Patienten scheinen ein erhöhtes Risiko zu tragen eine ankylosierende Spondylositis zu entwickeln. Die axiale Arthropathie besteht unabhängig von spezifischen Genen der chronisch entzündlichen Krankheiten wie z. Bsp. das NOD-Gen.
Die Behandlung einer mit CED assoziierten Arthritis und Arthropathie ist hauptsächlich empirisch und sollte sich am Schweregrad der Symptome und der Assoziation mit der Aktivität der zugrundeliegenden CED orientieren. Die Behandlung der Typ I Arthritis orientiert sich an der Behandlung der zugrundeliegenden CED, da der Krankheitsverlauf eng mit der Aktivität dieser verknüpft ist. Zur Verwendung kommen Steroide, Immunmodulatoren und TNF-Antikörpertherapien (15, 16). Da diese Form der Arthritis selbstlimitierend ist, zeigen sich die Symptome meist nach spätestens 10 Wochen rückläufig (12). Zur Linderung der Symptome kommen zusätzlich Physiotherapie und Ruhigstellung zur Anwendung. Als analgetische Therapie kommen COX-2 Inhibitoren (und NSAR) zum Einsatz. Es ist zu beachten, dass insbesondere NSAR, wenn überhaupt, nur über einen kurzen Zeitraum verwendet werden sollen, da NSAR einen Schub der CED auslösen können (17). Zusätzlich können Sulfasalazine zu einer Verbesserung der Symptome führen (18). Symptomatische Schmerzlinderung kann durch Ruhe und Physiotherapie erreicht werden. Des Weiteren kann eine Steroidinjektion in die am stärksten betroffenen Gelenke versucht werden, was jedoch meist nur eine temporäre Linderung der Beschwerden verschafft.
Da die Symptome bei der Typ II Arthritis über Jahre persistieren können ist häufig eine Langzeitbehandlung indiziert. Zur Verwendung kommt Sulfasalazin oder auch bei schwereren Verlaufsformen Methotrexat (MTX) und systemische Steroide. In einigen Studien konnte auch ein beeindruckender Effekt einer TNF-Hemmer Therapie mit Infliximab (IFX) gezeigt werden (19, 20).
Bei der Behandlung der axialen Arthritis spielt intensive Physiotherapie eine entscheidende Rolle. Die Hauptstützen der medikamentösen Therapie bleiben jedoch NSAR (die aber restriktiv eingesetzt werden sollen) (15). Sulfasalazin, Methotrexat und Azathioprine sind nur mässig effektiv bei der ankylosierenden Spondylitis (AS) mit axialer Symptomatik. In therapierefraktären Fällen können TNF-Antikörper eingesetzt werden (21).

Dermatologische extraintestinale Manifestationen

Die Prävalenz von verschiedenen Hautbeteiligungen im Rahmen einer CED wird zwischen 2-34% angegeben (22). Die Diagnose einer Hautmanifestation bei CED ist eine klinische Diagnose, basierend auf ihren charakteristischen klinischen Merkmalen und dem Ausschluss anderer spezifischer Hauterkrankungen (11). Die häufigsten Hautbeteiligungen umfassen Erythema nodosum, Pyoderma gangraenosum und die aphtöse Stomatitis.
Erythema nodosum: Das Erythema nodosum tritt meist während aktiver Phasen der CED auf und ist durch schmerzhafte, erhabene rötlich-violette Knoten häufig im Bereich der Schienbeine charakterisiert. Patienten mit Morbus Crohn (10-15%) sind häufiger betroffen als solche mit Colitis ulcerosa (3-10%) (11, 23, 24). Bei der Therapie des Erythema nodosum steht die Behandlung der zugrundeliegenden CED im Vordergrund. Dabei kommen Steroide zum Einsatz, in schwereren oder bei steroidrefraktären Fällen kann eine immunmodulatorische The­r­apie oder eine TNF-Hemmer Therapie mit Infliximab oder Adalimumab, allein oder in Kombination, diskutiert werden (11).
Pyoderma ganrenosum: Den Hautläsionen des Pyoderma gangraenosum geht häufig ein Trauma voraus, welches auch viele Jahre zurückliegen kann. Das Pyoderma gangrenosum kann am ganzen Körper auftreten, meist, wie auch im Falle des Erythema nodosum, im Bereich der Schienbeine oder auch an angrenzenden Bereichen von Stomata. Es ist eine Ausschlussdiagnose und wird womöglich häufig fehldiagnostiziert. Das Pyoderma gangrenosum ist mit 1-2% bei sowohl Morbus Crohn als auch Colits ulcerosa deutlich seltener anzutreffen als das EN. Da das Pyoderma gangraenosum invalidisierend sein kann, sollte das primäre therapeutische Ziel eine schnelle Heilung sein. Kern der Behandlung ist eine effektive Immunsuppression. Am häufigsten kommen dabei hoch-dosierte systemische Steroide zum Einsatz (0.5-2 mg/kg/d). Bei steroidrefraktären Fällen werden intravenöses Ciclosporin oder Tacrolimus verwendet (11, 25, 26, 27). Seit der Einführung einer TNF-hemmenden Therapie mit Infliximab haben sich neue Möglichkeiten für eine effektive Therapie des Pyoderma gangrenosum ergeben. In einer ersten multicenter, randomisierten, placebokontrollierten Studie liess sich ein klinisches Ansprechen von insgesamt 69% nach 4 und 6-wöchiger Behandlung mit 5mg/kg intravenösem IFX erreichen, 21% waren bei Woche 6 in kompletter Remission (27).
Aphtöse Stomatitis: Die aphtöse Stomatitis ist bei 10% der Morbus Crohn und 4% der Colitis ulcerosa Patienten anzutreffen, in einer schweizer Kohortenstudie war sie mit einer Gesamtprävalenz von 7.4% die zweithäufigst anzutreffende EIM (4). Bei der aphtösen Stomatitis kann eine Behandlung der CED erfolgreich sein. Zur symptomatischen Therapie kann 2% Lidocain-Gel verwendet werden. Zusätzlich kann eine topische Steroidtherapie mit 0.1% Triamcinolon-Paste oder 0.5mg/5ml Dexamethason-Mundspülung oder auch eine topische anti-entzündliche Therapie mit 5% Amlexanox-Paste zu einer verbesserten Heilung führen (28).
Sweet Syndrom: Das Sweet-Syndrom wird in einigen Arbeiten ebenfalls als EIM bei CED beschrieben (29, 30). Es gehört zu den akuten neutrophilen Dermatosen zu welchen auch das PG zählt, es kann jedoch durch das Aussehen, die Verteilung und die histologischen Merkmale unterschieden werden. Es besteht eine Prädilektion für Patienten mit einer Kolonbeteiligung (100%), Patienten mit anderen EIM (77%) und Frauen (87%). Die Hautveränderungen gehen meist (67-80%) mit aktiver Krankheitsaktivität ein her, jedoch können diese auch in 21% den intestinalen Symptomen vorausgehen (22). Beim Sweet-Syndrom sind in der Literatur diverse Therapieoptionen beschrieben (u.a. Prednisone p.o., Methylprednisolone i.V., Dapson, Colchizin, Indemethacin, Cyclosporin, TNF-Hemmer, topische Steroide). Als primäre Therapie gelten die topische und systemische Therapie mit Steroiden (0.5-1 mg/kg/d) (31).

Ophtalmologische extraintestinale Manifestationen

Bei Patienten mit CED kann es im Verlauf der Erkrankung in 4-12% zu einer Augenbeteiligung kommen (32). Am häufigsten sind dabei die Episkleritis und die Uveitis anzutreffen. Die Häufigkeit wird in verschiedenen Kohortenstudien bei MC, als auch bei CU, mit 3-6% angegeben (14, 33). In einer kürzlich durchgeführten Schweizer Kohortenstudie zeigte sich eine Prävalenz der Uveitis von 4% bei CU und 6% bei MC Patienten (4). Die Uveitis tritt in Verbindung mit einer CED häufig beidseitig auf und kann sehr langdauernd sein und ist durch verschwommene Sicht, Photophobie, Augen- und Kopfschmerzen gekennzeichnet. Die Episkleritis äußert sich meist durch hyperämische Skleren und ist meist schmerzlos. Die Diagnose kann erst nach Ausschluss einer Uveitis gestellt werden. Als Komplikation eines chronischen Steroidgebrauchs kann es bei bis zu 25% der Patienten die eine Steroiddosis von ≥15mg Prednison über einen Zeitraum von einem Jahr erhalten zu einem posterioren subkapsulärem Katarakt kommen, weshalb bei Patienten mit einer Langzeit-Steroidtherapie regelmäßige ophthalmologische Kontrollen stattfinden sollten (11).
Die Episkleritis ist meist selbstlimitierend und muss für gewöhnlich nicht spezifisch behandelt werden. Im Vordergrund stehen eine Behandlung der zugrundeliegenden CED zusammen mit einer Analgesie und topische Steroide (32). Bei der Gabe von topischen Steroiden muss streng auf die mögliche Entwicklung von Infektionen, Ulzerationen und Uveitiden geachtet werden.
Bei der Uveitis handelt es sich im Vergleich zur Episkleritis aufgrund des potentiellen Risikos eines Sehverlustes um einen ophthalmologischen Notfall. Die Therapie umfasst üblicherweise eine Kombination aus topischen und systemischen Steroiden. Azathioprin, Methotrexat und TNF-Hemmer sind therapierefraktären Fällen vorbehalten (11).

Hepatobiliäre extraintestinale Manifestationen

Die primär sklerosierende Cholangitis (PSC) ist eine seltene, chronische cholestatische Erkrankung des hepato-biliären Systems bei der es zu einer Destruktion der intra- und extrahepatischen Gallenwege durch chronische Entzündung und Fibrose kommt. Sie kann unbehandelt zu Leberversagen und Tod führen. Die PSC ist mit einem 10-20% Lebenszeitrisiko verbunden ein cholangiozelluläres Karzinom zu entwickeln (34). Ein erster Zusammenhang zwischen PSC und IBD wurde erstmals 1965 beschrieben (35). In einer schwedischen Kohorte von 1500 Patienten mit Colitis ulcerosa liess sich eine PSC-Prävalenz von 3.7%, in einer ungarischen Kohorte eine Prävalenz von 1.6% der CU Patienten nachweisen. 70% der Patienten mit PSC leiden an einer CU. Für Morbus Crohn sind niedrigere Prävalenzen von 1-2% beschrieben (4, 14, 18, 36).
In der Vergangenheit wurden verschiedenste Therapieoption­en für die PSC evaluiert. Obwohl der Nutzen nicht gesichert ist, ist aktuell die Therapie der Wahl eine Behandlung mit Ursodeoxycholsäure (UDCA). Es wird in einer üblichen Dosierung von 10-15mg/kg angewendet.
In einer kürzlich durchgeführten Meta-Analyse zeigten sich jedoch keine Hinweise für eine Reduktion des Adenom- oder Kolonkarzinomrisikos durch Anwendung von UDCA (37). Ob eine Hochdosis-UDCA Therapie einen Vorteil gegenüber einer niedrigen Dosierung hat, wird kontrovers diskutiert (34). Es konnte sogar ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer kolorektalen Neoplasie bei Patienten mit CU und PSC mit hochdosierter UDCA-Therapie nachgewiesen werden (38). Aktuell gibt es keinen sicheren Hinweis für den Nutzen einer TNF-hemmenden Therapie mit Infliximab oder Adalimumab auf den Krankheitsverlauf einer PSC (39). Auch für die Anwendung von weiteren Therapioptionen (z.B. Steroide, Cyclosporin, Tacrolimus, Methotrexat) gibt es nur limitierte klinische Erfahrung mit Verbesserung der Leberwerte, aber ohne sichere Hinweise für eine histologische Verbesserung (6). Eine endoskopische Therapie von dominanten Strikturen kann den langfristigen Verlauf positiv beeinflussen, zusätzlich kann eine orthotrope Lebertransplantation ein gutes outcome bei Patienten mit einer PSC im Endstadium ermöglichen (40).

Zusammenfassung

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, sind chronisch entzündliche Erkrankungen, welche nicht auf den Gastrointestinaltrakt beschränkt sind. Zusätzlich können diverse Organsysteme mitbetroffen sein, was die CED zu einer Systemerkrankung macht. Ein frühes Erkennen von EIM ermöglicht eine gezielte Therapie und verringert die Gesamtmorbidität der betroffenen Patienten. Insbesondere kann eine effektive Erhaltungstherapie das Auftreten von EIM welche eng mit der Krankheitsaktivität der zugrundliegenden CED verknüpft sind vermeiden. Bei den Behandlungsstrategien kann vermehrt auf eine Vielzahl von randomisiert-kontrollierten Studien zurückgegriffen werden. Des Weiteren existieren Erfahrungen in der Behandlung von Patienten, die nicht an einer CED leiden. Neben spezifischen Interventionen bei EIM welche nicht mit der Krankheitsaktivität der CED verknüpft sind spielt eine anti-inflammatorische oder immunmodulatorische Therapie eine entscheidende Rolle. Zudem gewinnt die Verwendung einer TNF-Hemmer Therapie in der Behandlung von verschiedenen EIM zunehmend an Bedeutung. Extraintestinale Manifestationen sind häufig und bei bis zu 50% der Patienten mit chronisch entzündlichen Darmkrankheiten anzutreffen. Bis zu einem Viertel dieser extraintestinalen Manifestationen treten vor der Diagnose der chronisch entzündlichen Darmkrankheit auf. Unter der Berücksichtigung der langen diagnostischen Verzögerung der chronisch entzündlichen Darmkrankheiten ist es wichtig, dass behandelnde Ärzte sich dieser Assoziation und dieser Chronologie bewusst werden.

Prof. Dr. med. Stephan R. Vavricka

Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie FMH
Zentrum für Gastroenterologie und Hepatologie
Vulkanplatz 8
8048 Zürich

stephan.vavricka@hin.ch

Der Autor hat keine Interessenkonflikte.

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Übersicht und Therapie-Update Colitis ulcerosa

Die Colitis ulcerosa ist eine chronisch entzündliche Darmerkrankung, die auf die Mukosa des Kolons beschränkt ist und deren Ausdehnung nach proximal variiert. Die Hauptsymptome sind Durchfälle teilweise mit Blutbeimengungen und Bauchschmerzen, mit Phasen von Krankheits-Schüben und Phasen der Remission. Die Diagnose der Colitis ulcerosa wird aufgrund der Klinik, dem endoskopischen Befund und dem histologischen Resultat gestellt. Derzeit wirken die verschiedenen medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten u.a. durch eine lokale oder systemische Aktivitätsreduktion des Immunsystems. Bei leichten bis mittelschweren Formen der Colitis ulcerosa bilden die 5-ASA- Präparate den Hauptpfeiler, sowohl der Induktions-, wie auch der Erhaltungstherapie. Bei schwereren Krankheits-Schüben ist Kortison die Behandlung der Wahl. Um die längerfristige oder wiederholte Einnahme von Kortikosteroiden zu limitieren und eine Remission zu induzieren oder die Remission zu erhalten, gibt es mehrere therapeutische Optionen von Biologika mit unterschiedlichen Wirkungsspektren und Sicherheitsprofilen. Neben dem Erreichen der klinischen Remission entwickeln sich die therapeutischen Ziele weiter. Die endoskopische und histologische Remission sind neue Ziele, um die Lebensqualität der Patienten weiter zu verbessern und um langfristige Komplikationen, wie z. B. Darmkrebs, zu reduzieren.

Einleitung

Allgemeines und Epidemiologie

Die Colitis ulcerosa (CU) gehört zusammen mit dem Morbus Crohn (MC) zu den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (IBD, inflammatory bowel disease). Die exakte Ätiologie ist derzeit noch immer ungeklärt. Nach heutigem Wissensstand handelt es sich um eine komplexe multifaktorielle Erkrankung, bei der genetische Faktoren, Umweltfaktoren (wie z.B. Ernährung, Hygiene und der Antibiotika –
Gebrauch), die Mikrobiota und das Immunsystem eine Rolle in der Entstehung spielen (1).
Derzeit leiden 0,2% der europäischen Bevölkerung an IBD, wobei die Inzidenz der CU zwischen 2,4 und 44 pro 100.000 Personenjahre liegt (2). Diese Inzidenz nimmt vor allem in den westlichen Ländern zu, was den Verdacht aufkommen lässt, dass unser Lebensstil teilweise mitverantwortlich sein könnte. Eine Ernährung, reich an rotem Fleisch und zugesetztem/verändertem Zucker, ist ein Risikofaktor (3). Die mediterrane Diät dagegen hat einen protektiven Effekt (3). Das Rauchen führt bei Morbus Crohn zu einem problematischeren Verlauf, hingegen bei CU zu einer Verringerung der Auftretenswahrscheinlichkeit der Erkrankung (3).
Bevölkerungsstudien haben keine Unterschiede in der Verteilung zwischen Männern und Frauen gezeigt (4). Es gibt zwei Inzidenzspitzen: eine erste im Alter von 20 bis 30 Jahren und eine zweite nach dem fünften Lebensjahrzehnt (4).

Definition

Die CU ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung, die auf die Kolonschleimhaut beschränkt ist und sich vom Rektum nach proximal ausbreitet. In Rahmen einer Pancolitis kann sich die Entzündung in vereinzelten Fällen in das terminale Ileum ausbreiten, was als backwash ileitis bezeichnet wird. Der Rest des Verdauungstrakts bleibt unbetroffen (5). Die Diagnose wird histologisch (Koloskopie mit Biopsien) bestätigt, wobei eine diffuse transmukosale Entzündung mit basaler Plasmozytose und Kryptitis nachgewiesen wird (5).

Klinik

Klinisch stellen sich Patienten mit CU (im akuten Entzündungs-Schub) mit Bauchschmerzen, Tenesmen und schleimig-blutigen Durchfällen mit Stuhldrang vor. Dies kann zu Mangelernährung und Gewichtsverlust führen. Bei Kindern kommt es häufig zu einem Unterbruch in der Wachstumskurve (6,7). Zudem können die Patienten auch an extra-
intestinalen Manifestationen der CU mit z. B. Gelenkschmerzen, Hautläsionen oder ophthalmologischen Entzündungen leiden. Dies betrifft bis zu 50 % der Patienten mit IBD (8) und wird in einem späteren Artikel in dieser Zeitschrift ausführlich beschrieben.
Labortechnisch können eine Anämie und ein Vitaminmangel vorliegen. Die intestinale Entzündung lässt sich durch einen pathologisch erhöhten Calprotectin-Wert im Stuhl messen. Aufgrund des oberflächlichen, mukosalen Befalles der CU kann der CRP-Wert trotz einer ausgedehnteren Colitis Ulcerosa noch normal oder tief-normal ausfallen. Das CRP ist hingegen sehr nützlich als Marker für einen schweren Verlauf der Colitis, gemäss den Kriterien nach Truelove & Witts (Figur 1c) (9). Das toxische Megakolon, das durch eine nicht obstruktive Kolon-Dilatation von ≥5.5cm definiert ist, stellt eine gefürchtete Komplikation dar, die rasch erkannt und behandelt werden muss, da sonst eine Perforation auftreten kann (7,10). Je nach Klinik muss eine abdominale Bildgebung, z.B. mit einem CT – Abdomen, zur Suche nach einer solchen Komplikation durchgeführt werden (7).
In der Koloskopie zeigt sich die Darmschleimhaut (im akuten Entzündungs-Schub) erythematös, ödematös und ulzeriert. Der Befall ist von unterschiedlicher Ausdehnung, verläuft aber klassischerweise immer vom Rektum kontinuierlich nach proximal, mit einer scharfen Abgrenzung zur gesunden Schleimhaut (7). Zu beachten ist, dass sich der entzündliche Befall unter einer (v.a. lokalen) medikamentösen Therapie atypisch manifestieren kann (5).
Der Darmultraschall entwickelt sich zunehmend zur kosteneffizienten und zuverlässigen nicht-invasiven Technik für die Lokalisation und Evaluation der Entzündungsaktivität (7).
Der Mayo-Score hat eine klinische und endoskopische Komponente und wird häufig zur Bestimmung des Schweregrades der CU verwendet (Figur 1b).
Bei der CU handelt es sich um eine chronische Krankheit, die sich klinisch unterschiedlich präsentieren kann, mit Phasen von Krankheits-Schüben und Phasen der Remission (11). Klassischerweise wird das Ausmass der Erkrankung in drei Kategorien unterteilt: Isolierter rektaler Befall (Proktitis), linksseitiger Kolonbefall (max. bis zur linken Flexur) und ausgedehnter Befall (über die linke Flexur hinaus resp. eine Pancolitis). Dies entspricht der Montreal-Klassifikation (Figur 1a). Die Ausdehnung verändert sich im Laufe der Zeit. Bis zu 40% der Patienten mit einer Proktitis und 70% der Patienten mit einer linksseitigen Kolitis werden irgendwann im Verlauf ihrer Erkrankung eine ausgedehnte Kolitis entwickeln (10).

Prognose

Die CU erhöht das Risiko für ein kolorektales Karzinom (KRK) im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung (12). Die Hauptrisikofaktoren bei IBD – Patienten sind die Intensität der Entzündung und die Dauer der Erkrankung (11). Eine Metaanalyse schätzte die Kolonkarzinom – Inzidenz auf ca. 2% nach 10 Jahren Krankheit und auf 18% nach 30 Jahren (12).
Die Sterblichkeit bei Patienten mit CU ist im Vergleich
zur Allgemeinbevölkerung leicht erhöht, sinkt aber aktuell u.a. aufgrund einer verbesserten Früherkennung des Kolonkarzinomes (13).

Therapieoptionen

Derzeit gibt es keine kurative Behandlung für die CU. Die Therapie zielt auf eine Reduktion der Entzündungsaktivität der Colitis und den Remissionserhalt. Es gibt mehrere Behandlungsziele (STRIDE-II-Konsens) (16). Zuerst gibt es klinische Ziele, die darauf abzielen, dass der Patient schnell beschwerdefrei wird. Zudem gibt es auch endoskopische und sogar histologische Remissionsziele, um ein Fortschreiten der Krankheit und insbesondere langfristige Komplikationen wie z.B. ein Kolonkarzinom zu verhindern. Das Ziel ist, dass die Patienten trotz Erkrankung so wenig wie möglich in ihrer Lebensqualität beeinträchtigt werden (14).
Weiter ist es wichtig, zwischen einer Therapie zur Remissions-Induktion (Eliminierung der Entzündung) und einer Therapie zur Remissions-Erhaltung (Beibehaltung des entzündungsfreien Zustandes der Kolonmukosa) zu unterscheiden. Gewisse Medikamente können beides erreichen, andere Substanzen sind primär für die Remissions-Erhaltung (nicht jedoch für die Remissions-Induktion) geeignet.
Um die am besten geeignete Therapie auszuwählen, muss das Ziel definiert (Remissions – Induktion und/oder Remissions-Erhaltung), das Ausmass und der Schweregrad der Krankheit evaluiert und auch die Eigenschaften des Patienten (Alter, Präferenzen (z.B. s.c. oder i.v. Therapie), Komorbiditäten, Schwangerschafts-Wunsch, assoziierte extra-
intestinale Manifestationen, medikamentöse Vorbehandlung, usw.) berücksichtigt werden.

Konventionelle Therapie

5-ASA

Mesalamin ist ein Spaltprodukt des ursprünglichen 5-ASA-Wirkstoffes Sulfasalazin. Es wurde in den 1940er Jahren synthetisiert und die Wirksamkeit bei CU wurde in den 1960er Jahren etabliert (15). Obwohl es sich um einen schon lang bekannten und verwendeten Grundpfeiler der Behandlung bei CU handelt, ist der exakte Wirkmechanismus nach wie vor unklar. Der therapeutische Effekt erfolgt über die Hemmung mehrerer Pfade der Entzündungskaskade (u. a. Hemmung der Cyclooxygenase und verminderte Aktivierung des Transkriptionsfaktors NF-κB) (16).
In den neuesten europäischen Empfehlungen wird 5-ASA als Induktions- und Erhaltungstherapie bei leichten bis mittelschweren Formen der CU empfohlen (17).
Die Galenik spielt eine wichtige Rolle für die lokale Effektivität der Therapie.
Bei isoliertem rektalem Befall ist die Behandlung der Wahl das 5-ASA-Suppositorium, da es eine lokal höhere 5-ASA-Konzentration ermöglicht. Bei linksseitigem Befall sind der Schaum und der Einlauf zu bevorzugen (19). Bei rekto-sigmoidalem oder ausgedehnterem Befall gibt es einen Nutzen für die Induktion der Remission, falls die topische 5-ASA-Behandlung mit einer systemischen Behandlung (oral) kombiniert wird (19). Die klinische Effektivität ist dosis-
abhängig, mit einer maximalen Wirkung bei einer 5-ASA Dosis bis höchstens 4,5g/Tag (bez. der maximalen Dosierung bezüglich dem jeweiligen 5-ASA-Präparat bitten wir um Konsultation der Packungsbeilage) (18).
Die einmalige oder über den Tag verteilte Einnahme zeigt die gleiche Wirksamkeit und kann je nach Präferenz des Patienten festgelegt werden (19). Ebenso sind die verschiedenen oralen 5ASA-Präparate in Bezug auf ihre Wirksamkeit vergleichbar (19). Wie bei jeder Behandlung ist die Compliance für die Wirksamkeit der Behandlung von entscheidender Bedeutung (20).
Sobald der Patient in Remission ist, wird empfohlen, die Behandlung mit 5-ASA in der geringstmöglichen wirksamen Dosierung fortzusetzen. Wiederum ist eine topische Behandlung bei distalem Befall zu bevorzugen (21). Als Richtwert werden Mindestdosen von 2g/Tag für orale 5-ASA bei E2 und E3-Befall und 3g/Woche für 5-ASA als Zäpfchen bei Proktitis (E1) empfohlen (9).
Was die Nebenwirkungen anbelangt haben 5-ASA-Präparate, abgesehen von dem fast nicht mehr verwendeten Sulfasalazin, ein gutes Sicherheitsprofil (23). Die wichtigsten Nebenwirkungen sind unspezifisch (Übelkeit, Kopfschmerzen, Durchfall und Nasopharyngitis). Eine Erhöhung der Leberwerte wurde bei bis zu 3% der Patienten berichtet. Seltene Fälle (<1%) von Nierenschäden (interstitielle Nephritis, Nierenversagen) sind beschrieben. Einige Fallberichte existieren bezüglich einer Myokarditis (22).
Angesichts dieser Daten ist es wichtig, die Nieren- und Leberfunktion zum Zeitpunkt der Therapie-Einführung zu kontrollieren und diese Laborwerte in regelmässigen Abständen zu überprüfen.

Kortison

Bei mittelschweren bis schweren Formen der CU wird systemisches Kortison als Induktionstherapie empfohlen (17). Wie bei jeder Verschreibung von Kortikosteroiden ist anzuraten ein degressives Schema zu verwenden, um das Risiko einer sekundären Nebenniereninsuffizienz zu begrenzen (23).
Eine Kortisonbehandlung sollte aufgrund des Nebenwirkungsprofils nicht länger als drei Monate verschrieben werden (17). Die Einnahme von systemischem Kortison, vor allem über einen längeren Zeitraum, ist mit zahlreichen möglichen unerwünschten Nebenwirkungen und Komplikationen verbunden: Herz-Kreislauf (arterielle Hypertonie), Stoffwechsel (Diabetes, Osteoporose, sekundäre Gewichtszunahme durch gesteigerten Appetit), Infektionen und Augenerkrankungen (Katarakt, Glaukom) (24). Zudem besteht ein Risiko für nicht zu unterschätzende psychologische Probleme wie Depressionen und Angstzustände, die bei bis zu 20 % der Patienten berichtet wurden und bei fast 5 % der Patienten zu Selbstmordgedanken führen können.
Um die systemischen Nebenwirkungen zu begrenzen, kann bei leichtem bis mittelschwerem Befall topisches Kortison verwendet werden. Zum Beispiel Budesonid-Schaum (Budenofalk-Schaum®) bei rektalen oder rektosigmoidalen Formen, sowie orales Kortison mit Freisetzung im Kolon wie Budenosid MMX (Cortiment®) bei ausgedehnteren Formen.
Da die topischen Kortison-Formen teilweise absorbiert werden, sind die oben genannten Nebenwirkungen ebenfalls möglich, wenn auch in weit geringerem Ausmass.
Daher ist es wichtig, jede Verschreibung von Kortikosteroiden sorgfältig zu prüfen und frühzeitig über kortikosteroidsparende Strategien nachzudenken (23).

Azathioprin

Azathioprin ist ein Prodrug des Purin-analogon 6-TGN, das die Proliferation von T-Lymphozyten hemmt (25).
Thiopurine haben wegen der zu langen Wartezeit bis zum effektiven Wirkungseintritt keinen Platz in der Induktionstherapie der CU (17).
Gemäss den europäischen Empfehlungen der ECCO (European Crohn´s and Colitis Organisation) wird bei Nichtverträglichkeit von 5-ASA oder einem kortikoidabhängigen Verlauf der CU, Azathioprin als Erhaltungstherapie empfohlen (17). Dies ermöglicht eine einfache (orale), kostengünstige Grundbehandlung, bei der die langfristigen Nebenwirkungen der Kortikosteroidtherapie vermieden werden können.
Azathioprin ist jedoch nicht frei von Nebenwirkungen. Bis zu einem Drittel der Patienten berichtet über Nebenwirkungen, insbesondere gastrointestinaler Art (wie z.B. Übelkeit), die in etwa 20% der Fälle zum Abbruch der Behandlung führen (26). Myelosuppression (dosisabhängige Leukopenie), Hepatotoxizität (dosisabhängig) und Pankreatitis (idiosynkratisch) wurden beschrieben, die jeweils 4% der Patienten betrafen (26). Das Lymphomrisiko ist sowohl bei jungen (<35Jahre) EBV-negativen Männern (bei denen diese Behandlung kontraindiziert ist) als auch bei älteren Patienten, die eine Langzeitbehandlung erhalten, erhöht (27). Aus diesen Gründen wird diese Behandlung für Patienten über 65 Jahren nicht empfohlen (17). Langfristig wird zudem das Risiko von Hautkrebs erhöht (25,28).
Es ist wichtig, dass Patienten unter Azathioprin mit regelmässigen klinischen und labortechnischen Kontrollen (u.a. komplettes Blutbild und Leberwerte) überwacht werden (28). Regelmässige dermatologische Screenings sind ebenfalls empfehlenswert (28).
Angesichts der Nebenwirkungen von Azathioprin und mit dem Erscheinen neuer Moleküle mit einem besseren Sicherheitsprofil, werden diese neue Therapien in der täglichen gastroenterologischen Praxis oft bevorzugt und der Stellenwert der Thiopurine als Monotherapie ist Gegenstand von Diskussionen (29).

Biologika

TNFa-Inhibitoren

TNFα-Inhibitoren binden neutralisierend an das proinflammatorische Zytokin TNFα (Tumor-Nekrose-Faktor α) und führen u.a. damit zu einer Hemmung der Entzündungskaskade (30).
Seit über 20 Jahren stehen uns zur Behandlung von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen mehrere TNFα-Inhibitoren zur Verfügung. Infliximab wurde 1998 in den USA und 1999 in der Schweiz zugelassen (30). Es handelt sich um einen chimären Mensch/Maus-Antikörper. Weitere für die CU zugelassene Substanzen sind Adalimumab und Golilumab. Certolizumab ist in der Schweiz nur für die Behandlung des Morbus Crohn und Golilumab nur für die Therapie der CU zugelassen.
Die Biologika-Klasse der TNFα-Inhibitoren kommen zur Anwendung, falls beim Bestehen einer aktiven moderaten bis schweren CU ein Therapieansprechen mit einer konventionellen Therapie, wie z.B. mit 5-ASA Präparaten und/oder Cortison, nicht erreicht werden kann oder diese nicht vertragen wird (17). Falls trotz einer Therapie mit hochdosiertem Cortison keine Remission (Entzündungs-Abheilung) induziert werden kann, wird von einer steroid-refraktären CU gesprochen. Von einer steroidabhängigen CU spricht man, falls die Cortison-Therapie nicht komplett ausgeschlichen werden kann ohne erneutes Aufflammen der Entzündung. In beiden letztgenannten Fällen ist die Indikation für den Einsatz eines TNFα-Inhibitors gegeben.
Zusätzlich ist der Einsatz der TNFα-Blocker sehr hilfreich falls, zusätzlich zur CU, auch eine extraintestinale Manifestation der chronisch entzündlichen Darmerkrankung, wie z.B. eine Spondyloarthritis oder ein (steroidrefraktäres) Erythema nodosum besteht (7). Weiterhin auch beim zusätzlichen Bestehen von anderen Autoimmunkrankheiten wie z.B. einer rheumatoiden Arthritis oder einer Psoriasis-Arthritis.
TNFα-Inhibitoren können durchaus auch länger angewendet werden. Limitierende Faktoren sind das Auftreten von neutralisierenden Antikörpern gegen das Medikament (in 10 – max. 20% der Fälle / Jahr), die zu einem (sekundären) Wirkungsverlust und Abbruch der Behandlung führen können. Deshalb ist eine Kombinationstherapie des TNFα-Inhibitors mit einem Immunomodulator wie Azathioprin (wenigstens in den ersten 6 Monaten) hilfreich, um die Antikörper-Bildung zu reduzieren und den Medikamenten-Spiegel zu erhöhen. Dies konnte allerdings nur für die Kombination von Infliximab und Azathioprin gezeigt werden, nicht aber für andere TNFα-Inhibitoren (31,32). Zusätzlich finden regelmässig Messungen der Medikamenten- und Antikörper-Spiegel statt. Auch Nebenwirkungen wie Infektionen, kutane Veränderungen oder Gelenksbeschwerden können zum Abbruch der Therapie führen.

α4β7-Integrin-Antagonisten

Der in der Schweiz seit 2015 zugelassene Antikörper Vedolizumab bindet hochselektiv an das α4β7- Integrin auf Lymphozyten im Darm und verhindert somit das Andocken der Lymphozyten an das (sich in den Blutgefässen der Darmschleimhaut befindliche) mucosale Adhäsions-Molekül Madcam-1. Einfach gesagt können die Lymphozyten aufgrund dieser Blockierung nicht an der Gefässwand andocken, um abzubremsen und in Folge durch das Endothel hindurch zum Entzündungsort (z.B. der Darm-Mukosa) zu «wandern» (33).
Mit Vedolizumab steht eine hochselektive Antikörper-Therapie zur Verfügung, die ein gutes Nebenwirkungsprofil (z.B. bez. infektiösen Komplikationen) ausweist und eine sehr gute Effektivität zur Behandlung der CU zeigt. Die mukosale Entzündung kann unter Vedolizumab komplett abheilen. Weiterhin kann das Medikament auch über längere Zeit effektiv angewendet werden. Ein zu beachtender Faktor ist der verzögerte Wirkungseintritt bezüglich der Entzündungshemmung der CU. Es kann durchaus mehrere Wochen (bis einige Monate) dauern bis das Medikament sein volles Potential ausgeschöpft hat, weshalb bei akuten Entzündungen andere Medikamente (ggf. zusätzlich) zur Anwendung kommen. Zudem ist Vedolizumab bei extraintestinalen Manifestationen (wie z.B. axialer Spondyloarthritis) und anderen entzündlichen Autoimmunkrankheiten (wie der Psoriasis- und rheumatoiden Arthritis) weniger bis nicht effektiv (hier wäre z.B. eine TNFα-Inhibitor-Therapie angezeigt) (7).

Interleukin-12/23-Antagonisten

Der humane monoklonale Interleukin 12/23-Antikörper Ustekinumab ist in der Schweiz seit 2020 für die Behandlung der CU zugelassen. Der Antikörper bindet an die p40 Untereinheit der IL-12 und IL-23-Zytokine und verhindert somit die Interaktion mit dem IL-12-Rezeptor. Dies führt zu einer reduzierten zellulären Aktivität und einer reduzierten Zytokin-Produktion und Sekretion.
Ustekinumab zeigt ein sehr gutes Nebenwirkungsprofil, sowie eine sehr gute Effektivität zur Behandlung der CU auch über längere Zeit (26,34). Gerade bei Patienten, die zusätzlich an einer kutanen Psoriasis oder einer Psoriasis-Arthritis leiden, ist die Behandlung mit diesem Antikörper ideal. Wie bei Vedolizumab kann es unter Ustekinumab zu Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen und nasopharyngealen Infektionen kommen. Weiterhin kann es bei einer Behandlung mit Ustekinumab mehrere Wochen (bis einige Monate) dauern, bis das volle Wirkungs-Potential des Medikamentes erreicht worden ist. Die Behandlung erfolgt mit einer initialen Infusion und im Anschluss s.c. Medikamenten-Verabreichungen alle 8-12 Wochen.

Janus-Kinase-Inhibitoren

Janus-Kinase-Inhibitoren, abgekürzt JAK-Inhibitoren, sind eine relativ neue Klasse von Medikamenten, welche über die Blockade der intrazellulären Enzyme, der Janus-Kinasen, ihre Wirkung entfalten. Sie beeinflussen hierbei die Signalweiterleitung von der Zellmembran zum Zellkern und damit die Genexpression und bewirken damit einen spezifischen immunsuppressiven, antiphlogistischen und antiproliferativen Effekt. Die bisher in der Schweiz für die CU (seit 2018) zugelassene Substanz ist Tofacitinib (Xeljanz®), ein «small molecule», welches als orale Tablette eigenommen werden kann. Tofacitinib ist ein Pan-JAK-Inhibitor und hemmt JAK1, JAK2, JAK3 und weniger auch die TyK2. Der Wirkungseintritt erfolgt rasch, innerhalb von wenigen Tagen. Vorsicht ist v.a. bei Patienten ab 50 Jahren geboten, die kardiovaskuläre Risikofaktoren ausweisen. Hier wurde in den Studien eine erhöhte Rate von kardiovaskulären Ereignissen (wie z.B. Herzinfarkt) und auch opportunistischen Infekten (v.a. Herpes zoster) beschrieben (35). Zudem zeigte sich auch eine erhöhte Inzidenz von malignen Erkrankungen. Vor dem Therapiestart sollte eine Impfung gegen Herpes zoster durchgeführt werden und die Behandlung mit dem JAK-Inhibitor durch einen erfahrenen IBD-Spezialisten erfolgen.

Sphingosin-1-Phosphat-(S1P)-Rezeptormodulator

Seit Ende letztem Jahr (2022) ist der S1P-Rezeptormodulator Ozanimod (Zeposia®) für die Behandlung der CU zugelassen. Ozanimod wird als orale Tablette einmal pro Tag eingenommen. Das Medikament wurde bereits vorgängig für die Behandlung der multiplen Sklerose zugelassen und angewendet. Der genaue Wirkungsmechanismus von Ozanimod ist nicht ganz klar. Es wird davon ausgegangen, dass Ozanimod Lymphozyten (reversibel) am Verlassen von Lymphknoten hindert und somit eine Migration der Lymphozyten zum Entzündungsort in den Darm und in das ZNS unterdrückt (36). Vor Beginn einer Therapie mit Ozanimod muss ein EKG durchgeführt werden, da die Substanz zu Bradykardien führen kann. Bei bekannten Herzerkrankungen muss vor Behandlungs-Start ein kardiologisches Konsilium eingeholt werden.

Ausblick

Insgesamt geht die Entwicklung neuer Medikamente hin zu selektiveren Wirkungsmechanismen. Wahrscheinlich nächstes Jahr dürfte der selektive Janus-Kinasen 1-Inhibitor Upadacitinib für die Behandlung von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen zugelassen werden. Upadacitinib ist in der Schweiz bereits unter dem Handelsnamen Rinvoq® für die rheumatoide Arthritis und Psoriasis-Arthritis zugelassen. Die bisherigen Studiendaten bez. der CU sehen sehr vielversprechend aus. Bisher gibt es mit Ustekinumab einen IL-12/23-Antikörper, der für die CU und den Morbus Crohn zugelassen ist. Aktuell befinden sich die selektiven IL-23 Inhibitoren Mirikizumab und Guselkumab in klinischer Erforschung und Risankizumab kurz vor der Zulassung in der Schweiz für Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen.

Weitere therapeutische Möglichkeiten

Mikrobiom

Da die Pathogenese der CU auch eine Veränderung des Mikrobioms mit sich bringt, ist die Darmflora ein mögliches Ziel von therapeutischen Interventionen (37).
Zur Remissionserhaltung kann das Probiotikum E. coli Nissle verwendet werden (z.B. Mutaflor®). Dieses zeigte in mehreren randomisiert kontrollierten Studien eine vergleichbare Effektivität wie eine 5-ASA-Therapie bezüglich der Remissionserhaltung bei CU (38).
Mehrere randomisierte kontrollierte Studien haben eine Wirksamkeit der fäkalen Mikrobiota-Transplantation (FMT) bei der Behandlung von CU gezeigt. Deshalb spricht sich eine aktuelle schweizerische Expertenempfehlung dafür aus, dass die FMT bei ausgewählten CU-Patienten in spezifischen Situationen angeboten werden könnte (39).

Komplementäre Medizin

Eine deutsche Studie ergab, dass etwa 50% der CED-Patienten im Verlauf ihrer Krankheit komplementärmedizinische Angebote in Anspruch genommen haben (40). Mehrere Studien zeigen positive Signale, insbesondere für die Verwendung von Curcumin, aber es fehlen qualitative Studien (41). In den Empfehlungen der DGVS 2023 wird erwähnt, dass Plantago ovata, Curcumin und Pflanzenkombinationen (Myrrhe, Kamillenblütenextrakt und Kaffeekohle) als ergänzende Behandlung in Remissionsphasen eingesetzt werden können (42).

Körperliche Aktivität

Regelmässige körperliche Aktivität wird bei IBD-Patienten empfohlen (43). Dies scheint einen positiven Einfluss auf die chronische Müdigkeit und die Lebensqualität zu haben und könnte auch das Risiko eines aktiven Krankheitsschubs reduzieren. Für letzteres fehlen jedoch noch belastbare wissenschaftliche Daten (44).

Chirurgie

Bei einer medikamentös nicht beherrschbaren schweren CU muss eine chirurgische Behandlung in Betracht gezogen werden (45). Dies wird in einem späteren Artikel in dieser Zeitschrift ausführlich beschrieben.

Spezialfälle

ASUC

Die akute schwere Colitis ulcerosa (ASUC) kann als Erstmanifestation der CU bei bis zu 1/3 der Patienten auftreten (in den anderen 2/3 der Fälle tritt sie im Verlauf der Erkrankung auf). Klinische Zeichen für eine schwere Erkrankung liefern z.B. die Kriterien von Truelove & Witts (Figur 1). Sind diese Kriterien erfüllt, sollte eine rasche und (falls notwendig) stationäre Behandlung dieser Patienten durchgeführt werden. Die Erstbehandlung umfasst die intravenöse Kortikosteroid-Therapie und bei Nichtansprechen eine Behandlung mittels TNF-α-Inhibitoren oder Immunsuppressiva (z.B. Ciclosporin oder Tacrolimus) (9,45). Eine frühzeitige Involvierung des Chirurgen und eine engmaschige interdisziplinäre Betreuung dieser schwerkranken Patienten ist empfohlen, da eine Rettungs-
kolektomie bei medikamentösem Nichtansprechen zeitnah in Betracht gezogen werden muss (9,10,45).

NSAR (Nichtsteroidales Antirheumatikum)

Bezüglich dem Zusammenhang zwischen der Einnahme von NSAR und dem Auftreten von Krankheitsschüben der CU zeigen mehrere Studien widersprüchliche Ergebnisse (46). Die jüngsten Empfehlungen der ECCO bleiben vorsichtig und schlagen vor, die Verschreibung von NSAR von Fall zu Fall zu bewerten (7).

Primär sklerosierende Cholangitis (PSC)

Die PSC ist eine chronische (meist progrediente) cholestatische Erkrankung unklarer Ätiologie, die eine diffuse Entzündung, Fibrosierung und Stenosierung der intra- und extrahepatischen Gallenwegen bewirkt. Die Erkrankung führt zu einem wesentlich erhöhten Risko der Entwicklung einer (biliären) Leberzirrhose, eines Malignomes (s. unten) und zu erhöhter Mortalität (47). Die PSC kommt bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (v.a. der CU) gehäuft vor (Prävalenz von PSC von 2-8% bei IBD – Patienten, dabei wesentlich häufiger bei CU- als bei Morbus Crohn Patienten) (7). Die PSC führt bei IBD Patienten zu einem stark erhöhten Risiko eines kolorektalen Karzinomes, um den Faktor 2.4, und erhöht auch die Gefahr für die Entwicklung eines Cholangiokarzinomes bis um den Faktor 400 in gewissen Studien (48).
Patienten mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung und einer PSC müssen deshalb jährlich eine Kontroll-Koloskopie zur Suche nach Dysplasien erhalten.
Für den Hausarzt ist es wichtig zu wissen, dass bei IBD-Patienten mit chronisch erhöhten Cholestase-Parametern an eine PSC gedacht und diese mit MRCP (Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie) aktiv gesucht werden muss.

Empfehlungen an den Hausarzt bezüglich der Betreuung von Colitis ulcerosa Patienten

Patienten, die mit Biologika behandelt werden, sollten falls möglich, durch einen IBD erfahrenen Gastroenterologen betreut werden. Patienten mit leichten bis mittelschweren Formen der Colitis ulcerosa können sehr gut vom Hausarzt behandelt werden, v.a. wenn die Krankheit über einen längeren Zeitraum stabil geblieben ist. In diesem Fall ist es wichtig, regelmässige Calprotectin-Kontrollen (je nach klinischem Verlauf) alle 3 bis 6 Monate durchzuführen, um die Remission der Entzündung mit einem Calprotectin-Zielwert von <150 – 200µg/g zu bestätigen (6). Der Patient kann trotz klinischer Remission und subjektiver Beschwerdefreiheit eine Rest-
entzündungsaktivität haben, nach der mit dieser nicht-invasi-
ven Messung (Calprotectin Bestimmung im Stuhl) proaktiv gesucht werden sollte (10). Bei den klinischen Verlaufskontrollen wird empfohlen, mittels Blutentnahme Nebenwirkungen der IBD-Therapie zu suchen und auch eine Anämie und einen Vitaminmangel im Rahmen der entzündlichen Erkrankung auszuschliessen. Mittelfristig ist es wichtig, dass der Patient an einem Darmkrebs-Screening teilnimmt, welches ca. 6-8 Jahre nach der Erstdiagnose begonnen werden sollte und dann (je nach Risikofaktoren) alle 1 bis 5 Jahre durchgeführt wird (6). Abbildung 2 fasst die aktuellen Empfehlungen der ECCO zu diesem Thema zusammen.

Bei einem Krankheitsschub ist es wichtig, nach einem auslösenden Faktor zu suchen. In diesem Zusammenhang sollte eine infektiöse Ursache, insbesondere eine Infektion mit C. difficile, systematisch ausgeschlossen werden (6,10). Denn auch ohne Antibiotikatherapie sind Patienten mit IBD inhärent gefährdet, eine C. difficile-Kolitis zu entwickeln, und bei Durchfall sollte daran gedacht werden (49). Weitere häufige Ursachen für Krankheitsschübe sind z.B. das Absetzen der Basismedikation und das kürzliche Aufgeben des Rauchens bei der CU (10).
Bei einem nicht schweren Krankheits-Schub der CU, kann der behandelnde Hausarzt die Behandlung optimieren, indem er 5-ASA einführt/erhöht oder eine Steroid-Therapie beginnt. Wenn dies nicht ausreichen sollte, oder bei Hinweisen auf eine schwere Entzündung der CU ist anzuraten, rasch mit einem IBD-erfahrenen Gastroenterologen Kontakt aufzunehmen. Wei­terhin sollte bei mehr als 2 (medikamentös) kontrollierbaren Krankheitsschüben der UC pro Jahr eine Evaluation einer immunsuppressiven Basistherapie durch einen IBD-Spezialisten erfolgen (50).

Dipl. Arzt Laura Rossier

Assistenzärztin Gastroenterologie
Intesto, Gastroenterologische Praxis und Crohn-Colitis-Zentrum
Bern und Freiburg
Bremgartenstrasse 119
3012 Bern

RossierL@intesto.ch

Dr. med. Christoph Matter

FMH Gastroenterologie & Innere Medizin
Mitinhaber Intesto, Gastroenterologische Praxis und Crohn-Colitis
Zentrum, Bern und Freiburg
Bremgartenstrasse 119
3012 Bern

MatterC@intesto.ch

Laura Rossier hat keine Interessenkonflikte. Christoph Matter hat Beraterhonorare, Vortragshonorare oder Kongress-Support von AbbVie, Dr Falk, Janssen, Pfizer, Sandoz, Takeda, Vifor erhalten.

  • Die Diagnose der Colitis Ulcerosa wird aufgrund der Klinik, dem endoskopischen Befund und dem histologischen Resultat gestellt.
  • Ein Krankheits-Schub der Colitis ulcerosa kann am besten mithilfe der Klinik und nicht invasiven Hilfsmitteln wie dem Calprotectin im Stuhl und der Darmsonographie detektiert werden. Lassen Sie sich nicht von einem normalen CRP täuschen. Zudem ist es wichtig eine infektiös bedingte Colitis auszuschliessen.
  • Bei einem schweren Krankheits – Schub der CU, wie z.B. bei Erfüllung der True-Love-Witts-Kriterien, sollte rasch zur Therapie-Einleitung mit einem IBD-erfahrenen Gastroenterologen Kontakt aufgenommen werden.
  •  5-ASA-Präparate bleiben bei leichten bis mittelschweren Formen der Colitis ulcerosa die Therapie der ersten Wahl. Hier sollte unbedingt auch die lokale Therapie (Suppositorien, Einläufe und Schäume) berücksichtigt werden.
  •  Biologika können häufig auch schwere und komplexe Verlaufsformen der Colitis ulcerosa in Remission bringen und in Remission halten. Zudem können gewisse Biologika auch bei extraintestinalen Manifestationen der Colitis ulcerosa therapeutisch helfen.
  • Koloskopien in regelmässigem Intervall (s. Abb. 2) sind bei Colitis ulcerosa Patienten für die Früherkennung von Dysplasien und Verhinderung von kolorektalen Malignomen von entscheidender Bedeutung.

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Übersicht und Therapie-Update Morbus Crohn

Morbus Crohn (MC) ist eine chronisch entzündliche Darmerkrankung die den gesamten Magendarmtrakt befallen kann. Ursächlich ist ein fehlgeleitetes Wechselspiel von Darmbakterien, Darmimmunsystem und der Darmoberfläche bei genetisch anfälligen Individuen, das im Detail unverstanden ist. Die konventionelle Therapie umfasst in der Akutphase Steroide, daneben stehen fortgeschrittene Therapien zur Verfügung. Drei Tumor-Nekrosefakter (TNF) Inhibitoren (Infliximab, Adalimumab und Certolizumab pegol (Schweiz)) sind für MC zugelassen. Neuere Therapieoptionen sind Interleukin (IL)-12/ 23-Inhibitoren (Ustekinumab) und Integrin-Inhibitoren (Vedolizumab). Im Jahr 2022 wurde mit Risankizumab ein erster IL-23 Inhibitor für MC von der EMA zugelassen und seit 2023 ist der Janus-Kinase-1 Inhibitor Upadacitinib für die Behandlung des MC in der EU ebenfalls verfügbar. Bei lokalisiertem MC ist auch eine elektive chirurgische Resektion eine Therapiealternative mit guten Langzeitergebnissen. Fisteln bei MC bleiben schwierig behandelbar und verlangen eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Gastroenterologen und Viszeralchirurgen. Eine chirurgische Fistelbehandlung mit kurativem Ansatz sollte nur bei gut kontrolliertem MC versucht werden. Die beste Evidenz für den Einsatz beim fistulierenden MC besteht für Infliximab und Adalimumab, wahrscheinlich sind die anderen Therapien jedoch ebenfalls wirksam. Die Zulassung der neuen Wirkstoffe bei MC ist grundsätzlich zu begrüssen da immer mehr sichere und wirksame Therapien zur Verfügung stehen. Dennoch bleibt MC eine nicht heilbare Krankheit und bei jeder Behandlung spricht nur ein Teil der Patient/-innen auf die Therapie an. Im Interesse der Patient/-innen sollte die Entwicklung neuer Therapien daher weitergehen.

Aetiopathogenese, klinische Präsentation und Phänotypen

Morbus Crohn (MC), benannt im Jahre 1932 nach einem der Erstbeschreiber, dem amerikanischen Gastroenterologen Burrill Bernard Crohn (1) ist eine der beiden wichtigsten Formen einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung (englisch: inflammatory bowel disease, IBD). Die Bezeich­nung «Enteritis regionalis» umschreibt das segmentale gastro­intestinale Befallsmuster der Erkrankung treffend: typischerweise befinden sich Erosionen, Aphten oder Ulcera direkt in Nachbarschaft von nicht-entzündlichen Arealen. An den entzündeten Stellen kann die Schleimhaut auch in Submukosa und gesamter Tiefe befallen sein, was die Neig­ungen zu Fisteln oder Fibrosierungen mit konsekutiven Stenosen erklärt.
Die klinische Präsentation umfasst abdominale Schmerzen, Diarrhoe, je nach Inflammationsgrad und Lokalisation auch blutig oder schleimig, und Allgemeinsymptome wie Fieber, Gewichtsverlust, Anämie und Leistungsschwäche. Zusätzlich können bei MC auch Entzündungen mit Befallsmustern ausserhalb des Gastrointestinaltraktes, sogenannte extraintestinale Manifestationen (EIM), bestehen. Diese umfassen periphere und/oder axiale Arthralgien und Arthritiden (30%), entzündliche Hautveränderungen wie
Erythema nodosum oder Pyoderma gangrenosum, Augenentzündungen wie Episcleritis, Uveitis oder Iridozyklitis und eine Entzündung der Gallenwege als primär sklerosierende Cholangitis (PSC) (2, 3).
Die Aetiopathogenese der Erkrankung ist wahrscheinlich multifaktoriell und nach wie vor nicht eindeutig im Detail geklärt. Am ehesten führen in genetisch anfälligen Individuen Umwelteinflüsse zu einer Veränderung der Darmbakterien und einer Aktivierung des intestinalen Immunsystems mit konsekutiver intestinaler Entzündung. Der Dickdarm und distale Dünndarm sind dicht mit Bakterien besiedelt, die Bakterienkonzentration beträgt dort 1011 pro ml (in anderen Worten 100 Milliarden pro cm3). Über 99% aller den Menschen besiedelnden Bakterien befinden sich im Dickdarm (4). Das Immunsystem muss somit einerseits den Gastrointestinaltrakt verteidigen, andererseits nützliche kommensale Bakterien erhalten. Dies ist angesichts der schieren Bakterienmasse und des kurzen (mikroskopischen) Abstandes von Darmlumen zur Submukosa eine Herausforderung. IBD ist eine Fehlregulation der Interaktion zwischen Immunsystem, Darmschleimhaut und Darmbakterien. IBD kann daher als «komplexe Barrierestörung» der Darmoberfläche aufgefasst werden. Es handelt sich um eine immunvermittelte aber nicht per se autoimmune
Erkrankung.
Bei aktiver IBD finden sich ubiquitäre Veränderungen: Defekte der Schleimschicht, gestörte Zell-Zell- Verbindungen («tight junctions»), verminderte Panethzellen (die unter anderem antibakterielle Verteidigungsmoleküle, «Defensine», produzieren) und eine Aktivierung intrazellulärer Pathways (z.B. für «Autophagie» und «Stress im endosplasmatischen Retikulum»). Es findet sich zudem eine Aktivierung der angeborenen (innate) Immunantwort (z.B. Makrophagen, Inflammasom) und des T-Zellsystems mit Aktivierung und Einwanderung von Th1 und Th17-Zellen und einer Inaktivierung regulatorischer T-Suppressorzellen. Zudem werden wichtige Zytokine wie Tumornekrosefaktor (TNF) und Interleukin (IL)-23 aktiviert. Welche dieser Veränderungen «primär» bzw. direkte oder indirekte Folgen anderer Veränderungen sind, ist unbekannt. Wichtige therapeutische Angriffspunkte sind die Einwanderung von Immunzellen (Integrin-Inhibitoren) sowie die Zytokine TNF und IL-23 (siehe unten).
Interessanterweise war MC im 19. Jahrhundert unbekannt, bei danach steigender Inzidenz im Laufe des 20. Jahrhunderts. Massgeblich mag eine Änderung der Ernährung gewesen sein: Fisch, Früchte, Gemüse werden als günstig, rotes und prozessiertes Fleisch, Nahrungszusätze und Transfettsäuren als ungünstig beschrieben, bei insgesamt sehr unbefriedigender Studienlage (5). Weitere Umweltfaktoren, die das Risiko für MC fördern, sind Antibiotikaexposition in der Kindheit, Rauchen (6, 7) und Appendektomie. Interessanterweise sind die letzten beiden Risikofaktoren (anhaltendes Rauchen und stattgehabte Appendektomie) bei Colitis ulcerosa (CU) protektiv. Protektive Umweltfaktoren bei MC umfassen Muttermilch (in der frühen Kindheit), Haustiere, Nutztiere, ländliche Umgebung, sowie Zugang zu einer Toilette und heissem Wasser. Diese Umweltfaktoren beeinflussen somit entweder das intestinale Immunsystem oder betreffen eine optimale Hygiene (weder zu wenig noch zu strikt) mit optimaler Exposition des Organismus bzgl.
verschiedener Bakterien.
Bei aktiver IBD findet sich eine veränderte Darmmikrobiota mit vermehrt Protobakterien, die als Pathobionten in geeignetem Kontext auch eine Entzündung auslösen oder fördern können. Andererseits findet sich eine verminderte Zahl bestimmter Kommensalen: Bakterien, die über komplexe Stoffwechselwege Kohlenhydrate metabolisieren können und immunmodulatorische kurzkettige Fettsäuren (englisch: short chain fatty acids, SCFA) bilden (8, 9).
Etwa die Hälfte des Krankheitsrisikos für MC ist genetisch bedingt (10). Somit ist das Krankheitsrisiko bei erstgradigen Verwandten mit MC 8-fach erhöht und auch eine CU in der Verwandtschaft erhöht das Erkrankungsrisiko (11). Da MC jedoch insgesamt eine seltene Erkrankung ist (Lebenszeitprävalenz 0.3%) (12), erkranken die meisten Verwandten von MC Patient/-innen nicht. Die relevanteste einzelne Genmutation ist eine Frameshiftmutation im NOD2 Gen (13, 14). Je jünger das Erkrankungsalter desto höher ist die genetische Belastung und bei Säuglingen und Kleinkindern können Punktmutationen, z.B. im IL-10 Rezeptor, die Krankheit mit autosomal rezessivem Erbgang bedingen (15). Dennoch handelt es sich bei MC im Erwachsenenalter grundsätzlich nicht um eine mono- oder oligogenetische Erkrankung. Mit genomweiten Assoziationsstudien (GWAS), zuletzt in multi-ethnischen Populationen, wurden weitere genetische Marker für IBD entdeckt, so dass aktuell von über 300 involvierten Genabschnitten ausgegangen wird (16). Viele dieser Gene finden sich in Pathways die für die Pathogenese von IBD wichtig sind (innate Immunsystem, Immunzellmigration, IL-23). GWAS konnten zudem interessanterweise eine Verbindung von IBD zu Zöliakie, ankylosierender Spondylitis, Psoriasis, und Tuberkulose zeigen.
Phänotypen: Ein MC kann den gesamten Magendarmtrakt von Mundhöhle bis Anus befallen, die häufigsten Lokalisationen sind jedoch Ileozökalregion (90%) und Anal- und Perianalregion (30%). Eine Crohn-Colitis (20% der Fälle) befindet sich klinisch, phänomenologisch und genetisch zwischen MC und CU und ist wahrscheinlich als eigene Krankheit aufzufassen (17, 18). Zudem gibt es ösophageale, gastrale, duodenale oder jejunale Befallsmuster (19).
In Bezug auf den zeitlichen Verlauf wechseln sich meist ru­higere Krankheitsphasen mit Phasen vermehrter Krankheitsaktivität ab. Phasen vermehrter Krankheitsaktivität werden als Schub (englisch: «Flare») bezeichnet. Ist die Krankheit nicht symptomatisch oder messbar aktiv spricht man von Remission. Der Verlauf ist jedoch variabel, neben einem typischen schubweisen Verlauf kommen auf der einen Seite jahrelange Remissionen auf der anderen Seite auch Daueraktivität oder ein progressiver Krankheitsverlauf vor. Bei den meisten Patient/-innen nimmt die Krankheitsaktivität jedoch über die Lebensdauer sukzessive ab und schwere klinische Verläufe sind im Alter selten (20). Dies ist bemerkenswert da die funktionelle Reservekapazität des Magendarmtraktes, z.B. bzgl. Kontinenz im Alter abnimmt. Bei stabiler klinischer Situation kann z.B. ab dem 50.
Lebensjahr ein Therapiestopp diskutiert werden.

Therapie u. Therapieausblick, Krankheitsaktivität

Das grundsätzliche Therapieziel in der Behandlung von IBD ist das Erreichen und Erhalten einer Remission. Dies ist nicht trivial denn IBD und MC sind komplexe Krankheiten und Remission kann sowohl klinisch unter Berücksichtigung vieler Beschwerden, also auch biochemisch, endoskopisch, histologisch oder sonographisch definiert werden. Für die klinische Aktivitätserfassung stehen bei MC zusammengesetzte (Composite)-Scores wie der Crohn‘s Disease Activity Index (CDAI) (21) oder der Harvey-Bradshaw Index (HBI)(22) zur Verfügung. Dafür wird beim CDAI die Anzahl Stuhlgänge, Bauchschmerzen, allgemeines Befinden, abdominelle Resistenzen, Gewichts- und Anämieverlauf erfasst. Der HBI ist eine vereinfachte Form, berücksichtigt beispielsweise nicht die Anämie und kann somit ohne Laboruntersuchung ausgewertet werden. Die teilweise subjektive Natur von CDAI und HBI ist Anlass für Kritik und Variabilität in klinischen Studien, dennoch werden Veränderungen des CDAI unverändert als wichtigste Endpunkte klinischer Studien verwendet. In der klinischen Praxis können z.B. bei Diarrhoe und Abdominalschmerzen unter Therapie residuelle entzündliche Beschwerden klinisch oft nicht von funktionellen post-entzündlichen Beschwerden unterschieden werden (23, 24), was objektive Entzündungsmarker notwendig macht.
Fäkales Calprotectin (FC) ist ein sehr sensitiver, GI-spezifischer, nicht-invasiver Entzündungsmarker der einfach verwendet werden kann (25). Bei normwertigem FC ist eine relevante intestinale Entzündung unwahrscheinlich. Erhöhte Werte haben dagegen eine breite Differentialdiagnose (z.B. NSAR oder GI-Blutungen (26)) und falsch positive Befunde kommen vor allem bei älteren Patient/-innen vor. In unserer Praxis verwenden wir Calprotectinmessungen eher für eine längerfristige Monitorisierung mit sequentiellen Erhebungen mehrmals jährlich um patienten- und situationspezifische Referenzwerte zu erlangen. Progrediente Abweichungen von der Baseline oder repetitiv erhöhte FC-Werte können dann (bei übereinstimmender Klinik) ein intensiveres Management (z.B. häufigere Visiten, Dosisintensivierung, Endoskopie) veranlassen.
Die Endoskopie gilt als Goldstandard für die Bestimmung der luminalen Entzündungsaktivität des MC in Kolon und terminalem Ileum und eine endoskopische Remission kann mit dem SES-CD Score objektiviert werden. Noch einen Schritt weiter geht die histologische Remission, mit Fehlen von Lymphozyteninfiltraten, Kryptenabszessen oder Granulomen. Die streng lokalisierte Entzündungsaktivität mit entzündeten Arealen in Nachbarschaft von entzündungsfreien Arealen machen jedoch auch Sampling Errors möglich (27). Die endoskopische und histologische Remission werden immer häufiger in der Praxis verwendet und werden in klinischen Studien meist als sekundäre Endpunkte mitbestimmt. Bei symptomfreien Patient/-innen, normalem Labor einschliesslich Calprotectin, muss die Remission jedoch nicht endoskopisch dokumentiert werden.
Therapieziele bei IBD wurden in den STRIDE-Guidelines (28) umfassend und patientennah definiert. Es werden kurz-, mittel- und langfristige Ziele unterschieden. Kurz- und mittelfristig geht es um die Besserung bzw. das Verschwinden der Krankheitssymptome, die Normalisierung des CRPs und die Senkung des Calprotectinwertes auf akzeptable Werte. Langfristig geht es um endoskopische Heilung und eine normale Lebensqualität für die Patient/-innen ohne Einschränkung (Abbildung 1). Die sonographische «transmurale» Heilung mit Erreichen einer normalen Wanddicke des terminalen Ileums wird als zusätzlicher Endpunkt betrachtet. Jeweils wird bei nicht-Erreichen eines Endpunktes in entsprechender Frist eine Modifikation der Therapie empfohlen.
Neben diesen Endpunkten geht es auch grundsätzlich um die Erhaltung der Funktionalität des Magen-Darmtraktes. Durch wiederholte Entzündungen mit Vernarbungen und Fisteln sowie repetitiven Operationen kann es bei schwerer Krankheitsaktivität zu einer irreversiblen und kaum noch therapierbaren Beschädigung des GI-Traktes kommen. Die Darmpassage und Nahrungsabsorption ist dann durch
Stenosen, Briden, Dysmotilität und Kurzdarm limitiert und kann durch antientzündliche Therapien nicht verbessert werden. Es gibt bei Patient/-innen mit schwerem MC somit ein therapeutisches Fenster das nicht verpasst werden sollte und effektive Therapien werden heute früher eingesetzt als in der Vergangenheit.

Therapieupdate:

Für die Therapie des MC unterscheiden die aktuellen Leitlinien der European Crohn´s and Colitis Organisation (ECCO) (29) drei Grundpfeiler:

1] Induktionstherapie
2] Erhaltungstherapie
3] Therapie eines fistulierenden perianalen Morbus Crohn

Zusätzlich muss die Therapie gemäss Schwergrad der Erkrankung, Krankheitslokalisation, Komplikationen und EIM, bisheriges Therapieansprechen und Begleiterkrankungen individualisiert werden.
Dafür haben die Möglichkeiten in den letzten 20 Jahren deutlich zugenommen, und weitere Veränderungen sind abzusehen. Die Therapievielfalt ist einerseits für Patient/-innen und Ärzte positiv denn es ist immer häufiger möglich individuelle Therapien für Patient/-innen zu finden. Andererseits darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass MC nach wie vor nicht heilbar ist und jede neue Therapie die Therapiesituation nur stückweise (inkremental) verbessert.
Um trotz der zunehmenden Komplexität einen Überblick zu behalten lohnt es sich die Therapien in konventionelle (Abbildung 2) und fortgeschrittene Therapien (Abbildung 3) einzuteilen. Konventionelle Therapie beinhalten verschiedene Kortikosteroide in systemischen und rektalen Applikationsformen und die Antimetaboliten Azathioprin (AZA), 6-Mercaptopurin (MP) und Methotrexat (MTX), die unter dem Begriff Immunomodulatoren zusammengefasst werden. Immunomodulatoren hemmen über verschiedene Wege die Zellteilung und damit die Proliferation von Immunzellen. Ebenfalls zu den Immunomodulatoren zählt Mesalazin oder 5-Aminosalicylsäure (5-ASA). 5-ASA ist Basismedikament bei CU spielt bei MC jedoch nur eine untergeordnete Rolle. In den aktuellen ECCO-Guidelines (29) wird die Anwendung von Mesalazin bei Morbus Crohn auch nicht mehr formal empfohlen, beruhend auf Daten mehrerer Studien und Meta-Analysen. In Einzelfällen kann bei sehr mildem Krankheitsverlauf, entsprechender Patientenpräferenz und seriösem Monitoring eine Erhaltungstherapie mit Mesalazin dennoch eine sinnvolle Option sein.
Bei den fortgeschrittenen Therapien für MC stehen aktuell 3 Klassen von monoklonalen Antikörpern zur Verfügung: TNF-Inhibitoren, IL-12/23- Inhibitoren und Integrin- Inhibitoren. Zudem gibt es Janus-Kinase (JAK)-Inhibitoren, «small molecules», welche in der Schweiz teilweise für die CU schon zugelassen sind jedoch noch nicht für MC.
Bei den TNF-Inhibitoren sind seit 2016 Biosimilars auf dem Markt. Im Gegensatz zu Generika, die bzgl. chemischer Zusammensetzung mit den Originalprodukten identisch sind, handelt es sich bei Biosimilars um ähnliche Substanzen, da Details des Herstellungsprozesses die resultierenden Antikörper beeinflussen können (z.B. Proteinfaltung). Biosimilars haben sich in Vergleichsstudien jedoch als gleichermassen wirksam herausgestellt und in der Praxis bewährt. Die ECCO empfiehlt grundsätzlich die Anwendung oder sogar den Wechsel auf Biosimilars nach erfolgter Patientenrücksprache (29, 30). Der Vorteil bei einem Wechsel liegt vor allem in einer Kosteneinsparung. Zusätzlich bringen Biosimilars Innovationsdruck und bewirken patientenfreundlichere Applikationsformen (z.B. Infliximab-subkutangabe bei Veblocema®) und die Entwicklung neuer Medikamentenklassen.

Induktionstherapie

Bei der Induktionstherapie einer leichten bis mittelschweren Krankheit welche das terminale Ileum u. Colon ascendens betrifft, empfiehlt sich gemäss ECCO-Guidelines die Induktionstherapie mit dem topischen Steroid Budesonide mit 9mg/d. Der starke First-Pass-Effekt mit rascher Metabolisierung in der Leber nach Resorption bedingt zudem den Vorteil geringerer systemischer Steroidnebenwirkungen. Bei bis zu 60% der Patient/-innen kann dadurch eine Remission nach 8 Wochen erreicht werden. Liegt eine mittlere bis schwere Krankheitsaktivität vor sind systemische Steroide Medikamente der Wahl, entweder als perorale (Prednison) oder intravenöse Applikation (Methylprednisolon) mit einer Startdosis von 0.5 – 1mg/kg Körpergewicht. Die intravenöse Applikation ist insbesondere bei schwerem Verlauf empfohlen. Der Wechsel auf die perorale Form erfolgt nach klinischer Besserung (z.B. <8 Stuhlgänge pro 24h). Sehr wichtig ist die initial enge Anbindung ambulanter Patient/-innen: Nach spätestens 2 Wochen sollte eine erneute klinische Beurteilung erfolgen. Für eine Überlegenheit eines Steroidtaperings gibt es keine Evidenz, dennoch wird dies in der klinischen Praxis so gehandhabt und spätestens nach 2 Wochen sollte damit begonnen werden.
Die Steroidtherapie ist die am längsten verfügbare Therapie. Bei einer ersten Steroidtherapie kann von einer Wirksamkeit in bis zu 80% der Patient/-innen nach 3 Wochen ausgegangen werden, wobei es bei rund 50% der Patient/-innen zu einer kompletten Remission kommt. Die verbleibenden 50% der Patient/-innen sprechen entweder nicht auf die Steroidtherapie an oder es kommt nach Dosisreduktion zu erneuter Krankheitsaktivität und einem steroidabhängigen Verlauf. (31)
Zweite Linie für die Induktionstherapie sind fortgeschrittene Therapien, insbesondere Biologika. Alle Klassen monoklonaler Antikörper (TNF-Inhibitoren, Integrin-Inhibitoren und IL-12/23 Inhibitoren) sind zur Induktionstherapie geeignet und werden von der ECCO zur Induktionstherapie empfohlen (29). Die längste Erfahrung besteht mit TNF-Inhibitoren von denen Infliximab i.v. (32), Adalimumab s.c. (33) von der EMA für Morbus Crohn zugelassen wurden (Schweiz: zusätzlich Certolizumab pegol s.c. (34)). Die Zulassung der EMA für Infliximab besteht seit 1999 und Infliximab ist auch heute ein sehr wichtiges Therapeutikum. Infliximab stand lange nur als intravenöse Applikationsform zur Verfügung, seit 2022 gibt es mit dem Biosimilar Veblocema® erfreulicherweise auch die Möglichkeit zur subkutanen Anwendung mit gleichmässigeren Plasmaspiegeln und gleicher Wirkung als bei der i.v.-Gabe (35).
Die Nebenwirkungen von TNF-Inhibitoren umfassen Infektionen, insbesondere die Reaktivierung von Tuberkulose im Mittel 12 Wochen nach Induktion (36), und Lymphome, ausserdem können Allergien, Psoriasis, Herzinsuffizienz, Leberwerterhöhungen, multiple Sklerose und andere Autoimmunphänomene wie drug-induced Lupus erythematodes auftreten (37, 38).
In Bezug auf die Wahl des initialen TNF-Inhibitors gibt es keine Vergleichsstudien und keine Empfehlungen. Daher spielen primär Dosierungsintervall, Patientenpräferenz und Kosten, sowie die Verfügbarkeit eine Rolle. Meta-Analysen bestehender Studien haben nur begrenzte Aussagekraft aber gemäss einer kürzlich durchgeführten Analyse sind Infliximab und Adalimumab in der Induktionstherapie Certolizumab pegol überlegen (39).
Zusätzlich gibt es die Möglichkeit einer Kombinationstherapie von Infliximab und Azathioprin zur Induktionstherapie. Diese wurde in der SONIC-Studie (40) getestet. Dabei erreichten 57% der Patient/-innen mit einer Kombinationstherapie (Infliximab und Azathioprin), 44% der Patient/-innen mit einer Infliximab-Monotherapie und 30% der Patient/-innen mit einer Azathioprin-Monotherapie eine steroidfreie, klinische Remission. Die Kombination von Infliximab und Azathioprin wird somit von der ECCO empfohlen (29). Infliximab ist als monoklonaler Antikörper ursprünglich ein Mausprotein. Trotz gentechnischer
Humanisierung verbleiben bei Infliximab relevante murine Proteinanteile. Später zugelassene Biologika sind vollständiger humanisiert worden. Somit hat Infliximab die höchste Immunogenität aller bei IBD zugelassenen Biologika (ca. 28% bei Infliximab vs. 7.5% bei Adalimumab) (41). Die Verstärkung der Wirkung von Infliximab durch Azathioprin ist somit zumindest teilweise durch die Verhinderung Bildung von Anti-Drug Antikörpern bedingt. Entsprechend konnte die Überlegenheit einer Kombinationstherapie von Azathioprin und Adalimumab gegenüber einer Adalimumab-Monotherapie nicht gezeigt werden (42) und für die Kombination von Azathioprin mit anderen fortgeschrittenen Therapien gibt es ebenfalls keine Evidenz. Eine Monotherapie von Immunomodulatoren (AZA, MP, MTX) ist auch aufgrund des langsamen Wirkungseintritts von 8 – 12 Wochen zur Induktionstherapie nicht geeignet und wird für diese Indikation nicht empfohlen.
Der optimale zeitliche Ablauf der Induktionstherapie bei schwerem MC ist unklar und die Medikamentensequenz bleibt eine individuelle Entscheidung (29). Gezielte Studien die eine frühe Therapie mit monoklonalen Antikörper mit einer schrittweisen Therapieeskalierung vergleichen gibt es jedoch kaum und stellen zurzeit gemäss ECCO eine wissenschaftliche Lücke dar. Hierzu gibt es die gegensätzlichen Konzepte einer Step-Up und einer Top-Down Therapie. Eine Step-up Therapie startet mit Steroiden und Tapering, bei nicht-Ansprechen oder Rezidiv folgen Immunsuppressiva bzw. fortgeschrittene Therapien. Bei der Top-Down Therapie erfolgt die Induktion sofort mit Steroiden und Biologika +/- Immunsuppressiva. Das Risiko einer Top-Down Therapie ist eine Übertherapie während bei einer Step-Up Therapie die Zeit bis zum Erreichen einer Remission im Mittel länger dauert. In den letzten Jahren wurden ausserdem durch die Zunahme der Anzahl zugelassener Biologika und sinkende Medikamentenpreise Therapiewechsel und Therapieoptimierungen relevanter. Allerdings sollten erste MC-Symptome in der Regel nicht sofort eine langjährige Biologikagabe triggern da der Verlauf und allenfalls auch die Diagnose in den ersten 3 (bis 12) Monaten meist noch unsicher ist. Die Zulassung der EMA und von Swissmedic beinhaltet vor Verschreibung aller fortgeschrittenen Therapien eine erfolglose Vortherapie mit mindestens einer anderen konventionellen oder fortgeschrittenen Therapie.
Eine weitere Klasse monoklonaler Antikörper sind IL-12/23-Inhibitoren. Ustekinumab (Stelara®, Erstzulassung EMA 2009) blockiert die gemeinsame p40 Untereinheit von IL-12 und IL-23 und blockiert somit die Wirkung beider Zytokine. In den UNITI-1 und UNITI-2 Studien konnte die Wirksamkeit von Ustekinumab bei mittelschwerem bis schwerem MC gezeigt werden (43) und Ustekinumab wird von der ECCO für diese Indikation empfohlen. Die Wirksamkeit bei Anti-TNF erfahrenen Patient/-innen war erwartungsgemäss geringer gewesen als bei Anti-TNF naiven Patient/-innen aber dennoch in beiden Subgruppen signifikant besser als Placebo gewesen. Zulassungsstudien und Langzeitbeobachtungen konnten zudem auch die Sicherheit von Ustekinumab demonstrieren (43, 44). Interessanterweise wurde Ustekinumab mit Adalimumab in einer «Head-to-head» Studie bei Biologika-naiven Patient/-innen direkt verglichen (44). In Bezug auf den primären Endpunkt klinische Remission (CDAI score <150) zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Wirkstoffen.
Selektive IL-23 Inhibitoren sind die neueste Klasse von Medikamenten bei IBD. Aktuell befinden sich drei Medikamente dieser Klasse im Einsatz: Risankizumab (Skyrizi®), Mirikizumab (Omvoh®) und Guselkumab (Tremfya®). Risankizumab wurde 2023 von der EMA bei MC zugelassen, Mirikizumab bei CU und Risankizumab und Guselkumab bei Psoriasis. Die Swissmedic Zulassung von IL-23 Inhibitoren bei IBD ist noch ausstehend. Während Ustekinumab an p40 bindet und so IL-12 und IL-23 blockiert, wird bei der selektiven IL-23 Blockade lediglich die IL-23-Untereinheit p19 blockiert, was IL-23 (p19-p40), nicht aber IL-12 (p35-p40) inaktiviert. In der Therapie der Psoriasis waren selektive IL-23-Inhibitoren regelrechte «Gamechanger» und hatten sehr hohe Ansprechraten von ca. 80% erreicht (45, 46). Die Wirkung bei MC ist jedoch geringer und mit der anderer Biologika vergleichbar.
Risankizumab hatte in den ADVANCE, MOTIVATE und FORTIFY-Studien die co-primären Endpunkte klinische und endoskopische Response erreicht und somit die Überlegenheit gegenüber Placebo bei Induktions- und Erhaltungstherapie bei MC nachgewiesen (47, 48). Ob bei IBD die selektive IL-23 Blockade der kombinierten IL-12/ IL-23 Blockade (mit Ustekinumab) überlegen ist, bleibt vorerst offen. Bei Psoriasis konnte mit Risankizumab (IL-23 Blockade) im Vergleich zu Ustekinumab signifikant häufiger der primäre Endpunkt erreicht werden (49). Erfreulicherweise haben IBD-Studien mit Risankizumab (bei MC) und Mirikizumab (bei CU) ebenfalls einen Ustekinumab-Vergleichsarm und unveröffentlichte Daten legen eine leichte Überlegenheit von Risankizumab bei MC nahe. Zudem ist das Sicherheitsprofil der IL-23 Inhibitoren sehr gut und IL-23 Inhibitoren scheinen eine Bereicherung der IBD-Therapie darzustellen.
Der Integrin-Inhibitor Vedolizumab blockiert als monoklonaler IgG1 Antikörper α4β7 Integrin auf Lymphozyten. Integrin α4β7 kann dann nicht mehr mit MAdCAM-1 auf Endothelzellen interagieren. Dies verhindert das Einwandern von Lymphozyten in die Darmmukosa und in lymphoides Gewebe (Gut associated lymphatic tissue, GALT). Die Wirksamkeit von Vedolizumab für Induktion und Maintenance einer Remission bei MC konnte in der GEMINI-2 Studie gezeigt werden (50). Die GEMINI Studien und Langzeitbeobachtungsstudien haben die Sicherheit von Vedolizumab gezeigt (51). Die Integrin α4β7-Blockade betrifft jedoch neben dem Darmimmunsystem auch die oberen Atemwege und obere Atemwegsinfekte waren in der GEMINI-2 Studie eine relevante Nebenwirkung gewesen.
Janus-Kinase (JAK)-Inhibitoren sind Tyrosinkinaseinhibitoren und zählen zu den «small molecules» oder krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (disease-modifying anti-rheumatic drugs, DMARDs) welche oral eingenommen werden können. Sie hemmen den intrazellulären JAK-STAT-Signalweg der die Signaltransduktion von vielen Zytokinrezeptoren in die Zelle vermittelt. Der breite Wirkungsmechanismus erklärt die starke Wirkung der JAK-Inhibitoren, lässt aber auch vielfältige Nebenwirkungen befürchten. Es sind vier Januskinasen (JAK1-3 und TYK) mit teilweise überlappenden Funktionen bekannt. Von drei bei IBD getesteten JAK-Inhibitoren hemmt Tofacitinib (Xeljanz®) JAK1 und JAK3 während Upadacitinib (Rinvoq®) und Filgotinib (Jyseleca®) relativ selektiv JAK1 inhibieren. Die JAK1-Selektivität ist ein theoretischer Vorteil, der eine stärkere antiinflammatorische Wirkung und ein besseres Nebenwirkungsprofil zur Folge haben könnte. Von der EMA wurde Ustekinumab für MC und CU, Filgotinib und Tofacitinib nur für CU zugelassen. In der Schweiz ist bzgl. IBD lediglich Tofacitinib für CU offiziell zugelassen.
Upadacitinib hatte in den Induktions- und Maintenance-Studien U-EXCEL, U-EXCEED und U-ENDURE bei Patient/-innen mit MC signifikant häufiger als Placebo eine klinische Remission induziert (52). Die geteste Dosis lag bei 45 mg pro Tag in den ersten 12 Wochen und 15 oder 30 mg pro Tag bis Woche (52). Nebenwirkungen waren Herpes Zoster Infektionen, Leberwerterhöhungen und Neutropenien gewesen (52). Vor oder unmittelbar bei Anwendung eines JAK-Inhibitors ist somit eine Herpes-Zoster Impfung indiziert und während der Anwendung sollten bei entsprechenden Symptomen niederschwellig infektiöse Komplikationen gesucht werden. Dennoch ist gemäss den aktuell vorliegenden Daten das Nebenwirkungsprofil der JAK-Inhibitoren bei IBD insgesamt vertretbar.
In Beobachtungsstudien hatte sich bei älteren Patient/-innen mit rheumatoider Arthritis unter Behandlung mit Tofacitinib ein Risiko für Infektionen, thromboembolischen und kardiovaskulären Erkrankungen und Malignomen gezeigt (53, 54). Das Nebenwirkungsprofil von Upadacitinib war in einem grossen Kollektiv von 6991 Patient/-innen mit rheumatoider Arthritis, Psoriasis, ankylosierener Spondylitis und atopischer Dermatitis über eine Beobachtungszeit von 2.75 – 5.45 Jahren jedoch insgesamt vertretbar gewesen (55). Ob die selektive JAK-1 Inhibition von Upadacitinib auch bei Langzeitanwendung vorteilhaft bleibt muss abgewartet werden und JAK-Inhibitoren werden immer mit den extrem sicheren neueren Biologika verglichen werden. JAK-Inhibitoren sind zudem wie andere «small molecules» im Gegensatz zu monoklonalen Antikörpern zu jedem Zeitpunkt Plazenta-gängig. Unserer Meinung nach sollten JAK-Inhibitoren vorerst schwer therapierbaren Patient/-innen vorbehalten bleiben. In diesem Patientengut kann diese Medikamentenklasse jedoch oft gute Wirksamkeit entfalten.
Welches Medikament bei MC und IBD am wirksamsten ist, ist unbekannt. Ein direkter Vergleich der Wirksamkeit der Präparate aus den jeweiligen placebokontrollierten Studien ist problematisch. In einer kürzlich veröffentlichten Metaanalyse wurden 25 Trials mit insgesamt 8720 Patient/-innen zusammengefasst. Es zeigte sich bei Induktion die stärkste Wirksamkeit von Infliximab, gefolgt von Risankizumab und Upadacitinib. Bzgl. Erhaltungstherapien waren Upadacitinib, gefolgt von Adalimumab und Infliximab besonders wirksam gewesen (56). Direkte Vergleichsstudien gibt es, wie oben erwähnt, bei MC nur von Adalimumab und Ustekinumab, die sich als ebenbürtig erwiesen hatten (44).
Zuletzt ist auch eine elektive chirurgische Resektion bei beschränktem schweren Ileozökalbefall und initialem Therapieversagen auf monoklonale Antikörper eine Alternative. Chirurgische Ileozökalresektionen und Infliximab waren in einer direkten Vergleichsstudie bzgl. resultierender Lebensqualität nach 12 Monaten bei Patient/-innen mit isoliertem Ileozökalbefall gleichwertig gewesen (57, 58).

Erhaltungstherapie

Für Patient/-innen mit mildem Krankheitsverlauf bestehen keine eindeutigen Daten und Empfehlungen von Seiten der ECCO für eine spezifische Therapiestrategie oder Monitoring in der Remissionsphase (29). Es ist somit auch vertretbar diese Patient/-innen nur im akuten Schub zu behandeln und keine Erhaltungstherapie zu etablieren.
Die effektivsten Therapien zur Erhaltungstherapie bei mittelschwerem bis schwerem Morbus Crohn sind die bei der Induktionstherapie bereits vorgestellten fortgeschrittenen Therapien. Falls die Induktionstherapie mit einer fortgeschrittenen Therapie erfolgte, wird von der ECCO (29) empfohlen den gleichen Wirkstoff auch für die Erhaltungstherapie zu verwenden. Dies gilt für alle verfügbaren Klassen, also TNF-, Interleukin-12/23-, Integrin- und JAK-Inhibitoren. Möglicherweise ist es sinnvoll, nach Erreichen einer stabilen Remission den potentiell nebenwirkungsreicheren JAK-Inhibitor durch einen monoklonalen Antikörper zu ersetzen. Für diese Strategie gibt es bisher keine Daten und die Entscheidung muss individualisiert werden.
Steroide werden aufgrund der zahlreichen Nebenwirkungen nicht zur Erhaltungstherapie empfohlen. Auch perorales Budesonid
ist nicht als Dauertherapie geeignet und die Gabe von Steroiden bzw. Budesonid sollten nach 3 bzw. 12 Monaten beendet sein.
Die Gabe von Immunomodulatoren (AZA; MP; MTX) zur Erhaltungstherapie von MC ist unter Diskussion. Für Azathioprin und andere Immunomodulatoren sprechen die niedrigen Medikamentenpreise und die langjährige medizinische Erfahrung mit diesen Medikamenten in Patient/-innen mit sehr unterschiedlichen Indikationen, z.B. seit 1963 zur Verhinderung von Transplantatabstossungen (59). Somit ist das Sicherheitsprofil dieser Medikamente sehr gut verstanden. Nachteile sind die enge therapeutische Breite mit Notwendigkeit von Laborkontrollen alle 3 Monate, die limitierte Effektivität und die limitierte Evidenzlage mit einer Studiendauer bei MC von maximal 18 Monaten (29). Zudem bestehen relevante Nebenwirkungen wie akute gastrointestinale Effekte (Übelkeit, Erbrechen, Unwohlsein in 15% aller Patient/-innen vor allem bei Therapiebeginn), akute Pankreatitis (4%), eine Knochenmarksuppression mit Zytopenien, Lebertoxizität einschliesslich nodulär-regenerativer Hyperplasie und Leberfibrose, Infektionen, Stomatitis, Gewichtsverlust und anderes. Zudem ist das Risiko von Lymphomen und weissem Hautkrebs (non-Melanoma skin cancer) 4-5-fach erhöht (daher regelmässige dermatologische Kontrollen und Sonnenschutz)(60). Fairerweise muss gesagt werden, dass sich einige der Risiken moderner Therapien noch zeigen könnten, und einige Nebenwirkungen von Azathrioprin durch genetisches oder phänotypisches Testen der Thiopurin-S-Methyltransferase abgefangen werden könnten. Gemäss ECCO-Richtlinien besteht somit eine Empfehlung der Anwendung einer Azathioprin-Monotherapie zur Erhaltung einer Remission bei Morbus Crohn (29). Dies entspricht der klinischen Erfahrung des guten und langfristigen Ansprechens einzelner Patient/-innen auf diese Therapie.
Zu Exitstrategien gibt es nur wenig Daten und Empfehlungen. Wurde eine Kombinationstherapie von Infliximab und Thiopurinen bereits als Induktionstherapie angewendet empfiehlt sich ein Stoppen des Thiopurins nach Erreichen einer stabilen Remission (z.B. nach 6-12 Monaten): gemäss einer Meta-Analyse war in dieser Situation die Rückfallrate gleich gewesen (61). Eine kürzlich publizierte randomisiert-kontrollierte Studie zeigte ebenfalls, dass das Beenden von Azathioprin die Relapse-Rate nicht beeinflusst hatte, während ein Stopp von Infliximab mit erneuten Flares assoziiert gewesen war (62). Das Lymphomrisiko ist jedoch bei einer Kombinationstherapie von TNF-Inhibitoren und Thiopurinen höher als mit jeder Monotherapie, obwohl es sich absolut gesehen immer noch um ein kleines Risiko handelt (ca. 6 Fälle pro 10‘000 Patientenjahre) (63).
Bei langjähriger Biologikatherapie ist bei asymptomatischen Patient/-innen ein Therapiestopp immer wieder Gegenstand der Diskussion in Arzt-Patientengesprächen. Nach Anti-TNF Stopp beträgt das Risiko eines Relapses 30-40% nach 1 Jahr und ≥50% nach 2 Jahren. Bei klinischer, biochemischer und endoskopischer Remission, bei guten Medikamentenspiegeln, unkompliziertem Verlauf ohne Dosiseskalation, jüngeren Patient/-innen, Nichtrauchern ist dieses Risiko jedoch geringer (64). Letztlich bleibt die Entscheidung eines Therapiestopps jedoch individuell.

Therapie von fistulierendem perianalen Morbus Crohn

Der perianale fistulierende Verlauf des MC ist ein komplexes Erkrankungsbild und ist ein Risiko auch für einen sonstigen schwereren Verlauf. Fistelbeschwerden werden von Patient/-innen oft nicht berichtet, sie müssen aktiv erfragt werden und der Lokalstatus sollte bei jeder Visite inspektorisch und palpatorisch (evtl. ohne digital-rektale Untersuchung) erhoben werden. Entscheidend ist die Kenntnis über die genaue Anatomie des Fistelleidens, wofür MRI, Endosonographie und die manuelle digital-rektale Untersuchung in Narkose zur Verfügung stehen. Fisteln werden in «einfach» und «komplex» unterteilt. Einfache Fisteln verlaufen niedrig (oberflächlich, tief intersphinkterisch, tief transsphinkterisch), haben eine einzelne externe Öffnung, sind schmerzlos ohne lokale Fluktuationen hinweisend für einen Abszess, verlaufen weder rektovaginal noch rektovesikal und sind nicht von anorektalen Strikturen begleitet (65).
Primäres Therapieziel bei perianalen Fisteln ist es, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Patient/-innen zu verbessern und die Funktionalität des Rektums und des Analkanals, insbesondere die Stuhlkontinenz zu erhalten. Daher ist ein Fistelverschluss nicht primäres Therapieziel und nicht in jeder Situation sinnvoll. Andererseits können floride Abszesse und aktive Fisteln durch Gewebepenetration und -vernarbung die Anorektalregion dauerhaft schädigen.
Die Therapie perianaler Fisteln bei Morbus Crohn erfolgt interdisziplinär unter Zusammenarbeit von Gastroenterologen und Viszeralchirurgen. Ein florider, aktiver Abszess sollte stets drainiert werden, um weitere Gewebepenetration und fortlaufende Fistelbildung zu verhindern. Eine aktive Fistel kann durch eine Setoneinlage ruhiggestellt werden. Medikamente für akute Abszess- oder Fistelbeschwerden sind Antibiotika (z.B. Metronidazol und Ciprofloxacin). Zur länger dauernden medikamentösen Behandlung und Beruhigung der Fistelaktivität stehen viele fortgeschrittene Therapien zur Verfügung (siehe unten).
Im Rahmen der interdisziplinären Zusammenarbeit ist es die Aufgabe der Gastroenterologen, die Krankheitsaktivität des Morbus Crohn endoskopisch zu erfassen und optimal medikamentös zu behandeln sowie die Ernährungssituation des Patient/-innen zu verbessern. Ein chirurgischer Fistelverschluss sollte nur unter optimalen Bedingungen probiert werden: i) minimale oder fehlende entzündliche Aktivität des M. Crohn mit optimierter medikamentöser Therapie, ii) sistierter Nikotinkonsum, iii) gute Ernährungssituation. Abweichungen von diesen Empfehlungen haben höhere Komplikationsraten zur Folge.
Eine medikamentöse Fisteltherapie kann bestehende Fisteln verschliessen, die Symptome von Fisteln (Sekretion, Schmerzen) vermindern, einen operativen Fistelverschluss ermöglichen (z.B. nach 3-6 Monaten Therapie) und das Auftreten neuer Fisteln verhindern. Von den verfügbaren medikamentösen Therapien gibt es die beste Evidenz für den TNF-Inhibitor Infliximab, gefolgt von Adalimumab. Infliximab wurde in einer randomisiert-kontrollierten Studie mit Fistelverschluss als primären Endpunkt getestet (66). Adalimumab wurde ebenfalls in einer randomisierten kontrollierten Studie getestet, mit Fistelheilung als sekundärem Endpunkt (67). Somit gilt Infliximab als Medikament der Wahl zur Therapie eines komplizierten Fistelleidens. Ein hoher Infliximabspiegel (>10mcg/ml) scheint dabei die Fistelheilung zu begünstigen (68). Kritisch sind die Endpunkte der Studie, so wird Fistelheilung in der Infliximab-Studie lediglich durch einen Verschluss der äusseren Fistelöffnung (=«fistel drainage assessment») erfasst. Dabei wird mit dem palpierenden Finger der Fistelausgang komprimiert bis ggf. Sekret austritt. Diese «Fistelheilung» ist somit nicht mit einer vollständigen klinischen oder radiologischen (MRI) Fistelheilung gleichzusetzen.
Für Ustekinumab, Vedolizumab und dem JAK-Inhibitor Filgotinib fanden sich positive Effekte in unverblindeten Beobachtungsstudien (69). Momentan ist nicht abzusehen, welche medikamentöse Strategie bei fistulierendem M. Crohn die günstigste ist und weitere Studien sind dringend geboten. Eine Monotherapie mit Langzeitantibiotika oder Immunomodulatoren wird bei fehlendem Evidenz gemäss ECCO-Guidelines nicht empfohlen (29). Steroide sind bei fistulierendem MC kontraproduktiv.
Bei Patient/-innen mit fistulierendem MC gibt es zudem die Möglichkeit der Anwendung mesenchymaler Stammzellen. Das Medikament Darvadstrocel (Alofisel®) besteht aus allogenen humanen mesenchymalen Stammzellen die aus dem Fettgewebe von gesunden, erwachsenen Fremdspendern gewonnen und in vitro vermehrt wurden. Die Suspension wird intraoperativ in den Fistelgang appliziert und in das Gewebe um den Fistelgang gespritzt. Die Behandlung ist teuer und logistisch aufwändig da die Stammzellen innerhalb von 48h nach der Herstellung im Behandlungszentrum verwendet werden müssen. Die Anwendung ist auf Patient/-innen die auf mindestens eine medikamentöse Therapie nicht angesprochen haben beschränkt und es darf maximal eine milde Krankheitsaktivität bestehen. Die Effektivität konnte primär in einer randomisiert kontrollierten Studie nachgewiesen werden (70) und auch eine Langzeiteffektivität (3 Jahre) gegenüber Placebo konnte gezeigt werden (71, 72).

Therapiemonitoring

Für verschiedene Biologika stehen mittlerweile Zielspiegelbereiche als Referenzwerte zur Verfügung. Hohe Talspiegel korrelieren mit mukosaler Heilung und Remission (73) und sind ein Prädiktor für einen guten weiteren klinischen Verlauf ohne Rezidive nach Stoppen der Therapie. Für die Talspiegel von Infliximab und Adalimumab gibt es die meisten Daten, die Referenzwerte anderer Biologika sind weniger gut interpretierbar. Talspiegel sind zudem bei subkutanen Therapien nicht etabliert. Von Seiten der ECCO gibt es somit aufgrund mangelnder Daten keine Empfehlung für ein routinemässiges Monitoring. Die Talspiegel bei s.c. Therapien können aber zur groben Einschätzung der Compliance genutzt werden.
Zum Monitoring der Wirksamkeit von biologischen Therapien stehen zudem Messungen für Anti-Drug Antikörper zur Verfügung, da es im Verlauf zur Bildung von neutralisierenden Antikörpern gegen die künstlich hergestellten biologischen Substanzen mit sekundärem Wirkungsverlust kommen kann (siehe oben).
Für die Purinanaloga Azathioprin und 6-Mercaptopurin können Spiegel für den aktiven Metaboliten 6-Thioguanin-Nukleotid (6-TGN) und das Abbauprodukt 6-Methylmercaptopu­rin (6-MMP) gemessen werden. 6-TGN-Spiegelmessungen sind ein Mass für die Effektivität und 6-MMP-Spiegel korrelieren mit Hepatotoxizität. Anhand der Spiegel dieser beider Metaboliten kann die Medikamentendosis angepasst werden (60).

Therapieausblick

Sphingosin-1 Phosphat (S1P1)-Rezeptormodulatoren (Ozanimod, Etrasimod) sind neue Medikamente die wie die JAK-Inhibitoren zu den «small molecules» zählen jedoch wurde bisher lediglich Ozanimod für CU zugelassen. Klinische Studien laufen jedoch auch bei MC. In der Entwicklung befinden sich auch noch andere Substanzen mit neuen Therapieansätzen. Obefazimod (Abx464) kann oral eingenommen werden und bindet intrazellulär an das 5’-Ende der messanger RNA und an den dort befindlichen CAP-Komplex. Dies beeinflusst das weitere Prozessieren der mRNAs und es wird eine einzelne regulatorische mRNA (miR-124) hochreguliert. Dies führt wiederum zur Downregulation von Zytokinen wie TNF, CCL2/ MCP-1 und IL-17 in Entzündungszellen, was letztlich die Entzündung reduzieren sollte (74). Ein anderes neues Molekül ist Efavaleukin, ein verändertes IL-2 Protein (ein sogenanntes Mutein), welches zu einer selektiven Expansion von regulatorischen T-Zellen führt. Dadurch soll ein antiinflammatorisches Gleichgewicht und vermehrte immunologische Toleranz wiederhergestellt werden (74, 75). Beide Moleküle nutzen also physiologische Bremsen des Immunsystems und es bleibt abzuwarten, ob so eine Darmentzündung nebenwirkungsarm behandelt werden kann. Ein anderer spannender Ansatz ist die Kombination zweier bereits bekannter Klassen fortgeschrittener Therapien. Ein Beispiel dafür ist eine Kombinationsstudie mit dem TNF-Inhibitor Golimumab und dem IL-23 Inhibitor Guselkumab (76). Auch andere Medikamenten-Kombinationen sind denkbar (77) und werden möglicherweise bald klinisch getestet werden.
Die Zukunft der IBD-Therapien ist schwer voraussehbar. Für eine Heilung des MC gibt es momentan kein plausibles Konzept und würde ein grundlegend besseres Krankheitsverständnis voraussetzen. Alle aktuellen Therapien sind jeweils nur bei einem Teil der Patient/-innen wirksam. Fortschritte in der Krankheitskontrolle sind somit durch neue Therapien, durch Kombination bestehender Therapien oder durch Personalisierung der Behandlung bei der die individuell wirksamste Therapie für jede Patient:in vorausgesagt werden kann (78, 79), denkbar. Die Weiterentwicklung der IBD-Therapien wird daher auch die nächsten Jahre spannend bleiben.

Prof. Dr. med.Benjamin Misselwitz

Leitender Arzt Gastroenterologie
Universitätsklinik für Viszerale Chirurgie
und Medizin Klinik, Inselspital Bern und Universität Bern.
Freiburgstrasse 18
3010 Bern

benjamin.misselwitz@insel.ch

Der Autor hat keine Interessenkonflikte.

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Polymedikation und orale antitumorale Therapien – welche Arzneimittelinteraktionen gilt es zu beachten?

Orale antitumorale Therapien bieten verschiedene Vorteile, bergen aber auch Risiken aufgrund ihrer Toxizität und engen therapeutischen Breiten. Da diese Arzneimittel vermehrt auch bei Patienten und Patientinnen mit bestehender Polymedikation als Dauertherapien eingesetzt werden, ist das Identifizieren und Beurteilen von potentiellen Arzneimittelinteraktionen für eine sichere und effektive Therapie von grosser Bedeutung. Dieser Artikel bietet einen Überblick zu den häufigsten pharmakokinetischen und pharmakodynamischen Arzneimittelinteraktionen zielgerichteter antitumoraler Therapien, mit Fokus auf die Wirkstoffklasse der Proteinkinaseinhibitoren.

Einführung

Orale zielgerichtete Tumortherapien wie Proteinkinaseinhibitoren haben in der Onkologie in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Proteinkinasen sind Enzyme, die einem Protein eine Phosphatgruppe hinzufügen und dadurch seine Funktion ändern. Proteinkinaseinhibitoren sind Arzneistoffe, welche eine oder mehrere Proteinkinasen hemmen. Die Hemmung der kinaseabhängigen Phosphorylierung kann eine Vielzahl von Zellprozessen beeinflussen. Vor allem bei malignen Zellen spielt die Aktivität von Proteinkinasen eine Schlüsselrolle, da mutierte oder überexprimierte Proteinkinasen zu enthemmtem Tumorwachstum führen. Durch den Einsatz von Proteinkinaseinhibitoren können Tumorzellen in die Apoptose getrieben werden.
Proteinkinaseinhibitoren werden in drei Hauptgruppen kategorisiert: Serin/Threoninkinase Inhibitor (STKI), Tyrosinkinase Inhibitoren (TKI) und Multikinaseinhibitoren (Tabelle 1).
Neben verschiedenen Vorteilen in Hinblick auf die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten sind die antitumoralen Wirkstoffe, aufgrund ihrer Toxizität und der engen therapeutischen Breite, mit einem hohen Risiko für unerwünschte Arzneimittelwirkungen und Interaktionen assoziiert. Ältere Krebspatienten und -patientinnen sind besonders anfällig für Arzneimittelinteraktionen und unerwünschte Arzneimittelwirkungen, da oft verschiedene Medikamente sowohl für die Behandlung von tumorassoziierten Beschwerden wie auch für andere Co-Morbiditäten eingesetzt werden. Zusätzlich sind Veränderungen in den pharmakokinetischen Parametern zu beachten, welche die Arzneimittelabsorption, die Metabolisierung und Elimination beeinflussen können [1].
Untersuchungen zur Prävalenz zeigen, dass 27-58% der Patientinnen und Patienten unter oraler Tumortherapie von mindestens einer Arzneimittelinteraktion betroffen sind [1,2], wobei davon etwa ein Drittel als potentiell schwerwiegend eingestuft wird [2]. Als die häufigsten Folgen von Arzneimittelinteraktionen wurden eine reduzierte Wirksamkeit der antitumoralen Therapie und Risiko für QT-Zeit Verlängerung identifiziert [3].

Wie können Arzneimittelinteraktionen mit oralen antitumoralen Therapien entstehen?

Pharmakokinetische Interaktionen

Pharmakokinetische Interaktionen treten auf, wenn ein Arzneistoff die Absorption, die Verteilung, den Metabolismus und/oder die Ausscheidung eines anderen Wirkstoffes beeinflusst [1]. Solche Arzneimittelinteraktionen können zu reduziertem Therapieansprechen wie auch zu verstärkter Toxizität führen.
Da relevante pharmakokinetische Arzneimittelinteraktionen bei oralen Onkologika häufig auftreten, ist ein sorgfältiges Überprüfen auf solche Wechselwirkungen äusserst wichtig.
Für manche Arzneistoffe ist eine Blutspiegel-Bestimmung möglich. Lassen sich gewisse Arzneimittelinteraktionen nicht verhindern, kann eine solche Laboranalyse in ausgewählten Fällen zur Abschätzung des Ausmasses einer veränderten Wirkstoffexposition hilfreich sein.

Absorption

Die Bioverfügbarkeit eines Arzneistoffes ist unter anderem abhängig von der Freisetzung aus der Arzneiform und der Löslichkeit des Wirkstoffes. Diese wiederum ist beeinflusst durch den vorliegenden pH Wert im Gastrointestinal-Trakt.
Viele Proteinkinaseinhibitoren sind schwache Basen. Bei höheren pH Werten verschiebt sich deren Löslichkeitsgleichgewicht, abhängig von den spezifischen chemischen Wirkstoffeigenschaften, vermehrt zu der schwerer löslichen nicht-ionisierten Form [4]. Werden Proteinkinaseinhibitoren gleichzeitig mit Medikamenten verabreicht, welche den Magen pH erhöhen, kann deren Absorption aus dem Gastrointestinal-Trakt in relevantem Ausmass vermindert sein, was infolgedessen zu einer Abnahme der antitumoralen Wirksamkeit führen kann.
Das Ausmass und somit die Relevanz dieser Interaktion unterscheidet sich für die verschiedenen Wirkstoffe (Tabelle 1). Werden orale antitumorale Therapien mit pH-abhängiger Löslichkeit eingesetzt, soll die Indikation für eine gleichzeitige Verschreibung von Protonenpumpen-Inhibitoren und Antazida streng gestellt werden. Wenn immer möglich, ist auf eine Co-Medikation zu verzichten.
Für weitere orale Tumortherapie Klassen wie Poly-(ADP-Ribose)-Polymerase (PARP) Inhibitoren und antihormonelle Therapien ist keine Beeinflussung der Absorption durch Protonenpumpen Inhibitoren zu erwarten [5].

Metabolismus

Eine Vielzahl der zielgerichteten oralen Tumortherapien wird über das Cytochrom 3A4 (CYP3A4), dem wichtigsten Enzym im Arzneistoffmetabolismus, verstoffwechselt und ist deshalb anfällig für pharmakokinetische Interaktionen (Tabelle 1).
Von grosser klinischer Relevanz sind Wechselwirkungen von CYP3A4 Substraten mit starken Enzym-Induktoren bzw. –Inhibitoren, da eine bis zu fünf-fach erhöhte oder erniedrigte Wirkstoffexposition resultieren kann [6]. Aber auch für moderate Enzym-Induktoren bzw. –Inhibitoren können die Auswirkungen auf die Wirkstoffexposition der oralen Tumortherapien von Bedeutung sein.
Eine Überprüfung von Arzneimittelinteraktionen soll, insbesondere auch bei oralen antitumoralen Therapien, bei jeder Veränderung der Begleitmedikation erfolgen. Entsprechende Kontraindikationen und Empfehlungen zu Dosisanpassungen sind den jeweiligen Fachinformationen zu entnehmen.

Therapeutisches Drug Monitoring ist bislang für orale Tumortherapien nicht routinemässig etabliert. Für einige der zielgerichteten Tumortherapien ist eine Blutspiegelbestimmung jedoch möglich und kann hilfreich sein, um das Ausmass einer unumgänglichen Arzneimittelinteraktion abzuschätzen. Ein Therapeutisches Drug Monitoring kann somit bereits heute in ausgewählten Fällen sinnvoll sein, um eine wirksame und sichere Anwendung der zielgerichteten oralen Tumortherapien zu unterstützen [7]. Es wird sich zeigen, ob zukünftig eine routinemässige Blutspiegelbestimmung im klinischen Alltag Einzug finden wird.
Proteinkinaseinhibitoren sind nicht nur Substrate von CYP3A4, sie fungieren teilweise auch als Hemmer oder Induktoren dieser Enzyme (Tabelle 1) und können so die Verstoffwechselung anderer Medikamente beeinflussen.

Pharmakodynamische Interaktionen

Pharmakodynamische Wechselwirkungen resultieren aus der Kombination von Arzneimitteln mit ähnlichen Wirkungs- bzw. Nebenwirkungsmechanismen, welche sich synergistisch, additiv oder auch antagonistisch verhalten können. Klinische Effekte bzw. unerwünschte Arzneimittelwirkungen können verstärkt oder auch abgeschwächt auftreten.
Für orale antitumorale Therapien wurde ein erhöhtes Risiko für QT-Zeit Verlängerung als die häufigste pharmakodynamische Arzneimittelinteraktion identifiziert [3]. Proteinkinaseinhibitoren mit QT-Zeit Verlängerung als unerwünschte Arzneimittelwirkung sind in der Tabelle 1 aufgelistet. Zusätzlich kann eine durch Chemotherapie vermittelte Dyselektrolytämie das Risiko für kardiale unerwünschte Arzneimittelwirkungen begünstigen. Auch wenn eine Torsade de pointes als schwerwiegende Komplikation nur mit einer niedrigen Inzidenzrate auftritt, kann diese fatale Folgen haben, weshalb ein sorgfältiges Monitoring diesbezüglich indiziert ist. Um einer arzneimittelinduzierten QT-Zeit-Verlängerung vorzubeugen, soll vor Behandlungsbeginn das patientenspezifische Risiko diesbezüglich identifiziert werden. Auf die Kombination mit weiteren QT-Zeit verlängernden Medikamenten soll, wenn möglich, verzichtet werden [3]. Falls eine gleichzeitige Einnahme von Arzneimitteln mit Risiko für QT-Zeit Verlängerung indiziert ist, soll ein Monitoring des Elektrokardiogramms (EKG) 24-48 Stunden vor und 1 Woche nach Behandlungsbeginn erfolgen [4]. Arzneimittelspezifische Empfehlungen zur EKG Überwachung sind, sofern vorhanden, den entsprechenden Fachinformationen zu entnehmen.
Im Gegensatz zu vielen Proteinkinaseinhibitoren sind PARP-Inhibitoren nicht mit einer klinisch relevanten QT-Zeit Verlängerung assoziiert [9]. Jedoch ist in der Fachliteratur ein Fall von Torsade des pointes in Assoziation mit Rucaparib bei einem Patienten mit vorbestehender QT-Zeit Verlängerung berichtet worden [10].
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass orale antitumorale Therapien verschiedenen pharmakokinetischen und pharmakodynamischen Arzneimittelinteraktionen unterliegen können. Die obenstehende Tabelle bietet einen Überblick zu den Interaktionsrisiken verschiedener oraler Tumortherapien in Hinblick auf die in Studien am häufigsten identifizierten Wechselwirkungen. Weitere Arzneimittelinteraktionen, z.B. durch die Beeinflussung anderer am Arzneistoffmetabolismus beteiligter Cytochrome oder Transportproteine, wie auch Wechselwirkungen mit Nahrungsmitteln sind möglich. Ein sorgfältiger Interaktionscheck ist bei jeder Anpassung der Medikation indiziert.

Prof. Dr. med. Anne Leuppi-Taegtmeyer

Kantonsspital Baselland Liestal
Rheinstrasse 26
4410 Liestal

anne.leuppi-taegtmeyer@ksbl.ch

keine

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Langzeitnebenwirkungen der Immuncheckpoint-Inhibitoren

Der Einsatz von Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICI) hat die Behandlung solider Tumore in den letzten Jahren grundlegend verändert. Gerade in fortgeschrittenen Tumor-Stadien oder bei Tumoren mit historisch schlechter Prognose, wie dem Triple-negativen Mammakarzinom, konnte das progressionsfreie Überleben sowie das Gesamtüberleben der betroffenen Patientinnen und Patienten verbessert werden. Vor dem Hintergrund der deutlich verbesserten Prognose, gewinnt das Management von Nebenwirkungen und Langzeitfolgen der verbesserten Therapie an Bedeutung, deren Erkennung und Behandlung Gegenstand dieses Artikels sein soll.

Einführung

Das Immunsystem

Eine wichtige Aufgabe unseres Immunsystems ist das Erkennen und Bekämpfen maligner Zellen, wobei die Unterscheidung zwischen gesunden Körperzellen und Tumorzellen aufgrund der Erkennung von tumorspezifischen Antigenen durch die Immunzellen gewährleistet ist. Nach Präsentation des Antigens durch antigenpräsentierende Zellen, werden sogenannte naive T-Zellen aktiviert und bilden sich zu antigen-spezifischen CD4+ T-Helfer-Zellen (TH) und CD8+ zytotoxischen-T-Zellen (CTL) aus. Diese dringen in die Tumorumgebung ein, erkennen Antigene mittels T-Zell-Rezeptor (TCR), greifen die Tumorzellen durch toxische Moleküle an, und initiieren die Apoptose der Tumorzelle. Als Antigene fungieren zum einen tumorspezifische Antigene, wie beispielsweise das Melanom-Antigen A1 (MAGE – 1) bei Melanomen und Keimzelltumoren, aber auch das Carcinoembryonale Antigen (CEA), Prostata-spezifische Antigen (PSA) und der Human epidermal growth factor receptor 2 (HER2/neu). Daneben exprimieren Tumoren eine Reihe von Neo-Epitopen, welche durch die somatischen Mutationen der Tumorzelle hervorgerufen werden. Für die Aktivierung von T-Zellen ist nebst Antigenerkennung über den TCR auch eine Co-Stimulation, beispielsweise über die Bindung von CD80/86 an CD28 nötig. Tumorassoziierte Antigene, die auch von gesunden Körperzellen exprimiert werden und nicht zuletzt Virusproteine, wie bei HPV-assoziierten Tumoren, sind weitere mögliche Stimulatoren einer Immunreaktion. [1]

Tumorzellen besitzen jedoch die Fähigkeit, eine immunsuppressive Umgebung zu schaffen, in der weiteres Tumorwachstum toleriert wird, ein Prozess der Evasion genannt wird. Sie entgehen der Elimination durch das Immunsystem durch Minderung der Antigenpräsenz auf ihrer Zelloberfläche, Hemmung der Co-Stimulation, Mobilisierung von immunsuppressiven regulatorischen T-Zellen und Zytokinen und nicht zuletzt durch eine Inhibition der T-Zell-Wirkung durch Überexpression von Immuncheckpoints, wie Programmed Cell Death Protein 1 (PD-1), Cytotoxic T-lymphocyte associated protein 4 (CTLA4) und dem B- and T- lymphocyte attenuator (BTLA). [2, 3] Zwar sind die Immuncheckpoints durch ihren hemmenden Einfluss auf die T-Zell-Aktivität entscheidende Regulatoren in der Homöostase der körperlichen Immunantwort und beugen einer übermäßigen Aktivierung des Immunsystems mit dem Risiko der Autoimmunität vor, sie können aber der Tumorzell-Evasion Unterstützung leisten.
ICI stellen durch Bindung der Immuncheckpoints als monoklonale Antikörper eine therapeutische Möglichkeit dar, den hemmenden Einfluss der Immuncheckpoints auf die T-Zell-vermittelte Tumorabwehr aufzuheben und somit die Sichtbarkeit der Tumorzellen für das Immunsystem zu verbessern.

Seit vor mehr als zehn Jahren der erste Immuncheckpoint-Inhibitor Ipilimumab in der Therapie des metastasierten Melanoms zugelassen wurde, sind Immuntherapien für eine Vielzahl weiterer Tumorerkrankungen erfolgreich getestet und als Erstlinientherapeutika in die Tumortherapie integriert worden. Die Bedeutung der CTLA-4 (Ipilimumab, Tremelimumab), PD-1 (Pembrolizumab, Nivolumab, Cemiplimab, Dostarlimab, Retifanlimab) und PD-L1 (Atezolizumab, Durvalumab und Avelumab ) gerichteten Immuntherapie ist groß, da sie das progressionsfreie Überleben und das Gesamtüberleben vieler Patienten bei günstigem Nebenwirkungsprofil entscheidend positiv beeinflusst haben. Besonders hervorzuheben ist die Verbesserung bei Tumorerkrankungen mit traditionell schlechter Prognose, wie der Einsatz von Atezolizumab und Pembrolizumab in der Behandlung des Triple-negativen Mammakarzinoms zeigen konnte. Zur Etablierung neuer ICI gehört die Suche nach weiteren Angriffspunkten, wie dem Lymphocyte activation gene-3 (LAG3, CD223), T cell immunoglobulin-3 (TIM3) und Natural killer group protein 2 a (NKG2A)[2]. Relatlimab wurde kürzlich als erster anti-LAG3 Antikörper in Kombination mit Nivolumab zugelassen.

Eingeschränkt wird die Einsetzbarkeit der Immuntherapie durch Tumorprogression, das Auftreten von Rezidiven, Resistenzentwicklung und Nebenwirkungen. Letztere sind insbesondere durch den Eingriff in die feine Regulation zwischen (Gewebe-)Toleranz und Autoimmunität bedingt.

Immunvermittelte Nebenwirkungen

Neben allgemeinen Nebenwirkungen, wie Appetitlosigkeit, Fatigue und Pyrexie, handelt es sich bei typischen Checkpoint-Inhibitor-bedingten Nebenwirkungen um immunvermittelte Nebenwirkungen (immune related adverse events, irAEs), die Haut, endokrine Drüsen, den Gastrointestinaltrakt, Lunge, Augen oder das muskuloskelettale System und selten das zentrale Nervensystem betreffen.

Obwohl die zugrundeliegenden Mechanismen der irAEs nicht gänzlich erforscht sind, scheint eine Dysbalance zwischen proinflammatorischen T-Helferzellen und immunsuppressiven regulatorischen T-Zellen in einer übermäßigen T-Zell-Aktivierung sowie Produktion von Zytokinen und Auto-Antikörpern zu münden. Zusätzlich reagieren T-Zellen auf tumorassoziierte Antigene, die auch von gesundem Körpergewebe exprimiert werden [6-8]. So zeigt sich beispielsweise bei der Behandlung des malignen Melanoms mit CTLA-4-Inhibitoren das Auftreten von Vitiligo im Sinne einer Kreuzreaktivität auf gemeinsame Antigene der Melanomzellen und gesunden Melanozyten [9]. ICI vermittelte CTLA4-Inhibition hemmt regulatorische T-Zellen auch direkt und führt zu erhöhter T-Zell-Proliferation und Zytotoxizität. [10]

Man unterscheidet akute, verspätete und chronische Nebenwirkungen nach zeitlichem Auftreten. Akute Nebenwirkungen werden binnen drei Monaten nach Therapiebeginn, verspätete Nebenwirkungen ein Jahr nach Abschluss der Therapie auffällig [11]. Die chronischen Folgen zeigen eine Persistenz über zwölf Monate nach Beendigung der ICI Therapie und betreffen bis zu 40% der Patienten [4]. Insbesondere bei Patienten mit langanhaltendem Ansprechen auf die Therapie bilden sich T-Gedächtniszellen aus, die jedoch auch die chronischen Therapiefolgen vermitteln [12, 13]. So zeigte sich bei Patienten mit höhergradigen irAE auch häufiger ein langanhaltendes Therapieansprechen [14, 15]. Die Erkennung chronischer irAEs kann durch ihren schleichenden Beginn, die zusätzlich bestehenden Begleitsymptome fortgeschrittener Tumorerkrankungen und Komorbiditäten erschwert sein. Nichtsdestotrotz wird davon ausgegangen, dass 43% der Patienten von chronischen irAEs betroffen sind, wobei Arthritiden, Myalgien, Endokrinopathien, Xerostomie und Neurotoxizität, sowie okuläre Nebenwirkungen besonders häufig chronifizieren [5, 16].

Besonders in der Kombinationstherapie zeigen sich vermehrt Nebenwirkungen. Das Update der Keynote 189 Studie zeigte bei 616 Patienten mit nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom (NSCLC) ein signifikant verlängertes Überleben unter Chemotherapie mit Pembrolizumab (n= 410) gegenüber Chemotherapie mit Placebo (n = 206) (OS HR 0.49; 95% CI 0.38 – 0.64), unabhängig von der PD-L1 Expression. Jedoch kam es häufiger zu allgemeinen Nebenwirkungen wie Nausea, Fatigue, Obstipation/Diarrhoe, Anämie und Neutropenie, aber auch zu mehr irAEs. Am häufigsten traten Hypothyreose (7.9%), Hyperthyreose (4.9%), Pneumonitis (4.9%) und Colitis (3.2%) auf. [17] In der Keynote-024 wurde die ICI – Monotherapie mit der Chemotherapie als Erstlinientherapie bei PD-L1 Expression > 50% bei NSCLC verglichen. Die 305 Patienten erhielten entweder Pembrolizumab (n = 154) oder Carboplatin + Pemetrexed (n = 67), wobei das progressionsfreie Überleben unter Pembrolizumab-Monotherapie 10.3 Monate vs. 6.0 Monate mit Chemotherapie betrug. Unter Therapie mit Pembrolizumab traten Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen, Fatigue, Anämie und Neutropenie deutlich seltener auf. Jedoch zeigte die Pembrolizumab-Monotherapie mehr irAEs, wobei Hypothyreose (9.1%), Hyperthyreose (7.8%), Pneumonitis (5.8%) und Hauttoxizität (3.9%) am häufigsten und unter Chemotherapie kaum auftraten [18]. In der Checkmate 067, einer klinischen Phase III Studie, wurde bei 945 Patienten mit fortgeschrittenem malignem Melanom die Kombinationstherapie aus Ipilimumab und Nivolumab (n=314) mit der Nivolumab (n=316) und Ipilimumab (n=315) Monotherapie verglichen. Hier zeigte sich unter der Kombinationstherapie zwar ein deutlich längeres medianes Überleben, jedoch bei 59% der Patienten unter Kombinationstherapie höhergradige Nebenwirkungen, gegenüber 23% und 28% bei der Monotherapie. Auffallend war das häufigere Auftreten von endokrinen, hepatischen und pulmonalen Nebenwirkungen im Vergleich zur Monotherapie. [19] Auch die Kombination aus Durvalumab und Tremelimumab in der Erstlinientherapie beim fortgeschrittenen Lungenkarzinom, untersucht in der Mystic Studie, zeigte gegenüber der Durvalumab-Monotherapie und Chemotherapie vermehrt immun-vermittelte Nebenwirkungen, hierbei traten insbesondere Hypothyreose, Pneumonitis und Diarrhoe auf (28.3% vs. 13.6%, 3.4%). Es sollte jedoch angemerkt werden, dass die alleinige Chemotherapie insgesamt mehr allgemeine Nebenwirkungen zeigte [20]. Ebendiese ICIs wurden in Kombination (Tremelimumab plus Durvalumab, n=393) in der Himalaya-Studie als Erstlinientherapie bei 1171 Patienten mit inoperablem Hepatozellulären Karzinom mit der Sorafenib-Monotherapie (n=389) und Durvalumab-Monotherapie (n=389) verglichen. Hierbei zeigte sich ein verlängertes medianes Überleben unter der Kombinationstherapie von 16.43 Monaten im Vergleich zu 13.77 Monaten unter der Sorafenib-Monotherapie und nach 36 Monaten Follow-up Überlebensraten von 30.7% für die Kombinationstherapie gegenüber 20.02% für die Sorafenib-Monotherapie. Ausserdem wurde eine ausbleibende Krankheitsprogression in 12.5% vs. 4.9% beobachtet. Unter der Kombinationstherapie wurden insgesamt weniger insbesondere höhergradige allgemeine Nebenwirkungen als unter Sorafenib-Monotherapie beobachtet. Grad 3-4 IrAEs waren unter Kombinationstherapie (12.6%) jedoch häufiger als unter Durvalumab und Sorafenib-Monotherapie (6.2%, 2.4%), wobei insbesondere die Hepatitis mit Transaminasenerhöhung, Hauttoxizität und Hypothyreose häufiger vorkamen als unter der Sorafenib-Monotherapie. [21]

Im Pacific-Trial, wo der Anti-PD-L1 IgG1 Antikörper Durvalumab zur Therapie des NSCLC im Stadium III für zwölf Monate zur Konsolidation nach Radiochemotherapie verwendet wurde, konnte ein deutlicher Überlebensvorteil gegenüber dem Placebo gezeigt werden. Grad 3-4 Nebenwirkungen zeigten sich in 30.5% gegenüber 26.1% in der Placebo-Gruppe. Husten und Pneumonitis waren die häufigsten Nebenwirkungen mit 35.4% und 33.9% gegenüber 25.2% und 24.8% in der Placebo Gruppe [22]. Besonders toxisch scheinen Kombinationen aus ICI und zielgerichteten Therapien zu sein. [7, 23].

Nebenwirkungen

Zu den endokrinen irAEs gehört die Hypophysitis, die Schilddrüsendysfunktion, der Diabetes Typ I und die Nebenniereninsuffizienz. Endokrine Nebenwirkungen treten vergleichsweise früh auf, beispielsweise tritt im Median vier bis sechs Wochen nach Therapiebeginn eine Thyreotoxikose mit folgender Hypothyreose auf [23]. Während die Hypophysitis selten ist und häufiger bei Kombinationstherapien aus Nivolumab und Ipilimumab (6.4%) beobachtet wird, kommt die Thyreoiditis häufiger bei PD-1/PD-L1 Inhibition vor und wurde in bis zu 10% der Patienten beobachtet [4, 24]. Die Hypophysitis zeigt sich durch Kopfschmerzen, Fatigue, Muskelschwäche, Gewichtsverlust, Obstipation und Symptome der Hypothyreose bei Beteiligung der thyreoidalen Hormonachse oder auch mit erektiler Dysfunktion und Amenorrhoe bei Beeinträchtigung der gonadalen Hormonachse [25]. Bei 48 Patienten, die Pembrolizumab bei NSCLC im Rahmen der Keynote 001 Studie erhielten, zeigte sich in 21% eine neu aufgetretene, therapiewürdige Schilddrüsendysfunktion, wobei eine transiente Hyperthyreose bei 6 von 10 Patienten vor Hypothyreose auffiel. Auffällig war das signifikant verlängerte Überleben bei Patienten mit thyreoidaler Dysfunktion (median 40 vs. 14 Monate HR 0.29; 95% CI 0.09-0.94) [26]. Bei 16.7% der Patienten, die bei unterschiedlichen Tumoren eine Behandlung mit Nivolumab oder Pembrolizumab erhielten, zeigte sich eine Schilddrüsendysfunktion. Auch hier konnte ein positiver Einfluss auf das Progressionsfreie Überleben (Median 66 vs. 27 Wochen, HR: 0.50, 95% CI: 0.26-0.89) und Gesamtüberleben (median: 156 vs. 59 Wochen, HR 0.34, 95% CI: 0.13-0.75) gezeigt werden [27]. In der Behandlung des malignen Melanoms zeigte sich eine höhere Inzidenz für eine Schilddrüsendysfunktion in der Kombinationstherapie aus PD-1 Inhibition und CTLA4-Inhibition mit 14.6% (gegenüber 3.6% bei CTLA4-Inhibition und 7.5% bei PD-1 Blockade) [26]. Nebenniereninsuffizienz und Diabetes Typ I wurden im Rahmen der Keynote-522 Studie bei 2.3% und 0.3% festgestellt, in deren Rahmen Pembrolizumab neoadjuvant begleitend zur Chemotherapie zur Behandlung des Triple-negativen Mammakarzinoms verabreicht wurde [28]. Endokrinologische Nebenwirkungen bedürfen keiner Behandlung mit Glukokortikoiden sondern einer Substitution von Schilddrüsenhormonen bei Hypothyreose, Insulin bei Diabetes Typ I oder Hydrokortison bei der Nebenniereninsuffizienz, da es nicht selten zur dauerhaften Einschränkung der endokrinen Organfunktion kommt und diese nicht durch die Gabe von Steroiden verhindert werden kann.
Gastrointestinale Nebenwirkungen betreffen 30-40% der Patienten und zeigen sich als Diarrhoe, Kolitis, Hepatitis, Pankreatitis oder auch selten Ösophagitis, Mukositis, Xerostomie und Zöliakie. Während die Kolitis bei PD-1/PDL-1 Inhibition selten (5%) beobachtet wird, kommen Diarrhoe und Kolitis bei CTLA-4 Inhibition häufiger vor [11]. Entzündliche Darmerkrankungen treten im Median nach 8-16 Wochen auf, während die Hepatitis im Median nach 13-22 Wochen auftritt [23]. Die Kolitis geht im Gegensatz zur Diarrhoe mit abdominellen Schmerzen, Hämatochezie sowie objektivierbarem Nachweis einer Darmschleimhautentzündung mit Erythem und Ulzeration einher und sollte zur Diagnosesicherung bioptisch gesichert werden [25]. Zur Therapie werden primär Glukokortikoide eingesetzt, wobei auch Infliximab und Vedolizumab in schwersten Fällen Einsatz finden können. Die Hepatitis kann nach Ausschluss relevanter Virusinfektionen bei erhöhten Transaminasen in Betracht kommen und sich asymptomatisch, mit Ikterus oder als akutes Leberversagen zeigen. Autoimmunhepatitis-Antikörper sind meistens negativ, jedoch kann bioptisch eine T-Zell-Invasion des Leberparenchyms festgestellt werden. Auch die Hepatitis kann mit Glukokortikoiden behandelt werden.
Zu den pulmonalen Nebenwirkungen gehört die interstitielle Pneumonitis, die insgesamt 5% der Patienten betrifft und somit zu den seltenen Nebenwirkungen gehört. Die Pneumonitis tritt insbesondere bei Patienten mit Lungentumoren und unter Kombinationstherapien auf, sie geht mit einer hohen Morbidität einher. [4] Patienten präsentieren sich mit Dyspnoe, trockenem Husten, Sauerstoffpflichtigkeit und Thoraxschmerzen. Im CT-Thorax zeigen sich möglicherweise Ground-Glass-Opazitäten, Bronchiolitis und Tree-in-Bud-Phänomene, die mitunter Jahre persistieren können. Zur Sicherung der Diagnose wird eine bronchoalveoläre Lavage (BAL) angestrebt und therapeutisch eine Glukokortikoidtherapie initiiert.
Eine große Belastung für die Patienten stellen rheumatische Folgeerkrankungen dar. Die meist seronegative Rheumatoide Arthritis, Polymyalgia Rheumatica, Polymyositis, und das Sjögren Syndrom. Beschwerden sind Arthritiden, insbesondere der großen Gelenke und Myalgien bis hin zur Muskelschwäche, die noch bis zu zwölf Monate nach Therapieende persistieren können. Zur Therapie kommen neben Glukokortikoiden auch Disease Modifying Antirheumatic Drugs (DMARDs) in Betracht. [4]

Die kutanen Nebenwirkungen gehören zu den frühen Nebenwirkungen, die zwei bis drei Wochen (kombinierte CTLA-4- und PD(L)1-Inhibition) oder fünf Wochen (PD-1-Inhibition mono) nach Therapiebeginn auftreten und sich durch Juckreiz, Exanthem, Vitiligo, Psoriasis oder das bullöse Pemphigoid zeigen [7]. Symptomkontrolle kann durch topische oder systemische Steroide und GABA-Agonisten wie Pregabalin erreicht werden.

Zu den hämatologischen Nebenwirkungen zählen neben Thrombozytopenien im Rahmen einer ITP (1% der Patienten) hämolytische Anämien oder die hämophagozystische Lymphohistiozytose (HLH), die zwar selten ist, jedoch bei Zytopenien mit Multiorganversagen mit einer erhöhten Letalität einhergeht. [29]

Zu den seltenen Nebenwirkungen zählen auch Beteiligungen des Nervensystems, okuläre und kardiale irAEs. Nebenwirkungen des Nervensystems betreffen die Synapsen, zentrale oder periphere Nerven. Eine Beteiligung des okulären Systems tritt insbesondere bei CTLA-4-Inhibitoren auf. Sie präsentieren sich durch trockene Augen oder eine Uveitis [30]. Kardiale Toxizität ist selten, tritt früh auf und kann neben der Myokarditis, eine Perikarditis, Kardiomyopathien und Reizleitungsstörungen umfassen. Kardiale Nebenwirkungen treten ebenfalls häufiger bei Kombinationstherapien auf und zeigen sich klinisch mit Dyspnoe, Ödemen und Palpitationen. Erhöhte Biomarker sind insbesondere die Creatin-Kinase (CK) und das Troponin I. Weitere mögliche Langzeitfolgen der ICI sind akute kardiale Ereignisse, da die proinflammatorische Umgebung bei erhöhter T-Zellaktivität ein erhöhtes Risiko für Atherosklerose mitbringt. Außerdem sind PD-1 und CTLA-4 an der Plaquestabilisierung beteiligt. [31]

Therapie

Viele der irAEs sind sensibel für die Therapie mit Steroiden und bilden sich binnen drei Monaten zurück. Dabei sollten Steroide je nach Schweregrad dosiert werden und über mindestens vier Wochen ausgeschlichen werden [25].
Dabei sollte die Prophylaxe opportunistischer Infektionen (z.B. Pneumocystis-Pneumonien) und eine Osteoporoseprophylaxe erfolgen. Für steroidrefraktäre Verläufe stehen TNF α-Inhibitoren wie Infliximab, Azathioprin, MMF oder Vedolizumab als Anti–Integrin α4β7 Antikörper zur Verfügung.

Ob eine Immunsuppression zur Behandlung der irAES auch die antitumorale Aktivität beeinträchtigt und die Wirkung der ICI abschwächt, ist nicht gänzlich gesichert, wobei sich in retrospektiven Analysen kein schlechteres Outcome für Patienten mit Einnahme von Immunsuppressiva zeigte. [32] Andererseits scheint früher Glukokortikoid-Einsatz und ein Wiederbeginn nach immunsuppressiver Therapie mit einer geringeren Wirkung der ICI einherzugehen. So konnte der Wiederbeginn einer ICI-Therapie nach Auftreten von irAE das Überleben von Patienten bei verschiedenen Tumorentitäten nicht verlängern. [14]

Ob ein erneuter Therapiebeginn nach initialer Pausierung bei irAEs sicher ist, wurde retrospektiv bei 482 Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC, die eine PD-1 oder PD-L1 Inhibition als Monotherapie (90%) oder in Kombination mit einem CTLA-4-Inhibitor (10%) erhalten hatten, untersucht. Bei 68 Patienten wurden irAEs festgestellt, wobei Pneumonitis (19%), Colitis (17%), Ausschlag (16%) und Transaminasenerhöhung (10%) auftraten. Nach Re-Exposition entwickelten 39 der 68 Patienten (51%) keine irAEs, 26% zeigten ein Wiederauftreten gleicher irAEs und 23% der Patenten entwickelten neue irAEs [33]. Eine erneute Therapie sollte bei schwerwiegenden irAEs wie Myokarditis und Pneumonitis nicht erfolgen. Auch bei Notwendigkeit hoher Glukokortikoiddosen sollte von einer Re-Exposition abgesehen werden. Bei erneuter Therapie sind PD-1/PD-L1 Inhibitoren den CTLA-4 Inhibitoren vorzuziehen, da letztere mit einer erhöhten Rezidivrate von bis zu 88% einhergehen. [34]

Prävention

Für die Therapie ist es entscheidend Hochrisikogruppen zu identifizieren und regelmäßig auf irAEs zu untersuchen. Zu den Risikofaktoren gehören das weibliche Geschlecht, vorbestehende Autoantikörper, Autoimmunerkrankungen, Vaskulitiden oder eine positive Familienanamnese. Für eine verlässliche Aussage über die Folgen für diese Patientengruppe mangelt es jedoch an Forschungsdaten, da Patienten mit Autoimmunerkrankungen oder vorbestehenden Autoantikörpern häufig nicht in klinische Studien eingeschlossen wurden. Auch bestimmte genetische Polymorphismen wie HLA-QQB1 03:01 zeigten ein gehäuftes Auftreten der Kolitis, während eine diverse Darmflora sowie hohes Vorkommen von Faecalibacterium, Ruminococcaceae, Bifidobakterium und Bacteroides fragilis mit einem verbesserten Ansprechen auf ICI beim Melanom assoziiert sind. Bei endokrinen irAEs zeigte sich eine erhöhte Rate von Schilddrüsendysfunktionen bei Patienten mit vorbestehenden Autoantikörpern, eine Myositis gehäuft bei positivem Nachweis von mAchR-Antikörpern [7, 35].

Auf der Suche nach geeigneten Prädiktoren für irAEs, korrelierten folgende Laborveränderung mit irAEs: CRP-Erhöhung, Abnahme der Lymphozyten, Anstieg der Leukozyten, eine erhöhte Il17-Baseline, eine geringere Baseline von Il6, die Zytokine CXCL9 – 11 mit steilem Anstieg 3 und 6 Wochen nach Therapiebeginn. Beispielsweise zeigte sich ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Kolitis bei Il-17-Erhöhung unter Ipilimumab-Therapie. [7, 36, 37]

Fazit

Insbesondere chronifizierende Nebenwirkungen stehen in klinischen Studien selten im Fokus, gehen jedoch mit einem erheblichen Verlust der Lebensqualität einher. Nebenwirkungen der ICI sollten zur Optimierung der Therapie von Betroffenen im Rahmen interdisziplinärer Boards besprochen werden, in denen über Therapie (-pausen), begleitende immunsuppressive Medikation und den Wiedereinsatz der Therapie gemeinsam entschieden wird. Bisher mangelt es an Biomarkern zur Prädiktion von ICI-induzierten Nebenwirkungen, sodass der engmaschigen Betreuung der Patientinnen und Patienten eine wichtige Bedeutung zukommt. Vor dem Hintergrund des wachsenden Einsatzes der ICI sollte das Bewusstsein für ICI-induzierte Nebenwirkungen gestärkt werden, da das Erkennen sowohl in der ambulanten PatientInnenbetreuung, als auch in Notaufnahmen und spezialisierten Fachbereichen für die Therapie essentiell ist.

Dr. med. Helena Stricker

Klinik für Medizinische Onkologie und Hämatologie
Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100
8006 Zürich

helena.stricker@usz.ch

Helena Stricker: keine
Andreas Wicki: Institutional Research Grant: Roche. Travel Grant: Amgen

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