Journal Watch von unseren Experten

Laien erkennen maligne Melanome selten selbst

Frage


Wie viele maligne Melanome können durch Patienten selbst entdeckt werden? 

Hintergrund

Die Inzidenz und Prävalenz maligner Hautveränderungen steigt weltweit kontinuierlich an. Das maligne Melanom ist in der Schweiz die vierthäufigste Krebsart überhaupt. Von 100 000 Personen erkranken in der Schweiz etwa 33 Personen pro Jahr neu an einem Melanom. Insgesamt zählt man in der Schweiz ungefähr 2700 neue Fälle pro Jahr. Australien hat weltweit die höchsten Inzidenzen, zwei von drei Australiern erkranken in ihrem Leben an irgendeiner Form eines malignen Hauttumors. In diesem Kontext wird immer wieder das Selbstscreening auf maligen Veränderungen der Haut propagiert.

Studienort

Die Studie wurde an zwei Hautkrebskliniken in Northeast Queensland (NEQ) und in Southeast Queensland/Northern NSW, Australien durchgeführt.

Ein- und Ausschlusskriterien

Männer und Frauen über 18 Jahren, die entweder von einem Hausarzt zu einer Hautkrebsklinik überwiesen wurden oder diese aus eigenen Stücken aufsuchten. Die Studie wurde in den Medien (Radio, Fernsehen, Zeitung) beworben.

Methodik

Sämtliche Teilnehmer füllten einen etablierten Fragebogen aus, der insbesondere ihren Lebensstil und ihre Sonnenexposition erfasste. Es erfolgte die Untersuchung der gesamten Haut durch zwei akkreditierte Hausärzte (nicht Hautärzte) mit einem speziellen Interesse an Hautkrebs, die in der Hautkrebsklinik angestellt waren. Sie benutzten ein hochauflösendes Dermatoskop, das künstliche Intelligenz zur Hautkrebserkennung beinhaltete. Die Teilnehmer wurden gefragt, ob sie eine Hautveränderung bemerkt hätten, die sie beunruhige oder die ihnen suspekt erscheint.

Ergebnisse

Insgesamt nahmen 260 Personen teil, 143 Männer und 117 Frauen, nur 7.7 % wurden vom Hausarzt überwiesen, die Mehrheit kam auf eigene Initiative direkt in die Hautkrebsklinik. Von 260 Hautläsionen wurden 83 (31.9 %) als histopathologisch als maligne Melanome (invasiv oder in situ) eingestuft. Von diesen 83 Teilnehmenden, bei denen das maligen Melanom bestätigt worden war, hatten nur 18 (21.7 %) im Fragebogen angegeben, wegen der entsprechenden Läsion besorgt zu sein. Der Grossteil der Teilnehmer (65, 78.3 %) war sich nicht bewusst, dass eine der Hautläsionen ein ­malignes Melanom darstellt. Dabei wurden eher fortgeschrittene, grössere maligne Melanome als solche von den Patienten als besorgniserregende Hautveränderungen klassifiziert.

Kommentar

• Die Studie zeigt, dass Laien nur schwerlich maligne Melanome – zumindest in einem frühem Stadium – als suspekte Hautlösionen beurteilen.
• Frühere, allerdings meist deutlich kleinere und in anderen Settings durchgeführte Studien, zeigten teilweise deutlich höhere Selbstdeklarationsraten durch Laien.
• Der Aufruf zur Selbstinspektion der Haut ist wohl mit ­einigen Limitationen verbunden
• Dermatoskope, zumal in Verbindung mit künstlicher Intelligenz erlauben auch Hausärzten eine hohe Detektionsrate maligner Melanome, wie die Autoren festhalten

Prof. Dr. Dr. med. Thomas Rosemann

Quelle: Climstein M, Hudson J, Stapelberg M, Miller IJ, Rosic N, Coxon P, Furness J, Walsh J. 2024. Patients poorly recognize lesions of concern that are malignant melanomas: is self-screening the correct advice? PeerJ 12:e17674 https://doi.org/10.7717/peerj.17674

Erfolgreiches SMS-Programm zur Entwöhnung vom Nikotindampfen bei Jugendlichen

E-Zigaretten sind das am häufigsten konsumierte Tabakprodukt bei Jugendlichen. Eine parallele, doppelblinde, individuell randomisierte klinische Studie mit Nachbeobachtungen nach 1 und 7 Monaten wurde bei Personen in USA im Alter von 13 bis 17 Jahren, die angaben, in den letzten 30 Tagen E-Zigaretten konsumiert zu haben und daran interessiert waren, innerhalb von 30 Tagen mit dem Rauchen aufzuhören, durchgeführt. Die Teilnehmer wurden über Social-Media-Anzeigen rerutiert, die Textnachrichten wurde per SMS zugestellt und die Datenerhebungen wurden online oder telefonisch durchgeführt. Um die Adhärenz zu optimieren, erhielten alle Teilnehmer per SMS ­monatliche Auswertungen des Konsums von E-Zigaretten.

Die Personen der Kontrollgruppe (n = 744) erhielten lediglich Textnachrichten zur Erinnerung an die Studie. Die Interventionsteilnehmer (n = 759) erhielten zudem ein automatisiertes, ­interaktives SMS-Programm zur Raucherentwöhnung, welches kognitive und verhaltensbezogene Bewältigungsfähigkeiten trainiert und soziale Unterstützung bietet.

Die 1503 Jugendlichen waren 16.4 Jahre alt. 76.2 % verdampften innerhalb von 30 Minuten nach dem Aufwachen. Die 7-Monats-Nachbeobachtungsrate lag bei 70.8 %. Die selbstberichtete 30-Tage-Punktprävalenzabstinenz vom Dampfen nach 7 Monaten betrug 37.8 % bei den Interventionsteilnehmern und 28 % bei den Kontrollteilnehmern (relatives Risiko 1.35; p < 0.001). Der Einfluss der Intervention auf das Ergebnis wurde durch keine Baseline-Variablen modifiziert. Es gab keine ­Hinweise darauf, dass Jugendliche, die mit dem Dampfen aufhörten, auf brennbare Tabakprodukte umstiegen.

Fazit

Dass eine gezielte SMS-Raucher-Intervention die selbstberichteten Vaping-Entwöhnungsraten bei Jugendlichen erhöht, stimmt zuversichtlich. Solche Programme müssen dringend und breit angeboten werden.

KD Dr. med. Marcel Weber

Quelle: Graham A.L. et al. A Vaping Cessation Text Message Program for Adolescent E-Cigarette Users: A Randomized Clinical Trial. JAMA 2024 Aug 7. doi: 10.1001/jama.2024.11057. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/39110436/

Kohortenstudie zur chronischen Niereninsuffizienz. Überblick und Zusammen­fassung ausgewählter ­Ergebnisse

Ein höherer kardiovaskulärer Gesundheitszustand (CVH) wird generell mit einem geringeren Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen (CVD) und Mortalität in Verbindung gebracht. Es ist jedoch unklar, ob der kumulative CVH-Wert mit CVD, Nierenerkrankungen im Endstadium (ESKD) und Tod bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung verbunden ist.

Die CRIC (Chronic Renal Insufficiency Cohort)-Studie (1) bietet die Möglichkeit, die Zusammenhänge zwischen dem longitudinalen, kumulativen CVH-Score und klinischen Ereignissen bei einer großen Stichprobe von Erwachsenen mit CKD der Stadien 2 bis 4 zu quantifizieren, für die wiederholte Messungen über 5 Jahre verfügbar waren. Das Ziel einer kürzlich publizierten Studie (2) war es, die Assoziationen zwischen dem kumulativen CVH-Score über 5 Jahre und dem späteren Risiko für das Auftreten von CVD, ESKD und Tod zu bewerten.

Methoden und Resultate

Bei den Probanden der prospektiven CRICStudie (Chronic Renal Insufficiency Cohort) wurde der Prozentsatz des maximal möglichen CVH-Scores, der von Studienbeginn bis zum Besuch im Jahr 5 erreicht wurde, zur Berechnung des kumulativen CVH-Scores verwendet. Mittels multivariabler adjustierter Cox-Proportional-Hazard-Regression wurde der Zusammenhang zwischen dem kumulativen CVH-Score und dem Risiko für anerkannte Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Myokardinfarkt, Schlaganfall und Herzinsuffizienz), ESKD und Gesamtmortalität untersucht. Insgesamt wurden 3939 Teilnehmer (Durchschnittsalter 57,7 Jahre; 54,9 % Männer) eingeschlossen. Der mittlere (SD) kumulative CVH-Score, der innerhalb von 5 Jahren erreicht wurde, betrug 55,5 % (12,3 %). Während der anschließenden medianen Nachbeobachtungszeit von 10,2 Jahren entwickelten 597 Teilnehmer eine CVD, 656 hatten eine ESKD, und 1324 starben. Ein höherer kumulativer CVH-Score war signifikant mit einem geringeren Risiko für CVD, BNE und Mortalität verbunden, unabhängig vom CVH-Score im Jahr 5. Die multivariablen bereinigten Hazard Ratios und 95 % CIs pro 10 % höherem kumulativen CVH-Score über 5 Jahre betrugen 0,81 (0,69-0,95) für CVD, 0,82 (0,70-0,97) für ESKD und 0,80 (0,72-0,89) für Mortalität.

Schlussfolgerungen

Bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung der Stadien 2 bis 4 ist ein besserer CVH-Status, der über einen Zeitraum von 5 Jahren aufrechterhalten wird, mit einem geringeren Risiko für CVD, ESKD und Gesamtmortalität verbunden. Die Ergebnisse belegen die Notwendigkeit von Maßnahmen zur Aufrechterhaltung eines idealen CVH-Status, um negative Folgen bei chronisch Nierenkranken zu verhindern.

Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

Quelle: Cao Q et al. Five-Year Cumulative Cardiovascular Health and Clinical Events in Patients With Chronic Kidney Disease: The CRIC Study. J Am Heart Assoc. 2024 May 21; 13(10): e033001. Published online 2024 May 10. doi: 10.1161/JAHA.123.033001

SWISSMEDIC INFO

Public Summary SwissPAR vom 12.01.2024

Imjudo® (Wirkstoff: Tremelimumab)

Erstzulassung in der Schweiz: 13.09.2023
Arzneimittel (Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung) in Kombination mit Durvalumab zur Erstlinienbehandlung von Patientinnen und Patienten mit inoperablem hepatozellulärem Karzinom (uHCC)

Über das Arzneimittel

Das Arzneimittel Imjudo mit dem Wirkstoff Tremelimumab wird in Kombination mit dem Wirkstoff Durvalumab1 eingesetzt zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit inoperablem hepatozellulärem Karzinom (uHCC). Die Patientinnen und Patienten haben noch keine systemische Vorbehandlung2 erhalten.
Hepatozelluläre Karzinome sind aggressive Tumore und treten häufig im Zusammenhang mit chronischen Lebererkrankungen und Leberzirrhose auf. Sie werden in der Regel erst spät im Verlauf der Lebererkrankung diagnostiziert.
Da es sich bei uHCC um eine seltene und lebensbedrohende Krankheit handelt, wurde das Arzneimittel als «Orphan Drug» zugelassen. Mit «Orphan Drug» werden wichtige Arzneimittel für seltene Krankheiten bezeichnet.

Wirkung

Der Wirkstoff von Imjudo, Tremelimumab, ist ein monoklonaler Antikörper. Monoklonale Antikörper sind Proteine (Eiweisse), die spezifisch an andere Proteine binden können. Tremelimumab bindet an das sogenannte «CTLA-4-Antigen», ein Protein, welches die Aktivität von T-Zellen steuert. T-Zellen sind ein Teil des Immunsystems (körpereigenes Abwehrsystem). Durch die Bindung von Tremelimumab an CTLA-4 wird CTLA-4 gehemmt. Dies wiederum bewirkt ein Anstieg der Anzahl und der Aktivität der T-Zellen, welche Krebszellen abtöten können.
Durvalumab bewirkt über einen anderen Mechanismus ebenfalls eine erhöhte Aktivi-tät des körpereigenen Abwehrsystems gegen den Tumor, was die antitumorale Immunantwort von Tremelimumab noch verstärkt und die Ausbreitung des Krebses verlangsamt.

Anwendung

Imjudo mit dem Wirkstoff Tremelimumab ist rezeptpflichtig.
Imjudo wird als Infusion in die Venen (intravenös) über einen Zeitraum von einer Stunde verabreicht.
Die empfohlene Dosis Imjudo beträgt für Patientinnen und Patienten mit 30 kg oder mehr Körpergewicht 300 mg, in Kombination mit 1500 mg Durvalumab im Zyklus 1 am 1. Tag, gefolgt von einer Durvalumab (1500 mg) Monotherapie alle 4 Wochen.
Für Patientinnen und Patienten unter 30 kg Körpergewicht beträgt die empfohlene Dosis 4 mg Imjudo/ kg Körpergewicht und 20 mg Durvalumab/ kg Körpergewicht im Zyklus 1 am 1. Tag, gefolgt von einer Monotherapie mit Durvalumab (1500 mg), alle 4 Wochen bis das Körpergewicht 30 kg beträgt.
Die Behandlung sollte solange fortgesetzt werden, bis es zu einem Fortschreiten der Erkrankung kommt (Progression) oder bis die Nebenwirkungen zu gross sind.

Wirksamkeit

Die Wirksamkeit von Imjudo wurde in einer Studie (HIMALAYA) mit 1324 Patientinnen und Patienten untersucht. Die Patientinnen und Patienten wurden in 4 Gruppen aufgeteilt. Dabei wurden 2 Dosierungen von Imjudo (300 mg oder 75 mg) in Kombination mit Durvalumab gegen die alleinige Behandlung mit Durvalumab oder Sorafenib (zugelassene Behandlungsoption) verglichen.
Der primäre Endpunkt der Studie war das Gesamtüberleben (OS)3 der Patientinnen und Patienten, die mit 300 mg Imjudo in Kombination mit Durvalumab behandelt wurden.
Die Behandlung mit 300 mg Imjudo in Kombination mit Durvalumab zeigte eine statistisch signifikante Verbesserung des OS im Vergleich zur Behandlung mit Sorafenib. Jene Patientinnen und Patienten, die mit Imjudo in Kombination mit Durvalumab behandelt wurden, hatten ein medianes4 Gesamtüberleben von 16,4 Monaten. Im Vergleich dazu lebten jene Patientinnen und Patienten, welche mit Sorafenib behandelt wurden, im Median 13,8 Monate.

Vorsichtsmassnahmen, unerwünschte Wirkungen & Risiken

Imjudo darf bei einer Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einem der Hilfsstoffe nicht angewendet werden.
Die häufigsten unerwünschten Wirkungen (betrifft mehr als 1 von 10 Anwendern) sind Durchfall, Hautausschlag, Juckreiz, Husten, Fieber, Schmerzen in der Bauchregion, Schilddrüsenunterfunktion und erhöhte Aspartataminotransferase und Alaninaminotransferase5. Häufige schwerwiegende Nebenwirkungen (betrifft bis zu 1 von 10 Anwendern) sind Entzündungen des Dickdarms und Lungenentzündungen.
Durch die Hemmung des körpereigenen Abwehrsystems können auch immunvermittelte unerwünschte Wirkungen auftreten.
Alle Vorsichtsmassnahmen, Risiken und weitere mögliche unerwünschte Wirkungen sind in der Patientinnen- und Patienteninformation (Packungsbeilage) sowie in der Fachinformation aufgeführt.

Begründung des Zulassungsentscheids

Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) ist weltweit die fünfthäufigste Krebsart und die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache bei Männern.
Obwohl es schon Therapien zur Behandlung von HCC gibt, ist die Krankheit unheilbar und es besteht ein grosser medizinischer Bedarf an sicheren und wirksamen Behandlungsmöglichkeiten.
Die durchgeführte Studie HIMALAYA zeigte, dass Imjudo in Kombination mit Durvalumab die Überlebenszeit von Patientinnen und Patienten im Vergleich zur Behandlung mit Sorafenib verlängern kann. Die Nebenwirkungen von Imjudo in Kombination mit Durvalumab können schwerwiegend sein.
Unter Berücksichtigung aller Risiken und Vorsichtsmassnahmen und aufgrund der vorliegenden Daten überwiegen die Vorteile von Imjudo in Kombination mit Durvalumab die Risiken. Swissmedic hat daher das Arzneimittel Imjudo mit dem Wirkstoff Tremelimumab für die beantragte Indikation des inoperablen hepatozellulärem Karzinom (uHCC) für die Schweiz zugelassen.

Weitere Informationen zum Arzneimittel

Information für medizinisches Fachpersonal:
Fachinformation Imjudo® auf www.swissmedicinfo.ch
Weitere Fragen beantworten Gesundheitsfachpersonen.

1. Durvalumab ist ein bereits zugelassener Wirkstoff. Es ist ein monoklonaler Antikörper, aus der Gruppe der Checkpoint-Inhibitoren, der zur Behandlung von bösartigen Tumoren eingesetzt wird.
2. Systemische Therapie: Im Gegensatz zu einer lokalen Therapie (Behandlung am Ort der Erkrankung) wird bei der systemischen Therapie die Behandlung des gesamten Körpers zur Bekämpfung der Erkrankung eingeschlossen.
3. Gesamtüberleben: Das Gesamtüberleben (OS, overall survival) bezeichnet die Zeitspanne zwischen Therapiebeginn und Tod des Patienten bzw. der Patientin.
4. Median: Der Wert, der genau in der Mitte einer Datenverteilung liegt, nennt sich Median oder Zentralwert. Die eine Hälfte aller Daten ist immer kleiner, die andere grösser als der Median.
5. Aspartataminotransferase (AST) und Alaninaminotransferase (ALT): Dies sind beides Enzyme, welche vor allem in den Leberzellen produziert werden. Erhöhte Blutwerte der Aktivität dieser Enzyme können einen Hinweis auf Erkrankungen im Bereich der Leber darstellen.

Der Stand dieser Information entspricht demjenigen des SwissPAR. Neue Erkenntnisse über das zugelassene Arzneimittel fliessen nicht in den Public Summary SwissPAR ein.

In der Schweiz zugelassene Arzneimittel werden von Swissmedic überwacht. Bei neu festgestellten unerwünschten Arzneimittelwirkungen oder anderen sicherheitsrelevanten Signalen leitet Swissmedic die notwendigen Massnahmen ein. Neue Erkenntnisse, welche die Qualität, die Wirksamkeit oder die Sicherheit dieses Medikaments beeinträchtigen könnten, werden von Swissmedic erfasst und publiziert. Bei Bedarf wird die Arzneimittelinformation angepasst.

SWISSMEDIC INFO

Public Summary SwissPAR vom 20.02.2024

Talvey® (Wirkstoff: Talquetamab)

Befristete Zulassung in der Schweiz: 30.10.2023
Arzneimittel (Injektionslösung) zur Viertlinien-Behandlung des rezividierenden oder refraktären multiplem Myeloms bei Erwachsenen

Befristete Zulassung in der Schweiz: 30.10.2023
Arzneimittel (Injektionslösung) zur Viertlinien-Behandlung des rezividierenden oder refraktären multiplem Myeloms bei Erwachsenen

Über das Arzneimittel

Das Arzneimittel Talvey mit dem Wirkstoff Talquetamab wird zur Behandlung des multiplen Myeloms («Knochenmarkkrebs») bei Erwachsenen eingesetzt, die mindestens drei vorausgegangene Behandlungsphasen durchlaufen haben, einschliesslich der Behandlung mit Medikamenten der drei Standardtherapieklassen, und deren Erkrankung nach der letzten Behandlungsphase ein Fortschreiten gezeigt hat.
Das multiple Myelom (MM) ist eine seltene Krebsart, welche etwa 1-2 Prozent aller Krebserkrankungen ausmacht. Die Häufigkeit der Neuerkrankungen mit MM nimmt mit dem Alter zu. Zwei Drittel der neuerkrankten Personen sind über 65 Jahre alt. Die Erkrankung ist gekennzeichnet durch eine übermässige Vermehrung der Plasmazellen. Plasmazellen sind eine Unterart der weissen Blutkörperchen, welche im körpereigenen Abwehrsystem (Immunsystem) für die Produktion von Antikörpern verantwortlich sind. Im Rahmen des MM vermehren sich Plasmazellen unkontrolliert im Knochenmark und manchmal auch in anderen Organen. Dies verhindert die normale Bildung von Blutzellen und kann Knochen und andere Organe zerstören bzw. in ihrer Funktion beeinträchtigen.
Da es sich beim multiplen Myelom um eine seltene und lebensbedrohende Krankheit handelt, wurde das Arzneimittel als «Orphan Drug» zugelassen. Mit Orphan Drug werden wichtige Arzneimittel für seltene Krankheiten bezeichnet.
Talvey wurde im Rahmen des «Project Orbis» zugelassen. Project Orbis ist ein von der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA koordiniertes Programm für vielversprechende Krebsbehandlungen. Es bietet einen Rahmen für die gleichzeitige Einreichung und Prüfung von Krebsmedikamenten durch mehrere internationale Partnerbehörden verschiedener Länder. Damit wird das Ziel verfolgt, Patientinnen und Patienten einen schnelleren Zugang zu innovativen Krebsbehandlungen zu ermöglichen. Zurzeit sind die Zulassungsbehörden von Australien (TGA), Brasilien (ANVISA), Israel (MOH), Kanada (HC), Singapur (HSA), Schweiz (Swissmedic) und dem Vereinigten Königreich (MHRA) im Project Orbis vertreten.

Wirkung

Der Wirkstoff in Talvey, Talquetamab, ist ein Antikörper (ein immunologisch wirksames Protein), der sowohl an die Tumorzelle über das sogenannte GPRC5D-Antigen als auch an den CD3-Rezeptor (Bindungsstelle) auf den T-Zellen (Zellen des Immunsystems) bindet. Dadurch bringt Talquetamab die Tumorzellen mit den T-Zellen zusammen. Dies wiederum aktiviert die T-Zellen, die dann die multiplen Myelom-Zellen abtöten können.
Anwendung
Talvey mit dem Wirkstoff Talquetamab ist rezeptpflichtig. Talvey ist als Injektionslösung in den Dosen 3 mg gelöst in 1.5 ml und 40 mg gelöst in 1 ml in jeweils einer Durchstechflasche erhältlich. Talvey wird unter die Haut gespritzt. Die Dosierung wird schrittweise auf die Behandlungsdosis erhöht.
Die Anwendung von Talvey soll nur unter der Anleitung von ärztlichem Personal mit Erfahrung in der intensivmedizinischen Behandlung der möglicherweise auftretenden unerwünschten Wirkungen erfolgen. Zu Beginn der Therapie mit Talvey, und bei Bedarf auch im späteren Verlauf der Behandlung, ist eine stationäre Überwachung während mindestens 48 h nach der Verabreichung notwendig.

Wirksamkeit

Die Wirksamkeit von Talvey wurde in einer offenen Studie1 (MonumentTAL-1) ohne einen Kontrollarm mit 265 MM-Patientinnen und -Patienten untersucht. Die erwachsenen Patientinnen und Patienten hatten schon mindestens 3 vorangehende Behandlungsphasen, einschliesslich der Behandlung mit Medikamenten der drei Standardtherapieklassen erhalten.
Historisch betrachtet haben Patientinnen und Patienten mit wiederkehrendem oder behandlungsresistentem MM, die bereits mit den drei Standardtherapieklassen vorbehandelt wurden, einen ungünstigen Krankheitsverlauf (schlechte Prognose). Nach historischen Daten lag die Gesamtansprechrate (ORR)2 bei ca. 30 %. Das mediane3 progressionsfreie Überleben (PFS)4 lag bei ca. 3 bis 6 Monaten und das gesamte Überleben (OS) bei ca. 6 bis 12 Monaten.
Von den 122 Patientinnen und Patienten, der Patientengruppe, welche in der Studie mit 0,4 mg/kg Talvey wöchentlich behandelt wurden, wurde bei 89 Studienteilnehmenden ein Ansprechen und somit eine ORR von 73% erreicht. Das mediane PFS betrug 7,0 Monate. Aufgrund der zum Zeitpunkt der befristeten Zulassung noch nicht vollständig vorliegenden Daten, kann das Gesamtüberleben zurzeit noch nicht geschätzt werden. Daten von weiteren Patientengruppen der Studie unterstützten diese Ergebnisse.

Vorsichtsmassnahmen, unerwünschte Wirkungen & Risiken

Talvey darf bei einer Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einem der Hilfsstoffe nicht angewendet werden.
Zu den häufigsten unerwünschten Wirkungen (betrifft mehr als 1 von 10 Anwendern) gehören das Zytokin-Freisetzungssyndrom (CRS)5, Geschmacksstörungen, Hypogammaglobulinämie6, Erkrankungen der Nägel, Muskelschmerzen, Neutropenie und Lymphopenie (niedrige Anzahl einer jeweils bestimmten Gruppe von weissen Blutkörperchen), Erkrankungen oder Ausschläge der Haut, Müdigkeit, Gewichtsabnahme, Blutarmut, trockener Mund, Fieber, trockene Haut, Thrombozytopenie (geringe Anzahl an Blutplättchen), Schluckstörungen, Durchfall, Infektionen der oberen Atemwege, Juckreiz, Husten, Schmerzen, verminderter Appetit und Kopfschmerzen.
Alle Vorsichtsmassnahmen, Risiken und weitere mögliche unerwünschte Wirkungen sind in der Fachinformation aufgeführt.

Begründung des Zulassungsentscheids

Patienten und Patientinnen mit einem wiederkehrendem oder behandlungsresistentem stark vorbehandelten MM haben eine schlechte Prognose. Daher besteht ein grosser Bedarf an neuen Therapiemöglichkeiten.
Die Daten der vorgelegten Studie zeigten eine hohe Ansprechrate unter Talvey verglichen zu den historischen Daten. Die Aussagekraft der Ergebnisse zum Überleben ist begrenzt, da die Studiendauer zum Zeitpunkt der Datenbetrachtung noch nicht ausreichend lang war.
Das Arzneimittel Talvey wurde deshalb in der Schweiz befristet zugelassen (Art. 9a HMG), da zum Zeitpunkt der Zulassung noch nicht alle klinischen Studien vorliegen oder abgeschlossen waren. Die befristete Zulassung ist zwingend an die zeitgerechte Einreichung der von Swissmedic verlangten ergänzenden Daten gebunden. Nach Erfüllung dieser Zulassungsauflagen kann die befristete Zulassung bei positiver Nutzen-Risiko-Beurteilung der Resultate in eine Zulassung überführt werden.

Weitere Informationen zum Arzneimittel

Information für medizinisches Fachpersonal: Fachinformation Talvey® auf www.swissmedicinfo.ch
Weitere Fragen beantworten Gesundheitsfachpersonen.

1. Offene Studie: Bei einer offenen (unverblindeten) Studie, wissen die Gesundheitsfachpersonen, sowie auch die Patientinnen und Patienten, welche Therapie die Studienteilnehmenden erhalten.
2. ORR (objective response rate) ist definiert als prozentualer Anteil von Patientinnen und Patienten mit Ansprechen auf die Therapie.
3. Median: Der Wert, der genau in der Mitte einer Datenverteilung liegt, nennt sich Median oder Zentralwert. Die eine Hälfte aller Daten ist immer kleiner, die andere grösser als der Median.
4. PFS: Progressionsfreies Überleben (PFS, progression-free survival): Zeitspanne zwischen dem Start einer Behandlung oder einer klinischen Studie und dem Beginn des Fortschreitens der Krankheit oder dem Tod der Patientin oder des Patienten.
5. Zytokin-Freisetzungssyndrom ist eine systemischen Entzündungsreaktion aufgrund massiver Ausschüttung von Zytokinen (Eiweisse), die die weissen Blutkörperchen aktivieren.
6. Hypogammaglobulinämie: Erkrankung des Immunsystems (körpereigenes Abwehrsystem), bei der zu wenig oder keine Immunoglobluline im Blut vorhanden sind. Immunoglobuline sind Proteine (Eiweisse), welche das Immunsystem unterstützen.

Der Stand dieser Information entspricht demjenigen des SwissPAR. Neue Erkenntnisse über das zugelassene Arzneimittel fliessen nicht in den Public Summary SwissPAR ein.
In der Schweiz zugelassene Arzneimittel werden von Swissmedic überwacht. Bei neu festgestellten unerwünschten Arzneimittelwirkungen oder anderen sicherheitsrelevanten Signalen leitet Swissmedic die notwendigen Massnahmen ein. Neue Erkenntnisse, welche die Qualität, die Wirkung oder die Sicherheit dieses Medikaments beeinträchtigen könnten, werden von Swissmedic erfasst und publiziert. Bei Bedarf wird die Arzneimittelinformation angepasst.

Der Klimawandel, eine existenzielle Gefahr für Mensch und Natur

Seit einigen Jahren bedroht der Klimawandel mit all seinen Auswirkungen zunehmend die Erde und ihre Lebewesen.

Die sich daraus ergebenden Gefahren werden in den kommenden Jahren weiter zunehmen. Verheerende Unwetter mit massiven Auswirkungen auf die Kulturlandschaft, die Infrastruktur und ganze Dorfteile sind leider auch in der Schweiz eine traurige Tatsache.

Die Ziele des Pariser-Abkommens mit Begrenzung auf 1.5 Grad Klimaerwärmung sind bereits unrealistisch.

Durch den Klimawandel nehmen die Hitzetage bei steigenden Temperaturen deutlich zu; sie werden sich auch über längere Zeiträume ausdehnen. Gefürchtet sind auch die Hitze-Glocken in Nordamerika, welche lange vor Ort verharren. Der CO2-Gehalt ist um 50 % höher als in der vorindustriellen Zeit und speichert die Wärme in der Atmosphäre. Die lange Lebensdauer von CO2 und weiteren Treibhausgasen führt dazu, dass die Temperaturen noch viele Jahre weiter steigen werden.

Es kommt zu einer erhöhten Sterblichkeit. Die Todesfälle sind überwiegend kardiovaskulären Ursprungs. Besonders gefährdet sind neben kleinen Kindern ältere und chronisch kranke Patienten.

Im Juni 2024 wurde in Saudi-Arabien, anlässlich der Pilgerfahrt nach Mekka (Haddsch) in der Grossen Moschee mit der «Kaaba», max. 51.8 °C gemessen. Es kam laut der Agence France-Presse insgesamt zu mehr als 1300 Toten. In Athen stieg die Temperatur Mitte Juni 2024 auf 41 °C, nachts lag diese ≥30 °C. Eine zusätzliche Gefahr sind die Waldbrände mit ihren Zerstörungen und der Luftschadstoffbelastung. Auch in den nördlichen Teilen Indiens wurden bereits im Mai 2024 sehr hohe Temperaturen von max. 50.8 °C, in Neu-Delhi von 48 °C, registriert.

Die Hitze hat auch weitere sozioökonomische Auswirkungen: auf die Bergwelt mit Gletscherschmelzungen und Erwärmung des Permafrosts mit Steinschlägen und Schlammlawinen; auf die Landwirtschaft; auf die Energie mit erhöhter Nachfrage; auf die Wasserversorgung bei weniger Gletschereis und vermehrter Verdunstungsrate mit Erschöpfung der Reserven und auf die Verluste der Wirtschaft mit Ertragseinbussen in der Landwirtschaft, im täglichen Leben in unzähligen Bereichen und deutlich höheren Gesundheits- und Folgekosten.

Das Gesundheitsrisiko wird zusätzlich durch eine Feinstaubbelastung vor allem in urbanen Gegenden potenziert. Je mehr Luftschadstoffe vorhanden sind, desto stärker wirkt die Hitze bei der Entstehung und Akutmanifestation von Herzkreislauferkrankungen. Strassenverkehrs-, Flug- und Eisenbahnlärm steigern, vor allem auch nachts, das gesundheitliche Risiko deutlich.

Doch es gibt auch Hoffnung: Die Menschheit hat immer wieder Wege gefunden, sich anzupassen. Wir haben die Fähigkeit, Herausforderungen zu bewältigen und Schäden durch wissenschaftlichen Fortschritt und technologische Innovationen zu minimieren. Die globale Gemeinschaft ar­beitet intensiv daran, Lösungen zu finden, die sowohl die Umwelt schützen als auch die Lebensqualität verbessern. Fortschritte in der Medizin und in der Umwelttechnik bieten neue Möglichkeiten, um die Gesundheit zu fördern und die negativen Folgen der Umweltveränderungen abzumildern.

Als Ärztinnen und Ärzte tragen wir eine besondere Verant­wortung. Durch Aufklärung und Bewusstseinsbildung können wir dazu beitragen, dass Menschen besser auf die gesundheitlichen Folgen von Hitze, Luftverschmutzung und Lärm vorbereitet sind. Präventive Massnahmen und Schulungen sind essenziell, um die Risiken zu minimieren und die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen.

Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre der vielen interessanten Artikel in dieser Ausgabe. Trotz der schwie­rigen Weltlage erhoffen wir ruhige Sommerferientage ohne weitere Unwetter, Hitzewellen, Feinstaub- und Lärmbelastung.

Dr. med. Urs Dürst

Dr. med. Urs N. Dürst

Zelglistrasse 17
8127 Forch

u.n.duerst@ggaweb.ch

Mehr Krebsfälle aber auch mehr Leben!

Kurz vor seinem 90. Geburtstag antwortete der Doyen der Schweizer Schriftsteller Adolf Muschg in einem aktuellen Interview auf die Frage, ob man sich ihn als einen glücklichen Menschen vorstellen dürfe: «Wider allen Erwarten halten sich meine zwei chronischen Leiden, ein Krebs und Diabetes, erstaunlich manageable, und das schon seit 2 Jahrzehnten. Wenn man das überlebt, kann man vielleicht noch etwas mehr überleben» (Schweiz am Wochenende vom 11.5.2024).

Für Muschg war und ist dies weiterhin eine produktive und lebenswerte Zeit, und ja, es darf auch noch etwas mehr sein. Gerade hat er eine neue Erzählung geschrieben. Viele Betroffene können seine Erfahrung nachvollziehen und führen heute ein sogar besonders wertgeschätztes Leben.

Krebs ist die zweithäufigste Todesursache in der Schweiz und die häufigste bei Frauen zwischen 25 und 84 und bei Männern zwischen 45 und 84 Jahren. Kürzlich veröffentlichte das Bundesamt für Statistik neue Krebsstatistiken. Es zeigt sich, dass die Krebsfälle bei Männern erstmals abnehmen, jedoch nicht bei Frauen. Besonders ausgeprägt ist der Rückgang der Mortalitätsrate bei Männern. Bei Frauen ist dieser Erfolg noch nicht zu verzeichnen. Hier sind wir alle gefordert, sowohl in unserer täglichen Arbeit mit den Patientinnen und ihren Familien, mit unseren Mitarbeiterinnen wie auch auf der gesundheitspolitischen Ebene.

Die starke Abnahme der Krebs-Mortalitätsrate bei Männern ist hauptsächlich auf die Reduktion tabakassoziierter Krebsfälle zurückzuführen. Neue Immuntherapien und Lungenkrebs-Screenings für Hochrisiko-Raucher könnten diesen positiven Trend weiter verstärken.

Pioniere in verschiedenen Kantonen begannen vor über 50 Jahren mit der Dokumentation von Krebsfällen, was regionale Versorgungslücken aufzeigte. Heute verfügen wir über ein nationales Krebsregister, das verlässliche Daten für die gesamte Bevölkerung liefert. Ein bedeutender Erfolg ist der im Frühjahr angenommene Nationale Krebsplan Schweiz (www.oncosuisse.ch), der durch eine koordinierte Strategie die Früherkennung, Prävention, Behandlungsqualität und Ausbildung verbessert und eine gerechtere Versorgung im ganzen Land ermöglicht.

Wir alle wissen um die enormen Kosten neuer Krebstherapien und es ist ein Gebot der Stunde, behandlungsbedürftige Krebsfälle wo möglich durch effiziente Prävention und Früherkennung zu verhindern. Laut BAG gehen über die Hälfte der Zunahme der totalen Medikamentenkosten in unserem Land auf Krebsmedikamente zurück. So sind die Kosten pro versicherte Person von knapp 60 CHF im Jahr 2015 auf über 140 CHF im Jahr 2023 angestiegen! Das Potential wird heute auf ca. 40% vermeidbare Krebstodesfälle geschätzt, eine unglaubliche grosse Zahl! Diese Vermeidung in 26 Kantonen mit kantonalen Strategien zu erreichen ist ineffizient und auch klar gescheitert. Deshalb hat das Bundesparlament endlich grünes Licht gegeben für eine Nationale Krebsstrategie der Schweiz. Die Krebsliga Schweiz und Oncosuisse mit all ihren Verbündeten haben mit dem Nationalen Krebsplan NKP 1 und NKP 2 und der Nationalen Strategie gegen Krebs NSK über die letzten Jahrzehnte unermüdlich dafür gekämpft und sind nun belohnt worden.

Die zur Diskussion stehende nationale Präventionsstrategie ist de facto deckungsgleich mit z.B. auch kardiovaskulären, pneumologischen, diabetologischen, gynäkologischen oder auch orthopädischen präventiven Massnahmen, da es schlicht um die Förderung einer gesunde Lebensweise geht: also regelmässige Bewegung, Kontrolle des Körpergewichts, gesunde Ernährung sowie Nichtrauchen bzw. Rauchstopp und limitierter oder kein Alkoholkonsum als wichtigste Massnahmen, aber auch um protektive Impfungen wie gegen Hepatitis-B oder HPV.

Die Lebenserwartung in der Schweiz liegt gemäss Bundesamt für Statistik für Frauen bei 85,9 und für Männer bei 82,3 Jahren. Altersforscher gehen heute davon aus, dass eine Lebenserwartung von 90 Jahren für eine gut informierte Bevölkerung mit guter Gesundheitsversorgung ein realistisches Ziel ist. Da Krebs eine stark altersabhängige Inzidenz aufweist, werden wir in den nächsten 20 Jahren viele neue Krebsfälle erwarten müssen. Nun geht es darum, hier Prioritäten zu setzten und griffige nationale Strategien zu entwickeln. Wir sind gespannt, wie die Umsetzung der nationalen Strategie gegen Krebs erfolgen wird und welche Prioritäten hier vom Bund gesetzt werden. Hoffen wir, dass die Umsetzung erfolgreich sein wird und machen Sie bitte mit, wo immer sie einen Hebel haben. Viel unnötiges Leid und viele vorzeitig verlorene Lebensjahre könnten gerettet werden und das Ganze ist ein kosteneffizientes Unterfangen mit einem hohen «Return of Investment».

Prof. em. Dr. med. Thomas Cerny

Prof. em. Dr. med.Thomas Cerny

Rosengartenstrasse 1d
9000 St. Gallen

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Highlights vom ASCO GU Kongress 2024 in San Francisco – Teil 1

Urogenitale Tumoren stellen in der Schweiz einen hohen Prozentsatz an Krebsneuerkrankungen dar, die Patientinnen und Patienten quer durch alle Altersgruppen betreffen: bei Hodentumoren junge Männer, während Urothelkarzinome, Nieren­tumoren und Prostatakarzinome bei Menschen im fortgeschrittenen Lebensalter auftreten.

Waren über Jahrzehnte kaum Fortschritte zu verzeichnen, stehen spätestens mit der Verfügbarkeit u.a. von Tyrosinkinaseinhibitoren, «Androgenrezeptor Pathway Inhbitoren» (ARPI), PARP Inhibitoren, Immuntherapeutika, Radiotherapeutika und deren Kombinationen jedes Jahr eine Vielzahl neuer und vielversprechender Therapien zur Verfügung.

Die Amerikanische Krebsgesellschaft ASCO widmet deshalb dem Thema urogenitale Tumoren jedes Jahr einen separaten Kongress, auf dem die wichtigsten Neuerungen vorgestellt werden. Schweizer Expertinnen und Experten wählen während des ASCO GU DIRECT wiederum die jeweils wichtigsten Vorträge dieses Kongresses aus, und zeigen diese im Original Videostream, um einem breiten Personenkreis die zeitaufwändige Reise nach San Francisco zu ersparen, und dennoch die wichtigsten Vorträge im Original zugänglich zu machen. Viel Raum wird der nachfolgenden Diskussion der Beiträge eingeräumt.

Dieses Jahr fand ASCO GU DIRECT in Zürich statt. Die Veranstaltung wird von den Firmen Janssen, Astellas, Ipsen, Merck und Debiopharm unterstützt, die jedoch allesamt keinerlei Einfluss auf die Auswahl oder Interpretation der Beiträge ausüben und an den Diskussionen nicht beteiligt sind. In den folgenden Beiträgen fassen die Chairs von ASCO GU DIRECT ihre Auswahl für Sie zusammen.

Prof. Dr. med. Jörg Beyer
Medizinische Onkologie, Inselspital
Universitätsspital der Universität Bern
Freiburgstrasse 41, 3010 Bern

PD Dr. med. Aurelius Omlin
Onkozentrum Zürich
Seestrasse 259
8038 Zürich

Prof. Dr. med. Jörg Beyer

Universitätsklinik für Medizinische Onkologie
Inselspital, Universitätsspital Bern, Universität Bern
Freiburgstrasse 41
3010 Bern

PD Dr. med. Aurelius Omlin

Onkozentrum Zürich
Seestrasse 259
8038 Zürich