Semaglutid bei T2DM und CKD: FLOW-Studie und zwei Subanalysen
Diabetes mellitus Typ 2 (T2DM) und die chronische Nierenerkrankung (CKD) nehmen weltweit stark zu. Diabetes und Hypertonie sind die Hauptursachen einer CKD. Das Mortalitätsrisiko ist bei Patienten mit einem T2DM und CKD über 10 Jahre 4 × höher als ohne diese beiden Erkrankungen; Die Lebenserwartung ist vor allem wegen den kardiovaskulären (cv) Folgeerkrankungen deutlich vermindert. Das Risiko für eine rasche Progression der CKD ist erhöht. Durch eine Adipositas können diese und die cv Folgeerkrankungen (Hypertonie, HI, KHK, VHFli) deutlich verschlimmert werden. Diese Krankheiten beeinflussen sich gegenseitig. Ab einer Urin-Albumin-Kreatinin Ratio (UACR) von 5 mg/g steigt das Risiko bez. cv Mortalität kontinuierlich an und je schlechter die eGFR, desto höher sind die cv Komplikationen.
GLP-1 Rezeptor-Agonisten (GLP-1 RA) reduzieren das Gewicht, verbessern den Blutzucker, verringern cv Ereignisse bei T2DM und haben wie die SGLT2-H. kardio- und nephroprotektive Wirkungen. An der Niere wirken sie antientzündlich und antioxidativ, verstärken die Natriurese und hemmen die Fibrose. Auch haben sie eine pluripotente Wirkung auf verschiedene Organe.
In der 2024 publizierten RCT-Studie FLOW (1) reduzierte Semaglutid das Risiko für klinisch bedeutsame renale Endpunkte sowie den kardiovaskulären Tod und die Gesamtmortalität in der Hochrisikopopulation von 3533 Patientinnen und Patienten mit T2DM und CKD mit einer eGFR von ≥ 50 – ≤ 75 ml/min/1.73m2 und einer UACR > 300 – < 5000 mg/g oder einer eGFR von ≥ 25 – < 50 ml und einer UACR > 100 – < 5000 mg/g; HbA1c ≤ 10 %., in der Vorgeschichte 22.9 % MI oder Apoplexie, 19.2 % HI.
Diese Studie ist insofern relevant, da 79.6 % eine eGFR von weniger als 60 ml/min/1.73 m² und 11.3 % eine eGFR von weniger als 30 ml/min/1.73 m² aufwiesen (96.9 % Stadium A2 oder höher, davon 68.5 % Stadium A3). Im Durchschnitt (D) waren die Patienten 66.6 Jahre, die D-eGFR betrug 47, die D-UACR 567.6 mg/g Kreatinin, 15.6 % hatten einen SGLT2-H. Die Studie wurde infolge positiver Resultate vorzeitig abgebrochen.
Mit einer s. c. Semaglutid-Dosis von 1 mg/Woche (Diabetes-Dosis) über durchschnittlich 3.4 Jahre vs. Placebo u. einer Standardtherapie (RAS-H., potentes Statin, Diuretika, Insulin) im Verh. 1 : 1 konnte der primär kombinierte Endpunkt: Nieren-Outcome, bestehend aus ≥ 50 % Abfall der geschätzten eGFR, eGFR < 15 ml/min/1.73 m², Beginn einer Nierenersatztherapie, renaler und kardiovaskulärer Tod, um 24 % (HR 0.76; p = 0.0003) gesenkt werden. Dies entspricht in 3 Jahren einer sehr guten NNT von 20, zur Verhinderung von einem primären Ereignis. Die sekundären Endpunkte cv-Tod, MACE (cv-Tod, MI, Apo) und Gesamtmortalität wurden auch reduziert, die jährliche eGFR-Abnahme (Slope) war unter Semaglutid weniger stark als unter Placebo. Vorteile gab es auch in Bezug auf Albuminurie, Gewichtsreduktion (–4 kg), verbesserten Stoffwechsel und die BD-Kontrolle.
In einer vordefinierten Analyse der Flow-Studie konnte gezeigt werden, dass das Risiko eines kombinierten Ergebnisses von HI-Ereignissen oder kardiovaskulärem Tod und HI-Ereignissen allein signifikant um 27 % reduziert wurde. Das Risiko, allein am Herz-Kreislauf-Tod zu versterben, wurde um 29 % gesenkt. Die positiven Wirkungen von Semaglutid waren bei Teilnehmern mit und ohne HI zu Studienbeginn und in einer Reihe klinisch relevanter Untergruppen ähnlich (2).
In einer weiteren vorab spezifizierten Analyse der FLOW-Studie wurden die Auswirkungen dieses GLP-1 RA auf die cv Ereignisse und die Sterblichkeit durch den Schweregrad der CKD untersucht (3). Die Ergebnisse zeigen, dass Semaglutid das Risiko für den cv-Tod, nicht-tödlichen Herzinfarkt und nicht-tödlichen Schlaganfall um 18 % sowie die Sterblichkeit jeglicher Ursache um 20 % reduziert. Diese positiven Effekte waren unabhängig von der Schwere der CKD, gemessen durch die geschätzte glomeruläre Filtrationsrate (eGFR: < 60 oder ≥ 60 ml/min/1.73 m²), das Albumin-Kreatinin-Verhältnis im Urin (UACR-Werten von < 300 oder ≥ 300 mg/g) und die KDIGO-Risikoklassifikation «heat map»: Albuminurie und eGFR, die in niedriges/moderates bei 6.8 % der Patienten (HR: 0.67), hohes bei 24.9 % (HR: 0.75) und sehr hohes Risiko bei 68.3 % der Patienten (HR: 0.84) eingeteilt wurde. Dieses Risiko bezieht sich auf den cv-Tod, den nicht fatalen MI und den nicht fatalen Stroke.
Fazit
Semaglutid reduziert deutlich das Risiko klinisch wichtiger Nierenergebnisse und des Todes durch kardiovaskuläre Ursachen bei Hochrisiko-Patienten mit Typ-2-Diabetes und chronischer Nierenerkrankung.
• Das Risiko eines kombinierten Ergebnisses von HI-Ereignissen oder kardiovaskulärem Tod und HI-Ereignissen allein wurde signifikant reduziert.
• Auch reduziert dieser GLP-1 RA das Risiko für kardiovaskulären Tod/MI/Schlaganfall unabhängig vom Schweregrad der CKD zu Studienbeginn.
Semaglutid sollte als Teil der therapeutischen Strategie zur Verringerung des kardiovaskulären Risikos bei Menschen mit T2DM und CKD in Betracht gezogen werden. Grössere absolute Risikoreduktion mit zunehmender Schwere der CKD. Dies zusätzlich zur modernen «Hintergrundtherapie» mit RAS-H. und Statinen.
Dr. med. Urs Dürst
Literatur
1. Perkovic V et al., Effects of Semaglutide on Chronic Kidney Disease in Patients with Type 2 Diabetes. Published May 24, 2024. In: NEJM. DOI: 10.1056/NEJMoa240334
Vergleichende Analyse des grossen Blutbilds bei Patienten mit Typ-2-Diabetes mellitus und normalen Kontrollen: Assoziation und klinische Implikationen.
Hintergrund und Ziele
Der Zusammenhang zwischen dem grossen Blutbild undi Patienten mit Diabetes mellitus wurde in meherern Studien untersucht. Ziel einer im Jahre 2023 durchgeführten Studie (1) war es, eine umfassende Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Parametern des grossen Blutbilds und Diabetes mellitus zu liefern, wobei der Schwerpunkt auf Markern wie MPV, RDW und NLR lag. Durch die Synthese der verfügbaren Literatur wollen wir das Potenzial dieser Biomarker für das Verständnis der pathophysiologischen Mechanismen, die Diabetes und seinen Komplikationen zugrunde liegen, sowie ihre Rolle bei der Überwachung des Krankheitsverlaufs und der Prognose hervorheben. Letztendlich hoffen wir, Beweise zu liefern, die die Integration dieser Marker in die routinemäßige klinische Praxis als Instrumente zur Verbesserung des Managements und der Ergebnisse von Diabetikern unterstützen.
Methodik
Literatur in englischer Sprache wurde über die Suchmaschine Google Scholar und die PubMed-Datenbank (1980–2024) recherchiert und abgerufen. Als Schlüsselwörter wurden “Diabetes mellitus”, “Anzahl der Blutzellen”, “Mittleres Blutplättchenvolumen”, “Leukozyten” und “Entzündung” verwendet.
Ergebnisse
DM erhöht die vaskuläre Entzündung und den oxidativen Stress, während die vaskuläre Entzündung die Erythropoese und die Verformung der roten Blutkörperchen beeinflusst und so die Verteilungsbreite der roten Blutkörperchen (RDW) erhöht. Das mittlere Thrombozytenvolumen (MPV) ist ein weiterer nützlicher prognostischer Biomarker für DM-Patienten. Darüber hinaus sind erhöhte Spiegel des neutrophilen Lymphozytenverhältnisses (NLR) mit einer schlechten glykämischen Kontrolle bei T2DM-Patienten verbunden, so dass es als Screening-Instrument bei der Nachsorge von Diabetikern eingesetzt werden kann.
Schlussfolgerung
RDW kann als wertvoller unabhängiger Biomarker zur Beurteilung der Prognose von Patienten mit DM verwendet werden. MPV kann auch als nichtinvasiver, weit verbreiteter und kostengünstiger Marker als Schlüsselfaktor sowie als prognostischer/diagnostischer Biomarker verwendet werden, der für DM-Patienten verwendet werden könnte. Die Gesamtzahl der weißen Blutkörperchen, NLR, das mittlere Thrombozytenvolumen-Lymphozytenverhältnis (MPVLR) und das Verhältnis von Monozyten zu High-Density-Lipoproteinen (MHR) sind wertvolle Biomarker bei der Vorhersage von DM.
Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen
Quelle
Essawi K et al.: Comparative Analysis of Red Blood Cells, White Blood Cells, Platelet Count, and Indices in Type 2 Diabetes Mellitus Patients and Normal Controls: Association and Clinical Implications. Diabetes Metab Syndr Obes 2023;16:3123-3132.