Vom Paradigma des sterilen Urins zur Eubiose der Blase

Im Zuge der neuen Verfahren des «DNA Sequencing» wurde im Jahre 2008 das «Microbiome Project» auf die Beine gestellt. Dieses analysiert Mikrobiome in der Umwelt, der Ernährung und im Menschen. Das Letztere, als «Human Microbiome Project» bezeichnet, analysiert das Körper-Mikrobiom zum Beispiel im Darm, auf der Haut, vaginal und im Mund. Das Blasen-Mikrobiom wurde nicht in die wissenschaftliche Analyse eingeschlossen, weil man davon ausging, dass der Urin steril ist. Erst später wurden die Testverfahren auch auf den Urin angewendet und 2012 erste Daten publiziert (1, 2). Seither wurden 149 verschiedene Bakterien-stämme in der Blase nachgewiesen.

Until 2012, the urine of healthy people was considered sterile. The microscopic or cultural detection of urinary bacteria has been defined as a urinary tract infection. If these bacteria were found in asymptomatic people, this was called an asymptomatic urinary tract infection. DNA sequencing made it possible to detect specific bacterial gene components. 16s rRNA is a base sequence in the gene of bacteria. This gene is not only typical of bacteria, it also varies depending on bacterial species.
To this day, the question largely remains unanswered as to what function bacteria have in the human body. The website of the Human Microbiome Project includes the following tasks:

  • Production of vitamins
  • Splitting food for nutrient extraction
  • Triggering the immune system to respond to dangerous drugs
  • Production of beneficial anti-inflammatory substances to combat pathogenic microbes
  • Changes in the microbiome seem to be related to various diseases, which fuels the hope of using it therapeutically

Im Vergleich zu anderen Mikrobiomen ist das Darm-Mikrobiom schon recht gut erforscht und therapeutische Ansätze sind geprüft. So wurde zum Beispiel nachgewiesen, dass bei einer Clostridium difficile-Infektion eine Stuhltransplantation von einem gesunden Spender in das Empfänger-Duodenum besser ist als eine Antibiotikatherapie mit Vancomycin (3). In verschiedenen Studien wurde nachgewiesen, dass das Darm-Mikrobiom Gesundheit und Krankheit von verschiedenen Körperregionen mitbestimmt. Die Darm-Dysbiose konnte mit Erkrankungen des Hirns, des Herzens, des muskuloskelettalen Systems und von metabolischen Prozessen in Verbindung gebracht werden (4). Zudem wurde festgestellt, dass das Mikrobiom ein besserer Prädiktor einer zukünftigen Typ II Diabetes-Erkrankung ist als die Zusammensetzung des individuellen Genoms (5).

Definition

Der Unterschied zwischen Mikrobiom und Microbiota kann so erklärt werden: Das Mikrobiom wird als ein Kollektiv von Genen und Genomen von Mikroorganismen in einem Organ, einer Nische, einem Lebensraum bezeichnet. In einem Mikrobiom können somit neben Bakterien auch Eukaryoten (zB. Pilze), Archaeen (z.B. Methanobrevibacter smithii) und Viren vorkommen. Als Microbiota sind im Gegensatz dazu ausschliesslich die bakteriellen Mikroorganismen gemeint, welche durch die Präsenz von 16s rRNA nachgewiesen werden können (Abb. 1).
Ein gesundes Gleichgewicht der Bakterien wird als Eubiose, ein Ungleichgewicht der Flora mit dominanten pathogenen Keimen als Dysbiose bezeichnet.
Die Erkenntnisse aus dem Human Microbiome Project führten dazu, dass die herkömmlichen Definitionen im Zusammenhang mit Harnwegsinfektionen wahrscheinlich in Zukunft revidiert werden müssen. Der Nachweis von 149 Bakterienstämmen im Urin und die Tatsache, dass darunter auch pathogene Keime vorkommen, macht es notwendig, die Begrifflichkeit zu ändern. So macht der Begriff «asymptomatischer Harnwegsinfekt» keinen Sinn mehr. Dies bedeutet, dass potenziell pathogene Keime, welche wir in der Urinkultur finden, bei asymptomatischen Menschen nicht mehr als asymptomatische Infektion betrachtet, sondern als ein normaler Bestandteil im Sinne der Eubiose bezeichnet werden. Es besteht ein Leitlinien-Konsens, dass solche Befunde bei asymptomatischen Frauen nicht behandelt werden müssen.
Das menschliche Mikrobiom besteht somit aus Mikroorganismen wie Bakterien, Viren und Pilzen. Die Bakterien übertreffen die Anzahl der menschlichen Zellen etwa zehn Mal und machen etwa 1-3% des Körpergewichts aus. Diese Mikroben sind im Allgemeinen nicht schädlich, sondern sogar essenziell zur Erhaltung der Gesundheit.

Das Urin-Mikrobiom

Dass sich das Dogma, der Urin sei steril, so lange gehalten hat, liegt daran, dass die Technik der Urinkultur darauf ausgerichtet war, pathogene Keime wie zum Beispiel E. coli für Harnwegsinfektionen zu finden. Die Analyse von mittels Blasenpunktion gewonnenem Urin von gesunden Frauen mittels Gensequenzierung zeigte, dass der normale Urin verschiedenste Bakterien wie Lactobacillen, Gardnerellen, Streptokokken, Staphylokokken und Corynebakterien enthält. Dass diese bisher nicht gefunden wurden, liegt daran, dass die Standardurinkultur die notwendigen Wachstumsbedingungen für diese Keime nicht lieferte.
Erst mit der Anwendung von neuen Untersuchungstechniken wurde es möglich, das Blasenmicrobiota von gesunden und von blasenkranken Frauen zu untersuchen und zu vergleichen. Asymptomatische Frauen weisen eine geringe bakterielle Diversität auf, während zum Beispiel Frauen mit einer überaktiven Blase eine höhere Diversität zeigen. Dabei wurde gefunden, dass bei höherer bakterieller Diversität der Erfolg einer anticholinergen Medikation geringer ist. In der gleichen Studie fand man, dass gewisse Bakterienspezies wie Streptococcus anginosus und Gardnerella vaginalis mit überaktiver Blase assoziiert waren, dass aber Lactobacillus crispatus mit der Abwesenheit von Blasensymptomen assoziiert war (6). Bekannt ist auch, dass die Dominanz von verschiedenen Lactobacillus-Arten im Microbiota einen besseren Schutz vor katheterassoziierten oder postoperativen Harnwegsinfektionen ermöglicht (7).
Krystal Thomas-White et al. publizierten 2018 die Resultate der Zusammensetzung der Blasenmicrobiota von Katheterurin von 77 Frauen (38 asymptomatische und 39 symptomatische) (8). Das Blasenmicrobiota wurde mit dem vaginalen und dem gastrointestinalen Microbiota verglichen. Es zeigten sich Ähnlichkeiten zwischen dem vaginalen und dem Blasenmicrobiota, welche sich aber von dem gastrointestinalen Microbiota unterschieden. Daraus resultierte die Beobachtung, dass ein urogenitales Microbiota existiert welches in der Blase und der Vagina sehr ähnliche Bakterienstämme von E. coli, Streptococcus anginosus, Lactobacillus iners und Lactobacillus crispatus aufweist. Dies weist darauf hin, dass sowohl zwischen den pathogenen wie den gesundheitsunterstützenden (kommensalen) Keimen von Blase und Vagina eine Verbindung besteht. Damit wird die Hypothese widerlegt, dass ein gesundes vaginales Mikrobiom die Aszension von pathogenen Keimen in die Blase verhindert und somit ein Schutz vor Blaseninfektion sein soll. Heute wird angenommen, dass es ein gemeinsames urogenitales Microbiota gibt, in welchem die kommensalen Bakterien wie Lactobacillus iners und Lactobacillus crispatus uropathogene Keime wie zum Beispiel E. coli und Streptococcus anginosus in ihrer pathogenetischen Wirkung hemmen.

Aufgaben der Bakterien in der Blase

Whiteside et al. formulierten in einem lesenswerten Artikel in Nature Reviews Urology Hypothesen zu den Aufgaben der Blasenmicrobiota (9). Tabelle 1 zeigt diese vermuteten Aufgaben sowie deren mögliche pathophysiologische Bedeutung.

Beeinflussung der urogenitalen Microbiota

Verschiedene Lebensphasen beeinflussen die Microbiota von Darm und Blase. Der Einfluss von Pubertät und Menopause auf die vaginale Lactobacillenpopulation ist seit langem bekannt. Bekannt ist auch, dass sexuelle Aktivität das urethrale und vaginale Microbiota verändert. Bei Männern führt die Aufnahme sexueller Aktivität zu einer Microbiota-Veränderung des koronalen Sulcus und der distalen Urethra mit Nachweis von Bakterien, welche mit bakterieller Vaginosis vergesellschaftet sind. Spermizide Substanzen können sowohl das männliche wie das weibliche Blasenmicrobiota verändern, wie dies auch in der Vagina nachgewiesen wurde (10).
Ernährung und diätetische Massnahmen beeinflussen die Blasenmicrobiota ebenfalls. Hooton et al. wiesen nach, dass die Erhöhung der täglichen Flüssigkeitsaufnahme um 1.5 l die Inzidenz von wiederholten Blaseninfektionen reduziert (11). Andererseits scheint dies zu einer verstärkten Adhärenz von E. coli und E. faecalis an das Silicon von Katheterträgerinnen zu führen, indem ein antiadhäsiver Faktor im Urin verdünnt und damit schlechter wirksam wird (12). Ibuprufen zeigte im Vergleich mit Ciprofloxacin eine vergleichbare Wirkung zur Behandlung einer akuten Blaseninfektion (13). Studien zur Einnahme von Cranberrysaft zeigen uneinheitliche Resultate, während durch den Einsatz eines Präparates aus D-Mannose und Cranberrysaft die Adhäsion von Typ I-Fimbrien an Zelloberflächen verhindert und damit das Verbleiben der pathogenen Keime im Harntrakt erschwert wird (14). In einer randomisierten, placebokontrollierten Studie wurde ein pflanzliches Produkt mit Tropaeoli majoris herba (Kapuzinerkressenkraut) and Armoraciae rusticanae radix (Meerrettichwurzel) untersucht. Die darin enthaltenen Senföle weisen einen direkten antibakteriellen Effekt auf. Die Studie konnte zeigen, dass dieses pflanzliche Produkt wirksam ist in der Verhinderung von wiederholten Harnwegsinfektionen (15).

Optionen für die Zukunft

Im Bestreben, in Zukunft einen deutlich geringeren Einsatz von Antibiotikatherapien zu benötigen, ist das Verständnis des vaginalen und des Blasenmikrobiota von grosser Bedeutung. Empirische Erkenntnisse zur Entstehung und Prophylaxe von wiederholten Harnwegsinfektionen werden durch die Erkenntnisse der Micro-biotaforschung plötzlich in ihren Zusammenhängen verständlich. Die Wirksamkeit der Anwendung probiotischer Therapien bei Frauen mit rezidivierenden Harnwegsinfektionen konnte in ersten Studien mit intravaginaler Anwendung von Lactobacillenstämmen gezeigt werden (16). In Zukunft werden wir, anstatt des destruktiven Antibiotikaansatzes, die Kreation einer normalisierten Blasenmicrobiota anstreben, sei dies durch diätetische Massnahmen, pflanzliche, nicht Resistenz- generierende Wirkstoffe oder die Transplantation von synthetischen Blasenmicrobiota.
Viele Fragen sind noch zu beantworten. Welche Faktoren beeinflussen die ursprüngliche Kolonisation der Harnblase? Wie beeinflusst die wiederholte Anwendung von Antibiotika die Blasenmicrobiota-Zusammensetzung? Wie werden bakterielle Veränderungen angestossen, welche zu einem Anstieg von E-coli führen und Zystitisbeschwerden verursachen? Sollten wir im klinischen Alltag die 16s rRNA-Gensequenzierung anwenden, um das Microbiotaprofil zu identifizieren und wie verändert dies das Management von Blasenerkrankungen?

Prof. Dr. med. Gabriel Schär

Aarau

gabriel.schaer@usz.ch

Der Autor hat keine Interessenskonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

  • Urin ist nicht steril
  • Zum Mikrobiom gehören Bakterien, Eukaryoten (z.B. Pilze), Archaeen (zB. Methanobrevibacter smithii) und Viren
  • Mit der Sequenzierung der bakterienspezifischen Basensequenz 16s rRNA können Bakterien identifiziert und deren Spezies nach-gewiesen werden (= Microbiota)
  • Das Mikrobiom der Blase besitzt noch nicht komplett geklärte Schutzaufgaben. Eine Dysbiose kann Krankheiten der Blase aber auch von anderen Organen verursachen
  • Das zukünftige Therapieziel von Harnwegsinfektionen wird sein, pathogene Bakterien in ihrer Anzahl zu reduzieren und die Eubiose der Microbiota zu schützen

Literatur:
1. Wolfe AJ, Toh E, Shibata N, Rong R, Kenton K, Fitzgerald M, et al. Evidence of uncultivated bacteria in the adult female bladder. J Clin Microbiol. 2012;50(4):1376-83.
2. Fouts DE, Pieper R, Szpakowski S, Pohl H, Knoblach S, Suh MJ, et al. Integrated next-generation sequencing of 16S rDNA and metaproteomics differentiate the healthy urine microbiome from asymptomatic bacteriuria in neuropathic bladder associated with spinal cord injury. J Transl Med. 2012;10:174.
3. van Nood E, Vrieze A, Nieuwdorp M, Fuentes S, Zoetendal EG, de Vos WM, et al. Duodenal infusion of donor feces for recurrent Clostridium difficile. N Engl J Med. 2013;368(5):407-15.
4. Cryan JF, O’Mahony SM. The microbiome-gut-brain axis: from bowel to behavior. Neurogastroenterol Motil. 2011;23(3):187-92.
5. Nicolle LE, Zhanel GG, Harding GK. Microbiological outcomes in women with diabetes and untreated asymptomatic bacteriuria. World J Urol. 2006;24(1):61-5.
6. Pearce MM, Hilt EE, Rosenfeld AB, Zilliox MJ, Thomas-White K, Fok C, et al. The female urinary microbiome: a comparison of women with and without urgency urinary incontinence. MBio. 2014;5(4):e01283-14.
7. Pearce MM, Zilliox MJ, Rosenfeld AB, Thomas-White KJ, Richter HE, Nager CW, et al. The female urinary microbiome in urgency urinary incontinence. Am J Obstet Gynecol. 2015;213(3):347 e1-11.
8. Thomas-White K, Forster SC, Kumar N, Van Kuiken M, Putonti C, Stares MD, et al. Culturing of female bladder bacteria reveals an interconnected urogenital microbiota. Nat Commun. 2018;9(1):1557.
9. Whiteside SA, Razvi H, Dave S, Reid G, Burton JP. The microbiome of the urinary tract–a role beyond infection. Nat Rev Urol. 2015;12(2):81-90.
10. Gupta K, Hillier SL, Hooton TM, Roberts PL, Stamm WE. Effects of contraceptive method on the vaginal microbial flora: a prospective evaluation. J Infect Dis. 2000;181(2):595-601.
11. Hooton TM, Vecchio M, Iroz A, Tack I, Dornic Q, Seksek I, et al. Effect of Increased Daily Water Intake in Premenopausal Women With Recurrent Urinary Tract Infections: A Randomized Clinical Trial. JAMA Intern Med. 2018;178(11):1509-15.
12. Habash MB, Van der Mei HC, Busscher HJ, Reid G. The effect of water, ascorbic acid, and cranberry derived supplementation on human urine and uropathogen adhesion to silicone rubber. Can J Microbiol. 1999;45(8):691-4.
13. Bleidorn J, Gagyor I, Kochen MM, Wegscheider K, Hummers-Pradier E. Symptomatic treatment (ibuprofen) or antibiotics (ciprofloxacin) for uncomplicated urinary tract infection?–results of a randomized controlled pilot trial. BMC Med. 2010;8:30.
14. Scharenberg M, Schwardt O, Rabbani S, Ernst B. Target Selectivity of FimH Antagonists. J Med Chem. 2012;55(22):9810-6.
15. Albrecht U, Goos KH, Schneider B. A randomised, double-blind, placebo-controlled trial of a herbal medicinal product containing Tropaeoli majoris herba (Nasturtium) and Armoraciae rusticanae radix (Horseradish) for the prophylactic treatment of patients with chronically recurrent lower urinary tract infections. Curr Med Res Opin. 2007;23(10):2415-22.
16. Stapleton AE, Au-Yeung M, Hooton ™, Fredricks DN, Roberts PL, Czaja CA, et al. Randomized, placebo-controlled phase 2 trial of a Lactobacillus crispatus probiotic given intravaginally for prevention of recurrent urinary tract infection. Clin Infect Dis. 2011; 52 (10): 1212-7.

Harnwegsinfektionen

Betroffen von Harnwegsinfektionen sind vor allem Kinder, junge, sexuell aktive Personen, Schwangere, peri- und postmenopausale Frauen, ältere Männer (Prostata) und katheterisierte Patienten, stellte Frau Dr. Colette Andrée, Basel, an der Herbsttagung der SGGG in Näfels fest.

The predisposing factors for a urinary tract infection are the female sex, every second woman has minimal bladder infection in life. The anatomical proximity to the genital anal region, sexual activity (honeymoon cystitis), birth, menopause, inadequate intimate care and cold are predisposing risk factors in women. In pregnant women, children and men there are urinary tract disorders (functional, anatomical,
neurological), prostate adenoma, urethral stenosis, phimosis, malformations (VUA: vesicoureteral reflux), urethral valve, neuromuscular, functional obstruction.
The main pathogens classified by relevance are E. coli (76.3%, S. saprophyticus (3.6%), K. pneumoniae (3.5%), P. mirabilis (3.1%), E. faecalis (3.0%), Citrobacter (1%). ), Enterobacter (0.8%), P. aeroginosa (0.2%), other Enterobacteriaceae (4.4%), other G + (3.7%)
.Symptoms are more common in urine elimination day and night, reddish cloudy, unpleasant-smelling urine , unwanted loss of urine, burning when urinating, pain in the lower abdomen, no vaginal itching or discharge, pain in the kidney and fever, according to the referee.On
the anamnesis there are asymptomatic bacteriuria, acute cystitis, and acute and chronic pyelonephritis.

diagnostics

The urinary tract infection diagnosis includes the history
(symptoms and risk factors …), physical examination (whole-body status, tender kidney disease, suprapubic pressure, RR). Laboratory examination (urine status, urine culture with antibiogram, BB, CRP, BSG), imaging (sonography, X-ray, scintigraphy, CT). Acute cystitis is characterized by lower UTI without kidney involvement, uncomplicated UTI. It affects 10-20% of all women. The germs come from the intestine via the urethra into the bladder. Symptoms include pollakisuria, dysuria, urgency and convulsive bladder contractions (Bladder Esmen).
The further procedure after questioning includes a urine test. Possible statements of the test are: increased protein value speaks for an inflammation of the kidneys, ketone and sugar correspond to increased sugar values, leucocytes and nitrite speak for a bacterial infection.

differential diagnosis

Alternatively, it could be inflammation of the vagina or inflammation of the urethra, complicated bladder infection, hyperactive bladder, or inflammation of the prostate gland.
Red flags are men, kidney pain, plus fever, back pain, flank pain, nausea and vomiting. These symptoms should be specifically queried, the speaker emphasized.

therapy considerations

Wie stark sind die Beschwerden? Genügt eine alternativmedizinische Therapie? Genügt eine antientzündliche Therapie? Begleitende Schmerztherapie? Muss ein Antibiotikum verordnet werden? Handelt es sich m eine unkomplizierte Zystitis so sind die Rezidive meist auch auf die Harnblase begrenzt.

Leitfaden für die Behandlung des unkomplizierten Harnwegsinfekts

In 25-42% verschwinden die Beschwerden auch ohne Antibiotika. Antibiotisch behandeln senkt das Risiko, dass die Infektion erneut auftritt. Geeignetes Antibiotikum – Kriterien für die Auswahl sind: Individuelles Risiko des Patienten, bereits Antibiotika zuvor eingenommen? gegen bestimmte Antibiotika allergisch? Effektivität der antimikrobiellen Substanz, epidemiologische Auswirkungen, Nebenwirkungen.

Schwere Nierenbecken-Infektionen

Stationäre Aufnahme des Patienten. Ausreichende Flüssigkeitszufuhr und Bettruhe. Analgetika/Antipyretika. Ciprafloxactin und Levofloxactin oder Cephalosporine, Penicilline oder Betalactam-Antibiotika in Form von Injektionen oder Infusionen während
3 Tagen, dann falls möglich oral. Dauer der Antibiose bis 14 Tage.
3 Tage nach Absetzen der Antibiose erneute Urinkultur.

Antibiotika-Resistenzen

If we do not act today – we don’t cure tomorrow (WHO)
In der EU ereignen sich aktuell etwa 25 000 Todesfälle aufgrund von Resistenzen. Bis im Jahre 2050 werden Resistenzen eine häufigere Todesursache sein als Krebs, so eine Schätzung. In der Schweiz haben sich die Resistenzen auf Cephalosporin und Fluorochinolone bei E.coli seit 2004 ungefähr verdreifacht.
Gesundkeitspolitische Strategien von BAG (STAR), der EU Commission und der WHO sind

  • Entwicklung neuer Antibiotika
  • Sachgemässer Einsatz von Antibbiotika
  • Alternative Therapieansätze (Tab. 1)

Bei Schwangeren besteht ein erhöhtes Risiko von Fehlgeburten, Schwangerschaftsvergiftung, und verringertem Geburtsgewicht, daher sollte immer die für das Kind ungefährlichste Therapie gewählt werden. Dies sind Penicilline, Cephalosporine, Fosfomycin. Die Patientin sollte jeweils in das Krankenhaus überwiesen werden.
Antibiotika – Wahl und Dauer ein Dogmawechsel
Statt Chinolone empirische Therapie mit Ceftriaxon. Bei Chinolon-sensiblen Erregern eine kürzere Therapie: Ciprofloxacin 2 x 500 mg während 7 Tagen/statt 24 Tagen). Levofloxacin 1 x 750 mg während 5 Tagen statt Ciprofloxacin 2 x 500 mg oral während 10 Tagen.

Alternativen

D-Mannose
Unterstützende Massnahmen sind D-Mannose, Ansäuerung, Schaukeltherapie und orale Impfstoffe. D-Mannose wirkt durch Täuschung. Es bietet falsche «schwimmende» Rezeptoren an, bindet an Adhesin der Fimbrien und besetzt dadurch die Bindungsstellen an D-Mannose auf der Zelloberfläche. Dadurch wird die Andockung an die «festsitzende« D-Mannose verhindert. E-coli bleiben damit schwimmend im Urin. Beim Wasserlösen werden diese inaktivierten E. coli ausgeschwemmt.
Das Therapieschema beinhaltet: 2 g optimal dosiert. Die Wirkung tritt bereits nach der ersten Einnahme ein.
Die Akutbehandlung umfasst 3 mal tgl 2 g während 3 Tagen, morgens mittags, vor dem Schafengehen. anschliessend 2 mal täglich 2 g an 2 Tagen.
Zur Prophylaxe 1 mal täglich 2 g vor dem Schlafengehen, Kontrollcheck nach 1 Monat.
D-Mannose ist ein in der Natur vorkommender Einfachzucker, ein Epimer der Glucose. Sie wird kaum resorbiert, wird unverändert mit dem Urin ausgeschieden und damit in der Blase angereichert.
D-Mannnose beeinflusst weder die Kalorienbilanz, noch den Blutzucker. Sie kann auch von Patienten mit Diabetes nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt eingenommen werden. Die Vorteile der D-Mannose sind: natürliches Mittel, was von vielen Betroffenen als Alternative gewünscht wird. Die Therapie mit D-Mannose ist schonend. Sie geht mit deutlich weniger Nebenwirkungen einher und zeigt keine Resistenzentwicklung. D-Mannose kann akut und prophylaktisch eingesetzt werden. Sie kann im Gegensatz zu Nieren-Blasenprodukten über längere Zeit bedenkenlos eingenommen werden. Zudem ist sie gut kombinierbar mit andern Produkten, so die Referentin.

Phytotherapie
Sie umfasst Bärentraubenblätter, Birkenblätter, Goldrutenkraut.
Bärentraubenblätter wirken durch den Hauptwirkstoff Arbutin desinfizierend und im Harn antibakteriell (max. 1 Woche 5 x /Jahr). Die darin enthaltenen Gerbstoffe unterstützen diesen Effekt. Birkenblätter enthalten Flavonoide, die die Harnmenge erhöhen und die Durchströmung der Harnwege steigern. Dies führt zur vermehrten Wasserausscheidung ohne das Nierengewebe zu reizen. Goldrutenkraut wirkt harntreibend, hemmt Entzündungen und löst leichte Krämpfe. Es si ideal für eine Durchspülungstherapie.
Standardisierte E. coli Extrakte (Urovaxom®) sollen das Immunsystem stimulieren. Sie gehören in die Kategorie der «oralen Impfstoffe». Bei einem schwachen Immunsystem ist Vorsicht geboten.
Weitere Optionen sind Senföle, Kapuzinerkresse, Meerretich ….

Schaukeltherapie
Die Idee hinter dieser Therapie ist, dass Erreger nur bei einem bestimmten pH-Wert gedeihen. Die Behandlung besteht aus einem Tag Urin ansäuern (z.B. mit Methionin) und am nächsten Tag mit einer Basenmischung basisch machen. Dies während 10 Tagen. Ein weiterer Effekt ist, dass bei Mischinfektionen Erreger mit unterschiedlichen pH-Vorlieben angegriffen werden.

Behandlung der akuten unkomplizierten Blasenentzündung
Zur Behandlung der akuten, unkomplizierten Blasenentzündung schlägt die Referentin vor: D-Mannose (z.B. Femannose®N), Bärentraubenblätter Präparat, Ibuprofen (z.B. Dolocyl® 400 mg 1-1-1/3 Tage), krampflösende Medikamente, Nieren- und Blasendragées/Tee.

Quintessenz

  • Harnwegsinfektionen gehören zu den häufigsten Beratungsanlässen
  • Begünstigende Fakroten bilden die Grundlage für die diagnostische und therapeutische Entscheidung
  • Teststreifen und Bestimmung der Entzündungsparameter stellen eine einfache und aussagekräftige Diagnostik dar
  • Verminderung des Risikos Resistenzen zu entwickeln
    • Antibiotikatherapien mit kürzerem Zeitraum
  • Therapieende flexibel gestalten (z.B. 2-3 Tage nach Entfieberung)
  • Unterstützende Massnahmen: Vorschlad D-Mannose (z.B. Femannose*N)
    • im Akutfall
    • zur Prophylaxe
Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

Source: 21st Congress for practical gynecology and obstetrics, Näfels, 8./9.11.2018

Gynäkologische Infektionen Teil 1

Mitarbeiter der Klinik für Gynäkologie und der Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene des Universitätsspitals Zürich führten unter dem Vorsitz von Prof. Dr. med. Daniel Fink, Direktor der Klinik für Gynäkologie am 4.4.2019 ein Symposium über gynäkologische Infektionen durch.

Prof. Daniel Fink

Symptomatische Infektionen des äusseren und des inneren Genitales gehören zu den häufigsten Gründen, die zu einer ausserplanmässigen Vorstellung in der Praxis führen», stellte Prof. Fink bei der Begrüssung und Einführung zum Symposium fest. Mancher Erreger kann dabei gleich im Nativpräparat festgestellt werden, was die unmittelbare Einleitung einer geeigneten Therapie ermöglicht. Die Untersuchung des Nativpräparates, nicht zwingend behandlungsbedürftige, sowie weniger alltägliche und hartnäckige urogynäkologisch relevante Keime, die korrekte Indikation zur Durchführung laborchemischer Untersuchungen zur Diagnostik und zur Beurteilung des Therapieansprechens, sowie ein Einblick in die neueren Therapie-
möglichkeiten vaginaler Infektionen waren weitere Themen des Symposiums.

Phasenkontrastmikroskopie: «Refresher» Nativpräparat

Dr. Ioannis Dedes

Die Technik und die Möglichkeiten der Phasenkontrastmikroskopie erläuterte Dr. med. Ioannis Dedes, Klinik für Gynäkologie USZ. In einer 400x Vergrösserung kann man Plattenepithelzellen, sehen, die Zellreife, Zelllyse und Hormonzyklus beurteilen, Nichtepithelzellen, Bakterien, Fremdzellen und Aliens erkennen.
Zu beachten ist in der Phasenkontrastmikroskopie dass die Phasenkontrastblende mit dem Objektiv abgeglichen wird (bei der standardmässigen 400  x Vergrösserung entspricht einem 40  x Objektiv mit der Ph2 Blende) und dünne, ungefärbte Präparate verwendet werden. Die Betrachtung sollte innerhalb von 10 bis max. 20 min nach Ausstreichen des Präparates erfolgen. In der Betrachtung sind stets die 4 Komponenten zu analysieren: Plattenepithelzellen (Zellreife, Zelllyse); Nichtepithelzellen (Leukozyten, Erythrozyten und Zylinderepithel); Bakterien (Clue-cells, Laktobazillen, Kokken/Stäbchen) und Fremdzellen/Aliens (Candida Trichomonas, Sperma, Wurmeier, Fasern etc.) Wir können somit 2/3 der vaginalen Infektionen anhand der Nativ-Mikroskopie (Phasenkontrastmikroskopie inklusive pH- und Amin-Test) der geschilderten Beschwerden und der in der Vaginaluntersuchung erhobenen lokalen Befunden diagnostizieren. (Candidiasis und Bakterielle Vaginose/Desquamative exfoliative Vaginitis, weniger häufig Trichonomaden)
Die Akkuranz der jeweiligen Untersuchungsparameter wurde im JAMA unter derRubrik «The rational clinical examination» 2004 publiziert (Anderson MR, Evaluation of vaginal complaints, JAMA. 2004 Mar 17;291(11):1368-79):
Candidiasis: pH < 4.5: Sensitivität 71%, Spezifität 98%. Amintest negativ. Pilzelemente: Sensitivität 61%, Spezifität 90%.
Bakterielle Vaginose: pH > 5: Sensitivität 77%, Spezifität 35%, Amintest: Sensitivität 67%, Amsel: Sensitivität 92%, Spezifität 77%. (Cave: Bis 37% Begleitinfektionen, dadurch Minderung der Sensitivität).
Trichonomaden: pH > 5.4: Sensitivität 92%, Spezifität 51%. Amintest Sensitivität 67%, Trichom. Sensitivität 50-70%, Spezifität 100%.

Symptom Ausfluss und rezidivierende urogynäkologische Infektionen

PD Dr. Cornelia Betschart

Dysurie bei negativem Mittelstrahl, verschiedene Therapien frustran, veränderter Fluor, kein Pilz, Chlamydien und Gonokokken negativ (in 70% der PID, «pelvic inflammatory disease»- Fälle wird kein Erreger gefunden), diffuse Bauchschmerzen sind die Charakteristika von NCNG Infekten (nicht Chlamydien, nicht Gonokokken) stellte PD Dr. med. Cornelia Betschart, Klinik für Gynäkologie USZ, eingangs fest. Der phylogenetische Stammbaum der Mykoplasmataceae umfasst mehr als 200 Mykoplasma Species, davon
6 Humanpathogene: M. genitalium, M. hominis, M. fermentas, M. pneumoniae, Ureaplasma urealyticum, Ureaplasma parvum.
M. genitalium: Nicht-Chlamydien Nicht-Gonokokken genitale Infekte (NCNGU/V/C). Sie sind asymptomatisch (42%), oder begleitet von Dysurie und diffusen Unterbauchschmerzen, vaginalem Jucken und Sterilität. Weitere Keime/Begleitkeime sind Mykoplasma hominis, Ureaplasma urealyticum, Ureaplasma parvum.
Mykoplasma genitalium ist das kleinste humanpathogene Bakterium mit 580,070 Basenpaaren (580 kbp). Es besitzt keine Zellwand und ist in der Gram-Färbung nicht sichtbar. Isolate stammen aus Respirationstrakt, Gelenkflüssigkeit oder dem Urogenitaltrakt. Pathogen: Urogenitaltrakt (Urethra/ Vagina), sexuell übertragbar, Toxine, H2O2.
Medizinische Konstellationen zu M. genitalium: In 15% der Frauen mit PID («pelvic inflammatory disease»). Die Inzidenz der post-abruptio PID ist bei den M. genitalium positiven Frauen mit Abruptiones höher (12.2% vs. 2.4%, odds ratio 6.29).
Tubarer Faktor Sterilität: 50% der Erreger sind nicht bekannt. M.genitalium IgG häufiger positiv bei Frauen in Paaren in der Sterilitätsberatung (5.48%) als bei Frauen ohne Sterilität (1.6%).
Soll M. genitalium als Zufallsbefund behandelt werden? Die Bedeutung von M. genitalium bei PID wurde in einer prospektiven Studie an 2246 sexuell aktiven College Studentinnen untersucht. Die Prävalenz betrug 3.3% (alle asymptomatisch). Trägerinnen von M. genitalium hatten im Verlauf eines Jahres knapp dreimal häufiger eine PID.
Die Therapie besteht aus Azithromycin 1 g, Einmaldosis. Heilungsrate 77%. 100-fach höhere Aktivität gegen Mykoplasmen als Tetrazykline (45%), Cindamycin oder Chinolone. Resistenztestung kommerziell nicht möglich. 2. Wahl ist Moxifloxacin. Behandlung der Sexualpartner bis 60 Tage zurückliegend. Penicilline oder Beta-Lactame ohne Wirkung, da keine Zellwand. Zukunft: Solithromycin (Fluoroketolid).

Prävalenz anderer kleiner Keime?
Mykoplasma hominis (sexuell aktive Frauen 20%), Ureaplasma parvum (sexuell aktive Frauen 40%), Ureaplasma urealyticum (sexuell aktive Frauen bis 20 –(90)%). Postpartum sind viele vaginal geborene Kinder bis zum Alter von 3 Monaten kolonalisiert.

Blasenmikrobiom
Das Blasenmikrobiom umfasst 102 – 105 cfu/ml Urin. Es sind 1-12 Species vorhanden: Lactobacillus, Gardnerella, Streptokokken, Staphylokokken, Corynebakterien, aber nicht E. coli. Immuntherapien verändern das Mikrobiom, was zu rezidivierenden Harnwegsinfekten (HWI) führen kann.

Was tun, wenn als Zufallsbefund gefunden?
Das Trägertum ist häufig und die meisten Träger entwickeln keine Pathologie. Mit der Kommerzialisierung von «multiplex PCR» werden häufiger Trägerkeime diagnostiziert. Ureaplasma urealyticum bei Männern mit Urethritis, wahrscheinlich nur bei hoher Erregerlast. Immer sollte auf N. gonorrheae, C. trachomatis, M. genitalium (Doxicyclin) getestet werden. Bei der Behandlung gibt es keine Evidenz für «more good than harm» (Resistenzlage). Es bleibt die Frage nach den Gesundheitskosten bei ungenügender Evidenz.

Schwangerschaft
Mykoplasma und Ureaplasma spp. assoziiert mit Chorioamnionitis. Die Frühgeburtsrate ist erhöht. Falls in Amniocentese entdeckt, stellt sich die Frage nach der Frühgeburtlichkeit. Bei IVF Paaren gibt es keine Unterschiede in der Schwangerschaftsrate. Die Therapie von M. genitalium erfolgt mit Azithromcyin. 1g p.p.. Erythromycin (bei vorzeitigem Blasensprung). Antibiotika haben anti-inflammatorische Wirkung. Die Verbesserung des Schwangerschaftsoutcomes ist grösser als die Wirkung der Erregerirradikation.

Fazit
Sind M. genitalium die «neuen Chlamydien»? kleine Bakterien mit grosser Wirkung: Urethritis, PID, Sterilität, ev. Aborte und Frühgeburten. Symptome: nihil 42% bei M. genitalium, andere species noch höher asymptomatisch. Nicht-spezifische Symptome wie Dysurie, «pelvic dyscomfort», vaginales Jucken.
Therapie bei M. genitalium, inkl. Partnertherapie, Azithromycin 1 g. M. hominis, Ureaplasmen: unklar, ob primäre Pathogenese oder Begleitkeime. Zurückhaltung mit Antibiose – Schwangerschaft ja bei Frühgeburtsbestrebungen Fluomicin/lokale Therapie keine Evidenz.

Rezidivierende und persistierende vulvovaginale Infektionen

Zu Infektionen, die man erkennt und erkennt, Infektionen, die man kennt aber nicht erkennt, Infektionen, die man kennt , aber nie/nur selten sieht, Infektionen, an die man nie denkt , solche, die man nicht mal kennt und solche, die gar keine Infektionen sind, äusserte sich Frau Dr. med. Inessa Diomande, Oberärztin der Klinik für Gynäkologie.
Zu den Infektionen, die man kennt und erkennt zählen die Pilzinfektionen: Candida Die viralen Infektionen: Genitalherpes, Herpes Zoster, HPV-assoziierte Infektionen- Condylomata acuminata
Bakterielle Infektionen: Aminvaginose, aerobe Vaginitis, Follikulitis, Bartholinidrüsen Abszess.
Parasiten: Trichonomaden

Dr. I. Diomande

Fallvignette 1: 38-jährige Patientin mit Brennen und Juckreiz seit 6 Monaten. Gyneprevaryl, Gynecanestin, Mycolog bereits erfolglos ausprobiert. Auftreten insbesondere prämenstruell.
Von einer rezidivierenden Candida spricht man bei mehr als 4 Infekten pro Jahr. Candida albicans gehört zur normalen mikrobiellen Flora von Epithelzellen. Eine Therapie erfolgt nur bei Symptomatik. Bei chronischer Erkrankung gibt es keine kausale Therapie. Suppressive Therapie wie bei allen chronischen Erkrankungen.
Rezidivierende Candida-Therapie: Initial Fluconazol 150mg alle 72h, Fluconazol 150mg 1 x /Woche oder Imidazol lokal tgl. während 10 Tagen, dann prämenstruell 3-5 Tage. Keine Gefahr von Resistenzen, kein GV-Verbot bei P.O., keine Partnertherapie, zuckerfreie Diät und Probiotika bringen nichts, Komb. OH Stopp für 6 Monate →Wechsel auf POP
Fallvignette 2: Blickdiagnose. Herpes Simplex Virus Sicherung bei primärer Infektion mittels PCR. Kultur ergibt nur 50% Sensitivität.
Genitalherpestherapie: Supportive Care , Lidocain 5%, chronisch suppressive Therapie (1-6 Rezidive/Jahr), sporadische Therapie (bei ersten Prodromi).
Suppressive Therapie: Acyclovir 400mg
1-0-1, Famciclovir 250mg 1-0-1, Vlacyclovir 500mg 1-0-0 (während 6-12 Monaten).
Sporadische Therapie: Acyclovir 5 x 200mg alle 4h während 5 Tagen, Famiciclovir 125mg 1-0-1, 5 Tage, Valacyclovir 500mg 1-0-1, 5 Tage.
Strategien zur Transmissionsreduktion: selektive Abstinenz während Prodromi, selektive Abstinenz während Rezidiven, Kondome (-30%), antivirale Suppression, Transparenz.
Fallvignette 3: 27 jährige Patientin. Zuweisung aufgrund therapieresistenter Infekte seit einem Jahr, übel riechender Fluor. Therapien: lokale Antimykotika, Fluconazol, Fluomizin, Deumavan, Betnovate. Abklärung bezüglich Wurmeier im Stuhl negativ. Schlafstörungen bei psychosozialer Überlastung und Angststörung, in psych. Behandlung (Temesta I.R.).
Bakterielle (anaerobe) Vaginose-Therapie:
Amsel-Kriterien: Dünner, homogener, milchiger Ausfluss, pH >4.5, KOH positiv, Clue Cells (>20%). Präoperativ stets behandeln: Reduktion der postoperativen Infektionen, v.a. bei Aborten und HE bis zu 70%. Abhängig von GV-Häufigkeit.
Metronidazol 2g Tag 1/3, 1g 7 Tage p.o., Flagyl Ovula 500 mg 10 Tage, Clindamycin300 mg 1-0-1- 7 Tage, Dalacin V2%, 7 Tage, kaum Evidenz für Probiotika. Trichonomaden: 0-4% aller Frauen sind infiziert. Es ist anzunehmen, dass dies häufig verpasst wird (30-40%). PCR ist die effizienteste Methode der Diagnostik. Cave Antabuseffekt, Partnertherapie indiziert! Behandlung mit Metronidazol 2 g p.o., Einmaldosis (Rezidive: Tinidazol und Metronidazol während 1 Woche). Während Schwangerschaft kann Metronidazol gegeben werden.
Fallvignette 4: Zuweisung aufgrund von Schmerzen vaginal, Dyspareunie und vermehrt Fluor seit 8 Monaten.
Therapien: Lokale Antimykotika, Deumavan, Betnovate. Kulturergebnisse: Beta-hämol. Streptokokken Gr. A. (Streptococcus pyogenes) reichlich, Beta-hämolyt. Streptokokken Gr. B (Streptococcus agalactiae) reichlich. Rezividierende und persistierende vulvovaginale Infektion.
Aerobe Vaginitis
Erkennen in der Schwangerschaft: Chorioamnionitis, PPROM, Frühgeburt. Assoziation mit Zervixdysplasie. Therapie lokal Clindamycin V 2%, Hydrocortison 10% (Alfacorten Salbe) 4-6 Wochen. Alternativen: Tacrolimus 0.03%, Clobetazol 0.05% 1-0-1.

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

Quelle: Symposium «Gynäkologische Infektionen» organisiert durch die Klinik für Gynäkologie am USZ, 4. April 2019.

Update Osteoporose

Im Rahmen der Donnerstagskonferenz (DOKO) des Universitätsspitals Basel sprach Prof. Dr. med. Christian Meier, Basel, über die Therapie der Osteoporose. Zur Behandlung der Osteoporose steht heute eine breite Palette von Medikamenten mit unterschiedlichen Wirkmechanismen zur Verfügung. Trotz einer hohen Inzidenz Osteoporose-bedingter Knochenbrüche werden auch in der Schweiz gerade Hochrisikopatienten zu selten behandelt. Man spricht gar von einer «crisis of osteoporosis», wie der Referent anmerkte. Gelingt es, Unsicherheiten bezüglich der Therapie (z.B. Nebenwirkungen, Therapiedauer, Management nach Therapieende) auszuräumen, kann dies die Akzeptanz einer Osteoporose-Therapie deutlich verbessern.

Charakteristische Kennzeichen einer Osteoporose sind eine fortschreitende Verminderung der Knochendichte (BMD, bone mineral density) und eine Veränderung der Knochenarchitektur, was sich klinisch in einem erhöhten Risiko für Knochenbrüche zeigt.
Eine medikamentöse Behandlung der Osteoporose wird angestrebt, wenn die Patienten bereits eine Wirbel- oder proximale Femurfraktur erlitten haben, nach peripheren Frakturen infolge nur geringfügiger Traumata, nach dem Befund eines erhöhten Frakturrisikos mittels FRAX® (Fracture Risk Assessment Tool, WHO) und auch ohne Fraktur bei Feststellung eines erhöhten 10-Jahres-Frakturrisikos oder eines T-Scores (Lendenwirbelsäule oder Femur) von < - 2.5 (1).

Antiresorptive Behandlung

Zur antiresorptiven Behandlung werden zum einen Bisphosphonate eingesetzt. Bisphosphonate akkumulieren im Knochen und werden im Rahmen des Knochenumbaus freigesetzt, von Osteoklasten aufgenommen und hemmen deren Aktivität. Gerade neuere Vertreter der Bisphosphonate wie Alendronat oder Zoledronat zeichnen sich durch eine sehr hohe Affinität für den Knochen aus, was mit dem Vorteil einer ausgesprochen dauerhaften Langzeitwirkung einhergeht. Die Bisphosphonate sind die einzigen Medikamente zur Behandlung der Osteoporose, deren Wirkung deutlich über den Anwendungszeitraum hinaus anhält.
Denosumab, ein monoklonaler Antikörper, bindet RANKL (Receptor Activator of NF-κB Ligand), ein Protein, das Entwicklung, Funktion und Überleben von Osteoklasten sicherstellt und damit die Knochenresorption fördert. Denosumab erhöht die Knochendichte was sich in einer anhaltenden Reduktion des Frakturrisikos bei postmenopausalen Frauen gezeigt hat (2). Denosumab wird alle 6 Monaten subkutan appliziert, die Wirkung bleibt jedoch nur für die Dauer der Therapie bestehen. Ein Jahr nach Absetzen geht die Knochendichte wieder auf den Ausgangswert vor der Behandlung zurück (Rebound-Effekt). Bei gewissen Patienten (z.B. Frakturen vor Denosumab-Behandlung, keine Vorbehandlung, sehr geringe Knochendichte) steigt das Frakturrisiko nach einer Denosumab-Behandlung deutlich an. In seltenen Fällen kann es sowohl unter Bisphosphonaten als auch unter Denosumab zu einer Kiefer-Osteonekrose oder atypischen Femurfrakturen kommen.

Anabol wirkende Therapeutika

Teriparatid, ein Analogon des Parathormons, verstärkt die Knochenneubildung. Teriparatid wird bei Patienten nach Osteoporose bedingten Frakturen oder bei Glukokortikoid-induzierter Osteoporose mit ungenügendem Ansprechen auf andere Therapien zur Zweitlinienbehandlung eingesetzt. Im Vergleich mit Risedronat hat sich mit der anabolen Therapie bei schwerer Osteoporose eine deutliche Reduktion der Inzidenz vertebraler Frakturen gezeigt (3). Die überlegene Wirkung von Teriparatid wurde auch bei behandlungsnaiven Patienten deutlich, was für eine Erweiterung der Zulassung auch für die Erstlinientherapie spricht.
Romosozumab (bisher nur in Japan zugelassen) bindet das Protein Sklerostin, welches die Aktivität der Osteoblasten hemmt. Mit der Inhibition von Sklerostin stimuliert der monoklonale Antikörper die Knochenformation. Interessanterweise wird (im Gegensatz zu Teriparatid) auch die Knochenresorption gehemmt. Dies führt zu einer ausgeprägt starken anabolen Wirkung am Knochen mit einer Akkumulation neuegebildetem Knochens. Bei guter Verträglichkeit konnte mit Romosozumab (210 mg/Monat) eine Zunahme der Knochendichte der Lendenwirbelsäule nach 12 Monaten um 11.3% (verglichen mit Placebo - 0.1%, Alendronat + 4.1%, Teriparatid +7.1%) erreicht werden (4). Auch nach Absetzen von Romosozumab kommt es wieder zu einer Abnahme der Knochendichte.

Individualisierte Therapie der Osteoporose

Empfohlen wird eine individualisierte Osteoporosetherapie. Die Behandlung richtet sich nach der klinischen Beurteilung (Frakturrisiko, Alter etc.), der Wirksamkeit und Sicherheit der Therapeutika, den Kosten und der Patientenpräferenz. Letztere spielt für den Alltag häufig die grösste Rolle, wie der Referent betonte.
Orale Bisphosponate werden initial für 5 Jahre, intravenös verabreichte für 3 Jahre gegeben, für Denosumab liegt die Behandlungsdauer zunächst bei 4-5 Jahren (siehe Abb. 1). Bei niedrigem bis moderatem Risiko kann die Behandlung mit Bisphophonaten für 2-3 Jahre unterbrochen und die Situation dann reevaluiert werden. Bei abnehmender Knochendichte oder einer Fraktur kann die Behandlung wieder aufgenommen werden. In diesem Risikobereich kann bei Erreichen einer Normalisierung der BMD mit einer Denosumab-Therapie der monoklonale Antikörper abgesetzt werden, zwingend ist aber eine sequenzielle Therapie mit einem Bisphosphonat notwendig, um den Rebound-Effekt mit gesteigertem Knochenmassenverlust zu verhindern.

Bei hohem Frakturrisiko können Bisphosphonate sowie Denosumab nach Abwägen von Nutzen und Risiko auch länger angewandt werden. Alternativ kann nach einer Bisphosphonattherapie auch eine sequenzielle Therapie mit Denosumab oder Teriparatid in Erwägung gezogen werden. In einer Hochrisikosituation könnte auch eine Kombinationstherapie von Denosumab mit Teriparatid sinnvoll sein.
Die Anwendung von Teriparatid ist auf 24 Monate beschränkt. Auch hier sollte nach der Teriparatid-Therapie sequenziell mit einem Bisphophonat behandelt werden.
Besonders Patienten mit schwerer Osteoporose und hohem Frakturrisiko profitieren von einer sequenziellen Behandlung, beginnend mit einer Knochen aufbauenden Therapie (5).

Quelle: Prof. Dr. med. Christian Meier: Update Osteoporose: wie und wie lange behandeln? Donnerstagskonferenz am 23.3.2019; Fortbildungsreihe des Bereichs Medizin des Universitätsspitals Basel.

Dr. Ines Böhm

Quelle: Prof. Dr. med. Christian Meier: Update Osteoporose: wie und wie lange behandeln? Donnerstagskonferenz am 23.3.2019; Fortbildungsreihe des Bereichs Medizin des Universitätsspitals Basel.

Unsere neue info@ONCO-SUISSE

Allen Leserinnen und Lesern wünschen wir ein gesundes glückliches Jahr 2022! Wir freuen uns sehr, Ihnen die erste Ausgabe von «info@ONCO-SUISSE» vorzulegen und danken allen, die mitgeholfen haben, das Zusammengehen von «info@onkologie» mit dem «Schweizer Krebsbulletin» möglich zu machen. Noch bremst uns die Coronapandemie, doch wir hoffen, auch bald wieder Redaktionssitzungen rund um einen Tisch abhalten zu dürfen, wie dies für eine gute Redaktionskultur unerlässlich ist.
Die bewährte Fortbildung der bisherigen «info@onkologie» führen wir in Studienzusammenfassungen und Beiträgen renommierter KollegInnen fort – und haben hierbei im Team der Editoren neue Unterstützung: Dr. med. Silvia Hofer und Prof. Oliver Gautschi helfen nun mit, die besten Themen zu finden und umzusetzen, während Prof. Beat Thürlimann und Prof. Christoph Renner sich im Journal Watch engagieren.

Gleichzeitig ist «info@ONCO-SUISSE» als offizielle Kommunikationsplattform der ONCOSUISSE unser neues Organ und Forum aller beteiligten Gesellschaften und Verbände. Das aktuelle Heft ist also die Erstausgabe dieser neuen gemeinsamen Aufgabe. Soweit zumindest unser Ziel, zu dem wir alle Beteiligten um Ihre Mitarbeit bitten. Nutzen Sie die Gelegenheit, Ihre Aktivitäten, Diskussionsbeiträge, aber auch Personalien, Preise oder Termine print und online mitteilen zu können!

In diesem Sinne wollen wir in unserer neuen «info@ONCO-SUISSE» neben aktuellen Fortbildungsbeiträgen, Journal Watch, Presse-corner insbesondere auch Mitteilungen zu den Aktivitäten der vielseitigen Fachverbände und die nationalen Aktivitäten der Oncosuisse unseren Lesern vermitteln.

Korrekte Einnahme von Medikamenten

Interaktionen von Nahrungsaufnahme mit Medikamenten treten auf wegen der Nahrungsaufnahme per se, wegen spezifischer Komponenten in der Nahrung, aber auch wegen der galenischen Form der verabreichten Medikamente. In diesem Artikel werde ich mich mit der Wahl der galenischen Formulierung in Bezug auf Nahrungsaufnahme sowie mit Interaktionen von Arzneistoffen mit Nahrungsaufnahme und Nahrungsbestandteilen befassen.

Abstract: WInteractions of food intake with drugs occur because of food intake per se, because of specific components in food, but also because of the galenic form of the administered drugs. In this article I will deal with the choice of galenic formulation in relation to food intake as well as with the effect of food intake and food ingredients on the absorption of drugs.
Key Words: gastric emptying, gastric and duodenal pH, drug absorption, food-drug interactions

Zwischen der oralen Einnahme eines Medikamentes und des Erscheinens des Arzneistoffes im systemischen Kreislauf gibt es verschiedene Möglichkeiten, welche zu unerwünschten oder unerwarteten Wirkungen des eingenommenen Medikamentes führen können. Dazu zählen unter anderem die Einnahme ungünstiger galenischer Formulierungen auf den vollen Magen, Interaktionen von Arzneistoffen untereinander oder mit Nahrungsbestandteilen, verminderte intestinale Aufnahme von Arzneistoffen wegen Induktion von exkretorischen Arzneistofftransportern (z.B. P-Glykoprotein) oder intestinalen Zytochromen sowie eingeschränkte hepatische Aufnahme von Arzneistoffen durch verminderte Aktivität von Importproteinen und erhöhter hepatischer Abbau durch Induktion von Zytochromen in der Leber.

Wahl der galenischen Formulierung in Bezug auf Nahrungsaufnahme

Die Interaktion zwischen Nahrungsmittelaufnahme und galenischer Formulierung ist in einem vor 20 Jahren erschienenen Artikel sehr gut abgehandelt worden (1); die Prinzipien zum Verstehen dieser Interaktion und zur Vermeidung von Komplikationen haben sich in der Zwischenzeit nicht verändert.

Die meisten Arzneistoffe werden im Dünndarm absorbiert, müssen also den Magen passieren, bevor sie aufgenommen werden können. Faktoren, welche den Transport eines Arzneistoffes in den Dünndarm beeinflussen, sind die Freisetzung aus der galenischen Form, die Löslichkeit und Stabilität des Arzneistoffs im Magen sowie der Transport durch den Magen. Für den Transport von Arzneistoffen durch den Magen spielt v.a. die Motorik im distalen Teil des Magens eine wesentliche Rolle. Festes Material, wie z.B. nicht dispergierte Tabletten, müssen via Magenmotorik durch den Pylorus transportiert werden. Im distalen Magen existieren im Wesentlichen 2 Motilitätsmuster, eine Nüchtern- und eine digestive Motilität. Im nüchternen Zustand (keine Nahrungsbestandteile im Magen) bewirken alle 1 bis 2 Stunden vorkommende peristaltische Wellen (Phase-3 Kontraktionen) den Transport von festem Material durch den Pylorus. Der Pylorus ist offen und grössere Nahrungsbestandteile (>0.5 cm) können durch den Pylorus transportiert werden. Nach der Einnahme von flüssiger oder fester Nahrung wechselt die Motorik des distalen Magens auf die digestive Form, solange Nahrungsreste im Magen vorhanden sind. Der Pylorus schliesst sich bis auf einen Durchmesser von wenigen Millimetern und lässt also nur noch Flüssigkeit und kleine (<0.5 cm), feste Bestandteile passieren. Die Magenkontraktionen haben zum Ziel, den Mageninhalt so zu zerkleinern, dass er den fast geschlossenen Pylorus passieren kann. Nicht dispergierte Tabletten (z.B. magensaftresistente, nicht zerfallende Tabletten), verbleiben im Magen, je nach Nahrungsmenge für einige Stunden. Während also flüssige und im Magensaft zerfallende Arzneimittel den Magen unabhängig von gleichzeitiger Nahrungsaufnahme passieren können, gilt dies nicht für magensaftresistente, nicht zerfallende Tabletten. Für einen schnellen oder nicht verzögerten Wirkeintritt sollten solche Präparate also mit Wasser (nicht mit kalorienhaltigen Getränken) nüchtern eingenommen werden. Dieser Sachverhalt sollte für die Zulassung solcher Medikamente geprüft worden und entsprechend in der Fachinformation vermerkt sein.

Unspezifische Effekte der Nahrungsaufnahme auf die Pharmakokinetik von Arzneistoffen

Über dieses Thema ist kürzlich ein guter Reviewartikel publiziert worden (2). Die Interaktion von Arzneistoffen mit der Nahrung muss sowohl von der FDA wie auch der EMA aus für alle Medikamente geprüft werden, welche neu auf den Markt kommen. Die entsprechenden Studien werden in der Fachinformation erwähnt (meist eine Crossoverstudie einer Einzeldosis im nüchternen Zustand versus nach Einnahme einer fettreichen Mahlzeit) und darauf beruhen die Dosisempfehlungen. Bei einem relevanten Einfluss der Nahrungsaufnahme auf die Pharmakokinetik ist es essenziell, die Patienten darauf hinzuweisen, dass sie allenfalls auf die Einnahme bestimmter Nahrungsmittel verzichten, oder das Medikament stets zum gleichen Zeitpunkt in Bezug auf Nahrungseinnahme zu sich nehmen sollen.

Die pharmakokinetischen Parameter, welche durch Nahrungsaufnahme beeinflusst werden, sind vor allem die Zeit bis zum Erreichen der maximalen Konzentration (Tmax), die maximale Konzentration (Cmax) und die Exposition (Fläche unter der Plasmakonzentration-Zeitkurve, AUC).

Die wichtigsten Mechanismen, welche zu einer Interaktion der Nahrungsaufnahme mit Arzneistoffen führen, sind in Tabelle 1 aufgelistet. Fettreiche Nahrung hemmt die Magenentleerung, was in den meisten Fällen zu einer Erhöhung der Tmax führt, die Exposition aber nicht beeinträchtigt. Die Exposition kann sich v.a. für sehr lipophile Arzneistoffe erhöhen, einerseits wegen verbesserter Löslichkeit und dann auch wegen möglicher Absorption via Lymphe. Fettreiche Ernährung führt auch zu einer Sekretion von Gallensäuren in das Duodenum, was die Dünndarmepithelien für die Penetration von Arzneistoffen durchlässiger macht. Auf der anderen Seite kommt es zur Bildung von Mizellen, was die freie Konzentration von Arzneistoffen und damit die intestinale Aufnahme senken kann. Generell kann davon ausgegangen werden, dass der Effekt der Nahrungsaufnahme bezüglich Zunahme der Exposition für schlecht wasserlösliche, aber gut penetrierbare Arzneistoffe am Ausgeprägtesten ist, da die Löslichkeit verbessert werden kann (3).

Eine proteinreiche Ernährung kann zu verminderter Aufnahme von peptidähnlichen Arzneistoffen führen, da die beim Abbau der Proteine entstehenden Peptide oder Aminosäuren mit dem aktiven Transport von Arzneistoffen konkurrenzieren können. Das könnte zum Beispiel für Angiotensinrezeptorblocker oder auch für DOPA der Fall sein. Absorbierte Aminosäuren können auch an der Blut-Hirnschranke mit der Aufnahme von L-DOPA konkurrieren, was zeigt, dass Nahrungsmittel-Arzneistoffinteraktionen nicht nur im Gastrointestinaltrakt vorkommen müssen.

Zudem können Arzneistoffe unspezifisch von Nahrungsfasern adsorbiert werden, was die Exposition solcher Arzneistoffe senkt.
Ein unspezifischer Effekt der Nahrungsaufnahme ist auch das Anheben des pH im Magen (von ca. 2 im nüchternen Zustand auf ca. 5 nach dem Essen). Der Effekt betrifft v.a. die Stabilität der Arzneistoffe; z.B. ist Leukovorin instabil bei pH<3 und sollte deshalb nicht auf nüchternen Magen eingenommen werden. Zudem kann sich mit steigendem pH die Löslichkeit vermindern, was unter anderem für den Tyrosinkinasenhemmer Elrotinib der Fall ist.

Spezifische Nahrungsmittel-Arzneistoffinteraktionen

Eine der wichtigsten, spezifischen Interaktion mit Nahrungsmittel-Arzneistoffinteraktion ist diejenige mit Grapefruit und, etwas weniger ausgeprägt, auch mit Pomelo. Grapefruit und Pomelo enthalten die Furanocoumarine Bergamottin und 6’,7’-Dihydroxybergamottin, welche das Zytochrom P450 (CYP) 3A4 im Darm (aber nicht in der Leber) irreversibel hemmen (4). Das gehemmte intestinale CYP3A4 muss neu synthetisiert werden, um die intestinale CYP3A4 Aktivität wieder herzustellen, was ca. 24 Stunden dauert. CYP3A4 Sub­strate (z.B. Arzneistoffe), welche im Darm relevant abgebaut werden, erreichen deshalb nach der Einnahme von Grapefruitsaft höhere systemische Konzentrationen wegen Steigerung der Bioverfügbarkeit. Dies betrifft unter anderem die meisten Calciumantagonisten, Triazolam und Midazolam, Cyclosporin und Tacrolimus, Amiodaron, Apixaban und Rivaroxaban, Oxycodon sowie Simvastatin und Atorvastatin. Eine vollständigere Liste der Arzneistoffinteraktionen mit Grapefuitsaft findet sich bei Mouly et al. (5).

Die Interaktion von Grapefruitsaft mit Midazolam ist in der Abb. 1 illustriert. Gesunde Probanden wurden mit 250 mL Grapefruitsaft oder Wasser vorbehandelt und der Effekt auf die Pharmakokinetik von oral oder intravenös verabreichtes Midazolam untersucht. Ein Effekt von Grapefruit war nur nach oraler Gabe von Midazolam sichtbar, was beweist, dass Grapefruit auf das CYP3A4 im Darm, nicht aber in der Leber, wirkt. Nach oraler Gabe von Midazolam kam es durch Grapefruit ungefähr zu einem 30%-igen Anstieg der Bioverfügbarkeit, was die Sedation der Probanden verstärkte (4).

Eine weitere, spezifische Interaktion mit Nahrungsbestandteilen ist die Komplexbildung mit bivalenten Metallionen (insbesondere Fe2+, Mg2+ und Ca2+). Dies muss v.a. bei der Einnahme von Milch und gewissen Milchprodukten, stark mineralhaltigem Mineralwasser und von Nahrungsmittelzusätzen, welche Mineralien enthalten, beachtet werden. Betroffene Arzneistoffe sind u.a. Mycophenolat, Fluorochinolone oder auch Thyroxin (2).

Klinisch relevante Nahrungsmittel-Arzneistoffinteraktionen

Tabelle 2 enthält eine Liste von klinisch relevanten Nahrungsmittel-Arzneistoffinteraktionen. Die Liste ist nicht vollständig; wie weiter oben ausgeführt, sollten die Empfehlungen der entsprechenden Fachinformation befolgt werden, welche auf den durch die Firmen durchgeführten Studien basieren.

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

Prof. em. Dr. med. et pharm. Stephan Krähenbühl

Klinische Pharmakologie & Toxikologie
Universitätsspital
4031 Basel

stephan.kraehenbuehl@usb.ch

Der Autor hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

◆ Interaktionen von Nahrungsaufnahme mit Medikamenten treten auf wegen der Nahrungsaufnahme per se, wegen spezifischer Komponenten in der Nahrung, aber auch wegen der galenischen Form der verabreichten Medikamente.
◆ Die Untersuchung der Nahrungsmittel-Arzneistoffinteraktionen ist eine Bedingung für die Zulassung neuer Medikamente. Entsprechend sind detaillierte Angaben in der Fachinformation vorhanden.
◆ Relevante Interaktionen müssen mit den Patienten besprochen und durch Vermeidung bestimmter Nahrungsmittel und/oder regelmässige Einnahme der Medikamente vermieden werden.

1. Walter-Sack I, Haefeli WE. [Consideration of drug absorption in customizing drug therapy]. Therapeutische Umschau Revue therapeutique. 2000;57(9):557-62.
2. Deng J, Zhu X, Chen Z, Fan CH, Kwan HS, Wong CH, et al. A Review of Food-Drug Interactions on Oral Drug Absorption. Drugs. 2017;77(17):1833-55.
3. Wu CY, Benet LZ. Predicting drug disposition via application of BCS: transport/absorption/ elimination interplay and development of a biopharmaceutics drug disposition classification system. Pharmaceutical research. 2005;22(1):11-23.
4. Kupferschmidt HH, Ha HR, Ziegler WH, Meier PJ, Krähenbühl S. Interaction between grapefruit juice and midazolam in humans. Clinical pharmacology and therapeutics. 1995;58(1):20-8.
5. Mouly S, Lloret-Linares C, Sellier PO, Sene D, Bergmann JF. Is the clinical relevance of drug-food and drug-herb interactions limited to grapefruit juice and Saint-John’s Wort? Pharmacological research. 2017;118:82-92.