Störung der Harnblasenentleerung bei der Frau

Die Harnentleerungsstörung bei der Frau steht selten im Fokus der Gynäkologie. Die chronische Harnretention bei der Frau umfasst asymptomatische Formen, stark symptomatische Formen bis zu Störungen, die mittelfristig zu einer lebensbedrohlichen Nieren-Insuffizienz führen können. Es macht also durchaus Sinn, die zugrundeliegenden Krankheiten zu kennen und sich für die chronische Harnretention bei der Frau (CUR-chronic urinary retention) eine Systematik anzueignen.

Urinary retention in women is rarely in the gynaecologist’s focus. Chronic urinary retention (CUR) in women includes asymptomatic forms, highly symptomatic forms, and disorders that can lead to life-threatening renal failure. It is therefore useful to be aware of the underlying diseases and to adopt a systematic approach to chronic urinary retention in women.
Key Words: chronic urinary retention (CUR), underactive bladder (UB), underactive detrusor (UD), bladder outlet obstruction (BOO), detrusor-sphincter-dyssynergia (DSD)

Bei Frauen sind die Entleerungsstörungen wesentlich seltener als beim Mann. Definiert ist die chronische Urinretention durch die unvollständige Blasenentleerung und durch das Vorliegen von Resturin bei wiederholter Messung (post voiding residual – PVR).

Bei der Frau fokussieren wir uns auf die Abklärung einer Inkontinenz und versuchen zwischen Urge und Stress zu unterscheiden. Dabei vergessen wir gerne, dass auch bei der Frau eine Retention möglich ist.

Prinzipiell kann man zwischen einer Retention auf Grund einer Detrusormuskelschwäche (detrusor underactivity DU) oder auf Grund einer Obstruktion (infravesikales Hindernis) (bladder outlet obstruction BOO) unterscheiden. Weiter kann man jeweils in neurologisch bedingte und nicht neurologisch bedingte Harnentleerungsstörungen (dysfunctional voiding) unterteilen.

Die möglichen therapeutischen Antworten auf eine chronische Harnretention sind, wenn überhaupt möglich, relativ einfach und uniform – dennoch macht es Sinn, sich durch die Ursachen und durch die Physiopathologie zu denken (Abb. 1). Beim hypo- oder akontraktilen Detrusor gelingt es kaum, die Kontraktilität der Blase wiederherzustellen und man muss sich bei symptomatischen Formen meist damit begnügen, eine Strategie für die Entleerung zu finden, während man bei der BOO die Ursache zwischen funktionell und mechanisch erkennen und bei Vorliegen eines infravesikalen Hindernis beseitigen muss.

Symptome

Irritative Miktionsbeschwerden wie Urgency und Urgeinkontinenz definieren die (idiopathische) überaktive Blase (overactive bladder (OAB)). Eine Urininkontinenz, welche durch eine Urethralinsuffizienz bei erhöhtem intravesikalem oder intraabdominalem Druck auftritt, definiert die Belastungsinkontinenz (stress urinary incontinence (SUI)). Symptome wie der abgeschwächte Harnstrahl, das Gefühl der unvollständigen Blasenentleerung, der verzögerte Start der Miktion, die lang dauernde Miktion, die mehrzeitige (Stakkato-) Miktion oder das Nachtröpfeln treten bei chronischer Harnretention auf. Diese Symptome können sowohl durch eine infravesikale Obstruktion wie auch durch eine Detrusorschwäche resp. eine dysfunktionale Miktion verursacht sein und sind diesbezüglich nicht spezifisch. Symptome wie Pollakisurie, Nykturie, Stressinkontinenz oder
Dauerinkontinenz bzw. Überlaufinkontinenz (typisch) teilen sich die Blasenentleerungsstörung mit den funktionell «gegenteiligen» Krankheitsbildern wie der OAB oder der SUI. Die Anamnese kann einen hier fehlleiten. Auch beklagen sich Frauen mit Harnretention seltener darüber und man tut gut daran, bei Patientinnen mit urogynäkologischen Problemen die Symptome der Entleerungsstörung mindesten einmal spezifisch abzufragen. Die chronische Harnretention kann auch asymptomatisch sein.

Abklärung

Formal ist die Diagnose an eine vollständige Urodynamik mit Zystoskopie gebunden, die auch die Miktionsphase mit Elekromyogramm (EMG) und eine Videourodynamik beinhalten kann, um in Druckflusskurven bei der BOO den reduzierten Flow bei erhöhtem Detrusordruck während der Miktion zu demonstrieren, das Verhalten der Beckenbodenmuskulatur während der Miktion zu zeigen und um Stenosen oder Reflux und Öffnen des Blasenhalses darzustellen. Umgekehrt erkennt man bei der UB die fehlenden Detrusorkontraktionen und den dadurch reduzierten Flow oder die reine Pressmiktion.

Allerdings untersucht man ein meist älteres Kollektiv, das ohnehin schon Probleme mit Wasserlösen hat. Die Messung der Miktion mit einem liegenden Katheter in der Urethra in unphysiologischer Position «en public» ist dadurch fehleranfällig oder gar unmöglich.

Einfache klinische Untersuchungen wie der gynäkologische Status zur Beurteilung eines Genitaldeszensus (POP-Q, Quetschhahn, kinking?), die Urethrakalibrierung mit Bougies oder Hegarstiften (Urethralstenose?), die freie Uroflowmetrie (Beurteilung des Flows ohne zwischen einer Detrusorschwäche und einem erhöhten Auslass­widerstand unterscheiden zu können) und die vaginale/perineale und abdominale Sonographie (Sanduhrzystocele, Blasenkapazität, Resturinbestimmung, Urethraldivertikel, Veränderung des urethrovesikalen Winkels beim Pressen, Fremdmaterial, Beurteilung der oberen ableitenden Harnwege) werden einem Kollektiv mit neurologischen Störungen natürlich nie gerecht, der durchschnittlichen gynäkologischen oder geriatrischen Patientin in der Praxis aber schon.

Behandlung

Sehr wichtig und als erstes zu indizieren, ist eine Physiotherapie mit Beckenbodenrelaxation und Biofeedback.
Medikamentös (Tab. 1): Medikamentöse Therapien gibt es, diese sind aber häufig nicht effektiv und robuste Daten bei der Frau fehlen sowohl für Medikamente, die den Auslasswiderstand senken, wie auch für α-1-Rezeptorenblocker. Cholinergika werden aufgrund der Nebenwirkungen nicht mehr empfohlen. Baclofen ist eine Option bei vermehrter EMG-Aktivität. Für Sildenafil ist die Evidenz schwach.

Falls konservative Massnahmen nicht helfen, kann eine sakrale Nervenstimulation oder intrasphinkterische Botox-Injektion indiziert werden.
Selbstkatheterisieren (clean intermittend self-catherisation (CIC)), Dauerableitung (indwelling catheter): Bei chronischer Harnretention auf Grund einer unteraktiven Blase (UB) ist der CIC häufig die Therapiemethode der Wahl, aber gerade bei betroffenen betagten Menschen häufig nicht realisierbar, ist doch die Fingerfertigkeit zum Beispiel durch rheumatologische Krankheiten oder durch eine Parkinsonkrankheit verloren gegangen, so dass man auf eine Dauerableitung – einen Foley Katheter oder einen suprapubischen Katheter – zurückgreifen muss.

Ein hypokontraktiler Detrusor ist per definitionem ein Zustand mit niedrigem intravesikalen Druck, so dass auch höhere Restharnmengen akzeptiert werden dürfen. Die oberen Harnwege sind in den allermeisten Fällen nicht durch einen Reflux resp. Hochdruck gefährdet.

Eine asymptomatische Bakteriurie soll man nicht antibiotisch behandeln, auch wenn die Restharnmengen erhöht sind oder der CIC durchgeführt wird. Bei liegendem Katheter ist der Urin fast immer besiedelt.

Hohe Restharnmengen können symptomatische Harnwegsinfekte triggern, dann ist man im therapeutischen Zugzwang. Zur Prophylaxe von Harnwegsinfekten stehen lokale Östrogene, D-Mannose, Urovaxom zur Verfügung. Antibiotische Therapien soll man vermeiden.

Ursachen der BOO bei der Frau (Tab. 2) – die Krankheitsbilder im Einzelnen

Nicht neurogene Detrusorschwäche (myogen)

(hypo – oder akontraktiler Detrusor) (bladder underactivity)
Die UB ist ebenso häufig wie die OAB. Die UB ist häufig im Alter, bei gebrechlichen Patientinnen oder Patientinnen mit Komorbiditäten (1, 2). Chronische Ischämie der Blasenwand durch Gefässveränderung, durch Arteriosklerose und Fibrose führen nicht nur zu der häufigen Instabilität, sondern auch zur Hypokontraktilität oder auch zur Kombination von beidem (3, 4). Die Kontraktionskraft nimmt ab und der Resturin nimmt zu (5).

Insofern ist die Detrusorschwäche nicht wirklich als gegenteilige Störung zur idiopathischen OAB zu verstehen, sondern allenfalls als Krankheitsbild mit gleicher Ursache.

Die Ursache der Detrusorschwäche lässt sich weder durch die gynäkologische und sonographische Untersuchung des kleinen Beckens noch durch die urodynamische Untersuchung erkennen. Hier hilft nur die Anamnese, die sorgfältig geführte hausärztliche Diagnoseliste und auch der Allgemein- und neurologische Status.

Neurogen bedingte Detrusorschwäche

Infrasakrale Läsionen: Läsionen unter dem sakralen Mik­tionszentrum S2 – S4 führen zur Denervation der Blase und zum akontraktilen Detrusor.

Autonome Polyneuropathie: typischerweise verursacht durch einen länger bestehenden oder schlecht eingestellten Diabetes mellitus (6). Afferente und efferente Bahnen werden gestört, die Sensibilität für die Blasenfüllung geht verloren, die Blasenkontraktion kann nicht mehr ausgelöst werden. Die gestörte Blasenentleerung kann auch mit Symptomen der Blaseninstabilität kombiniert sein.

Chirurgie im kleinen Becken mit Denervation der Blase: Die Störung der autonomen peripheren Innervation der Blase und die daraus resultierende, definitive und persistierende Blasenatonie (7) ist eine mögliche typische Komplikation nach «destruktiven» Operationen im kleinen Becken. Die parasympathische Versorgung der Blase geschieht über die nervi splanchnici pelvici (S2-S4), welche in der Tiefe der Sakrouterinligamente zum plexus hypogastricus inferior verlaufen. Die parasympathische und sympathische autonome Innervation besteht aus feinen Nervengeflechten, diese werden bei infiltrativen Prozessen automatisch mitreseziert. Heute werden, wenn möglich, Nerven schonende OP-Techniken angewendet (8). (Abb. 2)

Cauda equina Läsion: Bei einer tiefen Querschnittläsion (spinal cord injury (SCI)) oder einer medialen lumbalen Diskushernie kann es ebenfalls zu einer infrasakralen Läsion kommen. Die Blasenatonie mit Harnretention ist die «red flag» der medialen lumbalen Diskushernie. Da die cauda aequina auch die somatische Innervation beinhaltet, gehört die Reithosen Anästhesie mit beidseitigem Sensibilitätsverlust der sakralen Dermatome zum klinischen Bild.

Läsion des Conus / Läsion der sakralen Segmente des Rückenmarkes: Analog führt auch eine Läsion auf Höhe der sakralen Rückenmarksegmente zu einer Blasenatonie, wie dies beispielsweise eine tiefe Querschnittläsion oder ein tief gelegener MS Herd oder auch eine Wirbelsäulen-Operation verursachen kann.

Die postpartale Harnretention: Ob die postpartale Harnretention als neurogene Störung verstanden werden muss, ist schwierig zu sagen. Für somatische Nerven (n. rectalis inferior des n. pudendus) hat man im Modell eine gegen dreissigprozentige Überdehnung durch die «second stage» der Geburt berechnet. Dies ist deutlich mehr, als nervöse Strukturen ohne Schaden tolerieren (9). Vielleicht darf man das auf das autonome Nervensystem im kleinen Becken übertragen? Risikofaktoren für die postpartale Harnretention sind lange «second stage», PDA, Primiparität oder instrumentelle vaginale Geburtshilfe. Resturin nach der Geburt ist sehr häufig und die Lattenhöhe für therapeutische Massnahmen ist grosszügig hoch anzusetzen: Einige Autoren tolerieren postpartal Resturin bis 500ml (10). Bei sehr hohen Resturinmengen ist der CIC oder der suprapubische Katheter dem Dauerkatheter vorzuziehen, die Patientin wird damit schneller zur Normalität zurückfinden.

Beruhigend: Die postpartale Harnretention ist quasi immer transient. Die Blasenentleerung erholt sich über die Zeit und es sind keine uro-gynäkologischen Langzeitfolgen beschrieben (11).

Nicht neurogen bedingtes infravesikales Hindernis:  anatomische Obstruktion

Genitaldeszensus (pelvic organ prolaps (POP)): Der Genitaldeszensus kann durch Abknicken (kinking) der gesenkten prolabierenden Blase zu einer Entleerungsstörung und zu Restharn führen (12). Man weiss ohne zusätzliche Urodynamik nicht, ob nicht zusätzlich eine Detrusorschwäche oder eine instabile Blase vorliegt. Es ist auch schwierig vorherzusagen, ob die Entleerungsstörung durch die Korrektur des Deszensus mit Pessar oder Operation verschwinden wird – meistens jedoch schon (13, 14)! Auch kann man präoperativ mit keinem Test eindeutig klären, ob durch die chirurgische Korrektur der Zystozele eine de novo Belastungsinkontinenz auftreten wird. Es ist aus diesen Gründen ratsam, Deszensusoperationen nicht mit Inkontinenzoperationen zu kombinieren, sondern diese erst bei Bedarf zweizeitig durchzuführen.

Iatrogene Obstruktion durch suburethrale Bänder: Die iatrogene Obstruktion zählt zu den häufigsten Ursachen einer anatomischen BOO. Die akute postoperative Retention mit massiv behinderter Miktion ist offensichtlich. Schwieriger ist es, die sich langsam entwickelnde Retention als durch eine suburethral gelegte Schlinge verursacht zu verstehen. Die Anamnese ist wegweisend: War die Miktion vor der Bandeinlage problemlos und die Entleerung nach der Bandeinlage gestört und ist dieser zeitliche Zusammenhang klar gegeben, ist das Band obstruktiv. Resturin muss nicht immer von Beginn an vorhanden sein, ein gesunder Detrusormuskel vermag den erhöhten Widerstand zuerst einmal zu überwinden. Die Antwort der Blase auf Obstruktion ist die stärkere Kontraktion und das kann wiederum eine Detrusorinstabilität verursachen: DeNovo OAB. Auch rezidivierende Harnwegsinfekte können die Folge sein.

Das Band lässt sich während 7 bis maximal 10 Tagen noch einfach senken, ohne den Kontinenz-Effekt zu gefährden. (Abb. 3)
Realisiert man die Obstruktion erst verspätet, muss das Band komplett durchtrennt werden. Die obstruktiven Symptome kann man so chirurgisch in den allermeisten Fällen beheben (15, 16). Je nach dem aber wie lange die Obstruktion angedauert hatte, werden die OAB-Symptome trotz aufgehobener Obstruktion persistieren (17). Mit einer Rezidiv-Inkontinenz ist durch Bandspaltung in 30 bis 50% zu rechnen. Nur ein Teil dieser Patientinnen (14%) werden sich in der Folge auf eine erneute Inkontinenzoperation einlassen (18, 19). (Abb. 4)

Urethralstrikturen: Urethralstrikturen sind bei Frauen häufig iatrogen durch prolongiertes Katheterisieren, Radiatio oder nach chirurgischen Eingriffen verursacht.

Nicht neurogen bedingtes infravesikales Hindernis: funktionelle Obstruktion

Die funktionellen Obstruktionen sind vielleicht am schwierigsten zu verstehen: weil eine klare und nachvollziehbare Krankheitsursache fehlt und weil sie negativ definiert sind, nämlich durch das Fehlen einer zugrundeliegenden neurologischen Krankheit. Auch braucht es für die Diagnose eine komplexe Videourodynamik der Miktionsphase mit EMG und sollte neuro-urologisch abgeklärt werden.
Die dazugehörenden Subtypen sind in der Tabelle 3 unter «funktionell» gelistet.

Neurogen bedingtes infravesikales Hindernis:

DSD – Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie: Kommt es zu einer Störung vom koordinierenden pontinen Miktionszentrum im Stammhirn zu den basalen Reflexzentren des Rückenmarkes in den lumbalen und sakralen Segmenten resultiert eine Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie (DSD): ein Fehlen der zeitgleichen Relaxation des urethralen Rabdomyosphinkters bei der Kontraktion des Detrusormuskels. Folgen dieser Massenreflexe sind exorbitant hohe intravesikale Drücke, damit Reflux in die oberen ableitenden Harnwege und sukzessive Zerstörung des Nierenparenchyms.

Bei jungen Patientinnen mit unerklärten OAB-Symptomen und evt. zusätzlich Resturin, sollte eine sorgfältige Anamnese zu neurologischen Symptomen erhoben werden: z.Bsp schubweise aufgetretene fokale Sensibilitäts- oder motorische Störungen, Schwindel, Störungen im Gleichgewicht oder Sehstörungen, die nicht beachtet, verdrängt oder nicht zugeordnet wurden (20). Die Diagnose der DSD gelingt mit der Video-Urodynamik mit EMG. Hier sollte unbedingt eine Zuweisung zu einem Neurourologen erfolgen.

Therapie der DSD: Kombination von hohen Botulinumtoxin Dosen in den Sphincter urethrae und getimtes Selbstkatheterisieren (CIC).

Parkinson – Pseudo-Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie: Die Parkinsonkrankheit ist eine suprapontine Läsion und macht eine neurogene Detrusorhyperreflexie, eine neurogen bedingte OAB. Nicht selten findet man dennoch auch relevante Resturinmengen, die nicht zu einem unkontrollierten und überaktiven Detrusor passen. Die durch Parkinson bedingte Bradykinesie erklärt die verzögerte Relaxation der Urethra, welche der Blasenkontraktion hinterherhinkt und so eine vollständige Blasenentleerung verunmöglicht.
Und selbstverständlich können vor allem bei älteren Patientinnen verschiedene Störungen gleichzeitig vorliegen, was es schwierig machen kann, therapeutische Konzepte zu etablieren.

Zweitabdruck aus «info@gynäkologie» 03-2023

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

Dr. med. Isabel Ihnenfeld

Stadtspital Triemli, Frauenklinik
Birmensdorferstrasse 501
8063 Zürich

Dr. med. Nadja Blick

Stadtspital Triemli, Klinik für Urologie
Birmensdorferstrasse 497
8063 Zürich

Dr. med. Daniel Passweg

Frauenklinik Stadtspital Weid und Triemli
Birmensdorferstrasse 501
8063 Zürich

daniel.passweg@triemli.zuerich.ch

Die Autoren haben keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

◆ Die Messung des postmiktionellen Resturins ist eine ganz simple
aber auch ganz zentrale Basisuntersuchung der urogynäkologischen Abklärung.
◆ Bei der chronischen Urinretention unterscheidet man grundsächlich und ursächlich zwischen einer Detrusorschwäche (DU) und einer infravesikalen Obstruktion (BOO).
◆ Während man die Ursache der infravesikalen Obstruktion erkennen muss und häufig beheben kann, hat man bei der Detrusorschwäche unabhängig der Ätiologie begrenzte therapeutische Möglichkeiten. Wenn symptomatisch, muss die Patientin den Selbstkatheterismus erlernen.
◆ Bei multipler Sklerose können nicht nur im Gehirn, sondern auch im Rückenmark demyelinisierende Herde auftreten und eine Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie triggern, dies mit fatalen Folgen für den oberen Harntrakt.

1. Nadir I Osman , Christopher R Chapple , Paul Abrams , Roger Dmochowski , François Haab , Victor Nitti , Heinz Koelbl , Philip van Kerrebroeck , Alan J Wein.. Detrusor underactivity and the underactive bladder: a new clinical entity? A review of current terminology, definitions, epidemiology, aetiology, and diagnosis. Eur Urol. 2014 Feb;65(2):389-98.
2. Smith PP. Aging and the underactive detrusor: a failure of activity or activation?.Neurourol Urodyn. 2010 Mar;29(3):408-12.
3. Chapple CR, Osman NI, Birder L, van Koeveringe GA, Oelke M, Nitti VW, Drake MJ, Yamaguchi O, Abrams P, Smith PP. The underactive bladder: a new clinical concept?. Eur Urol. 2015 Sep;68(3):351-3.
4. Masanori Nomiya, Karl-Erik Andersson, Osamu Yamaguchi. Chronic bladder ischemia and oxidative stress: new pharmacotherapeutic targets for lower urinary tract symptoms. Int J Urol. 2015 Jan;22(1):40-6.
5. Sheng-Fu Chen , Cheng-Ling Lee , Hann-Chorng Kuo.. Change of Detrusor Contractility in Patients with and without Bladder Outlet Obstruction at Ten or More Years of follow-up. Sci Rep. 2019 Dec 11;9(1):18887.
6. S A Kaplan, A E Te, J G Blaivas. Urodynamic findings in patients with diabetic cystopathy. J Urol. 1995 Feb;153(2):342-4.
7. S M Axelsen, L K Petersen. Urogynaecological dysfunction after radical hysterectomy. Eur J Surg Oncol. 2006 May;32(4):445-9.
8. Francesco Maneschi , Palmiero Ianiri, Michele Sarno, Francesco Gagliardi, Pierluigi Benedetti Panici. Nerve-sparing class III-IV radical hysterectomy: urodynamic study and surgical technique. Int J Gynecol Cancer. 2012 May;22(4):675-80.
9. Kuo-Cheng Lien, Daniel M Morgan, John O L Delancey, James A Ashton-Miller. Pudendal nerve stretch during vaginal birth: a 3D computer simulation. Am J Obstet Gynecol. 2005 May;192(5):1669-76.
10. Femke E. M. Mulder, Robert A. Hakvoort, Jan-Peter de Bruin, Erica W. Janszen, Joris A. M. van der Post & Jan-Paul W. R. Roovers. Long-term micturition problems of asymptomatic postpartum urinary retention: a prospective case–control study. International Urogynecology Journal volume 29, pages481–488 (2018)
11. Noa Mevorach Zussman, Noa Gonen, Michal Kovo, Hadas Miremberg, Jacob Bar, Alexander Condrea, Shimon Ginath..Protracted postpartum urinary retention-a long-term problem or a transient condition?. Int Urogynecol J. 2020 Mar;31(3):513-519.
12. Lior Lowenstein, Charles Anderson, Kimberly Kenton, Yashika Dooley, Linda Brubaker. Obstructive voiding symptoms are not predictive of elevated postvoid residual urine volumes. Int Urogynecol J Pelvic Floor Dysfunct. 2008 Jun;19(6):801-4.
13. L J Romanzi, D C Chaikin, J G Blaivas. The effect of genital prolapse on voiding. J Urol. 1999 Feb;161(2):581-6.
14. M P Fitzgerald, N Kulkarni, D Fenner. Postoperative resolution of urinary retention in patients with advanced pelvic organ prolapse. Am J Obstet Gynecol. 2000 Dec;183(6):1361-3; discussion 1363-4.
15. Rebecca McCrery, Rodney Appell. Transvaginal urethrolysis for obstruction after antiincontinence surgery. Int Urogynecol J Pelvic Floor Dysfunct. 2007 Jun;18(6):627-33.
16. H B Goldman, R R Rackley, R A Appell. The efficacy of urethrolysis without re-suspension for iatrogenic urethral obstruction. J Urol. 1999 Jan;161(1):196-8; discussion 198-9.
17. Iryna M Crescenze, Nitya Abraham, Jianbo Li, Howard B Goldman, Sandip Vasavada. Urgency Incontinence before and after Revision of a Synthetic Mid Urethral Sling. J. Urol. 2016 Aug;196(2):478-83.
18. Nitya Abraham, Iryna Makovey , Ashley King, Howard B Goldman, Sandip Vasavada.. The effect of time to release of an obstructing synthetic mid-urethral sling on repeat surgery for stress urinary incontinence. Neurourol Urodyn. 2017 Feb;36(2):349-353.
19. Howard B Goldman. Urethrolysis. Urol Clin North Am. 2011 Feb;38(1):31-7, vi.
20. Panicker JN, Fowler CJ, Kessler TM. Lower urinary tract dysfunction in the neurological patient: clinical assessment and management. Lancet Neurol. 2015 Jul;14(7):720-32.
21. Salvador Arlandis et al. European Association of Urology Guidelines on the Management of Female Non-neurogenic Lower Urinary Tract Symptoms. Part 2: Underactive Bladder, Bladder Outlet Obstruction, and Nocturia. European Urology 82 (2022 Jan): 60-70

SGAIM Frühjahrskongress in Basel

Künstliche Intelligenz im Diabetes-Management

Braucht es uns Diabetologen und Diabetologinnen noch? Diese Frage stellte Frau Prof. Dr. med. et phil. Lia Bally, Bern, eingangs ihres Referats in den Raum. Die künstliche Intelligenz ist eine computergestützte menschenähnliche Entscheidungsfindung. Künstliche Intelligenz als Medizinprodukt für Diagnose und Screening, Prognose, Behandlungsunterstützung und Entscheidungsfindung.

Die Referentin stellte künstliche Intelligenz/Maschinenlernen den physiologischen/mechanistischen Modellen bei komplexen Problemen wie Voraussage, Klassifizierung gegenüber. Neuronale Netzwerke/Deep Learning kann Probleme mit mehreren räumlichen und zeitlichen Skalen angehen und erfordert grosse Datensätze (1000e von Probanden). Die physiologischen/mechanistischen Modelle beschreiben einen physiologischen Prozess, können kleine Datensätze verarbeiten, brauchen Zeitreihendaten. Als Beispiele nannte die Referentin die Glukose-Insulin Rückkoppelungsschleife und das künstliche Pankreas. Sie stellte das kontinuierliche subkutane Glukose-Monitoring mit den entsprechenden Schwankungen innerhalb der Zielzone und das künstliche Pankreas (Closed loop/automated insulin delivery system) vor. Es existiert derzeit eine erhebliche Menge an automatisierten Insulinverabreichungssystemen auf dem Markt (Medtronic 670G und 780G, Tandem Control IQ, CamAPS FX, DBLG1, Omnipod 5, Tidepool Loop, Inreda (nicht kommerziell), Beta Bionic iLET).

Nutzen der automatisierten Insulinabgabe (AID) bei Typ 1 Diabetes

Zunahme der Time in Range ca. 9-16% (>2h/Tag), Abnahme der Time below Range (Nacht > Tag). Abnahme HbA1c 0.3-0.5% (am grössten bei denjenigen mit höherem basalem HbA1c). Lebensqualität/Benutzerfreundlichkeit: Abnahme der Belastung durch das Diabetes-Selbstmanagement, Zunahme der Freiheit und der Schlafqualität, Verminderung der Angst vor Hypoglykämie. Potenziale für Verbesserungen sind Gerätelast, Materialschlacht, Hautprobleme, Probleme der gemeinsamen Nutzung von Daten / Interoperabilität zwischen Geräten, vertragliche Abhängigkeiten, Probleme in der Lieferkette.

Diabetesmanagement im Spital

Etwa eines aus fünf Krankenhausbetten wird von einer Person mit Diabetes belegt. Dazu kommt der Pflegekräftemangel und seine Auswirkungen auf die Patientenpflege. Die automatisierte Insulinabgabe wird auch im Spital für das Diabetesmanagement angewandt. In der medizinisch/chirurgisch nicht kritischen Pflege ergab die vollautomatische Closed Loop Insulinabgabe (FC)L vs. Kontrolle 24 Prozentpunkte mehr Zeit mit Glukose im Zielbereich im Vergleich zur üblichen Versorgung (66% vs. 42%), jeweils täglich 6 zusätzliche Stunden. Bei der parenteralen und/oder enteralen Ernährungsunterstützung ergab die FCL 32 Prozentpunkte mehr Glukose im Zielbereich im Vergleich zur Standardpflege (68% vs. 36%), täglich 8 zusätzliche Stunden. Bei hospitalisierten Dialysepatienten wurden 38 Prozentpunkte mehr Zeit mit Glukose im Zielbereich gegenüber der Kontrolle täglich gemessen, 9 zusätzliche Stunden. gemessen (69% vs. 32%). In der perioperativen Pflege (gemischte elektive Chirurgie) ergab die FCL vs. Kontrolle 22 Prozentpunkte mehr Zeit mit Glukose im Zielbereich im Vergleich zur üblichen Pflege. (77% vs. 55%), täglich 5.5 zusätzliche Stunden.

Patientenbeispiel totale Pankreatektomie

Der 65jährige Patient litt an T2DM. Er erhielt Insulin Degludec 70-0-0. Dapagliflozin 10mg 1-0-0. Metformin 1-0-1. HbA1c 8.0%, BMI 28.8kg/m2. Die Zeitpunkte der Operation waren 1225h Induktion der Anaesthesie, 1340h Inzision, Start der Operation, 2014h Naht, Ende der Operation. Die intraoperativ verabreichten Medikamente waren 1250h 8mg DXM, 1330h 0.2mg Octreotid, 1910h 0.2mg Octreotid. Die Glukosekonzentration war während der gesamten Operationszeit im Zielbereich (5-10mmol/l), meist um 7 mmol/l.

Dies vollständig geschlossene Insulinabgabe entlastet das Krankenhauspersonal. Die Zeitersparnis bei Diabetespatienten über alle Behandlungsperioden beträgt 2.1 bis 4.5Stunden.

Smart Pens

Digitale Dosiserfassung, Echtzeit-Konnektivität (App, Glucose-Sensor), Integration mit personalisierter Entscheidungshilfe für die Dosierung.) Etablierte Produkte sind NovoPen 6/ Echo (CE mark 2019), Medtronic InPen (CE-mark 2021). Da die Smart Insulin Pens auf dem Weg der digitalen Transformation weiter voranschreiten, können weitere Vorteile erwartet werden: iterativ verbesserte Software, maschinelles Lernen und fortschrittliche Entscheidungsunterstützung.

Das Management von Diabetes ist aber mehr als Glukosekontrolle: Screening auf diabetische Retinopathie: automatische Bildanalyse mit Deep-Learning Algorithmen, behördliche Zulassung der ersten Anwendungen (IDx-DR device. Digitale Diagnostik), Herausforderungen bei der Umsetzung sind regulatorische Herausforderungen, Interoperabilität, Heterogenität der nationalen Screeningprogramme.

Lebensstil (Diät und Bewegung)

Das fehlende Teil sind Änderungen des Lebensstils. Eine Studie, die im Rahmen der routinemässigen Primärversorgung untersuchte, ob intensives Gewichtsmanagement zu einer Remission des Typ2 Diabetes führt, zeigte, dass nach 12 Monaten die Hälfte der Patienten eine Remission zu einem Non-Diabetes-Status ohne antidiabetische Medikamente führte (Lean MEJ et al. Lancet 2018). Die Remission von Typ2 Diabetes ist ein praktisches Ziel für die Grundversorgung.

Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen wurde auch bei der automatisierten Nahrungsanalyse eingesetzt: Lebensmittelnachweis, Segmentierung von Lebensmitteln und 3D Rekonstruktion, Schätzung von Volumen/Gewicht von Lebensmitteln, Analyse der Nährstoffe in Lebensmitteln.

DIe Referentin erwähnt ferner die tragbaren und digitalen Geräte zur Überwachung und Behandlung von Stoffwechselkrankheiten und OVIVA, die personalisierte Ernährungsberatung für Versicherte der Helsana, CSS, Swica und über 50 weitere Versicherungen.

Der digitale Zwilling

Das Daten gesteuerte virtuelle Abbild eines Patienten kann verwendet werden, um individuelle Risiken und deren Veränderung durch spezifische Interventionen zu zeigen. Dies führt zur Verbesserung des Verständnisses der Patienten dafür, wie sich verschiedene Gesundheits- und Lebensstilfaktoren und -änderungen auf ihre kardiometabolischen Risiken auswirken. Umsetzung der Ernährungsempfehlungen in die Praxis, natürliche Sprachverarbeitung von Ernährungs- und Rezeptdatenbanken, der Rezeptorgenerator mit künstlicher Intelligenz.

ChatGPT

Kann ChatGPT unseren Diabetesberatern eine gewisse Last abnehmen? Die Referentin warnte vor mit künstlicher Intelligenz generiertem Inhalt (z.B. ChatGPT): Trainiert vor 2021, keine Quellenangabe, nicht auf dem gesamten Werk biomedizinischer Daten erstellt, wie Volltext-Artikel hinter der Paywall von grossen Verlagen und auch nicht von medizinischen Experten getestet. Neigung zu Halluzinationen (ungenaue Informationen, die sprachlich flüssig präsentiert werden). Viele Bedenken hinsichtlich Copyrights, Plagiarismus etc. Hauptbedenken ist die Patientensicherheit, ChatGPT sollte nicht ohne fachkundige menschliche Aufsicht verwendet werden.

Fazit

  • Rasche Entwicklung von Wearables und digitalen Gesundheitstechnologien
  • Automatisierte Insulinabgabe hat die Pflege von Personen mit Typ 1 Diabetes revolutioniert
  • Künstliche Intelligenz/Maschinenlernen (KI/ML) sind vielversprechend
  • Risiko von «Black Box» Ansätzen
  • Herausforderungen in Bezug auf Datenschutz, Datenzugang, Haftung und Ethik
  • Es gibt nur wenige KI/ML-fähige Geräte mit behördlicher Genehmigung
  • Mehr Forschung und Schulung des medizinischen Personals sind erforderlich
  • Synergie zwischen Mensch und KI
Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

CAR-T-Zell-Therapie: Update für den Allgemeininternisten

Mit einem Abriss über die Geschichte der Tumorimmunologie und -therapie eröffnete Prof. Dr. med. et Dr. phil. Sacha Zeerleder, Luzern, seinen hervorragenden Überblick über die CAR-T-Zelltherapie. Die Tumorimmunologie begann mit der Beobachtung von William Coley (1862-1936), der feststellte, dass es bei Sarkompatienten oftmals nach einer fieberhaften Erkrankung zu einer Rückbildung des Tumors kam. Coley entwickelte aufgrund dieser Beobachtung eine Bakterienmischung, das sogenannte Coley-Toxin, welches zu erfolgreichen Verläufen bei Tumorpatienten führte. Ungefähr zu Coleys Zeit wurde ein weiterer wichtiger Meilenstein von George Beatson gesetzt, der die Ablatio der Ovarien zur Heilung von inoperablem Brustkrebs einsetzte. Der Zusammenhang zwischen Sexualsteroidhormonen und Krebs ebnete den Weg für die Hormontherapie bei hormonempfindlichen Krebsarten wie Brust-, Ovarial-, Gebärmutter- und Prostatakrebs. Der erste prognostische Wert der Lymphozytenin­filtration war 1921, die TNM-Klassifizierung erfolgte 1932, das Konzept der «Immune Surveillance» 1957 und die Klonierung von CTLA-4 im Jahre 1987. Das erste Tumor-assoziierte Antigen (MAGE-1) wurde 1991 beschrieben und PD-1 1992 kloniert. Die Entdeckung der Anti-Tumoraktivität von CTLA-4 erfolgte 1996, die Anti-Tumoraktivität von anti-PD1/L1 2002. Der immunbasierte Test «Immunoscore» zur Quantifizierung des T-Zellinfiltrats erweist sich der TNM-Klassifizierung als überlegen (2006). Im Jahre 2016 wurde die immunbasierte Metastasenausbreitung beschrieben, im Jahre 2018 die immun­basierte Krebsevolution beim Menschen und im selben Jahr erfolgte die Immunoscore-Klassifizierung. 2018 wurde der Medizin-Nobelpreis für Immuntherapie verliehen und 2019 waren bereits 43 Checkpoint-Immuntherapien bei verschiedenen Krebsarten zugelassen.

Der Referent wandte sich nun der allogenen hämatopoetischen Knochenmarktransplantation zur Behandlung hämatologischer Krebserkrankungen zu. Dabei ist neben der erwünschten Graft vs. Leukemia-Reaktion, ein immunologisches wichtiges Phänomen, welches die Rückfallrate erniedrigt, auch die Graft vs. Host-Reaktion, die systemische zytotoxische Reaktion der transfundierten T-Zellen gegen den Wirtsorganismus, zu berücksichtigen.

Zelluläre Immuntherapie zur Heilung bösartiger Erkrankungen «der heilige Gral»

Welche Tumorantigene sind besonders geeignet? Avidität der Spender-T-Zellen gegen das Zielantigen? Expressionsmuster der Zielantigene (Expression in normalen Geweben)? Stabilität der Antigenexpression? Dabei ist eine wirksame Reaktion auf Tumore ohne Kollateralschaden erforderlich.

Adoptive T-Zelltherapie TIL, CAR und darüber hinaus

Die adoptive Zelltherapie (ACT) hat in den letzten Jahren mit der Zulassung von CAR-T-Zellen für die Behandlung von Patienten mit B-Zell-Malignomen einen Aufschwung erlebt. Um den Einsatz adoptiv übertragener T-Zellen für die Behandlung von Patienten mit soliden Tumoren und anderen hämatologischen Malignomen voranzutreiben, müssen jedoch zahlreiche Hürden in Bezug auf die Effektorzellen und die Mikroumgebung des Tumors überwunden und eine breitere ACT-Plattform genutzt werden, die nicht nur gentechnisch veränderte CAR-T-Zellen, sondern auch andere Formen der ACT einschliesslich der Therapie mit endogenen T-Zellen (ETC) und tumorinfiltrierenden Lymphozyten (TIL) umfasst. Die jüngsten Entdeckungen in Bezug auf die Immunresistenz und der Entwicklung von Technologien ermöglichen es, die Kraft tumor­reaktiver T-Zellen für die adoptive Zelltherapie nutzbar zu machen. So titelte denn die New York Times am 9. Dez. 2012 «A breakthrough against leukemia using altered T cells. In girl’s last hope, altered immune cells beat leukemia». In der letzten Hoffnung eines Mädchens besiegen veränderte Immunzellen die Leukämie.

CAR-T-Zellen

CAR steht für «chimärer Antigenrezeptor». Die therapeutische Strategie basiert auf der genetischen Umprogrammierung von T-Zellen mit einem künstlichen Immunrezeptor, der sie gegen bestimmte Antigene (z.B. CD19, BCMA (B-cell maturation antigen)) auf malignen Zellen dirigiert und deren Zerstörung durch die Ausübung von T-Zellrezeptorfunktionen ermöglicht.

Es existiert eine ganze Reihe von verschiedenen CAR-T-Zell­rezeptor-Therapien, die sich in ihrer Spezifität (anti-CD19 oder anti BCMA) unterscheiden, deren Hinge und Transmembranregion unterschiedlich ist (CD28 oder CD8a) und deren Co-Stimulationsdomänen sich unterscheiden (CD28, oder 4-1BB). Die Intensität der CAR-Signalisierung in T-Zellen wird nicht nur durch das Niveau der CAR-Expression, sondern auch durch die Scharnier-(hinge) Domäne beeinflusst. Die Scharnierdomäne reguliert die CAR-Sigalisierungsschwelle und die Transmembrandomäne die Menge der CAR-Signalisierung über die Kontrolle des CAR-Expressionsniveaus.

CAR-T-Zelltherapie: Prozess von der Ernte bis zur Infusion

Die einzelnen Schritte umfassen: die Lymphozytenapherese, die Lymphozyten-depletierende Chemotherapie und die Reinfusion («Transplantation»).
Die Reinigung, Selektion und Herstellung der CAR-T-Zellen (US/Europa) dauert 3-4 Wochen. In SCHOLAR-1, der grössten, gepoolten, retrospektiven Analyse auf Patientenebene zur Charakterisierung der Ansprechrate und des Überlebens bei Patienten mit refraktärem DLBCL lag die objektive Ansprechrate auf die nächste Therapielinie bei 26% (vollständige Ansprechrate 7%), und das mediane Gesamtüberleben betrug 6.3 Monate. Zwanzig Prozent der Patienten waren nach 2 Jahren noch am Leben. Die Ergebnisse waren in allen Studien­kohorten gleich schlecht.
JULIET: Tisagenlecleucel induziert dauerhaftes Ansprechen. Bei Respondern war das 12-monatige Rückfall-freie Überleben 65%. 54% der Patienten (15/28), die eine PR erreicht hatten, wurden zu einer CR umgewandelt.

CAR-T-Zellen liessen sich bis zu 2 Jahren bei Patienten mit Ansprechen verfolgen.

ZUMA-1: Axi-cel induziert ein dauerhaftes Ansprechen bei DLBCL. Mediane Ansprechdauer (DOR) 11.1 Monate (4.2-51.3), mediane Dauer der CR 62.2 Monate (62.2-NE), mediane Dauer der PR 1.9 Monate ( 1.3-1.7). Das mediane OS betrug 25.8 Monate (12.8-NE).

CAR-T-Zelltherapie mit Ide-cel (bb2121) beim rezidivierenden/refraktären multiplen Myelom

Krankheitsprogression trotz immunmodulierender Therapie, Proteasom Inhibitoren und anti-CD38: PFS 3-4 Monate, medianes Gesamtüberleben 8-9 Monate. Phase 2 Studie OR 73%, CR 33%, Open Label Phase 3 Studie OR 71%, CR 39%.

Cita-cel bei rezidiviertem/refraktärem multiplem Myelom

OR 97%, CR 67%. Nach 27 Monaten PFS Rate 54.9% (44.0-64.6)
Die CAR-T Zell-Therapie wirkt sowohl beim aggressiven Lymphom als auch beim Multiplen Myelom.

Fazit

  • Die CAR-T-Zelltheraoie ist effektiv beim aggressiven B-Zell-Lymphom und beim rezidivierenden/refraktären multiplen Myelom
  • Sie ist ziemlich sicher
  • Komplikationen sind
    ▻ Systemische inflammatorische Reaktion (Zytokinfreisetzungssyndrom, CRS)
    ▻ Immuneffektorzellen-assoziiertes neurotoxisches Syndrom (ICANS)
    ▻ Zytopenie post CAR-T (CAVE verlängerte hämatologische Toxizität
    ▻ Infektiöse Komplikationen
    ▻ Hypogammaglobulinämie
  • Logistischer Prozess (Gewinn/Produktion): Optimierung im Gange
  • Supportive Behandlung durch gut trainiertes und erfahrenes Team
    ▻ Akute Komplikationen (CRS, ICANS): Inflammation blockieren (anti-IL6, anti-IL1, Steroide)
    ▻ Subakute Langzeitkomplikationen: Panzytopenie- und virale Prophylaxe, IVIG Infusionen, G-CSF
  • Offene Fragen:
    ▻ Rolle der allogenen HSCT (Konsolidierung nach CAR-T-Zell-Therapie?
    ▻ Substitut für autologe HSCT
    ▻ Wirksamkeit im Vergleich zu «T-cell engager/bispezifische Antikörper»
Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

Modulatoren des CFTR-Proteins zur Behandlung der Mukoviszidose

Im Dezember 2020 liess Swissmedic die «Orphan Drug» Trikafta® zu. Dabei handelt es sich um eine hochwirksame Kombination von Modulatoren des CFTR-Proteins (Cystic fibrosis transmembrane conductance regulator) zur Behandlung von Mukoviszidose bei Patienten mit mindestens einer F508del-Mutation im CFTR-Gen, der häufigsten Mutation bei Mukoviszidose. Die Wirkstoffe sind Elexacaftor, Tezacaftor und Ivacaftor. Derzeit kommen mehr als 85% der Patienten mit Mukoviszidose für eine Behandlung mit CFTR-Modulatoren in Frage, die die Lungenfunktion und die Lebensqualität verbessern und die Exazerbationen der Atemwege verringern.

In December 2020, Swissmedic approved the drug Trikafta®, a highly effective combination of modulators of the CFTR protein (Cystic fibrosis transmembrane conductance regulator), for the treatment of cystic fibrosis (CF) in patients with at least one F508del mutation of the CFTR gene (the most common mutation in CF). The active substances are elexacaftor, tezacaftor and ivacaftor. Currently, more than 85% of people with CF are eligible for CFTR modulator therapy, which has been shown to improve respiratory function and quality of life and reduce pulmonary exacerbations.
Key Words: cystic fibrosis, modulators of the CFTR, elexacaftor, tezacaftor, ivacaftor

Mukoviszidose

Mukoviszidose ist eine potenziell schwere monogenetische Erkrankung, die autosomal-rezessiv vererbt wird und weltweit mehr als 100’000 Menschen betrifft (1, 2). Sie wird durch Mutationen im CFTR-Gen verursacht, die zu einer veränderten Synthese oder Funktion des CFTR-Proteins (Cystic Fibrosis Transmembrane conductance Regulator, im Folgenden pCFTR) führen. Seit der ersten Entdeckung der häufigsten Mutation (F508del) wurden über 2000 Varianten des CFTR-Gens beschrieben (1, 2), von denen etwa 400 als mit Mukoviszidose assoziiert gelten. Sie werden in die Klassen I bis VI eingeteilt, je nachdem, wie sie sich auf die Produktion und Funktion des pCFTR auswirken (1, 2). Das pCFTR ist ein transmembraner Chloridkanal, der sich auf der apikalen Seite sekre­torischer Epithelien, insbesondere der Schweissdrüsen, der Atemwege, des Gastrointestinaltrakts, der Bauchspeicheldrüse und der Samenleiter befindet (1, 2). Es reguliert den Salz- und Wasser­haushalt auf der Zelloberfläche und eine Fehlfunktion dieses Proteins führt zu zähflüssigem Schleim und Sekreten. Die klinischen Manifestationen der Krankheit sind multisystemisch und treten je nach pCFTR-Dysfunktion in unterschiedlichem Alter auf (3, 4).

In der Lunge ist die Mukoviszidose durch eine schwere Störung der mukoziliären Clearance, eine Entzündung und eine chronische bakterielle Kolonisierung der oberen und unteren Atemwege gekennzeichnet, die zu Bronchiektasien und einem allmählichen Rückgang der Lungenfunktion führt. Eine exokrine Pankreasinsuffizienz mit Malabsorption von Lipiden und fettlöslichen Vitaminen ist sehr häufig, ebenso wie Verstopfung. Mukoviszidose-bedingter Diabetes tritt bei 30 % der Patienten über 18 Jahren auf und die Prävalenz steigt mit zunehmendem Alter, während die biliäre Zirrhose viel seltener ist (3, 4). Die Behandlung der Mukoviszidose basierte lange Zeit auf einer symptomatischen Behandlung, die zwar anstrengend war, aber die Lebenserwartung der Patienten erheblich verlängerte. Seit den 2010er-Jahren steht eine neue Klasse von Medikamenten zur Verfügung, die pCFTR-Modulatoren, mit denen die Aktivität des pCFTR wiederhergestellt werden kann (1).

Modulatoren des CFTR-Proteins

Im Gegensatz zu symptomatischen Therapien, die sich auf die Behandlung von Komplikationen der Mukoviszidose konzentrieren, sind pCFTR-Modulatoren kleine Moleküle, die am Ursprung des Problems ansetzen (Abb. 1).

Es gibt zwei Arten von Modulatoren: Potentiatoren (Ivacaftor) verbessern die Funktion des pCFTR, indem sie die Öffnungszeit der Chloridkanäle begünstigen. Die Korrektoren (Lumacaftor, Tezacaftor und Elexacaftor) stabilisieren den pCFTR und erleichtern seinen Transport zur Zellmembran (1). Derzeit sind vier Medikamente als Mono-, Zwei- oder Dreifachtherapie auf dem Markt, von denen einige Merkmale in Tabelle 1 beschrieben sind.

Wirksamkeit und Sicherheit von Modulatoren

Im Jahr 2019 wurden zwei pivotale Studien zur Dreifachtherapie mit Elexacaftor/Tezacaftor/Ivacaftor (Trikafta®) bei 113 homozygoten F508del-Patienten (5) und 403 heterozygoten F508del/Varianten-Kompositpatienten mit minimaler Funktion, die durch die bisherigen Modulatorkombinationen nicht korrigiert werden konnte, veröffentlicht (6). Die erste Studie umfasste nur 4 Wochen und die Kontrollgruppe bestand aus Patienten, die mit Ivacaftor/Tezacaftor behandelt wurden. Die Zugabe von Elexacaftor führte zu einer zusätzlichen Steigerung des maximalen exspiratorischen Einsekundenvolumens (FEV1) um 10,0% und einer Senkung des Schweisschlorids um 45 mmol/l (p < 0,0001). Die zweite Studie führte nach 24 Wochen zu einer Verbesserung des FEV1 um 13,9%, einem Rückgang der Rate an Lungenexazerbationen um 63%, einer Verbesserung des CFQ-R-Scores (Lebensqualitätsscore) um 20,2 Punkte und einer Senkung des Chlorids im Schweiss um 42 mmol/l (p<0,001 für alle Vergleiche). Diese Ergebnisse wurden durch prospektive Real-Life-Studien bestätigt, die auch dazu führten, dass die FDA die Zulassung auf Kinder ab 6 Jahren und vor kurzem auf Kinder ab 2 Jahren ausdehnte (7, 8).

Aus Sicht der Toxizität sind die Modulatoren relativ gut verträglich (9-11). Die Kombination Ivacaftor/Lumacaftor weist jedoch höhere Raten an respiratorischen Nebenwirkungen auf, die offenbar auf Lumacaftor zurückzuführen sind (10). Ein vorübergehender Anstieg von Husten/Bronchorrhoe innerhalb von 48 Stunden nach Behandlungsbeginn ist die Folge einer verbesserten Sekret­clearance und nimmt danach wieder ab. Andere Nebenwirkungen treten vor allem im Magen-Darm-Bereich (Durchfall, Übelkeit, Bauchschmerzen) und bei der Leber (Anstieg der Transaminasen) auf (9-11). Allergien vom Typ Ausschlag oder Überempfindlichkeit wurden selten berichtet. Ein Signal für eine Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit (einschliesslich Depressionen oder neuropsychiatrische Störungen) wurde auf der Grundlage einiger Kohortenstudien und Fallberichte identifiziert (9), obwohl ein kausaler Zusammenhang mit CFTR-Modulatoren nicht formell nachgewiesen werden konnte.

Pharmakokinetische Erwägungen

Die pCFTR-Modulatoren werden hauptsächlich über die Zytochrome (CYP) 3A4/5 eliminiert (Tab. 1). Ivacaftor und Elexacaftor können auch Substrate, Inhibitoren oder Induktoren von P-gp und/oder OATP1B1/3 sein. Daher stellen sie ein erhebliches Risiko für Arzneimittelwechselwirkungen dar, insbesondere mit Induktoren oder Inhibitoren von CYP3A4/5. Eine deutliche Verringerung der Exposition (89%) und ein 15-facher Anstieg der Ivacaftor-Konzentrationen bei gleichzeitiger Verabreichung mit Rifampicin bzw. Itraconazol wurden beobachtet (11). Geringere, aber signifikante Veränderungen werden bei moderaten Inhibitoren oder Induktoren von CYP3A4/5 (z.B. Rifabutin oder Fluconazol) erwartet. Obwohl keine Arzneimittelwechselwirkungen zwischen Trikafta® und OATP1B1/3-Induktoren berichtet wurden, könnten die OATP1B1/3-Inhibitoren Gemfibrozil und Ciclosporin theoretisch zu einem Anstieg der Serumkonzentrationen von Trikafta® führen (12). Da Ivacaftor als CYP2C9-Hemmer die Wirkung bestimmter Arzneimittel, die ein Substrat dieses Enzyms darstellen (Acenocoumarol, Glibenclamid), verstärken kann, ist bei der Verabreichung von Arzneimitteln, die ein Substrat von OATP1B1 darstellen, wie z. B. Statine, Glibenclamid oder Repaglinid, Vorsicht geboten und eine angemessene Überwachung erforderlich. Da Bilirubin ein Substrat von OATP1B1 und OATP1B3 ist, kann es zu leichten Erhöhungen des durchschnittlichen Gesamtbilirubinspiegels kommen (10, 11).

Bei Patienten, die mit Trikafta® behandelt werden, wurde über eine erhebliche Variabilität der Plasmakonzentrationen berichtet, die mit bestimmten Faktoren in Zusammenhang steht, wie Alter und Gewicht bei Kindern, fettreiche Nahrung, die die Exposition gegen­über diesen Arzneimitteln signifikant erhöht, Ko-Medikationen mit dem Risiko von Wechselwirkungen und Veränderungen der Elimination bei Leber- oder Niereninsuffizienz. Die Auswirkungen dieser pharmakokinetischen Veränderungen auf das Ansprechen und die Verträglichkeit dieser Medikamente sind jedoch noch weit­gehend unbekannt. Die Überwachung der Therapie durch die Messung der Plasmaspiegel ist potenziell hilfreich, um die Dosierung dieser Medikamente anzupassen (13).

Was ist in der Praxis zu beachten?

Die Dosen von Trikafta® sollten im Abstand von ca. 12 Stunden zu einer fettreichen Mahlzeit eingenommen werden. Bei mässiger Leberinsuffizienz sollte die Dosierung reduziert werden (11).

Die gleichzeitige Verschreibung von starken CYP3A4/5-Induktoren ist aufgrund des Risikos eines Wirkungsverlustes kontraindiziert. Bei starken und schwachen CYP3A4/5-Inhibitoren wird eine Dosisreduktion empfohlen, um das Risiko von Nebenwirkungen zu verringern. Vorsicht und eine angemessene Überwachung sind geboten, wenn Arzneimittel, die Substrate von CYP2C9, P-gp, OATP1B1 und OATP1B3 sind, zusammen mit Trikafta® verabreicht werden, da die Exposition gegenüber diesen Arzneimitteln erhöht sein kann.

Es wird empfohlen, die Transaminasen (ALAT und ASAT) und das Gesamtbilirubin bei allen Patienten vor Beginn der Behandlung, im ersten Jahr alle drei Monate und danach mindestens einmal jährlich zu kontrollieren (11). Aufgrund des Risikos einer schweren Verschlechterung der Atmung nach Absetzen der Behandlung ist eine Unterstützung der Therapietreue und der Kenntnis der Herausforderungen durch den Patienten und das Pflegepersonal erforderlich (14).

Die Kosten für eine Packung Trikafta® mit 84 Tabletten (28 Tage) belaufen sich auf CHF 17’516.15 und erfordern die Zustimmung der Versicherer zur Kostenübernahme mit einer vorherigen Beurteilung durch den Vertrauensarzt der Versicherung.

Schlussfolgerung

Die pCFTR-Modulatoren haben die Behandlung von Patienten mit Mukoviszidose revolutioniert und zu einer deutlichen Verbesserung der Lungenfunktion und der Lebensqualität sowie zu einer Verringerung des Risikos von Lungenexazerbationen geführt. Wie bei jeder neuen Behandlung sind jedoch die langfristige Wirksamkeit, insbesondere die extrapulmonale Wirksamkeit, und die langfristigen Nebenwirkungen noch unbekannt und es müssen bestimmte Vorsichtsmassnahmen ergriffen werden, um das Risiko einer Toxizität zu minimieren. Weitere Wirkstoffe werden derzeit untersucht und sollen in den nächsten Jahren auf den Markt kommen (15).

 

Copyright Aerzteverlag medinfo AG

Dr. pharm. Ermindo R. Di Paolo

Service de pharmacie, Centre Hospitalier Universitaire Vaudois et
Université de Lausanne
Lausanne

ermindo.di-paolo@chuv.ch

Dr. med. Georgia Mitropoulou

Unité de mucoviscidose adulte, Service de Pneumologie,
Centre Hospitalier Universitaire Vaudois et Université de Lausanne
Lausanne

georgia.mitropoulou@chuv.ch

Prof. Dr. pharm.Chantal Csajka

Centre de Recherche et d’ Innovation en Sciences Pharmaceutiques
cliniques Centre Hospitalier Universitaire et Université de Lausanne
Suisse Rue du Bugnon 19
1011 Lausanne

Chantal.Csajka@chuv.ch

Die Autoren haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel angegeben.

◆ Die Modulatoren des CFTR-Proteins und insbesondere die hochwirksame Dreifachtherapie (Elexacaftor/Tezacaftor/Ivacaftor) haben die Behandlung der Mukoviszidose revolutioniert und die Lebensqualität der Mehrheit der in Frage kommenden Patienten verändert.
◆ Die Modulatoren sind im Allgemeinen gut verträglich, aber es gibt noch Unbekannte in Bezug auf die langfristige extrapulmonale Wirksamkeit und die Nebenwirkungen.
◆ Arzneimittelwechselwirkungen, an denen die Zytochrome 3A4/5, 2C9 und die Transporter P-gp, OATP1B1 und OATP1B3 beteiligt sind, sollten beachtet werden.
◆ Eine schlechte Therapietreue kann das Risiko für eine schwere
respiratorische Verschlechterung erhöhen.

1. Shteinberg M, Haq IJ, Polineni D, et al. Cystic fibrosis. Lancet 2021;397:2195-2211.
2. Bell SC, Mall MA, Gutierrez H, et al. The future of cystic fibrosis care: a global perspective. Lancet Respir Med 2020; 8:65-124.
3. Koutsokera A, Sauty A et al. Swiss recommendations for adult cystic fibrosis care. https://www.revmed.ch/guidelines/swiss-recommendations-for-adult-cystic-fibrosis-care (letzter Zugriff 20.02.2023).
4. Sauty A, Plojoux J, Mornand A, et al. Révolution dans le traitement de la mucoviscidose. Rev Med Suisse 2020; 16:1229-35.
5. Heijerman HGM, McKone EF, Downey DG, et al. Efficacy and safety of the elexacaftor plus tezacaftor plus ivacaftor combination regimen in people with cystic fibrosis homozygous for the F508del mutation: a double-blind, randomised, phase 3 trial. Lancet 2019;394:1940-8.
6. Middleton PG, Mall MA, Drevínek P, et al. Elexacaftor–tezacaftor–ivacaftor for cystic fibrosis with a single Phe508del allele. N Engl J Med 2019;381:1809-19.
7. Trikafta® Swiss Public Assessment Report. Swissmedicinfo. 30 March 2022.
8. Nichols DP, Paynter AC, Heltshe SL, et al. Clinical effectiveness of Elexacaftor/Tezacaftor/Ivacaftor in people with cystic fibrosis: a clinical trial. Am J Respir Crit Care Med 2022;205:529-39.
9. Dagenais RVE, Su VCH, Quon BS. Real-world safety of CFTR modulators in the treatment of cystic fibrosis: a systematic review. J Clin Med 2020;10:23. doi: 10.3390/jcm10010023.
10. Gramegna A, Contarini M, Aliberti S, et al. From ivacaftor to triple combination: a systematic review of efficacy and safety of CFTR modulators in people with cystic fibrosis. Int J Mol Sci 2020 ;21:5882. doi: 10.3390/ijms21165882.
11. https://www.swissmedicinfo.ch, Fachinformation Trikafta® (letzter Zugriff 20.02.2023).
12. Purkayastha D, Agtarap K, Wong K, et al. Drug-drug interactions with CFTR modulator therapy in cystic fibrosis: focus on Trikafta®/Kaftrio®. J Cyst Fibros 2023. doi: 10.1016/j.jcf.2023.01.005.
13. Choong E, Sauty A, Koutsokera A, et al. Therapeutic drug monitoring of ivacaftor, lumacaftor, tezacaftor, and elexacaftor in cystic fibrosis: where are we now? Pharmaceutics 2022;14:1674. doi: 10.3390/pharmaceutics14081674.
14. Mitropoulou G, Balmpouzis Z, Plojoux, J, et al. Effects of elexacaftor−tezacaftor−ivacaftor discontinuation in cystic fibrosis. Respir Med Res 2022;82:100972. doi: 10.1016/j.resmer.2022.100972.
15. https://apps.cff.org/trials/pipeline (letzter Zugriff 20.02.2023).

Zufallsbefunde im Thorax-CT

Die Computertomographie (CT) ersetzt zunehmend die Projektionsradiographie in der Thoraxbildgebung, aufgrund der diagnostischen Überlegenheit bei abnehmender Strahlenbelastung. Die Niedrigdosis-CT (LDCT) des Thorax zur Lungenkrebsfrüherkennung hat an Bedeutung gewonnen, da sie die häufigste Krebstodesursache weltweit adressiert. Inzidentelle Befunde, die bei CTs oft erfasst werden, erfordern standardisierte Definitionen und Managementstrategien, da die Befunderhebung und weitere Abklärung nicht relevanter Zufallsbefunde zu unnötiger Verunsicherung von Patienten und vermeidbaren Kosten führt. Die involvierten europäischen Fachgesellschaften haben daher Empfehlungen zum Umgang mit Zufallsbefunden entwickelt, um Überdiagnosen zu vermeiden und die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu verbessern. Trotz der Ausrichtung auf das Lungenkrebs-Screening können die Prinzipien auch bei anderen Indikationen für Thorax-CTs angewendet werden und bieten somit einen Leitfaden für die klinische Routine.

Computed tomography (CT) is increasingly replacing projection radiography in thoracic imaging due to its diagnostic superiority and decreasing radiation exposure. Low-dose CT (LDCT) of the thorax for the early detection of lung cancer has gained in importance as it addresses the most common cause of cancer death worldwide. Incidental findings, which are often detected during CT scans, require standardised definitions and management strategies, as the assessment and further clarification of irrelevant incidental findings leads to unnecessary uncertainty for patients and avoidable costs. The European specialist societies involved have therefore developed recommendations for dealing with incidental findings in order to avoid overdiagnosis and improve interdisciplinary collaboration. Despite the focus on lung cancer screening, the principles can also be applied to other indications for chest CT scans and thus provide a guideline for routine clinical practice.

Key words: incidental findings, computed tomography, chest, lung cancer screening, management recommendations

Einleitung

Die Computertomographie ersetzt aufgrund ihrer diagnostischen Überlegenheit und der abnehmenden Dosisbelastung für die Patienten zunehmend die klassische Projektionsradiographie in der klinischen Routine. Dies spiegelt sich in den stetig steigenden Zahlen der CT-Untersuchungen wider. Das Bundesamt für Gesundheit hat beispielsweise in der Schweiz im Zeitraum von 2013 bis 2018 einen Anstieg der Anzahl der Computertomographien (CT) von 117 Untersuchungen pro 1000 Einwohner auf 135 pro 1000 Einwohner festgestellt, was einem Anstieg von 15 % entspricht (1). Gleichzeitig nahm die Anzahl der Röntgenuntersuchungen um 7 % ab. Erfreulicherweise nahm in diesem Zeitraum auch die pro CT verursachte Strahlendosis um 15 % ab, sodass die durch die CT-bedingte Strahlenbelastung insgesamt trotz steigender Zahlen stabil blieb (1). Die Fortschritte in der Dosisreduktion ermöglichen aufgrund eines verbesserten Risiko-Nutzen-Verhältnisses neue Einsatzgebiete für die CT, insbesondere die Niedrigdosis-CT (Englisch: low dose CT, LDCT) des Thorax zur Lungenkrebsfrüherkennung hat in den letzten Jahren zunehmend an Relevanz gewonnen. Lungenkrebs stellt die häufigste Krebstodesursache in Europa dar (2) und ist gleichzeitig mit den höchsten Behandlungskosten verbunden (3). Eine Früherkennung von Lungenkrebs stellt hierbei einen vielversprechenden Ansatz dar, um sowohl die Mortalität als auch die Gesundheitskosten zu senken (4). Mittlerweile konnte der Nutzen einer gezielten Lungenkrebsfrüherkennung in einer Vielzahl randomisiert-kontrollierter Studien nachgewiesen werden (5–7), sodass einige europäische Länder die Implementierung von Screening-Programmen planen oder diese bereits durchführen (8). Auch am Universitätsspital Zürich wird zurzeit eine entsprechende Pilotstudie durchgeführt.

Inzidentelle Befunde: Definition und ­Häufigkeit

Unabhängig davon, ob eine Niedrigdosis-CT des Thorax im Rahmen eines Screening-Programms oder aufgrund einer individuellen Indikation bei einem hohen Risikoprofil eines Patienten oder einer Patientin durchgeführt wird, bildet die Untersuchung neben der Lunge und der mediastinalen Strukturen auch Teile des Halses, des Oberbauchs und der Thoraxwand ab. Da diese Regionen eine Vielzahl weiterer Strukturen enthalten, sind häufig zusätzliche Befunde miterfasst. Befunde, die unabhängig von der eigentlichen Fragestellung erhoben werden, bezeichnet man als inzidentelle Befunde oder Zufallsbefunde. Im Kontext der Validierung der Lungenkrebsfrüherkennungsprogramme in unterschiedlichen Kohorten wurde auch die Häufigkeit inzidenteller Befunde systematisch untersucht. Je nach Definition wurden inzidentelle Befunde in 8 % bis 94 % aller CT-Untersuchungen berichtet (9–12), wobei 15–20 % der Befunde signifikant sind und einer weiteren Abklärung bedürfen (9, 13). Die enorme Spannbreite der berichteten inzidentellen Befunde angesichts der Zahl relevanter Befunde verdeutlicht, dass einheitliche Definitionen und Standards bei der Befundung nötig sind. Aus dieser Erkenntnis sind zahlreiche nationale und internationale ­Fachgesellschaften tätig geworden und haben entsprechende Richtlinien veröffentlicht. Allerdings verzeichnet allein das American College of Radiology für den Zeitraum von 2010 bis 2021 zwölf Arbeiten mit Empfehlungen zu den anatomischen Regionen, die im Thorax-CT dargestellt werden (13). Da es im Alltag kaum möglich ist, die verschiedenen Empfehlungen über so viele Publikationen präsent zu halten, wurden diese wiederum zu einheitlichen Empfehlungen zusammengefasst (13).

Empfehlungen der europäischen ­Fachgesellschaften zum Management ­inzidenteller Befunde im Niedrigdosis-­Thorax-CT zum Screening

Mit der beginnenden Implementation der Lungenkrebs-Früherkennungsprogramme in Europa, sind auch die ­entsprechenden europäischen Fachgesellschaften tätig geworden und haben entsprechende Empfehlungen herausgegeben. Die europäische respiratorische Gesellschaft (ERS), sowie die europäischen Gesellschaften der Thoraxchirurgie (ESTS), der Strahlentherapie (ESTRO), Radiologie (ESR) und Thoraxradiologie (ESTI) und der Medizinphysik (EFOMP) haben im letzten Jahr eine gemeinsame Handlungsempfehlung zum Management inzidenteller Befunde in Niedrigdosis-CTs für die Lungenkrebsfrüherkennung herausgegeben (14). Für die Erstellung der gemeinsamen Empfehlungen wurde eine Taskforce mit Repräsentanten aus den jeweiligen Fachgesellschaften erstellt. Zusätzlich wurden auch Patientenvertreter miteinbezogen. Aus einer Liste der Zufallsbefunde im Thorax-CT auf Grundlage einer vorherigen Veröffentlichung von ERS und ESR (15) wurden inzidentelle Befunde ausgewählt, wenn sie häufig genug vorkommen, das Potential für eine klinisch relevante Veränderung in der radiologischen Befundung haben, potenziell dringender Abklärung bedürfen oder klinisch signifikant sind. Die Befunde wurden anschließend in zwei Kategorien aufgeteilt: spezifisch und generisch. Spezifische Befunde wurden als wichtig und häufig benannt, sodass eine einzelnstehende Beurteilung empfohlen wird. Die übrigen Befunde sind seltener oder weniger relevant, sodass eine allgemeine Beurteilung als ausreichend erachtet wird. Abbildung 1 fasst die Einteilung der Befunde in die Kategorien zusammen. Abbildung 2 zeigt Bildbeispiele inzidenzeller Befunde.

Im nächsten Schritt wurde eine systematische Literaturrecherche für die Jahre 2010 bis 2021 durchgeführt, welche durch etwaige landesspezifische Vorgaben entsprechender Institutionen und Behörden ergänzt wurde. Aus den selektierten Studien wurde die Evidenz für die jeweiligen Empfehlungen abgeleitet. Die resultierenden Ergebnisse wurden im Konsensus der Taskforce in der vorgestellten Publikation zusammengefasst. Die wichtigsten Aussagen zu den häufigsten Zufallsbefunden werden in Tabelle 1 aufgeführt. Tabelle 2 fasst die Empfehlung der Taskforce zusammen und geht hierbei auf die Aspekte der Befunderhebung und die daraus resultierenden Handlungsempfehlungen ein.

Diskussion

Die Durchführung von Thorax-CTs in Niedrigdosistechnik stellt einen Kompromiss aus diagnostischer Beurteilbarkeit und möglichst geringer Strahlenexposition dar, der nur eine limitierte Aussage zu extrapulmonalen Zufallsbefunden zulässt. Umso wichtiger ist eine klare Definition, wie mit den detektierten inzidentellen Befunden umzugehen ist, um eine Balance zwischen Kosten und Nutzen der Untersuchung sicherzustellen. Dies ist insbesondere im Zusammenhang mit einem Lungenkrebs-Screening relevant. Hier steht der Nutzen für die Screening-Population und die Gesamtbevölkerung im Vordergrund vor dem individuellen Nutzen der untersuchten Person. Die Befunderhebung und weitere Abklärung nicht relevanter Zufallsbefunde führen zu einer unnötigen Verunsicherung von Patienten und zu vermeidbaren Kosten, welche den Nutzen eines Screeningprogramms stark mindern können. Zudem ist für eine effiziente Zusammenarbeit zwischen Radiologie und Zuweiser eine einheitliche Kommunikation von Befunden und Zufallsbefunden von grossem Vorteil. Sie erlaubt es dem Radiologen die klinischen Konsequenzen seiner Befundung besser einzuordnen. Gleichzeitig wissen die Zuweiser, wie sie mit den Formulierungen des Befundtextes umgehen können.

Die in diesem Artikel vorgestellten Empfehlungen der europäischen Fachgesellschaften für den Umgang mit inzidentellen Befunden in Niedrigdosis-Thorax-CTs im Rahmen eines Lungenkrebs-Screenings leisten hierfür einen wichtigen Beitrag. Sie bieten einen praktischen Leitfaden sowohl für Radiologen, welche inzidentellen Befunde in welcher Form zu berichten sind, als auch für die Zuweiser, welche Befunde einer weiterführenden Abklärung bedürfen und aus welchen Befunden sich kein Handlungsbedarf ergibt. Die Empfehlungen fussen einerseits auf einer breiten wissenschaftlichen Basis und andererseits auf der Expertise des interdisziplinären Expertengremiums und bieten somit eine hohe Sicherheit. Die Autoren der Empfehlungen stellen in der Arbeit jedoch heraus, dass bisherige Erkenntnisse herangezogen wurden und benennen verschiedene Bereiche, in denen Unklarheiten bestehen und weitere Forschung nötig ist, beispielsweise für den Umgang mit Patienten mit schweren Bronchie­ktasen oder den Schwellenwert für die Durchmesser der Aorta ascendens. Somit müssen die Empfehlungen mit der Zeit gegebenfalls an neue Erkenntnisse oder technische Fortschritte angepasst werden.

Zwar beziehen sich die Empfehlungen explizit auf das Lungenkrebs-Screening, da hier in besonderem Mass eine Überdiagnostik vermieden werden soll. Ihre Prinzipien lassen sich jedoch grundsätzlich auch auf inzidentelle Befunde bei anderen thorakalen Fragestellungen, wie der Niedrigdosis-CT aus individueller Indikation oder auch einer CT-Pulmonalisangiographie zum Ausschluss einer Lungenarterienembolie, als Leitfaden heranziehen. Die vorgestellten Empfehlungen können somit als praktischer Leitfaden für die klinische Routine dienen.

Dr. med. Jonas Kroschke

Institut für Diagnostische und
Interventionelle Radiologie
Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100, 8091 Zürich

Prof. Dr. med. Thomas Frauenfelder

Institut für Diagnostische und
Interventionelle Radiologie
Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100, 8091 Zürich

Die Autoren haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

  • Bei steigender Zahl von Niedrigdosis-Thorax-CTs (LDCT) steigt auch die Zahl inzidenteller Befunde, welche eine Herausforderung für die Radiologen und zuweisenden Ärzte darstellen.
  • Befunderhebung und weitere Abklärung nicht relevanter Zufallsbefunde führt zu einer unnötigen Verunsicherung von Patienten und zu vermeidbaren Kosten.
  • Einheitliche Definitionen und Empfehlungen zur Handhabung erleichtern das Management inzidenteller Befunde und erhöhen die Effizienz aller Akteure.
  • Im Rahmen eines Screening-Programms steht der Nutzen für die Screeningpopulation und die Gesamtbevölkerung im Vordergrund vor dem individuellen Nutzen der untersuchten Person.
  • Die gemeinsamen Empfehlungen der beteiligten europäischen Fachgesellschaften bieten einen praktischen Leitfaden für die Handhabung inzidenteller Befunde im Rahmen eines Lungenkrebs-Screening-Programms und darüber hinaus.

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Zuwachs im Editoren-Board + neue Möglichkeiten mit «Praxis» für den ärztlichen Nachwuchs

Die kardiale Bildgebung hat in der Diagnostik und in der Planung und teilweise im Rahmen der Durchführung kardialer Interventionen einen ausserordentlich wichtigen Stellenwert erreicht. Die nichtinvasive Abklärung der koronaren Herzkrankheit ist zum Gold Standard geworden und erfolgt über sich dauernd verbessernde Bildgebungstechniken.

Das kardiale MRI ist nicht nur für die Funktionsanalysen des Myokards die Methode der Wahl, es bringt auch eine Verbesserung der Diagnostik und Risikostratifizierung bei Inflammatorischen- und Speicher­erkrankungen des Herzens, wie der Myokarditis oder kardialen Amyloidose. Wir freuen uns sehr, mit Prof. Dr. Dr. med. Christoph Gräni einen ausgewiesenen Experten, der das kardiale Imaging in seiner klinischen und akademischen Tätigkeit mit ausgezeichneter Exzellenz betreibt, als neuen Herausgeber begrüssen zu dürfen. Christoph Gräni hält eine ausserordentliche Professur für kardiale Bildgebung an der Universität Bern und ist Leitender Arzt an der Universitätsklinik für Kardiologie. Mit seinem Engagement und seiner Expertise werden wir die ganze Bandbreite unseres Fachs umfassender abbilden können und wir wünschen uns für Sie, liebe Leserinnen und Leser, dass Sie «info@herz+gefäss» weiterhin als eine informative Fortbildungszeitschrift wahrnehmen werden.

Ebenfalls freut es uns, dass wir unser Advisory-Board mit Dr.  med. Johann Debrunner ergänzen dürfen. Dr. Debrunner absolvierte seine Ausbildung im Stadtspital Triemli und am USZ und war u.a. Chefarzt Kardiologie und Innere Medizin in Uster. Seit 2022 ist er selbstständig in einer Gemeinschaftspraxis in Uster tätig. Er wird mithelfen, dass die Sicht aus der Praxis gebührend im «info@herz+gefäss» vertreten ist.

Neben der Vergrösserung des Advisory Boards und dem neuen Herausgeber-Trio im «info@herz+gefäss», gibt es im Aerzteverlag medinfo AG wesentliche Neuerungen: Ab Juli 2023 wird der Aerzteverlag medinfo AG die traditionsreichen Zeitschriften «Praxis – Schweizerische Rundschau für Medizin/ Revue Suisse de la médicine» und «Therapeutische Umschau» herausgeben. Beide Zeitschriften sind in MEDLINE, EMBASE und Scopus gelistet. Die bisherigen Zeitschriften des medinfo Verlags werden in üblicher Weise weitergeführt. Es besteht nun aber für die Autor*innen die Möglichkeit, einen Beitrag aus ihrem Fachgebiet in einer der beiden MEDLINE gelisteten Zeitschriften, insbesondere in der «Praxis», zu publizieren. Für jüngere Kolleginnen und Kollegen eröffnet sich die Möglichkeit ihre für den Facharzttitel geforderte wissenschaftliche Arbeit in einer gelisteten Zeitschrift deutscher Sprache veröffentlichen zu ­können.

Die neuen Zeitschriften zeichnen sich – wie alle medinfo-Titel – durch völlige redaktionelle Unabhängigkeit von Herausgebern, Redaktion und Reviewern aus, die die eingereichten Beiträge beurteilen.

Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen beim Lesen der vorliegenden Ausgabe und wünschen Ihnen einen schönen Sommer

Prof. Dr. med. Franz Eberli

Eleonore E. Droux