Neue Empfehlungen zur Pulmonalen Hypertonie in den ESC/ERS Guidelines 2022

Die pulmonale Hypertonie (PH) ist eine pathophysiologische Entität, welche bei vielen Krankheiten auftritt und zu schwerwiegenden pulmonalen und kardiovaskulären Symptomen führen kann. Durch gute Achtsamkeit kann eine PH rechtzeitig vermutet, die entsprechenden Abklärungen durchgeführt und eine, für die verschiedenen Ätiologien gezielte Therapie eingeleitet werden. Diesem Umstand tragen die neuen Richtlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie und der europäischen Respiratory Society Rechnung, indem sie einen Hauptschwerpunkt auf die Erkennung und den Algorithmus zur Diagnose legen (1). Weitere wichtige Neuerungen hat es in den hämodynamischen Definitionen, der Klassifikation und der Risikostratifizierung der Patienten mit PH gegeben. Eine Aktualisierung der gegenwärtigen verfügbaren Therapien und auch deren empfohlener Einsatz sind in den Richtlinien dargestellt. Insgesamt bringen die neuen Richtlinien viele Neuheiten. Auf die wichtigsten davon will dieser Artikel hinweisen.

Pulmonary hypertension (PH) is a pathophysiological entity that occurs in many diseases and can lead to serious pulmonary and cardiovascular symptoms. With good awareness, PH can be suspected and in due time the necessary workup performed and the appropriate therapy initiated for the various etiologies. The new guidelines of the European Society of Cardiology and the European Respiratory Society take this into account by placing a major emphasis on detection and the algorithm for diagnosis (1). There have been other important innovations in hemodynamic definitions, classification, and risk stratification of patients with PH. An update of currently available therapies and also their recommended use are presented in the guidelines. Overall, the new guidelines bring many novelties. This article aims to point out the most important of them.
Key Words: pulmonary hypertension, ESC guidelines

Neue hämodynamische Definition der pulmonalen Hypertonie

Eine der wichtigsten Neuerungen ist die neue hämodynamische Definition der PH. Die Schwelle von 25 mmHg für den mittleren pulmonalen Druck (mPAP) wurde auf 20 mmHg gesenkt (Tab. 1). Diese Definition wurde am sechsten Weltsymposium für PH erarbeitet und jetzt von den Fachgesellschaften in ihre Richtlinien übernommen (2). Diese tiefere Grenze des (mPAP) von <20 mmHg wird damit begründet, dass ein normaler pulmonaler Druck noch tiefer liegt und dass eine Erhöhung des mittleren PA-Druckes >20 mmHg zu einer schlechten Prognose im Langzeitverlauf bei der idiopathischen und der chronisch thrombo-embolischen pulmonalen Hypertonie führt. Die prä-kapilläre und die post-kapilläre PH werden unterschieden aufgrund des mittleren pulmonalarteriellen Wedge Druckes (PAWP) und des pulmonalvaskulären Widerstands (PVR) gemessen mittels Wood Units (PVR in WU= mittlerer pulmonaler Druck – PAWP geteilt durch das Herzzeitminutenvolumen). Beträgt der PAWP ≤15 mmHg und der PVR >2 Woods Units handelt es sich um eine präkapilläre PH. Beträgt der PAWP >15 mmHg und der PVR ≤2 Wood Units, so liegt eine post-kapilläre PH vor. Gegenüber 2015 wird also der PVR wieder zur Klassifikation der PH verwendet. Hingegen ist die noch in den 2015 verwendete Identifizierung der reinen präkapillären PH mittels des diastolischen Druckgradienten (diastolischer pulmonal-arterieller Druck – mittlerer PAWP) von 7 mmHg fallen gelassen worden. Die kombinierte prä- und post-kapilläre pulmonale Hypertonie wird neu mit einem PVR von >2 WU definiert (Tab. 1). Wichtig ist zu bemerken, dass die neue Schwelle für die Definition einer PH die Empfehlungen für den Therapiebeginn nicht beeinflusst haben. Es gibt nämlich keine Evidenz für die Wirksamkeit einer spezifischen Therapie bei mPAP-Werten <25 mmHg.

Neu sind erstmals auch diagnostische Kriterien für die belastungsabhängige PH definiert worden. Es muss der mittlere PA-Druck (mPAP) und das Herzzeitminutenvolumen (HZV) in Ruhe und unter Belastung gemessen werden. Wenn der Anstieg des Quotienten mPAP/HZV von Ruhe zu Belastung >3 mmHg beträgt, spricht man von einer belastungsabhängigen pulmonalen Hypertonie. Praktisch bedeutet dies, dass bei vermuteter belastungsabhängiger PH ein Rechtsherzkatheter in Ruhe und unter Belastung durchgeführt werden muss. Das ist ein grosser Aufwand, aber dürfte insbesondere bei PatientInnen mit Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion hilfreich sein bei der Evaluation der Ursachen der Dyspnoe.

Klassifikation der pulmonalen Hypertonie

Die Grundstruktur der klinischen Klassifikation der PH in fünf Gruppen wurde beibehalten (Tab. 2). Mit Abstand am häufigsten wird die PH durch eine Linksherzinsuffizienz verursacht, gefolgt von der PH assoziiert mit Lungenkrankheiten. Alle anderen Ätiologien sind selten. Bei der Gruppe 1, dh. der pulmonal-arteriellen Hypertonie wird bei der Untergruppe idiopathische pulmonal-arterielle Hypertonie neu unterschieden zwischen «Responders» und der «Non-responders» aufgrund der Testung der Vasoreaktivität. «Responders» können initial mit Kalziumanatagonisten behandelt werden und haben eine etwas bessere Prognose. Des Weiteren wurde die veno-okklusive Ätiologie neu der pulmonal-arteriellen Hypertonie (Gruppe 1) als Untergruppe zugeteilt.

Diagnostische Abklärung

a. Verdachtsdiagnose und allgemeines Vorgehen

Die Empfehlungen für die Abklärung bei Verdacht auf eine PH sind vollkommen neu strukturiert worden und folgen dem in der klinischen Praxis gängigen Patientenpfad. Die Empfehlungen stellen die Echokardiografie ganz in den Vordergrund der Abklärung. Bei Patienten mit Dyspnoe sollte der erstuntersuchende Arzt an eine PH als seltene Ursache der Dyspnoe denken (Abb. 1). Bei Verdacht auf eine PH soll, wie bei Verdacht auf eine kardial bedingte Dyspnoe, der Patient dem Kardiologen für eine Echokardiografie zugewiesen werden. Ergibt die Echokardiografie die mögliche oder wahrscheinliche Diagnose einer PH soll eine umfassende Abklärung, die alle Spezialuntersuchungen, welche zur Evaluation der Ätiologie nötig sind, erfolgen. In den allermeisten Fällen gehört zur Sicherung der Diagnose auch eine invasive Messung der Hämodynamik im Rechtsherzkatheter. Ebenfalls soll bei Patienten, bei den eine pulmonale Krankheit als Ursache der Dyspnoe vermutet wurde und bei denen anlässlich der pulmonalen Abklärung eine PH vermutet wird, einer Echokardiografie durchgeführt werden. Umgekehrt sollen Patienten, bei denen aufgrund der Echokardiografie die Wahrscheinlichkeit für eine PH tief ist, den Pneumologen zur weiteren Abklärung überwiesen werden (Abb. 1, Tab. 4). Die chronische thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH) soll frühzeitig gesucht werden, mit einem Perfusionsbild, z.B. V/Q Szintigraphie, SPECT-CT oder CT-Thorax mit i.v. Kontrastmittel und Dual-Energy Protokoll. Risikofaktoren für eine CTEPH sind Lungenembolie oder Thrombose in der Vorgeschichte, Tumorerkrankung, Splenektomie und hämatologische Erkrankungen.

b. Abklärung mittels Echokardiografie

Es gibt aufgrund der multiplen Ätiologien für eine PH keinen einzelnen echokardiografischen Parameter, aufgrund dessen die Diagnose einer PH zweifelsfrei gestellt werden kann. Vielmehr erlaubt die Echokardiografie mittels Messen der Flussgeschwindigkeit des trikuspidalen Regurgitationsjets (TVR) und einer sorgfältigen Suche der indirekten Zeichen einer PH die Wahrscheinlichkeit der Diagnose PH anzugeben (Tab. 4 und 5). Geschwindigkeiten <2,8 m/s sprechen gegen und Geschwindigkeiten >3,4 m/s für das Vorliegen einer PH (Tab. 4). Aus der TVR lässt sich der systolische pulmonale Druck abschätzen (TVR2x4). Dazu müsste aber der rechts-atriale Füllungsdruck bekannt sein, respektive abgeschätzt werden. Da die Abschätzung des Füllungsdrucks sehr variable Werte ergibt, empfehlen die Guidelines, dass nicht der geschätzte systolische Pulmonaldruck, sondern alleine die Geschwindigkeit des TVR zur Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer PH verwendet wird.

Zusätzlich zur Flussgeschwindkigkeit des TVR Jets geben die indirekten Zeichen für eine PH Hinweise für die Wahrscheinlichkeit einer PH. Neu wird die Bewegung des Trikuspidalanuöus als Mass für die Kontraktion des rechten Ventrikels, als indirektes Zeichen in die Empfehlungen aufgenommen. Dabei wird die tricuspidal anulus plane systolic excursion (TAPSE) gemessen und dem systolischen Pulmonaldruck gegenübergestellt. Wenn das Verhältnis TAPSE/sPAP <0.55mm/mm beträgt, spricht das für das Vorliegen einer PH (Tab. 5).

Zu beachten ist, dass, im Gegensatz zur hämodynamischen Neudefinition der PH aufgrund der invasiven Messung (mPAP >20 mmHg), der Wert von >2.8 m/s der TVR als Schwelle für die Verdachtsdiagnose für eine PH nicht verändert wurde. Es hat sich nämlich gezeigt, dass eine TVR >2.8 m/s bei 25%-35% der Allgemeinpopulation und bei >45% der aus klinischen Indikationen durchgeführten Echokardiografien vorliegt (3). Die leicht erhöhten pulmonal-arteriellen Drücke werden durch erhöhte links-atriale Füllungsdrück, Steifigkeit der Pulmonalarterien, und Remodeling der Pulmonalgefässe, wie sie insbedondere im Alter, bei Frauen und bei metabolischen Krankheiten vorkommen, verursacht (3). Der systolische Pulmonaldruck steigt mit dem Alter an und Werte bis 36 mmHg (dh. eine TVR bis 3 m/s) sind bei Personen >60 Jahre normal (4).

c. Bestätigung mittels Rechtsherzkatheter

Die Rechtsherzkatheteruntersuchung bleibt der Goldstandard für die Diagnose und Klassifikation der PH (Tab. 1). Wenn mittels Echokardiografie die Verdachtsdiganose einer PH gestellt ist, sollte eine Rechtsherzkatheruntersuchung an einem Zentrum durchgeführt werden. Die invasive Untersuchung muss eine sorgfältige Messung der Hämodynamik und der Sättigungen im pulmonalen und systemischen Kreislauf beinhalten. Eine Prüfung der Vasoreaktivität ist nur bei Patienten mit pulmonal-arterieller Hypertonie (Gruppe 1) angezeigt, um diejenigen Patienten zu finden, welche mittels Kalziumantagonisten behandelt werden können. Bei den anderen Ätiologien ist eine Vasoreaktivität nicht zu erwarten und hätte keine therapeutischen Konsequenzen. Bei Patienten mit Dyspnoe und Verdacht auf eine PH aber normaler Hämodynamik in Ruhe empfehlen die Guidelines neu eine Rechtsherzuntersuchung unter Belastung durchzuführen. Dies wird am ehesten bei Patienten mit einer Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion hilfreich sein. Eine Rechtsherzuntersuchung unter Belastung kann auch prognostische und funktionelle Informationen bei Patienten mit Verdacht auf eine pulmonal-arterielle Hypertonie (Gruppe 1) oder bei der CTEPH liefern.

Risikostratifikation

Einhergehend mit der Diagnosestellung in der Spezialsprechstunde für PH muss die Ätiologie durch verschiedene Spezialuntersuchungen eruiert werden. Im Anschluss daran soll eine Risikostratifizierung erfolgen (Tab. 3). Die Risikostratifizierung ist in den neuen Guidelines verfeinert und ausgedehnt worden. Diese Risikostratifizierung ist gut validiert für Patienten mit pulmonal-arterieller Hypertonie (Gruppe 1). Für die anderen Ätiologie besteht keine vergleichbare zuverlässige Risikoabschätzung. Es wird zwischen einem tiefen (Mortalitätsrisiko innerhalb eines Jahres <5%), einem mittleren (Mortalitätsrisiko 5-20%) und einem hohen Risiko (Mortalität >20% innert einem Jahr) unterschieden. Neben den klinischen Symptomen und Zeichen wird das Risiko mittels der funktionellen Tests (6-Minuten-Gehtest, Spiroergometrie), dem natriuretischen Peptid, der invasiv gemessenen Hämodynamik und neu auch mittels der Befunde im MRI festgelegt. Von den echokardiografischen Parameter (5) werden neu auch die Werte der systolischen Auslenkung des Trikuspidalanulus (TAPSE) einbezogen. Das Risiko an der PH zu versterben, bestimmt die Intensität der initialen Behandlung.

Behandlung

Die Behandlung der PH richtet sich nach deren Ätiologie (Tab. 2). Für die Patienten mit pulmonal-arterieller Hypertonie der Gruppe 1 (idiopathische PH, vererbte PH, PH assoziiert mit Medikamenten, Drogen, anderen Krankheiten) stehen die spezifischen vasodilatierenden Medikamente, welche über die Endothelin, die NO oder die Prostazyklin vermittelte Vasodilatation wirken, zur Verfügung. Neu wird die Therapie aufgrund des Vorliegens von anderen kardiopulmonalen Komorbiditäten modifiziert. Wenn andere kardiopulmonale Erkrankungen vorliegen, wird primär eine Monotherapie eingesetzt, wenn nicht, wird empfohlen die PH-Medikamente von Anfang an in einer Zweierkombination zu verabreichen. Beim Vorliegen eines hohen Risikos soll rasch eine Dreiertherapie begonnen werden (mit zusätzlich i.v. oder subkutan Prostazyklin Analogen). Nach 3-6 Monaten soll die Therapie überprüft und angepasst werden aufgrund einer neuen Risikoevaluation, welche die Veränderung der Dyspnoe, des 6-Minuten-Gehtests und des natriuretischen Peptids beinhaltet.

Eine orale Antikoagulation wird nicht mehr generell empfohlen. Die diuretische Therapie spielt eine wichtige Rolle in der Rechtsherzinsuffizienz, welche mit einer Hypervolämie, reduzierter renaler Durchblutung und der Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron Systems assoziiert ist. Dabei können die Schleifendiuretika gut mit anderen Diuretika, insbesondere Spironolactone kombiniert werden. Die chronische Hypoxämie verschlechtert die PH durch die zusätzliche hypoxische Vasokonstriktion. Deshalb wird eine Dauersauerstoffstherapie bereits bei einem PaO2 von <8 kPa empfohlen.

Die Empfehlungen bei Patienten mit CTEPH folgen den Entwicklungen der interventionellen und medikamentösen Therapien. Bei diesen Patienten ist eine lebenslange Antikoagulation nötig. Eine Beurteilung der Operabilität und Empfehlung für die Therapie soll im Rahmen einer interdisziplinären Besprechung stattfinden, in der Schweiz wurde vor mehreren Jahren ein nationales CTEPH Board eingeführt, welches online monatlich die Fälle diskutiert.

Wenn der Patient operabel ist, dann soll er im Hinblick auf eine pulmonale Endarteriektomie evaluiert werden. Eine solche ist möglich, wenn proximale fibrotische Obstruktionen vorliegen. Bei distalen fibrotischen Obstruktionen soll eine Ballonangioplastie der befallenen Pulmonalarterien evaluiert werden. Die Operation wird in Zürich (USZ) durchgeführt, die Ballon­angioplastie in Genf (HUG), Bern (Inselspital) und Zürich (USZ).

Für Veränderungen im mikrovaskulären Bereich stehen die spezifischen vasodilatierenden Medikamente zur Verfügung. Die beste Evidenz hat Riociguat, das via Stimulation der löslichen Guanylatzyklase die NO vermittelte Vasodilatation fördert. Schwächere Evidenz hat der Endothelinantagonist Macitentan und wird deshalb erst konditionell als Erstmedikament empfohlen. Die medikamentöse Therapie wird multimodal eingesetzt mit der chirurgischen oder interventionellen Behandlung der CTEPH.

Bei allen anderen Formen der PH wird die Behandlung der Grundkrankheit ohne Einsatz der vasodilatierenden Medikamente empfohlen. Einzig bei der schweren Form der PH aufgrund einer Lungenkrankheit empfehlen die Guidelines den vorsichtigen Einsatz spezifischer Medikamente, am besten im Rahmen von klinischen Studien. Es ist allerding anzumerken, dass in der klinischen Praxis sich zunehmend ältere Patienten (>70 Jahre) mit PH präsentieren. Bei ihnen ist oft eine genaue Unterscheidung in eine ätiologische Klasse nicht möglich, wie zum Beispiel bei Patienten mit Herzinsuffizienz mit gemischt prä- und postkapillärer Hypertonie. Evidenz für einen Nutzen der PH-Medikamente bei solchen Patienten fehlen und wir müssen entsprechende Studien abwarten. Dies gilt insbesondere für die grösste Patientengruppe mit PH assoziiert mit Linksherzinsuffizienz. Bei Patienten mit Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion hat sich Sildenafil jedenfalls als nicht hilfreich erwiesen (5). Bei Patienten mit Herzinsuffizienz bleibt die Guideline empfohlene Herzinsuffizientherapie die optimale Behandlung.

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Dr. med. Charlotte Berlier

Stadtspital Zürich Waid
Pneumologie
Leiterin Sprechstunde für pulmonale Hypertonie
Tièchestrasse 99
8037 Zürich

Prof. Dr. med. Franz R. Eberli

Stadtspital Zürich Triemli
Klinik für Kardiologie
Birmensdorferstrasse 497
8063 Zürich

franz.eberli@triemli.zuerich.ch

Die Autoren haben keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

◆ Die neue hämodynamische Definition setzt den mittleren pulmonalen Druck (mPAP) auf > 20mmHg als Definition der pulmonalen Hypertonie (PH).
◆ Die echokardiographische Messung der Flussgeschwindigkeit des trikuspidalen Regurgitationsjets (TVR) und die Suche der indirekten Zeichen einer PH ergibt die Wahrscheinlichkeit der Diagnose PH und die Notwendigkeit für weitere Abklärungen (insbesondere pneumologische) und die Durchführung einer Rechtsherzkatheteruntersuchung.
◆ Die Bestätigung der PH erfolgt mit der Rechtsherzkatheteruntersuchung, die spezifische PH-Therapie wird nur bei der PH Gruppe 1 und 4 eingesetzt und folgt einem komplexen Algorithmus mit regelmässigen Reevaluationen.

1. Humbert M, Kovacs G, Hoeper MM, Badagliacca R, Berger RMF, Brida M, et al. 2022 ESC/ERS Guidelines for the diagnosis and treatment of pulmonary hypertension. Eur Heart J. 2022;43(38):3618-731.
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Krebstherapie bei alten und hochbetagten Menschen

Aufgrund günstiger sozioökonomischer Bedingungen, verbessertem Gesundheitsverhalten und medizinischem Fortschritt werden in der Schweiz zunehmend mehr Menschen ein hohes und sehr hohes Alter bei relativer Gesundheit erreichen. Da im Alter die Krebsinzidenz steigt, stellt sich zwangsläufig bei immer mehr alten und sehr alten Menschen die Frage nach einer an das Alter angepassten Krebsbehandlung. Krebsbehandlungen alter und sehr alter Menschen stellen eine besondere Herausforderung dar, erfordern eine interdisziplinäre und interprofessionelle Kooperation ebenso wie eine enge Vernetzung zwischen stationären und ambulanten Diensten, betreuenden Bezugspersonen und Hausärzten. Solche strukturellen Angebote fehlen in der Schweiz derzeit jedoch noch weitgehend.

Due to favorable socioeconomic developments, healthier life-styles and improved medical care, more individuals will live to old or very old age in Switzerland while being relatively healthy. As the cancer incidence increases with advancing age, more patients will require decisions regarding cancer treatments. Cancer treatments of old or very old people are particularly challenging and require close interdisciplinary and interprofessional collaboration as well as a closely knit network of hospital and ambulatory services. These necessary structures are largely lacking in Switzerland.
Key Words: demographics, geriatric assessment, geriatric health services, oncology, review

Demographische Entwicklung und Onkologie

Die Lebenserwartung in der Schweiz liegt mit ca. 84 Jahren innerhalb der OECD-Länder im Spitzenbereich und ist in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich angestiegen. Die mehr als 47’000 Krebsneuerkrankungen in der Schweiz im Jahr 2020 betrafen zu über 60% Menschen, die älter als 65 Jahre waren (Abb. 1). Besonders auffällig ist die Zunahme der Krebserkrankungen bei hochbetagten Patienten über 85 Jahren. Somit wird die Mehrheit onkologischer Behandlungen zwangsläufig im Gebiet der Geriatrischen Onkologie durchgeführt, mit den alterstypischen Herausforderungen dieses Patientenkollektivs. Vor allem Hochbetagte – nach den meisten Definitionen sind das sehr alte Menschen über 85 Jahre – sind dem Risiko sowohl einer Über- wie einer Untertherapie ausgesetzt. Daher erfordert die Betreuung dieser Patienten eine enge interdisziplinäre und interprofessionelle Kooperation.

Auch wenn die Erfolge neuer onkologischer Therapien sich in der Regel bei alten Menschen nur langsam in verbessertem Überleben niederschlagen (Abb. 2), muss in den kommenden Jahren ähnlich wie in den USA auch in der Schweiz mit einer zunehmenden Zahl an Überlebenden nach erfolgreicher Krebstherapie («Cancer Survivors») gerechnet werden (Abb. 3). Gerade bei alten und hochbetagten Cancer Survivors addieren sich altersassoziierte und therapiebedingte Einschränkungen. Dies muss sowohl bei der Therapieauswahl als auch bei der Nachsorge berücksichtigt werden.

Dennoch darf «Alter» nicht allein als chronologisches Phänomen betrachtet werden, vielmehr steht das «biologische Alter» eines Menschen im Mittelpunkt onkologischer Betreuung. So können onkologische Therapieentscheidungen bei chronologisch alten oder hochbetagten Menschen in gutem Allgemeinzustand und ohne Komorbiditäten denen einer sehr viel jüngeren Alterskohorte entsprechen.

Herausforderungen onkologischer Therapie im Alter

Klinische Studien zeigen, dass alte und hochbetagte Patienten bei Einsatz einer ggf. an das Alter angepassten Standardtherapie vergleichbare Erfolgschancen in Bezug auf Ansprechen und Überleben haben können wie Jüngere. Dem entspricht, dass alte und hochbetagte Patienten meist auch dieselben Hoffnungen und Erwartungen an eine Therapie haben wie Jüngere, auch wenn die Erfolge einer Therapie oft überschätzt werden (1). Dennoch sind vor allem Hochbetagte im Alltag in vielerlei Hinsicht gerade gegenüber unerwünschten Wirkungen einer Krebstherapie vulnerabler als klinische Studien dies vermuten lassen, in denen alte und hochbetagte Patienten aufgrund strikter Einschlusskriterien häufig unterrepräsentiert sind. Gebrechlichkeit («Frailty») als eine Konsequenz eines physiologischen Altersprozesses in Kombination mit durch Komorbiditäten verursachten Einschränkungen führt zwangsläufig zu einer verminderten Resilienz selbst gegenüber bei Jüngeren vergleichsweise gering ausgeprägten Nebenwirkungen onkologischer Therapien (Abb. 4) (2).

Komorbiditäten

Mit zunehmendem Alter limitieren häufige Komorbiditäten wie kardiovaskuläre Erkrankungen, Diabetes mellitus, chronische Niereninsuffizienz u.a. die Möglichkeiten onkologischer Therapien. Zudem muss beurteilt werden, inwieweit Komorbiditäten oder die Krebserkrankung voraussichtlich das lebensbegrenzende Ereignis darstellen werden. Bei schwerwiegender Komorbidität und eingeschränkter Lebenserwartung muss der potentielle Nutzen einer onkologischen Behandlung gegenüber möglicher Toxizität und dem daraus resultierenden Verlust an Lebensqualität individuell abgewogen werden. Eine häufig anzutreffende Schwerhörigkeit limitiert die Kommunikation und erschwert die Betreuung zusätzlich. Kognitive Einschränkungen oder dementielle Erkrankungen sind mit zunehmendem Alter häufig und im klinischen Alltag nicht immer sofort zu erkennen. Beide Faktoren erschweren die Einbindung der Betroffenen in die Therapieentscheidung im Sinne eines «Shared Decision Making» erheblich.

Funktionelle Einschränkungen

Mit zunehmendem Alter sind Organfunktionen u.a. von Herz, Leber, Lunge und Niere zunehmend eingeschränkt, was klinisch inapparent sein kann. Häufig wird erst unter der Belastung einer onkologischen Therapie eine bereits eingeschränkte Nierenfunktion oder eine Herzinsuffizienz manifest. Ein «normales» Serumkreatinin kann bei Hochbetagten bereits eine erhebliche Einschränkung der glomerulären Filtrationsrate (GFR) darstellen. Ein Verlust an Muskelmasse («Sarkopenie») ist bei Hochbetagten häufig und geht nicht zwangsläufig mit einem Gewichtsverlust oder einem geringen «Body Mass Index» (BMI) einher. Eine Sarkopenie wird im klinischen Alltag häufig unterschätzt, limitiert jedoch die körperlichen Reserven und Widerstandsfähigkeit bzw. Resilienz hochbetagter Menschen und ist neben anderen Ursachen für eingeschränkte Mobilität ein wichtiger Risikofaktor für eine reduzierte Selbsthilfefähigkeit und Stürze. Zusammen mit zunehmend eingeschränkten Organfunktionen führt eine Verschiebung der Körpermasse zu Gunsten eines höheren Fettanteils bei Älteren und Hochbetagten zu einer veränderten Pharmakinetik. So kann die gleiche Dosis eines Zyto-statikums bezogen auf die Körperoberfläche bei Hochbetagten in einem Vielfachen der Medikamentenexposition («Area-under-the-Curve» (AUC)) im Vergleich zu Jüngeren resultieren.

Polypharmazie

Ältere Menschen mit Krebs sind in der Mehrzahl bereits aufgrund einer Polypharmazie (≥ fünf dauerhaft verordnete Medikamente) sowohl einem höheren Risiko an unerwünschten Arzneimittelwirkungen ausgesetzt als auch einem deutlich erhöhten Risiko von Arzneimittelinteraktionen (3). Die veränderte Pharmakokinetik älterer Menschen und eine häufig praktizierte nicht-verschreibungspflichtige und/oder komplementärmedizinische Eigenmedikation verstärken diesen Effekt. Komplexe Medikationsschemata und häufige Umstellungen von Medikamenten, z.B. beim Übergang von stationärer zu ambulanter Versorgung, überfordern zudem regelhaft die Fähigkeit zur Therapieadhärenz. Das Zusammentreffen dieser und weiterer Faktoren schränken die Möglichkeiten vor allem oraler Krebstherapien deutlich ein.

Soziales Umfeld

Die grösste Herausforderung bei der Betreuung Älterer und Hochbetagter stellt sich für Angehörige von Pflegeberufen und pflegenden Angehörigen. Da Krebspatienten zumeist ambulant betreut werden, werden die Belastungen pflegender Angehöriger oft nicht erkannt. Unterstützende Ehepartner sind in der Regel selbst betagt, Kinder wohnen häufig nicht vor Ort oder sind im Konflikt zwischen Berufstätigkeit und eigener Familie. Abhängigkeiten bei Körperpflege und Alltagsverrichtungen, eine erhöhte Inzidenz von Inkontinenz, Stürzen und deliranten Reaktionen als unerwünschte Wirkung medikamentöser Therapien sowie die Folgen von Schwerhörigkeit oder prä-existierenden kognitiven Einschränkungen, z.B. bei der Medikamenteneinnahme, weisen pflegenden Angehörigen und anderen ambulant Pflegenden eine zentrale Rolle bei der Betreuung dieser Patientengruppe zu. Dies erfordert bei den Pflegeberufen – wie auch bei den anderen Berufsgruppen – eine entsprechende Qualifikation sowohl im Bereich onkologischer als auch geriatrischer Pflege. Bei der Mitversorgung älterer Tumorpatienten durch pflegende Angehörige ist es essentiell, diese von Anbeginn an in das Therapiekonzept und in die Entscheidungsprozesse einzubinden. Eine Einbindung und enge Vernetzung mit ambulanten Pflegediensten und Hausärzten sollte ebenfalls frühzeitig erfolgen.

Ziele onkologischer Therapie im Alter

Die klassischen Studienendpunkte wie Ansprechraten, progres­sionsfreies Überleben und Gesamtüberleben sind selbstverständlich auch für alte und hochbetagte Patienten relevant, verlieren aber gerade bei Hochbetagten an Bedeutung. Mit zunehmendem Alter stehen Faktoren wie Symptomkontrolle, Lebensqualität und Erhalt der Alltagsselbstständigkeit noch stärker im Vordergrund als bei Jüngeren. Die Zufriedenheit älterer Patienten mit der Behandlung kann und sollte bei Studien in einem geriatrischen Patientenkollektiv als eigenständiger Endpunkt in die Beurteilung des Gesamtnutzens einer Behandlung (z.B. in Form von «Overall Treatment Utility») im Sinne von «Patient Reported Outcomes» (PRO) einbezogen werden (4).

Geriatrisches Assessment

Die Abschätzung spezifischer Einschränkungen bei hochbetagten Krebskranken mittels standardisierter Tests wurde der Geriatrie entlehnt und ist für die Onkologie modifiziert worden. Die Ziele eines «Comprehensive Geriatric Assessment» (CGA) sind in Tabelle 1 dargestellt. Ein CGA ist eine multidimensionale Beurteilung eines alten und/oder hochbetagten Menschen (Tab. 2) (5). Neben den zumeist in der Geriatrie zur Anwendung kommenden zeitaufwändigen Verfahren existieren verschiedene Kurzversionen («Geriatrisches Screening»), die im onkologischen Alltag gut und mit geringem Zeitaufwand einsetzbar sind (6-10). Dies setzt allerdings voraus, dass die Ergebnisse aus dem geriatrischen Screening bzw. dem CGA für die weitere Betreuung im klinischen Alltag auch umgesetzt werden.

Entwicklung in der Schweiz

Die speziellen Bedürfnisse älterer und hochbetagter Menschen finden im klinischen Alltag in der Schweiz noch ungenügend Berücksichtigung. Eine enge interprofessionelle Betreuung durch Onkologen, Geriater, Pflegende, Physiotherapeuten und Sozialarbeiter in speziellen Teams oder Sprechstunden mit Fokus auf die Betreuung alter und hochbetagter Menschen mit Krebs ist noch immer selten. Eine Gruppe bestehend aus interessierten Pflegenden, Geriatern und Onkologen hat sich als «Swiss Geriatric Oncology Group» jüngst zusammengeschlossen und verfolgt das Ziel, die Betreuung dieser vulnerablen Patientengruppe durch die Entwicklung zielgerichteter Strategien und die Zusammenarbeit mit Fachorganisationen wie der Schweizer Arbeitsgemeinschaft für Krebsforschung (SAKK) und der International Society of Geriatric Oncology (SIOG) zu verbessern.

Mitglieder der «Swiss Geriatric Oncology Group» in alphabetischer Reihenfolge:
Jörg Beyer (Bern), Diana Chiru (Baselland), Vérène Dougoud (Fribourg), Regina Fretz (Baden), Jan Gärtner (Basel), Michael Gagesch (Zürich), Friedmann Honecker (St. Gallen), Anita Margulies (Zürich), Wiebke Rösler (Zürich), Mathias Schlögl (Barmelweid), Sabine Valenta (Basel), Marcus Vetter (Baselland), Kathrin Vollmer (Thun).

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Prof. Dr. med. Jörg Beyer

Universitätsklinik für Medizinische Onkologie
Inselspital, Universitätsspital Bern, Universität Bern
Freiburgstrasse 41
3010 Bern

Dr. med. Mathias Schlögl, MPH, EMBA HSG

Department für Innere Medizin
Abteilung für Akutgeriatrie, Geriatrische Rehabilitation & Langzeitpflege
5017 Barmelweid

mathias.schloegl@waid.zuerich.ch

Die Autoren haben keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

◆ Aufgrund der demographischen Entwicklung nimmt die Zahl alter und sehr alter Menschen mit Krebs zu.
◆ Die Betreuung alter und sehr alter Menschen mit Krebs stellt besondere Herausforderungen an das Behandlungsteam und die betreuenden Bezugspersonen.
◆ In der Schweiz ist die Versorgung dieser Patientengruppe noch
unzureichend strukturiert. Die notwendige enge Verzahnung der an der Versorgung beteiligten Diensten und Einrichtungen fehlt.
◆ Weiterbildungen für alle Berufsgruppen sowie Studienaktivitäten in dieser
besonders vulnerablen Patientengruppe sind dringend erforderlich.

1. Weeks JC, Catalano PJ, Cronin A et al. Patients’ expectations about effects of chemotherapy for advanced cancer. New Engl J Med 2012;367:1616-1625.
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3. Nightingale G et al.: Evaluation of a pharmacist-led medication assessment used to identify prevalence of and associations with polypharmacy and potentially inappropriate medication use among ambulatory senior adults with cancer. J Clin Oncol 2015;33(13):1453-1459.
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5. Outlaw D, Abdallah M, Gil-Jr LA et al. The evolution of geriatric oncology and
geriatric assessment over the past decade. Sem Radiat Oncol 2021;32:98-108
6. Wildiers H et al.: International Society of Geriatric Oncology consensus on geriatric assessment in older patients with cancer. J Clin Oncol 2014;32:2595-2603.
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8. Soto-Perez-de-Celisa, Aapro M, Muss H. ASCO 2020: The geriatric assessment comes of age. Oncologist 2020:25:909–912
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Kontrazeption bei Mädchen und Frauen mit Risiken

Jugendliche und Frauen mit chronischen Erkrankungen und gesundheitlichen oder geistigen Einschränkungen haben oft auch höhere Risiken, wenn es um die Wahl einer geeigneten Kontrazeption geht. Neben der möglichst sicheren Schwangerschaftsverhütung gilt es, die Auswirkungen auf die Grunderkrankungen, medikamentöse Interaktionen und eventuell günstige Effekte auf Blutung oder Beschwerden einzubeziehen. Beispielhaft seien die Überlegungen zur kontrazeptiven Beratung an fünf Erkrankungen oder Beeinträchtigungen dargelegt.

Adolescents and women at risk, with chronic conditions and health or mental limitations are at increased risk also in the choice of the contraceptive method. Any unplanned, unprepared pregnancy should be avoided, so the efficiency and reliability of the chosen method is important, but also the effects on the underlying disease, drug interactions and any possible favorable effects on bleeding or dysmenorrhea should be included in the contraceptive counseling. Exemplary considerations for contraceptive counseling are illustrated by five diseases or disabilities.
Key Words: Contraception, risks, handicap, disabilities

Kontrazeption, die Möglichkeit der Vermeidung einer ungewollten Schwangerschaft trotz Auslebens der Sexualität, hat zu einem immensen Gewinn an Lebensqualität und auch zu enormer Verbesserung der Frauengesundheit weltweit geführt. Die Erreichbarkeit von Kontrazeptiva für alle Frauen im fertilen Alter, erschwingliche Preise und eigenständige Entscheidungsmacht über den eigenen Körper sind die grossen Errungenschaften des letzten Jahrhunderts, die zum Rückgang der Teenagerschwangerschaften, induzierten Aborten und Abnahme von Müttersterblichkeit in Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett geführt haben. Bei aller Kritik, die heute gegenüber der (hormonellen) Kontrazeption zu hören ist, sollte dieser immense Beitrag zur Frauengesundheit nicht vergessen werden und wird daher diesem Artikel über Kontrazeption bei Risikosituationen vorangestellt. Bei Frauen mit gesundheitlichen Risiken geht es immer um die Abwägung von Nutzen und Risikoerhöhung, es bedarf im Einzelfall einer sorgfältigen Beratung und, soweit möglich, des informed consent, da es häufig keine ideale Lösung gibt. Aus der grossen Vielfalt an Erkrankungen und Risiken beschränkt sich der folgende Artikel auf eine kleine Auswahl und beleuchtet auch das eher selten beachtete Thema der geistigen Einschränkung.

Motorische Einschränkungen

Frauen mit körperlicher und/oder geistiger Beeinträchtigung haben sexuelle Bedürfnisse, wie andere Frauen auch, und selbstverständlich einen kontrazeptiven Beratungsbedarf. Die sexuelle Aktivität wird aber häufig unterschätzt oder nicht wahrgenommen, mit oft schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen (1). Das Gespräch über Sexualität umfasst viel mehr als nur die Frage, welches Verhütungsmittel passend wäre (2), auf Grund der geforderten Kürze des Artikels wird hier aber nur die Kontrazeption besprochen. Bei Frauen im Rollstuhl muss generell von einem erhöhten Thromboserisiko ausgegangen und östrogenhaltige Kontrazeptiva vermieden werden. Ausgenommen sind Frauen, die im Alltag auch Fussgänger sind und den Rollstuhl nur für längere Strecken verwenden. Als Richtschnur kann eine Mindestaktivität der Beine von vier Stunden Belastung (Gehtraining) pro Tag angesehen werden. Keine Risikoerhöhung bezüglich Thromboembolie besteht bei reiner gestagenhaltigen Verhütung (peroral, als Implantat, Injektion oder intrauterin als Hormonspirale). Bei der Wahl des Kontrazeptivums sollen mögliche Vorteile für Dysmenorrhoe oder Hypermenorrhoe einbezogen werden (3), worauf sich die kupferhaltige intrauterine Kontrazeption eher ungünstig, die Hormonspirale aber günstig auswirkt. Vor dem Entscheid für eine intrauterine Kontrazeption müssen die anatomischen und funktionellen Voraussetzungen für eine Einlage überprüft werden: Uterusgrösse und -form, Ausschluss von Fehlbildungen oder Myomen sowie die Erreichbarkeit bei Beckenfehlbildungen oder Spastik der Beine. Bei Frauen mit schwer einstellbarer Epilepsie kann eine Zervix­dilatation einen epileptischen Krampf auslösen, was zum Zeitpunkt der Einlage sehr ungünstig oder gar gefährlich sein kann. Gelegentlich ist die Einlage in Narkose eine gute Option.

Zu beachten ist, dass Immobilität und fehlende Achsenbelastung das Osteoporose-Risiko erhöhen. Daher sollte bei Rollstuhlfahrerinnen mit definitiver Immobilisation oder Schienung der Beine auf eine östrogenhaltige Kontrazeption, aber auch auf die langfristige Depot-MPA- Gabe verzichtet werden. Bei vielen Frauen mit neurologisch bedingten Erkrankungen liegt eine Epilepsie vor, die mit erhöhter Sturzgefahr einhergeht, was bei Osteoporose zusätzlich gefährlich ist. Zudem erhöhen verschiedene Antiepileptika das Osteoporose-Risiko.

Adipositas

Adipositas, insbesondere ein BMI über 35 kg/m2, erhöht das Thromboserisiko und stellt einen Risikofaktor für die Anwendung von kombinierten hormonellen Kontrazeptiva dar (4). Die Risikoeinschätzung steigt, falls weitere Faktoren wie Hypertonie, Hyperlipidämie oder ein Diabetes mellitus mit vaskulären Komplikationen vorliegen. In diesen Situationen sollte eine östrogenfreie Kontrazeption angewendet werden. Ein weiterer Diskussionspunkt ist die Versagerquote. Einige Studien zeigen eine höhere Rate unerwünschter Schwangerschaften bei adipösen Frauen unter oraler Kontrazeption (5) sowie für das kontrazeptive Pflaster (ab 90 kg Körpergewicht). Beim Gestagenimplantat wird von einigen Autoren bei Adipositas ein vorgezogener Wechsel empfohlen oder bei Depot-MAP ein kürzeres Applikationsintervall. Die Datenlage zu Effizienz und Sicherheit der Kontrazeption bei adipösen Frauen ist aber sehr spärlich.

Bariatrische Chirurgie

Über 80% der bariatrischen Operationen werden bei Frauen durchgeführt, die Hälfte davon im fertilen Alter (6). Resektions- und Bypass-Operationen führen dank erheblichem Gewichtsverlust zu einem raschen Wiedereintritt der Fertilität. Patientinnen sollten innerhalb der ersten 12–18 Monate nach der Operation aufgrund des katabolen Stoffwechsels (7) sowie des Risikos für innere Hernien nicht schwanger werden. Daher ist eine frühzeitige sichere Kontrazeption sehr wichtig und sollte vor der Operation bereits besprochen und geplant werden (8). Die Auswirkungen der Operation auf den Gesamtorganismus, auf Resorption, Stoffwechsel und Anatomie, hängen vom gewählten Verfahren ab. Im Falle von Malabsorption ist die Resorption oraler Kontrazeptiva nicht mehr sicher gewährleistet. Die transdermale hormonale Kontrazeption ist wegen der oberen Gewichtslimite von 90 kg bei diesen Patientinnen oft keine Option, wobei auch das erhöhte Thrombose-Risiko bei östrogenhaltiger Kontrazeption bedacht werden muss. Intra­uterine Kontrazeption sowie Gestagenimplantate zeigen einen hohen Kontrazeptionsschutz und sind daher häufig empfohlen.

Kongenitale Herzerkrankungen

Die Anzahl von Jugendlichen und jungen Frauen mit kongenitalen Herzkrankheiten, die das fertile Alter erleben, nimmt stetig zu. Eine ungeplante, unvorbereitete Schwangerschaft sollte wegen erhöhter Mortalität unbedingt vermieden werden, insbesondere bei pulmonal-arterieller Hypertonie oder schwerer Links-Herzinsuffizienz (9). Die Mortalität steigt bei schweren Herzfehlern bereits in der Frühschwangerschaft an (10). Je höher die Risikoklasse, desto dringender muss eine möglichst sichere Kontrazeption empfohlen werden. Für die meisten Patientinnen mit Herzkrankheiten ist die Anwendung von reinen Gestagen-Kontrazeptiva möglich, wobei Einschränkungen für Depot-MPA gelten (arterielle Hypertonie >160/>100mmHg, vaskuläre Erkrankungen, multiple Risikofaktoren, fortgeschrittene Nephropathie oder Diabetes mellitus mit Angiopathie). Kombinierte orale Kontrazeptiva sind kontraindiziert bei Frauen mit ischämischer Herzkrankheit, bei erhöhtem Risiko für zerebrale Ischämie oder Thromboembolien, bei arterieller Hypertonie (>160/100mgHg) und vor allem bei pulmonaler Hypertonie (4). Eine sorgfältige Beratung und Risikoevaluation ist auch für Frauen mit Marfan-Syndrom äusserst wichtig, da Schwangerschaften das Risiko einer Aortendissektion oder anderen schweren kardialen Komplikation mit entsprechender Mortalität erhöhen.

Mädchen und Frauen mit geistiger Einschränkung

Eine grosse Herausforderung ist die Beratung von Jugendlichen und jungen Frauen mit schwerer geistiger Einschränkung, fehlender Sprache oder Autismus. Häufig wird hier von der Umgebung, von Pflegenden oder Eltern, eine sichere und möglichst langdauernde Kontrazeption gefordert. Da gilt es, in der Beratung den tatsächlichen Kontrazeptionsbedarf abzuklären und die Wünsche und Vorstellungen der Betroffenen so weit wie möglich zu erfassen (11). Die Balance zwischen persönlicher Freiheit einerseits und Schutzbedürftigkeit infolge der Einschränkungen andererseits kann nur im sorgfältigen Gespräch gefunden werden, wobei auch die Sorgen der Angehörigen und Betreuungspersonen ernst genommen werden müssen. Auch ein günstiger Einfluss hormoneller Kontrazeptiva auf Hyper­menorrhoe und Dysmenorrhoe sollte einbezogen werden (12). Häufig zeigen Mädchen mit geistiger Einschränkung oder Entwicklungsverzögerung kein aktives sexuelles Interesse am anderen Geschlecht oder es bleibt bei einem Schwärmen oder beim Händchenhalten. Dennoch muss eine mögliche Gefährdung miteinbezogen werden, insbesondere, wenn die Betroffenen ihre eigenen Bedürfnisse nicht mitteilen können, sich nicht wehren können und doch eine möglichst grosse Selbständigkeit im Alltag ermöglicht werden soll. Ein Kontrazeptivum kann nicht vor sexueller Gewalt schützen, aber wenigstens vor einer ungewollten, ungeplanten Schwangerschaft.

Die Wahl des Kontrazeptivums ist abhängig von der ­Grunderkrankung, bei Mädchen mit geistiger Einschränkung aber vor allem von der Anwendung und der oft eingeschränkten Compliance, insbesondere bei fehlendem Verständnis. Vor der Verschreibung muss abgeklärt werden, ob eine regelmässige, zuverlässige Pilleneinnahme durch Angehörige oder Betreuungspersonal gewährleistet werden kann. Die transdermale Verhütung ist weniger geeignet, einerseits weil die Mädchen diese entfernen können und andererseits, weil sie sichtbar ist und damit möglicherweise das Risiko für einen Übergriff erhöhen könnte. Auch die intravaginale Kontrazeption mit Hormonring ist selten geeignet, wenn das Verständnis für die Notwendigkeit fehlt oder der Ring nicht selbständig eingeführt werden kann. Die Einlage eines Implantats, das Verhütungsstäbchen, bietet sich oft als beste Lösung an, wobei die möglichen Blutungsstörungen unbedingt vorher besprochen werden sollten (13). Eher zurückhaltend sollte die Indikation für Depot-MPA (Dreimonatsspritze) gestellt werden, sowohl in Hinblick auf die Knochendichte, auf das Risiko der Gewichtszunahme sowie bei fehlendem Verständnis für die wiederkehrenden Spritzen. Als langfristige Lösung bietet sich oft die Einlage der kleinen, fünfjährigen Hormonspirale an, unter Umständen in kurzer Narkose. Eine schmerzhafte Intervention bei einem Mädchen, das den Vorgang nicht verstehen und nicht aktiv zustimmen kann, sollte vermieden werden.

Zusammenfassung

Die kontrazeptive Beratung von Frauen mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen ist oft komplex und umfasst viele Bereiche. Neben der medizinischen Fachkenntnis sind oft auch pädagogische und psychologische Fragen zu berücksichtigen, unter Umständen auch ethische und rechtliche Entscheide zu fällen, die eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit bedingen. Ziel muss immer sein, mit der Kontrazeption nicht zu schaden, eine ungeplante Schwangerschaft zu vermeiden und Gesundheit, körperliche Unversehrtheit und Sexualität zu schützen. Das Recht auf sexuelle Integrität und sexuelle Gesundheit untersteht dem Grundrecht der persönlichen Freiheit. Diese persönliche Freiheit ist auch Menschen mit Behinderung gegeben, daher ist es unsere Aufgabe, in einer ganzheitlichen Beratung die Voraussetzungen zu schaffen, dass die betroffene Person ihre Gefühle, ihre Sinnlichkeit und ihre sexuellen Bedürfnisse soweit möglich in Sicherheit leben kann. Jeder und jede kann Opfer eines sexuellen Missbrauchs werden. Für Personen mit geistiger Behinderung, eingeschränkten Kommunikationsmöglichkeiten oder mit hohem körperlichem Unterstützungsbedarf ist das Risiko jedoch ungleich höher (14). Wer die Risiken kennt, kann besser vorbeugen.

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Dr. med. Ruth Draths

Frauenpraxis Buchenhof
Praxis für Mädchen und Frauen
Buchenstrasse 8
6210 Sursee

Die Autorin hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

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Apports de l’ hypnose et de la réalité virtuelle chez les patients âgés souffrant de troubles psychiques

Les nouvelles technologies sont omniprésentes dans notre vie. Comme outil à visées sociale et thérapeutique la réalité virtuelle (VR) fait partie de ces technologies dont l’ utilisation peut être bénéfique auprès de la population âgée. Plusieurs études démontrent qu’ elle peut réduire des troubles tels que l’ anxiété et la dépression, encourager le lien social chez les ainés et lutter contre l’ isolement. L’ hypnose, quant à elle, s’ avère un outil thérapeutique millénaire remis au gout du jour. Son utilisation dans la prise en soin des patients âgés souffrant de troubles psychiques présente un intérêt indéniable. En revanche, une adaptation des techniques hypnotiques est nécessaire dans cette population.

New technologies are omnipresent in our lives. As a social and therapeutic tool, virtual reality (VR) is one of those technologies that can be used to benefit the elderly population. Several studies show that it can reduce disorders such as anxiety and depression, encourage social interaction among the elderly and combat isolation. Hypnosis is an age-old therapeutic tool that has been revived. Its use in the care of elderly patients suffering from psychological disorders is undeniably interesting. However, hypnotic techniques need to be adapted to this population.
Key Words: virtual reality, disorders, hypnosis, elderly

Thérapie par exposition en réalité virtuelle

La réalité virtuelle (RV) est définie comme un ensemble de matériels technologiques permettant aux individus d’ interagir efficacement avec un environnement tridimensionnel en temps réel géré par un ordinateur (1,2). Si les études sont plus nombreuses dans le cadre de l’ analgésie et les réadaptations cognitive et fonctionnelle, la thérapie par exposition en réalité virtuelle (TERV) constitue une véritable indication thérapeutique en santé mentale. Elle permettrait de limiter le recours aux thérapeutiques médicamenteuses tout en ayant un accompagnement personnalisé du patient.

La TERV à l’ aide d’ un visiocasque (Figure 1) permet au patient de vivre des nouvelles expériences sensorielles et même de voyager dans un environnement dynamique voire ludique. La psychiatrie de la personne âgée peut bénéficier de ses apports thérapeutiques puisqu’ elle permet d’ immerger des patients dans des milieux virtuels d’ une façon accompagnée et contrôlée par le thérapeute. Un état de relaxation n’ est pas nécessaire, même si des suggestions de relaxation ou à un degré supplémentaire en combinant l’ hypnose (HRV) peuvent être associés en fonction du propre registre sensoriel, visuel et/ou auditif du patient.

Comme dans le cadre de l’ hypnose classique, l’ hypnose par RV est une « expérience existentielle » permettant de reprendre contact avec son corps, ses sensations et ses émotions.

Indications

1. Troubles anxieux : Les troubles anxieux sont la première indication psychiatrique de la RV. Les situations ou les objets anxiogènes sont modélisés en images de synthèse, la réalité est ainsi remplacée par un environnement virtuel contrôlé qui permet une exposition progressive aux situations anxiogènes. La TERV serait aussi efficace que les TCC classiques dans plusieurs troubles anxieux : phobies spécifiques, phobie sociale, agoraphobie, syndrome de stress post traumatique et addictions (2,3).

2. La dépression : la TERV permet une amélioration de certains symptômes, notamment le sentiment de dévalorisation et l’ empathie envers soi-même avec une diminution des affects négatifs et une diminution de l’ isolement social (2,4). La RV et sa possibilité de voyages virtuels permettraient de lutter contre l’ immobilité et la démotivation secondaire à la dépression.

3. Trouble somatoforme douloureux chronique : L’ immersion permet un détournement de l’ attention sur l’ univers virtuel et offre au patient la possibilité de s’ y évader mentalement (2). Combiné avec l’ hypnose, les sujets hautement hypnotisables rapportaient moins de douleur lors de l’ utilisation d’ outils hypnotiques (hypnose et HRV), tandis que les sujets faiblement hypnotisables rapportaient moins de douleur lors de l’ utilisation de la RV et de la HRV que l’ hypnose seule ou sans traitement. Il semblerait que la RV et l’ hypnose impliquent des mécanismes différents de réduction de la douleur. La modulation de la douleur pourrait être due à des mécanismes de distraction inhérents à l’ environnement RV, alors que la réponse à l’ hypnose résulterait des capacités de suggestibilité des sujets (5).

4. Troubles cognitifs : La création d’ environnements de test personnalisés permet de reproduire les tâches de la vie quotidienne et d’ améliorer la validité écologique du testing cognitif (6,7). La RV serait particulièrement efficace pour améliorer les fonctions exécutives, attention visuelle et les capacités visuo-spatiales ainsi que les symptômes psychologiques associés comme l’ anxiété ou l’ apathie (2,8,9,10,11). Chez les patients souffrant de démence, l’ univers sensoriel se restreint progressivement par déficit ou par manque de stimulation. Dans le cas de démences avancées, l’ usage de la RV se prête bien compte tenu de son utilisation en apparence récréative procurant une stimulation cognitive se basant, plus particulièrement, sur la réminiscence. L’ usage d’ immersion dans un environnement agréable (plage, montagne), couplant des lieux ou des moments familiers avec des musiques les plus adéquates possibles, permet de faire revivre des moments précieux en présence d’ une personne, proche ou soignant. L’ impact émotionnel de l’ expérience en RV améliore l’ humeur, baisse l’ anxiété et le stress et procure un sentiment de détente tout en diminuant l’ apathie (12,13).

Les principales étapes de la TERV sont résumées dans le tableau 1.

Effets secondaires et contre-indications

L’ expérience de réalité virtuelle en 360° est majoritairement appréciée par les personnes âgées. Parmi les effets secondaires, le plus souvent décrit et qui se majore avec l’ âge est le cybersickness ou cybermalaise, caractérisé par des nausées, maux de tête, transpiration, vertiges et troubles de l’ équilibre. Les troubles visuels préexistants, comme cataracte et troubles de la réfraction, sont des limitations partielles qui nécessitent une adaptation technique comme dans l’ interférence avec les prothèses auditives ou le port de lunettes. Une fatigue et des douleurs musculaires dorsales et nucales, perte du sens de la réalité ou dissociation du réel peuvent aussi se manifester (2). Chez les personnes âgées sensibles à ces effets, il est recommandé de choisir des écrans d’ affichage plutôt que des visiocasques et de proposer des environnements interactifs avec des interfaces ciblées, individualisées et pertinentes en fonction de la problématique psychologique du patient.

Hypnose

L’ hypnose accompagne la médecine depuis l’ aube des temps et sa conceptualisation, ainsi que sa pratique ont constamment évolué. Elle suscite bien souvent de la curiosité, du scepticisme autour d’ une méthode parfois considérée comme mystérieuse voire magique ou bien comme un moyen de contrôler le mental. Pourtant, l’ hypnose est un processus naturel, que chacun expérimente au quotidien ou pouvant être induit. Il n’ y a pas de consensus sur la définition de l’ hypnose, le phénomène étant complexe. Toutefois, la Société d’ Hypnose Psychologique la définit comme « un état de conscience incluant une focalisation de l’ attention ainsi qu’ une attention périphérique diminuée, caractérisé par une capacité accrue à répondre à la suggestion » (14). Grâce à l’ imaginaire et la créativité du patient l’ hypnose permet d’ accéder aux ressources internes, de les mobiliser afin d’ initier un changement pour atteindre un objectif thérapeutique. La relation à l’ autre, la considération du patient dans sa globalité et l’ installation d’ une alliance thérapeutique sont capitales pour favoriser une modification de ses perceptions et représentations internes.

Différents types d’ hypnose et déroulement d’ une séance

L’ hypnose thérapeutique se distingue de l’ hypnose de spectacle qui est directive, autoritaire, avec une mise en scène et utilisation de suggestions directes pour un public sélectionné.
L’ hypnose thérapeutique quant à elle peut être appliquée dans différents buts (Figure 2).
Dans l’ arsenal de l’ hypnothérapeute, on peut retrouver plusieurs façons de pratiquer l’ hypnothérapie :
– les outils hypnotiques : synchronisation de la posture, langage hypnotique, observation, repérage des canaux sensoriels, reformulation, métaphores
– l’ hypnose conversationnelle : fait appel aux techniques linguistiques, relationnelles, de focalisation entre autres
– l’ hypnose formelle : la plus répandue étant l’ hypnose ericksonienne (Tableau 2)
– l’ auto-hypnose : plus facile à pratiquer une fois que l’ apprentissage s’ est fait avec un thérapeute

Particularités de l’ hypnose chez les sujets âgés

Le déroulement de la séance d’ hypnose ainsi que les techniques de bases restent globalement les mêmes que chez l’ adulte (15). Une adaptation est nécessaire lorsqu’ il existe des troubles cognitifs, une modification du niveau de la compréhension et de l’ attention, ou des troubles sensoriels. Il y aurait plutôt une augmentation de la suggestibilité avec l’ âge avec une facilité d’ être dissociés (16). L’ effet de positivité (17) lié à un rappel plus facile des informations positives vécues, est à prendre en compte dans cette population afin de réactiver les réussites ou expériences à vécu émotionnel positif.

Le schéma type de l’ hypnose est souvent bousculé chez nos ainés. Leurs transes sont parfois différentes avec un état hypnotique fréquemment haché (retour à l’ état de veille, discussion), un maintien de l’ ouverture des yeux, surtout lorsqu’ il existe des troubles cognitifs. Avec l’ avancée de la perte cognitive, il convient de choisir le bon moment pour le sujet, favoriser la synchronisation, faire des séances de durée plus courte, en marchant ou en discutant, sans laisser de silence et en utilisant des phrases courtes, répétitives, au contenu positif avec des suggestions directes. Il est également important de privilégier les canaux sensoriels pour l’ induction et la focalisation de l’ attention sauf le gustatif à cause du risque de fausse route. Étant donné qu’ il est moins facile d’ accéder aux images internes et à la confusion, aller rejoindre le patient dans sa réalité, privilégier la communication non verbale et accéder aux capacités restantes paraissent être un bon abord (18).

Principales indications et contre-indications de l’ hypnose chez le sujet âgé

Le spectre de l’ application de l’ hypnose médicale est très varié. Il n’ existe que peu de contre-indications à la pratique de l’ hypnose chez la personne âgée, qui sont les mêmes que chez l’ adulte (Tableau 3).

L’ hypnose peut être utilisée comme un outil thérapeutique supplémentaire aux autres traitements, d’ autant plus que c’ est une approche non-médicamenteuse, rapide, rentable, non addictive, dépourvue d’ effets indésirables et sans dangers (28, 29). Son utilisation lors des soins difficiles, de soins d’ hygiène et de gestes douloureux prend alors tout son sens. D’ où l’ importance de former et sensibiliser les équipes qui interviennent auprès de nos aînés et de leur entourage, surtout les proches-aidants, dans le but d’ investir davantage la relation à l’ autre et faciliter la communication (30).

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Dre Montserrat Mendez

Médecin associée
Service Universitaire de Psychiatrie de l’âge avancé :
SUPAA région ouest
Avenue de Reverdil 8
1260 Nyon

Montserrat.Mendez-Rubio@chuv.ch

Dre Tatiana Baltag

Médecin Adjointe
Centre Hospitalier du Valais Romand (CHVR)
Service de Psychiatrie et Psychothérapie Ambulatoire
Centre de Compétences en Psychiatrie et Psychothérapie (CCPP) Sion et Sierre
Rue de Lausanne 63
1950 Sion

Tatiana.Baltag@hopitalvs.ch

L’ auteur n’ a pas déclaré de conflits d’ intérêts en rapport avec cet article.

◆ La TERV est une approche thérapeutique non invasive et facilement utilisable avec les personnes âgées avec une balance bénéfice-effets secondaires positive dans le traitement des troubles anxieux, les troubles de l’ humeur et le trouble somatoforme douloureux.
◆ Chez les patients souffrant de troubles neurocognitifs, la thérapie de réminiscence facilitée par la TERV permet d’améliorer les symptômes psychologiques accompagnants.
◆ La cybermalaise est l’ effet secondaire le plus fréquent directement lié à l’ âge.
◆ L’ hypnose est un processus naturel caractérisé par un état de conscience modifié induit par les suggestions proposées par le thérapeute et un outil thérapeutique complémentaire, permettant d’appréhender la personne dans sa globalité avec un abord humain.
◆ Une adaptation des séances d’ hypnose pour les aînés en fonction des indications et de l’ état cognitif de la personne est nécessaire.
◆ L’ absence d’ effets indésirables et son faible coût devraient encourager davantage de professionnels à être formés surtout s’ ils interviennent auprès de personnes âgées dont l’ état psychique est fragilisé.

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Detox versus Botox

Während eines «Anti-Stress-Kurzurlaubs» in einem wunderschönen Wandergebiet, ohne Uhr und Handy, habe ich mir Gedanken gemacht, wie ich die kommenden Wochen unbeschadet überstehen werde. Eine Überdosis an Stress liegt bereits in der Dosette für die kommenden Wochen und die Mailbox platzt aus allen Nähten. Dabei fühle ich die Standschäden am Körper und eine Demotivation für den vielseitigen und interessanten Beruf, den ich eigentlich liebe.

So geht es vielen engagierten Ärzten und Ärztinnen. Die Wertschätzung von gewissen Politikern, Krankenkassen und teilweise auch von PatientInnen fehlt, die nicht pragmatische Bürokratie und der Leistungsdruck beim Ärztemangel wachsen. Auch die tarifliche Abgeltung basierend auf den Gestehungskosten des letzten Jahrhunderts, notabene ohne Teuerungsausgleich, sind demotivierend. Nicht vorhersehbare Rückforderungen der Versicherer bedrohen als Damoklesschwert zudem das Portemonnaie oder gar die Existenz einer Arztpraxis. Diese bereits vorhandene Stressüberdosierung wird durch den Personalmangel im gesamten Gesundheitswesen und der «Zertifikatitis» noch zusätzlich aufdosiert.

So überrascht es mich nicht, wenn Hausärzte nicht mehr bis 70 Jahre arbeiten. Der Hausärztemangel wächst und die tele­medizinischen Betreuungsinstitutionen verursachen sogar Zusatzaufwand bei falschem Triagieren. Wir sind keine Götter in Weiss, die über 40 Jahre unter chronischem Stress arbeiten können. Die Politik hat versagt. Wir können und sollten das Versagen der schweizerischen Gesundheitspolitik nicht auf unserem Rücken austragen. Wir müssen unserer persönlichen Gesundheit wieder mehr Achtung schenken.

Lasst uns gemeinsam eine Detox-Kampagne starten, dann brauchen wir kein Botox für die Stirnfalten. Weniger arbeiten und dafür mehr Zeit haben für das, was uns nebst dem Beruf auch wichtig ist: Familie, Freunde, Lifestyle. Zumindest ein Teil der jüngeren Generation hat es begriffen und arbeitet wo möglich in Teilzeit (d.h. unter 50 Stunden pro Woche).

Dr. med. Carmen Steinacher

Dr. med. Carmen Steinacher

c.steinacher@bluewin.ch

Alkohol und Herz

Der Konsum von Alkohol gehört in der Schweiz zu den kulturellen Traditionen und mehr als 80% der Bevölkerung konsumieren Alkohol in vernünftigem Masse. Die schädlichen Auswirkungen von übermässigem Alkoholkonsum sind gut dokumentiert. ­Dennoch werden die möglichen kardioprotektiven Vorteile in der wissenschaftlichen Literatur nach wie vor diskutiert. In diesem Artikel wurden die Ergebnisse von 10 Metaanalysen einer grossen Anzahl von Kohorten untersucht, um die Auswirkungen von alkoholischen Getränken auf das kardiovaskuläre Risiko je nach Konsumniveau zu bestimmen, und sie mit den Empfehlungen für die Bevölkerung zu vergleichen.

The consumption of alcohol is part of the cultural traditions in Switzerland and more than 80% of the population consumes alcohol at a reasonable level. The harmful effects of excessive alcohol consumption are well documented. Nevertheless, the potential cardioprotective benefits are still debated in the scientific literature. In this article, the results of 10 meta-analyses of a large number of cohorts were examined to determine the effects of alcoholic beverages on cardiovascular risk according to consumption level and compared them with population recommendations.
Key Words: Alcohol, Cardiovascular risk, coronary heart disease, cardioprotection

Alkohol ist ein fester Bestandteil unserer Kultur in der Schweiz. Über 80% unserer Bevölkerung ab 15 Jahren bekennen sich zu ihrem Konsum, davon fast 20% in exzessiven Mengen, d.h. sie trinken zu viel, zu oft und zur falschen Zeit, und fast 5% in chronisch riskanter Form. Hinzu kommen 250’000 bis 300’000 alkoholabhängige Personen (1). Nach den jüngsten statistischen Daten ist ihr jährlicher Konsum zwischen 2001 und 2021 insgesamt um fast 20% von 126 auf 102 Liter pro Person zurückgegangen. Während der Konsum von Spirituosen und Apfelwein in Bezug auf den reinen Alkohol relativ stabil blieb, ist vor allem beim Wein (-27%) und Bier (-12%) ein Rückgang zu beobachten (2). Dennoch verursacht Alkohol, wenn er im Übermass konsumiert wird, erhebliche gesundheitliche, soziale und wirtschaftliche Schäden, wobei sich die Gesamtkosten im Jahr 2010 auf etwa 4,2 Milliarden beliefen (3). Im Jahr 2017 wurden in der Schweiz 1553 Todesfälle bei Personen zwischen 15 und 74 Jahren durch Alkohol verursacht, was 8% der Todesfälle in dieser Altersgruppe entspricht. 77% davon waren Männer und 45% Personen im Alter zwischen 65 und 74 Jahren. Zu den 4 Haupttodesursachen gehörten Krebs (36%), Unfälle und Verletzungen (21%), Leber- und Verdauungskrankheiten (21%) sowie kardiovaskuläre Erkrankungen (CVD) (10%) (4). In derselben Publikation erwähnt G. Gmel, dass die alkoholbedingte Sterblichkeitsrate in den letzten 20 Jahren von 56.1 Todesfällen pro 100.000 Einwohner auf 34.7 bei Männern und von 14 auf 10.7 bei Frauen gesunken ist. Bei Männern ist dieser Rückgang vor allem auf den Rückgang von Unfällen und Verletzungen sowie Erkrankungen des Verdauungssystems zurückzuführen, während bei Frauen der Rückgang der Todesfälle durch Erkrankungen des Verdauungssystems die grösste Rolle spielt.

In den letzten Jahrzehnten hat eine grosse Anzahl von Studien gezeigt, dass ein geringer bis mässiger Alkoholkonsum mit einem verringerten kardiovaskulären Risiko verbunden sein kann (5-8). In der Literatur finden sich jedoch auch abweichende Ergebnisse und methodische Kritik, die diesen Effekt in Frage stellen (9-12). Andere Autoren sind der Meinung, dass die grossen Unterschiede zwischen den empfohlenen Grenzwerten in den verschiedenen Ländern die Standardisierung von Referenzwerten erschweren (13-16). In diesem Artikel soll die Assoziation zwischen Alkoholkonsum und dem Risiko für Herzerkrankungen im Lichte der wissenschaftlichen Erkenntnisse aus den bisher veröffentlichten systematischen Übersichtsarbeiten und Metaanalysen neu betrachtet werden.

Methodologische Vorbemerkung

Um eine Bestandesaufnahme der Auswirkungen von Trinkgewohnheiten und koronarer Herzkrankheit zu machen, stützte sich diese Forschung auf die 10 Metaanalysen, die kürzlich von Calabrese I. erfasst wurden (17). Diese Metaanalysen wurden zwischen 2004 und 2020 veröffentlicht und umfassen insgesamt zwischen 4 und 44 Studien, die hauptsächlich in europäischen Ländern durchgeführt wurden und scheinbar gesunde, überwiegend männliche Personen einschlossen (18-28). Die Autoren dieser Metaanalysen haben darauf geachtet, nur Studien mit den höchsten Qualitätsstandards auszuwählen, um methodische Verzerrungen zu vermeiden. Es ist zu beachten, dass ihre Endpunkte nur das Risiko für ischämische koronare Herzkrankheit (KHK) und kardiovaskuläre Krankheit im weiteren Sinne betrafen, weshalb es an einer Spezifikation für seltenere Formen von KHK wie Herzinsuffizienz, Kardiomyopathie oder Vorhofflimmern fehlte. Aus diesem Grund werden diese selteneren Formen in dieser kurzen Übersicht nicht behandelt.

Alkoholkonsum und koronare Herzkrankheit (KHK)

Wie in Tabelle 1 erwähnt, wird ein leichter bis mässiger täglicher Alkoholkonsum in 9 von 10 Metaanalysen mit einer signifikanten Verringerung der Inzidenz von KHK in Verbindung gebracht, wobei das relative Risiko (RR) zwischen 0,64 und 0,81 schwankt. Diese umgekehrte Beziehung bleibt auch bei höherem Alkoholkonsum bestehen, wie Yang Y (23) berichtet. In seiner Metaanalyse stellte er fest, dass im Vergleich zu Abstinenzlern das RR (95 %-KI) für koronare Erkrankung bei unterschiedlichen Alkoholkonsumniveaus 0.75 (0.70-0.80) für 12 g/d, 0.70 (0.66-0.75) für 24 g/d, 0.69 (0.64-0.75) für 36 g/d, 0.70 (0.64-0.77) für 60 g/d, 0.74 (0.67-0.83) für 90 g/d und 0.83 (0.67-1.04) für 135 g/d betrug, wobei das niedrigste RR insgesamt mit 36 g/d Alkoholkonsum korrelierte. Wie in Tabelle 2 aus der Metaanalyse von Zheng Y.L. dargestellt, ist das RR für koronare Herzkrankheit bei Männern und Frauen in Verbindung mit einem moderaten Alkoholkonsum zwischen 15 und 30 g/d signifikant ähnlich reduziert (21).

Um den potenziellen Nutzen eines chronisch hohen Alkoholkonsums (> 60 g/d) auf das koronare Mortalitätsrisiko besser einschätzen zu können, berechnete Roerecke M. die RR, je nachdem, ob die Vieltrinker mit lebenslangen Abstinenzlern (1.04; 0.83-1.31) oder mit momentanen Abstinenzlern (0.83; 0.70-1.98) verglichen wurden (20). Dieser Befund zeigt das Risiko einer Überschätzung des potenziellen kardiovaskulären Nutzens je nach den Kriterien, die die Gruppe der Abstinenzler definieren. In Bezug auf das Risiko der koronaren Herzerkrankung berichten drei der vier Metaanalysen von einer signifikanten Verringerung der RR aufgrund einer Dosisreaktion von 2,5-14,9 g. /d (0.79; 0.73-0.86), oder im Vergleich zwischen Trinkern und Nicht-Trinkern (0.88; 0.78-0.99), oder eine signifikante (günstige) Erhöhung im umgekehrten Vergleich zwischen Nicht-Trinkern und mässigen Trinkern (1.47; 1.21-1.78) (18, 25, 26). Roerecke M., der das RR der koronaren Herzerkrankung zwischen leichten bis mässigen Trinkern (12-23,9 g/d) und lebenslangen Abstinenzlern verglich, berichtete jedoch, dass der Rückgang des RR bei Männern nicht signifikant war (0.86 ; 0.73-1.02), während das RR bei Frauen leicht ungünstiger war (1.03; 0.38-1.27) (20). Diese Daten zeigen, dass der Einfluss unterschiedlicher Trinkmuster und Trinkmengen auf das RR für koronare Herzerkrankungen, insbesondere bei Frauen, noch nicht eindeutig geklärt ist.

Alkoholkonsum und Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Die Tabelle 1 fasst die Daten zur Inzidenz und Mortalität von Herz-Kreislauf-Erkrankungen aus insgesamt 4 Metaanalysen zusammen, die zwischen 7 und 15 Kohortenstudien mit insgesamt mehr als einer Million männlich dominierter Personen umfassten. Die Tabelle zeigt, dass leichter bis mässiger oder moderater Alkoholkonsum mit einer signifikanten Senkung der RR für kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität zwischen 0,68 und 0,85 bei Männern und dem gesamten Kollektiv, das in 3 der 4 Metaanalysen eingeschlossen wurde, verbunden ist (19, 21, 27), während die Senkung des RR bei Frauen nur in einer der 4 Metaanalysen die Schwelle der statistischen Signifikanz erreicht (0.63; 0.57-0.71) (24).
Im Gegensatz dazu ist bei Männern ein hoher Alkoholkonsum assoziiert. Dieser Aspekt wurde nur in zwei Metaanalysen (21, 27) untersucht und ergab einen nicht signifikanten Anstieg des RR nur in der Metaanalyse mit dem höchsten Alkoholkonsum (1.32; 0.61-2.86) (27). Bei Frauen gab es ebenfalls einen nicht signifikanten Anstieg des RR in den beiden Metaanalysen, die dieser Frage nachgingen (1.04; 0.74-1.46 und 1.30; 0.74-2.26) (21,24).
Kürzlich zeigte Ding C. anhand von Kohortenstudien mit Patienten, die bereits einen Herzinfarkt, eine Angina pectoris oder einen Schlaganfall erlitten hatten, ähnliche Effekte im Zusammenhang mit dem Alkoholkonsum. Im Vergleich zu Personen, die nie Alkohol getrunken hatten, beobachtete er eine Risikoreduktion, die bei 7 g/Tag (RR = 0.79; 0.73-0.85) für die Gesamtmortalität, bei 8 g/Tag (0.73; 0.64-0.83) für die kardiovaskuläre -Mortalität und bei 6 g/Tag (0,50; 0,26-0,96) für kardiovaskuläre Ereignisse ihren Höhepunkt erreichte und bis zu 62, 50 bzw. 15 g/Tag signifikant blieb (28).
Im Hinblick auf persönliche Überzeugungen und kulturelle Präferenzen wurde bislang kein kohärentes Modell für eine bestimmte Art von alkoholischen Getränken (Wein, Bier oder Spirituosen) zur Senkung des kardiovaskulären Risikos bestätigt, aber es besteht eine starke epidemiologische Übereinstimmung darüber, dass verschiedene Arten von alkoholischen Getränken das kardiovaskuläre Risiko senken, sofern sie nicht übermässig konsumiert werden (29-31).

Trotz der methodischen Strenge, die der Durchführung von Kohortenstudien und Metaanalysen innewohnt, unterliegen die Ergebnisse dennoch verschiedenen Einschränkungen, die dazu führen können, dass der potenzielle Nutzen eines geringen bis mässigen Alkoholkonsums überschätzt wird (31,32). Hinzu kommen einige Studien, die auf Mendelschen Randomisierungen unter Verwendung genetischer Variablen beruhen und die den möglichen Nutzen des Alkoholkonsums auf das Lebenszeitrisiko in Frage stellen (33-35) oder sogar behaupten, dass jeglicher Alkoholkonsum das Risiko erhöht (36).

Schliesslich ist es zwar richtig, dass die Ergebnisse von Metaanalysen von Kohortenbeobachtungsstudien nicht kausal sind, um die schützende Wirkung von leichtem und mässigem Alkoholkonsum zu beweisen ; sie können höchstens die Plausibilität dieser Wirkung unterstreichen. Andererseits werden die Merkmale dieser Daten als nützlich für den Versuch anerkannt, Grenzwerte festzulegen, die nicht überschritten werden dürfen, wobei die Gesamtheit der Auswirkungen des Alkoholkonsums aus medizinischer, sozialer, beruflicher und wirtschaftlicher Sicht zu berücksichtigen ist. In diesem Zusammenhang empfiehlt die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (European Society of Cardiology, ESC), dass Frauen und Männer denselben maximalen Konsum von 100 g/Woche einhalten sollten, was einem geringen Konsum entspricht (37). In der Schweiz entsprechen die Empfehlungen der Eidgenössischen Kommission für Alkoholfragen einem leichten bis mässigen Konsum wie folgt: Gesunde erwachsene Männer sollten nicht mehr als zwei Standardgetränke (20-24 g reiner Alkohol) pro Tag trinken, zwischendurch alkoholfreie Tage einlegen und darauf achten, dass sie nicht mehr als 5 Standardgetränke pro Gelegenheit trinken. Bei Frauen entsprechen diese Grenzen 1 und 4 Standardgetränken, und ältere Menschen, die stärker auf Alkohol reagieren, sollten ihren Konsum reduzieren (38).

Was lässt sich aus diesen Metaanalysen lernen?

Insgesamt sind die Ergebnisse der zehn Metaanalysen aus den letzten zwei Jahrzehnten übereinstimmend. Sie zeigen eine komplexe Mischung aus einer günstigen und einer schädlichen Assoziation zwischen Alkoholkonsum und dem Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen, die hauptsächlich von der Menge und der Häufigkeit des Alkoholkonsums abhängt. Diese Beziehung wird meist als kurvilinear oder “J-förmig” beschrieben, manchmal aber auch als abgeflachte inverse Assoziation (32). Es ist jedoch anzuerkennen, dass diese Metaanalysen nicht darauf abzielten, die empfohlenen Grenzdosen für den Konsum hinsichtlich der spezifischen Vorteile und Risiken der koronaren Morbidität und Mortalität, des Lebenslaufs oder der Gesamtmortalität zu definieren, wie das Fehlen grafischer Kurven zeigt, die das RR mit den verschiedenen Niveaus des Konsums alkoholischer Getränke in Verbindung bringen. Nur Corrao G. erwähnt in seiner Veröffentlichung eine J-Kurve, die die stärkste Reduktion des RR dr KHK zeigt, die mit einem täglichen Konsum von 20 g reinem Alkohol korreliert ist, wobei die Nadir-Werte zwischen 72 und 89 g liegen. (17). In seiner 2012 erschienenen Veröffentlichung über 24 Studien legte Roerecke M. den Nadir bei 32 g pro Tag für die Mortalität und 69 g pro Tag für die Morbidität durch KHK bei Männern fest, während diese Werte bei Frauen bei 11 g bzw. 14 g pro Tag lagen (19). Yang Y. gab die niedrigste RR bei 36 g an (23).
Konkret haben diese Metaanalysen keinen gemeinsamen Grenzwert für einen hohen täglichen Alkoholkonsum in Bezug auf das kardiovaskuläre Risiko, insbesondere bei Frauen, festgelegt. Stattdessen wird der obere Grenzwert von 30 g am häufigsten verwendet. Die von Zheng Y.L. in Tabelle 2 vorgeschlagenen Grenzwerte erscheinen interessant, sind aber fragwürdig, da nicht zwischen Männern und Frauen unterschieden wird.

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

Prof. Dr. med. Roger Darioli

Chemin des Fleurs 5
1007 Lausanne

roger.darioli@unisante.ch

Der Autor hat keine Interessenskonflikte im Zusammenghang mit diesem Artikel deklariert..

◆ Dieser Überblick über die Metaanalyse stützt die Auffassung, dass regelmässiger Alkoholkonsum mit möglicherweise günstigen Auswirkungen auf das Herz, insbesondere auf die koronare Herzkrankheit, verbunden ist, sofern es sich um einen leichten bis mässigen Konsum handelt, welcher bei Frauen geringer ist als bei Männern.
◆ Chronisch hoher Konsum scheint das Risiko für CKD nicht zu beeinflussen, erhöht aber sowohl das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen als auch für Schlaganfälle.
◆ Die bisherigen Ergebnisse lassen keinen Vorteil von Wein gegenüber anderen Formen alkoholischer Getränke schliessen.
◆ jede/r Patient/in verdient es, über die Auswirkungen von Alkohol auf kardiovaskuläre Krankheiten informiert zu werden und die Empfehlungen der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie und der Eidgenössischen Kommission für Alkoholfragen zu kennen, die einen wöchentlichen Konsum von vorzugsweise weniger als 100g reinen Alkohols mit geringerem Gesundheitsrisiko empfehlen.

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