Estrogene zur Frakturprävention in der Peri- und Postmenopause

Der Einsatz von Estrogenen als wirksame Methode zur Frakturprävention fehlt in den neuesten internistischen Empfehlungen, obwohl nur für die menopausale Hormontherapie (MHT) gezeigt wurde, dass sie auch bei gesunden jüngeren Frauen in der Peri- und frühen Postmenopause ohne erhöhtes Risiko Fragilitätsfrakturen an allen vertebralen und nicht-vertebralen Lokalisationen inklusive Schenkelhals signifikant um 25–40% senkt. Solche Daten liegen bisher für keines der nichthormonalen Präparate vor. Die Analyse des kumulativen Follow-Ups nach 13 Jahren zeigt bei korrekt indizierter oraler MHT einzig einen minimen Anstieg des Risikos für den Tod durch eine Lungen­embolie. Auch dieses Risiko lässt sich vermeiden, wenn statt oralem Estrogen transdermales Estradiol eingesetzt wird. Bei gesunden Frauen innerhalb des «günstigen Fensters» (unter 60 Jahre alt oder weniger als 10 Jahre von der Menopause entfernt) überwiegt auch bei der Indikation «Frakturprävention» der Nutzen einer MHT die Risiken.

The use of estrogens as an effective method of fracture prevention is absent from the most recent internal medicine recommendations, although only menopausal hormone therapy (MHT) has been shown to significantly reduce fracture risk by 25-40% at all vertebral and non-vertebral sites including the femoral neck in younger women without any increased fracture risk. In the same age group, no such data are available for non-hormonal preparations. The analysis of the cumulative follow-up after 13 years of estrogen use shows only a minimal increase in the risk of death from pulmonary embolism in users of correctly individualised oral MHT. This risk can be avoided if transdermal estradiol is used instead of oral estrogen. In healthy women within the «window of opportunity» (under 60 years of age or less than 10 years from menopause), the benefits of MHT outweigh the risks also for the indication «fracture prevention».
Key Words: menopause, estrogens, osteoporosis

Die systematische Review und Metanalyse und die daraus abgeleiteten klinischen Empfehlungen vom Februar 2023 des American College of Physicians (APF; 1) kommen zum Schluss, dass Bisphosphonate, Denosumab, Abaloparatid, Teriparatid und Romosozumab klinische Frakturen bei postmenopausalen Frauen mit Osteoporose vermindern. In diesen neuesten Guidelines zur Frakturprävention werden die Estrogene nicht erwähnt. Hingegen schliesst die North American Menopause Society (NAMS) in ihren Empfehlungen von 2021 und 2022 (2, 3) unter den von der FDA (wie auch von der Swissmedic) bei erhöhtem Frakturrisiko zugelassenen Optionen Estrogene und SERM ein. Dies deckt sich auch mit der Sicht der europäischen Menopausengesellschaften. Raloxifen ist heute primär eine Alternative zu MHT bei Frauen mit erhöhtem Brustkrebsrisiko. Es bietet zwar einen gesicherten osteoprotektiven Schutz an der Wirbelsäule, doch liegt keine direkte Evidenz für eine protektive Wirkung am Schenkelhals und am übrigen nicht-vertebralen Skelett vor. Aus Platzgründen muss hier auf eine weitere Diskussion der SERMs verzichtet werden (4).
Warum werden in internistischen klinischen Empfehlungen selektive Estrogen-Modulatoren wie Raloxifen und Bazedoxifen empfohlen, wogegen natürliche Estrogene, die auch das nicht-vertebrale Frakturrisiko signifikant senken (Tab. 1), nicht erwähnt werden?

Der eine Hauptgrund dafür ist, dass Osteoporosespezialisten in der Regel erst bei der älteren postmenopausalen Frau zur Behandlung einer etablierten Osteoporose beigezogen werden, bei welcher Estrogene nicht mehr die beste Option sind.
Endokrinologen und Gynäkologen geht es dagegen meist um die Frakturprävention bei der peri- und früh postmenopausalen Frau mit noch normaler oder nur leicht verminderter Knochendichte. Genau in dieser Altersgruppe ist der Platz der natürlichen
Estrogene.

Der zweite Hauptgrund dafür mag sein, dass die SERMs für die rheumatologisch orientierten Verschreiber und auch die meisten Anwenderinnen als «Medikamente» gelten, während E2 und EV als «Hormone» eingestuft werden und daher seit der Women’s Health Initiative Studie (WHI-Studie) zu Unrecht immer noch suspekt sind. Dazu werden oft mögliche Estrogen-Nebenwirkungen wie vaginale Blutungen oder Mastodynien gescheut, da hier Nicht-Gynäkologen die Erfahrung fehlt.

Die Peri- und frühe Postmenopause: Platz der Estrogene

Tiefe endogene Estrogene führen zu einem Knochenverlust und einem Anstieg des Frakturrisikos (Abb. 1). In der Peri- und frühen Postmenopause ist somit der korrekte pathophysiologische Ansatz zur Frakturprävention die Gabe von natürlichen Estrogenen. Für Frauen in dieser Altersgruppe gibt es keine solide Evidenz und keine Langzeiterfahrungen zum Einsatz von medikamentös-pharmakologischen Therapieprinzipien wie Bisphosphonate oder Denosumab. Hingegen zeigen RCTs wie die Women’s Health Initiative (WHI) (Tab. 1) und die Danish Osteoporosis Prevention Study (DOPS) (5-12; weiterführende Literatur in 13), Metaanalysen und grosse Beobachtungsstudien unter Estrogenen eine signifikante Reduktion klinischer Frakturen. Darauf basieren die Empfehlungen der menopausalen Hormontherapie (MHT) als einer Methode der ersten Wahl zur Frakturprävention bei der Frau unter 60 Jahren. Sie kann seit über 30 Jahren bei der Frau als gesichert gelten. Der Begriff MHT umfasst auch eine Behandlung mit Tibolon (1,25 mg per os/Tag), einem synthetischen Steroid, dessen Metaboliten estrogene, androgene und gestagene Partialwirkungen besitzen. Tibolon senkt das Risiko von vertebralen und nicht-vertebralen Frakturen signifikant (14) (siehe Übersicht von Kloosterboer (15)).

Der WHI-Trial mit konjugierten equinen Estrogenen (CEE) bleibt der einzige bisher bei einer Normalpopulation durchgeführte RCT zur Effizienz einer MHT mit CEE allein oder kombiniert mit einem Gestagen zur Senkung des Frakturrisikos. Bei Frauen ohne Frakturrisiko wird das Auftreten von Knochenbrüchen an der Wirbelsäule, am Schenkelhals und am gesamten non-vertebralen Skelett signifikant gesenkt. (Tab. 1; 8-11). Diese Resultate sind mit allen anderen älteren und neueren Daten zur Frakturprävention mit Estrogenen konsistent (12, 13). Dagegen wurden alle RCTs mit SERMs, Bisphosphonaten, Denosumab, Parathormonen oder Romosozumab bei älteren Risikopopulationen mit vorbestehender Osteoporose oder Osteopenie durchgeführt.

Im WHI-Trial kann die Wirksamkeit einer MHT als Anzahl Frauen ausgedrückt werden, deren Frakturen über eine 5-Jahres-Periode verhindert werden konnten. Unter Estrogenen allein repräsentiert dies 27,1 Frauen per 1000 über 5 Jahre, unter Estrogen+Gestagen 21,8 Frauen. In der PERF-Studie liegt die benötigte Anzahl der mit Estradiol zu behandelnden Frauen zur Verhinderung einer Fraktur bei 7 (16). Die Frakturprävention mittels MHT ist kostenwirksam. Eine MHT senkt zudem im Gegensatz zu allen nicht-hormonalen Therapieprinzipien das Frakturrisiko nicht nur über den Knochenstoffwechsel, sondern auch über eine Verbesserung der Muskelkraft und der «Stossdämpferfunktion» der Zwischenwirbelscheiben (17, 18).

Für die systemische MHT sind in der Schweiz einzig 17-beta-Estradiol (E2) und Estradiol-Valerat (EV) zugelassen (Tab. 2). Ethinyl­estradiol (EE) und damit die «Pille» soll bei der postmenopausalen Frau wegen des bei EE metabolisch ungünstigen Nutzen-Risiko-Profils nicht verwendet werden.

Niedrig oder ultra-niedrig dosierte MHT zur Frakturprävention?

Die Standarddosis zur Behandlung des klimakterischen Syndroms beträgt pro Tag peroral 2mg E2 oder transdermal 50 µg E2 (Tab. 2; 19). Zu dessen erfolgreichen Behandlung ist oft auch eine niedrig oder ultra-niedrig dosierte Estrogengabe wirksam (Abb. 2).
Bei den meisten der so therapierten Frauen reicht diese Dosis auch zum Schutz des Knochens aus (20, 21; weiterführende Literatur in 13), doch erhöht sich mit der Senkung der Estrogene unter die Standarddosis der Prozentsatz der sogenannten Non-Responders (>2% Knochenverlust an der Wirbelsäule innert 26 Lunarmonaten trotz Therapie). Unter einer ultra-niedrigen Estradiol-Gabe (0,5 resp. 0,25 mg E2 per os/Tag) steigt die Anzahl der Non-Responders auf 13% resp. 22% an, in der Placebo-Gruppe hatten 51% einen Knochenverlust >2% (21). Es wird daher empfohlen, die Wirksamkeit einer niedriger als Standard dosierten Estrogengabe durch die Bestimmung von Knochenmarkern (nach ca. 3 Monaten) und 1-2 Jahre nach Beginn der MHT durch eine Bestimmung der Knochendichte mittels DXA zu überprüfen, wenn das Ziel der MHT die Frakturprävention ist.

Erhaltener Nutzen am Skelett nach Beendigung einer MHT?

Das Absetzen einer MHT führt zu einem jährlichen Knochenverlust, der innert 2 Jahren mit 3% bis 6% demjenigen in der frühen Menopause gleicht (22, 23). In der WHI führte das Absetzen der MHT zu einem bei Frauen in der Placebogruppe vergleichbaren Frakturrisiko (24).

Der unter der MHT erreichte präventive Gewinn bleibt deswegen erhalten, weil der wiedereinsetzende beschleunigte Knochenverlust bei einem höheren Ausgangswert einsetzt. In der PERF Studie (16) ist der erworbene Vorteil bis 15 Jahre nach dem Stopp der MHT nachweisbar, indem die Odds Ratio (OR) für Frakturen bei den früheren Estrogenanwenderinnen im Vergleich zu Placebo noch bei 0.48 (VI 0.26-0.88) liegt.

Sonderfall vorzeitige (prämature)
Ovarialinsuffizienz (POI)

Bei Frauen mit POI ohne Estrogen-Kontraindikationen besteht mindestens bis zum Erreichen des normalen Menopausenalters eine Indikation für eine Substitution mit Estrogenen. Frauen mit POI benötigen für ihre klimakterischen Beschwerden meist höhere Dosierungen als ältere Frauen (≥2mg 17β-Estradiol pro Tag). Damit ist auch der Knochenbedarf abgedeckt.

Eine Indikation besteht auch für die Substitution mit E2 oder EV bei der primären Amenorrhöe und bei jeder längerdauernden sekundären Amenorrhöe (>6 Monate). Bei einer sekundären Amenorrhöe können bei Kontrazeptionsbedarf auch kombinierte hormonale Ovulationshemmer eingesetzt werden.

Nebenwirkungsprofil einer MHT

Bei der Diskussion der WHI-Studie wird heute leider oft vergessen, dass in der ersten Publikation nur zwei Resultate signifikant waren: der Anstieg des Thrombose-Risikos unter der oralen MHT als einzige ungünstige Nebenwirkung und die Reduktion des Frakturrisikos als einzigem Nutzen. Alle andern im Medien-Hype nach 2002 hochgespielten möglichen Gefahren waren nicht-signifikante Spekulationen.

Die Analyse des kumulativen Follow-Ups der WHI-Studie nach 13 Jahren (Tab. 3; 26) zeigt bei korrekt indizierter MHT für die alleinige Estrogen-Gabe einzig einen nicht-signifikanten Anstieg des Risikos für Lungenembolie (relatives Risiko (RR), 1.21; 95% CI, 1.06-1.38,). Dieses Risiko lässt sich zudem vermeiden, wenn statt oralem Estrogen transdermales Estradiol in normaler Dosierung eingesetzt wird (2, 6, 13, 25).

Alle übrigen im WHI-Trial untersuchten ­Todesursachen sind erniedrigt, insbesondere auch das kardiovaskuläre Risiko. Unter einer Kombination von E2/EV mit mikronisiertem Progesteron oder Dydrogesteron verschlechtert sich dieses Risikoprofil im Gegensatz zur Gabe von anderen Gestagenen nicht. Auch das Brustkrebsrisiko steigt im WHI-Trial unter CEE allein nicht an (weiterführende Literatur siehe in 2, 6, 13, 25, 26). Gemäss der Internationalen Menopausegesellschaft (IMS) ist das mögliche Risiko eines mit einer MHT assoziierten Mammakarzinoms klein und wird auf weniger als 0.1% per Jahr oder auf eine Inzidenz von <1.0 per 1000 Frauen pro Anwendungsjahr geschätzt (6).

Die vorhandene Evidenz zeigt, dass innerhalb des «günstigen Fensters» der Nutzen einer MHT die Risiken überwiegt (25-27).

Schlussfolgerung

Die Verschreibung einer MHT zur primären Prävention von Fragilitätsfrakturen muss Teil einer globalen Strategie sein. Bei peri- und frühen postmenopausalen Frauen mit erhöhtem Frakturrisiko innerhalb des therapeutisch «günstigen Fensters» (<60 Jahre oder <10 Jahre von der Menopause entfernt) gehört eine MHT zu den Therapien der ersten Wahl für die Prävention und die Therapie von Fragilitätsfrakturen und eignet sich zur Prävention der ersten vertebralen Fraktur, die unbedingt vermieden werden muss (Abb. 3), da diese das Risiko für weitere Frakturen signifikant steigert. Es gibt keine arbiträre Alterslimitierung für die Fortführung einer MHT (5, 6, 13), vorausgesetzt, dass die MHT nach den Bedürfnissen und persönlichen Risikofaktoren der Patientin individualisiert ist.
Vom Beginn einer MHT nach dem Alter von 60 Jahren mit der alleinigen Indikation einer Osteoporosetherapie wird hingegen abgeraten und auf die medikamentösen Alternativen verwiesen.

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Prof. em. Dr. med. Martin Birkhäuser

Gartenstrasse 67
4052 Basel

martin.birkhaeuser@bluewin.ch

Der Autor hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

◆ Eine MHT (inklusive Tibolon) senkt das Frakturrisiko an allen vertebralen und nicht-vertebralen Lokalisationen inklusive des Schenkelhalses signifikant um 25–40%.
◆ Im Gegensatz zu allen nicht-hormonalen Alternativen vermindert eine individualisierte MHT auch bei Frauen einer Normalpopulation ohne erhöhtes Frakturrisiko die Inzidenz aller mit einer Osteoporose im Zusammenhang stehenden Frakturen.
◆ Eine MHT senkt das Frakturrisiko nicht nur durch ihre Wirksamkeit am Knochen, sondern auch über andere Wirkungsmechanismen an der Muskulatur und an den Zwischenwirbelscheiben.
◆ Hinsichtlich Knochendichte und Frakturprävention bestehen keine Unterschiede zwischen den verschiedenen Estrogenen oder der
oralen und der transdermalen Verabreichungsform, doch besitzt transdermales Estradiol bei normaler Dosierung kein erhöhtes Thromboembolie- oder Schlaganfallrisiko.
◆ Bei gesunden peri- und postmenopausalen Frauen mit erhöhtem
Frakturrisiko unter dem Alter von 60 Jahren oder innerhalb der ersten 10 Jahre nach der Menopause darf die MHT als eine Therapie der ersten Wahl für die primäre Prävention und Behandlung Osteoporose-bezogener Frakturen an allen Skelettlokalisationen gelten. Innerhalb dieses «Window of Opportunity» überwiegt der Nutzen einer MHT die Risiken.
◆ Bei Frauen über 60 Jahren oder solchen mit einer Kontraindikation gegen MHT sind nicht-hormonale anti-resorptive Therapien wie
Bisphosphonate oder Denosumab die Therapie der ersten Wahl.

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Encéphalite auto-immunitaire et troubles cognitifs

Les encéphalites auto-immunes sont des maladies rares mais traitables qui se manifestent par un tableau associant généralement troubles cognitifs, psychiatriques, crises épileptiques et autres manifestations neurologiques. Le diagnostic est difficile chez la personne âgée, en raison d’une présentation clinique et biologique moins « inflammatoire ». Le diagnostic repose sur l’IRM cérébrale, la ponction lombaire et la mise en évidence d’anticorps antineuronaux dans le sang et/ou le liquide céphalo-rachidien, et un traitement immunosuppresseur précoce est essentiel.

Autoimmune encephalitis is a rare but treatable disease and usually presents with cognitive and psychiatric symptoms, seizures and other neurological manifestations. Diagnosis is difficult in the elderly because of a less “inflammatory” clinical and biological presentation. Diagnosis is based on brain MRI, lumbar puncture and the detection of antineuronal antibodies in the serum and/or cerebrospinal fluid, and early immunosuppressive treatment is essential.
Key Words: autoimmune encephalitis, cognitive/psychiatric symptoms, immunosuppression

Introduction

Chez les patients présentant des troubles neurocognitifs, il est essentiel de chercher les causes réversibles et traitables. Les encéphalites auto-immunes peuvent se présenter sous forme d’ une atteinte cognitive. Elles ont une prévalence estimée de 13.7/100’000 habitants (1), représenteraient jusqu’ à 20 % des troubles neurocognitifs chez les patients jeunes (<45 ans) (2) et entre 4 et 46 % des démences rapidement progressives (3). L’ âge médian est très variable, variant de 21 ans pour l’ encéphalite à anti-NMDAR à 64 ans pour celle à anti-LGI1 (4,5).

Il existe deux types d’ encéphalites auto-immunitaires, selon la cible de l’ anticorps dans la cellule : 1) des protéines à la surface membranaire des neurones (récepteur de surface/synaptique), par exemple les anti-NMDAR, LGI1 ou 2) des antigènes intracellulaire, dit « onconeuronaux », par exemple AK5, GAD-65 (tab. 1). Dans les encéphalites à anti-récepteur de surface, l’ anticorps détecté est pathogénique et perturbe directement les fonctions neuronales; les symptômes sont en général réversibles, reflétant une meilleure réponse à l’ immunothérapie (4,5). Au contraire, les encéphalites associées à des anticorps ciblant des protéines intracellulaires sont principalement des syndromes paranéoplasiques ; l’ anticorps détecté est un reflet de la réponse immunitaire, sans être pathogénique en soi. Ces syndromes sont responsables de tableaux cliniques très variés, avec en général une mauvaise réponse à l’ immunothérapie. Plus récemment, des cas d’ encéphalite immune ont été décrits après traitements oncologiques par inhibiteur des checkpoints immunitaire, dont l’ apparition peut être retardée, parfois jusqu’ à 1 année après l’ arrêt de la thérapie (7).

Présentation clinique

Présentation cognitive

La présentation cognitive est fréquente, souvent sous la forme d’ une « encéphalite limbique », avec une atteinte prédominant sur le versant mnésique antérograde et parfois associée à des manifestations psychiatriques (anxiété). La progression est généralement subaiguë (semaines à mois), remplissant les critères d’ une démence rapidement progressive (démence apparu en <12 mois après le début des troubles cognitifs). Dans une étude récente, 39 % des sujets avec encéphalite à anti-LGI1, NMDAR et GABABR remplissaient les critères de démence, parmi lesquels 76 % ceux d’ une démence rapidement progressive. Le tableau neuropsychologique permet difficilement de distinguer une encéphalite auto-immune d’ une atteinte neurodégénérative. Les formes à anti-LGI1 et GABABR semblent associées à une atteinte visuo-spatiale et exécutive prédominante, similaire au tableau de la démence à corps de Lewy, alors que dans les formes à anti-NMDAR seraient plutôt associées à une atteinte langagière et comportementale, au même titre qu’ une démence fronto-temporale (8).

Manifestations associées

Les crises épileptiques, focales ou généralisées, sont fréquentes et souvent précoces. On peut retrouver typiquement des crises focales d’ origine mésiotemporale, dont les manifestations sont difficiles à reconnaitre (sensation épigastrique ascendante, sensation de déjà-vu, hallucinations olfactives etc.). Les crises dystoniques facio-brachiales, épisodes fréquents (jusqu’ à 40-50x/j) de contractions musculaires brèves facio-brachiales ipsilatérales, sont pathognomoniques de l’ encéphalite à anti-LGI1, et peuvent parfois précéder les troubles cognitifs (5).

Les manifestations psychiatriques sont fréquentes, en particulier dans l’ encéphalite à anti-NMDAR avec des troubles psychotiques et une catatonie (4). Des mouvements anormaux sont rencontrés, comme les dyskinésies orofaciales dans l’ anti-NMDAR ou la chorée dans l’ anti-CRMP5/CV2 (4, 9). Le tableau 2 résume les caractéristiques anamnestiques, cliniques et paracliniques suggestives d’ une encéphalite auto-immune.

Examens complémentaires

En cas de suspicion d’ encéphalite auto-immune, le bilan complémentaire doit comprendre une IRM cérébrale injectée, un bilan sanguin, une analyse du LCR et la recherche d’ anticorps antineuronaux dans le sang et le LCR. Une recherche de néoplasie sous-jacente doit être discutée.

L’ atteinte radiologique est variable selon l’ anticorps incriminé, avec une IRM qui peut être normale, comme dans la moitié des cas d’ anti-NMDAR (Fig. 1A) (4). En cas d’ encéphalite limbique comme celle à anti-LGI1, l’ IRM cérébrale peut trouver un hypersignal T2 FLAIR de la région mésiotemporale uni- ou bilatéral, parfois associées à une tuméfaction et prise de contraste hippocampique (Fig. 1B-E) (5). Ce tableau radiologique n’est cependant pas spécifique, et peut se voir dans des encéphalites infectieuses (HSV-1), des gliomes ou des états de mal épileptiques. D’ autres images ont été décrites, comme des atteintes multifocales, une atteinte des ganglions de la base ou une atteinte diencéphalique. L’ IRM permettra également d’ exclure des diagnostics alternatifs, comme une atteinte infectieuse, tumorale ou une maladie à prion.

Le bilan biologique de base comprend un bilan hématologique, métabolique, infectieux et immunologique. La présence d’ une hyponatrémie évoque une encéphalite à anti-LGI1 (5). L’ analyse du LCR doit comporter les analyses de routine (répartition cellulaire, protéines, glucose, quotient d’ albumine, recherche de bandes oligoclonales), des recherches infectieuses, une cytologie et une cytométrie de flux. Selon le contexte, le dosage des marqueurs phospho-tau, total-tau et Abeta 42 peut être effectué en cas de suspicion de maladie d’ Alzheimer, et le RT-QuIC pour l’ évaluation d’ une maladie à prions. Dans le LCR, on peut trouver une pléocytose lymphocytaire légère à modérée, une hyperprotéinorachie et parfois une synthèse intrathécale d’ immunoglobuline. Un LCR normal n’ exclut cependant pas une encéphalite auto-immune.

La recherche des anticorps antineuronaux permet de confirmer le diagnostic d’ encéphalite auto-immune puis de guider le traitement et la recherche oncologique. Les anticorps doivent être cherchés avant l’ introduction d’ une immunothérapie, dans le sang et le LCR. La sensibilité de ces anticorps est plus élevée pour certains dans le sang (ex : anti-LGI1) ou d’ autres dans le LCR (ex : anti-NMDAR) (10). L’ absence d’ anticorps retrouvé n’ exclut pas le diagnostic d’ encéphalite auto-immune (formes séronégatives).
L’ électroencéphalogramme (EEG) peut montrer des signes aspécifiques d’ encéphalopathie et parfois un caractère irritatif expliquant les phénomènes épileptiques. Il permet d’ exclure un état de mal épileptique. Certains signes peuvent orienter vers une étiologie, comme l’ « extreme delta brush » présents jusqu’ à chez 30% des patients avec encéphalite à anti-NMDAR (11). L’ EEG peut également retrouver des arguments pour d’ autres étiologies comme celui d’ une maladie de Creutzfeldt-Jakob (12).

Prise en charge

Dès qu’ une encéphalite auto-immune est suspectée, la prise en charge s’ articule en deux phases ; la recherche de néoplasie et le traitement immunomodulateur. La recherche de néoplasie se fait au moment du diagnostic, lors de rechute et est répétée durant 5 ans, une néoplasie pouvant s’ exprimer des années après l’ encéphalite (13). Si un cancer est retrouvé, son traitement permet parfois de maitriser à lui seul l’ encéphalite.

Le traitement immunomodulateur doit être le plus précoce possible et débuté dès une étiologie infectieuse exclue, sans attendre la positivité d’ un anticorps. Plusieurs études récentes ont montré qu’ un retard dans l’ introduction de l’ immunothérapie influence le pronostic fonctionnel et le risque de rechute (14). Un traitement de phase aiguë (méthylprednisolone à haute dose, immunoglobulines intraveineuses, plasmaphérèses, rituximab, cyclophosphamide) puis d’ un traitement de maintenance (corticothérapie dégressive, rituximab, azathioprine, mycophenolate mofetil) est recommandé. Le traitement sera adapté en fonction de l’ anticorps retrouvé, des comorbidités du patient, de la sévérité et du risque de récidive de l’ encéphalite (15).

Difficultés diagnostiques et thérapeutiques chez la personne âgée

Les encéphalites auto-immunes expriment moins de caractéristiques inflammatoires chez la personne âgée, avec moins de signe inflammatoire à l’ IRM cérébrale ou dans le LCR (16). Le diagnostic peut être encore plus difficile lorsque les biomarqueurs de démence du LCR sont anormaux. Dans une étude récente, presque 50% des patients avec encéphalites auto-immunes (LGI1, GABABR et NMDAR) se manifestant par des démences avaient des anomalies des biomarqueurs du LCR suggestive d’ une maladie neurodégénérative (8).

Les traitements immunosuppresseurs sont associés à des effets secondaires potentiellement problématique chez la personne âgée. Les glucocorticoïdes au plus ou moins long cours entrainent un risque d’ ostéoporose, d’ hypertension artérielle, de troubles digestifs et d’ infections entre autres. Les immunosuppresseurs d’ épargne corticostéroïdes, en particulier le rituximab, sont également associés à un risque infectieux accru dont une augmentation du risque d’ infection sévère à SARS-CoV-2 (17). Au vu d’ une présentation de la maladie moins « inflammatoire », probablement en lien avec l’ immunosénescence, on pourrait également suspecter une moins bonne réponse à l’ immunothérapie chez la personne âgée (18).

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Dr Valentin Loser

Médecin assistant
Service de neurologie, Département des neurosciences cliniques
Centre hospitalier universitaire vaudois et Université de Lausanne
Rue du Bugnon 46
CH-1011 Lausanne

Valentin.Loser@chuv.ch

Pre Caroline Pot

Professeure associée et médecin associée
Service de neurologie, Département des neurosciences cliniques
Centre hospitalier universitaire vaudois et Université de Lausanne
Rue du Bugnon 46
CH-1011 Lausanne

Caroline.Pot-Kreis@chuv.ch

Les auteurs de cet article ne déclarent aucun conflit d’ intérêt.

◆ Les encéphalites auto-immunes sont des causes rares mais traitables de démence. Ce diagnostic doit être évoqué particulièrement en cas de démence chez un patient jeune, de forme rapidement progressive ou en cas de symptômes neurologiques associés, en particulier des crises épileptiques. Le diagnostic est plus difficile chez la personne âgée, en raison d’une présentation clinique et paraclinique moins « inflammatoire ». Le diagnostic repose sur plusieurs examens, en particulier le dosage des anticorps antineuronaux qui doit se faire dans le sang et le LCR. Ceci souligne l’importance d’une évaluation neurologique des patients présentant des démences, en particulier en cas d’atypie.

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Auch das noch? Ja, auch das noch!

Als wir in Bern im Juni 2016 nach der eidgenössischen Volksabstimmung das grossmehrheitliche JA zur Re   vi-sion des Fortpflanzungsmedizingesetzes feiern konnten, kam eine Frau aus dem gegnerischen Lager auf mich zu. Sie bat mich, ihr doch zu garantieren, dass dies nun das Ende der Liberalisierung der Reproduktionsmedizin in der Schweiz sei. Natürlich konnte ich eine solche Garantie nicht abgeben, da sich die Welt ja weiterdreht. Im Gegenteil: Schon damals hatte ich im Hinterkopf, nun endlich auch für die Zulassung der Eizellspende in der Schweiz zu kämpfen – was ich meiner Kontrahentin auch unverblümt kommunizierte. Sie meinte dann in einem Anflug von Verzweiflung: Auch das noch? Und ich antwortete mit einem milden Lächeln im Gesicht: Ja, auch das noch!

Ein Parlamentarier prophezeite mir, dass ein Gesetz in der Schweiz frühestens nach 10 Jahren wieder revidiert werde. Unmöglich, dachte ich, bei den schnellen Fortschritten in der Fortpflanzungsmedizin. Aber seit jenem Frühsommertag im Jahre 2016 sind nun fast 7 Jahre vergangen und wir sind bei weitem noch nicht am Ziel. Immerhin sind wir nach mehreren erfolglosen Anläufen im eidgenössischen Parlament nun endlich auf Kurs. GLP-Nationalrätin Katja Christ lancierte im März 2021 eine parlamentarische Initiative, um das Verbot der Eizellspende in der Schweiz aufzuheben und erfreulicher­weise wurde letztes Jahr dieser Vorstoss von beiden Kammern angenommen. Ein Aufatmen ging durch die Reihen vieler betroffener Paare und Frauen. Sie müssen sich in hoffentlich baldiger Zukunft nicht mehr in die Hände von so manchem unseriösen Kinderwunsch­zentrum im Ausland begeben.

Jetzt geht es um die Gesetzgebungsarbeit, die nicht einfach sein wird. Entscheidend für die Akzeptanz im Parlament und beim Stimmvolk ist sicher, dass wir uns in der Schweiz auf eine vernünftige Indikationsregelung beschränken. So soll beispielsweise die obere Limite des natürlichen Fertilitätsfensters von 50 Jahren sicher nicht überschritten werden. Damit kann verhindert werden, dass Frauen in ihren 70ern auch für das Kind risiko­reiche Schwangerschaften eingehen. Die Suche nach Eizellspenderinnen, eine weitere wichtige Frage bei der Regelung der Eizellspendenbehandlung, wird sich mit den zukünftig nicht benötigten Eizellen von «Social Egg Freezings» bestimmt massiv vereinfachen.

Sinnvoll ist bestimmt auch, wenn wir uns jetzt um die Zulassung ausschliesslich der Eizellspendenbehandlung kümmern. Zwar wird vom zuständigen Bundesrat Berset eine Gesamtrevision des Fortpflanzungsgesetzes favorisiert. Wenn er aber das Fuder mit zu vielen Neuerungen, wie z.B. der Zulassung der Embryonenspende, der Leihmutterschaft oder sogar des Klonens, überlädt, ist eine Ablehnung der Gesetzesrevision durch Parlament und Volk so sicher wie das Amen in der Kirche. Darum: Kämpfen wir jetzt alle zusammen mit den Betroffenen für die Zulassung der Eizellspende in der Schweiz!!

Prof. Dr. med. Bruno Imthurn

Prof. em. Dr. med. Bruno Imthurn

Senior Consultant Kinderwunschzentrum
360° Zürich

bruno.imthurn@uzh.ch

Interview mit Frau Prof. Dr. med. Gabriele S. Merki

Frau Prof. Dr. med. G.S. Merki ist eine national und international bekannte Expertin auf dem Gebiet der Schwangerschaftsverhütung, insbesondere der hormonellen Kontrazeption. Sie ist Initiatorin und Erstautorin des revidierten Expertenbriefes Nr. 79, der in diesem Heft publiziert wird, und kann somit kompetent dazu Auskunft geben.

Soeben wurde der SGGG-Expertenbrief Nr. 79 überarbeitet. Was gab den Ausschlag, dass er jetzt revidiert wurde?

Es sind die neue kombinierte Pille, Drovelis©, sowie das neue Gestagen-only-Präparat Slinda© zur Kontrazeption auf den Schweizer Markt gekommen. Besonders wichtig aber für die Revision dieses Expertenbriefes waren neue Daten zum Thromboembolie-Risiko der Pille Zoely©, welche im Unterschied zu den meisten Kombinationspräparaten nicht artifizielles Ethinylestradiol, sondern das natürliche Östrogen Estradiol enthält

Seit einigen Monaten ist in der Schweiz nun Drovelis© im Handel. Drovelis© enthält neben dem bekannten Gestagen Drospirenon als Östrogen das natürliche Estetrol (E4). Welche Eigenschaften hat E4?

E4 bindet vor allem an den Östrogenrezeptor alpha und wirkt damit weniger proliferativ, was im Tierversuch an Brustgewebe und einigen Brustkrebszelllinien gezeigt werden konnte. Es induziert aber wie andere Östrogene auch Gerinnung und Fibrinolyse. E4 allein hat ausserdem einen guten therapeutische Effekt auf Hitzewallungen in der Menopause. Aktuell ist dieses E4 aber noch nicht verfügbar in einem Präparat zur Hormonersatztherapie.

Warum wurde E4 nicht schon früher in der Kontrazeption eingesetzt?

Es musste erst in Kombination mit einem Gestagen getestet werden hinsichtlich kontrazeptiver Sicherheit, aber auch Nebenwirkungen und Verträglichkeit. Auch das Blutungsmuster ist wichtig für Anwenderinnen.

Hat Drovelis© Vorteile gegenüber bisher bekannten kombinierten hormonalen Kontrazeptiva, insbesondere auch gegenüber den Kombinationen von Ethinylestradiol mit Levonorgestrel?

Der Pearl-Index ist sehr gut, es gibt wenige Nebenwirkungen. Grosse Studien zum Thromboembolie-Risiko stehen aber noch aus.

Gibt es bei Drovelis© auch Nachteile?

Das Blutungsmuster ist etwas weniger stabil als unter Kombinationspräparaten mit Ethinylestradiol.

Nachdem es lange Zeit auf dem Schweizer Markt nur noch eine Minipille, also eine nur ein Gestagen-enthaltende Pille, gab, nämlich die Desogestrel-enthaltende Cerazette©, ist seit kurzem Slinda© im Schweizer Handel. Was ist Slinda©?

Slinda© ist eine reine Gestagenpille mit dem Gestagen Drospirenon.

Worin unterscheidet sich im Alltagseinsatz Slinda© von Cerazette©?

Beide Methoden habe eine hohe kontrazeptive Sicherheit. Slinda© wird nicht durchgehend eingenommen, sondern im 24/4 Schema. Dadurch ist das Blutungsmuster tendenziell besser, mit weniger Tagen Zwischenblutungen. Da nicht alle Frauen Cerazette gut vertragen, ist es eine sehr wichtige Alternative als Gestagen-only pill, geeignet für Neustarter als auch für Frauen, die wechseln möchten oder ein Präparat anwenden möchten mit möglichst wenig Hormon. Grosser Vorteil beider Pillen ist, dass das Thromboembolie-Risiko nicht erhöht wird.

Wann soll zur Verhütung ein Kombinationspräparat und wann eine Gestagenpille empfohlen werden?

Eine Gestagenpille kann von allen Frauen eingenommen werden. Es gibt nur sehr wenige Kontraindikationen, wie zum Beispiel Lebererkrankungen oder Brustkrebs. Kombinationspräparate haben den Vorteil, dass die Kontrolle über die Blutung besser ist, was viele Frauen sehr schätzen. Oft kommt ein positiver Effekt auch auf Haut und Haare hinzu. Nachteil sind die Kontraindikationen vor allem hinsichtlich des kardiovaskulären Risikos. Hiervon sind doch mehr Frauen betroffen als man allgemein annimmt. Auch das Alter >35 Jahre ist hier als Risikofaktor zu erwähnen, besonders im Zusammenhang mit Rauchen.

Zoely© ist eine Kombinationspille, die schon seit längerem in der Schweiz erhältlich ist. Allerdings hatte Zoely© zwei Limitationen:
1. Unklare Datenlage in Bezug auf das Thromboembolie-Risiko, 2. Keine Zulassung in der Schweiz für Frauen unter 18 Jahren. Welche neuen Studienresultate gibt es zum Thromboembolie-Risiko von Zoely© und wie sehen die aus?

Neue Studien zeigen, dass das Risiko für Thromboembolien bei Zoely© ähnlich ist wie das der Kombinationspille mit dem Gestagen Levonorgestrel. Somit steht nun eine zweite kombinierte Pille in der Schweiz zur Verfügung mit dem niedrigen Thromboembolie-Risiko entsprechend der Zweitgenerationspräparate. Der Pearl-Index war sogar günstiger für Zoely© in vergleichenden Studien.

Ist mit diesen neuen Studienresultaten in absehbarer Zeit auch in der Schweiz eine Erweiterung der Indikation von Zoely© auf Frauen unter 18 zu erwarten?

Zoely© ist von Swissmedic in der Schweiz leider weiterhin für Frauen unter 18 Jahren nicht zugelassen. Die europäische Zulassungsbehörde EMA macht eine solche Einschränkung nicht. Es macht Sinn, ein Präparat mit diesen wichtigen Eigenschaften auch jungen Frauen zur Verfügung zu stellen. Ich bin nicht sicher, ob in Zukunft für den kleinen Markt Schweiz spezielle Daten bei Jugendlichen erhoben werden. Diese Studien sind sehr teuer und aufwendig.

Prof. Dr. med Bruno Imthurn

Prof. em. Dr. med. Bruno Imthurn

Senior Consultant Kinderwunschzentrum
360° Zürich

bruno.imthurn@uzh.ch

Migräne und Kopfschmerzen in der Schwangerschaft: «Nur nicht den Kopf verlieren»

Migräne ist nicht nur der häufigste primäre Kopfschmerz, sondern eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen überhaupt – und sie betrifft Frauen häufiger als Männer. In diesem Artikel fassen wir Daten über den Verlauf der Migräne in der Schwangerschaft sowie die Therapieoptionen zusammen. Darüber hinaus stellen wir die wichtigsten Differentialdiagnosen von Kopfschmerzen bei Schwangeren vor und wie primäre/ungefährliche Kopfschmerzen in der Akutphase von sekundären/potentiell gefährlichen Kopfschmerzen unterschieden werden können.

Migraine is not only the most common primary headache disorder, but also one of the most common neurological diseases in general, affecting women more frequently than men. In this article, we summarize data on the course of migraine in pregnancy as well as available treatment options, especially regarding the acute treatment of attacks. Furthermore, we discuss the differential diagnosis of headache in pregnant women, especially focusing on the distinction between primary/non-dangerous vs. secondary/potentially dangerous headaches
Key Words: Migräneprophylaxe, Migräne-Akuttherapie, primäre Kopfschmerzen, sekundäre Kopfschmerzen, «Red Flags»

Migräne und Schwangerschaft

Verlauf der Migräne in der Schwangerschaft

Migräne ist nicht nur der häufigste primäre Kopfschmerz, sondern eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen überhaupt (1) – mit grossem Einfluss auf die Lebensqualität sowie wesentlichen sozioökomischen Konsequenzen, z.B. durch häufiges Fehlen am Arbeitsplatz (2). Migräne betrifft Frauen ca. dreimal häufiger als Männer (3) und ist oft mit gynäkologischen «Komorbiditäten» (wie z.B. Dysmenorrhoe, Endometriose etc.) assoziiert (4). Somit ist sie für den klinischen Alltag von GynäkologInnen sehr relevant.

Die diagnostischen Kriterien für Migräne ohne und mit Aura nach ICHD-3 sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Da Migräne-Attacken nicht immer unilateral sind, ist der klinischen Erfahrung nach für die Diagnosestellung und die Abgrenzung z.B. von Spannungskopfschmerzen vor allem der hohe Leidensdruck der Betroffenen entscheidend. Hierzu zählt, dass Migräneattacken typischerweise mit mittlerer bis starker Schmerzintensität, Rückzugstendenz und Begleitsymptomen einhergehen und sich die Schmerzen bei körperlicher Aktivität verstärken (Tab. 1).

Der Verlauf der Migräne in der Schwangerschaft kann sehr variabel sein, jedoch tritt bei den meisten Migränepatientinnen während der Schwangerschaft eine spontane Besserung der Kopfschmerzen auf. Bei Migräne ohne Aura erleben über 80% der Frauen bis zum Ende des zweiten Trimenons eine Besserung der Kopfschmerzen, wobei am Ende das ersten Trimenons der Anteil der Frauen mit Besserung geringer ist (ca. 50%) (4, 5). Im ersten Trimenon kann es allerdings auch zu einer Verschlechterung der Migräne kommen, z.B. durch die plötzlichen hormonellen Veränderungen, Reduktion des Kaffee-Genusses sowie die reduzierte Einnahme von Akutmedikation (aufgrund von schwangerschaftsbedingter Übelkeit/Erbrechen und/oder aus Angst vor Nebenwirkungen für das Kind). Interessanterweise ist die Wahrscheinlichkeit für eine Besserung einer Migräne mit Aura während der Schwangerschaft insgesamt geringer, wobei eine Aurasymptomatik auch erstmalig in der Schwangerschaft auftreten kann, wahrscheinlich Östrogen-bedingt (6).

Akuttherapie der Migräne in der Schwangerschaft

Die Akuttherapie der Migräneattacken bei schwangeren Patientinnen hat natürlich Besonderheiten, nicht nur, weil einige Medikamente (relativ) kontraindiziert sind, sondern auch, weil die Frauen selbst gegenüber Medikamenten oft sehr zurückhaltend sind. Aus diesem Grund sind nicht-medikamentöse «Tricks» oft sehr hilfreich: die Kühlung der Kopfhaut und das Einreiben von Pfefferminzöl, das Vermeiden der so genannten «Triggerfaktoren» (z.B. bestimmte Gerüche, Überarbeitung/Stress etc.), der rechtzeitige Rückzug bereits bei leichten Kopfschmerzen bzw. bei Auftreten der Aura, Entspannungsübungen und ausreichend Schlaf. Darüber hinaus können TENS-Geräte (z.B. zur Stimulation der Nn. supraorbitalis) in der Schwangerschaft als Akuttherapie von Attacken (sowie prophylaktisch) hilfreich sein (4). Bei stärkeren oder lange anhaltenden Migräneattacken kann auch auf subkutane Occipitalisinfiltrationen (mit Steroiden sowie ggf. niedrig-dosiertem Lidocain) zurückgegriffen werden.

Tabelle 2 zeigt die herkömmlichen Akutmedikamente, die in einer Migräneattacke eingesetzt werden, ihre allgemeine Wirksamkeit sowie ihr Sicherheitsprofil in der Schwangerschaft. Zusammengefasst ist bei leichten und mittleren Migräneattacken Paracetamol in der Schwangerschaft, aufgrund des guten Sicherheitsprofils, das Mittel der ersten Wahl. Bei schweren Migräneattacken kann auch auf Triptane zurückgegriffen werden. Wir nutzen meistens Sumatriptan (als Nasenspray oder Tablette), für das es die meisten Daten bei Schwangeren gibt (4, 7, www.embryotox.de) (Tab. 2).

Prophylaxe der Migräne in der Schwangerschaft

Die Möglichkeiten für eine Migräneprophylaxe sollten bereits vor einer Schwangerschaft mit den behandelnden NeurologInnen besprochen werden. Dies gilt besonders für Migränepatientinnen im gebärfähigen Alter mit häufigen und/oder schweren Migräneattacken. In einem ersten Schritt kommen nicht-medikamentöse Prophylaxemassnahmen zum Einsatz, wie zum Beispiel das Achten auf ausreichend Schlaf, einen regelmässigen Schlaf-Wach-Rhythmus, Stressregulation und die Vermeidung von Triggerfaktoren. Darüber hinaus können Entspannungsübungen, Yoga, Akupunktur, Massage/Physiotherapie, Meditation sowie regelmässiger Ausdauersport wirksam sein (8).

Wenn diese Massnahmen ausgereizt sind, können auch bei Schwangeren bzw. Frauen mit Kinderwunsch zusätzlich medikamentöse Prophylaxemassnahmen in Betracht gezogen werden, die Auswahl an geeigneten Präparaten ist in der Schwangerschaft allerdings erheblich kleiner. Magnesium ist hier aufgrund seines Sicherheitsprofils (9) sowie der günstigen gynäkologischen «Nebeneffekte» (z.B. gegen Muskelkrämpfe und Kontrakturen) eine sehr gute Option. Die nachweislich wirksame Dosis zur Migräneprophylaxe beträgt 600 mg/Tag (am besten in 2 Dosen) (10). Bei störendem Durchfall kann die Dosis reduziert werden. Auch Beta-Blocker (Propranolol, Metoprolol) sind eine sichere – und wahrscheinlich im Vergleich zu Magnesium wirksamere – prophylaktische Option in der Schwangerschaft (4) und insbesondere eine gute Wahl bei Patientinnen mit arterieller Hypertonie/erhöhtem Risiko für (Prä-)Eklampsie. Andere Migräneprophylaktika sind in der Schwangerschaft entweder kontraindiziert (Topiramat und Valproat aufgrund der Teratogenität) oder dürfen nur unter strenger Nutzen-Risiko-Abwägung angewendet werden (z.B. Amitriptylin, Flunarizin). Über die Sicherheit von CGRP-Antikörpern in der Schwangerschaft gibt es bislang zu wenige Daten. Diese neueren Migräneprophylaktika sollten daher bereits drei bis fünf Monate vor Eintritt der Schwangerschaft pausiert werden (4).

Insgesamt ist die Migräneprophylaxe ein deutlich komplexeres Feld als die Akuttherapie. Schwangere mit häufiger/belastender Migräne sollten daher niedrigschwellig neurologisch mitbeurteilt und beraten werden – auch zur diagnostischen Evaluation und zum Ausschluss einer gefährlichen Kopfschmerzursache.

Sekundäre Kopfschmerzen in der Schwangerschaft

«Red Flags»

Sekundäre Kopfschmerzen sind insgesamt viel seltener als Migräne oder andere primäre Kopfschmerzen. Da sie jedoch potentiell gefährlich sind, ist eine gründliche Kopfschmerz­anamnese besonders wichtig, um diese Kopfschmerzursachen – z.B. eine hypertensive Schwangerschaftserkrankung, eine intrakranielle Hypertension oder eine cerebrale Venenthrombose – nicht zu verpassen (11).

Die wichtigsten klinischen «Red Flags» für sekundäre Kopfschmerzen in der Schwangerschaft/im Wochenbett sind in Tabelle 3 zusammengefasst. Sobald ein solches Warnsymptom vorliegt, sollte eine umgehende neurologische Mitbeurteilung veranlasst werden. Häufig – vor allem bei akutem Kopfschmerzbeginn und neuen neurologischen Symptomen – ist eine sofortige cerebrale MR-Bildgebung (Magnetresonanztomographie) angezeigt. Wenn zusätzlich Infektzeichen bestehen, kann auch eine notfallmässige Lumbalpunktion indiziert sein (Tab. 3). Als Akronym für Warnzeichen bei Kopfschmerzen in der Schwangerschaft wird in der Literatur auch «PREGNANT» benutzt (P=proteinuria, R=rapid onset, E=elevated blood pressure (or temperature), G=gestational age in 3rd trimester, N=neurological signs/symptoms, A= altered level of consciousness, N=no known headache history, T=thrombocytopenia or thrombocytosis) (12).

Beispiele von sekundären Kopfschmerzen in der Schwangerschaft und im Wochenbett

Einige der sekundären Kopfschmerzen treten in der Schwangerschaft und/oder im Wochenbett häufiger auf als in der gleich­altrigen Gesamtbevölkerung. Mit diesen sollten GynäkologInnen daher besonders gut vertraut sein. Wir stellen fünf sekundäre Kopfschmerzen im Folgenden etwas genauer vor:

Hypertensive Schwangerschafterkrankungen und PRES

Über 50% der sekundären Kopfschmerzen bei Schwangeren sind auf eine hypertensive Schwangerschaftserkrankung zurückzuführen (13). Die Präeklampsie ist die häufigste dieser Gestosen; sie betrifft 3 – 5% aller Schwangeren (14). Neben den Leitsymptomen Hypertonie kann sie auch zu neuartigen, progredienten Kopfschmerzen führen (15). Wenn zusätzlich Seh­störungen, Verwirrtheit oder epileptische Anfälle auftreten, sollte eine cerebrale MRI-Bildgebung notfallmässig erfolgen. Nicht selten zeigt sich dort als Komplikation der Grunderkrankung ein Posteriores Reversibles Encephalopathie-Syndrom (PRES). Es handelt sich hierbei um eine Autoregulationsstörung cerebraler Gefässe, die überwiegend das hintere Stromgebiet betrifft, zu epileptischen Anfällen und/oder Sehstörungen bis zur kortikalen Blindheit führen kann und intensivmedizinisch behandelt werden muss (16).

Cerebrale Venenthrombosen

Das Risiko für cerebrale Venenthrombosen ist durch eine Schwangerschaft deutlich erhöht (4, 17); die meisten Fälle treten im dritten Trimenon und im Wochenbett auf, wahrscheinlich Östrogen-assoziiert (18). Das Leitsymptom der cerebralen Venenthrombose ist ein akuter und starker Kopfschmerz, der sich langsam weiter verschlechtert. Auch epileptische Anfälle, fokal-neurologische Symptome und Hirndruckzeichen (Papillenödem, Vigilanzminderung, häufiges Erbrechen) können auftreten (19). Diagnostisch sollte bei progredienten Kopfschmerzen in der Schwangerschaft daher immer auch eine MR-Venographie («TOF», ohne Gadolinium) erfolgen (4). In mehr als einem Drittel der Fälle kommt es durch die venöse Abflussstörung zusätzlich zu intracerebralen Stauungsblutungen (18, 19).

Idiopathische Intrakranielle Hypertension (IIH)

Bei der idiopathischen intrakraniellen Hypertension (IIH) handelt es sich um eine intrakranielle Liquordruckerhöhung unklarer Ursache. Die Leitsymptome der IIH sind chronische Kopfschmerzen und Sehstörungen (Verschwommensehen, Gesichtsfeldeinschränkungen, seltener Doppelbilder etc.). In der Schwangerschaft kann sich eine vorbestehende IIH verschlechtern und im schlimmsten Fall zu einem vollständigen und permanenten Visusverlust führen (20), weshalb bei Kopfschmerzen in Kombination mit Sehstörungen eine rasche ophthalmologische und neurologische Vorstellung mit Frage nach Papillenschwellung und eine Lumbalpunktion mit Druckmessung (in Seitenlage) indiziert sind.

Reversibles Cerebrales Vasokonstriktionssyndrom (RCVS)

Das Reversible Cerebrale Vasokonstriktionssyndrom (RCVS, auch «Postpartale Angiopathie») ist – ähnlich dem PRES – eine vorübergehende Verengung von hirnversorgenden Gefässen, wahrscheinlich als Folge einer Fehlregulation der Gefässwände. Es handelt sich um einen neurologischen Notfall, der je nach Ausmass und Dauer der Gefässverengungen zu Hirninfarkten mit bleibenden neurologischen Ausfällen führen kann (21). Es gibt verschiedene Auslöser für das RCVS, unter anderem kann es in der Spätschwangerschaft – dann meist vergesellschaftet mit (Prä-)Eklampsie – und im Wochenbett auftreten. Klinisch manifestiert es sich typischerweise mit (rezidivierenden) Donnerschlagkopfschmerzen, die z.T. auch von neurologischen Ausfällen begleitet sein können, z.B. einer Hemiparese. Die Diagnose kann mittels MR-Angiographie (in der Schwangerschaft «TOF», ohne Gadolinium) gestellt werden, in der sich klassischerweise Vasospasmen nachweisen lassen.

Liquorunterdrucksyndrom

Als Folge einer periduralen Anästhesie (PDA) im Zuge der Geburt kann im Wochenbett ein Liquorunterdrucksyndrom entstehen. Klinisch äussert sich dieses mit lageabhängigen, helmförmigen Kopfschmerzen ausschliesslich oder verstärkt in aufrechter Position, die rasch nachlassen, sobald sich die Patientin hinlegt. Auch Ohrdruck/Tinnitus, Nackensteife, Lichtempfindlichkeit, Übelkeit, Doppelbilder (i.R. einer Abduzensparese) und Schwindel können auftreten. Wenn die Beschwerden direkt nach einem periduralen Eingriff auftreten und als eindeutig lageabhängig beschrieben werden, ist ein MRI nicht zwingend notwendig. Falls keine Besserung durch konservative Therapie (Bettruhe, Coffein, Analgetika) eintritt, kann die Punktionsstelle mit einem Blutpatch verklebt werden. Folgeschäden durch einen PDA-assoziierten Liquorunterdruck sind selten (22).

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Lisa Dinsenbacher

Universitätsspital Basel,
Klinik und Poliklinik für Neurologie
Petersgraben 4
4031 Basel

PD Dr. med. Athina Papadopoulou

Universitätsspital Basel,
Klinik und Poliklinik für Neurologie
Petersgraben 4
4031 Basel

LD: Die Autorin hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.
AP: Advisory Boards (Lundbeck Schweiz, AbbVie AG) und Referenten­honorare (Eli Lilly, Teva).

◆ Eine Migräne kann sich in der Schwangerschaft verschlechtern oder
(häufiger; v.a. ab dem 2ten Trimenon) verbessern. Eine Migräneaura kann erstmalig in der Schwangerschaft auftreten.
◆ Als Akuttherapie eignen sich neben nicht-medikamentösen Massnahmen, Paracetamol sowie bei schweren Attacken auch Triptane, vor allem Sumatriptan.
◆ Als Migräneprophylaxe in der Schwangerschaft eignen sich v.a. nicht-medikamentöse Massnahmen sowie Magnesium und ggf. Betablocker.
◆ Bei Schwangeren und Wöchnerinnen mit Kopfschmerzen sollte sorgfältig nach Warnzeichen («Red Flags») für sekundäre Kopfschmerzen gesucht werden.
◆ Bei Red Flags soll eine neurologische Beurteilung erfolgen; bildgebend eignet sich am besten ein MRI mit arterieller und venöser «TOF»-Angiographie (ohne Gadolinium).

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Genetische Beratung bei familiärem Brust- und Eierstockkrebs (HBOC-Syndrom)

Über 6200 Mamma- und Ovarialkarzinome werden jährlich in der Schweiz diagnostiziert (1). Ca. 5-10% der diagnostizierten Mammakarzinome und 10-15% der epithelioiden Ovarialkarzinome haben eine genetische Ursache (2). Die Grundlage einer genetischen Ursache aller Krebsarten liegt an Varianten in bestimmten Genen, die meistens an der Regulierung des Zellwachstums oder der DNA-Reparatur beteiligt sind (3). Nicht alle dieser Varianten sind von einem Elternteil geerbt. Es können auch neue Varianten zum ersten Mal in einer Keimzelle oder im befruchteten Ei selbst während der frühen Embryogenese auftreten Zudem können sporadische Varianten auch erst in (somatischen) Tumorzellen auftreten (4).

Over 6200 mammary and ovarian carcinomas are diagnosed annually in Switzerland (1). Approximately 5-10% of diagnosed breast carcinomas and 10-15% of epithelioid ovarian carcinomas have a genetic cause (2). The basis of a genetic cause of all cancers is due to variants in certain genes, most of which are involved in the regulation of cell growth or DNA repair (3). Not all of these variants are inherited from a parent. New variants may also appear for the first time in a germ cell or in the fertilized egg itself during early embryogenesis In addition, sporadic variants may also first appear in (somatic) tumor cells (4).
Key Words: Genetic counseling, Genetics, breast cancer, ovarian cancer, germline mutation

Familienstudien haben seit langem bewiesen, dass die Verwandten ersten Grades (d.h. Eltern, Geschwister und Kinder) und zweiten Grades (d.h. Grosseltern, Tanten oder Onkel, Enkel, Nichten oder Neffen) der von Tumorleiden betroffenen Personen ein höheres Risiko einer Tumorerkrankung haben. Diese Individuen können eine erhöhte Anfälligkeit für Krebs infolge einer oder mehrerer Genvarianten erben, welche in den elterlichen Keimbahnzellen vorhanden sind. Krebs, der sich bei diesen Personen entwickelt, kann als erblicher oder familiärer Krebs klassifiziert werden.

In diesem Bereich spielt eine genetische Beratung eine wichtige Rolle, das Risiko eines erblich bedingten Tumors zu erkennen. Ziel dafür ist, rechtzeitig mögliche Vorbeugungsmassnahmen unternehmen zu können.

Die genetische Beratung – Grundlagen

Mamma- und Ovarialkarzinome sind zwei gynäkologische Tumorerkrankungen, bei denen wir es häufig mit einem erblichen Hintergrund zu tun haben. Bei Patientinnen ohne Genvarianten beträgt das Lebenszeitrisiko eines Mammakarzinoms etwa 12-13%, während das Risiko eines Ovarialkarzinoms bei 1-2% liegt. Bei Patientinnen mit bestimmten Genvarianten ist das Risiko beider Tumoren deutlich erhöht. Unter HBOC (Hereditary Breast and Ovarian Cancer Syndrome) versteht man eine klinische Bedingung, bei der sowohl Brust- als auch Ovarialkarzinome deutlich häufiger als in der Allgemeinpopulation auftreten. Dies liegt an bestimmten Genmutationen, welche in der Familie vererbt werden können. Das führt dazu, dass diese Tumorleiden meist auch mehrere Familienmitglieder betreffen.

Unter Berücksichtigung bereits aufgetretener Erkrankungsfälle in der Familie und spezieller Zusatzkriterien (z.B. Erkrankungsalter, Bilateralität oder Histologie des Tumors), kann eine Wahrscheinlichkeit für eine vererbte Tumorerkrankung wie HBOC für die betreffende Person ermittelt werden.

Bei der genetischen Beratung wird das Risiko geschätzt, und je nach Höhe des Risikos wird bei der Krankenkasse eine Kostengutsprache für eine genetische Ersttestung beantragt. Im ersten Schritt wird mit der Patientin die persönliche Anamnese (Risiko- und Schutzfaktoren für/von Tumoren, benigne Erkrankungen/Zeichen mit Hinweis auf einen genetischen Hintergrund) und der Familienstammbaum erhoben. Es werden auch ausführlich die Bedeutung dieser Testung und die möglichen Implikationen diskutiert. In den neu adaptierten und erweiterten Schweizer Richtlinien (4) werden die Bedingungen auf der Basis von Stammbaum und Tumorkriterien aufgelistet, wann eine genetische Testung zulasten der Krankenkasse indiziert ist (Tab. 1).

Zusätzlich zur Beachtung dieser Indikationsliste werden stammbaumbasierte Risikoberechnungen mit verschiedenen Computerprogrammen durchgeführt (z.B. werden in Basel CancerGeneTM und CanRiskTM verwendet). Das damit errechnete Risiko, entspricht der Wahrscheinlichkeit, dass Mutationen in bestimmten Genen zu finden sind. Darüber hinaus kann mit diesen Software­programmen auch das Risiko einer Tumorerkrankung in 5-10 Jahren und das Lebenszeitrisiko für bestimmte Tumoren berechnet werden, was speziell auch in der Beratung von Ratsuchenden hilft, bei denen schlussendlich keine genetische Veranlagung gefunden wird. Wenn das Risiko für das Vorliegen einer Mutation in diesen Genen >5-10% ist, ist die Indikation für eine genetische Testung auch gegeben.

Da sich die Kosten für eine genetische Ersttestung auf ca. 4000.- sFr. belaufen, wird, wenn immer möglich, vorgängig eine Kostengut­sprache bei der Krankenkasse dafür eingeholt. Der Test selbst erfolgt durch eine Blutentnahme (2 Röhrchen EDTA-Blut), die Analyse nimmt aber mehrere Wochen in Anspruch, weshalb bei Tumorpatientinnen möglichst früh an eine genetische Testung gedacht werden soll, damit das Resultat insbesondere für die operativen Entscheide rechtzeitig vorliegt.

Für eine genetische Keimbahntestung muss ein schriftliches informiertes Einverständnis der betroffenen Person auf jeden Fall vorliegen. Es kann deshalb in Situationen mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen auch einmal sinnvoll sein, das Einverständnis einer Patientin für eine DNA-Asservierung für eine spätere (posthum) von den Nachkommen gewünschte genetische Untersuchung einzuholen. Genetische Beratungen bei Tumorpatient­innen können von allen mit dem Krankheitsbild vertrauten Ärzte/Ärztinnen angeboten werden unter Berücksichtigung/Erfüllung der gesetzlich verlangten Dokumentation der entsprechend notwendigen Inhalte. Genetische Beratungen bei Gesunden (für prädiktive Testungen zu Lasten der Krankenkassen) sind Ärzten/ Ärztinnen mit einem Facharzttitel in Medizinischer Genetik oder Mitgliedern des Netzwerkes für genetische Testung auf Krebsprädisposition und Risikoberatung (CPTC) der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Klinische Krebsforschung (SAKK) vorbehalten (www.sakk.ch).

Während Medizinische Genetiker/Genetikerinnen (SGMG) sich auf die Beratung sämtlicher erblich bedingter Krankheiten spezial­isiert haben, beraten die Mitglieder des SAKK CPTC Netzwerkes nur Patientinnen/Patienten und deren Familien, bei denen es um erbliche Krebserkrankungen geht (4).

2017 wurden erstmals Schweizer Richtlinien über die Beratung und Testung bei genetisch bedingtem Brust- und Eierstockkrebs veröffentlicht und 2021 von der CPTC der SAKK aktualisiert (Tab. 1).
Folgende Aspekte sind von entscheidender Bedeutung:

  • frühes Alter des Auftretens von Krebs
  • erhöhte Zahl von Krebsfällen über Generationen hinweg
  • Bilateralität der Tumorerkrankung
  • Auftreten mehrerer typischer Tumoren bei derselben Person oder nahen Verwandten
  • besondere ethnische Herkunft (z.B. Ashkenazim-jüdische Abstammung)
  • Histologie

Folgende Themen sind bei der Beratung zu erläutern:

  • Aufklärung des Vererbungsmusters
  • verfügbare Testmöglichkeiten
  • mögliche Befunde (pathogene Varianten, Varianten mit
  • unklarer Bedeutung VUS)
  • Krankheitsmanagement
  • gezielte Behandlung
  • Überwachungs- und Präventionsmöglichkeiten.

Die genetische Testung – das Vorgehen

In den letzten Jahren wurden mehrere Gene identifiziert, welche mit erblicher Anfälligkeit für Brust- und Eierstocktumoren assoziiert sind. Die Hochrisikogene, deren Mutationen am häufigsten solche Tumoren verursachen sind BRCA1, BRCA2 (Brust und Ovar) und PALB2 (Brust). Diese werden häufig zuerst auf mögliche Veränderungen getestet, da die empfohlenen Konsequenzen bei Vorliegen einer Mutation für die Primärtherapie eine Rolle spielen und auch schon mit Studien belegt sind und nur noch wenig unklare Varianten gefunden werden (3-5%).

Von besonderem Interesse ist die Tatsache, dass diese Genveränderungen nicht nur mit gynäkologischen Tumoren korrelieren, sondern auch mit anderen Malignomen wie männlichem Brustkrebs, Prostatakarzinom und Pankreaskarzinom (5).

Wenn bei einem zweizeitigen Vorgehen in den Genen BRCA1, BRCA2 oder PALB2 keine pathogene Mutation gefunden wird, kann/soll je nach Ausgangssituation eine Erweiterung auf ein Panel von weiteren selterenen Hochrisiko- oder Mittelrisiko-Genen erweitert werden (z.B. unser Panel in Basel: ATM, BARD1, BRCA1, BRCA2, BRIP1, CDH1, CHEK2, MLH1, MSH2, MSH6, PALB2, PTEN, RAD51C, RAD51D, STK11 und TP53). Diese Veranlagungen können seltene Krebssyndrome verursachen wie z.B. Li-Fraumeni-, Cowden-, Peutz-Jeghers- oder auch Lynch-Syndrome. Diese sind nicht nur mit Brust- bzw. Ovarialkrebs verbunden, sondern auch mit anderen Tumoren wie Melanomen, Kolonkarzinomen und Prostatakarzinomen.

Die Auswahl der Gene, die in einer Testung berücksichtigt werden, soll auf den persönlichen und familiären Merkmalen basieren, welche die Wahrscheinlichkeit eines Tumorleidens vorhersagen. In der Beratung ist es häufig so, dass in der Familie einer Ratsuchenden noch keine pathogene Genvariante bekannt ist. Da ist es am besten, wenn zunächst ein von einem Tumor betroffenes Familienmitglied getestet wird, da bei dieser Person die höchste Wahrscheinlichkeit besteht, eine vorhandene familiäre Veranlagung auch zu finden.
Heute werden mehrere Gene mit Next-Generation-Sequencing-Technologien (NGS) gleichzeitig getestet. Ein Multi-Gen-Panel-Test ist effizienter und kostengünstiger in der Bestimmung von potentiell oder klar pathogenen Genvarianten.

Nicht alle Genevarianten in einem Risikogen haben aber eine eindeutige Korrelation zu einem erhöhten Krebsrisiko. Auch in den bekannten mit Tumoren assoziierten Genen gibt es Varianten unklarer Signifikanz (VUS), die zwar nicht dem Bevölkerungsdurchschnitt entsprechen, aber lediglich gutartige Polymorphismen sind, welche nicht mit einem erhöhten Krebsrisiko einhergehen. Deshalb werden bei unklaren Varianten primär KEINE Massnahmen abgeleitet und sie sollen NICHT in Therapieentscheide einbezogen werden. Es macht aber Sinn, nach einigen Jahren nochmals die genetischen Datenbanken abfragen zu lassen, was bis dahin über die unklare Variante bekannt ist, so dass diese möglicherweise neu klassiert und die Empfehlungen angepasst werden können.

Nach der Testung: mögliche Massnahmen

Mutationen in BRCA1, BRCA2 und PALB2

Ein hohes Lebenszeitrisiko einer Tumorerkrankung wird als >30% für Mammakarzinome und 3-5% für Ovarialkarzinome definiert. Eine pathogene Mutation in BRCA1, BRCA2 und PALB2 korreliert in der Regel mit einem hohen Lebenszeitrisiko für Tumoren.

Nach Erkennen eines stark erhöhten Krebsrisikos bei BRCA1– oder BRCA2-Mutationsträgerinnen können je nach Lebenssituation prophylaktische operative Eingriffe im Sinne einer bilateralen Mastek­tomie und/oder einer bilateralen Salpingoophorektomie (Adnexek­tomie) angeboten werden mit einer Risikoreduktion für die entsprechenden Tumoren von über 95% (als kassenpflichtige Leistung).

Eine Studie hat vor kurzem bewiesen, dass eine bilaterale Mastektomie speziell in jungen Patientinnen mit pathogener BRCA-1-Genvariante zu einer reduzierten Sterblichkeitsrate im Vergleich zu einer einfachen Früherkennung mit seriellen Kontrollen führt (7).
Alternativ stehen hinsichtlich des Mammakarzinoms (leider nicht für Ovarialkarzinome) Früherkennungsprogramme zur Verfügung mit der Idee, Tumoren zwar nicht verhindern, aber in einem günstigeren Stadium erkennen zu können (4,8). Als weitere Option kann das Risiko eines Mamakarzinoms durch eine 5-jährige Chemoprävention mit einem Antihormon (i.d.R. Tamoxifen) um 30% reduziert werden.

Bei pathogenen PALB2-Mutationsträgerinnen ist das Lebenszeit-Risiko für ein Mammakarzinom auch deutlich erhöht (ca. 50%), aber nicht so hoch wie bei Mutationen in BRCA1 oder BRCA2. Es kann individuell auch prophylaktische Mastektomie beidseits diskutiert werden, wird derzeit aber von der Krankenkasse nicht als Pflichtleistung anerkannt.

Selbstverständlich stehen PALB2-Mutationsträgerinnen auch eine intensivierte Überwachung mit Bildgebung ab jungem Alter zu. Bezüglich Ovarialkarzinom liegt derzeit leider keine effektive Früherkennungsmöglichkeit vor. Halbjährliche Kontrollen mit Vaginal­ultraschall und Tumormarkerverlauf CA-125 haben in Studien bisher nicht den erhofften Effekt gezeigt (10).

Deshalb wird bei hohem Lebenszeitrisikos für ein Ovarialkarzinom eine prophylaktische bilaterale Adnexektomie empfohlen (11). Für BRCA-Mutationsträgerinnen (speziell BRCA1) wird in Studien auch eine Senkung der Sterblichkeitsrate nach einer Salpingo-Oophorektomie bewiesen (12). In diesem Zusammenhang spielt auch das Patientenalter eine wichtige Rolle. Patientinnen
mit pathogener BRCA-1-Mutation sollen nach Beendung der Familienplanung im Alter von 35-40 Jahren operiert werden, während Patientinnen mit pathogener BRCA-2-Genvariante diese Operation allenfalls etwas hinauszögern können (40-45 Jahre).

Derzeit wird in der noch laufenden TUBA-Studie untersucht (13), ob ein sequentielles Vorgehen in jungem Alter zunächst einer Salping­ektomie bds. und später noch einer Ovarektomie bds. eine Option unter Berücksichtigung von Nutzen und Nebenwirkungen ist. Darüber hinaus können Patientinnen mit diesen Mutationen von zielgerichteten Therapien profitieren, falls ein Tumor diagnostiziert wird. Die Inhibitoren der Polyadenosindiphosphat-Ribose-Polymerase (PARP-Inhibitoren) stellen z.B. eine sehr zukunftsträchtige therapeutische Option dar (14).

Kürzlich haben vereinzelte Studien nämlich bewiesen, dass eine Therapie mit PARP-Inhibitoren wie Olaparib, Niraparib und Talazoparib (15, 16) sowohl zu einer verminderten Progression der Grunderkrankung als auch zu einer Erhöhung des Überlebens führt.
Schlussendlich soll auch erwähnt werden, dass bei BRCA1-Muta­tionsträgerinnen besser auf eine hormonelle (kombinierte Ovulations­hemmer) Antikonzeption verzichtet werden soll, insbesondere wenn Mammakarzinome in jungem Alter in der Familie prädominant vorkommen. In Familien mit vorwiegend Ovarialkarzinomen kann die Einnahme eines Ovulationshemmers aber protektiv sein. Die Vor- und Nachteile der verschiedenen Optionen sollen dementsprechend während der Beratung diskutiert werden (17).

Andere Genmutationen

Mutationen in anderen Genen, welche im Gen-Panel untersucht werden, sind häufig mit unterschiedlichen Tumorleiden assoziiert. Anhand der spezifisch gehäuft vorkommenden Tumorerkrank­ungen je nach betroffenem Gen werden entsprechende Früherkennungsprogramme empfohlen (z.B. Koloskopie, Gastroskopie und Schilddrüsensonografie). Prophylaktische operative Eingriffe werden in der Regel nicht empfohlen ausser bei Mutationen im Zusammenhang mit dem Lynchsyndrom bei Mutationen in MLH1, MSH2, MSH6 und PMS2 (prophylaktische Hysterektomie und Adnek­tomie nach Abschluss der Familienplanung je nach Art der Mutation und Stammbaum).

Bei pathogenen Mutationen in weniger bekannten Genen im Zusammenhang mit Tumoren stehen online Risikoeinschätzungen und eine Zusammenstellung der aktuellen Empfehlungen (NCCN, ESMO, Graffeo) zum Management online zur Verfügung (www.ask2me.ch)

Schlussfolgerung

Keimbahnmutationen in Zusammenhang mit einer erhöhten Anfälligkeit für Tumoren haben mittlerweilen auf verschiedenste Aspekte des Managements von Erkrankten und ihren Familienangehörigen einen zunehmend grossen Einfluss, wie z.B. Prävention, Screening und Behandlung. Die Beratung und Testung von Personen mit erblicher Krebsveranlagung sind in den letzten Jahren zunehmend komplexer geworden, und hochspezialisiertes Personal mit interdisziplinären Kompetenzen wird zur Beratung zunehmend benötigt.

Genetische Tests auf Keimbahnmutationen sollen bei jenen Personen in Betracht gezogen werden, bei denen sich therapeutische oder prophylaktische Konsequenzen daraus ergeben. Somit können das effektivste Management und die effizienteste Nutzung von Gesundheitsressourcen den betroffenen Familien angeboten werden.

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

Dr. med. Alessandra Tozzi

Universitätsspital Basel, Frauenklinik
Spitalstrasse 21, 4031 Basel

PD Dr. med. Nicole Bürki

Universitätsspital Basel, Frauenklinik
Spitalstrasse 21, 4031 Basel

nicole.buerki@usb.ch

Die Autorinnen haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

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