Prof. Dr. med. Reto Krapf

Prof. Reto Krapf

medinfo erhält profesionelle Verstärkung

Gerne informieren wir Sie, dass Prof. Dr. med. Reto Krapf ab Januar 2023 seine medizin-publizistische Expertise als Medizinischer Leiter in unsere Redaktion einbringen wird. In dieser nebenberuflichen Funktion wird er auch sein ihm ans Herz gewachsene Hobby der Literaturinterpretation in angepasster und neuer Form weiter pflegen. Prof. Krapf freut sich auf seine Tätigkeit beim Aerzte­verlag medinfo und das «innovative und dynamische Umfeld», wie er sagt. Wir freuen uns ebenso, dass Sie, liebe Leserinnen und Leser, von dieser renommierten und bestbekannten Feder künftig in unseren Fortbildungszeitschriften profitieren können – und weiterhin Monat für Monat mit der neuen Rubrik «Reto Krapf`s Medical Voice» informiert bleiben.

Ärzte schreiben für Ärzte

Unser Hausärzte-Board und die Editoren begrüssen die namhafte Bereicherung sehr, die eine der Innovationen war, die auf unserer Jahressitzung diskutiert wurde – natürlich neben der «Basisarbeit», wieder ein ganzes Jahr praxisrelevanter Fortbildung aufzustellen.
Sie wissen es ja längst: Die Beiträge der medinfo-Zeitschriften werden nicht von der Verlagsredaktion verfasst, sondern von Ihren Kolleginnen und Kollegen vom Hausärzte-Board bestimmt und von Fachspe­zialisten des Advisory-Boards ausgearbeitet. Deren Manuskripte, wie auch die Berichte von Fachkongressen und Symposien, werden vor Druck von unseren Chefredaktoren geprüft. Das nennen wir: Qualitätsfortbildung aus erster Hand.

Wir möchten uns, liebe Leserinnen und Leser, herzlich für Ihre Treue und Ihr Vertrauen in unsere Fortbildung bedanken – und wollten Ihnen kurz aufzeigen, dass wir hierbei, auch
weiterhin, nicht stehen bleiben. Welcome Reto Krapf!

 

Eleonore E. Droux,
Verlegerin & Publizistische

Thomas Becker

Chefredaktion Verlag

Bundesrat verabschiedet Rahmenvereinbarung zur Vergütung innovativer Krebstherapien

Bern, 09.11.2022 – Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 9. November 2022 die Rahmenvereinbarung zur Vergütung autologer CAR-T-Zelltherapien verabschiedet. Der Zugang zu diesen Therapien wird damit klarer geregelt und vereinheitlicht.

Die autologe CAR-T-Zelltherapie ist eine innovative Behandlung zur Bekämpfung von Krebs. Dabei werden die weissen Blutkörperchen der Patientinnen und Patienten so verändert, dass sie die Krebszellen erkennen und bekämpfen. Der Bundesrat hatte im Dezember 2021 beschlossen, zwei von verschiedenen Tarifpartnern vorgelegte Tarifvereinbarungen, welche die Vergütung dieser Zelltherapien regeln, bis Ende Dezember 2022 zu verlängern. Gleichzeitig hatte der Bundesrat die Tarifpartner aufgefordert, eine gemeinsame Lösung zur Vergütung dieser sehr kostspieligen Behandlungen zu finden.

Die nun vom Bundesrat verabschiedete Rahmenvereinbarung erfüllt diese Vorgabe. Sie definiert – in Verbindung mit den aktuellen und künftigen Tarifvereinbarungen – die Vergütung der CAR-T-Zelltherapien im stationären Bereich, von ihrer Zulassung bis zu ihrer im Fallpauschalenkatalog SwissDRG bewerteten regulären Tarifierung. Im Vergleich zur aktuellen Situation stellt die Vereinbarung eine Verbesserung bezüglich Einheitlichkeit, Administration und Klarheit dar.

Die Rahmenvereinbarung wurde von den Tarifpartnern H+ Die Spitäler der Schweiz, santésuisse, Einkaufsgemeinschaft HSK AG, CSS Versicherung AG und SWICA Krankenkasse AG eingereicht. Sie wird unbefristet genehmigt.

Der Bundesrat hat gleichzeitig eine Zusatz-Tarifvereinbarung zur Vergütung des CAR-T-Zell-Therapeutikums Brexucabtagen autoleucel verabschiedet.

Adresse für Rückfragen
Bundesamt für Gesundheit, Kommunikation, +41 58 462 95 05 media@bag.admin.ch

Herausgeber
Der Bundesrat
https://www.admin.ch/gov/de/start.html

Bundesamt für Gesundheit
http://www.bag.admin.ch

Infektionen und Krebs: Eine halbe Million Franken für zwei Forschungsprojekte

Dieses Jahr hat sich die Stiftung entschieden, den Swiss Bridge Award 2022 dem Thema Infektionen und Krebs zu widmen. Am 26. Oktober 2022 wurde er an zwei Forschende aus der Schweiz und aus Schweden übergeben und somit konnten die Forschungsvorhaben zu infektionsbedingten Krebserkrankungen unterstützt werden.

Das Preisgeld von je 250’000 Franken dient der Umsetzung ihrer vielversprechenden Projekte.

Infektionen mit bestimmten Viren und Bakterien, wie dem humanen Papillomavirus (HPV) oder Helicobacter pylori, gelten als Risikofaktoren für die Entstehung von Krebs. Weltweit sind sie für etwa 15% aller Krebsfälle verantwortlich; in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen sogar für bis zu 30% aller Fälle. Doch nicht jede infizierte Person entwickelt Krebs. Warum das so ist, ist jedoch noch wenig verstanden. Um künftig mehr infektionsbedingte Krebserkrankungen zu verhindern oder besser behandeln zu können, muss daher dringend weiter geforscht werden.

Aus diesem Grund hat die Stiftung Swiss Bridge entschieden, die Ausschreibung des Swiss Bridge Award 2022 dem Thema Infektionen und Krebs zu widmen. Insgesamt haben sich 32 junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus ganz Europa in diesem Jahr für den Award beworben. Eine mit angesehenen Experten besetzte Jury hat in einem zweistufigen Evaluationsverfahren schliesslich zwei Forschungsvorhaben den Vorrang gegeben.

Die Projektleitenden, Dr. Michal Bassani-Sternberg vom Universitätsspital CHUV in Lausanne und Dr. Sylvain Peuget vom Karolinska Institut in Stockholm, erhalten je 250’000 Franken für die Realisierung ihrer Forschungsprojekte:

Auf der Suche nach viralen Antigenen

Michal Bassani-Sternberg und ihr Team beschäftigten sich mit der Entwicklung von personalisierten Immuntherapien gegen Krebs. Grundlage ihrer Forschung sind sogenannte Tumor-Antigene, die auf der Oberfläche von Krebszellen präsentiert werden und vom Immunsystem als fremd erkannt werden können. Im prämierten Projekt konzentriert sich das Team speziell auf die Antigene von Viren, wie dem Epstein-Barr Virus, dem humanen Papillomavirus und dem Merkelzell-Polyomavirus, die mit der Entstehung von Lymphomen, Gebärmutterhalskrebs, dem Merkelzellkarzinom (einer seltenen, aber aggressiven Hautkrebsform) und anderen Krebsarten in Verbindung stehen. Hierbei planen die Forschenden in einem ersten Schritt die Proteinfragmente der einzelnen Viren genauestens zu bestimmen. Sie werden als Antigene auf infizierten Krebszellen zur Schau gestellt. Anschliessend möchten sie spezielle Abwehrzellen des Immunsystems – sogenannte T-Zellen – identifizieren, die über spezifische Rezeptoren verfügen und die viralen Antigene erkennen können. Einmal identifiziert, können diese T-Zellen zu fortschrittlichen Immuntherapien weiterentwickelt werden.

Die Funktionsweise krebsfördernder Bakterien besser verstehen

Dr. Sylvain Peuget und sein Team möchten untersuchen, welche Rolle bestimmte Bakterien in unserer Darmflora beim Entstehen und Fortschreiten von Darmkrebs spielen. Ihre Arbeit konzentriert sich dabei auf ein Tumorsuppressor-Gen namens p53, das normalerweise verhindert, dass gesunde Zellen zu Krebszellen werden. Die Forschenden gehen davon aus, dass bestimmte Bakterien im Darm in der Lage sind, die Funktion von p53 zu stören und so die Entstehung von Darmkrebs fördern können. Ziel des Forschungsvor­habens ist es, diese schädlichen Bakterien genauer zu charakterisieren und zu bestimmen, über welche Signalwege sie das p53 regulieren. Ein besseres Verständnis dieser Mechanismen kann helfen, neue Möglichkeiten für die Behandlung von Darmkrebs zu finden, die entweder direkt auf die Krebszellen oder auf die krebsfördernden Bakterien abzielen.

Eleonore E. Droux

droux@medinfo-verlag.ch

Aktuelle Krebspolitik

Im Folgenden werden krebspolitisch relevante Entscheide aus der Herbstsession 2022 vorgestellt.

Der Bund soll periodisch eine spezifische Versorgungsforschung im Bereich der Kinder- und Jugendmedizin in Auftrag geben, wobei der volkswirtschaftliche Nutzen der Kinder- und Jugendmedizin zu evaluieren sei. Nach dem Nationalrat in der Herbstsession 2021 nahm nun auch der Ständerat die Motion an. Der Bundesrat ist beauftragt, das Anliegen umzusetzen.

Die Oncosuisse begrüsst die Förderung der Versorgungsforschung, auch im Bereich der Kinder- und Jugendmedizin. Diese liefert die Grund­lagen, damit Bund und Kantone im Rahmen ihrer Kompetenzen geeignete Massnahmen zur Vermeidung einer allfälligen medizinische Unterversorgung ergreifen können.

Der Bundesrat soll beauftragt werden, eine Botschaft zur Änderung des EOG bezüglich der Betreuungsentschädigung für erwerbstätige Eltern von Kindern mit schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu unterbreiten. Entgegen dem Antrag des Bundesrates hiess der Ständerat die Motion mit 31 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung gut.
Die Motion kommt in die zuständige Kommission des Ständerates. Ein Termin ist noch nicht bekannt.

Seit dem 1. Juli 2021 können erwerbstätige Eltern von Kindern mit schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen einen Betreuungsurlaub beziehen. Seither zeigt sich, dass das Gesetz die vorgesehene Entlastung von Eltern und Arbeitgebern vielfach nicht gewährleistet und die Bestimmung ihr ursprüngliches Ziel damit nur zu einem kleinen Teil erreicht. Viele Familien fallen durch die Maschen des Gesetzes. Die derzeit gültigen Kriterien für einen Betreuungsurlaub sind realitätsfern, da schwer kranke Kinder mit guter Prognose (etwa nach schweren Operationen) oder mit vorgeburtlichen Erkrankungen sie kaum erfüllen können. Doch auch diese Kinder brauchen ihre Eltern im Spital.
Die Oncosuisse begrüsst deshalb, dass durch das Festlegen der Anzahl Spitaltage ein objektivierbares Kriterium geschaffen wird, mit welchem die heutige Ungleichbehandlung zwischen unterschiedlichen Ausgleichskassen beendet werden kann.

Mit der Volksinitiative soll die Bundesverfassung dahingehend angepasst werden, dass der Bund Vorschriften über den Schutz vor nicht­ionisierender Strahlung erlässt. In diesem Zusammenhang ist im Parlament noch die Motion 20.3237 (Mobilfunknetz – Rahmenbedingungen für einen raschen Aufbau jetzt schaffen) hängig. Die KVF-S hat bei der Verwaltung Abklärung verlangt zu den Messverfahren bezüglich Immissionsgrenzwerte. Ausserdem hat sie die Verwaltung beauftragt, den Bericht zum Monitoring der nichtionisierenden Strahlung vom Juni 2022 in Bezug auf Orte, an denen sich regelmässig besonders schutzbedürftige Personen aufhalten, zu ergänzen.
Die Unterschriftensammlung läuft bis zum 13.März 2024. Die Motion will die KVF-S im Frühling wieder behandeln.

Grundsätzlich ist ein umfassender Strahlenschutz aus Sicht der Krebsprävention wichtig. Für hochfrequente elektromagnetische Strahlung konnte bisher wissenschaftlich jedoch weder eine klare gesundheitliche Gefährdung noch eine klare gesundheitliche Unbedenklichkeit nachgewiesen werden. Dies widerspiegelt sich beispielsweise auch in der Einstufung dieser Strahlung als «möglicherweise krebserregend» durch die Internationalen Krebsforschungsagentur (IARC).
Es empfiehlt sich deshalb, die individuelle Strahlenbelastung durch entsprechende nieder- und hochfrequente Felder im Sinne der Vorsorge niedrig zu halten. Da durchschnittlich über 90% der individuellen Strahlenbelastung durch das eigene Handy verursacht werden, ist ein gutes Netz mit entsprechend hochwertiger Verbindungsqualität und Optimierung auf möglichst tiefe Strahlung zentral.
Entsprechend lehnt Oncosuisse die Forderung der Volksinitiative aufgrund der fehlenden Evidenz und der realitätsfernen Umsetzung ab.

Für weitere Informationen: info@oncosuisse.ch

Screening von Risikopersonen soll Zahl der Todesfälle durch Lungenkrebs reduzieren

Risikopersonen sollen sich in der Schweiz auch ohne Symptome auf Lungenkrebs untersuchen lassen können. Das nationale Expertengremium Früherkennung schlägt vor, ein Lungenkrebs-Screening mittels niedrigdosierter Computertomographie anzubieten. Es kam nach detaillierter Evaluation der klinischen Evidenz, der Wirtschaftlichkeit und der ethischen Argumente zum Schluss, dass die Vorteile überwiegen. Das Gremium verzichtete aber darauf, eine genaue Zielgruppe zu definieren.

Rund 4’700 Menschen erkranken in der Schweiz jährlich an Lungenkrebs, rund 3’300 sterben daran. Damit ist Lungenkrebs in der Schweiz wie auch weltweit die häufigste krebsbedingte Todesursache. Rauchen ist mit Abstand grösste Risikofaktor für Lungenkrebs: über 80% der Diagnosen sind darauf zurückzuführen.

Da Lungenkrebs im Frühstadium oftmals keine oder sehr unspezifische Symptome verursacht, wird er häufig erst in weit fortgeschrittenem Stadium diagnostiziert. Eine Heilung ist dann meistens nicht mehr möglich. Dies legt die Idee nahe, gefährdete Personen gezielt auf Lungenkrebs zu untersuchen und so Tumorerkrankungen früher zu erkennen und die Behandlungsmöglichkeiten zu verbessern. Frühere Versuche eines Screenings mittels konventionellem Thorax­röntgen erwiesen sich jedoch als nicht zielführend.

Screening mit niedrigdosierter Computertomographie

Neuere Studien, die das Lungenkrebs-Screening mittels niedrigdosierter Computertomographie untersuchten, weisen jetzt bessere Resultate auf. International sind deshalb bereits verschiedene entsprechende Studien und Pilotprojekte angelaufen. So bietet Manchester seit 2019 in einem mobilen Bus auf Supermarktparkplätzen den 55- bis 74-Jährigen aktuellen und ehemaligen Raucher:innen einen Lungen-Check und ein Lungenkrebsscreening an. Die ersten Erfahrungen damit waren so positiv, dass das Projekt jetzt in England ausgeweitet werden soll.

Das unabhängige Expertengremium Früherkennung hat sich der Frage angenommen, ob auch in der Schweiz ein Lungenkrebsscreening eingeführt werden soll. Zehn unabhängige Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Fachrichtungen haben die ethischen Fragen des Lungenkrebsscreenings, dessen klinische Wirksamkeit sowie Kosten­effektivität und Budget Impact beurteilt und im vergangenen November eine evidenzbasierte Empfehlung für die Schweiz abgegeben. Sie schlagen vor, für Risikogruppen ein Screening mittels niedrigdosierter Computertomographie anzubieten.

Anzahl Todesfälle durch Lungenkrebs kann verringert werden

Marcel Zwahlen, der Präsident des Gremiums, stellte die Empfehlung an einer Oncosuisse-Session am Swiss Oncology and Hematology Congress (SOHC) am 18. November in Basel vor. «Über einen Zeitraum von 10 Jahren kann ein Lungenkrebsscreening wahrscheinlich 43 Lungenkrebs-Todesfälle pro 10’000 Personen verhindern», sagte er. Die Evidenz weise zudem darauf hin, dass mit einem Screening mehr Lungenkrebs in einem früheren Stadium diagnostiziert würden. Dies würde wiederum die Behandlungschancen erhöhen.
Das Expertengremium geht davon aus, dass eine Mehrheit von informierten Personen mit erhöhtem Lungenkrebsrisiko ein Screening zumindest in Betracht ziehen würde. Die Risikopersonen sollten Zugang zum Lungenkrebsscreening haben, sagte Zwahlen.

Keine detaillierte Empfehlung zur Zielgruppe

Allerdings verzichtete das Expertengremium auf eine detaillierte Definition der Zielgruppe. Dies etwa im Gegensatz zur EU-Gesundheitskommission, die das Screening für Personen im Alter von 50 bis 75 Jahren empfiehlt, die mindestens 30-Pack-Jahre geraucht haben (entspricht zum Beispiel 30 Jahre lang mindestens ein Pack Zigarette pro Tag). Im Gremium wurden verschiedene Szenarien angeschaut und ihre Kostenfolgen modelliert, sagte Zwahlen. Dabei hätten sich bezüglich Kosteneffizienz keine grossen Unterschiede gezeigt. Praktisch alle Szenarien seien kosteneffizient. Entsprechend habe sich im Gremium nicht ein einziges Szenario als Favorit durchgesetzt. Vielmehr sei die Empfehlung, dass die Zielgruppe so gewählt werde, dass die Implementierung eines Screenings praktikabel und möglichst gerecht sei.

Das Expertengremium schlägt jedoch vor, das Alter für ein Screening eher tief anzusetzen, die Untersuchung bereits moderaten Raucher:innen anzubieten und auch Personen einzuschliessen, die mit dem Rauchen aufgehört haben.

Informierte Entscheidung und organisierte Programme

Wichtig ist für das Expertengremium, dass bei der Implementierung die Zugangsgerechtigkeit einen hohen Stellenwert hat. Rauchen und Lungenkrebs seien in Bevölkerungsgruppen mit einem niedrigeren sozioökonomischen Status häufiger anzutreffen. Ein Screening-Angebot mache nur Sinn, wenn diese Bevölkerungsgruppen erreicht werden könnten. Bei der Entscheidung für oder gegen die Teilnahme an einem Screening soll entsprechend geschultes Gesundheitspersonal die Risikopersonen unterstützen. Weiter soll Risikopersonen unabhängig davon, ob sie eine Früherkennungsuntersuchung machen, Unterstützung beim Rauchstopp angeboten werden.

Das Expertengremium empfiehlt ausdrücklich, die Früherkennung im Rahmen organisierter Programme anzubieten. Nur solche können die Qualität und Reproduzierbarkeit der nach einem auffälligen Befund angezeigten Folgeuntersuchungen, eine strukturierte und zielgruppenorientierte Einladung der Risikopopulation sowie eine effiziente Überwachung und Evaluierung des Screenings gewährleisten. Ein Programm würde auch die Befreiung von der Franchise nach den üblichen Regeln der gesetzlichen Krankenversicherung ermöglichen, was eine weitere wichtige Voraussetzung für Zugangsgerechtigkeit sei.

Dr. sc. nat. Michael Röthlisberger

körperliche Symptome bei Menschen mit Krebs – eine Meta-Analyse

Quelle: Nakano, J., Hashizume, K., Fukushima, T., Ueno, K., Matsuura, E., Ikio, Y., … (2018). Effects of Aerobic and Resistance Exercises on Physical Symptoms in Cancer Patients: A Meta-analysis. Integrative cancer therapies, 17(4), 1048–1058. doi:10.1177/1534735418807555

Zielsetzung

Ziel dieser Meta-Analyse war es, die Wirkung von Bewegungsinterventionen auf körperliche Symptome wie Müdigkeit, Übelkeit/Erbrechen, Schmerzen, Dyspnoe, Schlaflosigkeit, Appetitlosigkeit, Verstopfung und Durchfall bei Menschen mit Krebs zu ermitteln.

Methoden

In dieser Meta-Analyse wurden Studien, die vor April 2017 veröffentlicht wurden, in den folgenden Datenbanken: Cochrane Library, PubMed/MEDLINE, CINAHL, Scopus, PEDro, Health & Medical Collection und Psychology Database gesucht. Eingeschlossen wurden randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) zu Bewegungsinterventionen bei Menschen mit Krebs, die krebsbedingte körperliche Symptome mit dem European Organization for Research and Treatment of Cancer Quality of Life Questionnaire-C30 (EORTC-C30) bewerteten. Die Daten der Symptomskala wurden für die Meta-Analyse extrahiert. Es wurden Untergruppenanalysen für verschiedene Trainingsarten (Aerobic-, Widerstands- und gemischte Trainingsprogramme) durchgeführt.

Ergebnisse

Von 659 Artikeln wurden schliesslich 10 RCTs in die Meta-Analyse einbezogen. Vier Studien waren in Deutschland, 2 in den USA, und jeweils eine in Dänemark, Südkorea, Australien und der Schweiz durchgeführt worden. Insgesamt wurden die Interventionsübungen für die Metaanalyse in 3 Typen eingeteilt: Aerobic-, Widerstands- und gemischte Übungsprogramme. Aerobe Trainingsprogramme wurden in 4 RCTs durchgeführt, Widerstandstrainingsprogramme in 3 und gemischte Trainingsprogramme in 4 RCTs. In einer RCT wurden Aerobic- und Widerstandstrainingsprogramme in 2 verschiedenen Gruppen miteinander verglichen. Die Bewegungsinterventionen dauerten zwischen 3 und 16 Wochen oder die Dauer des Krankenhausaufenthalts zur Krebsbehandlung. Die häufigste Krebsart war ein hämatologisches Malignom, gefolgt von Brustkrebs. In 2 RCTs wurden Teilnehmer mit verschiedenen Krebsarten eingeschlossen.

Müdigkeit, Schmerzen, Dyspnoe und Schlaflosigkeit waren in der Interventionsgruppe signifikant geringer als in der Kontrollgruppe. Übelkeit/Erbrechen, Appetitlosigkeit, Verstopfung und Durchfall wurden bei den Krebspatienten durch die sportliche Intervention jedoch weder verschlechtert noch verbessert. Die Art der Übungen (aerobes oder Krafttraining) hatte keine unterschiedliche Auswirkung auf die einzelnen Symptome.

Schlussfolgerung

Es wurde bestätigt, dass körperliche Betätigung bei Menschen mit Krebs Müdigkeit, Schmerzen und Schlaflosigkeit lindert und zu einer Verringerung der Dyspnoe führen kann. Die positiven Auswirkungen von Bewegung auf Übelkeit/Erbrechen, Appetitlosigkeit, Verstopfung und Durchfall wurden jedoch bei keiner Art von Bewegungsintervention nachgewiesen. Weitere Forschungsarbeiten sind erforderlich, um die Auswirkungen von Bewegungsmassnahmen auf körperliche Symptome bei Krebspatienten zu untersuchen.

Kommentar der Autorin

Die Evidenz, dass Bewegung und Training nützliche Effekte für Menschen mit Krebs haben, ist inzwischen unumstritten. Die beschriebene Meta-Analyse von Nakano et al. (2018) ist nur ein Beispiel dafür.

Warum Bewegung und Training helfen, wird in immer mehr Studien untersucht. So haben Idorn und Straten (2017) in ihrer Untersuchung beschrieben, dass sportliche Betätigung beim Menschen mit einer Reihe von physiologischen Veränderungen verbunden ist, die rechtfertigt, von einem therapeutischen Effekt von Bewegung auf Krebserkrankungen zu sprechen. Das Ausmass der Effekte ist von der Intensität und Dauer der Belastung abhängig. Die Mechanismen, die diesen Trainingseffekten zugrunde liegen, sind vermutlich bedingt durch Veränderungen der Körperzusammensetzung, des Sexualhormonspiegels, von systemischen Entzündungsprozessen und der Funktion der Immunzellen. So steigt beispielsweise die Herzleistung, um den Sauerstoffbedarf zu decken, und es kommt zu einer Veränderung des Blutflusses. Die Stoffwechselrate steigt an, und der Glukoseverbrauch sowie die Leistung nehmen zu, ebenso wie der Laktatspiegel aufgrund des anaeroben Stoffwechsels in den Muskelzellen. Darüber hinaus spielt das endokrine System eine Schlüsselrolle bei der Integration der physiologischen Reaktionen sowohl in Ruhe als auch bei Belastung. So sind Katecholamine, einschliesslich Adrenalin und Noradrenalin, während der Belastung durch die vermehrte Ausschüttung aus den Nebennieren erhöht. Diese Hormone sind Teil der «Kampf-oder-Flucht»-Reaktion, die mit einem Anstieg der Herzfrequenz, des Blutdrucks, des Blutzuckerspiegels und der Immunfunktion einhergeht. Zu Letzterem gäbe es zwar widersprüchliche Daten, aber es besteht Einigkeit darüber, dass akute körperliche Anstrengung zu einem raschen Anstieg der Anzahl verschiedener Immunzellen im Blut führt, gefolgt von einem Absinken unter den Ausgangswert, worauf wiederum eine Normalisierung der Zellzahlen folgt. Der Immunzelltyp, der am empfindlichsten auf akute Belastung reagiert, sind die natürlichen Killerzellen (NK-Zellen), die innerhalb von Minuten nach der Belastung mobilisiert werden. Die maximale Mobilisierung von NK-Zellen wird nach 30 Minuten Training erreicht. Ein längeres Training führt nicht zu einer Erhöhung der NK-Zellkonzentration, aber die maximale NK-Zellkonzentration kann durch fortgesetztes Training bis zu 3 Stunden aufrechterhalten werden. NK-Zellen wurden ursprünglich dadurch charakterisiert, dass sie in der Lage sind, Zielzellen abzutöten, und sie haben normalerweise die Aufgabe, virusinfizierte, gestresste oder transduzierte Zellen zu beseitigen. Diese trainingsinduzierte Mobilisierung von NK-Zellen wird vermutlich hauptsächlich durch einen Anstieg der Katecholamine bewirkt.

Die Evidenz, dass Bewegung auf Menschen mit Krebs sehr nützliche Effekte hat, mehrt sich also rasant. Dies gilt auch und vor allem während der Therapie. Für Menschen mit Krebs stellt sich nun vor allem die Frage, wie Bewegungsinterventionen in den Behandlungsverlauf eingebettet werden können. In den vorliegenden Studien wurde das Thema Adhärenz und Drop-out kaum diskutiert. Es zeigt sich jedoch auch durch häufig geringe Teilnehmendenzahlen, dass Bewegung und Training während der Therapie noch nicht bei der Masse der Betroffenen angekommen zu sein scheinen. Im Rahmen des Leitlinienprogramms Onkologie ist gerade eine S3 Leitlinie zum Thema Krebstherapie und Bewegung in Arbeit. Pflegende können dabei einen äusserst interessanten Beitrag leisten. Obwohl Pflegefachpersonen in den onkologischen Tageskliniken wahrscheinlich keine begleiteten Trainings wie in den Studien anbieten können, könnten sie unserer Meinung nach aktiv die Botschaft vermitteln, dass Bewegung zur modernen Krebstherapie gehört. Wir denken, dass Pflegende dabei nicht nur eine vermittelnde Rolle spielen sollten, sondern durch ein organisatorisches Bewegungskonzept einfache, niederschwellige Bewegungsübungen in den Therapiealltag der Betroffenen einbauen sollten. Im Rahmen der Studie OnkoMove Nurse an der Ostschweizer Fachhochschule überprüfen wir gerade, welche Übungen sich hierfür eignen würden.

Erstpublikation: Onkologiepflege 4/2022

Prof. Dr. phil. Antje Koller

Projektleitung
Institut für Angewandte Pflegewissenschaft
Ostschweizer Fachhochschule
Departement Gesundheit
9001 St. Gallen

1. Idorn, M. & Thor Straten, P. (2017). Exercise and cancer: from «healthy» to «therapeutic»? Cancer immunology, immunotherapy : CII, 66(5), 667–671. doi:10.1007/s00262-017-1985-z

Internationale Konsenserklärung zum Management der kardiovaskulären Risiken von Bruton-Tyrosinkinase- Inhibitoren bei CLL

Die chronische lymphatische Leukämie (CLL) ist die am weitesten verbreitete Leukämie in den Industrieländern, mit einer weltweit steigenden Inzidenz von 91 pro 1000 im Jahr 2017 (1). Vor dem Hintergrund dieses Anstiegs hat die Entwicklung von Brutons Tyrosinkinase-Inhibitoren (BTKis) die Behandlungslandschaft der CLL verändert. Präklinische Studien zeigten eine Hemmung der BTK durch Ibrutinib, ein erster oraler, nicht reversibler BTK-Inhibitor, der die B-Zell-Antigenrezeptor-Signalübertragung beeinträchtigte und die selektive Apoptose von B-Zellen verursachte, ohne das Überleben der T-Zellen zu beeinträchtigen (2,3). Mehrere klinische Studien der Phase 3 bei CLL-Patienten haben gezeigt, dass Ibrutinib eine deutlich bessere Wirksamkeit als herkömmliche Chemoimmuntherapien (CITs) aufweist und gut verträglich ist (4).

Inzwischen befinden sich mehrere irreversible BTKis in der Entwicklung (im Folgenden als BTK der zweiten Generation bezeichnet), darunter Acalabrutinib, das kürzlich von der Europäischen Union, der US Food and Drug Administration und dem japanischen Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Soziales für die Behandlung von Patienten mit CLL zugelassen wurde. Zanubrutinib, ein weiterer irreversibler Inhibitor der zweiten Generation, ist für andere B-Zell-Malignome zugelassen und wird derzeit für die Behandlung von CLL-Patienten geprüft (5, 6). Da sie selektiver sind und weniger «Off-Target»-Effekte haben, hofft man dass diese Wirkstoffe die Vorteile von Ibrutinib beibehalten und weniger CV-AEs aufweisen. Randomisierte Studien zu Ibrutinib und BTKis der zweiten Generation, einschliesslich der Studien ELEVATE-RR, ALPINE und ASPEN, haben es ermöglicht, die Hypothese von weniger CV-Toxizitäten in Phase-3-Studien erstmals zu testen. Die Veröffentlichung dieser Daten bietet eine gute Gelegenheit, die Standards für die Behandlung von Patienten mit BTKi-Therapie zu überprüfen und neu zu bewerten. Die vorliegende Arbeit präsentiert eine Leitlinie für die Behandlung von BTKi-Toxizitäten, die von einem internationalen Expertengremium entwickelt wurde und sich auf die Behandlung von Patienten mit hämatologischen Malignomen und dem Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen (CVD), mit einem Schwerpunkt auf Patienten mit CLL, bezieht.

Die Leistungserbringer sollten das kardiovaskuläre Risiko eines Patienten vor Behandlung gründlich beurteilen, einschliesslich bereits bestehender Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Risikofaktoren, und von Vorerkrankungen und Risikofaktoren abhängige Untersuchungen durchführen, darunter ein Elektrokardiogramm (EKG). Bei Patienten mit hohem kardiovaskulärem Risiko ist eine BTKi-Behandlung in Absprache mit einem multidisziplinären Team (MDT) oft angebracht, und selektivere BTKis, einschliesslich Acalabrutinib und Zanubrutinib, werden bevorzugt. Eine BTKi-Behandlung sollte generell bei Patienten mit Herzinsuffizienz in der Vorgeschichte vermieden werden. Ibrutinib sollte vermieden werden bei Patienten mit ventrikulären Herzrhythmusstörungen in der Vorgeschichte. Das Risiko neuerer Medikamente ist allerdings noch nicht bekannt. Schliesslich ist ein MDT von entscheidender Bedeutung, um aufkommende Toxizitäten in den Griff zu bekommen, mit dem Ziel, die BTKi-Therapie nach Möglichkeit aufrechtzuerhalten. Die Optimierung der Kontrolle von Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen und Bluthochdruck wird wahrscheinlich die Verträglichkeit und Aufrechterhaltung der BTKi-Therapie verbessern. Insgesamt deuten die verfügbaren Daten darauf hin, dass Bluthochdruck ein Klasseneffekt der BTKi-Therapien sein kann und grösseren kardiotoxischen Ereignissen vorausgeht (7).

Fazit

Die BTKi-Therapie hat die CLL-Behandlung in erheblichem Masse verändert, aber diese Medikamente bergen auch kardiovaskuläre Risiken. Inzwischen wurden neue BTKis der zweiten Generation entwickelt, die selektiver für BTK sind und weniger Off-Target-Effekte zu haben scheinen, so dass die Vorteile der BTK-Hemmung genutzt und gleichzeitig die kardiovaskulären Risiken verringert werden können. Die hier vorgestellten Empfehlungen berücksichtigen die verfügbaren Phase-3-Daten für BTKis, um ihre sichere und effiziente Anwendung zu fördern. Die Optimierung der Herzinsuffizienz, der ventrikulären Arrhythmie und HTN wird wahrscheinlich die Verträglichkeit und Aufrechterhaltung der BTKi-Therapie verbessern.

Quelle: Awan F.T. et al. International consensus statement on the management of cardiovascular risk of Bruton’s tyrosine kinase inhibitors in CLL. Blood Adv.2022 Sep 27; 6(18): 5516–5525

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

1. Dong Y, Shi O, Zeng Q, et al. Leukemia incidence trends at the global, regional, and national level between 1990 and 2017. Exp Hematol Oncol. 2020;9(1):14.
2. Herman SE, Gordon AL, Hertlein E, et al. Bruton tyrosine kinase represents a promising therapeutic target for treatment of chronic lymphocytic leukemia and is effectively targeted by PCI-32765. Blood. 2011;117(23):6287-6296.
3. Herman SE, Sun X, McAuley EM, et al. Modeling tumor-host interactions of chronic lymphocytic leukemia in xenografted mice to study tumor biology and evaluate targeted therapy. Leukemia. 2013;27(12):2311-2321.
4. Moreno C, Greil R, Demirkan F, et al. Ibrutinib plus obinutuzumab versus chlorambucil plus obinutuzumab in first-line treatment of chronic lymphocytic leukaemia (iLLUMINATE): a multicentre, randomised, open-label, phase 3 trial. Lancet Oncol. 2019;20(1):43-56.
5. Estupinan HY, Berglof A, Zain R, Smith CIE. Comparative analysis of BTK inhibitors and mechanisms underlying adverse effects. € Front Cell Dev Biol. 2021;9:630942.
6. Hillmen P, Brown JR, Eichhorst BF, et al. ALPINE: zanubrutinib versus ibrutinib in relapsed/refractory chronic lymphocytic leukemia/small lymphocytic lymphoma. Future Oncol. 2020;16(10):517-523.
7. Kola-Kehinde O et al.